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Alles im Kasten
Kartenverzeichnis
Unterwegs mit Marcus X. Schmid
Geboren und aufgewachsen in der Schweiz, im etwas öden Mittel­land zwischen Zürich und Bern. Der fehlende Blick aufs Matter­horn oder in die Sonnen­stube Tessin hat seine spätere Reisetätigkeit erheb­lich be­güns­tigt. Studium in Basel, in Er­lan­gen und im dama­ligen West­berlin, dort­selbst die aka­de­mi­schen Weihen in Germanistik, Kom­para­tistik und Politologie emp­fangen. Lebt und arbeitet freiberuflich als Autor und Übersetzer in der fran­zö­sisch­spra­chigen Schweiz.
Wie viel Zeit nehmen Sie sich für Ihre Rei­se durch Umbrien? Wollen Sie von Flo­renz oder Rom aus noch schnell einen Sprung ins „grüne Herz Italiens“ ma­chen? Dann sage ich Ihnen gleich: keine gute Idee!
„Europe in seven days“, sagte mir ein­mal stolz ein Amerikaner in Rom, der zu­vor noch Paris, London und Berlin be­sichtigt hatte. Schneller geht Reisen nur noch im Internet. Fast Food bekommt der Ver­dau­ung nicht, mit dem „Fast Trip“ ist es ähn­lich. Auch Reiseein­drü­cke wollen ver­daut sein, und es würde mich nicht wun­dern, wenn mein Ame­ri­kaner zuhause er­zählt, am besten in Eu­ro­pa hätte ihm Rom gefallen, der Eif­fel­turm dort sei ein­fach „crazy“, da sei das Ko­losseum in Ber­lin nichts dagegen.
Vielleicht folgt der Slow-Food-Be­we­gung eine Slow-Trip-Bewegung - Ent­schleu­ni­gung, Reisen als Genuss. Sich Zeit neh­men für das Land, für die Men­schen, für ihre Kultur und selbst­ver­ständ­lich für ein gu­tes Essen. Und das Fau­len­zen muss wie­der zu seinem Recht kommen in un­serer auf­ge­scheuch­ten Zeit!
„Chi va piano va sano e va lontano“ (Wer lang­sam geht, bleibt gesund und kommt weit), sagt ein etwas alt­ba­cke­nes ita­lie­nisches Sprichwort. Dass Lang­samkeit den Horizont er­wei­tert, habe ich bei Spa­zier­gängen am La­go Tra­si­me­no und anders­wo in Umbr­ien ent­deckt. Auch das Fau­lenzen habe ich aus­probiert - auf einer wunderschönen Wiese über dem Ört­chen Cesi: einfach traum­haft!
Orientiert in Umbrien
Die Region im Profil
Umbrien war in seiner Ge­schich­te oft ein Zankapfel zwischen Flo­renz und Rom. Erst mit dem Niedergang des Kirchenstaats wurde es 1860 im Zug der Eini­gung Italiens als selbst­ständige Region anerkannt.
∎ Knapp 900.000 Menschen wohnen in Umbrien - weniger als im Saar­land.
∎ Umbriens Fläche beträgt rund 8500 km2 - rund ein Viertel der Fläche Nordrhein-Westfalens.
∎ Die umbrische Hauptstadt Perugia ist fast 1400 Straßenkilometer von Berlin entfernt - am Grenz­über­gang nach Österreich ist die Hälfte erreicht.
∎ Vom südlichsten Punkt Umbriens sind es nur noch 50 Kilometer nach Rom.
Umbrien ist ...
... das grüne Herz Italiens - „il cuore verde d’Italia“
Grün sind die Berge des Monte Cucco, grün die Olivenhaine bei Trevi, grün die Wälder bei Spoleto - und sogar eine grüne Partei gibt es: Die „Verdi“ haben sich bei den letzten Regionalwahlen mit ähnlich gesinnten Parteien zu­sam­men­geschlossen - ohne Erfolg.
... eine Region ohne Meer
Damit unterscheidet sich Umbrien von allen anderen Regionen Italiens südlich der Poebene. Die Umbrier halten sich am Lago Trasimeno schadlos, Fische schwim­men schließlich auch in Süß­wasser. Die besten von ihnen kommen in den Fischeintopf, den „Tegamaccio“.
... die Wiege von Heiligen
Papst Franziskus residiert im Vatikan. Die Umbrier haben ihren eigenen Fran­ziskus. Die Basilika des heiligen Franz von Assisi, Gründers des Franzis­kaner­ordens, ist ein Tourismus­magnet der Re­gion. Der zweite große umbrische Heilige ist der im Berg­städtchen Nórcia geborene Benedikt, Gründer des Bene­diktinerordens. Seine Basilika lag nach dem großen Beben von 2016 in Trüm­mern. Und in Cáscia wurde Rita gebo­ren, die „Heilige der Hausfrauen“.
... voll kulinarischer Köstlichkeiten
Die umbrische Küche ist in erster Linie bodenständig. Umbrien gilt als das Land der Trüffel und Wildschweine. Die Trüffel verfeinert die „Strangozzi“, die klassische Form der umbrischen Pas­ta, das Wildschwein kommt meist in Form eines schmackhaften Bratens auf den Tisch. Manchmal kommen auch beide zu­sammen: Wildschwein an Trüf­fel­sauce. Zu den re­gio­nalen Spezia­litäten zählen die Würst­chen aus Nór­cia, die vor Ort oft mit den zarten fei­nen Linsen aus dem na­hen Cas­tel­-luc­cio ser­viert wer­den. Im Lago Trasi­me­no schwim­men Aale, Schlei­en, Fo­rel­len und an­dere Fische - die im klas­si­schen Fisch­ein­topf, dem „Tega­mac­cio“, lan­den. Zur um­bri­schen Kü­che passt ein um­bri­scher Wein, rot und kräf­tig aus Mon­te­falco oder stroh­gelb und leicht aus Orvieto.
... vulkanisches Gebiet
Vorteil: Auf den vulkanischen Sandsteinböden rund um Orvieto wachsen hervorragende, strohgelbe Weine. Nachteil: Vulkanisches Gebiet ist oft Erdbebengebiet. 1996 stürzte das historische Zentrum von Nocera Umbra zusammen, 2016 wurde das Bergstädtchen Nórcia zum Opfer eines Bebens. Der Wiederaufbau wird noch Jahre dauern.
