Für Bernd & Elke
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Impressum
© 2019 Thomas Wollschläger
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783750443280
Der Tote saß einfach auf dem Boden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt.
Walter Schimanke hatte in seiner nahezu fünfundzwanzigjährigen Laufbahn als Bauarbeiter, Maurermeister und Polier schon eine ganze Reihe Toter gesehen und sehen müssen. Die meisten davon gab es freilich während des Weltkrieges. Die ganzen vier Jahre hatte Schimanke an der Westfront verbracht, zwar selbst überlebt und doch jede Art grauenvollen Sterbens beobachtet: Engländer, deren Körper von Kugeln durchsiebt waren; Franzosen, deren Körper wegen einer Granatenexplosion kaum noch zu erkennen waren; Amerikaner, das Gesicht von Schmerz und Verwunderung verzerrt, nachdem ein Gasangriff sie überrascht hatte; deutsche und österreichische Kameraden, die eines Morgens steif wie ein Brett auf dem Boden lagen, einfach an Auszehrung, Kälte und Krankheit zugrunde gegangen. An der Front gehörte das Sterben zum Leben, ja bestand das Leben praktisch aus dem Sterben. Man gewöhnte sich daran oder man erlag ihm. So einfach war das gewesen.
Doch auch auf dem Bau ging es nicht ohne Tote ab. Unfälle geschahen beinahe täglich. Fast immer führten sie zu Verletzungen, oft zu schweren körperlichen Schäden, nicht selten zu dauerhafter Invalidität und manchmal eben auch zum Tode. Schimanke erinnerte sich an Kumpel, die von herunterfallenden Steinen erschlagen, von umgekippten Gerüsten begraben und von Baufahrzeugen überrollt worden waren. Ein Lehrling war vom Dach gefallen, Maier und Lehmann waren vom Baugerüst heruntergestürzt, Henning Schulze hatte sich selbst vom Gerüst in die Tiefe gestürzt, weil er den Tod seiner Frau im Kindbett nicht verkraftet hatte. So viele Tote ... allein in den elf Jahren seit Kriegsende mussten es an die zwanzig gewesen sein. Mindestens.
Der merkwürdigste Tote, den sie bisher zu verzeichnen hatten, war jedoch keinem Unfall, sondern einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Vor zwei Jahren, die Baustelle am Alexanderplatz, welche doch so gute Fortschritte gemacht hatte. Dem damaligen Vorarbeiter fiel zufällig eine Unebenheit im schon ausgehärteten Beton des Fundaments auf und ordnete an, die Stelle wieder aufzustemmen und neu zu gießen. Im aufgestemmten Belag kam allerdings zum Entsetzen der Arbeiter der Körper eines Mannes zum Vorschein, der dort offenbar in den frisch gegossenen Beton gelegt worden war. Da Verstorbene gewöhnlich nicht auf Baustellen zur letzten Ruhe gebettet werden, wurde die Kriminalpolizei herbei geholt. Die Mordinspektion stellte rasch fest, dass der Mann erst gefesselt, dann erstochen wurde und unter dem Beton anscheinend für immer verschwinden sollte. Man tippte damals recht schnell auf eine Rivalität unter Gangstern oder ein Bandenverbrechen. Seit im Zuge der Prohibition in Amerika große Gangsterbanden entstanden waren, hörte man immer wieder davon, dass von diesen abtrünnige Komplizen, Verräter und Konkurrenten gerne einmal, die Füße in einem Betonblock eingegossen, in den nächsten Fluss geworfen wurden. Zumindest las Schimanke solcherlei Dinge regelmäßig in den reißerischen Groschenromanen, welche an den Zeitungskiosken zu Dutzenden auslagen. Aber offensichtlich neigte ja auch die Polizei dazu, solche in Deutschland früher wenig verbreiteten Todesarten mit dem Überschwappen derlei Bandenaktivitäten nach Europa in Verbindung zu bringen.
Schimanke musste immerhin weder Kriminalist sein noch benötigte er seine Erfahrungen als Groschenromanleser, um zu wissen, dass er nun zum zweiten Mal in seinem Leben ein Verbrechensopfer vor sich sah. Die Kleidung des Toten wirkte ziemlich ordentlich und ließ bis auf ein paar Staubspuren überhaupt keine sichtbare Verschmutzung erkennen. Das Gesicht zeigte beinahe einen friedlichen Ausdruck, und doch wies seine Stirn ein kreisrundes Loch auf, von dem eine dünne Blutspur bis an der Nase vorbei gelaufen und dann geronnen war. Zweifelsfrei war der hier im zweiten Stock des Rohbaus vor ihm sitzende Mensch keines natürlichen Todes gestorben, sondern erschossen worden.
Ein schöner Mist, fluchte Schimanke in Gedanken vor sich hin. Was das wieder für Verzögerungen geben würde! Die Polizei musste gerufen und das Gelände würde abgesperrt werden. Neuerdings rückte die Kripo bei Mordfällen immer mit mehreren Autos, manchmal einem Dutzend Leuten und mehr aus, um am Tatort das Unterste zuoberst zu wühlen. Wer weiß, wie lange sie brauchen würden, um hier nach irgendwelchen Spuren zu suchen. Einen Moment lang war Schimanke versucht, die Leiche zu packen und einfach wegzuschleppen, weg von seiner Baustelle. Mochte sie nicht ebenso gut in einer dunklen Ecke im nächsten Hinterhof gefunden werden?
Doch im nächsten Moment schüttelte der Polier auch schon wieder seinen Kopf. Nein, diese Idee war viel zu riskant. Man konnte nie wissen, nachher fanden die Kriminalisten an dem Toten noch Spuren, die zur Baustelle und zu ihm zurückführten, und am Ende würde man ihn gar der Täterschaft verdächtigen! Mochten der Bauherr und der Architekt auch noch so sehr schimpfen, dass das neue Warenhaus wieder ein paar Tage später fertig werden würde. Aber das musste er wohl in Kauf nehmen. Keinesfalls wollte sich Schimanke an dieser heiklen Sache die Finger verbrennen.
Seufzend warf er einen vorerst letzten Blick auf den Toten und stiefelte endlich die Treppen zum Erdgeschoss hinunter. Dort wies er zwei Gesellen an, den Zugang provisorisch mit einem Brett zu versperren und schärfte ihnen ein, ja niemanden die Treppe hinaufgehen zu lassen. Anschließend überquerte Schimanke die Straße und betrat die dort gelegene Bäckerei, um den fälligen Telefonanruf zu tätigen.
„Für mich erst einmal ein großes Pilsner und dann eine Boulette mit Bratkartoffeln, bitte!“
„Jawoll, der Herr!“, entgegnete der Ober, deutete einen zackigen Hackenschlag an und wandte sich zum Gehen.
„Halt!“, hielt ich ihn zurück. „Für die anderen Herren hier bitte noch eine ganze Runde, wenn’s recht ist.“
„So ist’s immer recht! Kommt sofort, der Herr“, meinte der Kellner und verschwand endgültig in Richtung Theke.
