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Impressum

„Dienstverhältnis – Teil 6“ von Benjamin Larus

herausgegeben von: Club der Sinne®, Eichenallee 23 E, 16767 Leegebruch, August 2016

zitiert: Larus, Benjamin: Dienstverhältnis – Teil 6, 1. Auflage

 

© 2016

Club der Sinne®

Inh. Katrin Graßmann

Eichenallee 23 E

16767 Leegebruch

www.Club-der-Sinne.de

kontakt@club-der-sinne.de

 

Stand: 01. August 2016

 

Gestaltung und Satz: Club der Sinne®, 16767 Leegebruch

Coverfoto: © gangis khan/Shutterstock.com

Covergestaltung: Club der Sinne®

 

ISBN 978-3-95604-719-0

 

 

Das vorliegende eBook ist urheberrechtlich geschützt.

 

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Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden und volljährig.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Erfundene Personen können darauf verzichten, aber im realen Leben gilt:

Safer Sex!

 

 

 

Benjamin Larus

Dienstverhältnis

Teil 6

 

Inhaltsverzeichnis

7. Teil: Freundschaftsdienst

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7. Teil: Freundschaftsdienst

Der Sommer ging unweigerlich zu Ende, aber für mich persönlich strahlte Mutter Sonne plötzlich wieder heller und beglückender denn je. Kein Wunder: Eine riesige, dunkle Wolke, die mein ansonsten so unbeschwertes Dasein in den letzten Wochen doch sehr hartnäckig überschattet hatte, schien sich mit einem Mal in Nichts aufzulösen.

Natürlich gab es gerade im Hinblick auf mein nun schon monatelanges Verhältnis mit meiner Chefin noch mehr als genug Fragezeichen und Risikofaktoren, die mich der nächsten Zeit mit etwas Sorge entgegenblicken ließen. Und eigentlich waren mein Liebster und ich ja bei der letzten großen Grundsatzdiskussion auch dahingehend verblieben, dass meine Tage in der Firma so oder so gezählt sein sollten. Wie ich aber zugeben muss, hatte ich bislang in dieser Hinsicht nicht viel unternommen: ein bisschen meinen (ohnehin sehr übersichtlichen) Lebenslauf aktualisiert, einigen Bekannten (vornehmlich solchen aus Frankfurt wie Sven und Sebastian) ohne große Dringlichkeit signalisiert, sie sollten an mich denken, wenn sie was hören – was man eben so tut, wenn man sich grundsätzlich verändern will, gleichzeitig aber noch keinen wirklichen Druck verspürt und, geben wir es ruhig zu, nicht mit ganzem Herzen dahintersteht.

Beruflicher Ehrgeiz ist meine Sache nun wirklich nicht, das dürften alle, die meinen Erzählungen bislang gefolgt sind, inzwischen bemerkt haben. Das war aber nicht der einzige Grund, warum ich wieder mal, wie Guido sich auszudrücken pflegte, den Arsch nicht hochbekam, obwohl ich es ihm versprochen hatte. Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, dann muss ich wohl zugeben, dass meine Situation zwar eine sehr heikle und für mich überaus anstrengende war – dass ich aber auch das Gefühl hatte, so intensiv zu leben wie selten zuvor, und das war durchaus nicht ohne Reiz. Der gesunde Menschenverstand gebot mir, Ordnung in meine Lebensumstände zu bringen, das wusste ich auch. Gleichzeitig aber hatte ich ein gewisses Suchtverhalten entwickelt, das es mir sehr schwer machte, mittels eines Arbeitsplatzwechsels jenen dringend angeratenen Schlussstrich zu ziehen. Nicht dass ich früher jeden Montag voller Widerwillen und Ekel ins Büro getigert wäre – es war schlichtweg Routine gewesen, notwendige Pflicht, die ich mit mehr oder weniger großem Engagement erfüllt hatte. Seit einiger Zeit aber konnte ich, wenn ich aus dem Wochenende kam, den Fuß nicht über die Schwelle unseres Betriebs setzen, ohne mit Herzklopfen darüber zu sinnieren, welche Außentermine die Chefin wohl diese Woche für mich vorgesehen haben könnte. Diese in Form eines erregenden Kribbelns geradezu körperlich wahrnehmbare Spannung hatte etwas Anregendes, jedenfalls nahm sie dem früher so drögen Büroalltag viel von seiner Langeweile. Aber als sei dies noch nicht genug, ergab ich mich darüber hinaus ja auch noch der Erpressung durch Nadine – und dies mit einer Bereitwilligkeit, die mein Göttergatte recht schnell durchschaute, umso mehr, da er dieses Luder mittlerweile selbst intim kennengelernt hatte und ihre erotischen Vorzüge durchaus zu schätzen wusste.

