Herodot, Thukydides

Der Ursprung der Geschichte: Herodot und Thukydides

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EAN  4066338118486

Inhaltsverzeichnis


Historien (Herodot)
Geschichte des peloponnesischen Kriegs (Thukydides)

Einleitung

Inhaltsverzeichnis

Seit langer Zeit trägt Herodot allgemein den Ehrentitel des Vaters der Geschichte. Er verdient diesen Namen nicht sowohl wegen des Alters seiner Schrift, der ältesten historischen, die wir von Griechen besitzen, als vielmehr wegen seiner vortheilhaften Auszeichnung vor Allen, die vor ihm für die Geschichte gearbeitet hatten, namentlich durch den Umfang und Reichthum des Stoffes, den er gesammelt bat, und durch die Zweckmäßigkeit und Schönheit der Form, die ihm eigen ist. Das Vaterland unsers Geschichtsschreibers, das kleinasiatische Griechenland, hatte bekanntlich den lebendigen Hellenischen Volksgeist leichter und schneller entfaltet, als das Mutterland selbst: die Reime der Kunst und der Cultur überhaupt, welche seine Söhne aus diesem mitgebrachthatten, waren schnell zu üppigen Blüthen erwachsen. Der glückliche Himmel und Boden Ionien's und der nahen Inseln, aufregende Kämpfe mit den alten Landesbewohnern, vielfacher Verkehr mit nähern und entferntern Nachbarn, die günstige Lage für Schiffahrt, Handel und Gewerbewesen, alles vereinigte sich, um hier ein reiches, bewegliches Städteleben zu bilden. Von der ersten kräftigsten Periode dieser Entwicklung hatte schon Jahrhunderte vor Herodot das Ionische Epos Zeugniß gegeben; für die innern Reibungen wurden die frühen Tone der Ionischen und Aeolischen Leyer, für die verfeinerte Ausbildung sinnlichen Genusses und gemüthlichen Lebens würde eben diese Poesie, für die steigende Cultur des Geistes die Ionische Philosophie beweisen, wenn wir auch nichts mehr wußten von den rüstigen Kämpfen, von den immer erweiterten Seefahrten, von den zahlreichen Colonien dieser aufgeweckten Volksstämme, und von dem Reichthum und Luxus, zu welchem ihre Städte sich erhoben. Bei allen Völkern waren es gerade solche Zeiten des Aufblühens, ein so betriebvolles Gesellschaftsleben, von nothwendiger Erweiterung der Natur- und Menschenkunde begleitet, mit aufregenden Bedürfnissen und lehrreichen Erfahrungen verbunden, welche die Bildung einer Geschichte und Geschichtschreibung herbeiführten. So hatte sich auch in Kleinasien, ungefähr ein Jahrhundert vor Herodot, die Prosa schriftlich zu bilden angefangen, und es entstanden da und dort Aufzeichnungen alter Ueberlieferung und neuer Erfahrung. Diese trugen den ziemlich unbestimmten Namen Logoi (λόγοι), welcher Sagen und Geschichten aller Art, Gegenstände des Wissens überhaupt und selbst solche der Dichtkunst unter sich begriff, womit jedoch auch noch unser Herodot seinen Stoff und die Mittheilung derselben bezeichnet. Es ist daher gewöhnlich geworden, diese Art alter Geschichtschreiber unter dem Namen Logographen zusammen zu fassen. Natürlich konnten diese ersten Historischen Versuche anfangs nicht wohl in etwas Anderen bestehen, als in bloßer Meldung jener geheiligten Sagen, die, bisher in den Dichtungen und im Volksglauben lebend, die einzigen Ueberlieferungen aus der Vergangenheit ausmachten, und ohne, ihrer Natur nach, eine kritische Behandlung zuzulassen, nur gesammelt und geordnet werden konnten; aber auch dieß Letztere nicht auf umfassende Weise, da die Verfasser zunächst und großentheils auf das Anhören von örtlichen Sagen und die Betrachtung von Lokaldenkmälern beschränkt waren. Auch Das, was näher mit der Gegenwart zusammenhing, und wozu äussere Verhältnisse Veranlassung gaben, konnte sich nicht viel über Stammes-, Stadt- und Familiengeschichte ausdehnen; nur daß zu einiger Belebung solcher Genealogien und Specialgeschichten einerseits ihre Mitgabe aus der alten Glaubenswelt, die sich mährchenartig umgestaltete, andrerseits allmählige Fortschritte in der Natur- und Länderkenntniß, endlich auch die eigenen Combinationen beitrugen, in welchen sich die Logographen oft ziemlich willkührlich versuchten. Als jedoch der Handel, die Reisen in's Ausland, besonders Seefahrten den Horizont erweiterten, da mußte die Geschichte durch die immer wachsende Länder- und Völkerkunde neue Nahrung und Kraft gewinnen. Dazu kam noch, daß nun auch das politische Leben in Ionien, namentlich, durch das Herandrängen Asiatischer Mächte in größere Bewegung versetzt, auch die historische Thätigkeit lebhafter aufregte und beschäftigte. So war es denn gerade die Zeitperiode, in welcher das kleinasiatische Griechenland die ersten, schönsten Blüthen abfallen sah, die ihm schneller und üppiger, aber auch minder kräftig, als dem Mutterlande aufgegangen waren: es war gerade diese Zeit der Stürme, in welcher die Ionische Geschichtschreibung zu reifen begann. Kurz vor Herodot erhielt so die Geographie, die Grundlage der Geschichte, mehr Umfang und Bestand, die Kenntniß der Hauptvölker und ihrer Schicksale mehr Hülfsmittel und das historische Urtheil größere Reife. Auf dieser Stufe stand der Milesische Logograph Hekatäus, dessen Blüthe ungefähr fünfzig Jahre früher fällt, als die des Herodot. Er spielte eine Rolle in der damaligen unruhigen Zeitgeschichte, 1 und wegen seines freieren Blickes, insbesondere wegen der Erdbeschreibung und Geschichtbücher, die er ausgearbeitet und wozu er den Stoff, wie nach ihm Herodot, auf Reisen gesammelt hatte, kann er als ein Vorläufer Desselben betrachtet werden. Wir lernen Dieß zum Theil daraus, daß Herodot ihn mehrmals namentlich berücksichtigt, 2 ja auch einigemal ohne Nennung tadelt; 3 was hier um so mehr Erwähnung verdiente, da Hekatäus höchstwahrscheinlich, der einzige Logograph ist, dessen Schriften Herodot nicht sowohl benützte als kannte. Denn daß wir die vollkommenste Frucht der Ionischen Geschichtschreibung, das Werk Herodot's, uns nicht aus vorangegangenen Arbeiten zu erklären haben, sondern theils aus den bildenden Zeit verhältnissen im Allgemeinen, theils aus seinem besondern Leben, das sollte die obige Darstellung jener, das soll nun weiter der Abriß dieses Lebens selbst beweisen, so weit wir ihn zu geben im Stande sind.

