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Über dieses Buch:

Im Wilden Westen schweben alleinreisende Frauen in Gefahr. Um sich einem Siedlertreck anschließen zu können, braucht Ashley also schnellstmöglich einen Ehemann. Mit einer hübschen Summe will sie den kühnen Tanner MacTavish überzeugen, sie zum Schein zu heiraten. Fasziniert von der Furchtlosigkeit der Yankee-Lady nimmt er das lukrative Angebot an. In der Enge des Planwagens kommt sich das Paar unausweichlich näher – doch erst als Ashley von Indianern entführt wird, erkennt Tanner, dass er sein Herz an die hinreißende Schöne verloren hat. Ohne Zögern begibt er sich auf die lebensgefährliche Suche nach ihr …

Über die Autorin:

Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom „Romantic Times Magazine“ zur „Erzählerin des Jahres“ gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.

Bei venusbooks erscheinen außerdem: Der Rebell und die Schöne, Ein unwiderstehlicher Rebell und Rebell meines Herzens.

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eBook-Neuausgabe August 2016

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1997 by Connie Mason

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel Flame

Dieses Buch erschien bereits 2003 unter dem Titel Die Flammen meiner Leidenschaft bei Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2003 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2016 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/DCornelius, kiuikson

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-456-7

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Connie Mason

Rebell meines Herzens

Roman

Aus dem Amerikanischen von Joachim Honnef

venusbooks

PROLOG

Frühjahr 1866, St. Joe, Missouri

»Verdammt, Captain, Sie machen mir das Leben schwer. Wenn ich Sie nicht ins Gefängnis stecke, habe ich die Armee auf dem Hals. Warum, zur Hölle, haben Sie sich ausgerechnet meine Stadt ausgesucht, um den Helden zu spielen? Der Krieg ist vorbei; der Süden hat verloren. Wenn ich mich damit abfinden kann, warum können Sie das nicht?

Tanner MacTavish rieb sich über seine aufgeschlagenen, blutigen Knöchel und bedachte Sheriff Beardsley mit einem mürrischen Blick. »Für Sie mag der Krieg vorüber sein, Sheriff, aber für mich wird er niemals enden. Nach dem, was die Blauröcke mit meinem Zuhause und meiner Familie gemacht haben, kann ich keinen Yankee anschauen, ohne ihn töten zu wollen.«

»Man hat mich schon vor Ihrer Ankunft vor Ihnen gewarnt,« sagte Beardsley. »Die Armee wird diese grundlosen Angriffe auf ihre Männer nicht länger hinnehmen.« Seine Stimme wurde weicher. »Ich kenne Sie, Captain, und ich schätze Sie sehr. Im Krieg habe ich unter Ihnen gedient, aber ich habe geschworen, das Gesetz in St. Joe aufrechtzuerhalten, und Sie wissen, dass ich meine Pflicht erfülle.«

Tanner warf Beardsley einen Blick zu, der so freudlos war wie sein Herz. Er war ein hoch gewachsener Mann mit Haar, so schwarz wie die Sünde. Mit seiner tief sonnengebräunten Haut, den durchdringend blickenden grauen Augen und dem stoppelbärtigen Kinn wirkte er wie ein Halbwilder. Er war ungewöhnlich breitschultrig, und seine Muskeln schienen die Lederweste und die graue Hose der Rebellenarmee zu sprengen. Ein Blick auf Tanner MacTavish reichte, um zu erkennen, dass er zu kräftig, zu leidenschaftlich und zu gefährlich war.

»Tun Sie, was Sie tun müssen, Beardsley«, sagte Tanner rau. »Es tut mir Leid, dass ich Ihre Stadt erwischt habe, aber als ich hier eintraf, hatte ich keine Ahnung, dass Sie der Sheriff sind. Immer wenn mir einer dieser Teufel in blauen Röcken vor die Augen kommt, sehe ich rot. Ich kann nicht garantieren, dass es das letzte Mal gewesen ist.«

Beardsley schnaubte angewidert. »Sie können es nicht mit der ganzen Armee aufnehmen, Captain. Wenn ich Sie nicht einloche, spielen die Bürger verrückt, ganz zu schweigen von der Armee. Ich habe Lieutenant Pickford versprochen, Sie ihm vom Leib zu halten, bis der letzte Treck des Jahres die Stadt verlässt und er mit seinen Soldaten ins Fort zurückkehren kann. Er will nicht, dass ein Unruhestifter wie Sie herumläuft und Männer angreift, weil Ihnen die Farbe ihrer Uniformen ein Dorn im Auge ist.«

Beardsley nahm den Zellenschlüssel, schloss die Tür der Zelle auf und forderte Tanner mit einer Geste auf, hineinzugehen.

»Ihre Waffen«, sagte er und streckte die Hand aus.

Tanner band die Riemen los, mit denen die beiden Halfter an seine muskulösen Oberschenkel gebunden waren, schnallte den Gurt mit den beiden Colt Lightning-Revolvern, Kaliber .41, ab und hängte ihn über Beardsleys Arm.

»Ist das alles?«, fragte Beardsley.

Tanners unergründlich dunkle Augen glitzerten gefährlich, als er sich bückte und ein Abhäutemesser aus einer verborgenen Scheide in seinem rechten Stiefel zog. »Das war s.« Da der Sheriff keine Anstalten machte, ihn zu durchsuchen, hielt Tanner es für unnötig, einen .38er Colt Taschenrevolver zu übergeben, den er in einer inneren Westentasche trug.

»Tut mir Leid, Captain«, sagte Beardsley und schloss die Zellentür hinter dem Gefangenen. »Aber Sie müssen sich hier für eine Weile abregen. Es könnte schlimm für Sie werden, wenn die Armee Anklage erhebt.«

»Sie können den ›Captain‹ weglassen, Beardsley; die Yankees haben uns besiegt, erinnern Sie sich? Sie haben mir alles außer meinem Leben genommen, und das hätten sie mir auch noch nehmen sollen. Es gibt verdammt wenig, was mir noch etwas ausmacht.«

Sheriff Beardsley ging kopfschüttelnd davon. Tanners Hass auf die Yankees war tief und äußerst persönlich. Irgendetwas, von dem Beardsley nichts wusste, war in Tanners Leben geschehen. Er interessierte sich nicht für die Einzelheiten, aber es war ihm klar, dass Tanner MacTavish ein verbitterter Mann war.

