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Schmerzfrei
Spagat,
Handstand und
Muscle-ups
lernen
NEUE SKILLS FÜR FORTGESCHRITTENE
Calisthenics X Mobility 2.0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2021 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen
Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien
Member of the World Sports Publishers’ Association (WSPA)
Gesamtherstellung: Print Consult GmbH, München
ISBN 978-3-8403-7750-1
eISBN 978-3-8403-3753-6
E-Mail: verlag@m-m-sports.com
www.dersportverlag.de
Vorwort
Aufbau dieses Buchs
MOBILITY
1Mobility 2.0
1.1Einleitung
1.2Mobilitykonzepte statt Kuchenrezepte
1.3Beweglich wie ein Äffchen
1.3.1Dein Nervensystem — Input, Verarbeitung, Output
1.3.2Die großen drei
1.3.3Isolation – Integration – Improvisation
1.4Mobilitymythen
1.4.1Alles muss beweglich sein oder mobilisiert werden
1.4.2Jeder muss die gleichen Beweglichkeitsnormen erfüllen
1.4.3Beweglichkeitstraining hilft gegen Schmerzen
1.5Mobility für Fortgeschrittene
2Lerne die Kniebeuge
2.1Die Evolution der Hocke
2.1.1Was du nicht benutzt, verlierst du
2.2Kniebeugenmythen
2.2.1Jeder sollte eine tiefe Kniebeuge beherrschen
2.2.2Die Knie dürfen nicht über die Zehenspitzen hinausragen
2.2.3Kniebeugen auf einem Wackelbrett sind gut für mehr Stabilität
2.3Die Anatomie der Kniebeuge
2.3.1Die perfekte Kniebeuge
2.3.2Keine Ausreden erlaubt
2.3.3Die Kniebeugenformel
a)Standbreite
b)Bewegungsweg
2.3.4Typische Fehlerbilder
a)Fehlende Tiefe
b)Butt Wink und krummer Rücken
c)Ausgedrehte Füße und extrem breiter Stand
2.3.5Sprunggelenkmobility
2.4Hüft-Mobilitäts-Check
2.5Krafttraining
2.6Kniebeuge – die vielseitige Allzweckbewegung
2.6.1Sitzen 2.0
3Lerne den Spagat
3.1Warum du einen Spagat brauchst
3.2Spagatmythen
3.2.1Höre auf, dich passiv zu stretchen
3.2.2Gewalt ist nie die Lösung
3.2.3Immer dasselbe zu machen, führt zu immer denselben Ergebnissen
3.3Die Anatomie des Spagats
3.3.1Nervensystem
3.3.2Hüfte
3.3.3Impingement
3.3.4Die Spagatformel
3.3.5Typische Fehlerbilder
a)Fehlende Tiefe/Abduktion
b)Oberkörpervorlage
c)Ausgedrehte Füße
3.4Wie lange dauert es, einen Spagat zu lernen?
3.4.1Mehr Spagat = bessere Kniebeuge
4Mobility-Trainingsplanung
4.1Die goldenen Regeln des Mobilitytrainings
4.1.1Keine Schmerzen provozieren!
4.1.2Habe ein Ziel
4.1.3Mobilität = Kraft
4.1.4Es sollte Spaß machen
4.2Das MovingMonkey®-Mobility-System
4.2.1Die drei Zonen
a)Daily Movement
b)Activation and Regeneration
c)Supple and Strong
4.2.2Wie oft muss ich trainieren, um beweglicher zu werden?
