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Lehrbuch 1

Prof. Dr. Wolfgang Seyd
Dr. Elke-H. Schmidt

Der Aus- und
Weiterbildungspädagoge

Lehrbuch zur Fortbildung
Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagogin
Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge

Lern- und Arbeitsmethodik
Lernprozesse und Lernbegleitung

4., überarbeitete Auflage

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Lernprozesse und Lernbegleitung von Wolfgang Seyd

Lern- und Arbeitsmethodik von Elke-H. Schmidt

eISBN 978-3-88264-692-4

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Vorwort

Man nennt es »duales System«, aber es ist kein austariertes, gleichgewichtiges System. In der Praxis dominiert der Ausbildungsbetrieb, in der Prüfungsvorbereitung die Berufsschule. Die Lehrer werden universitär mit einem Volumen von rund 660 Seminarstunden ausgebildet, die Ausbilder nach der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) mit 115 Stunden, davon entfallen 25 auf häusliche Vor- und Nachbereitung. Das duale System ist also durch Schieflagen gekennzeichnet.

Das mochte angehen in einer Zeit, in der die Arbeitsprozesse noch überschaubar und im wahrsten Sinne des Wortes »begreifbar« waren. Aber mit der zunehmenden Computerisierung in Werkstätten und Büros verschwammen auch die Grenzen zwischen praktischer und theoretischer sowie zwischen schulischer und betrieblicher Ausbildung. Das hat sich schließlich in der »handlungsorientierten Ausbildung der Ausbilder« 1998 niedergeschlagen. Dementsprechend wurde die AEVO auf die spezifischen Aufgaben eines betrieblichen Ausbilders zugeschnitten. Implizit waren damit auch die Aufgaben eines Aus- und Weiterbildungsleiters sowie eines Ausbildenden von der Bestimmung von Ausbildungsplätzen über die Auswahl geeigneter Ausbildungsbewerber und die inhaltliche und methodische Gestaltung der Ausbildung bis hin zur Prüfungsvorbereitung einbezogen. Aber man musste und muss Zweifel hegen, ob das alles in einem Zeitrahmen von 115 Stunden, davon 90 in Präsenzform, unterzubringen war, vor allem wenn man den Anspruch handlungsorientierter Ausbildung der Ausbilder wirklich ernst nimmt.

Insofern fehlte immer noch ein Pendant zur universitären Berufsschullehrerausbildung. Die erstreckt sich nach dem Beschluss der europäischen Kultusminister in Bologna 1999 auf zehn Semester = fünf Jahre Universitätsstudium, in der Regel im Anschluss an die eigene Ausbildung von zwei bis dreieinhalb Jahren und in der Regel zweijährige Praxistätigkeit, gefolgt von einem im Regelfall eineinhalbjährigen Referendariat. Etwas Gleichwertiges war bislang auf betrieblicher Seite nicht zu finden. Zusammen genommen sind das gut und gern zwölf Jahre Befassung mit berufspädagogischen Aufgaben!

Mit dieser »Schieflage« hat der Verordnungsgeber nunmehr Schluss gemacht. Der »Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagoge« (AWP) soll in 550 Stunden ausgebildet werden. Vorausgesetzt wird der erfolgreiche Abschluss gemäß AEVO, also noch einmal 115 Stunden. Daraus ergibt sich ein spürbares zeitliches Äquivalent zum Berufsschullehrer. Man darf wohl erwarten, dass der Lernort Betrieb damit in pädagogischer Hinsicht deutlich aufgewertet wird – und mit ihm das duale System. Denn jedes System ist nur so gut wie seine schwächste Stelle – man denke an den Engpassfaktor!

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des immer dramatischer werdenden Fachkräftemangels kommt der betrieblichen Aus- und Weiterbildung heute eine steigende Bedeutung zu: Wo (anders als in den 1990er-Jahren, als in den Vorruhestand verabschiedete ältere Mitarbeiter problemlos durch Nachwuchskräfte ersetzt werden konnten) Arbeitskräfte knapp sind, wird die Ausbildung, Anpassungs- und Höherqualifizierung des verfügbaren Potenzials immer wichtiger. Eine gute Ausbildung, ein attraktives Fortbildungsangebot und entsprechende Aufstiegschancen sind zu wesentlichen Faktoren im Wettbewerb um Mitarbeiter geworden. Entwicklung und Ausgestaltung gehören in die Hände von Profis. Der Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagoge wird in der Regel selbst eine betriebliche Ausbildung durchlaufen haben und über Berufspraxis verfügen. In seiner Position als Ausbilder und/oder Weiterbildner im Betrieb obliegen ihm die Organisation und Planung beruflicher, in den Betrieb eingebetteter Bildungsprozesse. In Kenntnis handlungsorientierter Methoden entwirft und realisiert er Lernwege für Auszubildende, Trainees und etablierte Mitarbeiter unter Berücksichtigung der Anforderungen besonderer, auch benachteiligter, Zielgruppen. Er macht sich mit Verfahren zur Eignungsfeststellung, Personalauswahl und -beurteilung vertraut, berät und begleitet die in die Ausbildung einbezogenen betrieblichen Fachkräfte und sichert somit die Qualität der beruflichen Bildung.

Personal ist nicht nur wichtigste betriebliche Ressource, sondern auch ein bedeutender, wenn nicht der wichtigste Kostenfaktor. Berufliche Bildung kostet Geld, aber unterlassene oder fehlgeschlagene Bildung kostet noch mehr Geld: Insofern kommt dem Aus- und Weiterbildungspädagogen eine betriebliche Schlüsselrolle zu, angesiedelt wenigstens auf mittlerer Leitungsebene.

