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DEUTSCHES
TAUCHSPORTABZEICHEN **/***
(CMAS **/***)

SICHERES TAUCHEN LERNEN

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Inhalt

Vorwort

Einleitung

VDST – Verband Deutscher Sporttaucher e. V.

DTSA**/CMAS**

Voraussetzungen zum DTSA**

DTSA**/CMAS** – Theorie

1Tauchphysik

1.1Masse, Gewichtskraft, Volumen

1.2Druck

1.3Gesetz von Boyle-Mariotte

1.4Gesetze von Amontons und Gay-Lussac

1.5Zusammensetzung der Atemluft

1.6Gesetz von Dalton, Partialdruckberechnung

1.7Prinzip des Archimedes

1.8Diffusion und Gesetz von Henry

1.9Dekompression

1.10Licht

1.11Schall

1.12Wärme

2Tauchmedizin

2.1Gewebearten

2.2Anatomie und Physiologie des Herz-Kreislauf-Systems

2.3Anatomie der Atmungsorgane und Physiologie der Atmung

2.4Anatomie des Ohres und der Schädelhöhlen

2.5Barotraumen

2.6Überdruckbarotrauma der Lungen

2.7Dekompressionsunfall

2.8Dehydratation

2.9Hinweise für sicheres blasenarmes Tauchen

2.10Kohlendioxidvergiftung und Essoufflement

2.11Tiefenrausch

2.12Unterkühlungen

3Tauchausrüstung

3.1Tauchgerät

3.2Atemregler

3.3Jacket

3.4Ausrüstungsempfehlungen und Konfiguration

3.5Tauchbekleidung

3.6Instrumente

3.7Tauchcomputer

3.8Handhabung des Kompressors

DTSA**/CMAS** – Praxis

4Tauchpraxis

4.1Tauchgangsplanung und -vorbereitung

4.2Tauchgangsvorbesprechung mit Ausrüstungscheck

4.3Tauchgangsdurchführung und Gruppenführung

4.4Tauchgangsnachbesprechung

4.5Luftverbrauchsberechnungen

4.6Handhabung der Dekompressionstabelle

4.7Planung eines Tauchgangs mit Berechnung der Dekompression und des Luftverbrauchs

4.8Kaltwassertauchen

4.9Tauchen bei Strömung vom Boot und von Land

4.10Tauchen bei Nacht

4.11Tauchen an einer Steilwand

4.12Orientierung nach natürlichen Gegebenheiten und mit Kompass

4.13Verhalten bei Komplikationen

4.14Tarierung, Atemtechnik und Feststellen der richtigen Bleimenge

4.15Aufstieg ohne Flossenschlag

4.16Aufstieg unter Wechselatmung

4.17Tauchen unter Atmung aus dem Atemregler des Partners

4.18Setzen der Signalboje

4.19Apnoetauchen

4.20Unterwasser-Zeichengebung

5Tauchen und Umwelt

5.1Ökologie von Seen

5.2Fließgewässer

5.3Lebensräume des Mittelmeeres

5.4Korallenriffe

5.5Symbiose

5.6Neobiota

5.7Taucher können das Gewässer schützen

5.8Mitmachmöglichkeiten und Weiterbildung

6Notfallrettung

6.1Notfallorganisation und Rettungskette

6.2Risikoanalyse

6.3Erste Hilfe

6.4Herz-Lungen-Wiederbelebung und AED

6.5Sauerstoffgabe

6.6Rettung eines handlungsunfähigen Tauchers an die Wasseroberfläche

6.7Transport eines Tauchers an der Wasseroberfläche

6.8Rettungsgriffe

6.9Notsignale

6.10Notfallprotokoll

DTSA**/CMAS** – praktische Übungen

Übungen mit ABC-Ausrüstung

Übungstauchgänge mit DTG-Ausrüstung

DTSA***/CMAS***

Voraussetzungen zum DTSA***

DTSA***/CMAS*** – Ergänzende Theorie

1Tauchphysik

1.1Grenzen der Gasgesetze

1.2Joule-Thomson-Effekt

1.3Lösung von Gasen in Flüssigkeiten

1.4Physikalisch-physiologische Faktoren für ein Essoufflement

2Tauchmedizin

2.1Auswirkungen eines Rechts-Links-Shunts und Bedeutung eines offenen Foramen ovale für die Dekompression

2.2Behandlung der Dekompressionskrankheit

2.3Ertrinken

2.4Hitzeschäden (Hyperthermie)

2.5Psychische Faktoren beim Tauchen

2.6Sauerstoffvergiftung

2.7Kohlenmonoxidvergiftung

2.8Schock

2.9Diabetes und Tauchen

2.10Erste Hilfe bei Verletzungen durch Meerestiere

2.11Medikamente, Drogen und Tauchtauglichkeit

3Tauchausrüstung

3.1Trockentauchanzüge

3.2Alternative Tariersysteme und Bleisysteme

3.3Vereisung

3.4Ausrüstungskonfiguration

3.5Tauchlampen

3.6Aufbau des Kompressors

DTSA***/CMAS*** – Praxis

4Tauchpraxis

4.1Tauchen in größeren Gruppen

4.2Tauchgänge mehrerer Gruppen vom Boot

4.3Ausfahrt mit einem Schlauchboot

4.4Gruppenführung mit unerfahrenen Mittauchern

4.5Gruppenführung beim Nachttauchen mit einem Neuling

4.6Tauchen in Bergseen

4.7Planung eines Tauchgangs im Bergsee mit Berechnung der Dekompression und des Luftverbrauchs

4.8Planung eines Tauchgangs mit Berechnung der Dekompression und des Umkehrdrucks

4.9Tauchen im Trockentauchanzug

4.10Eistauchen

4.11Tauchen in kalten Gewässern

4.12Entstehung von Gezeiten

4.13Wracktauchen

4.14Tauchen in Meeresgrotten

4.15Tauchen mit Nitrox

DTSA***/CMAS*** – praktische Übungen

Übungen mit ABC-Ausrüstung

Übungstauchgänge mit DTG-Ausrüstung

Anhang

Reiseapotheke

VDST-Tauchunfallprotokoll

VDST-Neurocheck

Literaturverzeichnis

Register

Sicher Tauchen!
Unter Wasser viel erleben!

Vom Weltall betrachtet, erscheint die Erdkugel in kräftigem Blau. Unser »blauer Planet« ist zu knapp drei Vierteln mit Wasser bedeckt, und nur uns Taucherinnen und Tauchern ist es möglich, zumindest einen sehr kleinen Teil der in den Meeren und im Süßwasser vorkommenden Lebensformen kennenzulernen. Tauchen ist ein Sport, der leicht zu erlernen ist. Und mit einem gewissen Maß an Weiterbildung und stetem Training kann man ihn sehr sicher und mit viel Spaß ausüben.