„Hört, hört! –– Oh, heute so großzügig? –– Trefflich, Herr Kollege“, tönte es aus der Runde, während ich endlich Gelegenheit hatte, Platz zu nehmen.
„Ist eine kleine Entschuldigung für meine Verspätung. Ihr habt ja sicher schon gedacht, den sehen wir heute überhaupt nicht mehr.“
„Na ja, beinahe“, gab Müller zu und leerte sein halbvolles Bierglas mit einem Zug aus. Mit der Hand wischte er sich einen Streifen Schaum vom Mund und fragte: „Was hat dich denn aufgehalten? Wieder einmal der alte Liebermann, der dich hat nachsitzen lassen?“
„Das hätte mir noch gefehlt! Nein, diesmal hat Hauptkommissar Liebermann zum Glück seine Hände nicht im Spiel gehabt. Ärgerlich genug war es dennoch.“
In kurzen Worten erzählte ich den anderen, was geschehen war. Ausgerechnet in dem Augenblick, als ich am Alex in die Spandauer Straße hatte abbiegen wollen, ereignete sich vor meinen Augen ein böser Zusammenprall. Ein Taxi erfasste eine ältere Dame, die noch eben die Straße überqueren wollte, obwohl die Verkehrsampel bereits rot zeigte. Die Frau wurde auf den Bordstein geschleudert und blieb regungslos liegen, es sah übel aus. Natürlich war ich der einzige Polizist weit und breit und hatte alle Hände voll zu tun, die Situation bis zum Eintreffen der Kollegen in Uniform unter Kontrolle zu bekommen – der geschockte Taxifahrer, der äußerst hysterische Begleiter der schwer verletzten Dame, ein Haufen störender Passanten. Zumindest zwei davon waren immerhin so umsichtig, sich um die Verletzte zu kümmern. Endlich kam ein Sanitätswagen angerollt, ein Schupo-Wachtmeister und drei Schutzleute erschienen auf der Bildfläche und nahmen allmählich das Weitere in ihre Hand. Am Ende hatte das ganze Geschehen aber doch gut eine Dreiviertelstunde in Anspruch genommen, bevor ich endlich meine Fahrt fortsetzen konnte und mit ebenjener Verspätung in der „Mulackritze“ eintraf.
Ob der Verspätung den Kriminalisten-Stammtisch ausfallen zu lassen, konnte mir dabei freilich nicht in den Sinn kommen. Dazu war dieser dann doch zu sehr ein fester Bestandteil, ja ein regelrechtes Ritual in unserer Arbeitswoche. Jeden Dienstagabend trafen wir uns nämlich in Sodtkes Restaurant (genannt „Mulackritze“) in der Mulackstraße, einer recht kleinen, recht unauffälligen, aber dafür ausgesprochen gemütlichen Gaststube, welche uns an jenem Abend einen Stammtisch reservierte. „Uns“ – das meinte sechs Kriminalbeamte aus den verschiedensten Abteilungen der Polizeibehörde. Siegfried Müller hatte es bereits zum Oberkommissar gebracht, arbeitete aber auch für die meistbeschäftigte Abteilung überhaupt, die Inspektion C (Diebstahl). Wir anderen fünf waren allesamt Kommissare: Ernst Brockau, ein stämmiger Ostpreuße, kam aus der Inspektion E, der Sittenpolizei. Martin Gruber, gebürtig aus Köln, vertrat die Inspektion B (Raubüberfälle). Werner Hochbein gehörte der prestigeträchtigsten Abteilung an, Ernst Gennats bereits damals legendär gewordener Mordinspektion. Damit blieb noch Thomas von Buchstein. Aus altem preußischen Landadel stammend, hatte er eigentlich wie schon seine beiden älteren Brüder eine Offizierskarriere einschlagen sollen. Doch zur maßlosen Verblüffung und Enttäuschung seines Vaters verließ er nach der Grundausbildung die Kadettenanstalt und wechselte zur Polizeischule, um eine Laufbahn bei der Kriminalpolizei anzufangen. Jetzt gehörte er zur Inspektion H, die für alle Arten von Fahndungen zuständig war. Als einziger in der Runde arbeitete ich nicht für die Polizei zu Berlin, sondern für das preußische Landeskriminalpolizeiamt, das LKPA. Hochbein, den ich von der Polizeischule her kannte, hatte mich jedoch kurzerhand in die Kriminalistenrunde eingeladen, nachdem wir uns im Polizeipräsidium unvermittelt über den Weg gelaufen waren. Als ich vorschlug, unser Wiedersehen bei einem gemütlichen Biere zu feiern, fragte er, ob es mir auch gefallen würde, gleich im halben Dutzend zu feiern? Warum nicht, meinte ich, und so gehörte ich seit gut vier Monaten der kleinen, dafür aber umso netteren Abendgesellschaft an.
Man mag sich wundern, warum wir uns ausgerechnet dienstags trafen und nicht etwa am Samstagabend, wenn der letzte Arbeitstag der Woche zu Ende ging. Nun, zum einen lag das natürlich daran, dass vier von uns bereits verheiratet waren und von diesen wiederum zwei schon Nachwuchs hatten. Da gehörte der Samstagabend schon zum Wochenende mit der Familie, Frauen und Kinder freuten sich, wenn sie Männer und Väter wenigstens einmal etwa 30 Stunden am Stück für sich haben konnten. Der andere – und nicht weniger wichtige – Grund dürfte für einen Außenstehenden wohl nicht ganz offensichtlich sein; Dienstag war schlicht und einfach der ruhigste Tag der Woche für uns Kriminalisten, meistens jedenfalls. Mittwoch und Donnerstag waren in der Regel durchschnittliche Tage, doch am Freitag und Samstag geschahen mit Abstand die meisten Verbrechen und Vergehen. Freitag war Zahltag, hier gab es die meisten Diebstähle und Fälle von Trunkenheit. Samstags brachten viele Geschäftsleute ihre Einnahmen zur Bank, hier gab es die meisten Überfälle; am Wochenende wiederum die meisten Einbrüche und Sittlichkeitsvergehen. Montags gab es für uns immer allerhand aufzuarbeiten von dem, was am Wochenende vorgefallen war, zudem stand die große Lagebesprechung an und neue Aufträge wurden verteilt. Dienstags dagegen geschah zumeist nicht viel. Die Verbrecher gönnten sich offenbar auch einen wöchentlichen Ruhetag, und für uns erledigten sich im Laufe des Tages gewöhnlich mehr oder weniger die Einträge auf unserer Aufgabenliste. Daher gelang es fast immer allen von uns, das Büro praktisch pünktlich zum Feierabend zu verlassen und mehr als rechtzeitig in der „Mulackritze“ einzutreffen. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen verspätete sich einmal jemand von uns, und auch dann eher nicht deswegen, weil ihn ein Dienstgeschäft aufgehalten hätte, sondern irgendein anderer Zwischenfall dazwischen gekommen war. So, wie mir heute ärgerlicherweise der Unfall am Alex den Feierabend hinausgeschoben hatte.