Dem DIHK verdanken wir eine ausgesprochen differenzierte Gliederung des Stoffs, der somit bis auf wenige Abweichungen auch dem vorliegenden Werk zugrunde gelegt werden konnte. Textliche Wiederholungen wurden vermieden, Bezüge und didaktische Positionen aufgenommen. Damit ist sichergestellt, dass beide Lehrbücher sowohl dem Selbststudium der Lernenden zugrunde gelegt als auch für die Vorbereitung der Lehrenden genutzt werden können.

Dass mit der Verordnung zum Geprüften Aus- und Weiterbildungspädagogen auch ein erweitertes Verständnis von der Rolle des Ausbilders im Sinne handlungsorientierter, individualisierter Gestaltung betrieblichen Lernens einher geht, wird schon durch die aktualisierte Begrifflichkeit deutlich gemacht, indem von Lernberatung in der Gestaltung selbst bestimmter Lernprozesse und vom Lernbegleiter als »Hochform« des betrieblichen Ausbilders die Rede ist.

Nicht zuletzt eröffnet der Abschluss dieser Weiterbildung mit dem erfolgreichen Ableisten der Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer den Zugang zum höchsten pädagogischen Abschluss, den die Kammern zu vergeben haben, nämlich dem/der »Geprüften Berufspädagogen/-pädagogin«.

Autoren und Verlag wünschen der Leserschaft nicht nur eine interessante, aufschlussreiche Lektüre, sondern auch einen hohen Gebrauchswert bei der Gestaltung handlungsorientierter Ausbildungsleitung und handlungsorientierter Seminare.

Die vierte Auflage wurde gründlich durchgesehen und aktualisiert. Hinzugekommen sind die völlig neuen Abschnitte 9.4, »Inklusion« und 9.5, »Digitalisierung« in Lehrbuch 2. Diese Ergänzungen wurden aufgrund der Aktualität dieser Bereiche als unverzichtbar erachtet.

Autoren und Verlag

Inhaltsverzeichnis

Lern- und Arbeitsmethodik

Die Lern- und Arbeitsmethodik in ihrer Bedeutung für das »Lernen zu lernen«

Subjektive und objektive Rahmenbedingungen und ihr Einfluss auf das Lernen

(Lern)-Motivation

Lerntypen und Lernstile

Lerntechniken anwenden

Lerntipps: Lernrhythmus, Lernumgebung, Hilfsmittel

Erfassen des Lernstoffs: Protokolltechnik

Strukturierungs-, Darstellungs- und Gliederungstechniken

Lernstoff reduzieren, zusammenfassen, lernen und wiederholen

Zeit- und Themenplanung

Zeitmanagement

Themenplanung

Lernen in der Gruppe

Gruppenarbeit im Unterricht

In der Gruppe lernen

Grundlagen der Rede- und Präsentationstechnik

Rhetorik – Sprechtechniken und Artikulation

Vorbereitung einer Rede

Vorbereitung und Durchführung einer Präsentation

Diskussion und Moderation

ILernprozesse und Lernbegleitung

1Gestaltung von Lernprozessen und Lernbegleitung

1.1Lern- und entwicklungstheoretische Grundlagen für die Gestaltung von Lern- und Qualifizierungsprozessen

1.1.1Lerntheoretische Grundlagen

1.1.1.1Definition von Lernen

1.1.1.1.1Das Gedächtnis: ein erster Zugang

1.1.1.1.2Wie arbeitet das Gedächtnis?

1.1.1.1.3Unter welchen Bedingungen wird gelernt und erinnert?

1.1.1.1.4Lässt sich das Gedächtnis manipulieren?

1.1.1.1.5Das Gehirn, das nicht mehr ganz unbekannte Wesen

1.1.1.1.6Lernen, Lernbeeinträchtigungen, Reifung und Hospitalismus

1.1.1.1.7Wie geht Lernen vor sich? Und lässt es sich optimieren?

1.1.1.1.8Ein einflussreicher amerikanischer Pilotenausbilder als Vater der »Lernartenhierarchie«

1.1.1.2Unterschiedliche Lerntheorien

1.1.1.2.1Das Modell der klassischen Konditionierung

1.1.1.2.2Das Modell der operanten Konditionierung

1.1.1.2.3Das Konzept des Lernens durch Versuch und Irrtum

1.1.1.2.4Das Konzept des Beobachtungslernens

1.1.1.2.5Das Konzept des Meaningful Verbal Learning

1.1.1.2.6Das Konzept des Entdeckenden Lernens

1.1.1.2.7Konstruktivismus als neue Basaltheorie neben Behaviorismus und Gestaltpsychologie

1.1.1.3Lerntypen und Lernformen

1.1.2Entwicklungstheoretische Grundlagen

1.1.2.1Lernverhalten von Jugendlichen

1.1.2.1.1Jugendphase

1.1.2.1.2Pubertät – eine schwierige Phase im Leben von Kindern und Eltern

1.1.2.1.3Schattenseiten der Pubertät

1.1.2.1.4Einfluss der Peer Groups

1.1.2.1.5Wo bleibt die Familie in der Pubertät?

1.1.2.1.6Konsequenzen für den Ausbilder

1.1.2.1.7Berufstätige Mutter = Rabenmutter?

1.1.2.1.8Lernen und Reifung im Jugendalter

1.1.2.1.9Allein erzogene Kinder haben es schwerer, aber nicht alle und nicht in allen Belangen

1.1.2.1.10Eltern als Partner

1.1.2.1.11Kinder und Jugendliche in den Fußstapfen ihrer Eltern

1.1.2.2Lernverhalten Erwachsener

1.1.2.2.1Lernzeiten – wie viel Zeit für was?