In der vierundsiebzigsten Olympiade erstem Jahre (v. Chr. 484.), zu Anfang der Regierung des Xerxes, zehn Jahre nach dem Aufstand der Asiatischen Griechen gegen die Persische Obermacht, sechs nach der Schlacht bei Marathon, wurde Herodot aus einem edeln Geschlecht 4 in Dorischen Halikarnaß geboren, der Hauptstadt des kleinen Carischen Königreiches, welches damals die Königswitwe Artemisia beherrschte, wiewohl dem Xerxes zinspflichtig, dem sie auch, als Herodot vier Jahre alt war, auf seinem Zug gegen Griechenland mit fünf Schiffen folgte, und durch klugen Rath sowohl als durch ihre Tapferkeit bei Salamis Achtung und Vertrauen abgewann. 5 Mag es seyn, daß vor dem Enkel dieser Artemisia, dem Tyrannen Lygdainis, 6 der herangewachsene Herodot nach Samos floh, und von da in's Vaterland zurückgekehrt, die Vertreibung desselben erkämpfte: Dieß ist es nicht, was uns sein Leben denkwürdig macht; Herodot's Reisen, welchen sein unsterbliches Werk bei weitem den größten Theil des Inhalte und dabei seine Anschaulichkeit und sinnliche Anmuth verdankt, bleiben das Wichtigste was wir aus seinem Leben wissen. Zwar wir haben noch eine Sage, wie Herodot zu Olympia den versammelten Hellenen seine Geschichte vorgelesen, wobei der Knabe Thucydides weinte; allein wenn wir diese Anekdote (aus Lucian, Suidas, Photius) auch so weit verstümmeln, daß wir ihn nur das erste Buch (Asiatischer Geschichten) in einer seiner jetzigen ungleichen Gestalt vortragen lassen, damit die Vorlesung in die alleinpassende einundachtzigste Olympiade (v. Chr. 456.), des Herodot zweiunddreißigstes und des Thucydides fünfzehntes Lebensjahr, noch gesetzt werden kann: so steht sie doch zu unsers Historikers und seines Werkes Character in keiner merklichen Beziehung, und sieht habe sie auch Lucian nicht rein aus der Luft gegriffen - der Erfindung eines Grammatikers sehr ähnlich.

Auch die andere Nachricht von einer spätern 7 Vorlesung zu Athen an den Panathenäen, wofür er von dieser Stadt mit zehn Talenten Tod belohnt worden seyn, könnte wenigstens ebenso gut durch die doch gar nicht panegyrische - Verherrlichung Athen's in seiner Schrift veranlaßt worden seyn, als die zwei bekannten Mährchen von einer Geldforderung Heros dot's, die ihm die Corinther und die Thebaner abgeschlagen hätten, daraus sich erklären, daß man den Schatten wegnehmen wollte, der in seinen unparteiischen Geschichten auf jene beiden Städte fällt. 8

Nur eine Thatsache aus Herodot's Leben bestätigt sich hinlänglich. Er mag schon einige Zeit in Athen sich aufgehalten haben, als die Sybariten, durch die Krotoniaten ihres Vaterlandes beraubt, Gesandte nach Griechenland schickten um Unterstützung ihrer Heimkehr und Verstärkung ihrer neuen Ansiedlung; welche Bitte Sparta abwies, Athen dagegen erfüllte, indem es durch Herolde in ganz Griechenland zur Theilnahme an der Colonie aufrufen ließ, und zehn Schiffe nebst den Anführern Lampon und Xenocrates hergab. So ward um's zwölfte Fahr vor dem Peloponnesischen Krieg (ungefähr 444 v. Chr.) unweit des zerstörten Sybaris, an der Duelle Thuria, einem Apollinischen Orakel gemäß, Thurium (Thurii) gegründet. Dieser Colonie schloß sich auch unser Geschichtschreiber entweder gleich an in seinem vierzigsten Jahr, oder folgte ihr etwas später nach. Aber die zwei vorhergehenden Jahrzehende seines Lebens waren ohne Zweifel durch die meisten jener bedeutenden Reisen ausgefüllt, von welchen und allein seine Geschichtbücher selbst, wenn auch nicht durchaus bestimmte, doch viele sichere Zeugnisse liefern. Scharfsinnige Forscher haben diese zusammengestellt, und daraus den Umfang von Herodot's autoptischer Länder- und Völkerkunde nachgewiesen; wie denn auch keinem aufmerksamen Leser seiner Musen das Hauptsächlichste davon entgehen kann. Demnach hat er die Griechischen Küsten Vorderasien's mit den zugehörigen Inseln, was wir, nach Herodot selbst, unter dem Namen Ionien im weitern Sinn des Worts zusammenfassen können, vielfach, besucht und beschaut; hat Lydien's Merkwürdigkeiten und seine Hauptstadt Sardes gesehen, und ist nicht nur über den östlichen Grenzstrom des lydischen Gebietes, den Halys, gegangen, dessen lauf er so genau beschreibt; er hat auch den Norden Kleinasiens bereist, mit den Pontischen Hellenen gesprochen, und ist bis zum Phasis gedrungen (nach Herodot Asien' nördliche Grenze), wo er die Colchier kennen lernte. Von den Caucasischen Völkern aber weiß er nur vom Hörensagen, wenn er auch vielleicht an's Caspische Meer gekommen ist. Die südlichen Theile Vorderasiens ließ er auch nicht unbesucht. Insbesondere hat der, von ihm vollständig beschriebene Weg, welcher von Ephesus über Sardes durch Phrygien, Cappadocien und sofort bis nach Susa hinaufging, ohne Zweifel auch unsern Herodot selbst in's innere Asien geführt. Da hat er den Euphrat und den Tigris gesehen und Babylon, das, wiewohl seine Mauern geschleift, seine Söhne unter die Perserherrschaft gedemüthigt waren, ihn noch durch Denkmäler seiner alten Hoheit, durch seinen Reichthum und seine üppige Fruchtbarkeit staunen machte. In Medien betrachtete er Ekbatana, die alte Stadt des Dejoces, mit ihren farbigen Ringmauern; in Arderikka fand er die von Darius hieher versetzten Eretrischen Gefangenen, und mag leicht in Susa, der Persischen Königsstadt selber gewesen seyn. Aber was hinter Persien lag, sah er nicht mehr; und Indien nicht minder, als die nördlichen, jenseits des Araxes und vom Scythenland östlich wohnenden Völker schwanden ihm in die Nebel der Sage. Dagegen vom westlichen Asien hat er auch den Küstenstrich, der nach Süden hin und mit Libyen (Afrika) zusammenläuft, Syrien, Phönicien und Palästina bereist. Dort sah er in Ascalon den Tempel der Venus Urania; in Palästina verglich er Cadytis (sey es nun Jerusalem oder nicht) in eigener Anschauung mit Sardes, und in Tyrus fragte er persönlich nach dem Alter des dortigen Heraklestempels. Ja, auch Arabien hat er betreten; obgleich er das Meiste, was von dessen Schätzen in seinen Büchern steht, der Fabel nacherzählen mußte.

