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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Erzählungen, Märchen und Gedichte

zur Advents- und Weihnachtszeit

Band 3

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten - Taschenbuchausgabe erschienen 2020

Titelbild: Heike Georgi

Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

ISBN: 978-3-86196-025-6 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-321-7 - E-Book

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Inhalt

Der Weihnachtsmann aus dem Stadtpark

Der Weihnachtsengel

Ein unglaublicher Traum

Meine Weihnachtswünsche

Das Christkind backt Plätzchen

Der Kobold und der Weihnachtsmann

Der Weihnachtszug

Mein Mann, der Weihnachtsmuffel

Das arme Kind

Fjutsch

Henri, der Schneemann

Wart ihr denn auch brav?

Lottas Herzenswunsch

Keks in Not

Weihnachtszeit

Marit

Das Geheimnis der Schneekinder

Weihnachtshektik

Schlackerwetter

Der Brief auf dem Dachboden

Ein Igel unterm Weihnachtsbaum?

Der neue Weihnachtsmann

Aufregung im Weihnachtsland

Ein zuckersüßes Bild für Oma

Die schwarze Feder

Der traurige Clown

Der fremde Gast

Die erste Weihnacht

Der Harfenengel

Leo, die Naschkatze

Und es gibt ihn doch!

Pedro, das Karussellpferdchen

Advent

Weihnachten mit Haseline Hasenmaus

Ein Weihnachtskonzert

Um Mitternacht auf dem Weihnachtsmarkt ...

Maximilian

Der Schneemann mit der blauen Mütze

Stilles Glück im Bollerwagen1

Die Zauberkugel

Den Weihnachtsmann gibt es doch!

Wanda rettet Weihnachten

Weihnachten im Jahr 1955

Das Weihnachtsgeheimnis

Brief ans Christkind

Ein cooles Weihnachtsgeschenk

Weihnachtsnacht

Diebstahl in der Weihnachtsbäckerei

Mimis tolle Weihnachtszeit

Engel Daniel

Robert rettet den Weihnachtsmann

Weihnachtszeit bei Pastor Plumm

*

Der Weihnachtsmann aus dem Stadtpark

Es war kurz vor Weihnachten und ich nutzte einen der seltenen freien Vormittage, an denen ich nicht als Anwalt am Gericht meine Mandanten vertreten musste, um meinen Sprössling zur Schule zu bringen. Mein Sohn heißt Maximilian, ist acht Jahre alt, doch alle sagen nur Max zu ihm.

In der Nacht hatte es geschneit. Wir gingen durch den Stadtpark und bewarfen uns unterwegs mit Schneebällen. Es machte riesigen Spaß, so ausgelassen zu sein. Ich ahnte nicht, welch denkwürdiges Weihnachtsfest uns die Ereignisse dieses Morgens bescheren sollten ...

Als wir um eine Ecke des Weges bogen, sahen wir auf einer Bank einen Obdachlosen liegen – mit Zeitungen zugedeckt und laut schnarchend. Er hatte einen dichten, weißen Bart, war wohlbeleibt und steckte in abgetragener, geflickter Kleidung.

Max blieb neugierig stehen, dabei fest meine Hand haltend. Es war mir etwas unangenehm und so zog ich ihn sanft aber bestimmt weiter.

„Wer war denn das?“, fragte er mich, als wir uns einige Meter von der Parkbank entfernt hatten.

Ich weiß, eigentlich hätte ich meinem Sohn die Wahrheit sagen sollen, ihm erklären, dass es ein Obdachloser war, doch irgendwie brachte ich das nicht fertig. Also belog ich ihn und setzte damit eine Kette von Ereignissen in Gang, die ich mir nie hätte vorstellen können.

„Das war der Weihnachtsmann. Er ist bestimmt die ganze Nacht herumgelaufen und hat die Wunschzettel der Kinder eingesammelt. Jetzt ist er müde und ruht sich dort aus“, sagte ich, bemüht, überzeugend zu klingen.

Offensichtlich hatte ich Erfolg damit, denn Max nickte nur und bald darauf erreichten wir seine Schule. Auf dem Rückweg bemerkte ich, dass der alte Mann verschwunden war.

Es war am Tag vor dem Weihnachtsfest und ich hatte die Sache im Stadtpark längst vergessen. Meine Frau und ich tanzten gerade herrlich albern zu irgendeinem Lied im Radio, während die letzten Plätzchen buken, als es an der Haustür klingelte.

„Machst du bitte auf, Schatz? Das ist bestimmt Max. Diesmal sogar pünktlich vom Spielplatz zurück. Man merkt, morgen ist Weihnachten, da will er bestimmt auf Nummer sicher gehen, was die Geschenke anbelangt“, meinte meine Frau lachend, während sie den Backofen öffnete, um ein Blech mit wunderbar duftendem Gebäck herauszunehmen.

Nichts ahnend öffnete ich die Tür und sah zu meinem Erstaunen nicht nur Max davor stehen, sondern auch den alten obdachlosen Mann aus dem Stadtpark. Da stand ich, in Hausschuhen, überall mit Mehl bestäubt und heruntergeklappter Kinnlade.

„Papa, stell dir vor, ich habe den Weihnachtsmann getroffen!“, erzählte mir mein kleiner Sohn mit sich vor Begeisterung überschlagender Stimme.

„Den Weihnachtsmann?“, sagte ich, noch immer ein Bild absoluter Verblüffung abgebend.

