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Titelseite

Inhalt

1. Wo bleibt der Weihnachtsmann?

2. Erinnerungen an letztes Jahr

3. Oles Aufbruch

4. Glöckchen, der Rentier-Trainer

5. Der kleine Polarfuchs

6. Tage voller Feuereifer

7. Kommando zum Fliegen!

8. Die Stimmung kippt

9. Ein beleidigter Freund

10. Der Streik

11. Glöckchens Plan

12. Wahre Freunde

13. Fort von daheim

14. Ein ganz neues Gefühl

15. Plötzlich zu dritt

16. Hilfe, der Boden schwankt!

17. Das Grollen aus dem Eisberg

18. Eisbärenfutter

19. Am Ziel

20. Abgeschnitten

21. Björns große Stunde

22. Fliegen erlaubt!

23. Die Rettung

24. Weihnachten, wir kommen!

 

Manchmal passieren Dinge, die unmöglich erscheinen. Doch wenn sie sich im feierlichen Klang unzähliger Weihnachtsglöckchen und unter einem Meer aus funkelnden Sternen ereignen, sollten wir an sie glauben.

Denn dann handelt es sich um ein Weihnachtswunder …

1.

Wo bleibt der Weihnachtsmann?

Es war beinahe Mittag am nördlichsten Punkt der Welt. Und doch sah es so aus, als läge die weiße weite Landschaft noch immer in einem tiefen Schlaf.

Heute kostete es den Tag besonders große Mühe, sich gegen die Nacht durchzusetzen. Das Licht kam kaum gegen die dicke dunkle Wolkenschicht an. Nur dann und wann schlüpften einige wenige Strahlen durch eine kleine Lücke, bevor ihnen der Weg von einer nachrückenden Schneewolke wieder versperrt wurde.

Es war still, bis auf das Pfeifen des Windes. Nicht eine einzige Eismöwe kreiste über dem Meer. Die Robben streckten ihre Köpfe nicht wie sonst neugierig aus dem Wasser. Sogar den Eisbären mit ihrem dicken Pelz war es zu ungemütlich. Sie versteckten sich tief in ihren Höhlen und dösten vor sich hin.

Nur auf einem Fleckchen Land, umgeben von einem Gebirge aus Frost und Eis, regte sich etwas.

„Ist das heute wieder trüb“, schnaubte Glöckchen. „Wie soll man da bloß in Weihnachtsstimmung kommen?“

Das braun-weiß gescheckte Pony pustete sich seine dunkle Wuschelmähne aus der Stirn, in der Hoffnung, es könnte dann mehr erkennen. Aber es blieb düster um Glöckchen – genau wie um die acht jungen Rentiere, die dicht an dicht auf dem Gipfel eines hohen Schneehügels standen und erwartungsvoll in den grauen Himmel starrten.

Dass die Tage in der Arktis um diese Jahreszeit kurz waren und es die meiste Zeit dämmrig blieb, war für die Bewohner nichts Ungewöhnliches – und es störte sie nicht. Im Gegenteil: Sie mochten diese geheimnisvollen stillen Wochen, denn dann waren die Sterne und das Nordlicht ihre engsten Begleiter und schenkten ihnen ihr ganz besonderes, freundliches Licht.

Gerade aber war von den Sternen nichts zu sehen – noch nicht einmal der hellste unter ihnen ließ sich blicken.

„Nordstern, wo bist du?“, rief Glöckchen. „Du musst doch dem Weihnachtsmann den Weg leuchten. Am Ende findet er uns sonst gar nicht bei diesem Schmuddelwetter!“

Peng! Eine Ladung Schnee landete in Glöckchens Gesicht. „Glöckchen, ich dachte, du wärst ein Weihnachtspony und kein griesgrämiger Polarwolf-Opa!“ Seine Schwester, das Rentiermädchen Lina, lachte. „Also ich glaube, der Weihnachtsmann findet jeden, wenn er will. Vielleicht hat er in seiner geheimen Behausung sogar ein Zauberfenster, durch das er alle Orte dieser Welt sehen kann.“

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Glöckchen riss bei dieser Vorstellung die Augen auf. „Ja, genau, wie könnte er sonst wissen, was sich jedes einzelne Kind wünscht? Ob er jetzt gerade zu uns rüberschaut?“ Glöckchen setzte zur Sicherheit ein besonders freundliches Grinsen auf.

Finn, Linas Zwillingsbruder, verzog spöttisch das Maul. „Ihr beiden spinnt ja. Zauberfenster hin oder her, bei dem Mistwetter kann man froh sein, wenn man seine eigenen Hufe auf dem Boden erkennt.“

Der Wind wurde eisiger und Glöckchen und die Rentiere rückten enger zusammen.

„Kinder, seht lieber zu, dass ihr euch wieder zur Herde gesellt“, sagte plötzlich eine tiefe Stimme.

Die Tiere drehten sich um. Sie hatten Ole, den Anführer ihrer Herde, gar nicht kommen hören.

„Papa, der Weihnachtsmann ist immer noch nicht da“, sagte Glöckchen enttäuscht.

„Und dabei wollte er längst hier sein“, fügte Lina hinzu. „Jedenfalls hat das seine Schneeeule behauptet. Burga kam doch neulich extra zu uns geflogen, sie hat uns viele Grüße vom Weihnachtsmann bestellt und seinen Besuch angekündigt!“

„Hm, vielleicht schnarcht er ja selig in seinem Haus vor sich hin und wartet darauf, dass es endlich heller wird!“, überlegte Finn laut.

