Alexander Kaul
Kann das mal einer machen?
Berlin, Barcelona, Chicago, Istanbul, London, Mailand, Moskau, Neu Delhi, Paris, Prag, São Paulo, Seoul, Singapur, Tokio, Warschau
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Lektorat: Dr. Jürgen Schebera, Berlin
Covergestaltung: Valeri Ivankov, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin
Layout und Herstellung: Janina Kuhn, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin
ISBN:
978-3-86867-374-6 (epub)
978-3-86867-359-3 (print)
Der Autor bittet um Verständnis, wenn er im Folgenden fast immer das gene-rische Femininum verwendet und von MitarbeiterInnen, ArbeitnehmerInnen, ÄrztInnen, PatientInnen etc. spricht. Lieber Mitarbeiter, lieber Arbeitnehmer, lieber Arzt, lieber Patient etc.: Fühlen Sie sich bitte in gleicher wertschätzender Weise angesprochen.
Und noch ein Hinweis vorab: Für alle hier erwähnten Regelungen und Ver-einbarungen übernehme ich keinerlei juristische Garantie. Ziehen Sie bei allen Vertragsangelegenheiten immer Ihre persönliche PraxisjuristIn zu Rate.
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Vorwort
Als ich 2007 unsere jetzige Praxis übernahm, war sie eine Einbehandler-praxis mit zwei Behandlungszimmern. Nach einer Renovierung und Digita-lisierung half mir eine externe Praxismanagerin dabei, ein hilfreiches Ord-nersystem in die Praxis einzuführen. Ebenso unterstützte sie mich in den Bereichen Wirtschaftlichkeit und Behandlungskonzept. Nach einem Jahr erweiterte ich die Praxis um ein Prophylaxezimmer. 2009 verstärkte meine Frau als Kinderzahnärztin die Praxis. Der Erfolg der Kinderzahnheilkunde ließ uns 2011 dazu aufbrechen, auch die frei werdende Etage über der da-maligen Praxis zu mieten und die Praxisfläche zu verdoppeln. Somit ergab sich die Aufteilung in eine reine Erwachsenenpraxis im Parterre und eine Zahnarztpraxis für Kinder im ersten Obergeschoss.
Dieser Fortschritt brachte zugleich eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl mit sich. Zu Beginn war mir und meiner Frau nicht bewusst, wie viel Zeit das Personalmanagement, das betriebswirtschaftliche Rechnen, der Auf-bau und die stetige Organisation einer funktionierenden, internen Unter-nehmensstruktur letztendlich verschlingen würde. Als wir zwischenzeitlich bei insgesamt 24 MitarbeiterInnen angelangt waren, wurde uns vermehrt bewusst, dass wir nur noch begrenzt das Ohr am Team hatten. In der Fol-gezeit haben wir uns deshalb mit UnternehmerInnen und Unternehmens-beraterInnen getroffen, um zu lernen, wie man ein wachsendes Unterneh-men führt, denn im Studium der Zahnmedizin erfährt man weder etwas über Mitarbeiterführung, noch etwas über Wirtschaftlichkeit.
Wie viel Kraft und Energie uns das tägliche Management abforderte, merkten wir schnell in anderen Bereichen. Uns fehlte Zeit für Kreativität, unser Privatleben und unsere sonst so positive Grundeinstellung litt eben-falls etwas unter dem täglichen Ballast. Es musste sich etwas ändern!