5Keep Moving, Stay Sexy
6Mobility-Übungskatalog
6.1Handgelenke
6.1.1Handgelenk-CARs
6.1.2Banded Handgelenkansteuerung in Außenrotation (AROT)
6.1.3Finger Circles
6.1.4Fingerkraftdrill
6.2Schulter
6.2.1End-Range-Außenrotation (AROT)
6.2.2Schulterextensions
6.2.3Hanging-CARs
6.2.4Liegestütz-CARs
6.2.5Banded Press
6.2.6Cuban Rotations
6.2.7One Arm Hang
6.2.8One Arm Scapula Pull-up
6.2.9Shawarma-Drill
6.3Wirbelsäule
6.3.13D-HWS-Mobilisation
6.3.23D-BWS-Mobilisation
6.3.33D-LWS-Mobilisation
6.3.4Jefferson Curl
6.3.5Loaded Jefferson Curl
6.3.6Spine Pistol
6.3.7Hip Hinge Flex/Ex
6.3.8Bridging an der Wand
6.3.9Bridge-ups
6.3.10Rotate into Bridge
6.4Sprunggelenke/Knie
6.4.1Fuß-CARs
6.4.2Toe Pull
6.4.3Lateral Ankle Tilts
6.4.4Loaded-OSG-Mobilisation (BW)
6.4.5Demi-Plié-March
6.4.6Knie-CARs
6.5Hüfte
6.5.190/90-Hüftrotation
6.5.290/90-Außenrotation
6.5.390/90-Bend
6.5.490/90-Innenrotation
6.5.5Sitzende Innenrotation
6.5.6Hüft-CARs
6.5.7Hüft-CARs (Vierfüßlerstand)
6.5.8Diagonalstretch klein/groß
6.5.9Back Bend
6.6Hamstrings
6.6.1Hip Hinge
6.6.2Squat to Stand
6.6.3Sitzender Good Morning
6.6.4Kickstand Deadlift
6.6.5Standwaage
6.6.6Hamstring Touch and Go
6.7Kniebeuge
6.7.1Squat Routine (einfach)
6.7.2Squat Routine
6.7.3Goblet Squats
6.7.4Duck Walk
6.7.5Dragon Squats
6.7.6Cossack Squats
6.7.7Shrimp Squats
6.7.8Pistol Squat
6.8Spagat
6.8.1Liegende Straddles
6.8.2Frog Sit
6.8.3Horse Stance
6.8.4Split Stance
6.8.5Leg Hover
6.8.6Cossack Transition
6.8.7Exzentrische Spagat Slides
6.8.8Pancake Straddle-up
CALISTHENICS
7Einleitung
8Mentaler Gedankenschmalz
8.1Sei veränderbar
8.2Ego down – Coolness up
9…stark wie ein Gorilla
9.1Ein Überblick über den Begriff Calisthenics
9.2Bewegungslernen leicht gemacht
9.3Griffpositionen
9.4Schulterblattpositionen und ihre Bedeutung für den Calisport
9.5Hollow-Body-Position
9.6Level-up – Skalierungsmöglichkeiten
9.6.1Hebel
9.6.2Winkel
9.6.3Unterstützungsfläche
9.6.4Time Under Tension oder Bewegungsphasen
9.7Calitraining an den Ringen
10ADVANCED Basics
10.1Core – Rumpf ist Trumpf
10.1.1Ring Renegade Row
10.1.2Ring Roll-out
10.1.3Dragon Flag
10.2Straight Arm Strength
10.2.1Ring Turnout (RTO)
10.2.2Ring Turnout (RTO) in Push-up-Position
10.2.3Ring Turnout (RTO) im Dip
10.2.4Box Pike-up
10.3Horizontale Zugübungen
10.3.1Archer Ring Row im Schräghang
10.3.2Hinge Row in den Ringen
10.3.3Single Arm Ring Row
10.4Vertikale Zugübungen
10.4.1Wide-Grip Pull-up
10.4.2Typewriter Pull-up
10.4.3Arched Back Pull-up
10.4.4Mantle Chin-up
10.4.5Archer Pull-up im freien Hang
10.5Horizontale Druckübungen
10.5.1Diamond Push-up
10.5.2Protracted Push-up
10.5.3Ring Push-up
10.5.4T-Bar (Ring) Dip
10.5.5Typewriter Push-up
10.5.6Archer Push-up
10.5.7Ring Archer Push-up
10.5.8One Arm Push-up
10.6Vertikale Druckübungen
10.6.1Ring Bench Dip
10.6.2Ring Dip
10.6.3Ring Pike Push-up
10.6.4Straight Bar Dip
10.6.5Bulgarian Ring Dip
11Calisthenics Skills
11.1Lerne den Handstand
11.1.1Die Handstandpyramide
11.1.2Handstandarchitektur
11.1.3Kraftvolle Linie
11.1.4Atmung im Handstand
11.1.5Handstandeffizienz
11.1.6Stärker werden
11.1.7Dein Fundament für die Balance
11.1.8Schwung- und Sprungbein
11.1.9Den Balancepunkt finden
a)Handstandaufschwünge
b)Chinese Hat
c)Over- and Underbalance
11.1.10Die Angst vor dem Handstand besiegen (Exitstrategie)
11.1.11Sammle Vertrauen
11.1.12Angst vor Dysbalancen?