1.1.2.2.2Lernfähigkeit – ist der Abbau altersbedingt?

1.1.2.2.3Die Kanalisierungsthese als Hoffnungsträger für alternde Lernende

1.1.2.2.4Eine differenzierte Sichtweise von Alterungsprozessen und ihren Konsequenzen tut Not!

1.1.2.2.5»Übung macht den Meister« gilt auch und besonders für ältere Menschen

1.2Didaktische Aspekte einschließlich methodischer Gestaltung von Lernbegleitung unter Berücksichtigung von Geschäfts- und Arbeitsprozessen unterschiedlicher Jugendlicher und Erwachsener

1.2.1Handeln als Lernen im Arbeitsprozess

1.2.1.1Das didaktische Dreieck

1.2.1.2Das Berliner Modell der Didaktik

1.2.1.3Was ist eigentlich »Handlungsorientierung«? Und was ist es nicht?

1.2.1.4Der Begriff »Ganzheitlichkeit«

1.2.1.5Und was bedeutet »handlungsorientierte Ausbildung«?

1.2.1.6Qualitätsmerkmale ganzheitlicher handlungsorientierter Ausbildung

1.2.1.7Voraussetzungen effektiver handlungsorientierter Ausbildung

1.2.1.8Ratschläge zur handlungsorientierten Gestaltung von Lernsituationen

1.2.1.9Handlungsorientierung in wirtschaftlicher Betrachtung

1.2.1.10Die Bedeutung selbst bestimmten, entdeckenden Lernens in der betrieblichen Ausbildung

1.2.1.11Die Bedeutung des Prinzips »Handlungsorientierung« ist nach wie vor umstritten

1.2.1.12Ein Musterbeispiel selbst bestimmten, handlungsorientierten Lernens

1.2.2Aus- und Weiterbildung als Lernprozessbegleitung

1.2.2.1Vom Ausbilder zum Lernbegleiter – keine einfache Mutation

1.2.2.2Lernbegleitung in der Ausbildungspraxis

1.2.3Lerngruppenspezifische Aspekte

1.2.4Lernorte und Lernsituationen

1.2.4.1Vor- und Nachteile des Einbezugs inner-, außer- und überbetrieblicher Lernorte

1.2.4.2Unterschiede zwischen den Lernorten

1.2.4.3Lernorte im Überblick

1.3Lernbegleitung in und außerhalb von Arbeitsprozessen; Organisation der Lernbegleitung, auch von Lernungewohnten

1.3.1Abläufe der Lernprozessbegleitung

1.3.1.1Individuelle Lernziele

1.3.1.1.1Ausbildungsordnungen als Hintergrund der betrieblichen Ausbildungspläne

1.3.1.1.2Ein Blick auf das komplexe Neuordnungsverfahren

1.3.1.1.3Lernziele und Lernzielbestimmung

1.3.1.1.4Was sind und warum definieren wir Kompetenzen?

1.3.1.1.5Bedeutung der Lernziele

1.3.1.1.6Die vier Anforderungen an die Lernzielbestimmung

1.3.1.1.7Ein Fazit zur Lernzielbestimmung

1.3.1.2Individuelle Lernbedarfe und Lernverhalten

1.3.1.2.1Begabung und Intelligenz

1.3.1.2.2Zeitmanagement

1.3.1.2.3Motivation als Voraussetzung für systematisches Lernen

1.3.1.2.4Was sagen uns die beiden Motivationstypen für die Gestaltung der Ausbildung?

1.3.1.2.5Wie erreicht man unter den Bedingungen der Anspruchs-Anpassungs-Theorie erfolgreiches Lernen?

1.3.1.2.6Lernmotive und Bestandteile der Lernmotivation

1.3.1.2.7Maslows Bedürfnispyramide

1.3.1.2.8Welche Lehren kann ein Ausbilder als Lernbegleiter aus den Motivationskonzepten ziehen?

1.3.1.3Beobachtung

1.3.1.4Lernbedarfsgespräche

1.3.1.4.1Was ist beim Feedback zu beachten?

1.3.1.4.2Wie geht man mit Beschwerden um?

1.3.1.4.3Gesprächstechniken

1.3.1.5Individuelle Lernaufgaben und Lernarrangements

1.3.1.6Lernvereinbarungen

1.3.1.7Übergabegespräche

1.3.2Aufgaben des Ausbilders während des Prozesses

1.3.2.1Lernprozesse unterstützen

1.3.2.2Abschlussdokumentation

2Lernpsychologisch, jugend-, erwachsenen- und sozialpädagogisch gestützte Lernbegleitung

2.1Lernpsychologische, jugend-, erwachsenen- und sozialpädagogische Methoden zur Erkennung und Behandlung von Problemen und Benachteiligungen im Lernen oder in der Persönlichkeitsentwicklung

2.1.1Grundlagen der pädagogischen Diagnostik

2.1.1.1Jugendliche lernen anders

2.1.1.2Beobachtung und Bewertung als wichtige Diagnoseschritte

2.1.1.2.1Gütekriterien der pädagogischen Diagnostik

2.1.1.2.2Mess- und Bewertungsfehler

2.1.2Instrumente der pädagogischen Diagnostik

2.1.2.1Ausbildungsnachweise

2.1.2.2Kompetenzraster als inhaltliche Vorgaben für die Ausbildung

2.1.2.3Leitfäden zur Diagnose von Lern- und Verhaltensproblemen

2.1.2.4Das Fallgespräch

2.2Erkennen und Behandeln von Lernproblemen und -benachteiligungen

2.2.1Auffälliges Lern– und Sozialverhalten

2.2.1.1Der Generationenkonflikt

2.2.1.2Jugendliche auf dem Weg zu einer eigenen Identität

2.2.1.3Krisen und ihre Verarbeitung

2.2.1.4Von der Krise zur Behinderung

2.2.2Mögliche Hintergründe für das Auftreten von Lernproblemen berücksichtigen

2.2.2.1Lese-Rechtschreib-Störungen (Legasthenie)