Arabien's Busen hat er befahren und gemessen. Minder bekannt ist ihm das Indische Meer (welches er das rothe, im weitern Sinn als wir, sonst wohl auch das südliche nennt), und gar nicht, wie es scheint, der Persische Meerbusen. In jene untern Theile Asien's kam er zu Schiffe von Aegypten aus, wohin er gleichfalls zur See auf dem gewöhnlichen Wege der Griechea durch's Mittelmeer gekommen war. Wenn er denn also zuerst Kleinasien und von da aus das innere Asien besucht hat, so wird seine Fahrt in's eigentliche Griechenland und auch ein Theil seiner Griechischen Reisen zwischen die Innerasiatische und die Aegyptische Reise gefallen seyn, von welcher er dann über Syrien wieder nach Hellas zurückgekehrt seyn wird.

Als reifer Geschichtforscher - Dieß ist klar - hat er Aegypten mit vielseitiger Aufmerksamkeit durch forscht, und, wie er in richtiger Ansicht dieses Land1es feiner Zeit weit vorangegangen, so ist er noch jetzt eine Hauptquelle für die Kunde desselben. Mit welcher Sorgfalt hat Herodot am Nil verweilt, nach seinen Quellen, der Ursache seines Anschwellens geforscht, die Mündungen und das Werk dieses Stromes, wofür er's erkannte, das Deltaland kennen gelernt! Hier betrachtete er die Königsstadt Saïs, wo er in den Geheimdienst des Osiris einging, und Buto mit dem Latonaheiligthum und seiner schwimmenden Insel. Aber auch das hochgelegene Bubastis (gegen den östlichen Nilarm hin) war ihm merkwürdig, und der klarsten Anschauung verdanken wir die liebliche Zeichnung des dortigen Artemistempels. An der Pelusischen Mündung selbst beschaute er die Gebeine des Schlachtfeldes, auf welchem Cambyses das Heer Psammetich's besiegt hatte, und eine Bemerkung, die er hier macht, lehrt und nicht nur, daß er auch im westlich gelegenen Papremis war, sondern zugleich, daß Herodot's Aufenthalt in Aegypten zwischen sein dreißigstes und vierzigstes Lebensjahr (434 — 444. vor Christo) gefallen seyn muß. Wie fleißig erscheint der Reisende bei der alten Stadt Memphis, wo besonders die je erweiterten Vorhallen des Hephästustempels auch in seinen Geschichten jedesmal den Eins gang bilden, so oft er wieder an einen der alten Aegyptischen Könige kommt; wie denn auch die nahen Pyramiden, in seinem Werk neu aufgestellt und gemessen, doppelt als Denkmäler verherrlicht sind. Den Mörissee und das wunderbare Labyrinth beschreibt uns der Augenzeuge. Von Memphis sehen wir ihn als eigentlichen Geschichtforscher nach Heliopolis sich wenden, und von da, aus gleicher Absicht, mißt er uns den weiten Weg nach Theben, wo er staunend vor den unzähligen Piromisbildern der dialogisirenden Priester stand. Dieser Weg führte ihn durch Chemmis (Panopolis), wo er dem Perseus ein Heiligthum und Kampfspiele (die einzigen in Aegypten) gestiftet fand. Südwärts von Theben drang er noch bis zur Nilinsel Elephantine; weiter nicht, wie er selbst sagt. Ueber jenen Sandstrich mit den Salzbügeln, die von Theben westwärts durch das innere Libyen bis zu den Säulen des Herakles gehen, und zunächst liber das Ammonsorakel und die Sonnenquelle der Ammonier, mögen ihm Ammonier selbst, die er irgendwo in Aegypten traf, Kunde gegeben haben; aber auch diese Sagen gingen nur bis zum Atlasberg, nachdem sie von schlangenessenden Höhlenbewohnern mit schwirrender Sprache, von namenlosen Menschen, die der brennenden Sonne fluchen, und von Solchen, die keine Träume haben, gesprochen hatten.

Von Aegypten ist Herodot sicher nach Cyrene geschifft, und von da aus bereiste er die Küstenländer Libyen's; wie er denn auch die Völker bis zum Tritonsee aufzuzählen weiß. Sollte er auch in Carthago gewesen seyn; der Südwest Afrika's und der Abend blieben ihm doch dunkel, und er sah wiederum nur im trüglichen Spiegel der Sage, ihm selbst unglaubliche Mißgestalten von Thieren und Menschen, neben welchen blos noch Carthagische Handelsnachrichten von jenseits der Heraklessäulen zu hören waren.

Dieß wären denn Herodot's Außereuropäische Reisen; aber Wer kann ihren Gang genau bestimmen oder weiter angeben, in welcher Ordnung er die Inseln besuchte, die zwischen jenen Festländern im Meere liegen, wann er auf Cypern gelandet, von wo aus er nach Creta gelangt ist? Den vierzigjährigen Herodot finden wir in Athen, von wo er nach Thurium mit auswanderte, und finden in seinen Büchern lichte Spuren, wie er in den Griechischen Stadtgebieten und Eilanden bewandert war; nur nicht den Faden einer zusammenhängenden Reise. Unter den Inseln auf der Westseite Griechenlands sah er auf Zakynthus den pechhaltigen See; im Aegeischen Meer wissen wir, daß er mehrere Cycladen, besonders auch die heilige Delos betrat; in Aegina selbst ließ er sich Aeginetische Geschichten erzählen, und Artemisium, so wie den Kampf bei Salamis, konnte nur, Wer selber auf Euböa und Salamis war, so genau beschreiben.

Fragen wir noch, ob Herodot in Peloponnes gereist sey, der mit den Laconen so bekannt ist, Arion's Bild zu Tänarus gesehen hat, die Argivische Tracht aus Anschauung kennt, im Arcadischen Tegea den Tempel der Athene Alea, in Nonacris das Stygische Wasser, im Elischen Olympia den Zenstempel und in Triphylia die Trümmer der sechs Minnerstädte - der alles Dieß selbst gesehen hat? Nicht minder zuverläßig ist, daß Herodot seine Kenntniß Corinthischer Geschichten und Sitten an Ort und Stelle geholt hat. - Und geben wir nun über den Isthmus, so kennt er auch hier das Phönizische Dreiruder, ein heiliges Siegesmaal aus der Salaminischen Schlacht, so wie das eherne Poseidonsbild aus der Beute von Platää. Nach Athen kam unser großer Reisende nicht ganz als Fremder. Denn sein väterliches Halikarnaß stand damals schon in der Bundesgenossenschaft, deren mächtiges Oberhaupt jene Stadt war. Wem auch die - wenig bedeutenden -

Nachrichten von einer dortigen Vorlesung seines Geschichtwerks, 9 von einem Lied, das Sophocles auf Herodot gedichtet, 10 und von einem Grabmal (Cenotaph), das Herodot neben einem des Thucydides, in der Cimonischen Gruft zu Athen erhalten, 11 gar nichts beweisen, der erfährt doch aus seinen Schriften, daß er die Burg Athen's, das Aeacusheiligthum auf dem Markt, auch Simon's Gruft gesehen, daß er das Vorgebirg Zoster und das Sunische und mehrere Gauen Attica's, also dieses überhaupt gekannt hat, außerdem daß seine Runde von den Athenischen Geschichten und Ereignissen der Perserkriege nicht ohne einen Aufenthalt in diesem Freistaat zu erklären ist.

