reisefuehrer-header.eps

Neolibs

Obwohl QualityLand offiziell ein säkulares Land ist, gilt der Neoliberalismus hinter vorgehaltener, unsichtbarer Hand als eine Art Staatsreligion. Er ist nicht die größte, aber sicherlich die einflussreichste Glaubensgemeinschaft, denn große Teile der Elite beten den freien Markt an. Ihm ordnen die Neolibs alles Leben auf dem Planeten unter. Ihre Säulenheiligen, der falsche Cowboy Ronald und die eiserne Lady Margaret, prangen als Statuen über den imposanten Portalen ihrer »Think Tanks« genannten Tempel. Ihre Priester, sogenannte Experten, sind Dauergäste jeder relevanten Talkshow. Ihre Apostel, allen voran Milton Friedman und Friedrich August von Hayek, werden in regelmäßigen Konferenzen und Meetings angebetet. In Ländern, in denen es den Neolibs gelungen ist, die komplette Macht an sich zu reißen, herrscht der Rat der Wirtschaftsweisen durch eine sogenannte Expertenregierung.

Es wird sicher viele überraschen, dass diese omnipräsente Glaubensrichtung mit den strengen Geboten und dem offensichtlich absurden Heilsversprechen in ihren Anfangstagen gar keine Religion war. Ganz im Gegenteil behauptete der Neoliberalismus damals von sich, eine Wissenschaft zu sein. Das klingt aus heutiger Sicht absurd, aber so war es! Wie kam es zu dem Wandel?

Ganz einfach: Eingetragene Religionsgemeinschaften sind steuerbefreit, und noch heute lautet das siebte Gebot der Neolibs: »Du sollst keine Steuern zahlen.« Oder in den Worten des Weisen der Weisen, Friedrich Lobbyist: »Steuern zahlen nur Dummköpfe und arme Leute.«

Außerdem zeigte sich nach ein paar Jahrzehnten, in denen der Neoliberalismus die vorherrschende Denkart gewesen war, dass seine Behauptungen sehr offensichtlich nicht mit der Realität übereinstimmten. Da lag es nahe, aus der Ideologie eine Religion zu machen, ist es doch eines der hervorstechendsten Merkmale von Religionen, dass sie sehr offensichtlich nicht mit der Realität übereinstimmen. Was der Neoliberalismus verspricht, kann man mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehen. Das muss man schon glauben.

reisefuehrer-footer.eps