Tauchen ist nach wie vor sehr beliebt. Tauchen ist eine ganz besondere Freizeitbeschäftigung für Jugendliche, Frauen und Männer, und es kann dies auch bis ins hohe Alter bleiben. Das Besondere am Tauchen ist die Möglichkeit, in unbekannte und völlig neue Lebensbereiche der Gewässer einzutauchen und diese zu erleben. Tauchen ist dabei Freude an der Natur und zugleich auch ein bisschen Abenteuer. Denn eigentlich scheint Wasser für uns eher ein lebensfeindliches Milieu zu sein. Um dieses Gefühl oder den Gedanken daran gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist es wichtig, eine fundierte und sorgfältige fortgeschrittene Ausbildung zu absolvieren. Und hierbei hilft dieses Buch. Es soll dir Hilfestellung und Wegweiser zugleich sein.

So findest du hier die Grundlagen der Tauchphysik und der Tauchmedizin ebenso wie wertvolle Ausführungen zur Tauchausrüstung und ihrem Gebrauch. Umfangreich und wichtig sind die Ausführungen zur Tauchpraxis. Hier wird auf die Tauchgangsplanung und sorgfältige Vorbereitung eines Tauchgangs ebenso detailliert eingegangen wie auf den eigentlichen Tauchgang. Sicheres Tauchen unter besonderen Bedingungen? Auch hier findest du viele nützliche Hinweise, wie z. B. zum Tauchen im Kaltwasser, bei Strömung, bei Nacht oder an der Steilwand. Sehr viele Taucherinnen und Taucher wollen die Unterwasserwelt erkunden und erleben. Dabei kommt es stets auf eine umweltgerechte und verträgliche Art des Tauchens an. Wir Taucherinnen und Taucher können und müssen einen substanziellen Beitrag zum Erhalt dieser für unseren blauen Planeten so wertvollen Lebensräume unter Wasser leisten. Auch hierzu gibt das Buch Hinweise und Erläuterungen. Allen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, sage ich ein herzliches Dankeschön! Und allen, die sich auf den Weg machen, ihre taucherischen Fertigkeiten und Erfahrungen zu verbessern und zu erweitern, wünsche ich viel Spaß und Freude, viel Erfolg und tolle Taucherlebnisse! Allzeit gut Luft und stets ein gesundes Auftauchen!

Prof. Dr. Franz Brümmer

Einleitung

Das Tauchen in der Welt unter Wasser, das Entdecken der Schönheit der Unterwasserlandschaften, der Pflanzen- und Tierwelt, das Erkunden unbekannter Riffe oder einfach nur das Erleben des Schwebens unter Wasser hast du kennengelernt. Du hast Freude am Tauchen und mit dem Deutschen Tauchsportabzeichen (DTSA)* die Grundlagen für das Tauchen in Begleitung eines erfahrenen Tauchers erlernt. Um nun selbst Tauchgänge zu planen, durchzuführen und gemeinsam mit anderen Tauchern zu erleben, benötigst du weitere Kenntnisse und Fertigkeiten. Durch die Zahl deiner Tauchgänge wachsen deine Erfahrung, deine Sicherheit und deine Routine im Umgang mit deiner Ausrüstung und mit deinem Bewegen, Tarieren und Wahrnehmen unter Wasser. Durch die Aufbaukurse »Orientierung beim Tauchen« und »Gruppenführung« erlangst du die Kompetenzen, um als autonomer Taucher auch gemeinsam mit anderen autonomen Tauchern Gruppen zu führen. Die Qualifikation dazu erlangst du mit dem DTSA**. Mit dem DTSA*** wirst du dann auch qualifiziert, Tauchgänge unter erschwerten Bedingungen oder mit unerfahreneren Tauchern zu führen. Das DTSA** und das DTSA*** sind international anerkannte Tauchsportabzeichen des Verbandes Deutscher Sporttaucher e. V. (VDST). In diesem Buch werden die für das Deutsche Tauchsportabzeichen** und für das darauf aufbauende Deutsche Tauchsportabzeichen*** erforderlichen Kenntnisse vermittelt, sodass du damit die im Unterricht durch einen VDST-Tauchlehrer vermittelten Inhalte nacharbeiten, vertiefen und schließlich im Rahmen einer theoretischen Lernerfolgskontrolle nachweisen kannst.

In diesem Buch sind mit den Begriffen »Taucher« und »Tauchlehrer« sowie den Abkürzungen gleichermaßen Taucherinnen und Tauchlehrerinnen gemeint.

VDST
Verband Deutscher Sporttaucher e. V.

Die Unterwasserwelt mit all ihren Schönheiten und Erlebnismöglichkeiten selbst aktiv zu entdecken und kennenzulernen ist für viele der entscheidende Anreiz, im Tauchen mehr als nur ein Hobby zu sehen. Viele lassen sich von der einzigartigen Schönheit der Korallenriffe faszinieren, andere genießen die Schwerelosigkeit im weiten Blau des Meeres und der Seen, und wieder andere treibt der sportliche Eifer unter die Wasseroberfläche. Abenteuer und Mystik sind beim Tauchen natürlich immer dabei. Doch ganz gleich, welche Motive zum Sporttauchen führen, am Anfang eines jeden Taucherdaseins steht eine fundierte und professionelle tauchsportliche Ausbildung. Nur so sind die größtmögliche Sicherheit und die Freude beim Tauchen garantiert.

Mitglieder im VDST sind neben den Sporttauchern auch die Tauchsportvereine und Landestauchsportverbände in ganz Deutschland. Dazu kommen die angeschlossenen Tauchbasen und Tauchschulen in Deutschland und im Ausland, die ebenfalls nach seinen Standards ausbilden. Mit einer Gesamt-Mitgliederzahl von mehr als 75.000 Mitgliedern ist er der größte Non-profit-Tauchsportverband Europas. In seinen rund 1.000 Vereinen bietet der VDST die besten Möglichkeiten, das Sporttauchen zuverlässig, kostengünstig und vor allem sicher zu erlernen und auszuüben – das Trainieren im Hallenbad eingeschlossen.

Jedes Verbandsmitglied profitiert dabei von einem umfangreichen Versicherungspaket mit Tauchunfall-, Haftpflicht- und Rechtschutzversicherung. Eine medizinische Notfall-Hotline ist bei Tauchunfällen, aber auch bei allen anderen Erkrankungen oder Unfällen 24 Stunden am Tag für VDST-Mitglieder da. Sogar eine allgemeine Auslandreisekrankenversicherung ist im VDST-Mitgliedsbeitrag bereits inklusive. Als deutscher Vertreter des Welttauchsportverbands Confédération Mondiale des Activités Subaquatiques (CMAS) bietet der VDST seinen Mitgliedern eine international anerkannte Brevetierung. Das hohe Qualitätsniveau seiner Ausbildung ist durch die »European Underwater Federation« (EUF) nach europäischen Normen zertifiziert.

DTSA**/CMAS**

Voraussetzungen zum DTSA**

Mit dem DTSA* hast du die Qualifikation zum Tauchen als Mitglied einer Gruppe unter Leitung eines erfahrenen Tauchers mit höherer Qualifikation erlangt. Mit zunehmender Erfahrung und mit steigender Anzahl an Tauchgängen möchtest du nun selbstständig Tauchgänge planen und mit anderen Tauchern deines Erfahrungsstandes durchführen. Hierzu benötigst du das deutsche Tauchsportabzeichen DTSA**.