2.2.2.2Rechenstörung (Dyskalkulie)

2.2.2.3Psychische Behinderung

2.2.2.4Essstörungen

2.2.2.5Der »Zappelphilipp«: eine verbreitete Persönlichkeitsstörung

2.2.2.6Angst

2.2.2.7Hochbegabung

2.2.2.8Aggression

2.2.2.9Antisoziales Verhalten

2.2.2.10Verhaltensauffälligkeiten

2.2.2.11Autismus

2.2.2.12Entwicklungsaufgaben des Jugendlichen

2.2.2.13Stammtischparolen

2.2.2.14Gesellschaftliche Werte im Umbruch?

2.2.3Angemessenes Handeln

2.2.3.1Tragfähiges und nutzloses Verständnis von der Ausbilderrolle

2.2.3.2Interaktion Ausbilder – Auszubildender

2.2.3.3Feedback

2.3Erkennen und Behandeln von Entwicklungsproblemen und Benachteiligungen

2.3.1Entwicklungsprobleme

2.3.1.1Das Verhältnis Jugendlicher zur Elterngeneration

2.3.1.2»Neue« Familienstrukturen

2.3.1.3Reifung und Lernen

2.3.1.4Erziehung einst und jetzt

2.3.1.5Entwicklungsstörungen und Leistungsbeeinträchtigungen als Kehrseite der Reifungsmedaille

2.3.2Mögliche Auswirkungen von Entwicklungsaufgaben

2.3.2.1Auszubildende werden immer älter

2.3.2.2Folgen misslungener Sozialisation

2.3.2.2.1Ausgesondertsein aus informellen Gruppen

2.3.2.2.2Sexualität

2.3.2.2.3Sucht

2.3.3Maßnahmen und Hilfen

2.3.3.1Förderplanung ist unverzichtbar in der Arbeit mit benachteiligten und mit behinderten Jugendlichen

2.3.3.2Die Wirkungen einer förderlichen Gruppe

2.3.3.3Der Umgang mit auffälligem Verhalten

2.4Mit Lernenden angemessen und gewaltfrei kommunizieren, Feedback geben, Konflikte deeskalieren, Konfliktgespräche führen

2.4.1Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden

2.4.1.1Grundsätze der Kommunikation

2.4.1.2Die Transaktionsanalyse

2.4.1.3Eigenes Kommunikationsverhalten optimieren

2.4.1.3.1Das Beurteilungsgespräch

2.4.1.3.2Fünf Axiome menschlicher Kommunikation

2.4.2Konfliktlösungen entwickeln

2.5Zusammenarbeit mit sozialpsychologischen Erziehungsberatungs- und pädagogischen Fachdiensten

2.5.1Kooperation mit internen und externen Partnern

2.5.2Kooperationsmaßnahmen überprüfen

3Medienauswahl und -einsatz

3.1Anwenden von Lehrmedien

3.1.1Didaktische Funktion von Medien

3.1.2Arten von Medien

3.1.3Kriterien für die Auswahl von Medien

3.1.4Medieneinsatz

3.2Anwenden von Lernmedien

3.2.1Funktionen von Lernmedien

3.2.2Arten von Medien aus Sicht des Lernenden

3.2.2.1Visuelle Medien

3.2.2.1.1Arbeitsblatt

3.2.2.1.2Wandtafel

3.2.2.1.3Projizierte Abbildungen

3.2.2.1.4Bücher

3.2.2.1.5Elektronische Medien

3.2.2.1.6Fotografie

3.2.2.1.7Plakat

3.2.2.1.8Zeitschriften und Zeitungen

3.2.2.2Auditive Medien

3.2.2.2.1Allgemeine auditive Medien

3.2.2.2.2Hörfunk

3.2.2.2.3Telefon/Handy

3.2.2.3Audiovisuelle Medien

3.2.2.4Computer

3.2.3Auswahl und Einsatz von Lernmedien

3.3Lehr- und Lernhilfen erstellen und anpassen; Mediendidaktik

3.3.1Kriterien für die Erstellung schriftlicher Lehr- und Lernhilfen

3.3.2Kriterien für die Erstellung audiovisueller Medien

3.3.3Kriterien für die Erstellung von Multimedia und interaktiven Lernprogrammen

3.3.4Reflexion und Anpassung

3.4Didaktische Grundsätze sowie technische Möglichkeiten der Medienentwicklung

3.4.1Medienentwicklungen

3.4.2Didaktische Grundsätze bei Einsatz, Auswahl und Entwicklung technischer Medien

4Lern- und Entwicklungsberatung

4.1Lernberatung in Bildungsprozessen, insbesondere bei Lernkrisen; Abbruchprophylaxe