„Kannst ja kündigen, wenn’s dir zu viel wird!“, war mittlerweile zu seinem hämischen Standardkommentar geworden, wenn ich wieder mal allzu sehr jammerte und den armen kleinen Angestellten herauskehrte, der gleich mehreren raffinierten Weibsbildern als Lustobjekt dienen musste und kaum noch wusste, wo ihm der Kopf stand.

Er hatte ja recht. Ich hatte mich zweifellos gewöhnt an diese abwechslungsreichen Eskapaden in meiner bezahlten Arbeitszeit, und der Gedanke, dass es damit von heute auf morgen vorbeisein sollte, gefiel mir gar nicht.

Wie sehr mich das schlechte Gewissen ihm gegenüber in den letzten Wochen trotz vieler beglückender Momente belastet hatte, merkte ich mit voller Deutlichkeit erst jetzt, da zumindest ein großer Teil davon schlagartig von mir abfiel. Am Ende des atemberaubenden Wochenendes, welches Flamur und ich im Rahmen jener schon jetzt legendären Junggesellinnen-Abschieds-Orgie in Niedernhausen verbracht hatten, war uns sozusagen auf den letzten Metern die erlösende Idee gekommen, wie wir meinen Liebsten besänftigen konnten, besser gesagt: wie es möglich sein würde, ihn aus seiner unbefriedigenden Rolle als grollender Zaungast zu befreien und ihm endlich die Frau zuzuführen, mit der ich es in den letzten Monaten immer wilder getrieben hatte – und zwar ohne, dass er erkannt wurde und es lokalpolitische Verwicklungen gab. Das Problem meiner Schwerfälligkeit im Hinblick auf die versprochene Kündigung würde dies zwar nicht lösen, aber schon die Aussicht, dass die altbekannte, unersättliche Geilheit in seinen Augen den stillen Vorwurf ablösen würde, welchen ich in den letzten Wochen dort ständig zu sehen geglaubt hatte, ließ mich innerlich jubilieren. Und apropos Geilheit: Natürlich konnte ich selbst es genauso wenig abwarten, meine beiden Intimpartner endlich zusammenzuführen und ihrer Vereinigung beizuwohnen!

In der ersten Euphorie mag ich mir die Verwirklichung dieser Idee gewiss etwas zu einfach vorgestellt haben, aber Flamurs grundsätzlicher Vorschlag, der Vollendorf die Sicht und einen großen Teil ihrer Bewegungsfreiheit zu nehmen, war das entscheidende Moment gewesen, um mich mit voller Hingabe und dem nötigen Optimismus der Verwirklichung unseres Projekts zu widmen. Die praktischen Details würden sich, wie ich glaubte, schon finden. Was aber machte mich so zuversichtlich, dass meine kontrollbesessene Chefin sich überhaupt auf ein solch gewagtes Spiel einlassen würde? Nun, im Grunde ging es ja auch hier darum, jemandem im weiteren Sinne etwas zu verkaufen, und da vertraute ich einfach auf mein hinlänglich bewiesenes Talent. Und darauf, dass ich gerade diese Frau mitsamt manch verborgener Abgründe ihrer Seele inzwischen recht gut einzuschätzen wusste.

Ich könnte jetzt erzählen, wie es an jenem Sonntagabend weiterging, da Flamur und ich unserem wie immer unwiderstehlichen, aber zu diesem Zeitpunkt noch reichlich skeptischen Macho gegenübersaßen und nach der detailreichen Schilderung der Niedernhausener Orgie vor seinem sich mehr und mehr aufhellenden Antlitz das Grundkonzept unserer Schandtat vor ihm ausbreiteten, wie wir mitten in dem gut bevölkerten Apfelweingarten schließlich die Köpfe zusammensteckten und uns bei deren Planung förmlich überboten. Anschließend könnte ich das Hin und Her der nächsten Tage schildern, als mir zeitweise dann doch klar wurde, auf welch unsicheren Voraussetzungen dieses ganze Vorhaben beruhte – aber wozu meine geschätzten Leser all das noch einmal durchmachen lassen, wenn ich doch schon weiß, dass es das Schicksal letzten Endes gut mit uns meinte und Frau Vollendorf mir bereits wenige Tage später eine Steilvorlage lieferte, die mich von weiterem Kopfzerbrechen über das Wie-soll-ich-es-nur-anstellen entband?

