Volker Friebel
Entspannung für Kinder kompakt
Edition Blaue Felder, Tübingen
Impressum
Edition Blaue Felder,
Denzenbergstraße 29, 72074 Tübingen (Deutschland)
www.Blaue-Felder.de
Texte, Foto und Gestaltung: Volker Friebel
84.000 Zeichen
Erstveröffentlichung: Oktober 2012
Überarbeitung: August 2018
Alle Rechte vorbehalten
Inhalt
Einführung
Grundsätze
Vielfalt
Drei Zielrichtungen
Der Rahmen
Was ist Entspannung?
Wirken Gedanken?
Auch Sportler entspannen
Abwechseln
Entspannungshaltungen
Übertragung in den Alltag
Sinnesmomente, Stillemomente
Stillelicht
Stille-König
Kleiner Bär lauscht
Fantasiereisen (Traumreisen)
Am Gartenhäuschen
Im Stall
Das Kätzchen im Schnee
Der Ruheort
Ruheort Waldbach
Ruheort Wiese
Autogenes Training
Entspannungsgeschichten und Merksprüche
Das Wolkenschloss
Der kleine König hat Angst
Der kleine Bär und das Eichhörnchen
Progressive Muskelrelaxation
Atementspannung
Atembeobachtung
Meeratem
Bewegung und Entspannung
Aufziehspielzeug
Mit der Straßenbahn
Der kleine Bär verfolgt Spuren
Waldfrüchte
Meditativer Tanz
Klang und Entspannung
Der Zug rollt an ...
Gazellen
Die Ruhe im Innern des Sturmes
Massage
Prinzessin Morgenrot
Am Fluss
Nachwort
Literatur
Zu Buch und Autor
Entspannungsfähigkeit ist eine Grundkompetenz des Menschen. Ist sie schwach ausgeprägt, wird jede Herausforderung zu Stress. Entspannung wirkt auch der allgegenwärtigen Reizüberflutung entgegen. Die fortwährende und von außen geleitete Stimulierung von Kindern ist wahrscheinlich einer der Gründe für Hyperaktivität. Entspannung fördert dagegen die Fähigkeit, Zeit und zu bewältigende Aufgaben selbst zu strukturieren. Sie ist damit eine wichtige Voraussetzung, um gut zu lernen.
Wir wollen nicht fortwährend entspannt sein. Wir brauchen Entspannung, um uns zu erholen und aus der Ruhe heraus handeln zu können. Unser Ziel ist also Entspannungsfähigkeit. Wir wollen die Fähigkeit von Kindern fördern, sich auch in ungünstigen Verhältnissen zu entspannen und mit Stress fertig zu werden.
In diesem Buch werden kompakt verschiedene Entspannungsmethoden vorgestellt, die sich bei der Entspannung von Kindern bewährt haben. Auf Verfahren wie Qi Gong oder Yoga wird verzichtet, da sie eine wesentlich längere Übungszeit benötigen. Wir konzentrieren uns auf Methoden, die ohne Vorkenntnisse und sofort eingesetzt werden können.
Folgende Grundsätze gelten bei der Kinderentspannung:
<> Kinder können im Grunde entspannen. Das ist durch physiologische Messungen nachgewiesen.
<> Kinder lernen in aller Regel Entspannungsübungen sogar schneller als Erwachsene.
<> Bei altersgerechter Darbietung sind selbst wort-lastige Verfahren wie das Autogene Training ab einem Alter von etwa 5 Jahren durchführbar, andere Verfahren schon früher.
<> Kinder benötigen zunächst eine deutlich stärkere äußere Anleitung zur Entspannung.
<> Kindern sollte Entspannung spielerisch vermittelt werden.
<> Kinder scheinen noch stärker als Erwachsene auf bildhafte Vorstellungen anzusprechen. Diese sollten besonders genutzt werden, auch etwa zur Unterstützung anderer Entspannungsweisen wie des Autogenen Trainings und der Progressiven Muskelrelaxation.
<> Mit Kindern muss deutlich mehr als mit Erwachsenen geübt werden, das in der Entspannungsstunde Gelernte in den Alltag zu übertragen.
Die verschiedenen Entspannungsweisen wollen alle dasselbe, setzen aber unterschiedlich an. Das Autogene Training und die Progressive Muskelrelaxation zielen auf eine körperliche Entspannung, die sich dann auf die Psyche ausbreiten soll. Bildbetonte Entspannungsweisen wie Fantasiereisen und Ruheorte setzen an der Psyche an.
Im Durchschnitt erreichen die genannten Entspannungsmethoden ihr Ziel alle vergleichbar gut. Da wir jeder aber auf die eine oder andere Methode besser ansprechen, unterschiedliche Vorlieben zeigen, ist es günstig, verschiedene Ansätze auszuprobieren und festzustellen, was davon persönlich am wohlsten tut.