4.1.1Lernberatung

4.1.1.1Lernberatung als Teil der Lernbegleitung

4.1.1.2Lernberatungsgespräche führen

4.1.2Lernkrisen

4.1.2.1Anzeichen von Problemen im Lernverhalten

4.1.2.2Auswirkungen von Lernkrisen

4.1.2.3Ursachen von Lernkrisen

4.1.2.4Gemeinsame Feststellung des Veränderungsbedarfs

4.1.2.5Lösungswege aus Lernkrisen

4.1.2.6Umsetzung des Lösungswegs kontrollieren

4.1.3Abbruchprophylaxe

4.1.3.1Typische Abbruchgründe in Unternehmen

4.1.3.2Mitwirkung bei Maßnahmen zur Prophylaxe von Abbrüchen

4.2Lerntherapien und Kooperation mit lerntherapeutischen Dienstleistern

4.2.1Erkennen des Lerntherapiebedarfs

4.2.2Einleitung der Beratung

4.2.3Unterstützung des Lerntherapieprozesses

4.3Umgang mit disziplinarischen Problemen

4.3.1Rechtliche Aspekte beim Umgang mit disziplinarischen Problemen

4.3.2Selbstreflexion des Lernbegleiters

4.3.3Unternehmensspezifische Regelungen und administrative Verfahren beim Umgang mit disziplinarischen Problemen

4.4Bildungs- und Entwicklungsberatung für die berufsbiografische Lebensgestaltung und in betrieblichen Veränderungsprozessen

4.4.1Bildungsberatung

4.4.1.1Bildungsberatung unter den Gesichtspunkten des Berufsweges und der Biografie

4.4.1.2Bildungsberatung in betrieblichen Veränderungsprozessen

4.4.2Entwicklungsberatung

Literaturverzeichnis

Personenverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Inhaltsübersicht LEHRBUCH 2

II Planungsprozesse in der beruflichen Bildung

5 Organisation und Planung beruflicher Bildungsprozesse

Kundenorientierte Feststellung von betrieblichem Lern- und Qualifikationsbedarf · Betriebliche Ausbildungspläne, betriebliche Zusatzqualifikationen sowie Weiterbildungsmaßnahmen · Lernprozesse und Lernsituationen unter Berücksichtigung kundenbezogener Anforderungen planen und moderieren · Lernbausteine, Lernunterlagen und Lernsequenzen bedarfsorientiert entwickeln · Unterschiedliche Lernorte koordinieren, Ausbildungsverbünde und Serviceausbildungen organisieren

6 Gewinnung, Eignungsfeststellung und Auswahl von Auszubildenden

Eignungsanforderungen an Bildungsmaßnahmen feststellen · Jugendliche für berufliche Bildungswege und Qualifikationsangebote interessieren und gewinnen · Die Eignung von Bewerbern diagnostizieren

7 Bewertung von Prüfungsleistungen sowie Prüfen und Prüfungsgestaltung

Methoden zur Bewertung von Lernleistungen und zur Qualifikationsfeststellung · Entwickeln von schriftlichen und mündlichen Lernzielkontrollen sowie Prüfungsaufgaben · Gestaltung von Prüfungssituationen · Bewerten von Lern- und Prüfungsleistungen

8 Berufspädagogische Begleitung von Fachkräften in der Aus- und Weiterbildung

Entwicklung von Konzepten für den Einsatz von Fachkräften in Lernbegleitaufgaben; Lehrziele für Lernstationen analysieren und bestimmen · Auswahl, Eignung und Einsatz von Fachkräften für Lernbegleitaufgaben · Berufspädagogische Anleitung von Lernberatern · Berufspädagogische Beratung bei Problemfällen

9 Qualitätssicherung von beruflichen Bildungsprozessen

Qualität sichernde und verbessernde Methoden, Bildungscontrolling, Qualitätsstandards · Bewertung beruflicher Bildungsprozesse hinsichtlich ihrer Leistungsmerkmale · Qualitätsmanagement von Bildungsprozessen · Inklusion – auch in der Berufsbildung? · Digitalisierung – Treibende Kraft für Automatisierung und Modernisierung

III Berufspädagogisches Handeln

10 Projektarbeit

Allgemeines: Rahmenbedingungen · Möglichkeiten der Ideenfindung und Informationsbeschaffung · Formale Anforderungen · Gestaltungsmöglichkeiten · Kriterien zur Bewertung der Projektarbeit

11 Präsentation und Fachgespräch

Lern- und Arbeitsmethodik

Dieses Lehrwerk handelt insgesamt von der Gestaltung von Lernprozessen. Die – allen neueren Rahmenplänen der IHK-Aufstiegsfortbildung vorangestellte – »Lern- und Arbeitsmethodik« könnte hier deshalb kürzer gefasst werden als in anderen Bänden der Feldhaus-Weiterbildung, weil viele der darin aufgeführten Inhalte an späterer Stelle innerhalb der Fachkapitel ausführlich behandelt werden. Aber die Perspektive ist eine andere: Denn während die Fachkapitel die Sicht des Gestaltenden von Lernsituationen darstellen, geht es hier um das eigene Lernen des angehenden Aus- und Weiterbildungspädagogen im Rahmen seiner Weiterbildung.

Die Lern- und Arbeitsmethodik in ihrer Bedeutung für das »Lernen zu lernen«

Die Lernpsychologie, die »Lehre vom Lernen«, definierte das Lernen lange Zeit als »Aneignung von Kenntnissen« und damit als reine Kopfarbeit. Lernen galt als Gedächtnisleistung, und der Lernprozess bestand in der bloßen Übernahme verbal dargebotener Informationen. Aus dieser Anschauung erklärt sich die traditionelle Form des Unterrichts als Vortragsveranstaltung, in der ein »Wissender« den (noch) Unwissenden, die sich bewusst und gezielt (wenn auch nicht unbedingt freiwillig) zum Zwecke des Lernens eingefunden haben, sein Wissen darbietet, auf dass es sich in den Köpfen seines Auditoriums dauerhaft festsetzen möge. Wir wissen aber, dass dies leider nicht funktioniert: Lernergebnisse können nicht einfach »erzeugt« werden! Anderenfalls wäre der »Nürnberger Trichter« nicht weit: Dieses Gerät steht seit dem 17. Jahrhundert scherzhaft für die Idee, dem Schüler einen Trichter aufzusetzen und sein Hirn mit Wissen zu befüllen – das Wort »eintrichtern« hat hier vermutlich seinen Ursprung.