... international
Das gilt zumindest für Perugia und Assisi. Während Letzteres mit seiner Franziskus-Basilika Millionen von Pilgern aus aller Welt anzieht, gibt sich die Hauptstadt weltlicher: In Perugias „Università Italiana per Stranieri“ bemühen sich ausländische Studenten und Studentinnen um ein korrektes Italienisch. Entsprechend herrscht auf dem zentralen Corso jugendliches, internationales Flair.
... ein neues Domizil
Lange Zeit galt die Region zwi­schen Flo­renz und Rom als eine Art är­mere Tos­cana oder wurde überhaupt nicht wahrgenommen. Das hat sich in den letzten zwanzig Jahren geändert. Kauf­ten sich in den 1970er Jahren zahl­rei­che Deutsche ein herunter­ge­kom­me­nes Gehöft in der Toscana, um im war­men Süden ein neues Leben zu be­ginnen, so schwappte das Phänomen we­gen der dort gestiegenen Preise bald ins günsti­gere Umbrien über - mit dem Erf­olg, dass nun auch hier der Bo­den teu­rer ge­handelt wird. Von Norden die Ger­ma­nen, von Süden die Römer: Manch be­tuchter Hauptstädter hat sich im mit­tel­alterlichen Gemäuer eines um­bri­schen Städtchens eine Wohnung ge­kauft und renovieren lassen, und so fla­nie­ren am Wochenende immer mehr Römer durch Città della Pieve, Orvieto oder Spoleto. Die Frischblutzufuhr lässt neue Enotheken, Boutiquen, Bars und Res­taurants entstehen. Wogegen nichts einzuwenden ist, solange sie sich ins Stadt­bild fügen.
Versteckte Schätze
Erlebnis Kultur
Das Land zwischen der Toscana und Rom hat zwar keine Renaissance-Schätze wie Florenz und keine Kirchenschätze wie der Va­tikan, es hat keine Medici und keine Päpste. Das große Geld war hier nie zu Hause. Doch Sehenswertes gibt es in Umbrien genug, nicht nur den berühmten gestreiften Dom von Orvieto oder die Franziskus­basilika von Assisi, um die man kaum herumkommt, wenn man glaubhaft versichern will, in Umbrien gewesen zu sein. Und es gibt viele kleine, feine Perlen, die sich oft abseits der Haupt­routen verstecken.
Auch wenn die Kirche an Macht eingebüßt hat: Prozessionen sind nach wie vor beliebt. Sie enden oft ganz säkular in einem Volksfest.
Der schönste Platz in Umbrien
Die Piazza del Popolo von Todi, ein­ge­rahmt von drei Palästen und der Ka­the­dra­le, ist so harmonisch wie filmreif. 1963 schritt Elizabeth Taylor als Kleo­pa­tra die Freitreppe des Palazzo del Po­po­lo herunter. Dreißig Jahre später er­klär­te ein amerikanisches Magazin Todi zur lebenswertesten Stadt Italiens. Die Immobilienpreise stiegen.
Das kleinste Theater der Welt
Im Dörfchen Montecastello di Vibio leis­teten sich wohlhabende Bürger im 19. Jahrhundert ihr eigenes, kleines Theater: 37 samtbezogene Sessel im Par­kett, 62 weitere Plätze in den zwei­stöcki­gen Logen, ein bemalter Bühnen­vorhang, Künstlergarderobe und sogar ein Theatercafé. Das „Teatro della Con­cordia“, eine veritable Mini-Scala, be­zeich­net sich als „das kleinste Theater der Welt“. Das ist durchaus möglich, je­denfalls ist es ein Juwel. 1945 trat die damals 18-jährige Gina Lollobrigida hier auf. Nach langjähriger Schlie­ßung und Restaurierung wird es heute wie­der bespielt.
Wein unterm Schildkrötenpanzer
Unweit des malerischen Städtchens Be­vagna liegt mitten in der Landschaft - erkenntlich an einem roten Turm - die Tenuta Castelbuono, auch als „Can­ti­na Ferrari“ oder „Carapace“ (Rücken­panzer) bekannt. Unter der eleganten Architektur, die wie ein gigantischer Schild­krötenpanzer auf der Wiese steht, können hervorragende Weine aus dem nahen Montefalco verkostet wer­den.
Utopie in Stein
Tomaso Buzzi (1900-1981), ein eigen­williger Architekt, kaufte 1957 ein altes Fran­zis­ka­ner­kloster, rund 25 km von Città della Pieve entfernt, um hier in ab­ge­schie­de­ner Lage seine Utopie zu ver­wirk­lichen. Seine „città ideale“ - ein En­sem­ble von Tem­peln und Tür­men, Fi­guren und Thea­ter­bühnen - steckt vol­ler Rätsel, die schwer zu ent­schlüsseln sind. Die Lek­türe der „Hyp­ne­ro­to­ma­chia Poliphili“, eines Ro­mans aus der Re­nais­sance, könn­te viel­leicht wei­ter­hel­fen. Aber auch ohne Vor­kennt­nis­se ist der Spaziergang durch die wun­derliche Archi­tek­tur an­re­gend.
Kunst und Kachel
Das Städtchen Deruta ist ein Zentrum der Keramik­kunst. Zahl­reiche Läden im Centro sto­rico verkaufen, was in den Ateliers oder unten in den Fabriken an der Straße produziert wird. Das Ke­ramik­museum zeigt einige be­son­ders ex­qui­site Stücke. 3 km südlich des Orts steht das „Santuario Madonna dei Bagni“ mit rund 700 Votivkacheln. Was man sonst alles noch aus der Tonerde, die meist aus dem oberen Tibertal kommt, ma­chen kann, zeigt am besten ein Fabrik­besuch in Deruta.
Mumien in der Krypta
Das Valnerina-Dörfchen Ferentillo war­tet in der Kir­che Stefano mit einem spek­takulären Fund auf. Vermutlich dank der chemi­schen Zusammen­set­zung der porösen Erde wurden die in der Krypta beerdig­ten Toten perfekt mumifiziert. Einer steckt noch in seiner bäuerlichen Klei­dung, bei zwei anderen soll es sich um chinesische Pilger han­deln, die auf dem Weg nach Rom in Fe­rentillo starben. Das kann man als Spe­kulation abtun, aber die beiden sehen tatsächlich verdächtig chine­sisch aus.
