Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-417-22873-1 (E-Book)
ISBN 978-3-417-28753-0 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book:CPI books GmbH, Leck
© 2016 SCM-Verlag GmbH & Co. KG, 58452 Witten
Internet: www.scm-verlag.de; E-Mail: info@scm-verlag.de
Die Bibelverse sind folgender Ausgabe entnommen:
Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006 SCM-Verlag GmbH & Co. KG, 58452 Witten.
Gesamtgestaltung: Dekoartistda GbR | Ole+Tanja Husmann | Freiburg
Für Carl, Martin und Luise
Frohe Weihnachten!
1. Dezember: Zu lange noch bis Weihnachten
2. Dezember: Ein geheimnisvoller Bote
3. Dezember: Der erste Adventskalender
4. Dezember: Blüten im Winter
5. Dezember: Ein Schiff kommt an
6. Dezember: Der Bischof im Ofen
7. Dezember: Hans und sein neues Zuhause
8. Dezember: Johannes Falk schreibt ein Lied
9. Dezember: Ein Baby in Windeln
10. Dezember: Ein Wald für Jesus
11. Dezember: Hoch über der Stadt
12. Dezember: Der König kommt!
13. Dezember: Lichtbringerin
14. Dezember: Grün, grüner, Weihnachtsbaum
15. Dezember: Der singende Adventskalender
16. Dezember: Von Haus zu Haus
17. Dezember: Auf der Straße
18. Dezember: Alles schläft. Einsam wacht
19. Dezember: Nur das traute, hochheilige Paar
20. Dezember: Licht gibt’s nur im Dunkeln
21. Dezember: Ein Stern gegen die Angst
22. Dezember: Goldene Äpfel
23. Dezember: Das Geschenk
24. Dezember: Herzlich willkommen
Liebe Eltern
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Schon beim Aufstehen wurde Niko das Gefühl nicht los, dass in diesem Tag der Wurm drin war. Und dabei war es der erste Dezember, eigentlich ein Tag, auf den er sich immer freute. In der Küche hatten Mama und Papa gestern Abend bestimmt die drei Adventskalender für ihn, seinen älteren Bruder Lukas und seine kleine Schwester Sophie aufgehängt; und das erste Türchen zu öffnen, war jedes Jahr wieder etwas ganz Besonderes.
Aber nicht heute. Es war mitten in der Woche, es war Schule und Niko hatte keine Lust. Mama war unerbittlich, rauschte ins Zimmer, zog Niko die Decke weg und flötete: „Aufstehen, der erste Dezember ist da!“
Niko grunzte nur. Der erste Dezember, das bedeutete, dass es immer noch 23 lange Tage waren bis zum Heiligen Abend. 23 Tage mit Schule, Hausaufgaben, Geschirrspülerausräumen und mit zwei Eltern, die vor lauter Weihnachtsstress ganz kribbelig waren.
Während er am Frühstückstisch sein Müsli löffelte, dachte Niko nach, wozu der ganze Trubel eigentlich gut sein sollte. Natürlich, Jesus hatte Geburtstag, so viel war klar. Und wenn es einen Geburtstag gab, an dem man es so richtig krachen lassen sollte, dann war es wohl der Tag, an dem das wichtigste Baby der Welt seinen ersten Schrei losließ. Trotzdem. Kerzen? Bäume im Wohnzimmer? Sterne überall? Buden auf dem Marktplatz? Was hatte das mit Geburtstag zu tun?
„Mama, warum feiern wir den Geburtstag von Jesus eigentlich nicht wie einen Geburtstag?“, fragte Niko.
„Wie meinst du das, nicht wie einen Geburtstag?“, wollte seine Mutter wissen.
„Na ja, wenn ich Geburtstag habe, dann kommen alle meine Freunde, es gibt Luftballons und Schokokuchen und wir machen eine Schnitzeljagd oder so. Und Jesus kriegt einen Baum und ein paar Kerzen?“, sagte Niko.
Lukas lachte und verschluckte sich fast an seinem Kakao. „Du hast vielleicht Ideen. Sollen wir an Weihnachten vielleicht ‚Happy Birthday‘ singen? Und an Heiligabend eine Schnitzeljagd machen?“
Seine Mutter runzelte die Stirn. „Nun … ich weiß nicht. Eigentlich hat Niko recht. Ich weiß nur, dass die Menschen schon sehr lange dieses Fest feiern. Und zu unterschiedlichen Zeiten haben sie sich eben unterschiedliche Dinge ausgedacht.“
Niko löffelte weiter. Das stimmte, aber es erklärte nicht wirklich, warum die Menschen im Advent taten, was sie taten. Zum Glück war heute der Tag in der Woche, an dem Niko den Nachmittag immer mit seinem Opa verbrachte, weil seine Mutter lange arbeitete. Niko liebte seinen Opa. Ihn konnte er alles fragen.