Natürlich war ich sehr gespannt, ob sich nach dem vergangenen Wochenende im Verhalten meiner Chefin mir gegenüber irgendetwas entscheidend verändern würde. Immerhin hatte ich es vor ihren Augen mit mehreren anderen Frauen, darüber hinaus sogar mit einem Mann getrieben. Und umgekehrt hatte sie ja auch mir gegenüber offensichtlich die letzte Scheu abgelegt – wenn ich nur daran denke, wie sie breitbeinig über ihrer Freundin Franziska gethront und sich mit konzentriertem Eifer meinen Samen herausgedrückt hatte!

Im geschäftlichen Alltag, da hatte ich keinerlei Zweifel, würde sie wieder ganz eiskalter Profi sein und mich keines Blickes würdigen, aus dem jemand auch nur annähernd irgendetwas hätte schließen können. Ohnehin liefen wir uns dort ja kaum einmal über den Weg, wenn es ihr nicht einfiel, ausnahmsweise einmal durch den Laden einzutreten oder hinauszugehen. Für zufällige Aufeinandertreffen auf den Fluren gab es ebenfalls selten Gelegenheit, denn selbst wenn ich in letzter Zeit öfter den Kopierraum aufsuchte als früher, so vergewisserte ich mich vorher wohlweislich, dass Frau Vollendorf außer Haus war (man kann sich vorstellen, bei wem ich mich darüber informierte). Wie aber würden wir miteinander umgehen, wenn wir in trauter Zweisamkeit nebeneinander im Auto saßen? Schon am Dienstagmorgen nämlich hatte mich eine interne Mail von Nadine darüber informiert, dass ich am nächsten Tag mit einer Außentour zur rechnen hatte, dazu ein Überblick über drei abzuklappernde Objekte.

Wie erwartet hatte die Vollendorf ihren geschäftsmäßig-kraftgeladenen Schritt und die übliche, durch die schwere Laptoptasche bedingte, etwas schiefe Haltung drauf, als sie morgens über den Hof auf mich zukam. Ich wartete bereits brav neben dem Wagen und erlaubte mir, ihr etwas vertraulicher als sonst entgegen zu grinsen. Sie aber reagierte ganz so, wie man es von ihr gewohnt war: ein kurzer, skeptisch abmusternder Blick rauf und runter, ein höfliches Zulächeln, bestehend nur aus einem kurzem Heben der Mundwinkel ohne Beteiligung der Augen, ansonsten kein Hinweis darauf, dass es je mehr zwischen uns gegeben haben könnte als die distanziert-höfliche Konversation zwischen Chefin und kleinem Angestellten.

„Guten Morgen, Herr Schrott“, lautete ihr routinierter Gruß, indem sie den Zündschlüssel auf den Wagen richtete.

Die plötzliche, schneidige und irgendwie trotzige Bewegung, mit welcher sie diesen dann sozusagen aus der Hüfte entriegelte, ließ mich unwillkürlich an irgendeine Revolverheldin denken und war vielleicht doch ein kleiner, nur für den Eingeweihten wahrnehmbarer Hinweis darauf, dass am Wochenende etwas Besonderes vorgefallen war. Aber dann war sie schon wieder bei den Geschäften.

„Haben Sie sich die Objekte für heute angesehen?“, fragte sie routiniert und von vornherein mit unterschwelligem Tadel – wahrscheinlich, weil sie genau wusste, dass ich das nicht getan hatte, zumindest nicht gründlich. Meine Stärken kamen nun einmal im direkten Gespräch mit den Kunden zum Tragen, und auf die pflegte ich mich dann einzustellen, wenn es so weit war.