Fauchende Feuer
Nicht mehr in Umbrien, aber gleich hinter der Grenze liegt das Dörfchen Ci­vitella d’Agliano, in dessen Nähe der Schweizer Bild­hauer Paul Wiedmer mit „La Serpara“ eine verspielte Welt ein­ge­richtet hat, eine Symbiose von Natur und Kultur. Auf dem Gelände, das er wie einen botanischen Garten unter­hält, sind Skulpturen vor allem itali­e­ni­scher, deutscher und schweizerischer Künst­ler zu sehen, jährlich kommen neue hinzu. Petra Fiebig und Uwe Schloen haben im Wrack eines Cin­que­cen­to das „Albergo Goldoni“ eröffnet. Gegen die Raser unter den Fischen im Bach des Geländes hat Samuele Vesu­vio Radar­fallen aufgebaut. Paul Wied­mers eigene Werke fauchen und speien Feuer.
Genuss und Fitness
Natur und Sport
Die Vielfalt der umbrischen Natur mit all ihren optischen Reizen und ihren Gerüchen erfährt am besten, wer sich in ihr ausführlich bewegt: als Wanderer, Bergsteiger, Radler oder Wildwasserfahrer.
In Umbrien wird wie in ganz Italien Radfahren vorzugsweise als Renn­sport betrieben. Langsameres Radeln ist noch wenig bekannt. Das Wandern hingegen gewinnt ein­deutig an Beliebtheit. Zunehmend werden Wege markiert, in den alpinen Gegenden ohnehin.
Vielfältige Landschaften
Nicht umsonst gilt Umbrien als das „grü­ne Herz Italiens“. Es liegt im Zent­rum des italienischen Stiefels und ist südlich der Poebene Italiens einzige Re­gion, die keinen Zugang zum Meer hat. Einen blauen Tupfer zeigt die Land­karte dennoch: den sanft in die Land­schaft einge­bet­teten Lago Trasi­meno. Während im Wes­ten Umbriens, ähnlich wie in der be­nach­barten Tos­cana, wei­che Hügel und be­wirt­schaf­tete Flächen das Bild be­stimmen, bil­det im Osten der Hö­hen­kamm des Apen­nin die Grenze zur Region Marken, mit der sich Umbri­en den Natio­nal­park der Monti Sibillini teilt. Mit seinen über 2000 m hohen Gip­feln zeigt Umbriens Südosten ein Stück hoch­alpiner Land­schaft. In den Sibil­linen entspringt auch die Nera, die als rauschender Fluss durch die Valnerina zieht, bei Terni unterhalb der berühm­ten Cascata delle Marmore die Wasser des Velino aufnimmt und sich an der um­brischen Grenze in den Tiber er­gießt, damit die Römer genug Was­ser haben.
Naturparks
Parco regionale del Monte Cucco: Der Naturpark im Norden Umbriens ist nicht nur bei Wanderern und Höhlengängern beliebt, sondern auch bei Delta- und Gleitschirmfliegern.
Parco del Monte Subasio: Der Natur­park östlich von Assisi bietet sich für Wan­d­erungen und Radfahrten mit der Fran­ziskusstadt als Ausgangspunkt an. Idealerweise plant man eine Tour, die am Eremo delle Carceri vor­bei­führt; die Einsiedelei von Franziskus ist in einem alten Steineichenwald ge­le­gen.
Parco regionale Nazionale dei Monti Sibillini: Der Park, den sich Umbrien und die Marken teilen, wird von Wan­derern mit Kondition und Bergsteigern auf­ge­sucht. Zahlreiche Wan­der­wege und sämt­li­che Berghütten im Park wur­den jedoch vom Erd­beben 2016 zer­stört. Der Wiederaufbau ist im Gang.
Höhlen und Wasserfälle
Grotta di Monte Cucco: Die riesige Höhle ist noch längst nicht zu Ende er­forscht. Der mit Führung begehbare Ab­schnitt ist rund 1 km lang und führt an wun­der­baren Tropfsteingebilden ent­lang zu einem kleinen, unter­irdi­schen See.
Cascata delle Marmore: Kein Natur­wunder, sondern vor fast 2300 Jahren von Menschenhand ge­schaffen: Die Römer leiteten das Was­ser des Velino um und ließen es in einer breiten drei­stufigen, gewaltigen Kaskade 165 m in die Tiefe fallen. Täg­lich mehrmals werden die Schleusen ge­öffnet, die to­sen­den Wassermassen und die auf­sprit­zen­de Gischt sind ein erstrangiges Spek­takel.
Wassersport
Lago Trasimeno: Für einen ausgiebigen Bade­urlaub ist der einzige See Um­briens wegen seiner geringen Tiefe nur be­dingt geeignet. Insgesamt 18 Strän­de, deren Wasserqualität vier­zehn­täg­lich kontrolliert wird, sind aus­gewie­sen. Die schönsten Badestellen fin­det man in Castiglione del Lago und auf der Isola Maggiore.
Nera: Das Hauptgewässer der Val­ne­rina ist ein Paradies für Kanuten und Kajak­fahrer, auch Rafting ist möglich. Den besten Einstieg findet man in Serra­valle bei Nórcia, weitere Basen wer­den unterhalb von Vallo di Nera und in Scheggino unterhalten.
Wandern
Wandern kann man in Umbrien über­all: am Trasimenischen See wie in der Valle Umbra, in den Hügeln um Peru­gia wie in den Wäldern hinter Spoleto. Besonders beliebte Wandergebiete sind die Naturparks des Monte Subasio und des Monte Cucco, zu anspruchs­volleren Bergtouren fordern die Sibillinen he­r­aus. Für mehrtägige Wanderungen bie­tet sich der 2008 eröffnete Pilger­weg von Perugia nach Piediluco an, ein Teil­stück der „Via Francigena“, der Route vom englischen Canterbury nach Rom.
Biken
Bei Radlern sind das Trasimeno-Gebiet und die Valle Umbra beliebt, wo in den letzten Jahren Radwege angelegt wur­den. Mountainbiker mit Kondition un­terneh­men Touren in die höher gelege­nen Re­gi­o­nen, z. B. von Nórcia auf die Hoch­ebene des Piano Grande und noch weiter hinauf in die Sibillinen.
Unterwegs in Umbrien
Der Norden
Der Norden Umbriens umfasst das obere Tibertal und die östlich anschließenden Abhänge des Apennins. Mit Ausnahme der uralten Stadt Gubbio, die oft als Tagesausflug von Perugia aus angesteuert wird, wird die Gegend eher selten besucht.
Die Wanderer, Mountainbiker, Paraglider und Höhlenforscher, die im Naturschutzgebiet des Monte Cucco einzigartige Bedingungen vorfinden, sind größtenteils Italiener. Auch in den beiden Städtchen weiter südlich, Gualdo Tadino und Nocera Umbra, trifft man kaum auf ausländische Besucher.