Entspannung für Kinder hat drei Zielrichtungen:
Intervention. Spezielle Probleme sollen gezielt beeinflusst werden. Unter therapeutischer Anwendung wurden gute Erfolge bei Konzentrationsproblemen, Angst, Hyperaktivität, Aggressivität, Kopfschmerzen, Asthma und verschiedenen psychosomatischen Problemen festgestellt.
Prävention. Die psychische und körperliche Gesundheit soll vorbeugend geschützt und gestärkt werden.
Förderung als Grundkompetenz. Mit der Entspannungsfähigkeit soll eine grundlegende Fähigkeit des Kindes gefördert werden, die unverzichtbar für jedes Lernen und jede Aktivität ist.
Die Förderung der Grundkompetenz ,Entspannung' ist mir am wichtigsten. Denn gerade sie ist heute rundum bedroht. Viele der offen zutage tretenden Probleme sind eine Folge des Mangels an Entspannungsfähigkeit.
Entspannung spricht alle Kinder an, nicht nur Kinder mit besonderen Problemen. An alle Kinder und ihre Erziehungspersonen richtet sich auch dieses Buch.
Die einzelnen Kapitel bieten eine kurze Einführung in die jeweilige Entspannungsmethode sowie Hinweise zum praktischen Vorgehen bei der Entspannung. Immer sind Beispiele für Materialien beigegeben, etwa Stillemomente, Entspannungsspiele, Fantasiereisen, Geschichten, Massagen. Wo die Materialien für eine Kompaktausgabe naturgemäß begrenzt sind, gibt es Hinweise auf ausführliche Materialienbände.
Wir können Entspannung in einer ,Entspannungsstunde' oder ,Traumstunde' anbieten, wir können auch einzelne Entspannungselemente gelegentlich durchführen, so wie sie gerade passen. Beides empfiehlt sich nebeneinander.
Bei Fantasiereisen, Stillemomenten, Entspannungsspielen müssen wir Entspannung gar nicht thematisieren. Wenn wir uns aber mit Entspannung ausdrücklich auseinandersetzen möchten, bietet sich zur Erklärung ein Beispiel an.
Wir ballen unsere starke Hand zur Faust. Wir drücken die Faust ganz fest und halten die Spannung einige Sekunden. Dabei achten wir darauf, wie sich die Spannung anfühlt. Dann lassen wir los. Wir lassen die Anspannung los und achten auf die Veränderung des Gefühls. Wir lassen immer noch mehr Spannung los und achten auf den Unterschied des Gefühls zu vorhin. Das ist die Entspannung.
Entspannung kann einfach das Loslassen von Anspannung sein. Meistens merken wir gar nicht, dass wir angespannt sind. Deshalb müssen wir darauf mehr achten. Und dann entspannen. Wie man am besten entspannt, lernen wir in unserer Entspannungsstunde.
So kann eine Einführung in Entspannung sein und was wir in der Entspannungsstunde tun wollen.
Vor der ersten Durchführung von Ruheorten, Fantasiereisen, Entspannungsgeschichten, dem Autogenen Training können wir die Wirkung bildhafter Vorstellungen thematisieren. Haben unsere Vorstellungen wirklich einen Einfluss auf die Realität?
Wir schließen die Augen. Wir stellen uns einen Teller vor uns vor. Auf ihm liegt eine dicke Zitronenscheibe. Wir nehmen in Gedanken die Zitronenscheibe, führen sie an den Mund – und beißen herzhaft hinein.
Anschließend sprechen wir darüber, was wir empfunden haben. Allen wird das Wasser im Mund zusammengelaufen sein und sie werden ein saures Gefühl nennen.
So sehen wir: Die Zitrone hat etwas in unserem Körper bewirkt, obwohl sie nur in der Vorstellung vorhanden war. Unser Geist und unser Körper reagieren auf Vorstellungen. Zwar fast so, wie sie auf wirkliche Dinge, zum Beispiel Zitronen, reagieren. Mit unseren Vorstellungen können wir also etwas bewirken. In der Entspannungsstunde werden wir lernen, wie.
Wunder wirken können unsere Vorstellungen aber nicht. Sie können uns helfen zu entspannen – weil wir das im Grunde schon können. Vorstellungen helfen uns, das, was wir können, besser zu können. Sie können uns auch helfen, uns besser zu konzentrieren – weil wir das im Grunde schon können, nur vielleicht nicht gut genug.
Vorstellungen können uns aber nicht helfen zu fliegen – weil Menschen nicht fliegen können.
Vorstellungen helfen uns etwa, in der Schule eine gute Arbeit zu schreiben. Aber nur, wenn wir auch gelernt haben. Dann ist es möglich, eine gute Arbeit zu schreiben. Vorstellungen zur Entspannung helfen uns dann das, was wir gelernt haben, besser zu zeigen. Wenn wir aber nichts gelernt haben, nützt das nichts.
Besonders motivieren kann Kinder ein Hinweis auf das Mentale Training.