„Ja. Er kam am Spielplatz vorbei und da habe ich ihn einfach gefragt, ob er nicht bei uns zu Abend essen will. Das geht doch in Ordnung, oder Papa?“

Wenn Sie sich schon immer gefragt haben, wie die perfekte Zwickmühle aussieht, ich hatte gerade das Gefühl, in einer solchen zu stecken. Mir standen genau zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Entweder erklärte ich meinem vor Freude strahlenden Sohn, dass es nicht der Weihnachtsmann war, der da vor der Tür stand, sondern ein übel riechender Obdachloser, mit dem wir nichts zu schaffen haben wollten, was natürlich pädagogisch und politisch absolut inkorrekt wäre, oder aber ich machte gute Miene zum bösen Spiel und tat so, als wäre es wirklich der Weihnachtsmann und bat ihn in unser Haus.

Was macht man in so einer Situation? Ich musste mich schnell entscheiden und natürlich kam es nicht infrage, Max so zu enttäuschen. Ich hoffte nur, dass der alte Mann mitspielen würde, doch irgendwie war ich mir ziemlich sicher, dass er für ein Gratisessen auch eines der Rentiere gespielt hätte, warum nicht also den Weihnachtsmann?

„Tja, dann nur immer herein“, sagte ich mit vorgespielter Fröhlichkeit. „Max, bring doch den Weihnachtsmann bitte ins Esszimmer. Ich werde Mama Bescheid sagen, wen wir zu Besuch haben.“ Dabei blickte ich den Obdachlosen bedeutsam an und hoffte, die Botschaft wäre angekommen.

Der nickte mir grinsend zu und schien einen Heidenspaß an der Sache zu haben. Hätte ich sicher auch, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre. In meiner Lage allerdings sahen die Dinge weniger lustig aus. Schließlich musste ich gleich meiner Frau erklären, wer da mit an unserem Tisch sitzen würde.

Sie nahm es überraschend gelassen auf, wenn man mal davon absah, dass sie die Keksdose fallen ließ.

Das Abendessen war dann verblüffenderweise wirklich schön. Der alte Mann erzählte lustige Weihnachtsgeschichten und Max musste ständig laut lachen. Auch ich stimmte gelegentlich mit ein und selbst meine Frau konnte sich ein Lächeln ab und an nicht verkneifen. Unser Gast hatte hervorragende Tischmanieren und verblüffte mich ein ums andere Mal, als er seine wirklich fundierte Meinung zu aktuellen Tagesereignissen zum Besten gab. Vermutlich las er vorher die Zeitungen, mit denen er sich zudeckte.

Gerade als wir schon dachten, dass mit dem Essen alles erledigt wäre, brachte Max uns in die nächste missliche Lage.

„Darf der Weihnachtsmann heute Nacht auf dem Sofa schlafen? Vor dem Kamin, da hat er es schön warm, und wenn seine Rentiere ihn abholen kommen, dann kann er gleich durch den Schornstein raus“, sagte Max treuherzig.

Meine Frau und ich, wir verstehen uns auch ohne viele Worte und so reichte ein Blickkontakt, um das Für und Wider abzuwägen. Sie nickte mir zu und ich erwiderte die Kopfbewegung.

„Also gut, dann lass dir noch ein wenig von den Rentieren erzählen, während Mama und ich schnell das Bettzeug für den Weihnachtsmann holen, das heißt, falls er denn bei uns schlafen möchte?“

Ich schaute unseren Gast an, doch der lächelte nur und verkündete, wie sehr es ihn freuen würde, bei einer so netten und gastfreundlichen Familie übernachten zu dürfen.

Das glaubte ich ihm aufs Wort.

Im Nebenzimmer, während wir die Bettwäsche heraussuchten, kamen wir zu dem Schluss, dass wir keine andere Wahl hatten, wollten wir unserem Sohn nicht das Weihnachtsfest kaputtmachen.

„Hoffentlich ist das Silberbesteck morgen früh noch da“, sagte meine Frau sorgenvoll.

„Du glaubst doch nicht etwa, dass der Weihnachtsmann uns bestehlen würde?“

Wir kehrten ins Wohnzimmer zurück und bereiteten unserem Gast sein Nachtlager. Dann verabschiedete sich Max ins Bett und auch wir gingen nach oben, denn es war schon spät und unser Gast hatte verkündet, dass er sehr müde wäre und nachher ja noch die Geschenke mit dem großen Schlitten ausfahren müsse.

Am nächsten Morgen weckte Max uns ganz früh und gemeinsam gingen wir hinunter ins Wohnzimmer. Verblüfft sahen wir viele Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen. Unser Gast war verschwunden.

Max machte begeistert seine Päckchen auf und staunte über die Spielsachen. Dann brachte er uns Geschenke, auf denen unsere Namen standen.

Ich öffnete meines und fand darin die Erstausgabe eines sehr seltenen Buches, welches ich schon lange vergeblich versucht hatte, zu bekommen.

Im Päckchen meiner Frau befand sich eine edle goldene Kette mit Smaragdanhänger. Verlegen reichte sie mir den beigefügten Zettel:

Das Silberbesteck habe ich nicht mitgenommen, dafür aber etwas Goldenes da gelassen.

Der Weihnachtsmann.