Aber es ist überhaupt unzweifelhaft, daß Herodot in ganz Griechenland keinen merkwürdigen Ort unbesucht ließ. Bald hatte er die Arbeiten der Natur zu betrachten, wie die Echinadischen Inseln, die der Fluß Achelous an's Acarnanische Festland angeschwemmt, oder den Kessel Thesaliens, das ehemals ein See, wie er einsah, durch Erdbeben seinen Wasserabfluß gewonnen hatte; bald seinen Sinn an Götterstätten mit heiligen Dingen zu beschäftigen, wie auf Samothrace, in dessen Mysterien er eingeweiht ward, im Eichwald Dodona's, wo er der ältesten Zeusverehrung nach fragte, und in Delphi, wo er getreulich die zahllosen Weihgeschenke sich aufzeichnete, was er auch in Theben that, wo er zugleich am Tempel des Ismenischen Apollo die Cadmeischen Inschriften las. Besonders zog es ihn aber dahin, wo er etwas Geschichtliches durch eine örtliche Sage, durch Denkmäler und die Ortslage sich veranschaulichen konnte. Dieß findet jeder Leser der Musen zu seiner Freude bewährt in der lebendigen Schilderung nicht nur der Kampfstätten an den Thermopylen und bei Platää, sondern auch des ganzen Weges, auf dem sich das unendliche Heer des Xerxes herabwälzt.

Mit welcher Genauigkeit verfolgt Herodot diesen Zug von Doriscus an, wo der übermächtige König die Zählung zehntausendweis vornahm, längs Thraciens Küsten hin, vorüber all den Städten, die kaum Lebensmittel, all den Flussen, die nicht Trinkwasser genug hatten, und zeigt dabei nähere Kenntniß jener vielen Thracischen Völkerschaften! Und während uns der treffliche Wegweiser mit der Landmacht über die Strynonbrücke in Macedonien hineinführt, läßt er auch die Flotte uns nicht aus den Augen verlieren, die von Acanthus durch den Athosgraben bis in den Thermaischen Busen läuft. Nicht nur dieser Busen und die demselben östliche Halbinsel und das ihm westliche Pierien ist unserm vielkundigen Manne wohl bekannt; sehen wir ihn doch auch am andern Orte vertraut mit den Päoniern und ihren Sitten, und wie mit den Thraciern am Aegeischen Meer, so mit den Bewohnern des Chersoneses am Hellespont, den Küsten der Propontis und des Bosporus. Denn diese Gewässer, ja nach Länge und Breite den Pontus Euxinus hat er durchfahren und nach Tag- und Nachtfahrten gemessen. Hier bereiste er wieder nicht nur einen Theil Thracien's und der Griechischen Pflanzstädte am Pontus, er ging auch über den Ister und lernte das Scythenland und Volk mit seinen Flussen und Erzeugnissen, seinen Sitten und Sagen kennen, und stand selbst vor dem ungeheuern Kupferkessel, einem eigenthümlichen Denkmal der Menge dieses Volke. Ostwärts ist er bis an die weidenreichen Ufer des Borysthenes (Dnieper) gekommen, und auf seiner Fahrt durch den Pontus an der unwirthbaren Taurischen Halbinsel vorbeigesegelt; aber seine Kunde, eingezogen in Griechischen Factoreien, geht noch hinauf nach Mitternacht bis zu den kahlköpfigen Argippäern (Kalmücken am Ural) und zu den Issedonen; dann steht sie an steilen Bergen still; denn an die ziegenfüßigen Menschen, die einäugigen Arimaspuer und goldbewachenden Greifen und an die heiligen Hyperboreer glaubt er nicht; und so bleibt ihm der ganze Nordrand Asiens dunkel, den er noch Europa zutheilt, da ihm Asiens Grenze der Phasis ist. Ein Gleiches gesteht er vom Westen. Gleich nördlich von Thracien kann er jenseits des Ister nur von Bienenschwärmen hören, dann von den Sigynnern, die bis zu den Venetern sich erstrecken und aus dem ferneren Abend spricht die Sage Unglaubliches vom Eridanusstrom, Unbestimmtes vom Bernstein und den Zinninseln, endlich von den Quellen des Ister bei Pyrene im äußersten Celtenland.

Alles Dieses nun, oder doch gewiß das Meiste hatte Herodot von seinem zwanzigsten bis zum vierzigsten Jahre gesehen oder erkundet, als von Athen aus das Italische Thurium gestiftet ward, wohin auch er, vielleicht erst einige Jahre später, gezogen ist, um ein zweites Vaterland dort zu finden. Wirklich wird er häufig von den Alten der Thürische Geschichtschreiber genannt. Von Thurium aus machte er seine letzten Reisen. Außer den Städten Unteritaliens besuchte er wenigstens auch noch Sicilien. Aber seine Hauptbeschäftigung war hier endlich nicht mehr das Sammeln, sondern das Ordnen und Gestalten seines für alle Zeiten kostbaren, einzigen Werkes. In Halikarnaß oder in Samos, wohin einige Nachrichten seine Geschichtschreibung verlegen, kann er dieselbe höchstens begonnen, in Thurii kann er sie nicht erst begonnen haben. Es leuchtet ein, daß er Vieles während seiner Reisen selbst muß aufgezeichnet haben, jedoch an die Bildung eines Ganzen dann erst gehen konnte, als er sich einen festen Ruhesitz gewählt hatte. Die späte Vollendung der großen Arbeit seines Lebens beweisen mehrere Notizen im Werke selbst, zugleich die einzigen Spuren für die Dauer seiner Lebensjahre.

Herodot's Geschichte endigt zwar mit der Zerstörung Persischer Macht in Hellas und an Kleinasiens Küsten nach den Schlachten bei Platää und Mycale; allein zerstreute Erwähnungen in seinen Büchern beziehen sich noch auf spätere Griechischpersische Geschichten, die zum die zum Theil bis in die Zeiten des Peloponnesischen Krieges hinein laufen. 12 Den Peloponnesischen Krieg selbst deutet Herodot nicht nur in einer allgemeinen Bemerkung an (VI, 98.),er erwähnt nicht nur (VII, 233.) des gewaltthätigen Signals zu demselben, der Eroberung von Platää, die in sein dreiundfünfzigstes Jahr fiel (431 v. Chr.), wie auch einzelner Ereignisse in den ersten Fahren dieses Krieges; sondern nennt ihn auch ausdrücklich (IX, 73.), indem er einen Vorfall aus dessen neunzehntem Sommer berücksichtigt. Ja, zwei Stellen (III, 15, I, 130.) können uns glauben machen, daß er bis über das 408te Fahr vor Christus das vierundzwanzigste jenes verderblichen innern Kampfes der Griechen hinaus gelebt, und die letzte Hand au sein Werk nicht vor dem siebenundsiebzigsten Jahre seines Alters gelegt haben kann.