Kapitel 1

»Ich bin verzweifelt, Sheriff. Ich brauche einen Ehemann, und zwar sofort!«

Sheriff Beardsley lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, schob seinen Hut aus der Stirn und spähte unter der Krempe zu der aufgeregten Frau, die vor seinem Schreibtisch stand. Er hätte sie für eine unscheinbare alte Jungfer gehalten, wenn nicht das flammendrote Haar unter ihrer altmodischen Haube und ihre ungewöhnlichen Augen gewesen wären … groß, ausdrucksvoll und leuchtend grün. Mit dem lehmbraunen Reisekleid und der schmucklosen Haube wirkte sie wie eine verklemmte unverheiratete Tante. Ihr rotes Haar und die leuchtenden Augen jedoch verliehen ihr etwas Verruchtes, das in krassem Kontrast zu ihrem spröden Äußeren stand.

»Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse, Lady. Ich bin Sheriff, kein Heiratsvermittler.«

»Sie sind der einzige, dem ich vertrauen kann, Sheriff. Sie müssen mir helfen!«

Beardsley nahm seinen Hut ab und fuhr sich mit seinen dicken Fingern durch das schüttere Haar. Er wünschte sich sonst wohin, nur weit fort von dieser furienhaften jungen Frau. »Warum nehmen Sie nicht Platz und erzählen mir, wo der Schuh drückt, Miss? Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn ich nicht weiß, worum es überhaupt geht. Sie müssen zugeben, dass Ihre Bitte ein wenig ungewöhnlich ist. Fangen Sie bei Ihrer Erzählung damit an, mir Ihren Namen zu nennen und zu verraten, woher Sie kommen.«

»Mein Name ist Ashley, Ashley Webster. Ich bin Lehrerin in Chicago.« Sie starrte auf ihre behandschuhten Hände und bemerkte mit Bestürzung, dass sie vor lauter Aufregung ein Taschentuch zerrissen hatte.

»Sehr gut, Miss Webster, das ist schon mal ein Anfang. Und was hat dieser Unsinn mit dem Ehemann zu bedeuten? Heutzutage ziehen es doch die meisten Frauen vor, sich ihre Partner selbst auszuwählen.«

Auf seiner Pritsche in der Zelle, nur ein paar Schritte entfernt, hob Tanner MacTavish seinen Hut ein Stück an und musterte die nahezu hysterische Frau. Seine Augen spiegelten Verachtung wider. Ihr Nordstaaten-Akzent ging ihm auf die Nerven. Eine Yankee, dachte er angewidert. Mann oder Frau, es gab keinen Yankee, den er nicht hasste. Diese war besonders lästig. Mangelte es ihr so sehr an Stolz, dass sie um einen Mann betteln musste?

»Ich versichere Ihnen, dass ich nicht hier wäre, wenn ich nicht verzweifelt wäre«, sagte Ashley mit Schärfe in der Stimme. »Ich bin den weiten Weg von Chicago gereist und habe eine beträchtliche Summe für den Kauf von Ochsen und eines Wagens bezahlt, um mich einem Treck anzuschließen, der morgen St. Joe verlässt.«

Sie riss ihr Handtäschchen auf und zog einen verknitterten Brief hervor. »Dies ist eine schriftliche Zusage vom Wagenboss, die er nun nicht anerkennen will. Der Wagentreck der Cramer Company ist der letzte, der in diesem Frühjahr aufbricht. Wenn ich nicht mitfahren kann, muss ich bis zum nächsten Jahr warten, und das ist zu spät.«

Beardsley strich sich übers Kinn. »Ich kenne Captain Cramer. Kann ich Ihren Worten entnehmen, dass Sie allein reisen?«

Ashley nickte, und in ihren grünen Augen blitzte es wütend auf. Zorn steht ihr gut, dachte Beardsley. Dadurch sieht sie fast hübsch aus.

»Der Wagenboss hat gedacht, dass ich ein Mann bin«, erklärte Ashley und schwenkte den Brief vor dem Gesicht des Sheriffs. »Er hat mich bereitwillig akzeptiert, als ich ihm schrieb und anfragte, ob ich mich seinem Treck anschließen kann. Ich weiß, mein Name ist ungewöhnlich, aber Ashley können nun mal Frauen und Männer gleichermaßen heißen. Als der Boss jetzt feststellte, dass ich eine Frau bin, weigerte er sich rundweg, mir zu erlauben, mit diesem Wagenzug zu reisen. Diese Frechheit! Er sagte, ich müsste einen Ehemann haben, damit ich mich seiner Gruppe anschließen kann. Oder meine Eltern müssten mich begleiten.«

Ein leises Lachen ertönte hinter Ashley, doch sie war zu wütend, um sich umzudrehen und nach der Quelle Ausschau zu halten.

»Ich sage Ihnen, Sheriff, es ist fast unmöglich, in einer Stadt wie St. Joe einen passenden Ehemann zu finden. So habe ich mich entschlossen, Sie um Hilfe zu bitten. Ich nehme an, Sie kennen die Bürger besser als jeder sonst. Ich brauche einen Mann, der mich bis zu meinem Ziel begleitet und nicht meine Lage als allein stehende Frau ausnutzen wird.«

Beardsley unterdrückte ein Lachen. »Verzeihung, Ma’am, aber sagten Sie nicht, Sie wollen einen Ehemann? Wenn sie heiraten, werden Sie keine allein stehende Frau mehr sein.«

Ashley sah ihn mit wachsender Ungeduld an. »Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren unverheiratet, und habe vor, das zu bleiben. Ich will nicht wirklich heiraten, Sheriff; ich brauche nur einen Ehemann. Lassen Sie mich erklären«, fügte sie hinzu, als Beardsley sie ungläubig ansah. »Ich möchte einen Mann anheuern, der sich als mein Ehemann ausgibt. Er muss überzeugend genug sein, um Captain Cramer zufrieden zu stellen. Ich bin bereit, dem Mann eine beträchtliche Summe zu zahlen. Ich reise nicht den ganzen Weg mit dem Treck bis nach Oregon, nur nach Fort Bridger. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, wird er frei sein und seine eigenen Wege gehen können.«

»Fort Bridger«, wiederholte Beardsley und rieb sich nachdenklich übers Kinn. »Was gibt es so Wichtiges in Fort Bridger, dass Sie sich all diesen Ärger aufhalsen? Warum können Sie nicht bis zum nächsten Frühjahr warten? Wer weiß, bis dahin haben Sie vielleicht einen richtigen Ehemann gefunden.«

Ashley sprang auf. »Nein! Nächstes Frühjahr kann zu spät sein. Mein Bruder ist Soldat in Fort Bridger. Ich habe einen Brief mit der Mitteilung erhalten, dass er im Militärgefängnis ist. Ihm wird Mord an einem Offizierskollegen und Gott weiß was sonst vorgeworfen. Cole würde nie jemanden töten. Er ist alles, was ich noch auf der Welt habe. Er hat nicht getan, was ihm zur Last gelegt wird, und das werde ich beweisen!« Sie nahm ihre Haube ab und schüttelte ärgerlich den Kopf Offenbar hatte sie keine Ahnung, welche Wirkung ihr flammendrotes Haar auf Leute hatte, denn sie fuhr sich unbefangen mit den gespreizten Fingern durch die Kaskaden der Locken, bevor sie die Haube wieder aufsetzte.