Die dafür erforderlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen findest du in der aktuellen VDST-DTSA-Ordnung auf der Website des VDST (www.vdst.de/mediathek/downloads).

Das Mindestalter für das DTSA** ist 16 Jahre. Bei Minderjährigen ist die Einverständniserklärung der sorgeberechtigten Eltern (in der Regel beider Elternteile) erforderlich.

Als Erfahrungsnachweis musst du 25 Tauchgänge bis nach der Brevetierung vorweisen können. Davon müssen mindestens zehn auf 15 bis 25 Meter Tiefe durchgeführt worden sein. Dies ist eine Mindestzahl. Sprich mit deinem Tauchlehrer, ob du schon den Erfahrungsstand und die taucherischen Fertigkeiten für die Prüfung zum DTSA** besitzt.

Eine gültige Tauchtauglichkeitsbescheinigung ist ebenfalls erforderlich.

Mit dem DTSA** erlangst du die Qualifikation zur sicheren Planung und selbstständigen Durchführung von Tauchgängen im Freigewässer. Neu sind für dich insbesondere die Aufgaben der Gruppenführung und der Orientierung. Daher sind auch die Aufbaukurse »Orientierung beim Tauchen« und »Gruppenführung« wichtige Ausbildungsstationen, die vor der Prüfung des DTSA** absolviert werden müssen. Damit du auch bei einem Unfall Erste Hilfe leisten kannst, gehört der Aufbaukurs »Herz-Lungen-Wiederbelebung« zu den Voraussetzungen. Empfohlen werden auch die Spezialkurse »Meeresbiologie« und »Süßwasserbiologie«, welche jedoch nicht verpflichtend sind.

DTSA**/CMAS** – Theorie

In der Theorieausbildung zum DTSA* wurden bereits viele Grundlagen behandelt, die zum Tauchen wichtig sind. Mit dem DTSA** wirst du in Theorie und Praxis mit den Grundsätzen der selbstständigen Durchführung von Tauchgängen im Freigewässer vertraut gemacht, sodass du Tauchgänge sicher planen und durchführen kannst. Hierzu ist auch ein gutes theoretisches Wissen über die physikalischen Grundlagen und die sich daraus ergebenden Einflüsse auf den menschlichen Körper erforderlich. Fundierte Kenntnisse der Tauchausrüstung und der praktischen Durchführung von Tauchgängen und Übungen sind hierzu unerlässlich.

Einige dieser Themen hast du bereits in der Ausbildung zum DTSA* behandelt. Im Folgenden werden diese noch einmal vertieft und weiter erläutert.

1Tauchphysik

Die Vorgänge im menschlichen Körper folgen überwiegend einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Unter Wasser verändern sich jedoch die Rahmenbedingungen und somit auch die physikalischen Einflüsse auf unseren Körper. Um diese Einflüsse und deren Unterschiede über und unter Wasser zu verstehen, sind einige physikalische Kenntnisse erforderlich, die dir nachfolgend erklärt werden.

1.1Masse, Gewichtskraft, Volumen

Bevor wir physikalische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten behandeln, benötigen wir die hierfür maßgeblichen physikalischen Größen und deren Einheiten. In den nachfolgenden Formeln werden die physikalischen Größen zur einfacheren Darstellung durch ihr Formelzeichen abgekürzt.

Die Masse ist eine Grundeinheit, die nicht aus anderen Größen hergeleitet werden kann. Jeder Körper hat eine bestimmte Masse. Sie wird in der Einheit Kilogramm (abgekürzt kg) gemessen. Die Masse eines Körpers kann mit einer Balkenwaage durch den Vergleich mit einem Körper bekannter Masse festgestellt werden. Mit einer Feder- oder Personenwaage geht das nicht unmittelbar, da diese Waagen von der einwirkenden Schwerkraft abhängig sind. Beispiel: Ein Liter Wasser hat eine Masse von ca. 1 kg.

Für kleinere Mengen wird die Masse auch in Gramm (g) angegeben: 1 g ist 1/1000 kg.

Die Abkürzung für die Masse in Formeln ist m.

Auf einen Körper auf der Erde wirkt durch die Erdanziehung eine Kraft in die Richtung zum Erdmittelpunkt, welche als Gewichtskraft bezeichnet wird. Die Gewichtskraft ergibt sich als Produkt der Masse des Körpers und der Erdbeschleunigung:

Gewichtskraft = Masse · Erdbeschleunigung

Die Abkürzung für eine Kraft in Formeln ist F, die für die Erdbeschleunigung g. Damit lautet diese Formel

F = m · g

Die Erdbeschleunigung beträgt 9,81 m/s2, näherungsweise rechnen wir mit 10 m/s2. Kräfte werden in der Einheit Newton (abgekürzt N) gemessen, 1 N = 1 kg · 1 m/s2. Die Gewichtskraft eines Körpers auf der Erde ergibt sich also einfach aus der Masse:

F = m · 10 m/s2

Beispiel:

Die Gewichtskraft eines Körpers mit einer Masse von 1 kg beträgt auf der Erde F = 1 kg · 10 m/s2 = 10 N.

Das Volumen beschreibt den Inhalt eines Raumes und ergibt sich aus der Multiplikation von Länge, Höhe und Breite. Strecken werden mit s bezeichnet und in der Einheit Meter (m) gemessen, Flächen werden mit A bezeichnet und in m2 gemessen, das Volumen hat die Einheit Kubikmeter (m3). Ein Würfel mit einer Kantenlänge (Länge, Höhe und Breite) von 1 m hat ein Volumen von 1 m3. Ein Würfel mit einer Kantenlänge von 10 cm hat ein Volumen von:

V = 10 cm · 10 cm · 10 cm = 1.000 cm3

Mit der Umrechnung 10 cm = 1 dm entspricht dieses Volumen auch 1 dm3. Das Volumen von 1 dm3 wird auch alternativ zur Maßeinheit 1 Liter (l) verwendet.

Schließlich benötigen wir noch die Dichte eines Körpers. Die Dichte ergibt sich aus der Masse m geteilt durch das Volumen V eines Körpers. Sie wird mit dem Formelzeichen ρ (Rho) bezeichnet und in kg/m3 gemessen, bei flüssigen Körpern auch in kg/l.

ρ = m / V

Die Dichte von Wasser beträgt ungefähr 1 kg/l, da die Masse von einem Liter Wasser rund 1 kg beträgt. Je nach Salzgehalt ist die Dichte des Meerwassers jedoch etwas höher.

1.2Druck

Für uns Taucher ist der Druck eine ganz entscheidende Größe, weil sich der Druck mit zunehmender Wassertiefe erhöht, wodurch sich die physikalischen Rahmenbedingungen je nach Wassertiefe verändern. Der Druck ist die Kraft, die auf eine bestimmte Fläche wirkt. Er wird mit p bezeichnet.