Die Vollendorf wartete meine Antwort auch gar nicht erst ab. „Bei der Wohnung in Echzell brauche ich Ihre Hilfe“, erläuterte sie munter weiter. „Das Ehepaar kenne ich, denen ist nix recht. Vor allem ihr nicht. Die Wohnung haben sie sich jetzt schon zweimal angesehen, heute wollen sie sich entscheiden.“

„So, so.“ Ich schaute demonstrativ gelassen aus dem Fenster. „Und die anderen Objekte?“

„Dafür brauche ich Sie eigentlich nicht, lagen aber mehr oder weniger auf dem Weg. Das Mehrparteienhaus will sich so ein Spekulant aus Hanau ansehen, na ja …“ Sie zuckte die Schultern und warf mir einen bedauernden Blick zu, als wollte sie mir damit zu verstehen geben: Das wird ein Gespräch unter Erwachsenen, nicht Ihr Metier. „Und wenn wir schon in der Gegend sind, will ich mir auch mal diesen Hof ansehen, den wir da seit letzter Woche an der Backe haben. Scheint eine ziemlich runtergekommene Klitsche zu sein.“

Damit meinte sie ein auf dem platten Land liegendes Anwesen, dessen letzte Bewohner, wie sie mir erklärte, die Landwirtschaft aufgegeben und kurze Zeit versucht hatten, auf dem Grundstück eine Art Reiterhof zu etablieren. Nachdem sie damit gescheitert waren, hatten sie Knall auf Fall hingeschmissen und suchten einen Käufer.

„Was sind das für Leute?“, fragte ich.

Die Menschen interessieren mich eben immer am meisten.

„Keine Ahnung“, sagte sie. „Sind wohl direkt in die Staaten abgedampft und haben alles dem Herrn Ambrosi überlassen.“

„Ach, die sind gar nicht da?“ Ich wurde hellhörig.

„Nee. Ich hab den Schlüssel“, sagte sie knapp und starrte mit vorgeblich neutraler Miene unbeirrt auf die Fahrbahn, obwohl ich sie eindringlich von der Seite musterte.

„Ein Bauernhof, wie romantisch!“, bemerkte ich nach einigen sehr langen Sekunden süffisant. „Ich wollte es schon immer mal im Heu mit Ihnen treiben …“

Damit lehnte ich mich ohne jede Scheu dicht zu ihr hinüber und schob ihr meine Rechte am Oberschenkel hinauf unter den Rock. Sie zuckte heftig zusammen, leistete schließlich aber nur noch verbal Widerstand.

„Herr Schrott, Sie sind wirklich unmöglich!“

Unmöglich ist es nur, die Finger von Ihnen zu lassen“, murmelte ich und glitt höher.

Ihre Strümpfe endeten weit oben an den nun unruhig auseinanderweichenden Schenkeln. Ich presste die flache Hand fest dazwischen und beließ sie einfach dort, Hitze und Feuchtigkeit durch den dünnen Stoff des Höschens hindurch erspürend und genießend.

„Herr Schrott!“, flehte sie eindringlich, und ihre Stimme hatte merklich an Festigkeit verloren. „Erst die Arbeit … bitte!“

„Versprochen, ich bring erst Ihre Bude an den Mann!“, flachste ich, verstärkte aber den Druck – so sehr, dass ich ihre steife Klitoris wie einen Zahn gegen meinen Handteller drücken spürte. „Aber versprechen Sie mir, dass ich Sie nachher auf dem Bauernhof ganz ausziehen darf!“

„Und Sie?“, keuchte sie.

„Ich zieh mich auch aus, wenn Sie wollen!“

„Ich bitte darum! Und zwar alles, ich will Sie ganz nackt!“

„Und ich will Sex mit Ihnen!“

In dem Stil ging es Kilometer über Kilometer weiter, ich fortwährend mit meiner Hand in ihrem Schoß, während sie auf der Landstraße dahinbrauste, unser Schiff mit mehr oder weniger sicherer Hand um Radfahrer, Traktoren und andere Hindernisse herumlenkend. Zum Glück bauten wir keinen Unfall, sondern kamen irgendwann doch noch mehr oder weniger wohlbehalten vor dem Haus in Echzell an, wenn auch etwas erhitzt und außer Atem.

Das schwierige Ehepaar wartete schon.