Beardsley musste Ashley Webster widerwillig Respekt zollen, trotz ihrer seltsamen Denkweise und ihrer abenteuerlichen Bitte. Aber er konnte ihr nicht helfen, selbst wenn er es gewollt hätte. Junge Frauen hatten allein in einem unerforschten Gebiet nichts zu suchen. Sie würde unzähligen Gefahren ausgesetzt sein. Außerdem kannte er nur wenige Männer – nein, korrigierte er sich, keine –, die das Angebot annehmen würden, das sie vorschlug.

Beardsley suchte nach einer freundlichen Möglichkeit, wie er Ashley sagen konnte, dass sie den Treck und ihr absurdes Angebot vergessen sollte; dabei schweifte sein Blick an Ashley vorbei zu Tanner, der jetzt lässig an den Eisenstäben seiner Zelle lehnte.

Tanner war von der Pritsche aufgestanden, hatte sich den Hut aus der Stirn geschoben und starrte Ashley durchdringend an. Sein Mund war zu einem höhnischen Grinsen verzogen. Er hatte versucht, nicht zuzuhören, als sie ihr Dilemma erklärte hatte, aber es war nahezu unmöglich, sie zu ignorieren. Diese Yankee-Lehrerin war das unglaublichste Mädchen, das er jemals gesehen hatte.

Zu Anfang hatte er sie für eine unscheinbare graue Maus gehalten, doch als sie ihr prächtiges Haar gelöst und ihm ihr Profil zugewandt hatte, hatte er nichts mehr an ihr unscheinbar gefunden. Bestimmt nicht ihre dicht bewimperten grünen Augen oder ihren sinnlichen Mund. Keine der zurückhaltenden Südstaaten-Schönheiten würde so unverschämt frech sein oder einen so haarsträubenden Plan aushecken, der von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

Sheriff Beardsley betrachtete Tanner grübelnd, während dieser Ashley Webster anstarrte, und eine Idee nahm Gestalt an. Wenn Tanner seinen Weg der Gewalt fortsetzte, würde er höchstwahrscheinlich bald in einem Grab auf irgendeinem namenlosen Hügel enden. Es würde eine verdammte Schande sein, dass ein Mann wie Tanner sein Leben beendete, weil er einen Krieg führte, den der Süden vor langer Zeit verloren hatte.

Wenn Tanner weit genug von der Zivilisation entfernt ist, kann er kaum mehr in Schwierigkeiten geraten, sagte sich Beardsley. In seiner gegenwärtigen geistigen Verfassung war Tanner wie ein Pulverfass, an dem die Lunte brannte. Er würde höllisch wütend über den Vorschlag sein, den er ihm machen würde, doch der Sheriff entschloss sich, Tanner gegen dessen Willen zu retten.

Ashleys Geduld war am Ende. Die Zeit wurde knapp. Wenn sie nicht bald zum Schein einen Ehemann präsentieren konnte, würde sie nicht mitgenommen werden. Sie spürte, dass der Sheriff jemanden im Sinn hatte, denn sie sah seine nachdenkliche Miene.

»Nun, Sheriff, können Sie mir helfen? Wenn nicht, dann schwöre ich, dass ich in den nächsten Saloon marschieren, und den ersten Mann nehme, der sich freiwillig meldet.«

Beardsley zuckte zusammen. So entschlossen, wie Miss Webster wirkte, befürchtete er, dass sie genau dies tun würde. Dieses leichtsinnige Verhalten konnte dazu führen, dass sie getötet oder vergewaltigt werden würde. Nach einem weiteren Blick zu Tanner stand sein Entschluss fest.

»Tatsache ist, Miss Webster, das ich einen Mann kenne, der infrage kommt.«

Tanner blickte erstaunt zu Beardsley. Er konnte sich nicht vorstellen, an wen der Sheriff dachte. Die Frau bei ihrem aberwitzigen Plan zu unterstützen, war gleichbedeutend mit Mord. Tanner bezweifelte ernsthaft, dass die Lehrerin ihr Ziel lebend erreichen würde – mit Beardsleys Hilfe oder ohne. War ihr denn nicht klar, dass jeder Mann, der blöde genug sein würde, sich als ihr Ehemann auszugeben, seine vollen ehelichen Rechte verlangen würde? War die Frau so zum Äußersten entschlossen, zu ihrem Bruder zu gelangen, dass sie ihre Tugend und ihr Leben aufs Spiel setzte? Oder kannte Beardsley etwa einen Mann, der ehrbar genug war, um die Regeln zu befolgen, die von der entschlossenen Yankee-Lady aufgestellt wurden? Er jedenfalls kannte bestimmt keinen solchen Mann in St. Joe, wo Männer kamen und gingen und nur wenige lange genug blieben, um sich einen guten Ruf aufzubauen.

»Ich werde für immer in Ihrer Schuld stehen, Sheriff«, sagte Ashley mit wachsender Anspannung. »Wann können Sie Kontakt mit ihm aufnehmen? Der Treck wird nicht auf mich warten.«

»Sie können ihn selbst fragen, Miss. Er ist hier in diesem Raum.«

Ashley ließ ihren Blick suchend durch den kleinen Raum und die beiden Zellen des angrenzenden Gefängnisses schweifen. Eine Zelle war leer, aber die andere – o nein! –, die andere war besetzt mit einem Mann, dessen Äußeres ihr Angst einjagte und sie zugleich faszinierte. Nie zuvor hatte sie einen solchen Mann gesehen! Sie versuchte zu ignorieren, wie sich seine Hose um die muskulösen Oberschenkel spannte, wie sein markantes Gesicht und der unerbittliche Blick seiner stahlgrauen Augen Verachtung widerspiegelten, doch es gelang ihr nicht.

Seine Züge wirkten wie aus Stein gemeißelt. Sie heftete den Blick auf sein Kinn mit den dunklen Bartstoppeln, das beinahe genauso einschüchternd war wie der Rest von ihm. Er braucht eine Rasur und einen Haarschnitt, dachte sie flüchtig. Die Erkenntnis, dass dies der Mann war, den der Sheriff im Sinn hatte, erschreckte sie. Sie riss den Blick von Tanner los, um Beardsley entsetzt anzustarren.