Druck = Kraft / Fläche

oder in Formelschreibweise

p = F/A

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Druck = Kraft / Fläche

Je größer die Fläche ist, auf die eine Kraft wirkt, desto kleiner ist der Druck und umgekehrt. Wenn wir mit einem spitzen Absatz auf einen weichen Untergrund treten, hinterlassen wir einen tieferen Abdruck als mit einer flachen Sohle.

Die Maßeinheit des Drucks ergibt sich aus der Maßeinheit der Kraft (Newton) geteilt durch die Maßeinheit der Fläche (m2), also N/m2. Die Einheit 1 N/m2 wird auch mit 1 Pascal (1 Pa) bezeichnet. Diese wäre jedoch so klein, dass wir die beim Tauchen üblichen Druckangaben sechsstellig angeben müssten. Daher wird beim Tauchen der Druck auch in Bar angegeben (1 bar = 10 N/cm2 = 10.000 Pa). 1 bar entspricht dem Druck eines 1 kg schweren Körpers auf eine Fläche von 1 cm2 oder einer Wassersäule von 10 m Höhe.

Auf den Taucher wirken der Luftdruck durch die über uns befindliche Atmosphäre und der Wasserdruck durch das Wasser. Beides zusammen ergibt den Umgebungsdruck. Der Luftdruck ist abhängig von der Höhe, in der das Tauchgewässer liegt. Für unsere Tauchgänge, die ungefähr auf Meereshöhe beginnen, legen wir einen Luftdruck von 1 bar zugrunde.

Der Wasserdruck nimmt mit steigender Tiefe zu. Jeweils 10 m Wassersäule ergeben einen Wasserdruck von 1 bar.

Das bedeutet, dass die Wassertiefe geteilt durch 10 den Wasserdruck ergibt. Hinzu kommt noch der Luftdruck von 1 bar durch die Atmosphäre an der Wasseroberfläche.

Umgebungsdruck = (Wassertiefe / 10 m) bar + 1 bar

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Umgebungsdruck unter Wasser

Der Umgebungsdruck, der in der jeweiligen Tauchtiefe auf uns wirkt, ist also die Summe aus Luftdruck und Wasserdruck. Man teilt die aktuelle Wassertiefe durch 10 und addiert dazu 1 bar Luftdruck. Der Druck wird mit dem Buchstaben ρ (Rho) bezeichnet und in der Einheit bar angegeben.

1.3Gesetz von Boyle-Mariotte

Je tiefer wir tauchen, desto größer wird der Umgebungsdruck. Dies hast du bereits gelernt. Der Druck wirkt auf unseren gesamten Körper. Da unser Körper zum größten Teil aus Wasser besteht, wird er durch diese Druckzunahme nahezu überhaupt nicht belastet, da Wasser nicht kompressibel ist. Es gibt aber auch einige luftgefüllte Hohlräume in unserem Körper (z. B. die Lunge), bei denen die Zunahme der Tiefe und somit der größere Umgebungsdruck nicht ohne Auswirkungen bleibt. Luftgefüllte, abgeschlossene Hohlräume verändern unter höherem oder niedrigerem Druck ihr Volumen.

Was passiert zum Beispiel mit einem Luftballon, den du im Schwimmbad von der Wasseroberfläche mit auf den Grund nimmst? Er verkleinert sich!

Umgekehrt wird ein Luftballon, den du am Schwimmbadgrund aufbläst, auf dem Weg zur Wasseroberfläche deutlich größer.

Wenn wir beispielsweise einen mit 12 l Luft gefüllten Eimer mit unter Wasser nehmen, verändert sich das darin befindliche Volumen wie in folgender Abbildung:

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Komprimierte Luft in einem Eimer unter Wasser

Im Ergebnis stellen wir fest, dass das Produkt von Druck und Volumen bei einer festen Luftmenge und bei einer festen Temperatur auf jeder Tiefe gleich ist.

Diese Gesetzmäßigkeit beschreibt das Gesetz von Boyle-Mariotte:

Bei gleichbleibender Temperatur steht für eine gegebene Gasmenge der Druck im umgekehrten Verhältnis zum Volumen.

Der Druck wird mit p bezeichnet, das Volumen mit V. Damit erhalten wir auch als Formel:

p ∙ V = konstant

Mit dieser wichtigen Gesetzmäßigkeit und der Formel können wir zwei Zustände unterschiedlichen Drucks oder Volumens bei einer gegebenen Gasmenge miteinander vergleichen.

Anschaulich bedeutet das:

Verdoppeln wir den Druck, so halbiert sich das Volumen.

Verdreifachen wir den Druck, so bleibt nur ein Drittel des Volumens.

Zum Verdoppeln des Volumens muss der Druck halbiert werden.

Da der Druck in 10 m Wassertiefe mit 2 bar doppelt so groß ist wie der Druck an der Wasseroberfläche mit 1 bar, verdoppelt sich also das Volumen eines Luftballons, den wir von 10 m Tiefe bis an die Oberfläche steigen lassen.

Dies gilt auch für die abgeschlossenen Luftmengen, die wir in unserer Lunge, im Jacket oder in anderen Hohlräumen unseres Körpers haben.

Da der Druck multipliziert mit dem Volumen konstant bleibt, kann man zum Vergleich zweier Zustände (Anfangszustand und Endzustand) die obige Formel auch so ausdrücken:

p1 ∙ V1 = p2 ∙ V2

mit

p1 = Anfangsdruck

V1 = Anfangsvolumen

p2 = Enddruck

V2 = Endvolumen

Wenn wir in dieser Gleichung drei Größen kennen, können wir daraus die vierte berechnen.

Beispiel 1:

Wie voll ist die Lunge auf 5 m Tiefe, wenn sie in 10 m Tiefe mit 3 Litern gefüllt ist und beim Auftauchen die Luft angehalten wird?

p1 = Anfangsdruck

= 2 bar (auf 10 m)

V1 = Anfangsvolumen

= 3 Liter (auf 10 m)

p2 = Enddruck

= 1,5 bar (auf 5 m)

V2 = Endvolumen auf 5 m

 

Dann gilt nach der obigen Formel

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Unsere Lunge passt ihr Volumen dem Umgebungsdruck an, solange wir ein- und ausatmen. Dann handelt es sich auch nicht um eine abgeschlossene Gasmenge. Wenn wir aber beim Auftauchen den Atem anhalten, ist die Luftmenge darin abgeschlossen und nimmt beim Auftauchen nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte an Volumen zu. Dabei kann die Volumenzunahme so groß sein, dass die Lunge reißen kann.

Daher darf beim Auftauchen niemals die Luft angehalten werden!

Weiteratmen oder ständiges leichtes Ausatmen sind unbedingt nötig.

Das Gesetz von Boyle-Mariotte ist für uns das wichtigste physikalische Gesetz beim Tauchen!