Ein Blick über den Tellerrand und die Teilnahme an Unternehmer-Se-minaren fernab der Zahnheilkunde waren ein erster Schritt in eine neue Richtung. Zusätzlich unterhielten wir uns mit InhaberInnen großer Unter-nehmen. Anfänglich dachten wir, dass wir möglicherweise einen Fehler in der Auswahl unserer MitarbeiterInnen oder in deren Führung gemacht hätten, konnten jedoch in unseren Gesprächen schnell feststellen, dass wir mit unseren Problemen nicht allein waren. Egal ob eine große Weltfirma,
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Vorwort
ein lokales mittelständisches Unternehmen oder der kleine Drei-Mann-Betrieb, alle stöhn(t)en über die Einstellung einiger ihrer Angestellten. In diesen Gesprächen lernten wir zudem sehr viel über die Eigenheiten verschiedener Generationen. Sollten Sie die Möglichkeit haben, einen Vor-trag einer SozialwissenschaftlerIn zu diesem Thema zu hören, nehmen Sie diese Möglichkeit unbedingt wahr. Sie werden plötzlich verstehen, warum Ihre 50-jährige Fachangestellte nicht mit Ihrer Auszubildenden klar kommt und warum die Auszubildende auch Ihnen als ChefIn Widerworte gibt.
Für uns als Vertreter der X-Generation (zwischen 1965 und 1979 Ge-borene) ist es schwer, das Vorgehen anderer Generationen zu verstehen. Aber wir lernen damit umzugehen, dass wir uns nicht mehr vorbehaltlos auf gewisse MitarbeiterInnen verlassen können. Jüngere MitarbeiterInnen aus der Y-Generation (im Zeitraum von etwa 1980 bis 1999 Geborene) bauen z. B. häufig keine innige Bindung mehr zum Unternehmen auf. Es ist normal, nach vier bis fünf Jahren das Unternehmen zu wechseln, weil es langweilig wird, und sie denken, sich anderweitig besser weiterentwickeln zu können, etc. Dass sie selbst auch nach einer Weiterbildung oder anderen Aufgaben fragen könnten, kommt ihnen dabei oft nicht in den Sinn. Dann muss etwas Neues her und der Arbeitsplatz wird gewechselt. Für diese Generation be-deutet eine Kündigung also nicht unbedingt, dass der jetzige Arbeitsplatz schlechter geworden ist. Es kann auch einfach nur die einkehrende Routine sein, die ihnen die Anstellung langweilig und uninteressant erscheinen lässt.
Mein aus den Weiterbildungen erlangtes Wissen habe ich in eine Prä-sentation für die nächste praxisinterne Fortbildung gesteckt. Und was mei-nen Sie, was passierte? Keinerlei Widerworte! Kein Aufstand! Fast alle ha-ben zugehört, gelacht und gesagt: Das stimmt! So sind wir!
Trotz aller neuen Erkenntnisse war unser Problem „Mitarbeitermanage-ment frisst Energie“ natürlich noch nicht automatisch gelöst. Dennoch half uns das Wissen, dass dies ein generelles Unternehmerproblem und kein persönliches, oder einem Berufszweig vorbehaltenes Problem ist.
Unser damaliger Lösungsansatz war der langsame „Rückzug“ aus der Front der Teamführung. An unserer Stelle sollte jemand aus den eigenen Reihen als Bindeglied zwischen unseren MitarbeiterInnen und uns als Pra-xisinhabern fungieren. Dafür beförderten wir zwei MitarbeiterInnen aus dem aktuellen Team zu PraxismanagerInnen mit verschiedenen Aufgaben-
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Vorwort
schwerpunkten. Diesen „Rückzug“ konnten wir natürlich nur antreten, weil wir uns entschieden haben, dass wir als Leitung nicht jedes kleine Problem wissen und selbst lösen müssen. Wir haben das Vertrauen aufgebracht, diese Aufgabe an eine fähige, autorisierte MitarbeiterIn zu übergeben.