Der Tiber, der längste Fluss Mit­tel­ita­liens, der im Norden noch zur Toscana gehört, ist die Lebensader der Gegend.
Für alle, die über die E 45 von Cesena anreisen, ist das obere Tibertal das Ein­gangs­tor zum „grünen Herzen“ Italiens. Das erste umbrische Städtchen ist San Giustino, wo noch heute Tabak an­ge­baut wird. Ein wichtigeres Standbein war allerdings im oberen Tibertal die Tuchherstellung. In Gubbio wie­de­rum spielte die Keramik eine größere Rolle, heute lebt die Stadt in erster Linie vom Tourismus. Östlich von Gubbio liegt der Monte Cucco, ein aus­ge­zeich­netes Wan­dergebiet. Für Höhlen­ex­pe­di­tionen ob­li­ga­torisch, für Wan­derer nütz­lich ist vorab ein Besuch im schönsten Dorf der Gegend, dem klei­nen Borgo von Costac­ciaro.
An den Abhängen des umbrischen Apennins entlang führt eine Straße nach Gualdo Tadino, zu wenig spek­ta­kulär, als dass der Tourismus die Ke­ra­mik­fabrikation verdrängen konnte. Als nächster Ort folgt Nocera Umbra, das sich stolz „Città delle Acque“ nennt; im­merhin gibt es dort ein schönes Schwimmbad. Die Stadt lag 1997 im Zent­rum eines gewaltigen Erdbebens, das ganze Centro storico krachte zu­sam­men. Davon hatte sich Nocera Umbra auch 2018 noch nicht ganz er­holt.
Was anschauen?
Weberei in Città di Cas­tello: In der Web­manu­faktur Tela Umbra ver­ar­bei­ten noch heute Frauen reines Leinen zu feinen Tisch­decken. Ein kleines Mu­se­um erzählt die be­weg­te Geschichte der Manu­faktur, in der auch die welt­be­rühmte Re­form­pä­da­gogin Maria Mon­tes­so­ri eine Rolle spielt. Im Pa­lazzo Al­bizzini sind groß­formati­ge Wer­ke des be­kann­ten Künst­lers Al­berto Burri zu sehen. Sei­ne Skulp­tu­ren hin­ge­gen wa­ren zu groß, man findet sie in der alten Tabak­trock­nerei am Ortsrand.
Tabakmuseum in San Giustino: Das Haus er­zählt die regionale Ge­schichte des blauen Duns­tes. Der heutige Ta­bak­anbau ist nur noch be­scheiden, ein Teil der Blät­ter findet sich ver­mischt mit Ta­baken aus aller Welt in Philip-Mor­ris-Zi­ga­ret­ten.
Eugubinische Tafeln in Gubbio: Sie sind das bedeutendste Zeugnis umb­ri­scher Kultur: sieben beidseitig be­schrie­bene Bronzetafeln aus dem 2. Jahr­hundert v. Chr., teils in einem vom Etrus­kischen abstammenden Alphabet, teils in latei­nischem Alphabet.
Mausoleum der 40 Märtyrer in Gubbio: Die Gedenkstätte ist ein Zeugnis aus der neueren Geschichte und erinnert an vierzig im Juni 1944 von der SS erschos­sene Einheimische.
Museum der Emigration in Gualdo Ta­dino: Die einzigartige Ausstellung do­kumentiert die große Aus­wan­de­rungs­welle in die USA und nach Ar­gen­tinien 1876-1914, aber auch die neu­ere Emig­ration 1946-1970 nach Deutschland und in die Schweiz.
Was unternehmen?
Wandern: Ab auf den Monte Cucco! Im Naturschutzgebiet sind etliche Routen ausgeschildert. Weg Nr. 5 bei­spiels­weise führt zur Felsenschlucht Valle delle Prigioni („Tal der Ge­fäng­nis­se“) und zu einer einsamen Einsiedelei.
Mountainbiken: Auch Fahrradfahrer kom­men auf Touren, indem sie z. B. über die Grenze in die Marken fahren.
Paragliden: Den Monte Cucco aus der Luft entdecken? Ganz einfach: Para­gli­der haben hier einen Start- und einen Landeplatz, und auch Ungeschulte kön­nen sich huckepack durch die Lüfte fliegen lassen.
Was sonst?
Gualdo Tadino: Am Ortsrand sprudelt die Fonte Rocchetta. Das mineral­hal­tige Quellwasser gibt´s im Super­markt - und gratis vom Brunnen am Straßen­rand.
Was und wo essen und trinken?
„Lea“ in Città di Catello: Das Restau­rant serviert eine aus­ge­zeich­ne­te regio­na­le Küche, die dem Slowfood ver­pflich­tet ist. Die Pasta ist selbst­ver­ständ­lich hausgemacht.
„L’Antica Osteria“ in Montone: Der Tipp für Fleischliebhaber. Ob Lamm, Chianina-Rind oder Florentiner Steak - hier stimmt einfach alles.
Città di Castello
Das mittelalterliche Städt­chen, heute das Handels- und Industrie­zent­rum des oberen Tibertals, ist zwar kein touristisches Glanzlicht, da­für pulsiert auf den Straßen und in den Bars noch unverfälschte Ita­lia­nità.
Wie im nahen toscanischen Sanse­polc­ro war auch in Città di Castello die Texti­l­her­stel­lung noch bis in die jüngs­te Zeit ein wichtiger Wirtschafts­faktor. Die regionale Tra­dition wird heute in der Webmanufaktur Tela Umbra fortge­setzt, die in ihren Räu­men ein schmu­ckes Museum eingerichtet hat. Ei­nen Kontrapunkt zu diesem der soliden Tra­dition verbundenen Mu­seum bil­det die Sammlung Alberto Burri. Der Künst­ler mit internationalem Renom­mee hat sei­ner Heimatstadt zahlreiche Werke vermacht - zu sehen im Palazzo Albiz­zi­ni und in den Tro­ckenräumen einer frü­heren Tabakfab­rik.