„Immer noch heiß im Auto, wie?“, lautete der etwas pikierte Kommentar der Frau, einer etwas mageren Endvierzigerin mit flammend rot gefärbten Haaren, als wir ihr entgegentraten und sie demonstrativ an uns herunterschaute.

Was natürlich Quatsch war, denn abgesehen davon, dass Frau Vollendorfs Mercedes selbstverständlich über eine leistungsfähige Klimaanlage verfügte, waren die Temperaturen in den letzten Tagen schon beinahe herbstlich. Aber das übergingen wir mit einem Lächeln – die Chefin, weil ihr das nach dem Glück, welches ich ihr noch auf dem letzten Stück des Weges bereitet hatte, wohl schlichtweg egal war, und ich, da ich bei jenem ersten Blickkontakt mit der angeblich entscheidungsbefugten Dame bereits damit beschäftigt war, sie abzuschätzen und meine Strategie zu entwickeln.

Übergehen wir diese Veranstaltung. Es genügt, wenn ich ganz unbescheiden festhalte, dass ich ziemlich gut drauf war an diesem Tag. Meine von vornherein gute Laune, meine Vorfreude auf den Besichtigungstermin auf dem Bauernhof, die kurzweilige Autofahrt, all das hatte sich positiv auf meine Motivation ausgewirkt, mein Bestes zu geben. Und tatsächlich kamen wir auch mit diesen in der Tat schwierigen Kunden zu einem Abschluss, über den sich die Vollendorf gewiss nicht beklagen konnte. Tat sie auch nicht.

Beim anschließenden Termin mit dem offensichtlich fachkundigen Spekulanten aus Hanau überließ ich das Feld wohlweislich meiner Chefin. Nicht nur, weil dies eindeutig ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen zwei Immobilienprofis war, sondern auch, weil ich schnell merkte, dass ich mit dem Typen nichts anfangen konnte. Mein Einfühlungsvermögen stößt bisweilen eben an seine Grenzen, und dann ist unweigerlich nichts mehr zu machen.

Nun, meiner Laune tat dies jedenfalls keinen Abbruch, und trotz eines ungewissen Ausgangs der Verhandlungen schien auch meine Chefin den Vorgang gedanklich fürs Erste ad acta gelegt zu haben, als sie sich beschwingt neben mir hinters Lenkrad setzte und Kurs auf das letzte Objekt der heutigen Außentour nahm.

Das Gehöft war schon von Weitem zu sehen und machte tatsächlich keinen sehr gepflegten Eindruck: eine hohe, graue, das Anwesen umgebende Mauer, von welcher großflächig der Putz abbröckelte, die Ziegeldächer der drei Gebäudekomplexe über und über bemoost. Das Hoftor quietschte schwerfällig in den Angeln, als ich es mit nicht geringem Kraftaufwand öffnete, während die Chefin mir vom Auto aus zusah. Übrigens war es nicht verschlossen, aber es wäre auch nicht zu erwarten gewesen, dass sich irgendjemand animiert gefühlt hätte, hier einzudringen – höchstens, um ungeladen zu nächtigen, aber gewiss nicht, um zu klauen. Zu holen, das wurde schnell klar, gab es hier nichts.

Unser Schlüssel wurde dann doch noch benötigt, er passte zu dem schäbigen Wohnhaus, das wir uns als Erstes ansahen. Alte Bausubstanz, größtenteils Fachwerk, aber zu einfach und heruntergekommen, um nostalgisches Interesse oder gar denkmalpflegerischen Ehrgeiz wecken zu können: dicke Mauern, niedrige Decken mit wuchtigen Balken, an denen ich mir innerhalb weniger Minuten mehrfach den Kopf stieß, abgewetzte Dielenböden, ausgelatschte, knarzende Treppen. Diese ganzen Geschichten mit geplantem Reiterhof et cetera waren mir rätselhaft, weit konnte es damit jedenfalls nicht her sein. Das Ganze machte eher den Eindruck eines heruntergewirtschafteten Hofes, auf dem sich jahrelang nichts getan hatte und dessen Bewohner von heute auf morgen das Feld geräumt hatten. Na ja, Bewohner! Dass hier jemand seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben sollte, konnte ich mir irgendwie gar nicht vorstellen, denn das noch vorhandene Mobiliar wirkte so uralt und lieblos zusammengeschustert, als habe man hier all das untergestellt, was man irgendwo anders nicht mehr brauchen konnte: zusammengestoppelte Küchengeräte aus den Siebzigern, die Tische, Stühle und Betten eher noch älter. Instinktiv hätte ich angenommen, dass die Besitzer ihren Hauptwohnsitz irgendwo in der Stadt genommen und nur ausnahmsweise hier gelebt hatten. Aber vielleicht bin ich auch etwas zu fantasielos, was die Ansprüche anderer Leute an die persönliche Wohnsituation betrifft. Zudem überschätze ich wahrscheinlich schlichtweg den Zeitanteil, den einem die harte Arbeit auf einem solchen Hof überhaupt noch lässt, um sich zu mehr als Essen und Schlafen im Haus aufzuhalten. Denn obwohl es hier, wie gesagt, nicht viel Persönliches zu sehen gab: Zumindest das Doppelbett in dem düsteren Schlafzimmer ganz am Ende des oberen Flurs war sogar noch mit weißen Laken bezogen.