In den folgenden Wochen ging ich oft in den Stadtpark, doch von unserem Gast fehlte jede Spur. Auch die Kette und das Buch waren nirgendwo als gestohlen gemeldet worden. Wir hatten wohl tatsächlich Besuch vom Weihnachtsmann gehabt.

Lars Buchmann, geboren 1974 in Bernburg, studiert momentan Rechtswissenschaften. In seiner Freizeit schreibt er Geschichten und arbeitet an einem Romanprojekt. Er liest gerne und interessiert sich für Kunst, Theater, Literatur und Geschichte.

*

Der Weihnachtsengel

Es war wieder Advent. Felix war nun schon zwei Jahre im Waisenhaus. Längst hatte er die Hoffnung begraben, adoptiert zu werden. Im vorigen Jahr hatte er noch an den Weihnachtsmann geglaubt und mit ungeübter Hand einen Wunschzettel geschrieben, worin er das Christkind um eine neue Mama gebeten hatte. Doch nichts war geschehen, und so hatte er den Gauben an das Christkind und an den Weihnachtsmann verloren.

In diesem Jahr fühlte er sich erwachsen und alt genug, es den großen Jungs im Waisenhaus nachzumachen, die bei jeder Gelegenheit ihre coolen Sprüche klopften. Er hatte sich auch einen ausgedacht. Wenn ihn jemand fragte: „Na, freust du dich auf Weihnachten?“, antwortete er gleichgültig: „Das geht mir alles am Po vorbei.“

Die großen Jungs sagten natürlich für Po ein anderes Wort, doch das wollte er nicht sagen, er hatte seiner Mama versprochen immer ein ordentlicher Junge zu bleiben – und dieses Versprechen wollte er halten.

Wenn Felix an seine Mama dachte, kamen ihm die Tränen. Er vermisste sie so sehr! Ohne seine Mama fühlte er sich einsam und verlassen. Bevor sie starb, hatte sie versprochen, ihm zu helfen und als Engel auf ihn aufzupassen. Bis jetzt war nichts passiert, er war noch immer in diesem blöden Waisenhaus. Wenn wenigstens Papa da wäre, aber der war zur See gefahren und nie mehr nach Haus gekommen. Im Geheimen dachte Felix oft daran, wie es wäre, wenn er eine neue Mama finden würde. Das war sein sehnlichster Wunsch.

Felix lag träumend im Bett, da fiel plötzlich, direkt vor seinem Fenster, eine Sternschnuppe vom Himmel. Noch ehe er einen Wunsch aussprechen konnte, war sie verglüht. Felix sprang auf und rannte zum Fenster, doch von der Sternschnuppe war nichts mehr zu sehen. Dafür funkelte vor seinem Fenster ein Licht. Verdutzt rieb er sich die Augen: Auf der Fensterbank saß ein kleiner, fast durchsichtiger Engel. Das Engelchen trug ein glitzerndes Kleidchen und hielt in seiner Hand einen winzigen goldenen Stab, an dessen Spitze ein heller Stern leuchtete.

Felix schaute sich um, von den Jungs war keiner im Schlafsaal, er war mit dem Engel allein. Der Engel klopfte mit seinem goldenen Stab sachte an die Scheibe. Das Fenster öffnete sich und das Engelchen kam herein. Er legte sein kleines Händchen in Felix‘ Hand und deutete zum Himmel. Felix lächelte. Das musste der Engel wohl als Zustimmung verstanden haben, denn er erhob sich mit ihm in die Höhe. Felix wollte seine Hand fortziehen, doch es ging nicht! Das Engelchen hielt sie fest und flog mit ihm zum Fenster hinaus. Felix hing an der kleinen Hand und wurde wie eine Puppe in die Lüfte gezogen.

Sie schwebten in die Nacht hinaus und überquerten Wiesen und Felder. Sie überflogen einen Wald und wie auf ein geheimnisvolles Zeichen, schneite es plötzlich. Bis vor ein paar Minuten hatte er weit und breit keine Schneeflocke gesehen, jetzt aber fielen dicke, weiße Flocken vom Himmel. Dazu erklang bei jeder Schneeflocke, die zur Erde fiel ein leiser Glöckchenton, sodass es überall leise bimmelte. Einige Vögel flogen vorbei und zwitscherten: „Felix du Glücklicher, wir grüßen dich!“

Es war sonderbar: Felix flog im Schlafanzug mit einem kleinen Engel an der Hand über einen verschneiten Wald und ihm war mollig warm. Entweder war das ein schöner Traum – oder er war im Himmel. Nach einiger Zeit verschwand der Wald, sie näherten sich dem Meer. Der Wind wehte den Geruch von Salzwasser herüber und säuselte: „Felix du Glücklicher, ich grüße dich!“

Und dann sah Felix Wasser – viel Wasser, wo er auch hinschaute, überall war Wasser. Im Wasser leuchtete ein Licht. Kurz darauf sah er ein Haus, das mitten im Wasser stand. Tatsächlich! Im Meer stand ein Haus. Das musste eine Hallig sei! Felix hatte schon davon gehört. Seine Mutter hatte einmal davon gesprochen, dass es winzige Inseln im Meer gibt, und wenn Land unter war, nur noch das Haus aus dem Wasser ragt.