So sind Herodot's Leben und sein schriftliches Denkmal eines vom andern durchdrungen, daß wir jedes nur noch im andern recht erkennen. Den Schluß seines Lebens weiß die Geschichte nicht; so erscheint auch sein Buch ungeschlossen. Denn gleichwie seine Persönlichkeit, obgleich in der originalen Haltung des Ganzen unverkennbar, bescheiden und fast unsichtbar hinter dem eigenen Werke zurücktritt: so hat auch dieses Werk selbst im Wesentlichen keinen speciellen Character, und die Schranken, in denen es sich hält, sind ihm weit weniger durch die Absicht des Verfassers, als vielmehr durch seine Stellung in seiner Zeit, durch die Grenzen des Raumes, in dem er sich bewegte, durch die Endlichkeit seiner Natur und seines Lebens gegeben. Dieser universale Mensch, da er nicht Alles sehen und erleben konnte, bewahrte wenigstens alles das Merkwürdige, was er sah und zu erfahren vermochte. Er widmete sich der Geschichte im weitesten Sinn, der Betrachtung der Natur und der Menschheit. Beide waren ihm gegeben in besonderer Erscheinung von Ländern und Völkern. Darum liegt seinem Werk ein gedoppelter Plan zu Grunde, ein geographischer und ein historischer. Dieser gestaltet sich im Allgemeinen ethnographisch, jener, der untergeordnete, drängt sich oft im Werke sichtlich hervor. Für beide ward ihm nach damaliger und eigener Erdkunde, so wie nach der Zeitgeschichte, fein heimathliches Ionien der Mittelpunkt. Um dieses, dem das schönste Maß der Temperatur und Naturgaben zu Theil geworden, lagern sich rings die bekannten Meere und Länder, der nähere Ost, Süd und Nordwest mit großerem aber minder gleichartigem Reichthum; der fernere Abend und Morgen, wie auch die Enden der Welt nach Mitternacht und Mittag mit den kostbarsten Gütern der Erde. Um dasselbe Ionien bewegen sich auch die Wechselwirkungen Asiatischer und Europäischer Völker, von welchen aus allseitige Pfade in die Vergangenheit zurückführen, bis auch sie in die Fernen der Sage verschwinden.

Demgemäß stellt uns Herodot gleich vorn in den Mittelpunkt seines Gemäldes; und die Anfänge jener feindlichen Berührungen Asiens und Europa's, ausgehend von Lydien, knüpfen sich von selbst an Cyrus, der und in den Osten führt, wie hernach Cambyses in den Süden, Darius nach Norden, bis wir den Xerxes nach Westen begleiten, wobei aber immer noch die allseits hergezogenen Massen, mit denen wir nach Europa übergehen, und die Ausmalung des Weges selbst verhüten, daß wir nicht eine einzelne Kriegsgeschichte vor uns zu haben wähnen. Wohl muß indessen die kräftige Reaction Europa's im Griechenvolk, zumal bei ihrer historischen Nähe, den Geschichtschreiber ganz besonders in Anspruch nehmen. Der Sieg der Hellenen über die Perser ist nicht Endzweck des Werkes; aber Asien's und des Griechenlandes Streit bildet (was ja Herodot's eigene Einleitung kurz, aber deutlich besagt) die äußerste Form des Ganzen, weil er ohne Zwang zum Ueberblick desselben verhilft, leicht mögliche Zerstreuung beschränkend durch Anziehung des meisten Stoffes. Das Uebrige lagert sich an, oder wird gelegentlich und episodisch eingeschaltet. Nicht ein epischer Rhapsode, nicht ein Logograph, nicht Naturforscher, noch pragmatischer Geschichtschreiber ist unser Herodot; aber er ist alles Dieß, wie und wie weit es sein Gegenstand mit sich bringt, oder wenigstens auch verstattet. Er hatte nicht den Uebermuth, seinen Stoff nach einer Idee zu mißhandeln, wohl aber Ruhe, Heiterkeit, Ausdauer genug, ihn vielseitig aufzufassen. Die schwebende Sage fesselt er nicht; dagegen, wo er Boden spürt, weiß er zu scheiden und zu bestimmen. Eigene Anschauung, eigene Erkundigung sind beinahe seine ausschließlichen Quellen. Jene gibt freilich schöne, sinnliche Nähe, nur darum noch keine poetische, unwahre; diese behandelt er mit Recht nur dann kritisch, wann der Gegenstand kritischen Waffen erreichbar ist. Doch die Glaubwürdigkeit Herodot's im Allgemeinen ist bereits hinlänglich anerkannt; hätte man ihm nur eben so wenig einen zusammengesetzten Pragmatismus unterschieben wollen. Denn so wie die rühmlichen Thaten der Hellenen auf der obersten Höhe seines Geschichtbildes stehen, ohne das Ziel des Werkes zu seyn: so schwebt Herodot's religiöser Glaube, seine Scheu vor einer eifersüchtigen Gottheit blos über einzelnen Gestaltenund Zügen des Ganzen, ohne bildendes Princip desselben zu seyn.

Auf Wahrheit und Wirklichkeit haftete das ruhige Auge des genialen, erfahrungsvollen Mannes, keine Leidenschaft betäubte sein Ohr, und sein reiner Mund sprach in einfacher Rede, in lieblicher, Ionischer Zunge die Zeugnisse seines Geistes und seiner Welt. Wer es daher immer gewesen seyn mag, der seine Schrift in neun Bücher eintheilte, und der dies selben mit den Namen der Musen bezeichnete; 13 durch das Werk selbst ist der sinnige Gedanke gerechtfertigt, den auch das einfachschöne Griechische Epigramm ausdrückt:

Herodot herbergte die Musen, da gab zur Belohnung

Ihrem gastfreundlichen Wirth jegliche Muse ein Buch.

Was die vorliegende Verdeutschung der Musen betrifft, so konnte sich dieselbe nicht immer so genau, wie es bei manchen Vorgängen mit Glück geschehen seyn mag, an die eigenthümlichen Formen des Originals anschließen; doch suchte sie denselben so nahe zu bleiben, als es der besondere Zweck der Uebersetzung erlaubte.

Zu Grunde gelegt ist der Text der Ausgabe von Thomas Gaisford (Leipz. bei Schwickert 1824 - 26.). aus welcher auch die chronologischen Bestimmungen der Hauptbegebenheiten nach christlicher Zeitrechnung, um ihrer Richtigkeit im Allgemeinen und ihrer einleuchtenden Zweckmäßigkeit willen, der Uebersetzung beigefügt sind.

Zu den nöthigen Anmerkungen sind theils vorhandene Erklärungen unsers Schriftstellers, theils hierher gehörige Bemerkungen aus andern neuerer Schriften mitbenützt worden.

Hier gibt Herodot von Halikarnaß eine Denkschrift seiner gesammelten Kunde, damit nicht die Handlungen der Menschen durch die Zeit verloren gingen, noch große und wunderbare Werke, wie sie Hellenen sowohl, als Barbaren ausgeführt, des Ruhmes verlustig würden;. besonders auch, aus welcher Ursache sie einander bekriegt haben.