»Gewiss wollen Sie nicht vorschlagen, dass ich …? Lieber Gott, der Mann ist ein Krimineller!«

»Das hängt alles von der Betrachtungsweise ab«, behauptete Beardsley. »Tanner ist gar nicht so schlecht.«

»Die Lady hat Recht, Sheriff«, sagte Tanner gedehnt. »Zählen Sie die Zeiten zusammen, die ich in Ihrem Gefängnis verbracht habe, und rechnen Sie die hinzu, die ich in den Zellen anderer Städte gewesen bin. Da kommt allerhand zusammen.«

»Er ist ein Rebell!«, stieß Ashley hervor und wich instinktiv zurück, als sie Tanners weichen Südstaaten-Akzent hörte.

Ashley, die entschieden für die Sklavenbefreiung eingetreten war, wusste aus erster Hand, welche Grausamkeiten Sklaven angetan worden waren. Jene, die in den ersten Jahren des Krieges Chicago erreicht hatten, waren in bemitleidenswertem Zustand gewesen und hatten von Gräueltaten erzählt, die von ihren Herren begangen worden waren.

»Und Sie sind eine Yankee.« Tanners Augen wurden pechschwarz – kalt, gnadenlos, sogar räuberisch.

Beardsley blickte von Tanner zu Ashley, verblüfft über die Feindseligkeit zwischen ihnen. Sie schienen einander zu verabscheuen und gar nicht die Spannung zu bemerken, die zwischen ihnen knisterte.

»Ja, ich bin eine Yankee, Rebell. Ich habe nie in meinem Leben einen Sklaven besessen oder eine Menschenseele misshandelt. Können Sie das Gleiche von sich sagen?«

»Würden Sie mir glauben, wenn ich ja sagte?« Er lachte rau, als Ashley ihn voller Verachtung anblickte. »Nein, das habe ich mir gedacht. Fürchten Sie sich nicht, Yankee. Ich wäre ein verdammter Narr, wenn ich mich für Ihren leichtsinnigen Plan einspannen lassen würde. Ich habe genügend eigene Probleme, ohne mir auch noch die einer verantwortungslosen alten Jungfer aufzuhalsen.«

In Ashleys Augen blitzte Zorn auf. Sie brauchte nicht daran erinnert zu werden, dass sie unverheiratet war. »Und ich müsste schon hundert Mal verzweifelter sein, als ich es jetzt bin, um Sie um Hilfe zu bitten.«

»Nun, ich nehme an, damit ist der Fall erledigt, Miss Webster«, sagte der Sheriff. »Sie werden keine Probleme haben, Ihren Wagen und die Ochsen zu verkaufen. Vielleicht haben Sie im nächsten Jahr mehr Glück.«

»Nächstes Jahr ist zu spät. Mein Bruder ist in einer ernsten Notlage, angeklagt eines Mordes, den er nicht begangen hat. Ich muss jetzt zu ihm. Wenn es eine Möglichkeit gibt, seinen Namen reinzuwaschen, werde ich sie finden.«

»Das ist lobenswert, Miss Webster, aber ich habe alles getan, was in meiner Macht steht.«

»Das soll alles gewesen sein?«, fragte Ashley. Ein schwarzer Nebel von Verzweiflung senkte sich über sie. »Können Sie mir nicht vielleicht doch helfen? Gibt es in St. Joe keine anständigen Männer, die bereit sind, sich als mein Mann auszugeben?«

»Keinen, den ich kenne«, sagte Beardsley. »Mit Ausnahme von Tanner hier. Ich kenne Tanner MacTavish seit langem, Miss, und er ist ein guter Mann. Während des Kriegs habe ich unter ihm gekämpft und ihm mein Leben anvertraut.«

»Warum ist er dann im Gefängnis?«

»Weil ich den Anblick von Yankee-Soldaten nicht ertragen kann«, antwortete Tanner selbst zu seiner Verteidigung. »Ebenso wenig mag ich alte Jungfern der Yankees, die mit Bestechung versuchen, einen Ehemann zu finden. Wenn auch nur einen zum Schein. Kehren Sie heim, Yankee. Wenn Ihr Bruder ein Yankee-Soldat ist, habe ich kein Mitleid mit ihm oder seinesgleichen.«

Ashley schoss das Blut ins Gesicht, und sie wandte sich bei Tanners bitteren Worten ab. Seine unergründlichen Augen spiegelten die Leere seiner Seele wider. Ein Gefühl, das weder Mitleid noch Hass war, erschütterte sie. Ein Gefühl, das sie nicht erklären konnte.

Sie sind ein wenig vorschnell, Captain«, warnte Beardsley. »Denken Sie gründlich über das Angebot der Lady nach. Meines Wissens haben sie kein Geld und keinen Job. Die Armee hat es satt, dass Sie ihre Männer grundlos angreifen. Der Westen ist ein großes, offenes Land. Miss Websters Geld kann Ihnen helfen, Land zu kaufen, sich ein neues Leben aufzubauen und den Krieg zu vergessen. Sie sind ein zu guter Mann, um Ihr Leben mit Groll zu verschwenden.«

Tanners Miene nahm einen härteren Zug an. »Groll?« Er lachte rau, ein hohles Echo der Verzweiflung. »Wenn Sie wüssten.«

»Ich meine, Sie sollten sich das noch einmal überlegen, Tanner«, sagte Beardsley. »Die Lady braucht Hilfe, und Sie brauchen ebenfalls welche. Lieutenant Pickford hielt mich heute Morgen auf der Straße an und sagte, dass er erwägt, Sie zum Fort zu bringen, damit Sie vor Gericht gestellt werden. Sie werden für die Armee ein zu großes Ärgernis. Ihr Hass wird Sie umbringen.«

»Ich habe nicht gesagt, dass ich Mr MacTavishs Hilfe annehmen würde«, erinnerte Ashley ihn. »Ich will einen Mann haben, der Befehle befolgt, keinen Querulanten, der mich wahrscheinlich verlassen würde, noch bevor wir Fort Bridger erreichen. Wenn Captain Cramer keine Vorurteile gegen allein reisende Frauen hätte, brauchte ich niemanden, der sich für meinen Ehemann ausgibt. Ich kann sehr gut allein zurechtkommen. Schließlich bin ich ja kein unerfahrenes Mädchen. Ich bin eine unabhängige F rau mit Erfahrung auf vielen Gebieten.« Das war zwar nicht ganz wahr, doch es klang gut.