Beispiel 2:

Ein Jacket ist in 20 m Tiefe mit 4 Litern Luft gefüllt. Der Taucher steigt auf 10 m Tiefe auf und lässt dabei keine Luft aus seinem Jacket ab.

p1 = Anfangsdruck

= 3 bar (auf 20 m)

V1 = Anfangsvolumen

= 4 Liter (auf 20 m)

p2 = Enddruck

= 2 bar (auf 10 m)

V2 = Endvolumen auf 10 m

 

Dann gilt nach der obigen Formel

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Das Luftvolumen erhöht sich also auf das 1,5-fache. Wird die Luft beim Aufstieg nicht abgelassen, so steigt der Taucher immer schneller an die Wasseroberfläche, ohne die erforderliche Aufstiegsgeschwindigkeit oder eventuelle Stopps einhalten zu können.

1.4Gesetze von Amontons und Gay-Lussac

Wenn die Temperatur zunimmt, erhöht sich der Druck einer abgeschlossenen Gasmenge (zum Beispiel des Tauchgerätes), und mit fallender Temperatur sinkt der Druck.

Wenn du zum Beispiel dein Tauchgerät direkt nach dem Füllen am Kompressor abholst, ist es noch warm. Während sie dabei noch einen Druck von 220 bar hatte, zeigt dein Unterwasser-Manometer Tage später im kalten Wasser bei dem gleichen DTG nur noch 190 bar an. Niemand hat zwischendurch Luft abgelassen, und das Ventil ist auch nicht undicht.

Das physikalische Gesetz von Amontons beschreibt diesen Zusammenhang:

Bei konstantem Volumen wächst der Druck einer gegebenen Gasmenge im gleichen Verhältnis wie die absolute Temperatur.

Genauer besagt das Gesetz, dass sich Gase bei 1 °C Temperaturerhöhung um 1/273 ihres Anfangsvolumens bei 0 °C ausdehnen. Ist ein Ausdehnen nicht möglich, so erhöht sich der Druck. Dies ergibt die beschriebene Gesetzmäßigkeit.

Dieser Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur wurde von dem Physiker Amontons entdeckt. Gay-Lussac beschrieb dagegen den Zusammenhang zwischen Volumen und Temperatur einer abgeschlossenen Gasmenge. Im Sprachgebrauch der Taucher hat sich jedoch eingeprägt, dass der Zusammenhang von Druck und Temperatur durch das Gesetz von Gay-Lussac beschrieben wird. Daher wird dies auch hier so beibehalten.

Physikinteressierten lässt sich der Zusammenhang zwischen Temperatur- und Druckerhöhung mit der Bewegung der Moleküle erklären. Die Wärme eines Gases ergibt sich aus der Geschwindigkeit, mit der sich die einzelnen Gasmoleküle im Raum frei bewegen. Je wärmer ein Gas ist, desto schneller bewegen sich die Moleküle und desto mehr Moleküle stoßen pro Zeiteinheit an die Gefäßwand. Da die Anzahl der Stöße an die Gefäßwand pro Zeiteinheit dem Druck entspricht, bedeutet dies also eine Druckerhöhung.

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Molekülbewegung

Der Begriff der absoluten Temperatur ist hier sicherlich neu. Bei der Behandlung von Gasen wird die absolute Temperatur verwendet, da sie als absoluten Nullpunkt die Temperatur hat, bei der sich keine Gasteilchen mehr bewegen. Niedrigere Gastemperaturen gibt es nicht. Dieser absolute Nullpunkt liegt bei rund –273 °C. Das Formelzeichen für die absolute Temperatur ist T, und sie wird in Kelvin, abgekürzt K, gemessen. Die Gradabstände sind die gleichen wie bei der Celsius-Einteilung. 0 °C entsprechen daher 273 K. Allgemein gilt für die Berechnung der absoluten Temperatur T:

Die absolute Temperatur T ergibt sich aus der Celsius-Temperatur ϑ (Theta) durch Addition von 273 K, d. h. T = ϑ + 273 K.

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Umrechnung von Celsius-Temperatur und absoluter Temperatur

Mithilfe des Gesetzes von Gay-Lussac können wir berechnen, wie sich der Druck verändert, wenn sich die Temperatur des Gases erhöht oder verringert, beispielsweise beim Füllen des DTG oder auch nach Sonneneinstrahlung. Das Gesetz von Gay-Lussac sagt aus, dass das Verhältnis vom Druck p zur absoluten Temperatur T (in Kelvin) gleich bleibt, also:

p / T = konstant

Mit diesem Zusammenhang können wir wie beim Gesetz von Boyle-Mariotte zwei Zustände unterschiedlichen Drucks bzw. unterschiedlicher Temperatur vergleichen. Hierzu wählen wir folgende Bezeichnungen:

p1 = Anfangsdruck des Gases

T1 = Anfangstemperatur des Gases

p2 = Enddruck des Gases

T2 = Endtemperatur des Gases

Da die Verhältnisse gleich bleiben, besteht folgender Zusammenhang:

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Beispiel:

Beim Füllen eines Tauchgerätes erhitzt es sich auf 45 °C. Das DTG hat nach dem Füllen einen Druck von 210 bar. Wir berechnen nun den Druck dieses DTG, der auf dem Unterwasser-Manometer nach dem Eintauchen in 10 °C kaltes Wasser angezeigt wird.

Wir suchen also den Druck p2 nach Abkühlung auf die Temperatur T2. Unsere Vergleichsformel ergibt durch Umstellen

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Mit

Anfangsdruck p1 = 210 bar

Anfangstemperatur T1 = (45 + 273) K = 318 K

Endtemperatur T2 = (10 + 273) K = 283 K

erhalten wir für den gesuchten Enddruck durch Einsetzen

p2 = 210 bar / 318 K · 283 K = 186,9 bar

Das Manometer zeigt also einen deutlich geringeren Druck an als nach dem Füllen.

Das hat aber keinen Einfluss darauf, wie lange du tauchen kannst, denn die Menge an Luft in deinem DTG bleibt die gleiche. Sie ist im Wesentlichen unabhängig von der Umgebungstemperatur, da die Luft bei der Einatmung immer auf deine Körpertemperatur erwärmt wird. Daher hast du beim Tauchen die Luft zur Verfügung, die sich bei deiner Körpertemperatur von ca. 37 °C ergibt.

Auch durch Sonneneinstrahlung nimmt der Druck im DTG zu. Das kannst du beobachten, wenn dein Tauchgerät vor dem Tauchen länger in der Sonne liegt. Die Druckerhöhung ist aber nur gering, und nach dem Einstieg ins kalte Wasser nimmt der Druck wieder ab.

1.5Zusammensetzung der Atemluft

Unsere Einatemluft setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

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Zusammensetzung der Atemluft

Stickstoff (N2)

78 %

Sauerstoff (O2)

21 %

Kohlendioxid (CO2)

0,04 %

Rest und Edelgase

0,96 %

Für uns Taucher sind diese Zahlen gerundet.

Im Körper wird Sauerstoff verbraucht, dabei entsteht Kohlendioxid.

Wenn wir ausatmen, enthält die Luft daher nur noch ca. 17 % Sauerstoff und dafür ca. 4 % Kohlendioxid. Während der Sauerstoff der Erhaltung der Lebensvorgänge in unserem Körper dient, ist der Stickstoff nur ein Füllgas und geht keine chemische Reaktion im Körper ein. Der Stickstoffanteil verändert sich zwischen Ein- und Ausatmung nicht. Der Stickstoff wird daher als »Inertgas« bezeichnet (von lat. inertia = Trägheit, Untätigkeit).