Historien
(Herodot)

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Erstes Buch: Klio
Zweites Buch: Euterpe
Drittes Buch: Thalia
Viertes Buch: Melpomene
Fünftes Buch: Terpsichore
Sechstes Buch: Erato
Siebentes Buch: Polyhymnia
Achtes Buch: Urania
Neuntes Buch: Kalliope

Geschichte des peloponnesischen Kriegs
(Thukydides)

Inhaltsverzeichnis
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch

Erstes Buch

Inhaltsverzeichnis
Inhalt des ersten Buchs.

Das erste Buch enthält die Einleitung zu dem Geschichtswerke, und die Angabe der entfernteren und näheren Ursachen und Veranlassungen des Peloponnesischen Kriegs. Andeutungen über die Wichtigkeit desselben. Cap. 1. Aeltester Zustand der Hellenen: Anfange und Fortschritte des Anbaus und der Gesittung, 2-8. Bemerkungen über den Trojanischen Krieg und seine Folgen. 9-12. Entstehung der Hellenischen Seemächte. 13-14. Art der Landkriege. 15. Die Perser und die Tyrannen in Hellas hindern dessen Wachsthum. 16. 17. Die Perserkriege und das Emporkommen der beiden Griechischen Hauptmächte, Sparta und Athen, und deren Verwaltungsweise. 18-19. Mängel der früheren Behandlung der Geschichte: genauere Forschung des Verfassers. Wichtigkeit und Ursachen des Pel. Kriegs. 20-23. Veranlassung desselben durch die inneren Unruhen in Epidamnus, durch die Einmischung der Korcyräer und Korinther, durch deren Zwist und Krieg, an dem die Athener Theil nehmen, und durch die Handel Athens mit Potidäa und Macedonien. 24-66. Verhandlungen in Sparta, das seit Krieg gegen Athen beschließt. 67–88. Rückblick auf die Geschichte der Hellenen seit den Siegen über die Perser, und auf die Machtvergrößerung Athens. 89-117. Auch die Bundesgenossen Sparta's beschließen den Krieg. 118 - 125. Letzte Unterhandlungs-Versuche mit Athen, durch Sparta's unannehmbare Forderungen und Pericles Einfluß vereitelt. Dazwischen gelegentliche Erinnerungen an die Schicksale des Pausanias und Themistokles. 26-146.

Erstes Buch.

1. Thucydides von Athen hat den Krieg der Peloponnesier und Athener, wie sie gegen einander kämpften, beschrieben. Er begann sein Werk sogleich, mit dem Ausbruche des Kampfes, in der Erwartung, er werde groß und denkwürdiger als alle frühern werden. Dieses Schloß er aus der Blüthe der Macht, welche beide Theile in jeglicher Art der Kriegsmittel erreicht hatten; auch sah er, daß die übrige Hellenenwelt an eine von beiden Parteien theils sogleich sich anschloß, theils diesen Gedanken hegte. In der That war dieß die größte Erschütterung, welche die Hellenen und einen Theil der Barbaren, und, ich möchte sagen, sogar einen sehr großen Theil der Menschheit je betroffen hat. Zwar die früheren Ereignisse, und was noch weiter rückwärts liegt, genau zu erforschen, war wegen der Länge des Zeitraums unmöglich: doch nach Beweisgründen, welche bei einer in die Fernste Vorzeit sich erstreckenden Untersuchung sich, mir als glaubwürdig ergeben, bin ich überzeugt, daß jene Begebenheiten weder in Betreff der Kriege, noch sonst bedeutend gewesen.

2. Denn offenbar hatte das jetzt sogenannte Hellas vormals keine bleibenden Bewohner: sondern man wechselte die Wohnsitze. Und jeder verließ ohne Schwierigkeit seine Heimath, so oft ihn irgend eine Uebermacht bedrängte. Denn da kein Handel, noch gefahrloser Verkehr weder zu Lande noch zur See stattfand, und jeder sein Grundeigentum nur, im davon zu leben, anbaute; da man ferner keinen Geldvorrath besaß, und den Boden nicht fruchtbar zu machen suchte (denn es war ja ungewiß, ob nicht ein Anderer einbräche, und bei dem Mangel an befestigten Orten plünderte); so fand das Auswandern keine Schwierigkeit, weil man auch das tägliche Bedürfnis der Nahrung wohl überall zu erringen hoffte. Daher war man weder durch große Städte, noch durch andere Einrichtungen mächtig. Am meisten aber wechselten gerade die besten Landschaften ihre Bewohner, Thessalien, wie es jetzt heißt, und Böotien und, Arkadien ausgenommen, die meisten Gegenden des Peloponneses, und was sonst sehr vorzügliches Land war. Denn wegen der Trefflichkeit des Bodens veranlaßte theils bei Einigen der Zuwachs des Vermögens verderbliche Parteizwiste, theils war man den feindlichen Planen fremder Stammesgenossen mehr ausgesetzt. Dagegen war Attika, weil es wegen der Dürftigkeit seines Bodens keine Erschütterungen erlitt, immer meist von demselben Menschenstamme Bevölkert. Und für die Behauptung, daß Griechenland wegen der Wanderungen im Uebrigen nicht gleich förmig emporkam, giebt Folgen: des einen nicht unbedeutenden Beleg. Von denen nämlich, die aus dem übrigen Hellas durch Krieg oder Parteizwist vertrieben wurden, zogen sich die Mächtigsten nach Athen, als einem sichern Aufenthalte, zurück, und, zu Bürgern aufgenommen, vermehrten sie schon von Alters her die Bevölkerung der Stadt, so, daß man später, weil Attika nicht groß genug war, nach Ionien Ansiedlungen aussendete:

3. Die geringe Macht der Alten wird auch dadurch entscheidend beurkundet, daß Hellas vor der Trojischen Unternehmung nichts gemeinsam ausführte. Auch hatte das Land, wie mir scheint, nicht einmal noch diesen Gesamtnamen: vielmehr war wohl diese Benennung in der Zeit vor Hellen, dem Sohne Denkalions, noch gar nicht vorhanden: sondern nach Volksstämmen liehen sowohl andere, als vornehmlich der Pelagische" den Landschaften ihren Namen. Als aber Hellen und seine Söhne in Phthiotis mächtig wurden, und man sie in andere Staaten zur Sühneleistung einlud; so wurden, wie mir scheint, im Verkehre die Einzelnen bereits häufiger Hellenen genannt. Doch konnte dieser Name nicht für Aue herrschend werden. Dieß beweist vorzüglich Homer. Denn wiewohl er lange sogar nach der Trojischen Zeit lebte, so hat er doch nirgends Aue insgesamt so benannt, und keine Anderen als die mit Achilles aus Phthiotis kamen, welche wirklich, auch die ersten Hellenen waren: dem Ganzen, giebt er in seinen Gedichten den Namen Danaer, Argirer, Achäer. Uebrigens hat er auch den Namen: Barbaren, nicht gebraucht, weil auch die seltenen, wie ich glaube, noch nicht unter Einem unterscheidenden Namen im Gegensatze gegen Jene begriffen wurden. Alle diese Hellenen nun, die in den einzelnen Städten eine gemeinsame Sprache hatten, so wie die später sogenannte Gesamtheit, haben vor der Trojischen Zeit aus Ohnmacht und Mangel an Verkehr nichts in Bereinigung ausgeführt. Aber auch zu jenem Heerzuge vereinigten sie sich erst, als sie bereits häufiger mit der Schifffahrt sich beschäftigten.