Der Engel steuerte mit ihm genau auf das Haus zu. Sie flogen um das Haus herum und schauten durch sämtliche Fensterscheiben. Einmal blickten sie in eine Küche, dann in ein Schlafzimmer, anschließend in ein Wohnzimmer. Dort saß ein Mann und las Zeitung. Zuletzt schauten sie in ein Kinderzimmer. Es war gefüllt mit Spielsachen: eine Eisenbahn, eine Autorennbahn, eine Tankstelle und noch vieles mehr. Es waren alles schöne Sachen, die ein Jungenherz höher schlagen ließen. Das Zimmer war blitzblank aufgeräumt, so, als würden die vielen schönen Sachen gar nicht benutzt.

Felix stand vor dem Fenster und drückte sich an der Scheibe die Nase platt. Eine Frau stand trübsinnig im Zimmer. Das Engelchen tippte mit dem Stab gegen die Scheibe. Die Frau drehte sich um und schaute Felix einen Augenblick lang ins Gesicht. Ein seltsamer Stich drang in Felix‘ Herz. Er wäre noch gerne länger geblieben, doch der Engel flog mit ihm fort. Und nur einen Moment später befand er sich wieder im Waisenhaus.

Am nächsten Morgen glaubte Felix, er hätte alles nur geträumt. Doch es war kein Traum. Am Abend passierte das Gleiche. Am nächsten Tag auch und am darauf folgenden Tag wieder. Den ganzen Advent über ging das so. Jeden Abend kam der Engel, zog ihn mit fort und brachte ihn zu dem Haus im Meer. Inzwischen war es für Felix selbstverständlich, dass der kleine Engel ihn abholte. Wenn die Jungs im Waschraum waren, zog er sich an, stellte sich ans Fenster und wartete auf den Engel. Mittlerweile war ihm das Haus im Meer, mit seinen Bewohnern richtig vertraut geworden. Doch in all dieser Zeit hatte er nie einen Jungen gesehen, der zu diesem Kinderzimmer gehörte. Wo war er nur?

Der Heilige Abend brachte eine Veränderung. An diesem Abend war die Frau nicht allein im Zimmer, ihr Mann war bei ihr. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und weinte. Felix wäre am liebsten zu ihr gelaufen, doch es ging nicht, er stand draußen und das Fenster war verschlossen. Der kleine Engel hob seinen Stab, öffnete mit einem leisen Glöckchenklang das Fenster und warf einen zerknüllten Zettel in das Zimmer. Der Mann und die Frau schauten verwundert zum Fenster und sahen Felix direkt in die Augen. Felix erschrak, nun verließ ihn der Mut, er wollte weglaufen, doch es ging nicht, seine Füße klebten am Boden und waren schwer wie Blei. Die Frau hob den Zettel auf und las die ungeübten Zeilen:

Felix Bohnert

Waisenhaus Königsallee 10

wünscht sich eine neue Mama!

Sie reichte ihrem Mann den Zettel, ging zur Haustür und öffnete sie weit. Felix trat in die Stube, die er schon so lange kannte. Die Frau breitete ihre Arme aus und nahm ihn in die Arme. Und da wusste er, das war seine neue Mama! In diesem Augenblick verschwand der kleine Engel, hundert Sternschnuppen fielen vom Himmel und überall klingelte es: „Felix du Glücklicher!“

Gisela Luise Till, im Jahr 1944 geboren, ist Mutter zweier Töchter. Sie schrieb, inspiriert durch ihre Enkelin, das Fantasybuch „Die Zauberperle“, das in Papierfresserchens MTM-Verlag erschienen ist.

*

Ein unglaublicher Traum

Greta und Paul, die beiden rothaarigen Zwillinge, freuten sich wie in jedem Jahr unheimlich auf die Weihnachtszeit. Besonders gern bastelten sie kleine Geschenke. Beinahe noch lieber werkelten sie aber mit Teig in der Küche, um kleine Plätzchen, Lebkuchen und sogar Häuser und Züge daraus zu gestalten.

„Mama, können wir vielleicht morgen mit dem Backen beginnen?“, fragte Greta. „Wir wollen in diesem Jahr ein richtiges kleines Kunstwerk bauen. Stimmt’s Paul?“

Dieser nickte: „Ja, wir wollen Oma und Opa überraschen, wenn sie uns besuchen. Du hilfst uns doch dabei, oder?“

„Natürlich. Ich muss nachher nur noch einige Zutaten besorgen. Dann können wir morgen loslegen.“

Die Kinder waren begeistert und schmiedeten sofort Pläne.

„Lass uns ein richtiges Haus bauen, so ähnlich wie eine Puppenstube mit vielen Zimmern! Davor müssen dann natürlich ein geschmückter Weihnachtsbaum und viele verschiedene Figuren, die dort feiern.“ Paul sah das fertige Werk schon vor sich.

Auch Greta hatte genaue Vorstellungen. „Ein paar Tiere und eine Futterkrippe wären schön! Und Engel. Aber ohne Hilfe schaffen wir das nicht. – Zum Glück haben wir ja Mama.“

Diese lachte: „Oje, da haben wir ja viel zu tun! Ich werde mein Bestes geben! Lasst uns mal gleich eine Liste machen, was wir alles brauchen!“

Die Kinder holten Zettel und Stift, die Mutter das Rezeptbuch. So waren schnell alle Zutaten notiert.

„Ich geh gleich los, um alles einzukaufen. Ihr könnt ja weiter planen. Also bis dann!“

Am nächsten Morgen waren Greta und Paul natürlich zeitig wach. Vorfreude und Aufregung ließen sie einfach nicht länger schlafen. Gleich nach dem Frühstück ging es auch schon los.