11.1.13Handstand an der Wand
11.1.14Zusammenfassung
11.1.15Die „perfekte” Balance
11.1.16Handstand
11.1.16.1Animal Movements
11.1.16.2Wall Walks
11.1.16.3Handstandpaket
11.1.16.4Chinese Hat
11.1.16.5Handstandaufschwünge
11.2Back Lever (BL)
11.2.1Tucked BL
11.2.2Advanced Tucked BL
11.2.3Advanced Straddle Tucked BL
11.2.4Straddle BL
11.2.5Banded BL
11.2.6Banded BL Pull
11.3Der Muscle-up
False Grip vs. Semi-False Grip – Unterschied und Nutzen
11.3.1Ring Muscle-up
11.3.1.1Ring False-Grip-Hang
11.3.1.2Transition im Schräghang (90°-Spiel)
11.3.1.3Ring-Band-Assisted Muscle-up
11.3.1.4L-Sit Dip
11.3.1.5Exzentrischer Muscle-up
11.3.1.6Baby Ring Muscle-up
11.3.1.7Transition im freien Hang (90°-Spiel)
11.3.2Bar Muscle-up
11.3.2.1Überzug an den Ringen
11.3.2.2Explosiver Pull-up an der Stange
11.3.2.3Jumping Muscle-up
11.3.2.4Exzentrischer Muscle-up
11.3.2.5G-Punkt Muscle-up
11.3.2.690°-Spiel an der Stange
12Calisthenics nur was für Männer?
12.1Frauen: Die Wahl ihrer Sportart und ihre Ängste
12.2Calisthenics hilft, Grenzen zu überwinden und macht dich belastungsfähiger im Alltag!
12.3Warum du als Frau Calisthenics trainieren solltest
13Trainingsplanung
13.1Wann beginne ich mit dem Weighted Training beziehungsweise dem Skilltraining?
13.2Wie lange brauche ich, um einen Skill zu lernen?
13.3Zielsetzung
13.4Welches Volumen je Woche bringt mich meinen Zielen näher?
13.5Wie integriere ich Skill und Weighted Training in meinen Trainingsplan?
14Locker bleiben, Bizeps zeigen
15Nachwort
16Anhang
1Die Autoren
2Glossar
3Literaturverzeichnis
4Bildnachweis
Bevor wir nun ans Eingemachte gehen, möchten wir deine Motivation und deine Begeisterung für Calisthenics X Mobility noch ein wenig mehr befeuern.
Wie schon im ersten Buch gibt es auch dieses Mal eine ausführliche Videodatenbank, die wir aufgebaut haben, um die Lehrinhalte dieses Buchs besser veranschaulichen zu können. Calisthenics X Mobility ist einfach unser Herzensprojekt und wir arbeiten stets daran, die Inhalte und das Wissen noch besser für dich aufzubereiten.
Wir freuen uns, wenn du dir den CxM 2.0 Kurs in der Moving Monkey® Akademie anschaust. Dazu gehe einfach auf: calisthenicsxmobility.de/app, um dir deinen 7-Tage-Test-Zugang zu sichern.
Nun viel Vergnügen beim Lesen und Bewegen!
Olà, Stangenfreunde und Moin, Moin, liebe Monkeys!
Wenn du gerade dieses Buch aus Neugierde in die Hand genommen hast, lasse uns kurz einander vorstellen. Wir sind Monique König und Leon Staege und wir wollen dich stark, beweglich und schmerzfreier machen. Vor einem Jahr haben wir unser erstes Buch Calisthenics X Mobility herausgebracht, um begeisterten Sportlern wie dir alles rund um das Thema Kraft- und Beweglichkeitstraining mit dem eigenen Körpergewicht beizubringen.
Wir lieben Bewegung und die Herausforderungen, die sich uns mit jedem neuen Training bieten. Doch vielleicht kennst du die Tage und Wochen, in denen du nicht trainieren kannst, weil mal wieder die Schulter zwickt oder der Rücken nach dem Schlafen komplett verspannt ist?!