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Lernen kann man nicht erzeugen – oder doch? Das berühmte Experiment des russischen Physiologen PAWLOW, in dem ein Hund so lange sein Futter unter gleichzeitigem Läuten einer Glocke dargeboten bekommt, bis er auf das alleinige Anschlagen der Glocke mit Speichelfluss reagiert, scheint das Gegenteil zu belegen. Ein gewichtiger Unterschied zur Vorlesung oder zum »Trichter« besteht hier allerdings darin, dass der Hund keine Ahnung hat, dass er sich in einem eigens arrangierten Lern»setting« befindet. Vielmehr macht er eine Erfahrung (»Glockenton → Fressi kommt!«), auf die er mit einer dauerhaften Verhaltensänderung reagiert (»Fressi kommt gleich → Speichel bereithalten!«) – siehe auch Abschnitt 1.1.1.2.

Wir sprechen in diesem Fall von Dressur, von Abrichten oder – in der Terminologie der Lernpsychologie – von »Konditionierung«, aber wie auch immer wir es nennen:

Der Hund hat fraglos etwas gelernt!

Nun können Erfahrungen, die Lernprozesse anstoßen, auf vielfältige Art erworben und gefestigt werden; »Dressur« wird dabei beim Menschen eher selten eine Rolle spielen. Lernprozesse vollziehen sich häufig unbewusst und unbeabsichtigt, sehr oft auch gegen den Willen des Lernenden – oder auch des Lehrenden, etwa wenn dieser durch Fehlverhalten zum schlechten Vorbild wird. Sie erstrecken sich sowohl auf motorische Fertigkeiten als auch auf soziale Verhaltensmuster, auf abstrakte, theoretische Informationen ebenso wie auf – gute oder schlechte – Angewohnheiten.

Gegenstand der folgenden Betrachtungen sollen Methoden des gewollten, zielorientierten Lernens sein, das in unserer modernen Gesellschaft, die sich als »Lernende Gesellschaft« begreift, für jedes Lebensalter von Bedeutung ist. Galt früher die Anschauung, dass das Lernen für das Leben im Kindes- und Jugendalter stattfinde und spätere Lebensphasen vom einmal Gelernten profitieren könnten, so hat sich heute die Erkenntnis der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens durchgesetzt. Ursachen hierfür sind der in unserer Industriegesellschaft beschleunigte technische und soziale Fortschritt und die hierdurch notwendige Anpassung an geänderte Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Die lange von der Lernpsychologie vertretene These, wonach die Lernfähigkeit eines Menschen allein vom Lebensalter abhänge und mit zunehmendem Alter mehr und mehr abhanden komme, ist inzwischen abgelöst von der Erkenntnis, dass auch soziale Faktoren wie Herkunft, Bildung und Berufsausübung einen erheblichen Einfluss auf den Lernerfolg des erwachsenen Menschen ausüben. Jedoch bestehen den Untersuchungen der Lernforschung zufolge zwischen dem Lernen im Kindesalter und dem Lernen des erwachsenen Menschen erhebliche Unterschiede: Während Kinder und Jugendliche Neues oft sehr schnell erfassen und häufig auch keine größeren Probleme damit haben, sich komplett sinnlose Lerninhalte zu merken, andererseits aber über wenige Erfahrungen verfügen, an die Lerninhalte »angedockt« werden können, lernen Menschen im Erwachsenenalter eher über Einsicht, über das Anknüpfen an Bekanntes und durch Wiederholung. Lerndefizite älterer Menschen werden häufig mit fehlender Lerntechnik erklärt (z. B. wird die Verknüpfung von Lerninhalten durch »Eselsbrücken« mit steigendem Alter abgelegt).

Besonders aus dem letztgenannten Aspekt ergibt sich für den erwachsenen Lernenden die Notwendigkeit, sich vor der Hinwendung zum eigentlichen Lernstoff mit der Technik des Lernens auseinanderzusetzen, gewissermaßen also »das Lernen zu lernen«. Hilfen hierzu bieten die von der modernen Lernpsychologie entwickelten und empirisch erforschten Methoden, Informationen zu sammeln, lerngerecht aufzubereiten und zu verarbeiten.

Subjektive und objektive Rahmenbedingungen und ihr Einfluss auf das Lernen

Lernpsychologen stimmen heute darin überein, dass Lernen nur gelingen kann, wenn die Rahmenbedingungen »stimmen«. Sie müssen geeignet sein, Lernerfolge zu erzeugen und damit die Lust aufs Lernen – die Lernmotivation – zu wecken und aufrechtzuerhalten.

(Lern)-Motivation

Was treibt einen Menschen zu einem Tun an? Pädagogen und Psychologen unterscheiden hier zunächst nach innengeleiteter (intrinsischer) und außengeleiteter (extrinsischer) Motivation:

Intrinsisch motiviert ist, wer sich aus Interesse am Gegenstand mit eben diesem beschäftigt und Freude und Ansporn aus dieser Beschäftigung schöpft. Der Motivationsanreiz geht von der Aufgabe selbst aus.