Sehenswertes
Dom: Wie schon von der Schwelle aus über dem Chor zu lesen, ist das Gottes­haus mit dem zylinderförmigen Cam­pa­nile den Heiligen Floridus und Aman­tius gewidmet, ersterer war 580-600 Bi­schof der Stadt, letzterer unter ihm Priester. Die Innenausstattung - Wand­malereien mit Mo­ti­ven aus dem Le­ben des Bi­schofs - bietet wenig. An die große einschiffige Hal­le mit ihrer Ka­s­set­tendecke wurde im 18. Jahrhun­dert rechts eine kleine Kuppel­ka­pel­le an­ge­baut, in der ein kürzlich res­tau­rier­ter „Glor­reicher Christus“ von Rosso Fio­rentino (16. Jh.) zu sehen ist. Die Kryp­ta, ein riesiger renovierter Ge­wöl­be­kel­ler, wirkt so profan, dass man sie sich ohne weiteres als Lagerraum für al­toti­berinische Wei­ne vorstellen kann.
∎ Turmbesteigung ist zu den Öffnungszeiten des Dommuseums möglich: April-Sept. Di-So 10-13 und 15.30-17.30 Uhr, Okt.-März Di-So 10-13 und 18 Uhr. Ein­tritt Museum 6 € (zu­sam­men mit Turm 7 €).

Burri-Skulptur vor der ehemaligen Tabakfabrik

Städtische Pinakothek: Sie befindet sich im Palazzo Vitelli alla Cannoniera (nicht zu verwechseln mit anderen Pa­lazzi Vitelli in der Stadt!) und wurde im 15. Jahr­hun­dert von Antonio da San­gal­lo il Giovane erbaut; die dem Innen­hof zu­ge­wandte Fassa­de ist mit prächti­gen Wandmalereien versehen. Werke von Antonio Vivarini und Luca Signorelli („Mar­tyrium des heiligen Se­bastian“), Fres­ken aus Sieneser Schule und un­ge­wöhnliche Darstellungen der Ma­don­na mit Kind - z. B. eine blonde Madon­na mit kurz geschnittenem Haar, eine dun­kel­häu­tige Madonna mit Kind so­wie ei­ne asiatische Variante. Am be­ein­dru­ckendsten ist ne­ben foto­gra­fi­schen Re­pro­duk­ti­onen in Original­formaten eine beid­seitig be­mal­te Stan­darte von Raffael, der in sei­nen jungen Jahren in Città di Castello tätig war (1500-1504). Sie ist je­doch stark be­schädigt; von Kunst­banausen über län­gere Zeit als pro­vi­so­ri­scher Er­satz für zer­bro­chene Fens­ter­schei­ben zweck­ent­fremdet, war sie jeder Wit­terung aus­ge­setzt.
∎ April-Okt. 10-13/14.30-18.30 Uhr, Nov.-März 10-13/15-18 Uhr. Mo geschlos­sen. Ein­tritt 6 €.
Alice im Weberland
Tela Umbra ist nicht nur ein Gütesiegel für handwerkliche Textil­produk­tion, der Name hat auch in der Sozialgeschichte seinen Platz. Am Anfang steht Alice Hallgarten, eine amerikanische Jü­din deutscher Herkunft, die 1900 den Baron Leopoldo Franchetti heiratete. Während der umtriebige Leo­poldo sich vor allem um die Modernisierung der Agrarwirtschaft ver­dient machte, gründete Alice 1901 in der Nähe von Città di Castello die Land­schulen von Montesca und Rovigliano - damals ein geradezu re­vo­lu­ti­o­nä­res Un­ternehmen. Im städtischen Krankenhaus richtete sie ein Zen­t­rum für Mütter ein, das auch Milch und Medikamente für die Kin­der ver­teilte. Bald erweiterten eine Haushaltsschule und eine spe­zielle Schule für Frauen das Reformprojekt. Dass die später weltbe­rühmte Maria Montes­sori ihre päda­gogischen Ideen in den Schulen von Alice Franchetti zum ers­ten Mal in die Praxis um­setzte, sei nur am Rande erwähnt. Heute ist der ehemalige Wohn­sitz von Alice und Leopoldo, die Villa Montesca in den Wäldern über dem rechten Tiberufer, Sitz eines Zentrums für pädagogische Forschung, das innovative didaktische Methoden entwickelt.
1908 gründete Alice mit der tatkräftigen Unterstützung Leopoldos die Web­ma­nufaktur Tela Um­bra. Die Textilherstellung war da­mals schon heimisch im oberen Tibertal, aber mit Tela Umbra und ihrer rührigen, sozial engagier­ten Export­ma­na­gerin wurden die umbrischen Stoffe auch außer Landes be­kannt: 1910 waren Pro­dukte der Tela Umbra auf der Brüsseler Weltausstel­lung vertreten.
Mit dem Tod von Leopoldo Franchetti 1917 gingen Schulen und Ma­nu­faktur, wie es die 1911 verstorbene Alice testamentarisch be­stimmt hatte, an eine wohl­tätige Organisation über, die für die nächsten siebzig Jahre durch al­le Kri­sen und Kriegswirren hin­durch die Produktion aufrechterhielt. 1982 wur­de Tela Umbra von der Region Umbrien übernommen, 1985 die Tela Um­bra GmbH ge­gründet, an der neben der Stadt Città di Castello und dem re­gio­nalen Entwicklungsfond auch die derzeit sieben Arbei­te­rin­nen be­teiligt sind. Ihr Ziel ist es, die Produktion aufrechtzuerhalten und mit ihrem Mu­se­um die Geschichte von „Alice im Weberland“ vor der Ver­ges­sen­heit zu be­wah­ren.
Sammlung Alberto Burri: Eine Kunst­ausstellung ganz anderer Art ist im Pa­laz­zo Al­bizzini (Via Albizzini) zu se­hen. Dort hat der berühmte Künstler Al­berto Bur­ri (1915-1995), geboren in Città del Castello, eine größere Kol­lek­tion sei­ner Werke der Öffentlichkeit zu­gänglich gemacht. Charakteristische Merk­ma­le für Burris Plas­ti­ken sind die auf Weiß, Schwarz und Rot basierende Farben­pa­let­te und die unge­wöhnliche Wahl der Materialien: Säcke, Lumpen, ein­zel­ne Klei­dungsstücke, an­ge­kohlte Hölzer, Metalle, Plastikfolien. Aus­stel­lun­gen Bur­ris fanden auf der ganzen Welt Beachtung, darunter auch auf der Do­cu­men­ta II in Kassel und 1980 zu­sam­men mit Joseph Beuys im Haus der Kunst in Mün­chen.
∎ Juni-Sept. Di-Fr 10-12.30 und 14.30-18.30, Sa/So 10.30-18.30 Uhr, Okt.-Mai Di-Fr 9-12.30 und 14.30-18, Sa/So 10-18 Uhr. Ein­tritt 8 €, Sammelticket Palazzo Albizzini und ehema­lige Tabaktrocknerei 15 €.