Tanner lachte laut. »Ich wusste gar nicht, dass fünfundzwanzig ein so hohes Alter ist, Yankee. Aber vielleicht liegt Ihre Erfahrung zwischen Ihren …«

»Tanner!«, donnerte Beardsley. »Verdammt, Mann, haben Sie den Verstand verloren? Sie machen all meine Bemühungen, Ihnen zu helfen, zunichte. Miss Webster ist eine Lady; hüten Sie Ihre Zunge.«

»Natürlich ist sie eine Lady.« Tanners Lippen kräuselten sich höhnisch, als er sie mit hartem Blick anstarrte. »Eine Yankee-Lady. Wo ist Ihr Stolz? Keine Lady, die ich kenne, würde um einen Mann betteln, ganz gleich, wie verzweifelt sie wäre.«

Rote Funken des Zorns explodierten hinter Ashleys Augen. »Ich brauche lediglich einen Mann, der sich als mein Ehemann ausgibt, keinen Bettgespielen. Wenn alle Männer sind wie Sie, werde ich dankbar ledig bleiben.«

Entschlossen, sich durchzusetzen, versuchte Sheriff Beardsley ein letztes Mal, das feindselige Paar zu überreden. »Denken Sie an Ihren Bruder, Miss Webster. Das Militärgefängnis ist kein gesunder Ort. Ich kann Ihnen garantieren, dass Tanner ehrbar ist. Wenn er sein Wort gibt, gilt es. Sie können darauf vertrauen, dass er Sie beschützt. Zugegeben, er dreht ein bisschen durch, wenn er Blauröcke sieht, aber mit ein wenig Hilfe von Ihnen kann er vielleicht sogar lernen, diese Schwäche unter Kontrolle zu bekommen.«

»Und Sie, Captain«, fuhr Beardsley fort, »wollen Sie Ihr Leben im Gefängnis verbringen?« Als er sah, dass Ashley die Stirn runzelte und Tanner sich abwandte, stieß Beardsley einen Fluch aus. »Ah, zur Hölle, ich weiß gar nicht, warum ich mir so viel Mühe gebe.«

Ashley war die Erste, die in Erwägung zog, Tanner als Reisepartner zu akzeptieren, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, wie sie es all die Wochen mit diesem anrüchigen Rebellen aushalten sollte. Aber wenn der Sheriff sich für seinen Charakter verbürgen konnte, sollte sie ihn zumindest in Betracht ziehen.

Er wird eine Rasur und neue Kleidung brauchen, dachte sie, wenn er nichts Besseres zum Anziehen hat als die Lederweste und die graue Armeehose. Sie fragte sich, ob Tanner Captain Cramer weismachen konnte, dass er ihr Ehemann war, musste aber innerlich über die Vorstellung lachen, dass ihm das nicht gelingen würde. Sie nahm an, dass Tanner MacTavish jeden von allem überzeugen konnte, wenn er es wollte.

Tanner war noch nie einer solch entschlossenen Frau begegnet. Die rothaarige Yankee-Jungfer war ebenso so verrückt wie außergewöhnlich. Ihr Bruder musste ihr viel bedeuten, wenn sie für ihn ihr Leben und ihren Ruf aufs Spiel setzte. Hatte sie keine Eltern oder Beschützer, die ihr leichtsinniges Verhalten im Zaum hielten? Wenn er sich nicht auf ihren aberwitzigen Plan einließ, würde sie dann jemanden nehmen, der noch anrüchigerer war als er? Was ihm natürlich gleichgültig sein sollte, oder?

Doch es war ihm nicht gleichgültig, das musste er sich eingestehen. Zudem würde es zu seinem eigenen Besten sein, wenn er ihr Angebot annahm, Beardsley hatte Recht. Er sollte das angebotene Geld einsacken, dafür sorgen, dass sie zu ihrem Ziel gelangte, und sich dann ohne Bedauern von ihr verabschieden. Er hatte gehört, dass in Colorado und in ein paar anderen westlichen Staaten Silber gefördert wurde. Mit entsprechender Ausrüstung und Verpflegung konnte er vielleicht selbst einiges finden.

Beardsley erkannte den Moment, an dem beide die gleiche Entscheidung trafen. Tanners Miene zeigte dabei bittere Resignation, die von Ashley widerwillige Bereitschaft.

»Wie viel bieten Sie an, Yankee?«, fragte Tanner mürrisch.

»Tausend Dollar«, sagte Ashley, ohne mit der Wimper zu zucken. »Die Hälfte jetzt und die andere, wenn wir in Fort Bridger eintreffen.«

Beardsley stieß einen leisen Pfiff aus. »Das ist eine Menge Geld, Miss Webster. Sie müssen wirklich verzweifelt sein.«

»Verzweifelt genug, um alles zu geben, was ich besitze«, gab Ashley zu. »Meine Tante, mit der ich zusammengelebt habe, ist vor kurzem verstorben und hat mir ihr Haus und eine kleine Erbschaft vermacht. Nachdem ich von der Sache mit Cole erfuhr, habe ich das Haus verkauft. Ich hatte auch einige Ersparnisse.«

»Sie sind eine Närrin, Yankee«, sagte Tanner spöttisch. »Ich jedoch nicht. Ich werde mich daher als Ihr Mann ausgeben und Ihr Geld ohne Gewissensbisse nehmen. Die Yankees haben mir Dinge genommen, die nie ersetzt werden können. Ich wäre blöde, wenn ich Ihr Geld nicht nehmen würde.«

Ashley biss sich auf die Unterlippe. Sie fühlte sich hilflos und völlig der Gnade dieses skrupellosen Mannes ausgeliefert. Aber Sheriff Beardsley hatte die Situation richtig eingeschätzt: Sie war zu verzweifelt, um wählerisch sein zu können.

Tanner beobachtete Ashley schweigend und wartete ab. Er fand sie empörend wagemutig, einzigartig dumm und grenzenlos unvorsichtig. Sie wirkte unschuldig und dennoch verführerisch. Abgesehen vom Wort des Sheriffs, wusste sie nichts über ihn, Tanner. Machte es ihr denn nichts aus, dass sie völlig seiner Gnade ausgeliefert sein würde? Er konnte ihr Geld nehmen, sie vergewaltigen und töten, und sie würde es nicht verhindern können. Aber wie viel Grips konnte er schon von einer Yankee-Lehrerin erwarten?

Mit jeder Minute, die verging wusste Ashley, dass die Chancen, einen anderen Mann als Schein-Ehemann zu finden, schlechter wurden. Cole brauchte sie; sie konnte ihn nicht im Stich lassen. Sie wollte unbedingt mit dem Treck am Morgen losfahren. Selbst, wenn das bedeutete, dass sie gemeinsame Sache mit einem verbitterten Rebellen machen musste, der sie hasste.