Ein wichtiger Schritt! Bisher kamen wir uns oft wie eine „Problemlösungs-maschine“ vor. Wir hatten den Eindruck, dass sich unsere MitarbeiterInnen selbst keine Gedanken mehr über mögliche Lösungen machten. Ist ja auch viel einfacher, direkt zu uns zu kommen und nach einer Lösung zu fragen. Diese Tatsache nagte nicht nur an unserer Energie, sondern führte im Lau-fe der Zeit auch zu Persönlichkeitsverärgerungen unsererseits. Alles dräng-te auf eine Veränderung! Der ausschlaggebende Punkt war schließlich ein Anruf, der uns auf dem Rückflug aus unserem Urlaub erreichte. „Chef, ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir ab morgen kein Anästhetikum mehr haben. Wir haben schon die ganze Woche bemerkt, dass es immer weniger wurde und keine Lieferung ankam. Jetzt sind nur noch drei Ampullen da. Ich wollte Ihnen das jetzt schnell sagen, damit Sie sich noch drum kümmern können!“ Sie können sich vorstellen, dass unsere im Urlaub erlangte Entspannung be-reits vor der Rückkehr in den Berufsalltag schlagartig wie weggeblasen war.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass es glücklicherweise auch Ausnah-men gibt. Dieses Buch darf keineswegs als pauschale Verurteilung aller Mitar-beiterInnen angesehen werden! Es enthält lediglich Anekdoten zu Erfahrun-gen mit Angestellten und „Erlebnisberichte“ von KollegInnen, die als Anreiz dienen können, etwaige Probleme in einem Unternehmen aufzuspüren und zu lösen. Das bedeutet im Klartext: Nicht jede MitarbeiterIn verfügt über Ein-stellungen, wie ich sie hier in diesem Buch beschreiben werde. Diejenigen Angestellten, die dieses Buch aus freien Stücken in die Hand nehmen und es lesen, gehören höchstwahrscheinlich nicht zu dem hier beschriebenen Personenkreis. Und diejenigen, die dieses Buch lesen und sich ungerecht behandelt fühlen, bitte ich: Wenn Sie nicht zu dem hier beschriebenen Per-sonenkreis gehören, ziehen Sie sich den Schuh einfach nicht an!
Inzwischen ist unser Team wieder etwas kleiner geworden. Von drei angestellten ZahnärztInnen haben wir auf eine zusätzliche Zahnarztstel-le reduziert. Nicht ganz selbstständig. Denn wundern Sie sich nicht, wenn es auch examinierten Zahnärztinnen passiert, plötzlich und ungewollt schwanger zu werden. Sie sollten also nicht enttäuscht sein, wenn Sie sich
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Vorwort
nach einem gemeinsamen Arbeitstag mit Ihrer angestellten Zahnärztin mit „Schönes Wochenende“ verabschieden und eine Stunde später einen An-ruf erhalten wie: „Hallo Chef, ich habe eine gute und eine schlechte Nach-richt! Die Gute ist für mich, ich bin schwanger, und die schlechte ist für Sie, sie haben jetzt Stress, denn ich bin raus!“.
Auch unsere Belegschaft ist kleiner geworden. Wir mussten unsere Praxiszeiten jedoch nur geringfügig ändern. Für Sie klingt das nach Rück-schritt? Ich kann Ihnen versichern, dass es uns damit wesentlich besser geht. Der Stress ist geringer geworden und es macht wieder Spaß zu ar-beiten. Ab einer gewissen Unternehmensgröße rückt der eigentliche Beruf einfach merklich in den Hintergrund, weil man viel zu sehr mit der Führung des Teams beschäftigt ist. Man löst plötzlich nur noch Probleme anderer. Eine Aufgabe, die wir uns bei unserer Berufswahl und auch bei der Absicht, selbstständige Unternehmer zu werden, nicht primär ausgesucht hatten. Und dennoch stellt das Management der Mitarbeiter für uns mit Abstand die größte Herausforderung im Praxisalltag dar.