Bei der Ausatmung erhalten wir folgendes Gasgemisch (an der Wasseroberfläche):

Stickstoff (N2)

78 %

Sauerstoff (O2)

17 %

Kohlendioxid (CO2)

4 %

Rest und Edelgase

0,96 %

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Zusammensetzung der Atemluft über der Wasseroberfläche

Neben den aufgeführten Gasen enthält unsere Atemluft einen Anteil an Wasserdampf. Die aufgeführten prozentualen Anteile beziehen sich daher auf die Ein- und Ausatmung nach Abzug des Wasserdampfanteils.

1.6Gesetz von Dalton, Partialdruckberechnung

Wir kennen nun den Umgebungsdruck auf der jeweiligen Tauchtiefe und die prozentualen Bestandteile unserer Atemluft. Für die Vorgänge in unserem Körper ist jedoch nicht der prozentuale Anteil eines Atemgases maßgebend, sondern der Druck, mit dem es auf unseren Körper wirkt. Dieser bestimmt, wie viel von dem Gas im Körper gelöst wird. Jedes einzelne Gas trägt zu dem Gesamtdruck bei. Wir sprechen daher von Teildrücken oder auch Partialdrücken. Alle Teildrücke der Atemluftbestandteile zusammengenommen ergeben also wieder den Gesamtdruck.

Das Gesetz von Dalton beschreibt diesen Sachverhalt:

Der Gesamtdruck eines Gases ist die Summe der Teildrücke seiner Bestandteile.

pgesamt = pGas1 + pGas2 + pGas3 + …. + pGas n

Den Partialdruck eines Gases (ohne Berücksichtigung des Wasserdampfanteils) pGas kannst du also errechnen, indem du den Gesamtdruck des Gasgemisches pgesamt mit dem Volumenanteil des einzelnen Gases fGas multiplizierst.

pGas = fGas · pgesamt

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Der Anteil der Gase bleibt bei Verdoppelung oder Verdreifachung des Drucks gleich.

Beispiel:

An der Oberfläche haben wir einen Umgebungsdruck von 1 bar. Der Stickstoffanteil beträgt 78 %. Daher beträgt der Stickstoffpartialdruck dort 78 % von 1 bar:

pN2 = 1 bar · 78/100 = 0,78 bar

In 20 m Tiefe ist der Umgebungsdruck 3 bar. Der Stickstoffanteil ist weiterhin 78 %. Der Stickstoffpartialdruck auf 20 m Tiefe beträgt dort 78 % von 3 bar:

pN2 = 3 bar · 78/100 = 2,34 bar

Umgekehrt kann so auch ermittelt werden, auf welcher Tiefe beispielsweise der Stickstoff einen Partialdruck von 4 bar erreicht. Hierzu dividiert man diesen Partialdruck durch den prozentualen Anteil:

pges = 4 bar / (78/100) = 5,1 bar

Dieser Umgebungsdruck entspricht einer Tiefe von 41 m, dort beträgt also der Stickstoffteildruck 4 bar.

Auf diese Art und Weise ergeben sich dann die Teildrücke der einzelnen Atemgasbestandteile für die jeweiligen Tiefen bzw. Umgebungsdrücke:

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Partialdrücke der Bestandteile von Druckluft in verschiedenen Tiefen

Mit dem Gesetz von Dalton kann also der Partialdruck eines Atemgasbestandteils in verschiedenen Wassertiefen berechnet werden.

Dies ist wichtig für das Tauchen, weil unsere Atemgasbestandteile bei Überschreiten gewisser Teildrücke durch zu tiefes Tauchen giftig werden können. Auch für die Art unseres Auftauchens ist es wichtig, wie viel Stickstoff zuvor in unserem Körper gelöst wurde, denn dieser muss durch das Einhalten der Auftauchgeschwindigkeit und der Austauchpausen wieder abgegeben werden.

1.7Prinzip des Archimedes

Jeder Körper hat eine Gewichtskraft durch die Erdanziehung. Im Wasser wirkt eine entgegengerichtete Auftriebskraft, die unter anderem vom Körpervolumen abhängt. Ob ein Körper insgesamt nach oben steigt, also Auftrieb erzeugt, oder nach unten sinkt, also Abtrieb erzeugt, hängt davon ab, ob er leichter oder schwerer als das Wasser ist, das er verdrängt.

Das hat bereits Archimedes entdeckt und daraus folgendes Prinzip abgeleitet:

Ein Körper verliert beim Eintauchen in eine Flüssigkeit scheinbar so viel an Gewichtskraft, wie die von ihm verdrängte Flüssigkeitsmenge wiegt.

Wenn also mehr Flüssigkeit verdrängt wird, ist der Auftrieb größer. Wir können beim Tauchen mehr Flüssigkeit verdrängen, indem wir unser Volumen vergrößern. Das geschieht in erster Linie durch die Atmung, indem wir unsere Lunge mit Luft füllen. Durch Aufnahme einer entsprechenden Luftmenge können wir die Gewichtskraft ausgleichen. Reicht das nicht mehr aus, können wir auch noch Luft in unser Jacket geben. Dann treiben wir nicht nach oben und nicht nach unten, sondern wir schweben. Dieser Schwebezustand heißt »hydrostatisches Gleichgewicht«.

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Gewichtskraft des Tauchers im Verhältnis zur verdrängten Wassermenge

Beim Tauchen sollte das hydrostatische Gleichgewicht erreicht werden, um Risiken zu vermeiden und auch im Hinblick auf den Umweltschutz möglichst wenig Sediment aufzuwirbeln.

Damit du unter Wasser gut tariert bist, solltest du deine Ausrüstung so zusammenstellen, dass du möglichst wenig Abtrieb hast, aber abtauchen kannst. Dies kannst du über die Menge an Blei bestimmen. Um selbst zu erkennen, ob du die richtige Menge Blei hast, leerst du zunächst an der Oberfläche dein Jacket vollständig und nimmst den Atemregler in den Mund. Atmest du nun voll ein, sollte der Kopf noch mit der Nase aus dem Wasser ragen. Atmest du aus, solltest du absinken. Dann kannst du durch Ausatmung abtauchen, und an der Oberfläche kannst du noch mit dem Mund atmen. So hast du die richtige Menge Blei.

Hast du zu viel Blei dabei, so muss der größere Abtrieb durch eine einatemorientierte Atmung oder durch Einblasen von Luft in das Jacket ausgeglichen werden. Das einatemorientierte Tauchen mit überwiegend gefüllter Lunge führt zu anstrengendem und unbequemem Tauchen bei gleichzeitig reduzierter CO2-Abgabe. Durch die Jacketfüllung erhöht sich der Wasserwiderstand, der Körper nimmt eine Schräglage ein und vergrößert den Wasserwiderstand weiter, sodass dies mit vermehrtem Flossenschlag und folglich größerer Anstrengung ausgeglichen werden muss. Auch an der Wasseroberfläche führt zu viel Blei in Verbindung mit aufgeblasenem Jacket und schräger Wasserlage zu einer erhöhten Anstrengung.