Extrinsisch motiviert ist, wer sich von der Aufgabenerfüllung das Erreichen eines bestimmten Ziels, einer »Belohnung«, verspricht, die nicht Teil des Aufgabenerfüllungsprozesses ist und insoweit einen externen Motivationsanreiz darstellt.

Häufig wird die intrinsische Motivation als »wertvoller« erachtet: Ihr wird nachgesagt, länger anzuhalten und bessere Ergebnisse zu erbringen. Dies ist insbesondere in Bezug auf die Lernmotivation auch plausibel; denn bei echtem Interesse am Lerngegenstand kann ein tieferes, verstehenderes »Verinnerlichen« erwartet werden, als wenn ein dem Lernenden eigentlich gleichgültiger Sachverhalt nur um einer guten Zensur willen »gepaukt« wurde. Tatsächlich ist diese Wertung aber nicht allgemeingültig und auf alle Lebensbereiche übertragbar, wie das folgende Beispiel zeigt:

Frau Meier löst für ihr Leben gern Kreuzworträtsel. Immer wenn sie eines in einer Zeitschrift entdeckt, muss sie zum Kugelschreiber greifen und die Kästchen auszufüllen versuchen. Herr Müller hat dazu eigentlich keine Lust. In dieser Woche macht er sich aber doch an die Lösung des Kreuzworträtsels in der Fernsehzeitung, weil es ein Auto zu gewinnen gibt, das er gern besitzen würde. Im Gegensatz zu Frau Meier, die ihren Ehrgeiz dahinein legt, jedes einzelne Kästchen auszufüllen, beschränkt sich Herr Müller auf das Ausfüllen der für das Zusammensetzen des Lösungsspruches notwendigen Kästchen. Deswegen braucht Herr Müller, obschon weniger geübt im Rätsellösen, doch weniger Zeit für seine Lösung als Frau Meier. Ist seine Lösung nun weniger wert, weil ihm an einem »schnöden« materiellen Vorteil gelegen ist? Oder ist Frau Meiers Lösung weniger wert, weil sie ihre Zeit mit nicht-zielführenden Aufgabenteilen »vertrödelt«?

Möglicherweise ist intrinsische Motivation sogar anfälliger bei Störungen, denn während extrinsische Motivation durch Erhöhung der äußeren Anreize neu befeuert werden kann, ist der Verlust der intrinsischen Motivation etwa infolge von Misserfolgen kaum von außen zu »heilen«. Demotivation aber kann die lang anhaltende, gar endgültige Abkehr vom Lerngegenstand bedeuten.

Lerntypen und Lernstile

In der Didaktik, der »Theorie des Unterrichts«, wird häufig eine Einteilung von Lernenden in unterschiedliche Lerntypen vorgenommen. Kriterium für die Unterscheidung dieser Lerntypen sind die von den Lernenden bevorzugten Aufnahmekanäle (z. B. nach Frederic VESTER: visuell, auditiv, haptisch, intellektuell/abstrakt-verbal, wobei Mischformen, etwa der »audio-visuelle Typ« die Regel sein sollen). Es erscheint daher als günstig, den eigenen Lerntyp zu kennen und Lerninhalte über den bevorzugten Eingangskanal aufzunehmen: Also durch Anschauen (z. B. eines Schaubilds, eines Films), durch Anhören (einer Audio-CD), durch Anfassen und Abtasten (eines konkreten Gegenstands/Modells), durch gedankliches Durchdringen einer abstrakten Darstellung (z. B. einer mathematischen Formel). Eine Vielzahl von Tests in Büchern, Magazinen und Internet verspricht hier weiterführende Erkenntnisse. Allerdings werden diese und andere Typologien heute wissenschaftlich angezweifelt, denn: Wie, wenn nicht intellektuell, werden Sinnesreize verarbeitet? Wie lernt man z. B. eine Formel durch buchstäbliches Be-Greifen? Sollte es wirklich Sinn machen, einen durch ein Schaubild gut verdeutlichten Sachverhalt in eine Fließtext-Erklärung umzuwandeln und diese für »auditive Lerntypen« vorzulesen? Hier sind Zweifel angebracht. Der Lerntipp, einen Sachverhalt möglichst für mehrere Eingangskanäle aufzubereiten und entsprechend darzubieten, ist sicherlich nicht verkehrt; aber es könnte sein, dass er, unabhängig vom Lerntyp, einfach deswegen funktioniert, weil dadurch der Lerninhalt mehrfach wiederholt wird.

Neben dem zuletzt dargestellten »Mehrkanal-Lernen«, bekannter als »Lernen mit allen Sinnen«, wird heute häufig ein »handlungsorientiertes Lernen« oder »ganzheitliches Lernen« vertreten. Letztere Formen unterstreichen stärker die Vermischung von Praxishandeln/Aktivität und Theorie, meinen im Kern aber nichts anderes.

Die vornehmlich in den 1970er Jahren in der Lernpsychologie entwickelten Lernstile wollen sich von den Lernertypologien abgrenzen, indem sie nicht Lernende nach deren bevorzugten Eingangskanälen, sondern Arten des Lernens unterscheiden. Eine häufig anzutreffende Unterscheidung ist auch hier diejenige in visuelles, auditives und kinästhetisches (praktisches, durch Bewegung erfolgendes) Lernen, ergänzt um das Lernen durch die Verarbeitung von Texten (Lesen und Schreiben); eine andere (nach KOLB) unterscheidet Lernende nach ihren Lernstilen in Divergierer (»Entdecker«), Assimilierer (»Denker«), Konvergierer (»Entscheider«) und Akkomodierer (»Praktiker«).

Auf Lerntypen und Lernstile wird ausführlich in Kapitel 1 eingegangen.