Wenn Sie dieses Buch nun lesen, bekommen Sie unsere subjektiven Ge-danken und Lösungsansätze vermittelt. KollegInnen, die ich um das Pro-belesen des Manuskriptes bat, sagten oft: „Du sprichst uns aus der Seele!“. Denn jede InhaberIn ist auf der Suche nach der besten Lösung für ihr Un-ternehmen. Das sind natürlich von Praxis zu Praxis unterschiedliche Lö-sungen. Und dennoch: Vielleicht erhalten Sie hier den einen oder anderen Tipp, um mit unserer Grundidee ebenfalls glücklicher und stressfreier zu werden. Wie unsere Grundidee lautet? „Der Laden muss laufen, auch wenn die Chefs abwesend sind!“
Daran arbeiten wir täglich! Und es funktioniert. Seitdem wir unseren Praxisalltag glasklar geregelt haben, sind Verärgerungen über Mitarbeiter-Innen extrem gesunken. Diese, für alle Angestellten jederzeit zugänglichen, klaren Regelungen haben zudem erheblich zur positiven Stimmung im Team beigetragen. Aus dem einfachen Grund, da nun jede MitarbeiterIn weiß, was ihr zusteht und was nicht. Durch diese einheitlichen Normen fühlt sich nun kein Teammitglied mehr persönlich benachteiligt. Ein res-pektvolles, harmonisches Arbeiten zwischen Praxisleitung und Team ist die Folge unserer neuen Praxisstrukturierung.
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Inhalt
VorwortV
1 Nur ein Satz1
2 Es sind die kleinen Dinge5
Ein Lösungsansatz – Die Aufgabenliste6
Der Aufgaben-Patient – Ihre Praxissoftware als Aufgabenpool11
Nach dem Mitarbeiter ist vor dem Mitarbeiter!18
Aufgaben-StartUp-Liste19
Klein, aber oho!21
Chef, ich habe dann (mal) frei!23
Bis nächste Woche! – Die Urlaubsplanung29
Wie viele Stunden hat ein Urlaubstag?33
Jahresarbeitszeitkonto35
3 Fehler, die wir für Sie schon gemacht haben37
Praxiskleidung – Keine Überraschung am Morgen37
Praxiskleidung mit Namen43
Styling – Das richtige Gesamtpaket43
Kann ich (mal) das gleiche Gehalt bekommen wie meine Kollegin?45
Kann ich auch (mal) Weihnachtsgeld haben?46
Kann sich (mal) einer bedanken?!47
Kann das (mal) einer tippen?!48
Ich geh’ jetzt (mal), mein Jahresurlaub steht mir zu!50
Kann die gekündigte Mitarbeiterin noch in die Praxis?54
Kann das (mal) jemand ausfüllen und zurücksenden?!55
Kann (mal) jemand den Verantwortlichen anrufen?!56
Kann mich (mal) jemand beraten?!57
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Inhalt
4 Kann ich! Kann ich! Kann ich!67
Aller Anfang ... – Das Bewerbungsverfahren70
Kann ich! Kann ich! Kann ich! Kann sie wirklich!81
5 Kompetenzstufen & Kommunikationsketten91
„Kann ich!“ vs. „Kann ich wirklich!“93
6 Kann mir (mal) jemand etwas Zeit schenken?!101
Praxismanagement – Der/Die Vize im Laden102
Kann (mal) einer die Leitung der Teamsitzung übernehmen?110
Kann (mal) jemand aushelfen, ich bin krank!111
7 Nachwort: Kann das (mal) einer ... stopp ... geregelt!115
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„Kann das mal einer machen?!“ Ein Satz, der in unserer Praxis sehr oft ge-fallen ist und letztlich dazu geführt hat, dass meine Frau und ich uns nach dem „Warum“ gefragt haben.