1990 schenkte Burri seiner Heimatstadt wei­tere 128 Werke, vor allem großfor­ma­tige Bilder und Plastiken - Grund ge­nug, um eine frühere Tabaktrocknerei zum Kunst­museum umzufunktionie­ren. Das Gebäude liegt an der alten Straße nach Peru­gia und ist leicht zu über­se­hen; knapp nach der Esso-Tank­stelle be­stä­tigt links auf der Wiese eine rost­rote abstrakte Burri-Skulptur, dass man angekommen ist.
∎ Gleiche Öffnungszeiten wie die Sammlung im Pa­lazzo Albizzini. Eintritt 10 €, Sam­mel­ti­cket ehe­malige Tabak­trock­nerei und Palaz­zo Albiz­zini 15 €.
Webmanufaktur Tela Umbra: Die Tex­tilmanufaktur an der Via S. Antonio hat eine stol­ze, über hundertjährige Tradi­tion (→ Kastentext „Alice im Weber­land“). In den 1920er Jahren beschäf­tig­te Tela Umbra bis zu sechzig Webe­rinnen, nach dem Zwei­ten Welt­krieg schrumpf­te die Belegschaft rapide. Heute arbeiten im Laboratorio in der ers­ten Eta­ge noch sieben Frauen an den Handwebstühlen. Sie verarbeiten rei­nes Leinen zu feinen Tischdecken, Ser­vietten und Handtüchern. Es sind Fach­ar­beite­rinnen - je­de mit ihrem ei­genen Spezialgebiet - die um den guten Ruf von Tela Umbra wis­sen und dafür sorgen, dass die kostbaren Tuche wei­terhin in der Qua­li­tät auf den Markt kommen, für die der Name Tela Umbra bürgt. Die Werk­statt kann während der Arbeitszeiten besichtigt werden.
In der zweiten Etage hat Tela Umbra ein kleines Museum eingerichtet: Spinn­rä­der, Web­stühle, Klöppelarbei­ten. In Schaukästen mit Stoffmus­tern wird die gan­ze Palette der hier produ­zierten Stof­fe gezeigt, ein Saal mit Go­belins aus den 1980er- und 90er Jahren. Fotos an den Wänden erinnern an die be­weg­te Ge­schich­te der Werkstatt.
∎ April-Okt. Mo 9-12, Di-Do 10-13 und 15.30-18.30, Fr-So 10.30-13 und 15.30-18.30 Uhr. Nov.-März Mo 9-12, Di-Do 10-13 und 15-18, Fr-So 10.30-13/15.30-18 Uhr. Ein­tritt 4 €, der Eintritt in den Verkaufsladen ist frei.
Bauern- und Kunsthandwerksmuseum (Centro delle Tradizioni Popolari): am Stadt­rand von Città di Castello, an der alten Straße nach Perugia. Ein über­aus sehens­wertes Museum, in dem allerlei aus dem ländlichen Leben des obe­ren Tiber­tals zusammengetragen ist: Wein­pressen, Ölmühlen, mit­telalterliche Ra­sier­messer und andere Mordinstru­men­te, urzeitliche Mäu­se­fallen, Web­stühle, Spinn­räder, das Ehebett mit Groß­mut­ters Pyjama usw. In der ersten Etage eine bäu­erliche Kantine, in der sich Brueghel wohl ge­fühlt hät­te. Kom­pe­ten­te Führung, aller­dings nur in italie­ni­scher Sprache.
∎ Sa/So 10-12.30/15-18.30 Uhr. Eintritt 5 €.
Basis-Infos
Postleitzahl 06012
Information Ufficio Turistico, Corso Ca­vour 5, im Palazzo della Podestà. Kom­pe­tentes Personal. Mo-Fr 8.30-13.30 und 15-18, Sa 9.30-12.30/15-18, So 9.30-12.30 Uhr. Tel. 075-8554922, www.cittadicastelloturismo.it.
Hin und weg Bahn: Ausreichend Verbin­dun­gen über Umbértide nach Perugia und wei­ter in die Valle Umbra oder nach Nor­den bis Sansepolcro.
Bus: Verbindung nach Arezzo, Gubbio, Pe­ru­gia. Busbahnhof an der Piazza Gari­baldi.
Stadtbus: Regelmäßiger Verkehr an der Stadt­mauer entlang rund um die Stadt.
Parken Problemlos und gratis an der Stadt­mauer im Westen, von da mit der Roll­t­rep­pe (scala mobile) hoch zur Piazza Gabriotti.
Feste/Veranstaltungen Festival delle Na­zio­ni, alljährlich En­de Aug./Anfang Sept.: in­ter­na­tio­na­les Festi­val der Kammer­musik. Pro­gramm unter https://festivalnazioni.com.
Mos­tra Nazionale del Cavallo, jährlich am 2. Wochenende im September. Nach Ve­rona Ita­liens zweitwichtigste Pferde­schau.
Fiera di San Florido, Mitte November; bun­ter, dreitägiger Jahr­markt zu Ehren von Florido, dem Schutz­patron der Stadt.
Mostra Mercato del Tartufo Bianco, An­fang Nov.; 4-tä­gige Messe der Trüffeln und an­derer Früch­te des Wald­es. Von sechs essbaren Trüf­fel­sor­ten wer­den allein fünf in Um­brien ge­ern­tet! In einer großen Halle bekommt man die im obe­ren Tibertal weit verbreite­ten wei­ßen Trüf­feln und an­de­re Pilz- bzw. Trüf­fel­sorten aus um­bri­schen Wäl­dern an­ge­bo­ten - frisch ge­ern­tet, getrocknet oder in bau­chi­gen Glä­sern in Oli­venöl eingelegt. Schla­raf­fenland-Ver­hält­nis­se - doch muss, wer sich durch die Trüf­fel­knol­len­berge es­sen will, schon ein klei­nes Ver­mö­gen hinle­gen. Der Preis für wei­ße Trüffeln liegt bei ca. 700-900 € pro 100 g.
Märkte Wochenmarkt Donnerstag und Sams­tag.
Trödelmarkt (Fiera del Rigattiere): Piazza Mat­te­otti, jeden 3. Sonntag im Monat; Se­cond­hand-Kleidung, Gebrauchtwaren, Bü­cher ...