Da wir als ehemalige Triathletin und als ehemaliger Fußballer jahrelang einseitig trainiert haben, kennen wir diese Momente noch zu gut. Als wir uns vor Jahren mit dem Thema Calisthenics (Monique) und Mobility (Leon) beschäftigt haben, öffnete dies uns eine ganz neue Welt. Den Körper in einem Handstand zu beherrschen, ihn geschmeidig wie eine Katze bewegen zu können und so stark zu werden, dass uns weder eine Stange noch die Schwerkraft daran hindern können, um Muscle-ups, Backlever und Spagat zu lernen.
Wenn das alles noch Fachchinesisch für dich ist, keine Sorge! Wir werden dir Schritt für Schritt zeigen, wie du beweglich wie ein Äffchen und stark wie ein Gorilla wirst.
Wir bleiben also dem Motto unseres ersten Buchs treu. Doch nach nunmehr einem Jahr ist es an der Zeit, aufs nächste Level zu kommen.
Solltest du unser erstes Buch noch nicht kennen, ist das nicht dramatisch. Wir haben eine kleine Zusammenfassung zu Beginn des Mobility- und des Calisthenicsteils geschrieben, der dich in die wichtigsten Konzepte einweist. Dennoch empfehlen wir, dass du dich auch noch des ersten Buchs annimmst.
Wir geben mit unserer CalixMobi-Reihe seit mehr als drei Jahren Seminare in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es handelt sich hierbei um mehr als eine Informationssammlung zu verschiedenen Übungen. Dahinter steht ein ausgeklügeltes, aufeinander aufbauendes Konzept.
Nichtsdestotrotz wirst du hier zahlreiche Informationen und eine Menge Wissen finden, die deinen (Trainings-)Alltag bereichern werden.
Wir freuen uns, dass du dich für dieses Buch entschieden hast. Vor allem, weil du damit signalisierst, dass dir dein Körper wichtig ist und du dich körperlich weiterentwickeln willst.
Lasse uns die Reise beginnen!
Locker bleiben, Bizeps zeigen und keep moving, stay sexy
Monique & Leon
Wie bereits in CxM 1.0 beginnen wir mit der Mobilitytheorie und kommen danach zum Calisthenics. Da wir beim Schreiben des ersten Buchs noch nicht absehen konnten, dass wir ein zweites Buch schreiben werden, nennen wir unser erstes Werk erst seit Planung für dieses Buch CxM 1.0.
Im Mobilitypart wird es vor allem um die Kniebeuge, den Spagat und als Übergang zum Calisthenics um den Handstand gehen. Weiterhin haben wir das Trainingsplanungskapitel für Mobility und Calisthenics sehr detailliert erweitert, sodass du mit dem neu gewonnenen Wissen aus diesem Buch direkt ins Training einsteigen kannst.
Im Laufe dieses Buchs haben wir mehrere Elemente benutzt, die als Vereinfachung dienen und das Verständnis fördern sollen.
Im Übungskatalog findest du folgende Symbole:
richtige Ausführung |
|
falsche Ausführung |
|
Regression einer Übung (leichter) |
|
Progression einer Übung (schwerer) |
Außerdem haben wir die Einteilung der Schwierigkeitsgrade aus dem ersten Buch übernommen, sodass du genauestens Bescheid weißt, wie einfach/schwierig die Übungen sind:
Die Monkeys sind ebenfalls zweckhaft im Buch verteilt und genutzt worden.
So wirst du einen Monkey als Symbol für einen Tippkasten finden, sowie einen Monkey für Anmerkungen oder wichtige Hinweise.
Wir hoffen, dass wir dir das Lesen damit abwechslungsreich und spannend gestalten können. Denn wer Freude am Lernen hat, behält das Wissen besser.
Um deinen Lesefluss weiterhin zu unterstützen, haben wir uns, wie auch schon im ersten Buch, dazu entschieden, auf die mittlerweile fast schon übliche Genderisierung zu verzichten. Wenn wir also von Trainierenden, Klienten, Patienten oder Monkeys sprechen, meinen wir stets alle, ohne die Frauen damit außen vor lassen zu wollen.
Wir werden dich immer wieder ansprechen, weil du schließlich dieses Buch hier liest. Und da wir nicht wissen, ob du ein Mann oder eine Frau bist, fühle dich ganz persönlich angesprochen. Schließlich liest ja du gerade diese Zeilen, oder? Oder ist es die Stimme in deinem Kopf, die sie dir einfach nur vorliest?