Dabei ärgerte ich mich allerdings am wenigsten über die fällige Lokalrunde, die ich mich zu spendieren verpflichtet sah, als vielmehr über die verpassten Berichte, die sich meine Kollegen in der Zwischenzeit erzählt haben mussten. Fast selbstverständlich gehörte es zu unseren beliebten Gewohnheiten, einander zuallererst und ausgiebig von den Fällen und Ereignissen zu berichten, welche uns während der vergangenen Woche und vor allem über das Wochenende beschäftigt gehalten hatten. Das war nicht immer Spektakuläres, doch oft genug ein netter kleiner Fall, ein besonders ungeschickter Verbrecher, eine mit viel Glück umschiffte Ermittlungspanne, besonders hartnäckige Übellaunigkeiten der Vorgesetzten – kurzum, das beste und interessanteste Netzwerk, das man sich vorstellen konnte.
„Also, was habe ich versäumt?“, fragte ich deshalb in die Runde, nachdem ich den Grund für meine Verspätung aufgeklärt hatte.
„Tja, das Beste hast du tatsächlich schon verpasst“, grinste Müller. „Ich habe die Jungs nämlich auf den neusten Stand in Sachen Bankraub bei der Diskonto-Filiale gebracht.“
„Ach, wie schade! Das wäre natürlich spannend gewesen“, bedauerte ich. „Du wirst es sicher nicht noch einmal erzählen, vermute ich?“
„Nee, nee“, lehnten nicht nur Müller, sondern alle fünf unisono ab, während der Kellner das bestellte Bier brachte und jeden von uns mit einem Glas versorgte. „Damit sind wir durch. Musst du morgen schon die Zeitung lesen. Prost!“
„Na gut“, seufzte ich ein wenig theatralisch. Nur eines: Es waren doch die Brüder Sass, oder?“
„Klar. Wir können zwar noch immer nichts Handfestes beweisen, aber die Handschrift ist eindeutig. Es ist einfach eine Frage der Zeit, dann werden wir sie schon mit irgendeinem Fehler drankriegen“, erklärte Müller. „Aber genug jetzt davon … Jungs, wo waren wir vorhin stehengeblieben?“
Gruber und Brockau schienen angestrengt zu grübeln, dafür fand Hochbein zuerst den bei meiner Ankunft abgerissenen Gesprächsfaden wieder.
„Thomas hatte eben angefangen, von dem aufgespürten Heiratsschwindler zu erzählen. Du warst bei der dritten Frau, richtig?“
Buchstein nickte und schüttelte gleichzeitig seinen mit blondem, sehr kurzgeschorenem Haar versehenen Kopf.
„Richtig insoweit, als wir bei Ehefrau Nummer drei waren – doch auch wiederum falsch, da dies noch nicht das Ende ist“, schmunzelte er.
„Wie? Noch eine mehr?“, staunte Gruber.
„Gewiss doch. Seine vierte Frau fand er in Luzern. Welche natürlich ebenso wenig von ihren Leidensgenossinnen in Berlin, Hannover und Salzburg wusste, wie jene von ihr.“
„Sauber! Und wie habt ihr ihn gefasst – ich meine, habt ihr ihn überhaupt gefasst, oder nur gefunden?“, wollte ich wissen.
„In gewisser Weise nur gefunden, aber doch am Haken. Das Problem besteht darin, dass er sich jetzt in der Schweiz aufhält, nachdem er sich wegen unserer Fahndung in Deutschland und Österreich nicht mehr blicken lassen durfte. Die Schweiz liefert bekanntlich bei Heiratsschwindel nicht per se aus, nur im Falle einer erfolgten gerichtlichen Verurteilung. Dazu ist es jedoch bisher nicht gekommen.“
Buchstein nahm einen tiefen Zug aus seinem Bierglas und fuhr dann fort.
„Aber da kam meinem Chef die richtige Idee. Seifert – so heißt der Schwindler – hatte sich bei zweien seiner Frauen als Juwelenhändler ausgegeben, der über ein angebliches Jahreseinkommen von mindestens 50.000 Reichsmark verfüge. Daraufhin haben wir die Schweizer Behörden offiziell informiert, dass uns aus den letzten zwei Jahren keine Steuerbelege von Seifert vorlägen und er deshalb wegen Verdachts der Steuerschuld in Höhe von zweimal zehntausend Reichsmark gesucht würde. Und die Schweizer seien doch sicherlich daran interessiert, die Steuerschuld für das laufende Jahr einzutreiben. Was soll ich sagen, beim lieben Geld lassen sich die Schweizer nicht lange bitten. Oberkommissär Voser von der Kantonspolizei Luzern hat sich umgehend für den ‚wertvollen Hinweis‘ bedankt und die ‚wohlgeordnete Zusammenarbeit‘ mit der Berliner Polizei gelobt. Tja, damit sitzt Seifert in der Klemme. Die Schweiz verlassen kann er nicht mehr, da er unter Beobachtung steht (und ihr könnt mir glauben, die eidgenössischen Kollegen verstehen ihr Handwerk). Entweder also, er zahlt die geforderten Steuern, das sind rund 25.000 Franken insgesamt, wovon die Hälfte an uns, die andere Hälfte an die Schweiz gehen würde. Oder, wenn er nicht zahlt, liefern ihn die Schweizer an uns aus. Falls er es schafft, die Summe aufzutreiben – was ich stark bezweifle –, könnten wir von unserem Teil wenigstens die betrogenen Ehefrauen ein wenig entschädigen“, schloss unser Kollege seinen Bericht.
„Nicht schlecht“, nickte Hochbein anerkennend. „Nicht der ganz große Wurf, aber wenigstens kommt er da nicht mehr heraus.“
„Wohl wahr“, entgegnete Brockau. „Allerdings könnt ihr froh sein, dass der Kerl sich nicht nach Mailand oder Neapel verzogen hat. Den Italienern sind sowohl Heiratsschwindler als auch Steuersünder reichlich egal. Da müsste er schon eine Kirche beklaut haben, darin sind sie sehr eigen, die Italiener. Selbst unter Mussolini.“
Das sei eine nette Geschichte gewesen, fand auch Gruber und fragte in die Runde, ob denn einer der anderen noch etwas auf Lager habe. Ausgerechnet nach diesem Wochenende könne er nämlich nicht mit einem schönen Raubüberfall oder dergleichen aufwarten. Inzwischen saßen wir bereits wieder annähernd eine halbe Stunde beisammen, und noch immer hatte die bestellte Boulette ihren Weg nicht zu meinem Platz gefunden. Sehr untypisch für den ansonsten doch immer so flotten Service, fand ich. Missmutig und vor allem hungrig hielt ich nach dem Kellner Ausschau, als Hochbein das Wort ergriff.
„Schätze, damit bin ich wohl an der Reihe. Ein bisschen schade zwar, denn wir wissen noch nicht allzu viel, aber sei’s drum. Ich hätte ein unbekanntes Mordopfer zu bieten.“
„Ein unbekannter Toter? Lässt sich hören. Dann lass dich nicht allzu lange bitten und leg los“, forderte ihn Müller auf.
Unwillkürlich lehnten wir uns allesamt nach vorn, um besser zuhören zu können. Dabei kollidierte mein Kopf fast mit einem Teller, der mir von links hinten kommend plötzlich vor die Nase schoss.