Übernachten/Essen & Trinken
Hotels **** Tiferno 2, seit 1895 die erste Ad­resse in der Stadt. Hoher Kom­fort in einem restaurierten Palazzo, in dem auch Alberto Burri (→ Sehenswertes) mit ei­nigen Werken ver­treten ist. DZ inkl. Früh­stücksbuffet 90-150 €. Piazza R. Sanzio 13 (Pi­az­za San Fran­cesco), Tel. 075-8550331, www.hoteltiferno.it.
*** Le Mura 6, geschmackvoller Neubau mit zwei Konferenzsälen und deutschkundi­gem Ma­nager. Die große Mosaikwand im In­neren ist übrigens das Werk von Menschen mit Trisomie. DZ 60-95 €. Via Borgo Fa­rinario 24, Tel. 075-8521070, www.hotellemura.it.
** Umbria 3, modernisierter Altbau in einer Sei­tenstraße der Via S. Antonio mit weite­ren Zimmern in der Dipendenza gegenüber. Klei­ne Zimmer, aber alle mit Dusche/WC. Klit­zekleiner hoteleigener Parkplatz gleich ums Eck. DZ 50-65 €. Via S. Antonio 6, Tel. 075-8554925, www.hotelumbria.net.
Wohnmobil Stellplatz und Service am Park­platz bei der Rolltreppe an der west­lichen Stadt­mauer.
Restaurants Bio/Regional Lea 4, aus­ge­zeichnete re­gio­nale Küche, die dem Slow Food ver­pflich­tet ist. Hausgemachte Pasta, fabriziert am frühe­ren Standort des Restaurants an der Via S. Flo­rido). Mo Ruhe­tag. Corso Cavour 8, Tel. 075-8521678.
Il Fiorentino 5, klas­sische italienische Kü­che und Beef­steaks, letztere klassisch, texa­nisch oder auf Florentiner Art (kräftig ge­würzt). Di Ru­hetag. Via S. Florido 55, Tel. 075-8559035.
Mein Tipp Bar Agora 1, beliebtes „Anytime-Café” mit mehreren Abteilungen: im ersten Raum Bar, Tabak-, Sand­wich­verkauf, im zwei­ten Raum ein elegantes Lounge-Café, von dem man in einen son­nen­beschienenen Innenhof mit einem hüb­schen, kieselgemauerten Brun­nen ge­langt. Piazza Ga­ri­bal­di 1, Tel. 075-8521687.
Umgebung von Città di Castello
Terme di Fontecchio
Plinius der Jüngere suchte die Thermen von Fontecchio, 3,5 km östlich von Città di Castello, im Jahr 80 n. Chr. mit seiner Liebsten auf - deren grazile Schön­heit sollte hier einem Ver­jün­gungs­bad unterzogen werden. Heute zeugt nur noch ein im Hauptgebäude ge­hüteter Steinbrunnen mit Bodenmo­saik von der römischen Vergangenheit. Das Thermalbad im Haus (370 C) wird haupt­sächlich von Kur- und Wellness­gäs­ten genutzt, die ein mehrtägiges Ge­sund­heits- oder Beautyprogramm ab­sol­vieren. Wer nicht dazu zählt und nur ein Thermalbad nehmen will, zahlt 10 € Eintritt (ab 15 Uhr 8 €). Den klei­nen Kurpark gibt’s gratis dazu.
San Giustino
Mitten im Ort steht das Schloss Bufa­lini, eine imposante, burg­ähnliche An­lage, die zum „Museo Nazionale” er­klärt wurde. Im Inneren hat der Manie­rist Cristofano Ghe­rar­di (16. Jh.) einige Räume mit mythologischen Fresken ge­schmückt. Der Maler wurde von den Medici aus Florenz verbannt und fand hier Zuflucht. Im Schlosspark ist ein manns­hohes Heckenlabyrinth die Haup­t­at­trak­tion.
∎ Nur mit ca. 30minütiger Führung zu besichti­gen. April-Okt. Sa/So 10-13 und 15.30-18.30 Uhr, Nov.-März Sa/So 10-13 und 14.30-17.30 Uhr. Ein­tritt frei.
Tabakmuseum (Museo storico scienti­fico del Tabacco): Das Museum an der Haupt­straße erinnert an die regionale Geschichte des blau­en Dunstes. Mit viel Enga­ge­ment und we­nig Geld hat ein lokaler Verein im früheren Gebäude der Tabak­ver­ar­bei­tung eine über­zeu­gende Dokumentation zusammen­ge­stellt. Das Pflücken der Tabakblätter war Frauenarbeit, ebenso das Sortieren, Blatt für Blatt. Das Aufhängen der schwe­ren Blätterbündel im Trocken­raum besorgten dann die Männer. Der Tabak­anbau spielt in der Gegend im­mer noch eine Rolle. Früher wurde der Tabak zu ita­lie­ni­schen Ziga­retten ver­ar­beitet, heute verhandelt ein Kon­sor­tium direkt mit Giganten wie Philip Morris, die dann den heimischen Tabak mit Sorten aus aller Welt mischen.
∎ April-Sept. Sa/So 10-13/15.30-18.30 Uhr, Okt.-März So 10-13/14.30-17.30 Uhr. Eintritt 3 €.
Cospaia
In dem Weiler knapp nördlich von San Giustino macht ein Schild darauf auf­merk­sam, dass der Reisende das Terri­torium der Ex-Republik von Cospaia betritt. Tat­sächlich wurde der Ort 1440 bei den Grenzverhandlungen zwischen der Re­pu­blik Florenz und dem Kirchen­staat vergessen, worauf die Bewohner Cospaias im Nie­mandsland kurzerhand ihre eigene Republik ausriefen. Die sympathische Re­pu­blik ohne Regie­rung, ohne Armee und ohne Steuern lebte vom Tabakanbau und von Schmuggelgeschäften und behauptete sich fast 400 Jahre lang. Erst 1826 mach­te ein Ver­trag zwischen der Tos­cana und dem Kirchenstaat der Repu­blik von Cospaia den Gar­aus.
Umbértide
Die zweite Stadt des umbrischen Alto Tevere (Oberes Tibertal) kann sich mit Città di Castello nicht messen. Umbértide ist kleiner, pro­vinzieller und nur sel­ten verirren sich Touristen hierher.