Als wir schließlich über diesen Satz nachgedacht haben, sind uns schnell zwei eklatante Missstände bewusst geworden:
Zum einen deutet die Frage auf eine Aufgabe hin, die nicht rechtzei-tig durchgeführt wurde. Zum anderen zeigt die Aussage, dass sich keine MitarbeiterIn für diese Aufgabe verantwortlich fühlt. Ferner ist uns aufge-fallen, dass dieser Satz mit der Zeit abstumpft. Je mehr diese Frage ver-wendet wird, desto weniger wird sie ernst genommen. Natürlich gibt es immer MitarbeiterInnen, welche die Aufgabe nach Aufkommen der Frage direkt anpacken und erledigen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer diejenigen KollegInnen, die sich sagen: „Das ist doch nicht meine Aufgabe.“ Und zu guter Letzt gibt es noch jene MitarbeiterInnen, die sich sagen: „Ich habe das schon das letzte Mal erledigt, jetzt ist mal ein an-derer dran!“. Letztlich führen all diese Haltungen dazu, dass niemand die Aufgabe mit Liebe und Leidenschaft ausführt, geschweige denn sich dafür verantwortlich fühlt. Stattdessen werden Sie als ChefIn irgendwann „laut“ werden müssen, bis sich eine Ihrer Angestellten, meistens diejenige, die
Nur ein Satz
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ohnehin schon genug fürs Unternehmen rackert, „erbarmt“ und die Aufga-be erledigt. Aber wahrscheinlich nur dieses eine Mal. „Nächstes Mal ist mal ein Anderer dran!“ Und schon stecken Sie in einer Endlosschleife fest, denn wer ist „ein Anderer“ und wann ist „nächstes Mal“?
Oft kommt es deshalb dazu, dass man als ChefIn die Aufgabe selbst ausführt. Um dem oben beschriebenen Stress aus dem Weg zu gehen. Schließlich nimmt es mehr Zeit in Anspruch, sich auf eine Diskussion mit seinen MitarbeiterInnen einzulassen. Wenn Sie so denken, sollten Sie die-ses Buch schließen. Denn dies ist kein Buch für ChefInnen mit dem Motto: „Wer braucht schon Freizeit! – Der Ehepartner ist eh schon weg!“.
Wenn Sie aber unerledigte Aufgaben und ganze Verantwortungsbe-reiche zukünftig delegieren möchten und dadurch mehr Freiraum für das Wesentliche im Leben erlangen wollen, sind Sie hier genau richtig. Sicher-lich werden Sie sich in der einen oder anderen Anekdote dieses Buches wiederfinden. Ich erzähle hier auch nicht nur Geschichten, ich lege unsere Gedankengänge hinter bestimmten Entscheidungen offen und lasse Sie so an unserer Konfliktlösung teilhaben. Warum sollen Sie die Fehler machen, die wir bereits gemacht haben?! Wenn Sie möchten, bekommen Sie hier wert-volle Tipps, die Sie in Ihrem Unternehmen umsetzen können.
Einleitend deshalb ein kurzer Abriss dessen, was Sie auf den kommenden Seiten genau erwarten können und welche Schritte uns zu unserer neuen Unternehmensstruktur und schlussendlich auch zu diesem Buch geführt haben.
Die kleinen Dinge Ihres Praxisalltages werden stetig mehr und begin-nen Zeit zu fressen, der berufliche Spaß wandelt sich in Stress? Schauen Sie mal genau hin: Zu 99 Prozent sind die Dinge, die bei Ihnen Stress aus-lösen, diejenigen, die eigentlich nichts mit dem Beruf als ZahnärztIn zu tun haben. Meiner Frau und mir ging es zumindest so. Und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, bei jeder Aufgabe, die wir als Leitung erledigen, genauer hinzusehen. Die Frage, die uns dabei immer begleitet hat: Müssen wir das wirklich selbst machen oder kann das auch eine MitarbeiterIn erledi-gen?
Sie kennen das vielleicht: Im ersten Augenblick zögert man immer ein wenig. Soll man diese Aufgabe wirklich an eine MitarbeiterIn übertragen?