„Ihr Gedeck, mein Herr. Wohl bekomm’s!“, rief mir der Kellner viel zu laut ins Ohr und verschwand nahezu schneller, als der Teller die Tischplatte berührte. Ausgerechnet jetzt, dachte ich. Nichtsdestoweniger begann ich, mir die Bratkartoffeln in den Mund zu schieben und bemühte mich, möglichst leise zu kauen, um nichts zu verpassen.
„Wie schon gesagt, viel ist es nicht“, fuhr unterdessen Hochbein fort. „Man hat den Toten gestern auf einer Baustelle gefunden, drüben beim Wertheim in der Leipziger Straße, das doch gerade wieder einmal einen Erweiterungsbau bekommt. Der Polier scheint ein wenig mehr Grips zu haben als es auf dem Bau gewöhnlich der Fall ist. Hat sofort den Fundort für alle gesperrt und die Mordinspektion verständigt. Bis wir kamen, hatte tatsächlich noch niemand etwas angerührt. Wir hätten also eine Menge Spuren sichern können – wenn es denn welche gegeben hätte. Praktisch nichts zu finden: Der Tote saß einfach auf dem Boden, an eine Wand gelehnt. Als ob er ausruhen wollte, eben nur tot. Keine Kampf- oder Schleifspuren, keine Schuh- oder fremden Fingerabdrücke, keine Papiere in den Taschen. Nur einen Haus- oder Zimmerschlüssel, doch welche Tür mag er schließen? Und nicht den kleinsten Anhaltspunkt, was der Mann überhaupt auf der Baustelle gewollt haben könnte.“
„Sicher, dass es überhaupt ein Mord gewesen ist?“, vergewisserte sich Brockau.
„Doch, das steht außer Zweifel. Immerhin hat er ein schönes, rundes Loch in der Stirn. Keine Schmauchspuren und keine Waffe zu finden, also ist Selbstmord ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich.“
„Vielleicht habt ihr Glück, wenn die Obduktion die Kugel zutage fördert. Sollte die Waffe schon einmal benutzt worden sein …“, warf Gruber ein.
„Hoffentlich“, wiegte Hochbein sorgenvoll den Kopf. „Dies ist so ziemlich das einzige Indiz, das eventuell etwas bringen könnte. Der Schlüssel ist vorerst wertlos, denn wir können ja schlecht damit jede Tür in Berlin ausprobieren. Damit bleibt nur noch das hier – und ich bin mir keineswegs sicher, ob das überhaupt etwas bedeutet.“
Mit diesen Worten warf Hochbein ein kleines, rotes Büchlein auf den Tisch, welches er aus seiner Brusttasche hervorgeholt hatte. Zufällig, wie ich annahm, rutschte es auf dem Tisch bis ganz in meine Nähe.
„Wasch ischt dasch?“, nuschelte ich mit viel Mühe zwischen zwei Bissen der Boulette hervor.
„Das wollte ich eigentlich dich fragen“, entgegnete Hochbein. „Ich war vorhin schon recht enttäuscht, als du die ganze Zeit nicht erschienen bist, da ich gehofft hatte, du könntest mir etwas darüber sagen. Kommt es dir nicht bekannt vor?“
Leicht verwundert, legte ich nun trotz des noch immer nicht ganz gestillten Hungers das Besteck beiseite und nahm das Buch zur Hand. Es war nicht größer und nicht viel dicker als ein Oktavheftchen; auf dem Umschlag prangte in schwarzen Lettern: „GENERAL HOFFMANN – AN ALLEN ENDEN MOSKAU.“
Verwundert starrte ich auf den Titel. General Hoffmann?! Aber das konnte doch nur eines bedeuten … Hastig blätterte ich das Buch auf, las ein paar Zeilen aus dem Vorwort – ja, meine Vermutung stimmte. Und offensichtlich hatte Hochbein dasselbe vermutet.
„Dieses Buch ist tatsächlich von ‚meinem‘ Hoffmann geschrieben worden. Das wolltest du doch sicher wissen, oder?“, meinte ich zu Hochbein.
„Nun ja, es ist zwar schön, dass du es bestätigst, aber das ist nicht wirklich das, worum es mir geht. Vielmehr möchte ich wissen, was es damit auf sich hat – oder haben könnte. Ist es eine besondere Veröffentlichung? Muss man sie gelesen haben und wenn ja, um was zu wissen? Wer würde so etwas lesen und auch noch bei sich tragen? Zu welchem Zweck? Was …“
„Moment, Moment“, unterbrach ich Hochbeins Redefluss. „Das ist eine ganze Menge Fragen – und ich fürchte, ich habe zu keiner davon eine Antwort. Ich kannte das Buch bisher überhaupt nicht! Gut, es ist von meinem ehemaligen Chef geschrieben worden, das ist eindeutig. Aber mehr kann ich dazu nicht sagen. Tut mir leid.“
Hochbein schnaufte vernehmlich, wusste jedoch anscheinend nicht, was er daraufhin antworten sollte.
„Ähem … entschuldigt mal? Dürfte ich eure hochinteressante Konversation kurz unterbrechen?“, mischte sich in diesem Augenblick Müller in das Gespräch ein. „Könntet ihr uns vielleicht ein wenig erhellen, über wen ihr beiden gerade sprecht? Oder ist das ein großes Geheimnis?“
„Nein, nein, überhaupt nicht“, beeilte ich mich zu versichern. „Es handelt sich um Generalmajor Max Hoffmann, der während des Krieges Generalstabschef des Kommandos OberOst gewesen ist.“
„Max Hoffmann? Etwa der mit dem ‚Faustschlag‘ von Brest-Litowsk?“
„Genau der. Wobei die Geschichte mit dem ‚Faustschlag‘ eine sehr übertriebene Wiedergabe der tatsächlichen Ereignisse darstellt. Ich muss es schließlich wissen – als Hoffmanns Adjutant bin ich bei allem ja dabei gewesen.“
„Ach was? Du warst Hoffmanns Adjutant? Das hast du uns noch nie erzählt“, wunderte sich Müller.
„Kann schon sein. Es ist ja auch schon eine ganze Weile her, elf Jahre sind es mittlerweile. Seit Kriegsende habe ich weder mit Hoffmann noch mit anderen Personen aus meiner damaligen Dienstzeit irgendetwas zu tun gehabt. Da verblassen manche Erinnerungen doch etwas und kommen einem nicht ohne weiteres mehr in den Sinn.“
„Mag sein“, räumte Gruber ein. „Aber kannst du vielleicht doch noch ein paar Worte zu diesem Hoffmann sagen? Ich kannte den Namen nämlich bisher überhaupt noch nicht.“
„Du bist einfach noch zu jung für so alte Geschichten“, konnte sich Müller – altersmäßig unser Senior-Kollege – ein Grinsen nicht verkneifen.