Das von Ver­kehrsadern eingerahmte Cen­tro storico wird von einem zin­nen­bewehrten Kas­tell mit zwei Rund­tür­men aus dem 14. Jahr­hun­dert bewacht, das heute als Zent­rum für Ge­gen­warts­kunst gelegent­lich mit Aus­stel­lun­gen auf sich auf­merk­sam macht. Ihm ge­gen­über steht der ok­to­go­nale Bau der Kol­le­giatskirche; sie hü­tet ein Him­mel­fahrts­ge­mälde von Nic­colò Cir­cig­na­ni, Il Poma­ran­cio ge­nannt, das al­ler­dings einer bes­se­ren Aus­leuch­tung, wenn nicht gar einer Res­taurie­rung be­dürfte. Das schönste Bild, das wir von Um­bér­ti­de mitnehmen, sind die mitten im Ti­ber ste­henden Fischer; sie wis­sen, dass ih­nen in der Stadt nichts da­von­rennt, und war­ten geduldig auf ihr biss­chen Glück.

Kastell von Umbértide

Information A.P.T Alto Tevere, in der Nä­he des Kas­tells. Mo-Sa 9-13, Di und Do auch 15-18 Uhr. Via Andrea Cibo 26, Tel. 075-9417099.
Einkaufen Busatti, die alteingesessene Stoff­fabrik, die seit dem 19. Jh. in Anghiari und Sansepolcro (beide im toscanischen Teil des Alto Tevere) aktiv ist, hat auch in Umbértide ein Standbein. Die hochwerti­gen Stoffe sind in der Nähe des Castellos zu finden: Via Alberto Guidalotti 1.
Hotel/Restaurant ** Capponi, im Orts­kern. Empfang in der 1. Etage. Bescheiden ein­gerichtete Zim­mer, das Mo­biliar ist etwas zu­sammengewürfelt, mit Du­sche, z. T. mit Bad. Das nicht vom Hotel ge­führte Restaurant im Erd­ge­schoss bietet preis­werte regionale Kü­che. DZ 50-75 €. Piazza 25 Aprile 19, 06019 Umbér­tide, Tel. 075-9412662, www.hotelcapponi.com.
Bio/Regional Agriturismo Tribewanted Moneste­vole, vom Ortszentrum erst in Richtung Città di Castello über den Tiber, dann links in die SP 142 (Richtung Preggio) einbiegen, nach 7,5 km rechts ausgeschildert (Schotterstraße, 700 m). „Tribe­wanted“ ist eine weltweite Initia­tive, die al­ternative Lebensformen pflegt, öko­lo­gische Land­wirtschaft und nachhaltiges Bauen sind selbst­verständlich. Eine erste Com­mu­nity wurde im westafrikanischen Sierra Le­one gegründet, weitere sind in Bali und Papa-Neu­guinea im Aufbau. Wie weit sich die Gäste im Projekt en­ga­gieren, bleibt ihnen überlassen. Man kann in Mon­tes­te­vole auch nur einen wun­derbaren na­tur­nahen Urlaub machen. Auf dem Are­al be­fin­den sich eine Pferdekoppel, ein Vol­ley­ball­feld, ein Musiksaal und viele Hän­ge­mat­ten. 3 Ap­parte­ment stehen zur Ver­fü­gung (für maximal 4, 5 und 10 Personen). Für 2 Pers. 700 €/Woche, zusätzliche Pers. 25-30 €/Tag. Tri­be­wanted-Mit­glieder 20 % Nachlass. Loc. Mo­nestevole 492, Tel. 075-9415569, www.monestevole.it.
Montone
Ein kleines, von einer Mauer komplett eingefasstes mittelalterliches Borgo in den Hü­geln über Umbértide. Die Autos bleiben draußen, so kann man unge­stört zwi­schen den beiden Stadthügeln herumspazieren: Auf dem einen steht die Ruine eines Wachturms und das ehemalige Katharinenkloster, heute Sitz des Stadtarchivs, auf dem anderen das ehemalige Franziskanerkloster, in dem Fe­rienappartements ein­gerichtet wurden. Wer am Wochenende in Mon­tone ist, findet hier das Doku­men­tati­onszentrum Il Tamburo Parlante ge­öff­net, ein von einem lokalen An­thro­polo­gen gegründetes ethnographisches Mu­seum mit Schwerpunkt Ost­afrika.
∎ April/Mai Fr-So 10.30-13 und 15.30-18 Uhr, Juni-Sept. Fr-So 10.30-13/16-18.30 Uhr, Okt.-März Sa/So 10.30-13/15-17.30 Uhr. Eintritt 4 €.
Ist die Museumstür verschlossen, so sind Sie trotzdem nicht vergebens ge­kom­men. Gehen Sie die Via San Fran­ces­co bis ans Ende der Treppe hoch, von dort genießen Sie einen großarti­gen Ausblick in die umbrischen Hügel. Ein weiterer Grund, nach Montone zu kommen: Das mittelalterliche Gemäuer hat in gastronomischer Hinsicht eini­ges zu bieten.
Hotel *** La Locanda del Capitano, im Orts­kern; angeblich ist hier schon der peru­gi­ni­sche Söldnerführer Fon­te­braccio ab­ge­stiegen. Deutschspra­chi­ge Rezep­tion. Kom­fortable Zim­mer mit Du­sche, z. T. mit Balkon. Im Speisesaal wie im Früh­stücks­zimmer fühlt man sich fast wie zu Hause. Leider nicht ganz billig. DZ 100-140 €. Via Roma 5/7, 06014 Montone, Tel. 075-9306521, www.ilcapitano.com.
Mein Tipp Restaurants L’Antica Osteria, von Lamm bis Cianina-Rind oder Florentiner Steak - hier stimmt einfach alles. Die Pasta ist selbstverständlich haus­gemacht, das Gemüse kommt je nach Saison auf den Tisch, im September wird kräftig getrüffelt. Im Sommer wird draußen getafelt, bei schlechtem Wetter ste­hen zwei Säle zur Verfügung, der obere mit Pa­no­ramablick in die Hügel. Piazza Forte­braccio 5/6, Tel. 075-9306271.
Bio/Regional Tipico, bei der Locanada del Capitano. No­men est omen: Hier ist alles „100 % made in Um­bria“. Das Chianina-Rind lie­fert nicht nur Steaks, sondern auch das Ragu zu den bringoli (hausgemachte Pas­ta). Der Couscous wird aus Emmer (Ein­korn) von Colfiorito gemacht. Der Pe­cori­no kommt aus den Hügeln über Mon­tone, und der Kaffee wird im Nachbardorf ge­rö­s­tet. Speiseraum mit Kamin, ein paar Ti­sche drau­ßen auf dem Vicolo Tipico, das gegen­über bergab führt. Geöffnet April-Okt., Mi Ruhetag. Via Roma 3, Tel. 075-9288040.