Nikos Opa wohnte nicht weit entfernt, in einem kleinen Haus am Stadtrand. Das Häuschen hatte einen Garten und hinter dem Garten floss ein Bach.
Als Niko bei ihm ankam, öffnete sein Opa die Tür. Er hatte seine Winterjacke und die Gartenstiefel an. „Hallo Niko. Schön, dass du da bist. Ich wollte gerade nach draußen gehen und Holz für den Ofen holen. Kommst du mit?“
Niko warf seinen Ranzen in die Ecke und folgte seinem Opa. Der Holzschuppen stand ganz am Ende des Gartens hinter den Obstbäumen. Während sie über den Rasen stapften, fragte Niko: „Opa, darf ich dich mal was fragen? Weißt du, warum wir im Advent so viele merkwürdige Dinge tun? Wir feiern doch einen Geburtstag, aber es ist nicht wie ein Geburtstag. Ich mag das ja alles sehr gerne, Adventskalender, Weihnachtsbaum und so, aber richtig verstehen tue ich es nicht.“
Sein Opa füllte den Holzkorb und hielt inne. „Das ist eine gute Frage, Niko“, sagte er, „denn es stimmt: Dieser Geburtstag wird nicht wie andere Ehrentage gefeiert.“ Er drückte Niko drei Holzstücke in den Arm und hob den Korb hoch. „Diese Dinge, die uns durch den Advent und an Weihnachten begleiten, nennt man Bräuche. Bräuche sind Rituale, die immer wiederkehren, wir tun an einem bestimmten Punkt im Jahr oder in unserem Leben immer dasselbe.“
„Dann ist der Adventskalender also so ein Brauch?“
„Ja, sicher. Dadurch, dass wir ihn jedes Jahr aufhängen, wissen wir schon, was uns erwartet, und freuen uns darauf.“
„Das erklärt aber noch nicht, warum wir das tun, was wir tun, und nichts anderes.“
Opa setzte den Korb an der Haustür ab. Er schaute Niko eine Weile nachdenklich an und sagte dann: „Mein lieber Niko, du stellst heute mal wieder viele Fragen. Wollen wir uns nicht lieber erst einmal ein wenig aufwärmen? Ich habe Punsch gemacht. Und das Malefiz-Spiel steht schon bereit und wartet auf uns.“
Niko freute sich. Opas Kinderpunsch war etwas ganz Besonderes. Ein geheimes Rezept, das er nicht rausrückte, sooft ihn Nikos Mutter auch anbettelte. Und keiner hatte mehr Glück beim Malefiz als Opa. Aber Niko war fest entschlossen, ihn eines Tages zu schlagen. Vielleicht ja schon heute.
Lukas 2,15
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Am nächsten Morgen saß Niko gerade am Frühstückstisch, als sein Papa sich verabschiedete. Doch er kam sofort wieder zurück, schaute etwas irritiert und sagte: „Niko, komm doch mal bitte. Da ist jemand vor der Tür, der dir etwas geben möchte.“
Niko wunderte sich und ging seinem Vater nach in den Flur. Hinter ihm schabten die Stühle auf dem Boden, als sein Bruder, seine Schwester und seine Mutter ebenfalls aufstanden und ihm folgten.
Niko blieb der Mund offen stehen: Vor der Tür saß ein kleiner Hund und wedelte mit dem Schwanz. Er hielt einen Briefumschlag im Maul, rot mit einem goldenen Stern. Ganz groß stand darauf: „Für Niko“. Als Niko in den Flur trat, legte er den Kopf schief und schaute ihn mit warmen, braunen Augen an.
„Ja, wer bist denn du?“, rief seine Mutter hinter ihm. „Schau mal Niko, der Brief ist für dich.“
Niko ging zögernd auf den Hund zu, beugte sich zu ihm und griff nach dem Brief. Der Hund wedelte noch einmal kräftig mit dem Schwanz, bellte zweimal und lief davon.
„Mach ihn auf, mach ihn auf!“, rief Sophie.