Lerntechniken anwenden

Lerntipps: Lernrhythmus, Lernumgebung, Hilfsmittel

Lernen ist, im Nachhinein betrachtet, nur dann geglückt, wenn die aufgenommene Information zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Gedächtnis abgerufen und richtig wiedergegeben werden kann. Voraussetzung hierfür ist eine systematische und gründliche Verarbeitung des Lernstoffes. Selbstverständlich ist es äußerst sachdienlich, wenn der Lernende dem Lernstoff Interesse abgewinnen kann; auch ist es wünschenswert, dass die aufzunehmende Information nicht nur »eingepaukt«, also auswendig gelernt, sondern vor allem verstanden wird. Interesse und Begreifen allein genügen jedoch nicht; vielmehr bedarf es der Anwendung verschiedener Techniken bei der richtigen Verarbeitung der Lerninhalte.

Es folgen einige Vorschläge zum »gelingenden« Lernen:

Lernzeit planen: Nahezu jeder kennt aus der Schulzeit das Gefühl der Ohnmacht, das einen Examenskandidaten vor der Prüfung angesichts einer unüberschaubaren Fülle an unbewältigtem Lernstoff befällt. Unbestritten ist ein kontinuierliches Lernen vorteilhafter und stressfreier als jeder Gewaltakt. Hilfreich ist ein Terminkalender (am besten als Wandkalender), in den alle anstehenden Prüfungstermine, aber auch alle diejenigen Termine, an denen ein Lernen wegen anderweitiger Verpflichtungen unmöglich ist, eingetragen werden. Mit seiner Hilfe lassen sich Lernaktivitäten auf längere Zeiträume verteilen und so auf Prüfungs- oder Klausurtermine abstimmen, dass Engpässe und Versäumnisse vermieden werden.

Auch die einzelnen Lerntage wollen geplant sein: Viele Menschen ermüden, wenn sie sich stundenlang mit der gleichen Thematik beschäftigen. Vor Klausuren wird dies kaum zu vermeiden sein, aber in prüfungsfreien Zeiten empfiehlt es sich, Abwechslung in den Lernalltag zu bringen. Es ist günstig, sich für jeden Lernabschnitt mehrere, möglichst nicht ähnliche Fächer vorzunehmen und sich für jedes Fach ein Etappenziel zu setzen. Dieses kann in der Lösung einer bestimmten Aufgabe, dem aufmerksamen Lesen eines Abschnittes oder in der wiederholenden Kontrolle bereits gelernter Inhalte (Vokabeln, Paragrafen) bestehen. Am Anfang sollte ein Fach stehen, das dem Lernenden Spaß bereitet. Zwischendurch unbedingt Pausen einlegen!

Vorbereitung des Lernens: Häufig wird Lernzeit, die gerade dem erwachsenen, in vielerlei Verpflichtungen eingebundenen Lernenden alles andere als unbegrenzt zur Verfügung steht, mit dem Zusammensuchen der notwendigen Arbeits- und Hilfsmittel vertan. Optimal ist ein fester Arbeitsplatz, der nicht ständig geräumt und wieder hergerichtet werden muss und an dem die ständig benötigten Arbeitsmittel – Schreib- und Zeichengeräte, Taschenrechner, Lehrbücher, Gesetzeswerke etc. – griffbereit lagern.

Ordnungsmittel nutzen: Es ist ratsam, für jedes Lernfach einen Aktenordner anzulegen oder, bei Nutzung eines Ordners für verschiedene Themenbereiche, Trennblätter anzulegen und Lernmaterialien nicht chronologisch, sondern nach Fachgebieten getrennt abzulegen. Aufzeichnungen sollten nicht als »Sammlung fliegender Blätter« angelegt werden, sondern von vornherein – etwa beim Mitschreiben von Vorlesungen – in gebundenen Heften oder Ringbüchern erfolgen. Für sogenannte »Faktenfächer«, wie Rechtskunde, Geografie oder Geschichte, empfiehlt sich das Arbeiten mit Karteikarten.

Verschiedene Lernwege und unterschiedliche Medien zur Nach- und Aufbereitung eines Lernstoffes nutzen. Mögliche Lernwege sind:

Das konzentrierte Lesen, das Sehen und Handeln vereinigt. Aktives Lesen beschränkt sich nicht auf das bloße Durchlesen eines Textes, sondern beinhaltet

das Unterstreichen oder Markieren wichtiger Textpassagen;

die Formulierung von Fragen zum gelesenen Text, deren Beantwortung ggf. das nochmalige, aufmerksame Lesen erfordert;

die Anfertigung von Zusammenfassungen in eigenen Worten (wichtig auch im Hinblick auf künftige Wiederholungen, denn kaum etwas versteht der Lesende besser als eigene Formulierungen!);

das Herausschreiben von Fakten (Paragrafen, Formeln, Daten etc.), die in eine Kartei aufgenommen werden können.

Die Aufnahme über das Gehör durch lautes Vorlesen von Texten, wobei der Effekt häufig größer ist, wenn der Lernende selbst laut rezitiert, statt sich den Text vorlesen zu lassen. Viele Schüler schwören auf die Methode, Lerninhalte auf Band zu sprechen und immer wieder abzuhören. Diese Methode führt jedoch häufig zum unfreiwilligen Auswendiglernen und ist immer dann mit Vorsicht zu genießen, wenn der Lernstoff später nicht im Zusammenhang wiedergegeben werden soll, sondern nach Einzelaspekten gefragt wird – in Prüfungssituationen ist meist nicht die Zeit vorhanden, »Litaneien herunterzubeten«.

Die Aufnahme über das Handeln,