Sie bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. »Also gut, Rebell, ich nehme an, ich muss mich mit Ihnen zufrieden geben. Sheriff Beardsley hält Sie anscheinend für zuverlässig, und zu diesem Zeitpunkt kann ich nicht mehr auf jemanden warten, der besser für den Job qualifiziert wäre.«

Tanner blickte sie lange und kühl an, und sie glaubte, vielleicht zu vorschnell gewesen zu sein. »Schließen Sie die Zelle auf, Sheriff. Die Yankee und ich haben eine Abmachung zu treffen.«

Ein erfreutes Lächeln hob Beardsleys Mundwinkel, als er sich von seinem Stuhl erhob, den Schlüssel von einem Nagel an der Wand nahm und sich Tanners Zelle näherte. Fast bemitleidete er Tanner, weil er die nächsten Wochen, vielleicht sogar Monate, in der Gesellschaft dieser scharfzüngigen Yankee-Miss verbringen musste. Er konnte verstehen, weshalb sie noch keinen Mann hatte. Welcher Mann würde freiwillig eine Frau heiraten, deren scharfe Zunge und beißende Intelligenz ihm das Leben zur Hölle machen würde?

Die Zellentür schwang auf, und Tanner trat heraus. Er nickte Beardsley kurz zu und wandte sich dann an Ashley. »Wir haben Geschäftliches zu erledigen, Yankee. Die Hälfte des Geldes jetzt, wenn ich mich nicht täusche.«

Ashley bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Ihre Erinnerung trübt sie nicht, Rebell.«

Tanners Miene verhärtete sich. »Erinnerung ist alles, was mir geblieben ist, und ich wünschte bei Gott, ich hätte keine.«

Ashley, die keinen Sinn in seinen Worten fand, kramte in ihrem Handtäschchen und nahm ein Bündel Banknoten heraus. »Wie soll ich wissen, dass Sie nicht mein Geld nehmen und damit abhauen?«

»Ohne Pferd und Waffen kann er nirgendwohin«, schaltete sich der Sheriff ein. »Und heute wird er beides nicht mehr bekommen. Ich werde ihm das Pferd und die Waffen morgen am Ort der Abreise persönlich aushändigen.«

»So viel zum Vertrauen«, murmelte Tanner finster.

Beardsley zuckte die Achseln. »Ich schütze nur meinen Arsch, Captain.« Plötzlich wurde ihm seine Vulgärsprache bewusst, und er grinste Ashley verlegen an. »Verzeihung, Miss Webster.«

Ashley legte das Geld auf Tanners Handfläche und fragte sich, ob sie es bereuen würde. Plötzlich spürte sie den unwiderstehlichen Drang, ihm das Geld wieder aus der Hand zu reißen, doch es war zu spät. Tanners große, schwielige Hand schloss sich um die Banknoten, und er verstaute sie in seiner Westentasche.

»Ich muss einiges einkaufen, bevor wir abreisen«, sagte Ashley. »Ich schlage vor, Sie benutzen einiges von diesem Geld für eine Rasur, einen Haarschnitt und passende Kleidung für die Reise. Und für alles, was Sie sonst für Ihre persönlichen Bedürfnisse brauchen. Um das Essen und die Vorräte kümmere ich mich. Wir treffen uns in zwei Stunden am Mietstall.«

»Lassen Sie uns eines gleich klarstellen, Yankee. Ich habe zugestimmt, Ihren Ehemann zu spielen, nicht jedoch, Befehle von Ihnen entgegenzunehmen. Ich werde mich an unsere Abmachung halten, aber mich nicht von Ihnen bevormunden lassen. Wenn Sie mit dieser Regel nicht leben können, sollten wir uns besser hier und jetzt trennen.«

Ashley biss sich auf die Lippen, um diesen abscheulichen Rebellen nicht mit ihrer scharfen Zunge zu verfluchen. Leider brauchte sie ihn, aber eines Tages würde das nicht mehr so sein, und dann würde sie ihm genau sagen, was sie von ihm hielt.

»Tun Sie, was Ihnen beliebt!«, fauchte sie ihn an. »Seien Sie nur in zwei Stunden beim Mietstall, damit wir uns bei Captain Cramer als Ehepaar vorstellen können.«

Das Kinn trotzig erhoben, fuhr Ashley auf dem Absatz herum und stürmte aus dem Büro des Sheriffs. Dabei stellte sie vor Tanner und Beardsley unabsichtlich ihre Weiblichkeit zur Schau, als ihr Rock flog und ein Teil ihrer schlanken Waden zu sehen war.

»O Mann«, murmelte Beardsley, ein wenig benommen vom Auftritt des Drachen mit dem flammendroten Haar. »Diese kleine Lady hat ihren eigenen Kopf. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie um die nächsten Monate beneide, Captain.«

»Diese kleine Lady ist überhaupt keine Lady. Sie ist bloß ein unverschämtes Yankee-Flittchen. Vielleicht ist all dieses Gerede von ihrem Bruder reine Erfindung. Wahrscheinlich braucht sie so dringend einen Mann in ihrem Bett, dass sie sich einen kauft. Nach ihrem eigenen Eingeständnis hat sie Erfahrung, und wenn ich mich nicht irre, ist sie auch tatsächlich keine schüchterne Jungfrau.«

»Ich habe für Sie gebürgt, Captain. Sie haben das Geld genommen. Sie haben eine moralische Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass sie sicher ihr Ziel erreicht.«

»Genau, die moralische Verpflichtung habe ich«, sagte Tanner nachdenklich. »Aber ich werde nicht dafür bezahlt, dass ich ihr im Bett diene. Die Yankee wird den ›Dixie‹ pfeifen müssen, bevor sie mich in ihr Bett locken kann. Vergessen Sie nicht, mir morgen mein Pferd und die Waffen zu bringen«, erinnerte er Beardsley, als er durch die Tür ging.

»Machen Sie keinen Ärger!«, rief Beardsley ihm nach. Er beobachtete, wie Tanner die Straße hinabging und fragte sich, ob er einen Fehler begangen hatte. Er war sich sicher, dass zwischen der rothaarigen Yankee und dem hitzköpfigen Rebellen die Fetzen fliegen würden. Zu schade, dass er nicht dabei sein würde, um dieses Schauspiel zu genießen.

»Wieder zurück, Miss Webster?«, fragte Captain Cramer, als Ashley ihm zwei Stunden später gegenübertrat. »Ich habe meine Meinung nicht geändert. Wenn Sie sich nicht plötzlich entweder einen Mann oder Eltern zugelegt haben, sind Sie hier nicht willkommen.«

Cramers Augenbrauen ruckten hoch, als Tanner hinter dem Wagen auftauchte und sich neben Ashley stellte. Er war glatt rasiert und trug ein blaues Baumwollhemd unter seiner Lederweste. Sein Haar war zwar immer noch lang, jedoch im Nacken mit einem Lederriemen zusammengebunden. Leider hatte er seine graue Armeehose nicht durch etwas Passenderes ersetzt, doch Ashley hatte sich eine Bemerkung darüber verkniffen, weil er zur vereinbarten Zeit beim Mietstall eingetroffen war.