Nur ein Satz
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Schließlich bedeutet dies, Verantwortung abzugeben. Vor allen Dingen heißt es aber auch akzeptieren zu können, dass Ihre MitarbeiterIn die Auf-gabe möglicherweise anders bewerkstelligt als Sie selbst es tun würden. Das Vertrauen darauf, dass am Ende letztlich das Gleiche herauskommt, ist eine erste Schwierigkeit.
Haben Sie diese Bedenken überwunden, folgt der nächste Schritt: die Suche nach der richtigen MitarbeiterIn für die jeweilige Aufgabe. Schließ-lich verfügt jede Angestellte über andere Stärken und Schwächen.
Und nun folgt ein sehr wichtiger Teil der Umstrukturierung: das Ein-weisen und Anlernen der ausgewählten MitarbeiterIn in ihre neue Aufga-be. Denn Sie wollen ja sicherstellen, dass die Aufgabe zu Ihrer Zufrieden-heit ausgeführt wird. Eine damit einhergehende Qualitätskontrolle gehört ebenso dazu.
Sie haben sich bereits jetzt wiedergefunden? Dann bleiben Sie dran. Wir zeigen Ihnen unseren Weg in eine reibungslosere Unternehmensstruktur. Und vielleicht ist diese schon morgen auch Ihr Ansatz in einen neuen Ar-beitsalltag.
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Wie jeden Morgen um 7:40 Uhr bin ich auf dem Weg von meinem Auto zum Praxiseingang. Als ich auf den Eingang zugehe, sehe ich eine leere Chipstüte und ein Taschentuch vor der Praxistür liegen. Sofort frage ich mich, ob ich wirklich der erste Mitarbeiter dieser Praxis bin, der diesen Abfall hier draußen sieht. Ich hebe beides auf und öffne die Praxistür. Dabei bleibt mein Blick auf unserem Outdoor-Flatscreen hängen, der tagsüber über unsere Praxis informiert. Er ist aus. Nanu? Doch damit noch nicht genug. Ich betrete die Praxis, laufe über eine schräg liegende Fußmatte und wundere mich abermals über die Sehfähigkeit meiner MitarbeiterInnen. Denn als ich an der Rezeption vorbeilaufe, begrüßt mich eine meiner MitarbeiterInnen freundlich lächelnd. Ich grüße freundlich zu-rück und werfe den Müll in den Mülleimer neben ihr.
Die Fragen in meinen Kopf überschlagen sich förmlich. Hat sie den Müll nicht gesehen? Warum hat sie keinen Eingangs-Check gemacht? Warum ist der Flatscreen noch nicht eingeschaltet? Warum liegt die Fußmatte schräg?
Ich komme zu dem Schluss, dass es alles Dinge sind, die sie als Rezep-tionsmitarbeiterIn beim Betreten der Praxis sehen müsste. Und vor allem auch beheben sollte. Immerhin ist der Eingang ihr Arbeitsplatz. Noch viel bedeutender aber: Der Eingang ist unsere Visitenkarte!
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Und schon drängt sich mir die Frage auf, warum sie diese Aufgaben nicht erledigt hat. Es ärgert mich und ich bin hin und her gerissen, ob ich sie darauf ansprechen soll. Ist es ihr Fehler oder liegt die Schuld vielleicht doch bei mir? Letzteres könnte durchaus sein, denn bisher behebe ich derartige Missstände immer ohne jeglichen Kommentar selbst. Richtiger wäre es wohl aber, die Missstände beim Namen zu nennen und zu überle-gen, wie wir sie gemeinsam abstellen können. Ich muss mir also eingeste-hen, dass ich derartige Fauxpas mit meinem Verhalten selbst hervorrufe. Schließlich kann ich nicht verlangen, dass meine MitarbeiterInnen Aufga-ben von selbst erkennen und durchführen, wenn ich ihnen durch mein Einschreiten ständig vorweg greife. Was also tun? Vielleicht sind die von mir bis jetzt verschmähten Checklisten doch gar nicht so schlecht? Ich be-schließe, ihnen eine Chance zu geben und meinem Problem damit Abhilfe zu schaffen.