„Stimmt, ich bin kein so alter Besserwisser wie du“, konterte Gruber. „Also was ist jetzt, Fred?“
„Gut, ein paar Sätze können ja nicht schaden“, meinte ich. „Also: General Hoffmann ist zweifellos einer der entscheidenden deutschen Militärs an der Ostfront gewesen. Das sage ich nicht allein deshalb, weil ich unter ihm gedient habe – es ist wirklich so. Den meisten dürfte er zwar vor allem wegen seiner Rolle bei den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk ein Begriff sein. Dort hat er eine maßgebliche Rolle gespielt und durch seine unnachgiebige Haltung und die Februaroffensive von 1918 den Siegfrieden über Russland erzwungen. Außerdem war Hoffmann aber auch, was viel weniger Menschen wissen, bereits 1914 der eigentliche Kopf hinter dem großen Sieg von Tannenberg und vieler anderer Operationen. Obwohl er es nur zum Generalmajor gebracht hat, war er dennoch als Generalstabschef von OberOst von 1916 bis zum Kriegsende der faktische Befehlshaber der deutschen Ostfront. Ich selbst kam kurz nach Tannenberg, Ende 1914 also, in seinen Stab und war die ganzen vier Jahre als sein Adjutant dabei. Was die Zeit nach Kriegsende betrifft, habe ich dagegen nur wenige Kenntnisse. Soweit ich weiß, wollte er damals den Versailler Vertrag nicht hinnehmen und musste deswegen seinen Abschied nehmen. Darüber hinaus hat er sich mit General Ludendorff ziemlich überworfen, weil Hoffmann in allerlei Büchern den Feldherrenstatus von Ludendorff infrage gestellt hat. Aber sonst … inzwischen lebt Hoffmann nicht mehr, er ist 1927 gestorben.“
„Aha – also hast du doch seine Bücher gelesen, wie es scheint“, meldete sich nach langer Pause nun auch Hochbein wieder zu Wort.
„Zwei seiner Bücher – zwei!“, korrigierte ich ihn. „Eines beschäftigte sich mit allen Geschehnissen rund um die Schlacht bei Tannenberg, das andere hieß – warte kurz, ich muss überlegen – ach ja: ‚Der Krieg der versäumten Gelegenheiten‘. Dort rechnet Hoffmann mit diversen Kriegsereignissen ab und schreibt, was man hätte besser machen können. In beiden Büchern kommt Ludendorff nicht so glänzend weg, wie er gewöhnlich als Kriegsheld an der Seite Hindenburgs gehandelt wird ... gut, das führt jetzt sicher zu weit. Wie viele Bücher Hoffmann sonst noch geschrieben hat, das weiß ich nicht. Dieses hier“ – dabei tippte ich mit dem Finger auf das kleine rote Büchlein – „war mir bisher völlig unbekannt.“
„Hm, das hilft uns wohl nicht weiter“, seufzte Hochbein, leicht resigniert. „Schade. Scheint übrigens ein recht merkwürdiges Buch zu sein, es dreht sich irgendwie um den Bolschewismus in Russland. Doch dann brauche ich dich gar nicht erst fragen, ob es eine Bedeutung haben könnte, dass das Lesezeichen an einer bestimmten Stelle steckt.“
„Lesezeichen?“
„Dort hinten, etwa bei Seite 50.“
Ich schlug das Buch an der von Hochbein bezeichneten Stelle auf. In der Tat lag dort, genauer zwischen den Seiten 52 und 53, ein Streifen weißes Papier. Weder auf der Vorder- noch auf der Rückseite fanden sich Spuren irgendwelcher Schriftzeichen, so dass es anscheinend wirklich als Lesezeichen gedient hatte. Warum sonst sollte jemand einen Zettel an der betreffenden Stelle eingelegt haben, wenn man nicht gerade das dort beginnende Kapitel (‚DIE ZWEITE OPERATION – RUSSLANDS BEFREIUNG‘) hatte markieren wollen, um später dort weiterzulesen.
Ebenso ratlos wie Hochbein, begann ich nachdenklich, das Papier zwischen den Fingern hin und her zu drehen. Plötzlich stutzte ich. Konnte das möglich sein? Ich versuchte, das Papier gegen das Licht zu halten, was jedoch angesichts der heimelig-halbdunklen Atmosphäre in der „Zwiebel“ gar nicht so einfach war. Dennoch gab es keinen Zweifel.
„Sag mal, Werner“, fragte ich Hochbein, „bist du ganz sicher, dass dieser Zettel in dem Buch steckte, als ihr es bei der Leiche gefunden habt?“
„Ja, natürlich. Absolut sicher sogar – und er steckte auch definitiv an derselben Stelle im Buch, falls du daran zweifeln solltest. Wieso fragst du?“
„Vergiss die Seite im Buch. Besser gesagt, vergiss das Buch an sich! Das ist nicht deine Spur. Dieses Stück Papier hier, das ist deine Spur!“
Werner Hochbein starrte mich äußerst verwundert an.
„Wie soll ich denn das verstehen? An dem Zettel ist doch überhaupt nichts dran – oder drauf, wie man es nimmt.“
„Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht ganz so sicher. Pass auf, ich demonstriere dir einmal etwas.“
Damit wandte ich mich an den neben mir sitzenden Brockau und rüttelte an seinem Arm. Brockau und Buchstein hatten sich schon vor einer Weile aus unserer Unterhaltung über General Hoffmann und das rote Buch ausgeklinkt und waren recht angeregt in ein Gespräch über Angeln, Fische und Köder vertieft. Gerade eben stand Brockau kurz davor, einen kapitalen Hecht mit einem selbst erfundenen Spezialköder aus seinem Versteck zu locken. Entsprechend verwirrt reagierte er auf meinen Kontaktversuch.
„Häh? Was ist los? Willst du auch mitangeln? – Oh …
Entschuldigung, ich war wohl etwas abgelenkt, schätze ich. Habt ihr euren Fall fertig, oder seid ihr schon bei einem neuen Fall?“
„Nein, wir sind immer noch bei dem unbekannten Toten. Aber keine Sorge, ihr könnt gleich weiterangeln. Ich bräuchte dich kurz für ein kleines Experiment.“
„Ein Experiment? Hört sich seltsam an – na gut, wenn es nicht zu anstrengend wird“, meinte er.
„Es ist überhaupt nicht anstrengend. Du müsstest dafür nur deine Augen schließen und die Hand ausstrecken, bitte.“
„Muss das sein?!“
„Bitte, tu es mir zuliebe einfach.“
Brockau verdrehte kurz die Augen, nickte dann aber resignierend und schloss brav seine Augen, während er mir seine rechte Hand hinhielt.
Ich zog meine Brieftasche hervor und entnahm ihr einen Geldschein zu fünf Reichsmark, den ich Brockau auf die Hand legte.
„So. Jetzt sag mir bitte, was ich dir gerade in die Hand gegeben habe. Nicht hinschauen!“
Brockau schloss seine Hand, doch als er das Papier des Geldscheins fühlte, nahm er die andere Hand hinzu und befühlte den Schein mit beiden Händen.