„Oh, haben Sie dafür gesorgt, dass das Bett noch gemacht ist?“, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, als ich über die Schulter meiner Chefin hinweg naserümpfend in den offenbar lange nicht gelüfteten Raum blickte.

Sie, der die Ernüchterung über den Zustand des Hauses ebenfalls deutlich anzumerken war, grinste mich schwach von der Seite an.

„Kaum“, erwiderte sie trocken. „Aber vielleicht werden wir noch dankbar dafür sein. Bisher habe ich jedenfalls noch keinen Platz gesehen, wo es sich gemütlich ficken lässt. Das durchgesessene Sofa unten bestimmt nicht, und die Küche sieht auch nicht sehr einladend aus. Außerdem ist es hier überall so kalt …“

Sie schüttelte sich in einem fröstelnden Schauer. Ihre Unverblümtheit rührte mich, zumal ich ohnehin schon heftig erregt war, seit ich das Hoftor hinter uns zugezogen hatte. Das Bewusstsein, mit ihr alleine und ungestört zu sein, sie im Grunde also jederzeit nehmen zu können, war einfach zu verführerisch.

„Ich werde es Ihnen schon warm machen“, flüsterte ich ihr ins Ohr und schlang einen Arm um ihre Taille.

„Nicht!“, quengelte sie kichernd. „Lassen Sie uns wenigstens einmal komplett das ganze Desaster in Augenschein nehmen!“

„Na, dann aber los! Ich kann nämlich nicht mehr lange warten“, stieß ich ärgerlich hervor und rieb in einer ungeduldigen Bewegung meinen Ständer an ihrer Hüfte.

Sie seufzte und entwand sich mir in einer unwilligen Schlangenbewegung, nickte aber verständnisvoll.

Der vorzeigbarste Teil des Anwesens waren noch die Stallungen, in welche man in den letzten Jahren wohl immerhin etwas Arbeit und Geld investiert hatte. Trotzdem entstand auch hier der Eindruck – wenn ich das so sagen darf, obwohl ich von dieser speziellen Materie nichts verstehe – dass man auf halbem Wege aufgehört hatte, sei es, weil man die Lust verloren hatte, sei es, weil schlichtweg die finanziellen Mittel ausgegangen waren. Und die Garagen nebenan, die waren dann wieder so richtig heruntergekommen. Blieb als Letztes noch der alte, windschiefe Komplex mit dem doppelflügeligen Holztor gegenüber.

„Na sowas, hier gibt’s ja tatsächlich noch eine richtige, alte Scheune!“, rief ich aus, als ich einen der schweren Flügel mit Mühen über den holprigen Boden schleifte und im nächsten Augenblick von anheimelnden Kindheitserinnerungen überwältigt wurde.

Da war in erster Linie jene unverwechselbare Duftmischung, die mir entgegenschlug: über Jahrhunderte festgetretener Lehmboden, Holz, vor allem aber restlos durchgetrocknete Heu- und Strohballen, darunter als kontrastierende Beimischung und Indiz dafür, dass auch hier irgendwann das Industriezeitalter angebrochen war, ein ganz schwacher Geruch nach Maschinenöl. Letzterer rührte wohl vor allem von dem uralten, grünen Deutz-Traktor her, der mitten im Innenraum abgestellt und offensichtlich lange nicht bewegt worden war.