Wie dem auch sei, wir wünschen dir nun viel Vergnügen und Motivation beim Lesen von Calisthenics X Mobility 2.0!
„Der Autor des Buches sitzt mehrmals auf den Bildern im Spagat, jedoch fehlen Mobilityübungen für den Unterkörper!”
So oder so ähnlich ist der Wortlaut mancher Amazon-Bewertungen für unser erstes Buch Calisthenics X Mobility 1.0. Monique und ich haben damals schon beschlossen, dass wir uns erst in einem folgenden Buch dem Unterkörper widmen wollten.
Warum?
Erstens, weil man zur Kniebeuge alleine schon mehrere Bücher füllen kann. Ich wäre dem Thema also nicht ansatzweise gerecht geworden, da wir unser Seitenlimit bereits überschritten hatten.
Zweitens ist unser Ziel mit der „Calisthenics X Mobility”-Serie, körpereigenes Training bekannter zu machen. Wir wollen zeigen, dass man mit seinem eigenen Körper viele Dinge machen kann, die dazu motivieren und inspirieren, sich zu bewegen.
Weiterhin ist uns die Trinität unserer Bewegungsphilosophie sehr wichtig: stark, beweglich, schmerzfrei!
Unter diesem Aspekt haben wir uns im ersten Buch zuallererst auf die absoluten Basics konzentriert, die jeder braucht, um gesund mit Calisthenics anzufangen.
Im Folgenden fasse ich noch einmal kurz die wichtigsten Konzepte aus dem ersten Buch zusammen, sodass du die fortgeschrittenen Mobilitykonzepte verstehst. In meiner Arbeit als Physiotherapeut und Trainer lehne ich mich immer an das Konzept: Konzepte vor Prinzipien.
Wenn du die Definition von Protokoll im Duden nachschlägst, steht dort: „wortgetreue oder auf die wesentlichen Punkte beschränkte Niederschrift”. Ein Konzept hingegen ist ein „skizzenhafter, stichwortartiger Entwurf” oder eine Idee. Ein Protokoll ist festgelegt, ein Konzept ist freier.
Ich sehe leider sehr häufig, dass in der Therapie oder im Training immer nach Schema F behandelt oder trainiert wird. Nach einer Art Backrezept, das auf jeden Menschen passen soll. Ich habe es immer wieder im Physiotherapiepraktikum erlebt, dass nur von „Hüften, Knien oder Schultern” gesprochen wurde. Die Aussage: „Ich habe heute wieder vier Schultern …”, lässt nicht nur den Menschen aus, zu dem diese Schulter gehört, sondern impliziert ein Standardverfahren, was bei Schultern gemacht wird.
Deshalb nimm die Konzepte, die du in diesem Buch kennenlernst, als Anhaltspunkte, um dein eigenes Handeln und dein Wissen zu reflektieren und zu ergänzen. Konzepte sind dafür da, sie mit dem Erlangen von neuen Informationen in einem anderen Licht zu sehen und immer individuell anzupassen.
Behandle, trainiere und denke in Konzepten (Growth Mindset), nicht in festgeschriebenen Protokollen (Fixed Mindset).
Getreu unserem Slogan des ersten Buchs möchte ich dir eine kurze Wiederholung der Definition von Mobility an die Hand geben und ein paar Gedanken ergänzen, die ich seit dem ersten Buch zum Thema Mobility gesammelt habe.
Ich sehe Mobility auch eher als Konzept, statt nur als reines Beweglichkeitstraining. Zwar wird das Training der konditionellen Fähigkeit Beweglichkeit meist mit Mobility gleichgesetzt, jedoch impliziert Mobility in meiner Definition viel mehr als nur das Erlangen einer größeren Range of Motion.
Mobility ist eine Einstellung zu seinem Körper und zum Thema Bewegung. Es beschreibt das Trainieren von Bewegungen, die eingeschränkt und aktuell noch nicht möglich sind. Mehr Mobility gibt dir die Fähigkeit, mehr aus deinem Körper rauszuholen und dich vielfältiger bewegen zu können. Weiterhin wirst du aufmerksamer, was alles möglich ist, wenn du anfängst, dich mit den Restriktionen in deinem Körper zu beschäftigen. Du siehst deinen Alltag durch eine andere Brille und wirst bewusster im Umgang mit Bewegung.
Warum?