„Nicht schwierig“, sagte er, ohne lange zu überlegen. „Das ist doch ein Geldschein.“
„Richtig“, stimmte ich zu. „Was für ein Geldschein könnte es sein?“
„Das ist jetzt schwierig. Woran soll ich das denn erkennen? Könnte von einer bis zwanzig Reichsmark einfach alles sein. Größer wohl nicht – ich glaube nicht, dass du so viel in der Tasche hättest.“
„Auch richtig“, musste ich lachen. „Gut, jetzt kommt der zweite Versuch. Achtung, immer noch die Augen zu lassen, ja?“
„Hab ich doch. Nun mach schon.“
Ich steckte den Fünfmarkschein wieder ein und legte sodann das mutmaßliche Lesezeichen aus dem Buch in Brockaus Hand.
„Nun, was habe ich dir jetzt gegeben?“
Brockau befühlte kurz das Papier und zog verwundert seine Stirn leicht in Falten.
„Das ist auch ein Geldschein?!“
„Schon wieder richtig“, bestätigte ich. „Ist es derselbe wie vorher?“
Noch einmal strich Brockau mit seiner Handfläche über das Papier, schüttelte dann aber den Kopf.
„Nein, das nicht. Es fühlt sich irgendwie steifer an … ist es vielleicht ein ganz neuer Schein? Und irgendwie scheint er mir etwas kleiner zu sein. Lass mich mal raten – das hier ist ein neuer Zweimarkschein, und vorher hattest du mir einen gebrauchten Fünfer gegeben. Richtig?“
„Fast richtig“, nickte ich anerkennend. „Den Fünfer hast du perfekt erraten. Nur das zweite Objekt hast du nicht ganz getroffen. Es ist kein Zweimarkschein. Schau selbst!“
Brockau öffnete langsam wieder seine Augen, riss sie jedoch abrupt weit auf, als er sah, was er da in der Hand hielt.
„Ich werd‘ nicht mehr! Das ist ja überhaupt kein Geldschein. Es ist nichts als ein blankes Stück Papier!“, rief er verblüfft aus.
„Oh nein, ganz im Gegenteil. Du hattest schon ganz Recht. Zwar ist es kein Zweimarkschein, aber eine Banknote ist es auf jeden Fall, ganz ohne Frage. Zumindest sollte es zweifellos eine werden.“
Zu Hochbein gewandt, meinte ich: „Nun, verstehst du jetzt, was ich eben meinte?“
Mit immer größer werdenden Augen hatte Werner Hochbein die Szene mitverfolgt. Er öffnete den Mund, fand jedoch zunächst gar keine Worte. Erst nach einiger Zeit gelang es ihm, seine Sprache wiederzufinden.
„Unglaublich … Du meinst – nein, also bist du dir absolut sicher, dass dieses Stück Papier ein Geldschein, eine Banknote ist? Das würde diesem ganzen Fall eine völlig neue Richtung geben!“
Heftigst nickend, schob ich ihm das geheimnisvolle Papier wieder über den Tisch zurück.
„Ja, ich bin wirklich sicher. Man darf sich von dem optischen Anschein nicht täuschen lassen. Das Auge – welches in dem Fall nichts gesehen hat – prägt unsere Wahrnehmung derart, dass wir andere Eindrücke nicht unbedingt registrieren. Selbst ich hatte es eben nicht auf Anhieb bemerkt, sondern erst, als ich es länger in den Händen hielt. Als wir aber beim Kollegen Brockau die Augen ausgeschaltet haben, hat er das Papier mit den Händen sofort als Geldschein erkannt. Deshalb diese kleine Demonstration.“
Als wäre es ein rohes Ei, hob Hochbein das weiße Papier vorsichtig vom Tisch auf und betrachtete es nachdenklich.
„Wie eine deutsche Banknote kommt es mir aber nicht vor“, überlegte er. „Irgendwie scheint es ein etwas kleinerer Schein zu sein.“
„Er ist nicht nur kleiner, auch die Struktur des Papieres stimmt nicht ganz. Es muss sich definitiv um eine auswärtige Banknote handeln. Um welche, das müssten wir noch ermitteln.“
„Wenn das tatsächlich so wäre, und dieses unscheinbare Zettelchen eine Banknote sein könnte – und nur der Aufdruck fehlt –, dann hätten wir es vielleicht mit einem regelrechten Falschgeld-Fall zu tun. Das hieße wiederum, es dürfte wahrscheinlich auch in deinen Verantwortungsbereich fallen. Ihr seid schließlich das Falschgelddezernat.
Dann müssten – na ja, sollten – wir vielleicht zusammenarbeiten. Was denkst du?“
Ich brauchte nicht lange zu überlegen. Hochbeins Überlegung machte selbstverständlich Sinn, und ich stellte mir eine Zusammenarbeit mit ihm recht angenehm vor, auch wenn ich schlecht einzuschätzen vermochte, wie wohl unsere beiden Dienststellen miteinander verkehren würden. Doch dazu brauchten wir uns wenigstens heute Abend keine Gedanken zu machen.
„Genau das denke ich auch“, antwortete ich deshalb. „Alles andere wäre wohl wenig hilfreich. Abgesehen davon, hättet ihr mit der Falschgeldgeschichte auch ein denkbares Mordmotiv. Wenn wir das Rätsel zusammen lösen sollten, dann hättet ihr wahrscheinlich euren Mörder und wir könnten eventuell einen Falschgeldring sprengen. Wäre doch nicht schlecht, oder?“
„Auf jeden Fall“, stimmte Hochbein sofort zu. „Wie wollen wir es angehen? Kommst du morgen zu mir oder soll ich zu dir kommen?“
„Wenn es dir möglich ist, kannst du zu mir kommen? Und das Papier mitbringen?“
Hochbein zuckte mit den Schultern.
„Kein Problem. Dann machen wir es so. Ich bin doch ein wenig gespannt, was bei dem Ganzen herauskommen wird, muss ich zugeben.“
„Oh, das bin ich auch“, bekräftigte ich. „Lass uns am besten darauf anstoßen. Noch ein großes Pils?“
„Aber immer“, grinste Hochbein.
„Herr Ober! Noch zwei Pilsner, bitte!“
Stefanie Landeis seufzte.
Ihre Aufgabe grenzte nicht nur an das Unmögliche, sie war geradezu unmöglich. Innerhalb eines Arbeitstages hatte sie Unmengen an Zeitungsausgaben zu lesen: Vossische Zeitung, Deutsche Allgemeine Zeitung, 8-Uhr-Abendblatt, Berliner Volkszeitung, Rote Fahne, Völkischer Beobachter und noch ein halbes Dutzend Berliner und überregional erscheinender deutscher Zeitungen mehr. Doch damit nicht genug, denn das Lesen machte nur den unbedeutenderen Teil der Aufgabe aus. Anschließend sollte sie zudem aus jeder dieser Zeitungen die wichtigsten Nachrichten und Kommentare zusammenfassen und in etwa dreißig Zeilen niederschreiben, also etwa eine Schreibmaschinenseite pro Zeitung. Zu guter Letzt waren dann diese Zusammenfassungen vom Deutschen ins Französische zu übersetzen. All dies musste spätestens bis Mitternacht abgeschlossen und per Fernschreiber nach Paris übertragen worden sein. Nur dann war sichergestellt, dass die Informationen so rechtzeitig eintrafen, dass sie noch in den Druck der Morgenausgabe des Le Matin einfließen konnten. Und all das galt nur für „normale“ Tage. Bei besonderen Ereignissen, Artikeln von speziellem Interesse oder brisanten Entwicklungen waren solche tunlichst in voller Länge wiederzugeben, zu übersetzen und nach Paris zu senden.