„Gibst du mir bitte den Zucker, Paul?“, fragte die Mutter. Der Junge holte ihn flink herbei und stellte die Dose auf den Tisch. „Danke! Jetzt muss ich den Teig nur noch durchkneten, dann dürft ihr formen.“

Die Kinder konnten sich kaum noch gedulden. Dann war es endlich so weit. Sie kneteten kleine Tische und Hocker, Tannenbäume, verschiedene Tiere und natürlich auch Engel. Die Wangen der beiden waren vor Eifer gerötet. Mit Ausdauer und viel Liebe entstanden Mädchen, Jungen, deren Eltern und sogar zwei Babys.

„He, die sehen aber toll aus! Ihr seid schon zwei richtige Künstler.“ Die Mutter bestaunte die Figuren und war begeistert. Vier Kinderaugen strahlten sie an.

„Ich schiebe gleich die ersten Bleche rein. So könnt ihr dann bald alles verzieren.“

„Wir müssen aber auch noch den Lebkuchenteig für das Haus machen“, sagte Greta.

„Stimmt. Sobald ihr mit dem Verschönern der kleinen Kunstwerke beginnt, kümmere ich mich darum.“

Wenig später waren die ersten Figuren fertig gebacken. Ein leckerer Duft durchströmte die Wohnung.

„Herrlich, nicht wahr? Die Weihnachtszeit ist doch was ganz Besonderes“, fand die Mutter.

Greta und Paul stimmten ihr zu. Sie hatten sich bereits alle Zutaten für Zuckerglasur, kleine süße Perlen, Mandeln, Schokosplitter und bunte Streusel zurechtgestellt.

„Wartet noch einen Moment! Wir müssen sie noch abkühlen lassen.“

„Wie lange dauert das denn?“, fragte Greta ungeduldig nach.

„Naja, ein Weilchen schon. Lasst uns doch ein paar Weihnachtslieder singen. Dann vergeht die Zeit ganz schnell.“ Die Kinder mussten nicht lange überlegen und so erklangen viele schöne Melodien.

Und dann konnten sie pinseln und dekorieren. Das war ein Spaß! Ab und an wanderte natürlich auch eine leckere Kleinigkeit in die Münder.

„Wir sind fertig! Wo stellen wir denn unser Haus auf, Mama?“

Nach kurzem Überlegen antwortete diese: „Wir haben doch im Wohnzimmer den kleinen Tisch. Dort würde es sicher schön aussehen, oder?“

„Ja. Klasse. Komm, Paul, wir tragen es vorsichtig rüber!“

„Aber lass es ja nicht fallen!“, warnte er seine Schwester.

„Das musst ausgerechnet du sagen. Ich denke nur an die Puddingschüssel letzten Sonntag.“ Greta grinste.

Auch Paul musste lachen. „Erinner’ mich nur nicht daran! Das war vielleicht eine Sauerei. Na los, wir gehen ganz langsam und vorsichtig.“

„Geschafft! – Und nun erwecken wir das Haus zum Leben! Komm mit, die Möbel und Menschen holen!“ Greta zog ihren Bruder mit.

Als sie endlich alles aufgebaut hatten, waren sie selbst überrascht, wie dieses Haus auf sie wirkte. Es hatte etwas Magisches an sich.

„Sieht aus wie echt, oder?“, fragte Paul.

„Ja, es lädt richtig zum Spielen ein. Aber irgendwie ist es auch ein wenig geheimnisvoll“, antwortete ihm seine Schwester.

Auch die Mutter der beiden staunte: „Das ist ja unglaublich schön geworden. Viel zu schade, um es irgendwann aufzuessen.“

Paul antwortete erschrocken: „Das bleibt auf jeden Fall bis Weihnachten so stehen. Wir wollen ja vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten hinzufügen, nicht wahr, Greta?“ Diese nickte. Sie war völlig in den Bann dieses Hauses gezogen und konnte den Blick gar nicht mehr davon abwenden.

Am Abend krochen die beiden erschöpft, aber glücklich in ihre Betten. Ein aufregender Tag lag hinter ihnen. Und so war es nicht verwunderlich, dass die zwei schnell ins Traumland zogen.

Am nächsten Morgen erwachte Greta als Erste. Sie war so aufgeregt, dass sie sofort ihren Bruder weckte. „Paul, ich hatte vielleicht einen verrückten Traum. Unsere gebackenen Figuren sind zum Leben erwacht. Sie haben Weihnachten gefeiert – genau wie wir. Der Weihnachtsmann war da. Es gab Geschenke und Lieder erklangen. Alles war hell erleuchtet. Unglaublich, was?“

„Wie kann das sein, Greta? Ich hatte genau denselben Traum!“

„Was? Das gibt es doch nicht.“ Greta überlegte kurz. „Oder haben wir das nicht nur geträumt?“ Beide sprangen so schnell sie konnten aus dem Bett und liefen ins Wohnzimmer.

„Sieht alles ganz normal aus, oder?“, fragte Paul seine Schwester.

Diese schlich um den kleinen Tisch und betrachtete alles sehr genau. „Schau mal, Paul. Die gebackenen Geschenke sehen aus, als hätte jemand versucht, sie zu öffnen. Und dort! Da hinten liegen Krümel. Die waren gestern Abend auf keinen Fall an dieser Stelle. Und auch die beiden Figuren hinter dem Weihnachtsbaum standen gestern woanders, nämlich an der Futterkrippe.“

Paul nickte sprachlos.