Außer einigen im Dunkel des rückwärtigen Scheunenbereichs abgestellten Gerätschaften wie Egge, Heuwender, Wasserfass und einem kleinen Lastenanhänger gab es hier allerdings nicht mehr viel an Technik zu bewundern. Gewiss hatte man alles, das noch halbwegs von Wert war, längst abgestoßen. Somit machte das Innere der Scheune einen eher leeren, wenn auch ganz und gar nicht aufgeräumten Eindruck. Wenn ich mich, wie gesagt, trotzdem von einer Sekunde auf die andere in ganz bestimmte, uneingeschränkt glückliche Tage meiner Kindheit versetzt fühlte, dann außer durch die erwähnten Gerüche wegen des Anblicks der sich seitlich auftürmenden Strohballen und der steilen Leitern, die auf die galerieartig angeordneten Heuböden führten. Genauso hatte es in der alten Scheune ausgesehen, in der ich als kleiner Knirps herumgetollt war, wenn ich nach der Schule oder auch mal an einem Wochenende meinen Schulkameraden Lukas besucht hatte. Dessen Großeltern hatten tatsächlich noch bis in die neunziger Jahre hinein nebenher ein wenig Landwirtschaft betrieben, was für uns Kinder tolle Spielmöglichkeiten mit sich brachte. Auch wenn allzu waghalsige Sprünge vom Heuboden uns immer wieder verboten wurden, mit zunehmenden Alter den Erwachsenen zudem gewiss erste Bedenken kamen, was Jungs und Mädchen in den verborgenen Winkeln des alten Gemäuers vielleicht miteinander anstellen mochten – ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals müde geworden wären beim Erfinden neuer Spiele oder freiwillig das Feld geräumt hätten, ohne dass uns jemand regelrecht hatte hinausjagen müssen.

Schon die üblichen Klassiker waren in einem solchen Ambiente natürlich ein Traum: Ich kann mich erinnern, dass ich mir einmal ein derart perfektes Versteck inmitten einiger übereinandergeschichteter Heuballen gebaut und dann tatsächlich auch über eine so beeindruckend lange Zeit keinen Mucks von mir gegeben hatte, dass meine Spielkameraden mich partout nicht finden konnten und schließlich sogar in echter Sorge einen Erwachsenen holten, weil sie ernsthaft befürchteten, ich müsse irgendwo abgestürzt oder erstickt sein. Dann waren da die unbegrenzten Möglichkeiten für akrobatische Kunststücke, das Klettern über Leitern, an Stricken hinauf, Balancieren über Stützbalken oder Sprünge von hoch oben mitten in weiche Heuhaufen (ja, natürlich, die eine oder andere, bisweilen durchaus schmerzhafte oder gar blutige Blessur konnte da nicht ausbleiben).

Als abenteuerlich und gleichzeitig besonders anheimelnd habe ich ein oder zwei Male in Erinnerung, da über uns ein heftiges Gewitter tobte und wir uns im obersten Boden, direkt unter dem Dachfirst zusammenkauerten. Wenn ringsum der Donner krachte und der Regen wie wild aufs Dach trommelte, stellte sich sicher jeder von uns insgeheim dieselben bangen Fragen: ob nicht doch der Blitz einschlagen könne oder ob die verwitterten Ziegel wohl tatsächlich dicht seien. Aber Angst zeigen, das kam natürlich zumindest für uns Jungs nicht in Frage, und je nachdem, um wen es sich handelte, hatte man unter Umständen natürlich auch nichts dagegen, wenn sich dieses oder jenes verängstigte Mädchen hilfesuchend an einen klammerte.

Ach ja, die üblichen Rituale und Mutproben, für die gab es hier natürlich auch ausreichend Gelegenheit; sowohl für allerlei Kraft-, Akrobatik- oder Ausdauer-Wettbewerbe, als auch, was die diversen Grenzüberschreitungen und Erkundungstouren im Hinblick auf unsere körperliche Entwicklung betraf. Ich denke, insgesamt sind wir recht brav geblieben, aber in mutigen Momenten – gerade wenn wir uns wie bei dem erwähnten Gewitter besonders fern jeglicher Überwachung wähnten –‘