»Dies ist mein Mann, Captain Cramer. Ich bin jetzt Mrs Tanner MacTavish. Sie haben also keinen Grund mehr, mich von Ihrem Treck auszuschließen.«

Tanner und Cramer schüttelten sich die Hände. »Ihr Mann? Bisschen plötzlich, oder?«

»Das geht Sie nichts an«, sagte Ashley scharf. »Sie sagten, ich brauche einen Ehemann, und so habe ich einen. Welche Wagenposition haben wir?«

»Nicht so schnell, Miss … äh … Mrs MacTavish. Haben Sie eine Heiratsurkunde? Ich möchte sie sehen.«

Ashley wurde blass. Himmel, sie hätte nie gedacht, dass er danach fragen würde. »Natürlich haben wir die«, antwortete sie, bevor sie Zeit zum Denken hatte. »Wir holen sie später beim Haus des Predigers ab.«

»Zeigen Sie mir das Dokument morgen vor der Abreise, und Sie und Ihr … Ehemann werden in unserer Gesellschaft willkommen sein.« An seinen Worten und seinem Tonfall war offenkundig, dass er sie für eine Lügnerin hielt.

Ashley schaute ihm nach, als er davonschlenderte. Was, in Gottes Namen, sollte sie jetzt tun?

Auf Tanners Gesicht zeichnete sich Erleichterung ab. Das Schicksal hatte eingegriffen und ihn vor einem katastrophalen Fehler bewahrt. Sich mit der Yankee-Zicke einzulassen, war von Anfang an falsch gewesen. Er trat ohne sichtliches Bedauern zur Seite.

»Ich nehme an, Sie wollen Ihr Geld zurückhaben, Yankee«, sagte er und griff in seine Westentasche. »Ich habe etwas davon ausgegeben, aber ein bisschen Schwund ist ja wohl normal.«

»Erfreut Sie der Gedanke, zurück ins Gefängnis zu wandern, Rebell?«

Tanner blickte sie finster an. Es passte zu einer Yankee, Schadenfreude beim Unglück anderer Leute zu empfinden. »Ich bin schon in vielen Gefängnissen gewesen.«

»Und Sie werden noch in vielen anderen landen, in St. Joe und in anderen Städten.« Ein ungeheuerlicher Gedanke nahm in ihr Gestalt an. Sie musterte ihn genau. »Ich bin bereit, Captain Cramer unsere Heiratsurkunde zu zeigen; und Sie?

Zuerst hatte Tanner keine Ahnung, wovon sie sprach. Doch als er nach einem Sinn in ihren Worten suchte, wurde er ihm allmählich klar. Seine Augen weiteten sich, sein Mund klaffte auf, und ihm stockte der Atem. Als er schließlich die Sprache wiederfand, konnte er nur Unverständliches stammeln.

»Was ist los, Rebell, haben Sie Angst, eine Herausforderung anzunehmen?«

»Wenn Sie vorschlagen, was ich denke, müssen Sie irre sein, selbst für eine Yankee.«

Ashley schloss die Augen und wirkte schmerzlich zerbrechlich. »Ich bin verzweifelt. Die Heirat würde nur zum Schein abgeschlossen werden. Wenn wir unseren Zielort erreicht haben, können Sie sie annullieren. Oder ich mache das, wenn Sie das vorziehen.«

»Und ich wäre verrückter als Sie, wenn ich einem solch unglaublichen Vorschlag zustimmte. Ich kann den Anblick von Yankees nicht ertragen. Sie und ich sind Feinde. Wir würden einander zerfleischen. Wie lange würde es dauern, bis einer von uns dem anderen körperlichen Schaden zufügt?«

Ashley fragte sich das Gleiche, doch sie war entschlossen.

»Ich bin bereit, das Risiko einzugehen, wenn Sie das ebenfalls sind, Rebell. Es sind nur ein paar Monate Ihres Lebens.«

Er schwieg so lange, dass Ashley zu verzweifeln begann. Es war zu spät, um einen anderen Mann zu finden, selbst wenn sie das wollte, und sie war sich nicht sicher, ob sie den Mut aufbringen und einen anderen Mann bitten konnte, sie zu heiraten. Besser, sich der bekannten Gefahr stellen als der unbekannten.

Tanner forschte in ihrem Gesicht und sah mehr als das, was sich seinen Augen bot, weit mehr als er wünschte. Er sah eine Frau, deren Jugendlichkeit zur aparten Schönheit gereift war. Er erkannte Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit, Sturheit und Unbeugsamkeit. Wichtiger aber noch – er sah eine Yankee. Er wusste instinktiv, dass Ashley Webster gefährlich war; wie gefährlich genau und weshalb, musste er noch herausfinden. Er lächelte freudlos, wobei er sich jeden einzelnen Verlust durch die Yankees in Erinnerung rief. Aber da die Rückkehr ins Gefängnis keine verlockende Aussicht war, traf er eine Entscheidung, die sein Leben unwiderruflich verändern würde.

»Was Solls, Yankee, heiraten wir.«

Kapitel 2

Der goldene Ring, den Tanner ihr an den Ringfinger gesteckt hatte, fühlte sich verdächtig nach einer Henkerschlinge an. Ashley war überrascht gewesen, als Tanner darauf bestanden hatte, den Ring zu kaufen, bevor sie zum Priester gingen. Sie hatte sich höflich wiedersetzt, doch der verdammte Rebell hatte darauf bestanden. Vermutlich will er sich an meinem Unbehagen weiden, hatte sie verdrossen gedacht. Dann hatte er sich die Freiheit genommen, Sheriff Beardsley zu bitten, als Trauzeuge zu fungieren. Sie glaubte vor ihrem geistigen Augen noch die verblüffte Miene des Sheriffs zu sehen, als Tanner ihn zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte.

Kurze Zeit später waren sie vom Prediger getraut worden, mit Sheriff Beardsley, der sonderbar selbstgefällig vor sich hin gelächelt hatte, als Zeugen. Als der Zeitpunkt gekommen war, die Braut zu küssen, hatte irgendein Teufel in Tanner ihn dazu getrieben, Ashleys an den Schultern zu packen und grob zu küssen, gründlich, jedoch mit einem völligen Mangel an Zärtlichkeit. Wie in Trance hatte sie unter Tanners Unterschrift die Heiratsurkunde unterzeichnet und in ihr Handtäschchen geschoben.