„Was hat das zu bedeuten? Sollen wir es Mama erzählen?“, fragte Greta.

„Sie schläft bestimmt noch. – Ich weiß nicht, es ist so unglaublich“, überlegte ihr Bruder.

„Du hast recht. Vielleicht sollten wir es für uns behalten. Wir wissen ja selbst nicht, ob es ein Traum oder die Wahrheit ist. Auf jeden Fall war es wunderschön!“

„Ja, ein unglaubliches Fest.“

„Lass uns einfach wieder ins Bett kriechen. Vielleicht können wir ja noch einmal dabei sein.“

So huschten sie in ihr Zimmer.

Und wer weiß? Vielleicht dürfen die beiden auch das nächste Weihnachtsfest der Plätzchen miterleben!

Silvia Michaelis, geboren 1970, lebt heute in Burg/Spreewald. Neben ihrem kreativen Beruf als selbstständige Floristin sind Lesen und Schreiben ihre liebsten Hobbys. Seit Beginn des Jahres 2008 schreibt sie Prosa und Lyrik für Erwachsene sowie Geschichten für Kinder. Erste Veröffentlichungen ihrer Werke in verschiedenen Anthologien gaben ihr die Bestätigung, mehr aus ihrem Hobby zu machen.

*

Meine Weihnachtswünsche

Alle Jahre wieder wird es Weihnachten. Und alle Jahre wieder habe ich zwei große Wünsche. Mein größter Wunsch wäre, eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder zu bekommen. Aber ich denke, dass Mama und Papa kein neues Baby haben werden. Denn dann wäre es in den letzten zehn Jahren bestimmt schon auf die Welt gekommen. Zehn Jahre – so alt bin ich, Neele, nämlich schon.

Mein zweiter großer Wunsch ist ein Haustier. Egal welches. Ich liebe eigentlich alle Tiere. Doch wenn ich eins auswählen könnte, hätte ich am liebsten eine Katze.

Bald ist wieder Weihnachten und jeden Abend hoffe ich auf die Erfüllung meiner Weihnachtswünsche! Wie immer wollten Papa und ich am Tag vor Weihnachten einen Tannenbaum kaufen. Wir sind mit dem Auto in die Baumschule gefahren und haben alle Tannenbäume angesehen. Papa braucht immer sehr lange, bis er sich für einen Baum entschieden hat. Entweder sind sie zu groß oder zu klein. Haben zu viele oder zu wenig Zweige. Oder sie sind zu dick oder zu dünn. Nach einer Weile habe ich mich auf einen Baumstumpf gesetzt und gewartet.

„Wie wäre denn dieser?“, hat Papa gerufen und ich habe gerade „Cool“ geantwortet, als ich ein leises Maunzen hinter mir hörte. Langsam habe ich mich umgesehen und da habe ich es schon wieder gehört – das Maunzen. Weil ich aber nichts entdecken konnte, habe ich vorsichtig die Äste eines Busches auseinandergeschoben. Und dann habe ich sie gesehen, eingebettet in ein Nest aus Laub saßen dort zwei kleine Katzenbabys. Wie niedlich. Ein Kätzchen ganz weiß und das andere Kätzchen ganz schwarz.

„Papa, Papa“, habe ich gerufen. Da ist Papa gekommen und ich habe ihm die kleinen Kätzchen gezeigt. „Können wir die mitnehmen?“, habe ich gefragt.

Aber Papa hat den Kopf geschüttelt. „Die gehören doch wahrscheinlich zur Baumschule. Die Katzenmutter ist bestimmt gerade auf Futtersuche.“ Und dann hat Papa einfach weiter Weihnachtsbäume angesehen, ohne sich um die Katzenbabys zu kümmern.

Also habe ich Herrn Baumer gesucht. Eigentlich lustig, Herr Baumer ist der Besitzer der Baumschule und verkauft Weihnachtsbäume. Mutig habe ich ihn nach den Katzenbabys gefragt. „Nee – die gehören mir nicht. Hier laufen eine Menge wilder Katzen herum, die wir eigentlich gar nicht haben wollen“, hat er geantwortet.

Und da stand Papa plötzlich wieder hinter mir und hat gesagt: „Siehst du, das sind gar keine zahmen Hauskatzen, die Katzenmutter kommt gleich wieder und …“

„Allerdings, ich habe gestern Abend eine überfahrene Katze auf dem Parkplatz gefunden“, hat Herr Baumer Papa unterbrochen und mir zugezwinkert.

„Siehst du Papa, das war bestimmt die Katzenmama. Die Kätzchen sind jetzt Vollwaisen. Wenn wir sie nicht mitnehmen, verhungern sie.“

Papa hat nur den Kopf geschüttelt und seinen Tannenbaum bezahlt. Ich fand das gemein. Herzlos.

„Die müssen bestimmt erfrieren“, habe ich gesagt.

„Wir haben noch gar keine weihnachtlichen Temperaturen“, hat Papa geantwortet. Da wusste ich auch nicht mehr, was ich noch sagen sollte, und habe nur beleidigt geguckt.

Am Mittag bin ich noch einmal mit dem Fahrrad in die Baumschule gefahren. Die Katzen lagen noch immer in ihrem Laubnest und haben ganz leise gemaunzt.