Alle lachten und auch Ole musste schmunzeln. Er wusste, was in den acht jungen Rentieren und dem kleinen Pony vor sich ging. Sie waren aufgeregt und konnten es kaum erwarten, wieder als Schlittengespann mit dem Weihnachtsmann auf große Reise zu gehen, um die Menschenkinder zu beschenken – so wie letztes Jahr. Und niemand konnte das besser verstehen als Ole selbst: Auch er hatte früher dieses unvergleichbare Kribbeln gespürt, jedes Mal, kurz bevor er mit seinen Geschwistern zu ihrer Mission aufgebrochen war.

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„Ich weiß, ihr wollt den Weihnachtsmann besonders herzlich begrüßen“, sagte Ole. „Aber es kündigt sich ein Schneegestöber an. Schaut nur, die dicken Wolken über uns. Und der Wind wechselt ständig die Richtung. Ich nehme an, der Weihnachtsmann wartet ab, bis das Schlimmste vorüber ist. Kommt jetzt, ihr habt noch nicht einmal gefrühstückt. Mit ausgehungerten Tieren vor seinem Schlitten kann der Weihnachtsmann sowieso nichts anfangen!“

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2.

Erinnerungen an letztes Jahr

Während die Rentierherde am Rande der weißen Lichtung, aneinandergedrängt im Schutz einiger Nadelbäume, darauf wartete, dass sich der Schneesturm legte, hielten sich Glöckchen und die Rentierkinder mit Erinnerungen an das vergangene Weihnachtsfest warm.

Die Tage vor ihrem Aufbruch waren anstrengend und ziemlich turbulent gewesen. Und was war nicht alles schiefgegangen! Vor allem das Fliegenlernen hatte sie einige Mühen und Tränen gekostet und der Weihnachtsmann war anfangs beinahe an ihnen verzweifelt.

Aber am aufregendsten waren die Tage wohl für Glöckchen gewesen.

„Wisst ihr noch, wie sich unser armes Glöckchen abgemüht hat, um auch fliegen zu lernen?“, fragte Lina. „Ach, du sahst zu drollig aus, wie du zuerst mit den Hufen in der Luft herumgerudert hast und dann als Schneekugel den Hügel hinabgerollt bist.“ Sie kicherte.

Auch Glöckchen musste lachen. Damals allerdings war ihm eher zum Weinen zumute gewesen. Als er schließlich erfahren hatte, dass er gar kein Rentier, sondern ein Pony war, das Ole und seine Frau Elin als Neugeborenes gefunden und in ihre Herde aufgenommen hatten, war ihm klar geworden, weshalb er kein Talent zum Fliegen hatte. Aber besser gefühlt hatte er sich deshalb trotzdem nicht. Im Gegenteil: Es hatte einige Zeit gedauert, bis Glöckchen seinen Platz unter den Rentieren wiedergefunden hatte. Nämlich als Weihnachtspony, ganz hinten auf den Kufen des Weihnachtsmann-Schlittens und als neuntes und wichtigstes Mitglied des Gespanns. Dort hielt er das schwere Gefährt im Gleichgewicht und war immer zur Stelle, wenn die fliegenden Rentiere müde wurden oder während der langen Mission Heimweh bekamen oder nicht mehr konnten.

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„Ohne deine spannenden Geschichten hätte ich ein paar Mal glatt schlappgemacht, Bruderherz“, murmelte Finn. „Puh, wisst ihr noch, wie anstrengend es war, als wir den Ozean überqueren mussten und plötzlich dieser schreckliche Wirbelwind aufkam? Ich hab bis in meine Geweihspitzen gezittert.“

Lina nickte. „Und mir haben deine aufmunternden Worte und Witze immer geholfen, wenn die Sehnsucht nach Mama und Papa zu groß wurde.“ Sie knuffte Glöckchen liebevoll in die Seite, woraufhin das Pony etwas verschämt den Kopf senkte. Dabei bimmelte leise die kleine goldene Glocke, die es – genau wie seine Geschwister und Kameraden – an einem roten Lederband um den Hals trug: das Zeichen dafür, dass sie alle im Dienst des Weihnachtsmannes standen.

„He, ihr Faulpelze, der Schneesturm hat aufgehört!“, ertönte da eine laute Stimme. „Glöckchen, kommst du mit? Bei den Bergen an Neuschnee kann man sicherlich superduper Schneebomben hinlegen!“ Jasper, der Schneehase, kam angehoppelt, um seinen besten Freund zu besuchen. „Oder wir machen einen Ausflug zum Wasser und ärgern die Robben!“

Glöckchen freute sich riesig, Jasper zu sehen. Umso mehr tat es ihm leid, ihn zu enttäuschen.

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„Ich würde so gerne etwas unternehmen“, erwiderte das Pony, „aber wir erwarten jeden Augenblick den Weihnachtsmann. Du weißt ja, bald ist es wieder so weit, und wir müssen dringend mit den Vorbereitungen beginnen! Schließlich ist Fliegen nur in der Weihnachtszeit erlaubt und nach einem ganzen Jahr Flugpause sind sicher alle etwas eingerostet!“

Jasper verdrehte die Augen. „Blablabla, und schon geht es wieder los mit dem Gesülze!“ Der Schneehase verzog sein Schnuppernäschen. „Weihnachtsmann hier, Fliegen da … Du tust gerade so, als wärst du selbst ein Rentier. Pass bloß auf, dass du nicht plötzlich tatsächlich abhebst vor lauter Prahlerei!“