Weil du dich durch Mobility auf komplexere Art und Weise mit deinem Körper auseinandersetzt. Statt Bewegungen geführt an Maschinen zu machen, bist du nun damit beschäftigt, deinen Körper durch den Raum zu bewegen. Wenn du anfängst, dich freier zu bewegen, wirst du merken, dass Schwerkraft manchmal ganz schön gemein sein kann.
Wenn du bei dem Versuch, eine tiefe Kniebeuge auszuführen, mehrfach nach hinten umfällst, so wie ich noch vor vier Jahren, kann das sehr frustrierend sein.
Was ich damit aber vor allem herausstellen will, ist, dass du deinen Körper und deine Bewegungen, die du lernen willst, immer in Relation zur Kraft sehen musst, die auf deinen Körper einwirkt. Das heißt, passive Maßnahmen, wie manuelle Therapie, lang gehaltene Dehnungen oder Ausrollen mit der Faszienrolle, sind keine probaten Mittel, um deine Beweglichkeit, deine Bewegungskompetenz oder Schmerzen zu verbessern.
Mobility definiert sich als aktives Beweglichkeitstraining, das immer eine Kraftkomponente integriert.
Die folgenden Konzepte aus dem Calisthenics X Mobility 1.0-Buch geben dir einen kurzen Überblick, wie Beweglichkeit funktioniert und was du für das Mobilitytraining wissen solltest. Für ausführlichere Informationen empfehle ich dir, nochmals einen Blick in unser erstes Buch zu werfen.
Alle Prozesse in deinem Körper werden von deinem Nervensystem gesteuert. Somit ist es wichtig, zu wissen, wie unser Nervensystem in Grundzügen funktioniert, um zu verstehen, warum ich aktive Maßnahmen den passiven nahezu immer vorziehe.
Dein Nervensystem nimmt die ganze Zeit Informationen aus verschiedenen Bereichen des Körpers auf, verarbeitet diese und gibt daraufhin eine Aktion. Bei der Verarbeitung fragt sich dein Nervensystem: „Bin ich sicher bei dem, was ich mache?”
Aufgabe Nummer eins deines ZNS ist, immer erst das Überleben zu sichern. Danach entscheidet es, wie viel Kraft, Beweglichkeit und Muskelspannung freigegeben oder eingesetzt werden kann, um die bevorstehende Aufgabe zu bewältigen.
Wenn die Informationsgrundlage unzureichend oder nicht adäquat ist, wirst du das Gefühl haben, verkürzt zu sein, keine Kraft wirken lassen zu können oder gar Schmerzen bekommen. Abgesehen von Traumata und akuten Verletzungen kann eine unzureichende Informationsgrundlage daher kommen, dass du über lange Zeit bestimmte Bewegungen nicht mehr gemacht oder überhaupt noch nie trainiert hast. Später, in Kap. 2, kommen wir hierauf noch einmal zurück.
Das Ziel von Mobilitytraining ist unter anderem, dem Nervensystem unbekannte Gelenkpositionen vertrauter zu machen und die Wahrnehmung für das Ansteuern von Gelenk und Muskulatur zu schulen (Propriozeption).
Um es dir einfach zu machen, wie du dein Mobilitytraining gestalten kannst, kannst du dich erst mal an „die großen drei” halten. Sprich, die Hauptbewegungsachsen des Körpers, Schulter, Wirbelsäule, Hüfte. Handgelenke (ausführlich im ersten Buch besprochen) und Sprunggelenke (werden in Kap. 2 vorgestellt) etc. sind natürlich ebenso wichtig. Um dich aber zu Beginn auf das Wesentliche zu fokussieren, ist die Einteilung in die großen drei ein hilfreicher Leitfaden.
Wie lässt sich Mobility effektiv trainieren? Dafür ist das Prinzip von Isolation, Integration und Improvisation geeignet.
Isolation beschreibt das Ansteuern einzelner Gelenke unabhängig voneinander. Du lernst beispielsweise, deine Wirbelsäule in den drei unterschiedlichen Bereichen HWS, BWS und LWS getrennt voneinander zu bewegen. Dies ist wichtig, um in Bewegungen wie dem Pull-up die Fähigkeit zu haben, die LWS gekippt in der Hollow-Body-Position halten zu können, während deine BWS eher in die Streckung gebracht wird, um in eine schultergerechte Position ziehen zu können.