„Bestimmt weinen die schon, weil ihre Mama nicht wieder kommt“, habe ich gedacht. Dann habe ich wieder Herrn Baumer gesucht und gefragt, ob ich die tote Katze mal sehen kann.

„Nee, die haben wir schon begraben“, hat Herr Baumer geantwortet.

„Wie sah sie denn aus?“, habe ich gefragt.

„Schwarz-weiß-gefleckt“, hat Herr Baumer geantwortet. Da war mir alles klar. Das konnte ja nur die Mama der Kleinen sein. Die Kätzchen hatten sich die Farbe geteilt. Eins weiß und eins schwarz. Und plötzlich war ich echt böse auf Papa.

Also bin ich wieder nach Hause geradelt und habe Mama und Papa erzählt, dass die Katzen noch immer in ihrem Laubnest liegen. Da haben Mama und Papa sich angesehen und dann hat Papa gesagt: „Wenn die Katzen dort in zwei Stunden immer noch ohne Muttertier liegen, holen wir sie.“

Und Mama hat genickt. „Schließlich ist Weihnachten“, hat sie gesagt.

Und ich habe ganz fest die Daumen gedrückt, dass die Katzen dann immer noch dort liegen. Eigentlich ist das ja gemein, dass ich mir wünsche, dass die Kätzchen allein sind. Aber schließlich ist die Mutter ja sowieso schon tot.

Um drei Uhr sind wir alle zusammen wieder in die Baumschule gefahren. Mama hatte ihren Einkaufskorb und Papa seine Arbeitshandschuhe dabei.

„Was willst du denn damit?“, habe ich gefragt.

Da hat Papa geantwortet: „Das sind schließlich Wildkatzen.“

Als Herr Baumer uns gesehen hat, hat er angefangen zu lachen. „Wollt ihr die Kätzchen doch abholen? Das ist ja ein tolles Weihnachtsgeschenk für Neele.“

„Wir nehmen sie erst mal mit“, hat Mama gesagt. „Wir können sie ja nicht verhungern lassen. Und dann suchen wir ein gutes Zuhause für sie.“

„Aha“, hat Herr Baumer geantwortet und mir wieder zugezwinkert. Vorsichtig habe ich die Zweige zur Seite gebogen und da lagen sie noch in ihrem Laubnest. Meine beiden Kätzchen. Papa hat geseufzt, sich seine Arbeitshandschuhe angezogen und nach der schwarzen Katze gegriffen. Die war ganz erschreckt, konnte sich aber trotz Zappeln nicht aus Papas Griff befreien.

„Du drückst ihr ja die Luft ab“, habe ich empört gerufen.

„Lass mich mal“, hat Mama gesagt. „Ich hatte als Kind auch eine Katze.“ Dann hat sie sich hingehockt und ganz vorsichtig die Hand ausgestreckt. Das weiße Kätzchen hat daran geschnuppert und Mama hat die Katze ganz sanft in ihren Einkaufskorb gesetzt. Ohne zu drücken. „Die sind ja wirklich niedlich“, hat Mama geflüstert und Papa hat schon wieder geseufzt.

Zu Hause haben wir einen Pappkarton mit zwei kuscheligen Handtüchern ausgelegt und die Katzenbabys hineingesetzt.

„Die Kätzchen sind bestimmt schon drei oder vier Wochen alt“, hat Mama gemeint.

Und dann hat sie Dosenmilch aus der Küche geholt. Die Dosenmilch haben wir mit Wasser verdünnt. Ich durfte die Milch auf einen Unterteller gießen. Mama hat ihren Finger hineingesteckt und ihn der weißen Katze vor das Näschen gehalten. Das Kätzchen hat vorsichtig daran geschnuppert und anschließend ihre Hand abgeleckt. Das haben wir zusammen wiederholt und plötzlich ist das weiße Kätzchen aufgestanden und auf den Teller zugetapst. Das sah ganz lustig aus. Aber dann ist es blitzschnell umgefallen und genau im Teller gelandet.

„Du bist ja ein Keks“, habe ich gerufen. Mama hat gesagt, sie finde, dass Keks ein guter Name für das weiße Kätzchen sei und dass wir das schwarze Kätzchen Krümel nennen sollten, weil es auf der schwarzen Nase einen winzigen weißen Punkt hat, der wie ein kleiner Krümel aussieht.

„Krümel und Keks sind tolle Namen“, habe ich begeistert gerufen und laut in die Hände geklatscht. Da hat Keks sich wieder erschreckt und saß schon wieder in der Milch. Ich habe neue Dosenmilch in den Unterteller gegossen und plötzlich haben die kleinen angefangen, die Milch ganz allein aus dem Unterteller zu lecken.

Zwischendurch hat Papa aus dem Wohnzimmer gerufen, dass er jetzt den Baum schmückt. Aber Mama und ich sind lieber bei den Kätzchen geblieben. Mir war auch ohne Baum schmücken schon ganz weihnachtlich zumute. Denn plötzlich ist mir bewusst geworden, dass wir den Kätzchen vielleicht das Leben gerettet haben und da ist mir vor Glück eine Träne über die Wange gelaufen. Aber nur eine klitzekleine! Als Keks und Krümel satt waren, haben sie sich ganz dicht aneinander gekuschelt. Und da habe ich mich auch an Mama gekuschelt und gesagt, wie schön es doch ist, dass wir die Kätzchen ausgerechnet zu Weihnachten gefunden haben und so mein Weihnachtswunsch in Erfüllung gegangen ist und, dass wir deshalb zumindest ein Kätzchen behalten müssten.