„Ja, mach schon“, bekräftigte Lukas.
Langsam drehte Niko den Brief um, riss ihn auf und nahm zwei eng beschriebene Blätter heraus. Dann las er laut:
Lieber Niko,
es dauert nicht mehr lange bis Weihnachten. Doch bis es so weit ist, möchte ich Dich auf eine Reise einladen. Hast du Lust, die Bedeutung der Weihnachtsbräuche zu entdecken? Du wirst nun jeden Tag, bis Weihnachten, einen Brief erhalten. Sherlock, meinen Boten, hast du schon kennengelernt. Aber halte deine Augen offen! Der Brief kann überall auf dich warten, jeden Tag woanders und zu einer anderen Zeit. Du wirst viele Menschen treffen und neue Dinge erleben. Viel Spaß dabei!
Niko sah auf und blickte seine Eltern an. Sein Papa und seine Mama waren genauso erstaunt wie er.
„Hat der Brief eine Unterschrift?“, fragte sein Vater.
Niko blätterte die Seiten durch: „Nein, da steht nichts. Und ich habe auch keine Ahnung, wer mir einen solchen Brief schreiben könnte.“
„Der Brief scheint noch um einiges länger zu sein“, sagte seine Mutter, „willst du dich nicht an den Küchentisch setzen und uns den Rest vorlesen?“
Niko nickte und ging voraus in die Küche. Alle folgten ihm, sogar sein Vater kam noch einmal mit. Als sie saßen, las Niko weiter:
Heute hast du ja schon die zweite Tür deines Adventskalenders geöffnet. Also höchste Zeit, dir den Erfinder des Adventskalenders vorzustellen. Gerhard Lang lebte in Maulbronn. Und hier ist seine Geschichte:
„Mama, wie lange dauert es noch bis Weihnachten?“ Gerhard drückte seine Nase an die Fensterscheibe. Draußen war es schon dunkel. Wenige Menschen hasteten durch den Schnee, der sich in den Maulbronner Gassen auftürmte. Hinter ihm in der Küche wärmte seine Mutter Kaffee auf dem Kohlenherd.
„Das dauert noch, Gerhard“, sagte sie. „Es ist ja noch nicht einmal Dezember.“
„Ich will aber nicht mehr warten“, brummelte Gerhard und setzte sich neben sie auf die Küchenbank. „Können wir nicht einfach schon am Sonntag feiern?“
Seine Mutter lachte. „Aber Gerhard, das wäre doch kein richtiges Fest! Weihnachten ist nun mal am 24. Dezember und bis dahin musst du schon noch warten. Schöne Dinge sind es wert, dass man ein bisschen auf sie wartet, oder nicht?“
Gerhard war nicht ganz überzeugt.
Am nächsten Tag war Markt in Maulbronn und Gerhard ging mit seiner Mutter einkaufen. Es schneite und war sehr kalt.
„Mama?“, Gerhard zupfte seine Mutter am Mantel. „Ist jetzt bald Weihnachten?“
Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Das dauert“, sagte sie, „und ich muss auch noch so viel vorbereiten: Plätzchen backen, die Wohnung schmücken, die Krippe vom Dachboden holen. Aber wenn du willst, kannst du mir dabei helfen.“
Gerhard wollte gerne. Aber warum musste das alles so lange dauern?
Da entdeckte er das Schaufenster von Bäcker Pfister. Die Bäckersfrau war gerade dabei, es mit Girlanden aus Tannenzweigen, mit Strohsternen und kleinen Lebkuchen zu schmücken. Während Gerhard seine Nase an die Scheibe drückte, wurde das Innere des Fensters immer schöner und weihnachtlicher. Da bitte, so schwer war das doch gar nicht! Ein bisschen Grün, etwas Leckeres zu essen und ein paar Sterne: Sah das nicht schon nach Weihnachten aus?
In diesem Moment fasste Gerhard einen Entschluss: Er würde Mama und Papa morgen Nachmittag mit Weihnachten überraschen! Gleich morgens würde er mit den Vorbereitungen anfangen, dann würden seine Eltern schon einsehen, dass man dafür keine vier Wochen brauchte.
Als er am nächsten Tag aufwachte war er allein zu Hause. „Mmh, also, was brauche ich alles?“, überlegte er. „Auf jeden Fall einen Baum. Und die Krippe. Und die besonderen Plätzchen, die Wibele. Mit den Wibele fange ich an.“