Wenn du gerade ein paar Fragezeichen auf der Stirn stehen hast, was eine Hollow-Body-Position ist und welche Bedeutung diese im Calisthenics hat, lies dir noch mal die Zusammenfassung in Moniques Abschnitt durch oder schaue im ersten Buch nach.
Integration beschreibt die komplexeren Mobilityübungen, bei denen du mehr als ein Gelenk auf einmal mobilisierst. Meistens stützt du mit der Schulter am Boden, während du deine Wirbelsäule rotierst. Oder du beugst dich aus der Wirbelsäule, während du auch deine Oberschenkelrückseite auf Länge bringst und gegen Widerstand arbeitest.
Improvisation ist dann jede mögliche Bewegung ohne Fokus auf spezifische Mobilisierung. Es ist der Punkt, an dem du dich frei bewegst und welche sportliche oder alltägliche Bewegungsherausforderung du an deinen Körper stellst, du hast die Voraussetzungen geschaffen für einen starken, beweglichen und schmerzfreien Körper.
Beweglichkeitstraining ist nicht wichtiger als Kraft- oder Ausdauertraining. Noch ist dies andersherum der Fall. Eine gesunde Mischung aus allem ist für unseren Körper meist das Beste. Im Folgenden wirst du lernen, wie du die Kniebeuge und den Spagat erlernst und warum nicht jeder diese beiden Bewegungen bis ins Unermessliche trainieren sollte.
Im Verlauf der Kapitel wirst du einige Begriffe und Redewendungen lesen, die wir als Coaching Cues (verbale Anweisungen zum besseren Verständnis einer Bewegung) verwenden und die die Position des Körpers und der Gelenke einfacher und präziser beschreiben. Diese findest du im Anhang als Glossar.
Ab wann ist man fortgeschritten beim Mobilitytraining? Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich mit ein paar Mythen aufräumen, die häufig mit dem Thema Beweglichkeitstraining assoziiert werden:
Kurzum: Nicht jedes Gelenk muss und sollte mobilisiert werden! Natürlich sollte in den meisten Gelenken ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit und die Kontrolle über diese ROM vorhanden sein, aber nicht jede Struktur im Körper sollte bis aufs Äußerste beweglich gemacht werden. Manche Gelenke, wie unter anderem die LWS, der Ellbogen und die Knie, sind Pfeiler, die uns in unseren Bewegungsachsen funktionell Stabilität geben. Mehr dazu kannst du im ersten Buch zum Thema Joint-by-Joint-Konzept nachlesen.
Wie du später in den Kapiteln zur Kniebeuge und zum Spagat erfahren wirst, kann nicht jeder einen Spagat lernen oder eine tiefe Hocke. Nicht jeder muss maximal beweglich sein. Viel wichtiger ist es, den Menschen in seiner Gesamtheit als lebendes Individuum innerhalb seines sozialen Kontextes mit seinen physiologischen und psychologischen Voraussetzungen zu betrachten. Hierbei spreche ich vom biopsychosozialen Modell (BPS-Modell), welches den Menschen mit all seinen Kontextfaktoren in Bezug zu seinen Problemen, Anforderungen und Zielen setzt.
Nehmen wir Tante Frieda beispielsweise. Sie ist 70 Jahre alt und ihre regelmäßige Bewegung findet sie in ihrem täglichen einstündigen Spaziergang. Braucht Tante Frieda eine tiefe Kniebeuge oder gar einen Spagat? Nein! Sie braucht genügend Hüftmobilität und -kraft, um alleine von der Toilette aufstehen zu können und wenn sie fallen sollte, dass sie aus eigener Kraft vom Boden aufstehen kann. Sprich eine Kniebeuge von 90° ist ausreichend für sie.
Selbiges gilt für Opa Bernd, 82 Jahre, der keine volle Flexion von 180° seines Arms über Kopf mehr schafft. Da Opa Bernd keinen Handstand mehr in seinem Leben lernen will, wäre die Umstellung seines Alltags viel zu gravierend, um dieses Ziel zu erreichen. Es wäre keine Zeit mehr dafür da, mit seinen Freunden Skat zu spielen und den Besuch seines Enkels zu empfangen, weil Bernd versucht, seine Schultermobility zu verbessern.