„Weißt du was, Neele“, hat Mama geflüstert, „Wir behalten die beiden Katzengeschwister. Denn schließlich braucht jedes Kind seine eigene Katze. Eine für dich und eine für deinen Bruder.“ Und als sie mich angelächelt hat, wusste ich, dass morgen das schönste Weihnachten meines Lebens sein würde, da meine beiden Weihnachtswünsche endlich in Erfüllung gegangen waren.

Nicole Weinhardt ist 36 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Norddeutschland. Zur Familie gehören außerdem ein Pferd, eine Katze und zwei Kaninchen.

*

Das Christkind backt Plätzchen

Es war kurz vor Weihnachten. Mama und Lilli standen in der Küche und backten Weihnachtsplätzchen. Selbst gebackene Plätzchen gehörten Weihnachten einfach dazu, fand Lilli. Mama bestäubte die Arbeitsplatte mit Mehl, rollte den Teig aus und Lilli legte die ausgestochenen Sterne vorsichtig auf das Backblech. Draußen ging die Sonne schon unter. Der Himmel leuchtete heute tiefrot.

„Mama, guck mal aus dem Fenster“, rief Lilli aufgeregt. „Der Himmel brennt!“

„Tatsächlich!“, antwortete Mama. „Das Christkind backt Plätzchen.“

„Quatsch! Das Christkind gibt es doch gar nicht“, sagte Lilli. Das musste Mama doch wissen.

„Wie kommst du denn darauf?“, fragte Mama verwundert. „Natürlich gibt es das Christkind!“, erklärt sie. „Es wohnt weit weg von hier, hoch oben in den Wolken.“

„Ich bin doch kein Baby mehr“, dachte Lilli. Schließlich war sie schon fünf. Aber sie sagte nichts. Sie wollte Mama nicht den Spaß verderben. Bestimmt machte sie nur Spaß.

Mitten in der Nacht hört Lilli ein Geräusch.

„Aufwachen!“, flüsterte jemand.

Lilli schlug die Augen auf. „Das gibt es doch gar nicht, dachte sie.“ Da stand ein Weihnachtsengel vor ihrem Bett und lächelte sie freundlich an.

„Komm mit mir! Ich zeig dir was“, sagte der Weihnachtsengel und reichte ihr die Hand. Hastig zog sich Lilli einen Pullover über und schlüpfte in ihre Pantoffeln.

In der Nacht hatte es geschneit. Draußen türmte sich der Schnee über einen Meter hoch. Vor der Tür stand ein großer roter Schlitten. Der Weihnachtsengel half ihr beim Einsteigen, reichte ihr eine kuschelige Wolldecke und setzte sich neben sie. Und dann ging’s los.

Angeführt von einem Rentier hob der Schlitten sanft vom Boden ab. Leicht glitt er durch die glitzernde, verschneite Landschaft. Vor einem großen roten Tor hielten sie an. Über ihnen funkelten die Sterne am Himmel.

„Das ist unser Weihnachtsdorf“, erklärte der Weihnachtsengel.

Lilli schaute sich neugierig um. Überall standen kleine Holzhütten. Auf einem Schild stand das Wort Wichtelwerkstatt. Lilli lugte durch die Fensterscheiben. Auf dem Tisch lagen Holzräder, Holzlatten, Schrauben und Holzspäne. Einige Wichtel hämmerten eine Holzeisenbahn zusammen, andere hobelten an einem Schaukelpferd.

Doch es gab noch mehr zu sehen. Einige Weihnachtsmänner füllten Mandarinen, Schokolade und Pfeffernüsse in die Nikolausstiefel. Auf einmal erklangen Musik und Gesang.

„Das ist unser Himmelschor“, erklärte der Weihnachtsengel. „Sie proben Weihnachtslieder.“

Plötzlich klingelte ein Glöckchen. Neben ihnen hielt ein Weihnachtsschlitten. Zwei Weihnachtsengel stiegen aus und schleppten einen großen Sack.

„Das ist die Weihnachtspost der Kinder“, sagte der Weihnachtsengel. „In der Poststelle werden die Briefe sortiert und in die verschiedenen Spielzeugabteilungen gebracht. Du siehst, wir haben viel zu tun.“

Staunend sah Lilli den Weihnachtsmännern zu, als in der Spielzeugabteilung ein Geschenk nach dem anderen in einen großen Sack verschwand.

„Komm mit! Du wolltest doch die Backstube sehen.“ Der Weihnachtsengel nahm Lilli an die Hand. Zusammen gingen sie zu einer Holzhütte, die aussah wie ein großer Backofen.

In der Küche roch es nach Gewürzen und Aromastoffen. Blech für Blech schoben die fleißigen Weihnachtsengel in den Backofen. Dann wurden die gebackenen Plätzchen in Dosen und Kisten verteilt. Danach hievten sie die Kisten auf einen großen Schlitten.

Und jetzt sah Lilli es: Der Rauch, der aus dem Kamin der Backstube aufstieg, färbte den Himmel rot.

„Hier, probier mal!“ Ein Weihnachtsengel reichte ihr einen Zimtstern.

lebt mit ihrem Mann, zwei Kinder, Katze, Kaninchen und Hund in Dortmund. Sie hat Veröffentlichungen in zwei Anthologien und in pädagogischen Fachzeitschriften.