Beim Tauchen erreichst du das hydrostatische Gleichgewicht, indem du so atmest, dass dein Körpervolumen einschließlich Füllungszustand der Lungen so viel Auftrieb erzeugt, dass die Gewichtskraft ausgeglichen wird. Tauchst du tiefer, verringert sich dein Gesamtvolumen, weil dein Tauchanzug durch den höheren Druck an Volumen verliert. Dann reicht das Lungenvolumen nicht mehr zum Ausgleich aus, und daher wird das Jacket dann so weit mit Luft befüllt, dass wieder ein Ausgleich durch die Atmung erfolgen kann.

Weil Salzwasser eine höhere Dichte hat als Süßwasser, benötigst du hier mehr Blei als im Süßwasser. Da du dann aber meistens auch mit einer anderen Ausrüstung tauchst, checkst du beim ersten Tauchgang im Meer nochmals die richtige Bleimenge. Beim ersten Tauchgang im Süßwasser sollte dann auch wieder ein Bleicheck vorgenommen und das überflüssige Blei abgelegt werden.

Die Auftriebskraft lässt sich rechnerisch ermitteln, indem die Gewichtskraft des verdrängten Wassers bestimmt wird. Die Masse des verdrängten Wassers ergibt sich, indem das Volumen des verdrängten Wassers, das bei einem untergetauchten Körper dem Volumen dieses Körpers entspricht, mit der Dichte des Wassers multipliziert wird. Aus der Masse erhalten wir die Gewichtskraft durch Multiplikation mit der Erdbeschleunigung g (9,81 m/s2).

FAuftrieb = V · ρ Wasser · g

Setzen wir die Dichte des Wassers mit 1 kg/dm3 und die Erdbeschleunigung näherungsweise mit 10 m/s2 an, so ergibt sich der Auftrieb aus dem Volumen durch Multiplikation mit 10 N/dm3:

FAuftrieb = V · 1 kg/dm3 · 10 m/s2 = V · 10 N/dm3

Ob ein Körper nun sinkt, steigt oder schwebt, hängt von seiner Auftriebskraft und von seiner Gewichtskraft ab. Ist die Differenz von Auftriebskraft und Gewichtskraft positiv, so steigt der Körper. Ist sie negativ, sinkt der Körper, und sind beide Kräfte gleich groß, so ist das hydrostatische Gleichgewicht erreicht.

Beispiel:

Auf ein Tauchgerät (DTG) wirkt unter Wasser eine Auftriebskraft aufgrund der Wasserverdrängung durch ihr Volumen und als Abtrieb die Gewichtskräfte durch die Masse der Stahlflasche und der darin befindlichen Luft.

Um zu berechnen, wie hoch die resultierende Auf- oder Abtriebskraft eines DTG ist, sind diese Kräfte zunächst separat zu ermitteln.

Ausgangsgrößen für diese Beispielrechnung:

Innenvolumen des DTG VDTG =

10 l = 10 dm3

Masse des DTG (Stahl) mStahl =

11 kg

Flaschendruck pDTG =

200 bar

Dichte der Luft ρLuft =

0,00123 kg/dm3

Dichte von Wasser ρWasser =

1 kg/dm3

Dichte von Stahl ρStahl =

7,9 kg/dm3

Erdbeschleunigung g =

9,81 m/s2

Volumen des Stahlmantels des DTG:

VStahl = mStahl / ρStahl = 11 kg / 7,9 kg/dm3 = 1,39 dm3

Gesamtvolumen VGesamt = VDTG + VStahl = 10 dm3 + 1,39 dm3 = 11,39 dm3

Auftriebskraft FAuftrieb = VGesamt · ρWasser · g = 11,39 dm3 · 1 kg/dm3 · 9,81 m/s2 = 111,74 N

Volumen der Luft im DTG bei 1 bar:

VLuft 1 bar = VDTG · pDTG / 1 bar = 10 l · 200 bar / 1 bar = 2.000 l

Gewichtskraft der Luft im DTG:

FLuft = mLuft · g = VLuft 1 bar · ρLuft · g = 2.000 dm3 · 0,00123 kg/dm3 · 9,81 m/s2 = 24,13 N

Abtrieb

FAbtrieb = FFlasche + FLuft = mStahl · g + FLuft = 11 kg ·9,81 m/s2 + 24,13 N = 132,04 N

Resultierende Kraft

FGesamt = FAuftrieb – FAbtrieb = 111,74 N – 132,04 N = –20,3 N

Im Ergebnis ergibt sich also eine nach unten gerichtete Kraft von 20,3 N. Wird die Flasche während des Tauchgangs durch die Atmung geleert, so reduziert sich die Gewichtskraft der Luft im DTG, und der daraus resultierende Abtrieb wird geringer.

1.8Diffusion und Gesetz von Henry

Wenn Gase mit einer Flüssigkeit in Kontakt kommen, so stoßen Gasteilchen (Moleküle) gegen die Oberfläche der Flüssigkeit und dringen zum Teil in sie ein, sie treten aber auch wieder aus. So gehen Gasmoleküle in diese Flüssigkeit über und umgekehrt. Diesen Vorgang des Übergangs oder Eindringens nennen wir Diffusion. Die Lösung von Gasen in Flüssigkeiten ist insbesondere auch für den menschlichen Körper relevant, denn so gelangen die Bestandteile unserer Atemluft in das Blut und in die Zellen.

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Lösung von Gas in einer Flüssigkeit

Die Geschwindigkeit, mit der die Gasteilchen in die Flüssigkeit übergehen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die auch beim Tauchen wichtig sind.

Partialdruckunterschied

Den größten Einfluss auf die Diffusion hat der Unterschied des Partialdrucks des Gases über der Flüssigkeit und in der Flüssigkeit. Ist der Teildruck des Gases über der Flüssigkeit größer als in der Flüssigkeit, so gehen zunächst mehr Gasteilchen in die Flüssigkeit über als umgekehrt. Diese Lösung erfolgt so lange, bis der Teildruck des Gases in der Flüssigkeit genau so groß ist wie über der Flüssigkeit.

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Niedriger und hoher Partialdruck

Welche Menge an Gasmolekülen (pro Zeiteinheit) aufgenommen werden kann, hängt also von der Differenz zwischen den Teildrücken des Gases über der Flüssigkeit und in der Flüssigkeit selbst ab. Beim Tauchen ist der Druckanstieg beim Abtauchen für die vermehrte Aufnahme von Stickstoff im Körper verantwortlich.

Zeit

Der Übergang von Gasen in die Flüssigkeit braucht seine Zeit. Je länger ein erhöhter Partialdruck des Gases über der Flüssigkeit ansteht, desto mehr Gas wird gelöst. Beim Tauchen ist die Zeit, die wir in der Tiefe verbringen und in der wir einem erhöhten Umgebungsdruck ausgesetzt sind, der beeinflussende Faktor.