Ich habe also damit begonnen alle Aufgaben, die meine Frau und ich ausführen, aber eigentlich nicht selbst ausführen müssten, aufzuschrei-ben. Sie werden es ahnen, da kommt ziemlich schnell eine große Liste zu-sammen.
Sollten Sie nun auch eine derartige Liste beginnen, ein Tipp am Ran-de: Denken Sie als ZahnärztIn dabei nicht nur an Zähne. Gerade die vielen kleinen, schnell in Vergessenheit geratenden Aufgaben sind notwendig auf Ihrer Liste. Ob Blumengießen, Briefkastenleeren, Kaffeetassenspülen, die Kontrolle von Leuchtmitteln, das Bestellen von Toilettenpapier oder der Anruf beim Fensterputzer! Irgendjemand muss sich dafür verantwortlich fühlen.
Ein Lösungsansatz — Die Aufgabenliste
Wie bereits erwähnt, sind wir unserem Problem mit der Erstellung einer Checkliste zu Leibe gerückt. Für den Fall, dass Sie erwägen, ebenfalls eine solche Aufgabenliste zu erstellen, folgt nun eine schrittweise Anleitung. Eine etwas trockene Angelegenheit, aber wie heißt es so schön: „Aller An-fang ist schwer“ oder auch „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Was ich
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damit andeuten möchte ist, dass das nun folgende Kapitel zunächst etwas sperrig daherkommen mag, als Basis für meine weiteren Erläuterungen und Anekdoten jedoch notwendig ist. Die darauf folgenden Kapitel werden anschaulicher, da ich mit Beispielen aus dem Praxisalltag arbeiten werde und Sie sich in der einen oder anderen Situation sicherlich wiedererkennen werden.
Starten wir also mit der trockenen Theorie, um im Anschluss die An-wendung anhand von Praxisbeispielen aufzeigen zu können.
Aufgaben (ohne Ausnahme) auflisten
Erstellen Sie in einem Tabellenkalkulationsprogramm (z. B. Excel) eine Ta-belle, in der Sie alle erdenklichen Aufgaben in Ihrem Betrieb auflisten. Fer-tigen Sie dazu eine Spalte mit dem Titel Aufgabe an. Jede noch so kleine Aufgabe sollte dort aufgeführt sein. Auch diejenigen Aufgaben, bei denen Sie eigentlich davon ausgehen, dass sie doch klar sein müssten!
Aufgaben zuweisen
Im zweiten Schritt überlegen Sie sich, welche Ihrer MitarbeiterInnen für die jeweilige Aufgabe die Verantwortung übernehmen könnte. Bei uns hat es sich als hilfreich erwiesen, die Angestellten nicht einfach mit der Aufgabe zu überrumpeln, sondern vorab zu fragen, ob sie dieses Amt übernehmen würden. Wenn Ihre Angestellte die Aufgabe übernimmt, können Sie Ihre Freude darüber ruhig zum Ausdruck bringen. Seien Sie aber auf der ande-ren Seite nicht enttäuscht, wenn eine Angestellte Ihnen eine Absage erteilt, weil sie zum Beispiel keinen „grünen Daumen“ hat und somit für das Gie-ßen und Düngen der Blumen ungeeignet ist.
Es kann natürlich auch vorkommen, dass eine MitarbeiterIn nach ei-niger Zeit zu Ihnen kommt und eine Aufgabe zurückgeben möchte. Das zeugt von großem Vertrauen Ihnen gegenüber. Bedanken Sie sich für ihre Ehrlichkeit und dafür, dass sie es versucht hat.
Was Sie ebenfalls beim Verteilen von Aufgaben beachten sollten, ist die Generationenfrage. Wenn in Ihrer Praxis MitarbeiterInnen unterschiedli-chen Alters arbeiten, wird es auch Konflikte geben, die mitunter auf eine
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