Natürlich sind diese Beispiele ein wenig überspitzt. Aber wie häufig setzen Therapeuten oder Trainer ihren Patienten oder Klienten einen Hut auf, der ihnen gar nicht passt? Oder wie ich gerne sage:
„Jede Generalisierung ist generell falsch!”
Womit wir wieder beim Thema Konzepte vs. Protokolle wären. Selbstverständlich ist es für Tante Frieda und Opa Bernd wichtig, sich zu bewegen, aber vielleicht nicht in dem Kontext, den wir mit unserem Trainingswissen als „optimal” bezeichnen würden. Optimal ist immer individuell zu betrachten und das BPS-Modell hilft, diese Kontextfaktoren mit einzubeziehen, sodass du einschätzen kannst, wie viel Beweglichkeit wirklich notwendig ist.
Im weiteren Verlauf des Buchs wirst du verstehen, wie die Bewegungs- und Beweglichkeitsanforderungen für die verschiedenen Calisthenicsskills lauten, um gesund zu trainieren.
Noch eine kleine Anekdote am Rande: Was meinst du, wie ich meinen Vater (ehemaliger Profi-Handballer und begeisterter Golfer) dazu bringe, Mobilitytraining zu machen? Indem ich ihm Wege zeige, wie er mit einigen Übungen seinen Golfschwung optimieren kann, wenn er an der Beweglichkeit seiner Brustwirbelsäule arbeitet.
Das Thema Schmerzen ist prädestiniert dafür, Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn es ein Thema gibt, was Menschen direkt gelöst bekommen wollen und dafür alles Mögliche in Kauf nehmen, sind es körperliche Schmerzen. Dein Alltag, dein Gemüt und dein soziales Miteinander kann durch Schmerzen beeinträchtigt werden. Wer sich nicht wohl in seinem Körper fühlt, ist unglücklicher.
Da ich mich häufig mit dem Thema Onlinemarketing im Gesundheitssektor auseinandersetze, achte ich besonders auf die Art und Weise, wie von verschiedenen Unternehmen und Personen Werbung gemacht wird. Leider wird dieser verletzliche Zustand des Öfteren von schlechtem Marketing ausgenutzt. Es wird mit Angst und Heilversprechen gearbeitet. Das Thema Beweglichkeit wird dabei sehr häufig als heiliger Gral verkauft. Als Methode, die alle deine Probleme löst, es spielt keine Rolle, welchen Ursprungs sie sind. Es werden Dehnprogramme verkauft, passive Trigger- und Faszientherapien angeboten, mit „sofortigem Schmerzlinderungseffekt”.
Wenn du solche Werbung auch schon gesehen hast, verbanne diese Aussagen bitte aus deinem Kopf. Es sind Heilversprechen, die in keiner Art und Weise haltbar noch legal sind. Dabei handelt es sich um Marketingversprechen, die nichts mit der Physiologie des Menschen zu tun haben und das Vertrauen der Menschen ausnutzen, das Gesundheitsdienstleistern entgegengebracht wird.
Selbstverständlich adressiere ich mit Moving Monkey® auch das Thema Schmerzen und dabei bleibt es nicht aus, dass das eine oder andere YouTube®-Thumbnail reißerisch wirkt. Wichtig finde ich dabei, dass der Inhalt dahinter stimmt. Dass das Wissen vermittelt wird, dass Schmerz ein komplexes Phänomen darstellt. Dass weder eine Form des Trainings (Kraft, Beweglichkeit o. Ä.) noch eine Wunderübung oder Wundermethode zur absoluten Schmerzfreiheit führt.
Beweglichkeitstraining kann ein Faktor sein, der dir ein besseres Körpergefühl gibt, dadurch ein besseres Wohlbefinden und damit eine gewisse Schmerzlinderung herbeiführen kann.
Eine direkte Kausalität kann allerdings nicht gezogen werden.
Unser Körper ist nicht linear, weshalb eine einseitige Betrachtungsweise auf das Thema Schmerzen ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Therapeut/Trainer und Patient/Klient schafft. Durch Falschaussagen wie: „Hier ist eine Verkürzung und dann muss da gedehnt werden …” oder: „Hier ist ein Muskel im Hartspann und es darf deshalb kein Krafttraining gemacht werden”, sind viele Menschen verunsichert, den eigenen Körper zu belasten und verfallen somit immer wieder passiven Therapie- und Trainingsansätzen.