In Wahrheit hätten diese Tätigkeiten mindestens drei Mitarbeiter erfordert, nämlich eine Person zum Durcharbeiten der Artikel, die wiederum einer zweiten Schreibkraft die Zusammenfassung diktiert hätte, sowie eine dritte als Übersetzer. Doch Stefanie war alleine mit dieser Mission beauftragt worden, blieb allein und würde wohl auch weiterhin allein bleiben. Es schien geradezu, als sei alles daraufhin angelegt worden, um ihr und der Welt vor Augen zu führen, dass sie als Frau unmöglich mit den ihr gestellten Verpflichtungen fertig werden würde. Dass sie dies gar nicht konnte und auch kein Mann dies je gekonnt hätte, blieb dabei zweitrangig. Sie war eine Frau und würde versagen, so viel stand fest, egal, wie unmöglich ihr Auftrag lautete. Genauso wenig kam es allerdings infrage, die Aufgabe einfach hinzuwerfen. Wie oft hatte sie in den letzten Tagen vor der Versuchung gestanden, das Bündel Zeitungen zusammenzuraffen, Edmond auf den Tisch zu werfen und ihm zu sagen, er solle doch zusehen, wie er mit dem Problem fertig werden würde. Aber nachdem die Männer die Frauen jahrhundertelang bevormundet hatten, ihnen eine Rolle als Hausfrau, Mutter oder bestenfalls Arbeiterin zugestanden hatten, war mittlerweile das zweite Jahrzehnt angebrochen, in dem Frauen in großem Umfang eigenständige, verantwortungsvolle Arbeiten übertragen bekamen. Zugegeben, vieles verdankten Frauen wie sie dem enormen Mangel an qualifizierten Männern, welcher durch die entsetzlichen Verluste im Großen Krieg entstanden war. Nichtsdestoweniger bestand jetzt die Chance, sich zu beweisen. Damit befand sie sich jedoch gleichzeitig in der Zwickmühle, sich auch beweisen zu müssen, ganz gleich, ob das sinnvoll oder überhaupt möglich sein mochte.
Immerhin hatte Edmond Strieder sie überhaupt nur deshalb angestellt, weil er mit all den als Deutschlandkorrespondent der Pariser Tageszeitung Le Matin zu bewältigenden Aufgaben nicht mehr fertig wurde. Dabei passte auf Strieder ohne weiteres die Bezeichnung „Arbeitstier“, denn rastlos, unstetig, geradezu übermäßig wachsam und detailbewusst hatte er schon während des Krieges für den französischen Auslandsgeheimdienst gewirkt. Genauso und unvermindert arbeitswütig verfolgte er seit Mitte der Zwanziger Jahre seine Korrespondentenaufgabe in Berlin. Doch all sein Gespür und seine Emsigkeit konnten offenbar nicht mehr verhindern, dass ihn die Ereignis- und Nachrichtenflut des Jahres 1930 mehr und mehr überforderten. Er brauche eine Sekretärin, hieß es zunächst. Schön, Stefanie stellte sich ihm in seinem Berliner Büro als solche vor. Schnell wurde allerdings klar, dass Strieder nicht eine bloße Sekretärin, sondern eine intelligente, konzentrationsfähige Mitarbeiterin mit hoher Auffassungsgabe und Biss benötigte. Genau diese Fähigkeiten brachte Stefanie mit. Als Tochter des Österreichers Karl Landeis geboren, wuchs sie nahezu von Beginn an zweisprachig auf, da ihr Vater zunächst für die französische Botschaft in Wien, danach als Kaufmann in Paris arbeitete. Studium in Paris und Wien, Abschluss im Sommer 1929 mit der Qualifikation als Lehrerin für Französisch. Doch ausgerechnet kurz nach ihrem Studienabschluss brach im Oktober 1929 die große Weltwirtschaftskrise aus, so dass ein Berufseinstieg nahezu unmöglich wurde. Einzig verfügbare Anstellung war damals eine Tätigkeit als Dolmetscherin bei einer Berliner Künstleragentur gewesen, und auch dort gestalteten sich ihre Einsätze mangels Geld, das man für Künstler ausgeben wollte, rar. In dieser Situation kam das Angebot von Strieder, den sie zufällig bei Freunden kennengelernt hatte. War sie gewillt, eine Probearbeit anzufertigen? Sie war es. Nach der Probearbeit die Offerte, binnen einer Woche ihre neue Anstellung anzutreten. Stefanie zögerte nicht. Sie wusste zwar nicht, ob sie dauerhaft Korrespondentin oder gar Journalistin werden wollte, dennoch spürte sie, dass in dieser vermeintlichen Sekretariatsarbeit eine große Herausforderung wartete. Wie übermenschlich diese Herausforderung sein würde, das ahnte sie gleichwohl nicht. Hätte sie es getan, wäre ihr Zögern vielleicht länger ausgefallen; letztlich hätte sie höchstwahrscheinlich trotzdem zugegriffen. Zu sehr lockte der Reiz des neuen, unbekannten, aber ohne Zweifel äußerst spannenden und abwechslungsreichen Metiers. So hatte sie sich trotz des herkulischen täglichen Arbeitsberges, welcher einer Sisyphusarbeit gleich jeden Nachmittag aufs Neue genauso herkulisch begann, beherzt in ihre neue Aufgabe gestürzt.
Stefanie beendete den letzten Absatz für das Exzerpt aus dem 8-Uhr-Abendblatt, drehte das Blatt aus der Schreibmaschine und legte es auf den Stapel fertiger Typoskripte. Dabei fiel ihr Blick unwillkürlich auf das kleine rote Buch, welches seit zwei Tagen auf ihrem Schreibtisch lag. Was mochte es wohl mit diesem seltsamen Büchlein auf sich haben? Bedeutete es überhaupt etwas oder handelte es sich eigentlich nur um einen belanglosen Zufall, ein unbedeutendes Missverständnis? Sollte sie vielleicht doch Berthold Jacob daraufhin ansprechen?
Jacob war Stefanies große Rettung gewesen, nachdem sie sich in den ersten Tagen ihrer neuen Arbeit nahezu hoffnungslos in den Untiefen der deutschen Tagespolitik verrannt hatte. Welche Partei vertrat gerade welche politische Position (und wechselte sie schneller als ein Hemd)? Welcher Politiker trat für welche Sache ein, arbeitete mit welchem Industriemagnaten zusammen und unterhielt Beziehungen zu welcher ausländischen Interessengruppe? Welche Krise erschütterte den Warenaustausch mit welchem Teil des britischen Empires? Diese und tausenderlei weitere Fragen schwirrten ihr zu Beginn wie ein durcheinander geratener Vogelschwarm im Kopf herum und hinderten sie, den Blick für die wesentlichen Leitlinien der Berichterstattung zusammen zu halten. Als sie vorsichtig Edmond Strieder um ein paar orientierende Hinweise bat, sagte dieser nur: „Fragen sie Berthold Jacob!“, und drückte ihr eine Visitenkarte mit dessen Kontaktdaten in die Hand. Berthold Jacob, seines Zeichens Redakteur für Außenpolitik und militärische Fragen bei der Wochenzeitschrift Die Weltbühne, entpuppte sich im Gegensatz zu Strieder als umgänglicher, redseliger und endlos geduldiger Lehrer. Er verstand es innerhalb kurzer Zeit, ihr eine Vielzahl grundlegender Dinge über die politische Landschaft Deutschlands, die wichtigsten Akteure auf der Berliner Bühne und die Themen zu vermitteln, welche am entscheidendsten die aktuellen Entwicklungen bestimmten.