Temperatur

Je niedriger die Flüssigkeitstemperatur ist, desto mehr Gas kann gelöst werden. Bei längeren Tauchgängen im kalten Wasser werden außerdem die Arme und Beine kälter, weil der Körper zuerst deren Durchblutung reduziert, um den Körperkern warm zu halten. Zu Beginn des Tauchgangs wird der Körper noch am stärksten durchblutet und nimmt entsprechend den Stickstoff auf, der dann bei schlechterer Durchblutung nach Auskühlung nicht mehr schnell genug abtransportiert werden kann. So kommt es zu einer verzögerten Stickstoffabgabe in der Dekompressionsphase.

Oberfläche

Wichtig ist auch die Größe der Oberfläche, über die die Flüssigkeit das Gas aufnehmen kann. Je größer sie ist, desto schneller erfolgt die Diffusion. Beispielsweise entweicht aus einer geöffneten Mineralwasserflasche das gelöste Kohlendioxid langsamer, als wenn das Wasser in eine breite Schale gegossen wird.

Beim Tauchen wird der Stickstoff zuerst von der Lunge aufgenommen, die eine sehr große Oberfläche von etwa 100 m2 hat. Begrenzender Faktor ist jedoch das Blut, das den Stickstoff dann von der Lunge zu den verschiedenen Geweben transportiert. Beim Tauchen beschleunigt eine vermehrte Durchblutung die Stickstoffaufnahme und -abgabe entsprechend einer Oberflächenvergrößerung, zum Beispiel bei Anstrengung. Dagegen wird der Effekt durch eine verminderte Durchblutung verlangsamt.

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Bei kleinerer Oberfläche ist die Diffusionsgeschwindigkeit geringer.

Lösungskoeffizient der Flüssigkeit

Je nach Art der Flüssigkeit kann mehr oder weniger Gas gelöst werden. Beispielsweise kann eine ölige Flüssigkeit bei gleichem Druck etwa fünfmal mehr Stickstoff aufnehmen als eine wässerige Flüssigkeit. Fettleibige Taucher haben dadurch eine andere Stickstoffaufnahme und -abgabe als magere Taucher.

Lösungskoeffizient des Gases

Auch von der Art des Gases hängen die Menge des in einer Flüssigkeit gelösten Gases und die Schnelligkeit des Lösungsvorgangs ab. Je kleiner die Masse des Gasteilchens ist, desto höher ist seine Eindringungs- und somit Diffusionsgeschwindigkeit. Beispielsweise löst sich Helium deutlich schneller als Stickstoff, sodass beim Tauchen mit Mischgasen andere Dekompressionstabellen gelten.

Sättigungszustand

Wenn schließlich die Flüssigkeit so viel Gas aufgenommen hat, dass genau so viele Gasteilchen in die Flüssigkeit eindringen wie austreten, dann stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein, der Sättigungszustand. Dann kann kein zusätzliches Gas mehr in der Flüssigkeit gelöst werden.

Anders als bei der Lösung von Feststoffen in Flüssigkeiten (z. B. Zucker im Kaffee) kann die Lösungsmenge von Gasen in Flüssigkeiten im Sättigungszustand durch Erhöhung des Teildrucks weiter erhöht werden, während Feststoffe nur bis zu einem festen prozentualen Gewichtsanteil gelöst werden können.

Halbwertszeiten

Der Vorgang der Aufnahme (Sättigung) und Abgabe (Entsättigung) einer Flüssigkeit bei Änderung des Umgebungsdruckes erfolgt nicht linear, sondern in Abhängigkeit von der Partialdruckdifferenz in Form einer Exponentialfunktion. Wenn nach einer bestimmten Zeit eine Flüssigkeit zur Hälfte mit dem Gas gesättigt ist, so ist der Partialdruckunterschied nur noch halb so hoch wie am Anfang, und die Diffusionsgeschwindigkeit nimmt ab. Die Zeit, nach der eine Flüssigkeit zur Hälfte mit dem Gas gesättigt ist, wird als Halbsättigungszeit oder Halbwertszeit bezeichnet. Nach zwei Halbwertszeiten ist die Flüssigkeit wiederum um die Hälfte der verbliebenen Hälfte mit dem Gas gesättigt, also zu 75 %, nach drei Halbwertszeiten zu 87,5 % usw. Nach der sechsfachen Halbwertszeit hat die Sättigung 98,4 % des Zustands der vollen Sättigung erreicht. Näherungsweise gehen wir daher nach sechs Halbwertszeiten von einer vollen Sättigung aus.

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Verlauf der Sättigung nach Halbwertszeiten

Umgekehrt kehren sich bei einer Entsättigung die Verhältnisse um. Die noch gesättigte Flüssigkeit hat sich dann nach einer Halbwertszeit zu 50 % wieder entsättigt. Die Halbwertszeit ist also ein Maß für die Geschwindigkeit des Lösungsvorgangs eines bestimmten Gases in einer bestimmten Flüssigkeit.

Gesetz von Henry

Nicht der Diffusionsvorgang, sondern der Zustand der Sättigung wird bei dem Gesetz von Henry beschrieben! Es besagt einfach, dass umso mehr Gas in einer Flüssigkeit im Sättigungszustand gelöst ist, je höher der Teildruck des Gases über der Flüssigkeit ist.

Bei konstanter Temperatur steht die Konzentration des in der Flüssigkeit gelösten Gases im Sättigungszustand in direktem Verhältnis zum Druck des über der Flüssigkeit stehenden Gases.

Die Menge an Gas, die im Sättigungszustand in einer Flüssigkeit gelöst werden kann, steigt mit

imagedem Teildruck des Gases,

imageabnehmender Temperatur der Flüssigkeit,

imageder Löslichkeit des Gases in der betreffenden Flüssigkeit,

imageder Flüssigkeitsmenge.

Sättigungsverlauf der Gewebe

Unser Körper besteht nicht aus einer homogenen Flüssigkeit, sondern aus vielen unterschiedlichen Geweben, die auch unterschiedlich stark durchblutet werden. Die Sättigungsgeschwindigkeit der Gewebe hängt im Wesentlichen von ihrer Durchblutung ab. Je nach Gewebeart erfolgt der Lösungsvorgang schneller oder langsamer. Die Gewebe können modellhaft in Klassen mit bestimmten Halbwertszeiten eingeteilt werden. Die Übergänge zwischen den Kategorien sind fließend. Eine grobe Einteilung kann erfolgen in

imageschnelle Gewebe, z. B. Blut, Lungengewebe und Muskulatur,

imagemittlere Gewebe, z. B. innere Organe (Niere), Haut (jedoch nicht Unterhautfett), und Nervengewebe,

imagelangsame Gewebe, z. B. Bänder, Sehnen, Knorpel und Knochen.

1.9Dekompression

Durch den Aufenthalt unter Wasser und den damit verbundenen höheren Druck löst sich vermehrt Gas, insbesondere der Stickstoff, in unserem Körper. Beim Auftauchen sinkt der Umgebungsdruck, und die Gasteilchen treten wieder aus der Flüssigkeit aus.