4. Denn Minos war der älteste Gründer einer Seemacht, von dem wir durch die Sage wissen; denn er beherrschte den größten Theil des jetzigen Hellenischen Meeres, und gebot über die Entladischen Inseln, bevölkerte auch die meisten zuerst, indem er die Karier vertrieb, und seine Söhne als Häuptlinge einsetzte: auch vernichtete er, wie leicht zu erachten, die Seeräuberei, so weit er konnte, damit ihn die Einkünfte um so eher eingingen.

5. Denn vormals widmeten sich die Hellenen, und von den Barbaren theils die Küstenbewohner des Festlandes, theils alle Besitzer der Inseln, seit sie anfingen, einander häufiger zu Schiffe zu besuchen, der Seeräuberei, wobei die Mächtigeren sowohl eigenen Gewinns wegen, als auch zum Erwerbe des Unterhalts für die Unbegüterten, ihre Anführer waren. Sie überfielen und plünderten unbefestigte und dorfähnlich bewohnte Städte, und gewannen dadurch, meist ihren Unterhalt: ohne daß diesem Gewerbe noch eine Schande anklebte; vielmehr brachte es einigen Ruhm. Dieß beweisen auch jetzt noch einige Bewohner des Festlandes, bei denen als ehrenhaft gilt, Jenes mit Geschick zu treiben; so wie die alten Dichter, die bei der Erkundung über die Landen: den überall in gleichen Sinne fragen lassen: ob sie Seeräuber sehen? in der Voraussetzung, daß die Befragten dieß Gewerbe nicht für entehrend halten, noch die Kundesuchen: den es ihnen zum Vorwurf machen. Auch auf dem Festlande trieb man gegenseitig Räuberei: und bis heute haben noch, manche Gegenden von Hellas Bewohner von der alten Lebensart, zum Beispiele die Ozolischen Lokrer, Aetolier und Akarnaner, und die in dem dortigen Festlande wohnen. Auch das Waffentragen haben die Einwohner dieser Gegen: den aus der alten Raubzeit beibehalten.

6. Denn wegen der unbefestigten Wohnplätze und der Unsicherheit des Reiseverkehrs ging ganz Hellas bewaffnet: und dieß war die gewöhnliche Tracht bei den täglichen Verrichtungen, wie bei den Barbaren. Die genannten Gegenden von Hellas, deren Bewohner noch jetzt diese Sitte haben, beweisen die frühere Allgemeinheit jener Lebensart. Die Athener aber waren mit unter den Ersten, welche die Waffen ablegten, und, der rauhen Lebensweise entsagend, zu einem gewissen Grade von Üppigkeit übergingen. Und es ist dort noch nicht lange her, seit die Bejahrten unter den Wohlhabenden aufhörten, aus Weichlichkeit linnene Unterkleider zu tragen, und das Gefleckte der Scheitelhaare durch angebrachte goldne Zikaden zu befestigen: daher hat sich auch wegen der Stammesverwandtschaft jene Tracht unter den Ioniern bei ältern Männern lange behauptet. Schlichter einfacher Kleidung hingegen nach der jetzigen Weise bedienten sich zuerst die Lacedämonier; und auch sonst haben dort die Reicheren meist gleiche Lebensweise mit dem Volke angenommen. Sie waren auch die ersten, die sich bei den Leibesübungen entkleideten, und öffentlich die Gewänder ablegten, und sich mit Öle salbten. Ursprünglich, hatten die Wettkämpfer bei dem Olympischen Kampfspiele Gürtel um die Geschlechtstheile: was erst seit wenigen Jahren aufgehört hat. Bei einigen Barbaren, besonders Asiaten, werden noch jetzt Wett: spiele im Faust- und Ringkampfe gegeben, wobei die Teilnehmer geschürzt sind. Es ließen sich wohl auch sonst noch manche Ähnlichkeiten der Gebräuche des alten Hellenenvolks und der jetzigen Barbaren nachweisen.

7. Alle in der neuern Zeit und nach Erweiterung des Schifffahrt gegründeten Städte wurden, da man wohlhabender war, auf den Ufern selbst mit Festungswerken angelegt, und auf Landengen gebaut, theils des Handels wegen, theils zur Sicherung gegen die Nachbarn. Die ältern Städte hingegen waren, sowohl auf den Inseln als auf dem Festlande, wegen der lange anhaltenden Räuberei entfernter von der See angelegt worden. Denn sie trieben Raub, gegen einander und gegen alle, die, ohne Seeleute zu sein, an der Küste wohnten ; und jene sind noch jetzt landeinwärts gebaut.

8. Nicht minder waren auch die Inselbewohner, aus Karischem und Phönizischem Stamme, Seeräuber: denn diese Stämme hatten die meisten Inseln bevölkert. Ein Beweis ist Folgendes: Als Delos durch, die Athener in diesem Kriege gereinigt wurde, so ergab sich bei der Wegschaffung der Särge auf der Insel, daß die Toten über die Hälfte Karier waren: man erkannte sie an der mitbegrabenen Waffenrüstung und ihrer noch jetzt üblichen Bestattungsweise. Als nun die Seemacht des Minos emporkam, wurde der Schifffahrtsverkehr dadurch befördert: denn jene schädlichen Inselbewohner wurden durch ihn vertrieben und zugleich die meisten der Inseln mit Ansiedlern besetzt. Und die Anwohner des Meeres, welche nun schon sich größeres Vermögen erwarben, erhielten auch festere Wohnsitze: einige, weil sie reicher als früher geworden waren, umgaben sich auch mit schirmenden Mauern; denn aus Gewinnsucht ließen sich die Schwächen die Unterjochung durch Mächtigere gefallen, und die Stärkeren machten, weil sie mehr Vermögen hatten, die geringeren Städte sich unterwürfig. In diesem Zustand hatten sich die Griechen schon mehr befestigt, als sie in der Folge Den Meereszug gegen Troja unternahmen.

9. Agamemnon scheint mir, nicht sowohl als Anführer von Helena's Freiern, die ein Schwur dem Tyndareus verpflichtete, sondern durch das Uebergewicht seiner Macht über feine Zeitgenossen jenen Seezug zu Stande gebracht zu haben. Denn es erzählen diejenigen Peloponnesischer, welche die zuverlässigste Kunde durch Überlieferung von den Vorfahren erhalten haben: Pelops habe zuerst durch die vielen Schätze, die er ans Asien zu mittellosen Leuten mitgebracht, sich Macht erworben, und daher, wiewohl er nur Einwanderer war, dem Lande den Namen gegeben: noch größern Erfolg haben feine Nachkommen gehabt. Denn Eurystheus war in Attika durch die Herakliden geraten, und hatte den Atreus, seiner Mutter Bruder, als er zu Felde zog, Mycenä und die Regierung, der Verwandtschaft wegen, anvertraut: dieser aber hatte sich gerade wegen Chrysippus Ermordung vor seinem Vater geflüchtet. Als nun Eurystheus nicht mehr heimkehrte, so soll Atreus mit Genehmigung der Mycenäer, weil man sich vor den Herakliden fürchtete, und er für mächtig galt, und dem Volke geschmeichelt hatte, die fürstliche Herrschaft über Mycenä und das ganze Gebiet des Eurystheus erhalten haben und so sehen die Pelopiden mächtiger als Perseus Abkömmlinge geworden. Da diese Macht auf Agamemnon überging, und er zugleich durch die Seemacht den Andern überlegen war, so brachte er, wie mir dünkt, nicht sowohl durch Gunst, als durch Furcht das Meer zu jenem Zuge zusammen. Denn es findet sich, daß Ausgenommen nicht allein selbst die größte Zahl Schiffe mit sich führte, sondern auch den Arkadiern welche wie überließ, wie Sumer bezeugt, wofern dieser ein tüchtiger Gewährsmann ist. Und da, wo er die Vererbung des Scepters beschreibt, sagt er:

"Vieler Inseln war Er und des sämtlichen Argos Gebieter.“ Er würde jedoch als Bewohner des Festlandes die Inseln mit Ausnahme der nächstgelegenen, deren Zahl wohl sehr klein war, nicht sich unterworfen haben, hätte er nicht auch einige Seemacht gehabt. Man darf aber auch aus jenem Heerzuge auf den frühern Zustand schließen.

10. Wenn übrigens Mycenä eine kleine Stadt war, und manche der damaligen Ortschaften jetzt für unbedeutend gilt, so ist dieß kein entscheidender Beweis gegen die Annahme, daß jene See- Unternehmung so groß gewesen, als die Dichter angeben, und die herrschende Sage behauptet. Denn die Stadt der Lacedämonier würde einmal verödet, und es blieben die Tempel und der Grund und Boden der Anlage allein übrig; so würden, wie ich glaube, nach geraumer Zeit, bei den Nachkommen große Zweifel sich erheben, ob ihre Macht dem Rufe entsprochen habe. Und doch besitzen sie zwei Fünftheile des Peloponnes, und haben die Oberleitung des Ganzen und vieler auswärtigen Bundesgenossen: allein da die Stadt nicht zusammengebaut ist, und keine kostbaren Tempel und Anlagen hat, sondern nach althellenischer Weise dorfartig eingerichtet ist; so dürfte sie ziemlich armselig erscheinen, Sollte aber die Athener das nämliche Schicksal treffen, so würde man aus dem äußern Ansehen der Stadt schließen, sie sei doppelt so mächtig gewesen, als sie wirklich ist. Man hat also keinen Grund, ungläubig zu sein, und die Städte mehr nach ihrem Aussehen, als nach ihrer Macht zu beurtheilen: vielmehr darf man mit

Grund annehmen, daß jenes Kriegsheer größer als alle früheren war, jedoch den neueren nicht gleich kam. Denn wenn man auch in dieser Hinsicht Homers Gedichten einigen Glauben schenken darf, obwohl er als Dichter wahrscheinlich verschönernd in's Größere gemalt hat, so erscheint doch jenes Heer auch so noch minder bedeutend. Denn er zählt zwölfhundert Schiffe: den Böotischen giebt er hundert und zwanzig Mann, denen des Philoctetes fünfzig: womit er die größten und kleinsten andeuten will: wenigstens erwähnt die Schiffsliste nichts von der Größe der übrigen. Ferner gibt er zu verstehen, daß Alle auf des Philoctetes Schiffen bewaffnete Ruderer und Streiter waren: denn die Ruderer macht er alle zu Bogenschüben. Die außerordentliche Bemannung aber war ohne Zweifel klein, außer den Königen und höchsten Kriegsbeamten, zumal da man auch Kriegsgeräthe überzusetzen hatte, und die Schiffe ohne Verdeck vielmehr nach alter Weise wie Raubschiffe gebaut waren. Nimmt man also das Mittel zwischen den größten und kleinsten Schiffen, so zeigt sich, daß für eine gemeinsame Ausrüstung aus ganz Hellas das vereinte Heer nicht groß war.

11. Daran aber war nicht sowohl die geringe Bevölkerung, als der Mangel an Geldmitteln Schuld. Wegen der Schwierigkeit der Unterhaltung nahm man ein minder großes Heer mit, und nur so viele Menschen, als man bei dem Kriege in der dortigen Gegend erhalten zu können hoffte. Als sie nun nach der Landung ein Treffen gewonnen hatten, was daraus erhellt, weil sie sonst ihr Lager nicht hätten verschanzen können; so gebrauchten sie auch da nicht ihre ganze Heeresmacht, sondern sie beschäftigten sich aus Mangel an Lebensmitteln mit Ackerbau auf dem Chersonnes, und mit Räuberei. Bei dieser Zersplitterung ihrer Macht vermochten auch die Trojer ihnen sehen Jahre lang zu widerstehen, da sie den jedesmal Zurückgebliebenen gewachsen waren. Hätten sie hinlänglichen Mundvorrat mitgebracht, und den Krieg mit gesammter Macht, ohne Plünderungszüge und Feldbau, unausgesetzt fortgeführt, so würden sie durch eine gewonnene Schlacht leicht die Eroberung bewerkstelligt haben, da sie ja auch ohne die Gesamtkräfte, mit dem Theile, der jedesmal gerade bei der Hand war, sich gegen den Feind behaupteten: oder sie würden durch, eine Einschließung und Belagerung Troja in kürzerer Frist und mit geringerer Mühe genommen haben. Aber wegen des Geldmangels war nicht allein ihre Macht vor dieser Zeit gering, sondern selbst diese Unternehmung, welche doch berühmter als alle früheren wurde, scheint in der Wirklichkeit minder bedeutend, als sie der Ruf darstellt und die Sage, die sich unter und durch die Dichter darüber erhalten hat.

12. Und, nach dem Trojanischen Kriege wechselte Hellas seine Bewohner durch Wanderungen, so daß es wegen des ruhelosen Zustandes nicht emporkommen konnte. Denn weil die Rückkehr der Hellenen von Ilium sich verzog, so wurden dadurch manche Veränderungen und in den Städten meist Parteizwiste veranlaßt, wodurch Einige zur Auswanderung genöthigt wurden, und Städte gründeten. So wurden die heutigen Böotier sechzig Jahre nach Trojas Eroberung durch die Thessalier aus Arie vertrieben, und besetzten das Land, das jetzt Böotien heißt, und früher das Kadmeische Land genannt wurde. Eine Abtheilung derselben hatte schon früher in diesem Lande gewohnt, und war zuin Theil mit gegen Ilium gezogen. Die Dorier aber besetzten, achtzig Jahre nach dem Trojanischen Kriege, den Peloponnes in Verbindung mit den Herakliden. So gelangte Hellas nur mit Mühe und spät zu festem Ruhestande, und hörte auf, Umwälzungen zu erleiden, und konnte nun Pflanzvölker aussenden. Die Athener schickten die Ionier und die meisten Inselbewohner als Ansiedler aus: die Peloponnesier aber besetzten den größten Theil von Sicilien und Italien, und einige Gegenden des übrigen Hellas. Alle diese Stiftungen waren später als der Trojanische Krieg.