Eines Tages jedoch, genauer gesagt, vor vier Tagen, hatte Jacob sie jedoch mit dem Ansinnen überrascht, ihr einen „Spezialauftrag“ anvertrauen zu wollen. Ein Spezialauftrag? Sicherlich wisse er doch, wieviel Arbeit sie ohnehin schon zu bewältigen habe. Oh gewiss, das sei ihm völlig klar, versicherte Jacob. Allerdings sei der Auftrag etwas heikler Natur. Es habe sich nämlich ein potentieller Informant – anscheinend irgendein Exilrusse oder ähnliches – bei ihm gemeldet, welcher ihm von einer brisanten Angelegenheit, welche Russland, international agierende Kreise und die Reichswehr betreffe, berichten wolle. Allerdings sei es angesichts des laufenden Prozesses vor dem Reichsgericht undenkbar, selbst mit diesem Informanten zusammen zu treffen. Ob sie daher den Part übernehmen wolle? Sozusagen als erster echter Außeneinsatz, die erste eigene Recherche, die sich womöglich in die erste publizistische Aufgabe entwickeln könnte?
Stefanie zögerte zunächst. Ausgerechnet sie als Neuling im journalistischen Geschäft sollte eine solch unsichere Mission übernehmen und zu einem Treffen erscheinen, bei dem alles Mögliche herauskommen konnte? War Berthold Jacob am Ende doch ein ebenso besessener Verschwörungsjäger wie Edmond Strieder? Von seiner Tätigkeit beim Geheimdienst gezeichnet, vermutete letzterer geradezu hinter jeder Ecke eine neue Verschwörung, ein Komplott oder einen Agent Provocateur. Andererseits war es nicht von der Hand zu weisen, dass Jacob mit seinen Bedenken wahrscheinlich Recht hatte. Nachdem die Weltbühne im März 1929 die geheime Luftrüstung der Reichswehr (welche entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrags stattfand) enthüllt hatte, standen seither der Herausgeber Carl von Ossietzky und der verantwortliche Redakteur Walter Kreiser unter Anklage wegen Landesverrats und des Verrats militärischer Geheimnisse. Jegliche Verwicklung eines Redaktionsmitglieds in womöglich ebenso gefahrvolle Angelegenheiten konnte sehr schnell zum Nachteil der Beklagten ausschlagen. Außerdem bot ihr damit Jacob eine zusätzliche Gelegenheit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und wer weiß, vielleicht ergab sich damit eine Möglichkeit, der unendlichen Schreibarbeit zu entkommen? Daher hatte sie letztlich zugesagt, nicht ohne Jacob als Bedingung aufzuerlegen, sie genauestens und bestens über alle ihm bekannten Umstände ins Bild zu setzen.
Doch obwohl sich Jacob redliche Mühe gegeben hatte, dieses Versprechen einzulösen und Stefanie sich am Ende recht sicher fühlte, die Sache tatsächlich meistern zu können, wurde aus dem Treffen – nichts. Allerdings nicht durch ihre Schuld, so war sie zumindest überzeugt. Wie verabredet, hatte sich Stefanie vorgestern Abend um halb neun im La Taverna in der Kurfürstenstraße eingefunden, einem bei Künstlern, Journalisten, Schauspielern und Diplomaten sehr beliebten italienischen Restaurant. Jacob hatte dem Informanten mit Stefanies Einverständnis ihren Vornamen genannt; der Mann wiederum würde unter dem Namen „Georg“ einen Tisch reservieren und sie um die nämliche Zeit erwarten. Selbstverständlich kam Stefanie pünktlich, wurde auch von einem Kellner zu einem unter besagtem Namen reservierten Tisch geführt. Dort jedoch saß – niemand. Leicht irritiert, versicherte ihr der Kellner, ein Herr habe bis eben noch dort gesessen und würde sicherlich gleich wiederkommen. Auf dem Platz des Herrn läge ja auch noch ein kleines rotes Buch, welches doch wohl anzeige, dass jener Herr alsbald wiederzukehren gedenke. Stefanie nahm Platz und wartete. Aber niemand kam, weder ein Herr noch sonst irgendjemand. Nach einer Stunde Warten und zwei Gläsern Éau Mineràl musste sich Stefanie eingestehen, dass das Treffen aus ihr völlig unbekannten Gründen offensichtlich gescheitert war. Stefanie stand auf, wandte sich zum Gehen und griff dabei kurzentschlossen nach dem roten Buch. Der Informant hatte es entweder vergessen oder absichtlich liegenlassen, und womöglich enthielt es ja einen Hinweis auf seinen Verbleib oder sein Ansinnen.
Diese Hoffnung hatte sich freilich bald zerschlagen. Abgesehen von dem gedruckten Inhalt enthielt das Buch keinerlei Hinweise außer einem weißen, unbeschriebenen Lesezeichen, welches aber an einer völlig willkürlichen Stelle im Buch zu stecken schien. Das Buch hing tatsächlich auf gewisse Weise mit Russland zusammen; der Titel lautete „An allen Enden Moskau“ und stammte von einem General Hoffmann, dessen Name ihr nichts sagte. Sie überflog den Inhalt auf mögliche Hinweise, doch vergeblich. Der Autor ließ sich in offensichtlich sehr übertriebener Weise über die Gefahr aus, die von dem Moskauer Regime ausging. Er verbreitete die Schreckensvision einer bolschewistischen Verschwörung, die gegen die westliche Welt gerichtet sei und forderte seinerseits die Aufstellung einer multinationalen Streitmacht, um das kommunistische Reich zu bezwingen und Russland wieder in die Reihen der zivilisierten Welt zurückzuführen. Alles in allem kam ihr der Inhalt sehr abseitig und viel zu weit hergeholt vor. Und auch, wenn das Buch mit seinem Inhalt zu bestätigen schien, dass der unbekannte Informant aus russischen oder antirussischen Kreisen stammte, fragte sie sich, wo dabei das Brisante oder Geheimnisvolle stecken sollte. Es handelte sich schließlich um ein ganz offiziell gedrucktes Buch aus einem ordentlichen Verlag, das sich dazu bereits seit fünf Jahren im Umlauf befand. Was also war der Zweck des Büchleins gewesen?
Bisher hatte es seine Bedeutung erfolgreich verschleiert, und Stefanie war sich zunehmend sicher, dass das Rätsel