»Sie wissen, wie sie einen Mann dazu bringen an die Hand des Schicksals zu glauben, Tanner«, sagte Beardsley und schüttelte ungläubig den Kopf. »Meinen Glückwunsch. Ich hoffe, die Ehe wird lange und fruchtbar sein.« Er lachte schallend.

»Gehen Sie zur Hölle«, erwiderte Tanner. »Lachen Sie nur. Sie haben all dies ins Rollen gebracht; Sie sind verantwortlich für den Ausgang, obwohl nur der liebe Gott weiß, wie dies alles enden wird.«

Ashley bedachte beide Männer mit einem finsteren Blick. »Dies ist eine geschäftliche Vereinbarung, Rebell. Sobald es möglich ist, können Sie eine Annullierung erwirken und tausend Dollar reicher Ihrer Wege gehen.«

»Amen, Yankee.«

Äußerst belustigt tippte der Sheriff an seine Hutkrempe und sagte: »Viel Glück, Mrs MacTavish. Ihnen auch, Tanner. Irgendetwas sagt mir, dass Sie beide es brauchen werden.« Er lachte auf dem ganzen Weg zu seinem Büro.

»Ich würde ebenfalls lachen, wenn ich nicht so verdammt sicher wäre, soeben den größten Fehler meines Lebens gemacht zu haben«, beklagte sich Tanner. Er konnte noch nicht glauben, dass er vor ein paar Minuten geheiratet hatte, auch wenn es nur zum Schein geschehen war und nur ein paar Monate dauern würde.

»Es ist zu spät, um einen Rückzieher von unserer Vereinbarung zu machen!«, sagte Ashley scharf, doch in Wirklichkeit hatte sein Kuss sie ins Grübeln gebracht, ob es klug gewesen war, Hilfe von einem Mann zu erbitten, der die Yankees hasste. Und jetzt war er ihr Ehemann.

Tanner schenkte ihr ein Lächeln, das nicht dazu beitrug, ihre Befürchtungen zu mildem. »Ich denke nicht daran, einen Rückzieher zu machen, Yankee. Gehen wir?« Er bot ihr seinen Arm, was sie ignorierte. Er zuckte mit den breiten Schultern und ging davon. Offensichtlich war es ihm gleichgültig, ob sie ihm folgte oder nicht.

»Sie haben um unsere Heiratsurkunde gebeten, Captain Cramer. Ich hoffe, Sie sind zufrieden«, sagte Ashley und überreichte dem Wagenboss das Dokument.

Obwohl Tanner sie eigensinnig und dumm fand, nötigte ihm ihr Schneid Bewunderung ab. Er hoffte, dass ihr Bruder zu schätzen wusste, was sie für ihn auf sich nahm.

Der Wagenboss überflog die Urkunde und blickte Tanner verächtlich an. »Ich nehme an, die Sache lohnt sich für Sie, MacTavish. Sie sehen nicht aus wie ein Mann, der sich billig verkauft, aber der Eindruck kann natürlich trügen. Wie dem auch sei, Sie haben eine Heiratsurkunde vorzuweisen, und ich habe Ihrer… Gattin einen Platz in unserem Treck versprochen. Hätte sie mir gesagt, was sie vorhat, hätte ich ihr jemanden empfehlen können, der für ihre Zwecke besser geeignet ist. Wir haben mehrere unverheiratete Männer, die mit der Gruppe reisen und begierig darauf sind, sich eine Frau zu nehmen, doch ich hoffte, Miss Webster so zu entmutigen, dass sie aufgibt und heimkehrt. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie sich unter dem Gesindel von St. Joe einen Ehemann suchen würde. Was für eine Dummheit!«

»Vielleicht hat meine Frau aber auch eine kluge Wahl getroffen«, meinte Tanner.

»Und vielleicht nicht«, konterte Cramer. »Wie dem auch sei, es ist zu spät, die Dinge zu ändern. Sie können Ihren Wagen ans Ende der Kolonne fahren. Und wenn ich Sie wäre, würde ich mir eine andere Hose zulegen. Es sind einige unter uns, die auf Sklaven haltende Rebellen allergisch reagieren.« Er nickte Tanner kurz zu und ging davon.

»Yankee-Bastard!«, zischte Tanner. Die Hände zu Fäusten geballt, setzte er sich in Bewegung, um dem aufgeblasenen Wagenboss zu folgen. Sein Stolz würde es nicht zulassen, den Mann ungestraft davonkommen zu lassen.

Ashley, die erkannt hatte, dass Tanner einen niedrigen Siedepunkt hatte und dieser bereits erreicht war, war darauf bedacht, seinen Jähzorn abzukühlen. Sie hielt ihn am Arm fest und zog ihn zurück.

»Nein, Rebell! Vergiss es. Ich kann nicht zulassen, dass deine Feindseligkeit unseren morgigen Aufbruch verhindert. Wenn dies klappen soll, musst du lernen dich zu beherrschen. Wir sind bereits so weit gegangen; du darfst es jetzt nicht mehr verderben.«

Ihre Worte hatten die gewünschte Wirkung. Tanner atmete tief durch, drehte sich zu Ashley um und durchbohrte sie mit Blicken. Langsam kehrte seine Vernunft zurück. »Hat der Krieg dich persönlich getroffen, Yankee?«, fragte er rau. »Ich glaube, nicht. Dein Bruder war sicher fort an der westlichen Siedlungsgrenze, während diejenigen von uns, die nicht so glücklich waren, unsere Liebsten verloren, unser Heim, unser … ach, vergiss es, was soll’s? Du würdest es ja doch nicht verstehen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und schritt davon.

Ashley blickte ihm bestürzt nach und bereute bereits ihre Entscheidung, einen praktisch Fremden geheiratet zu haben. Sie wusste nichts über Tanner MacTavish. Außer, dass er ein Mann war, der so kompliziert und so unberechenbar war, dass sie nicht Voraussagen konnte, was er in der nächsten Minute tun würde.

An diesem Abend kochte Ashley das Abendessen über einem offenen Feuer, das Tanner für sie angezündet hatte. Sie wünschte, sie hätte den weiblichen Künsten des Kochens und Nähens mehr Aufmerksamkeit geschenkt, denn sie hätten ihr während des Trecks nach Fort Bridger von Nutzen sein können. Sie konnte Speck braten und Brot backen, aber das war es auch schon mit ihren hausfraulichen Fähigkeiten, wie Tanner bald erfahren würde.

Die Bohnen, die sie kochte, waren steinhart und wässrig. Brötchen zu backen überstieg ihre dürftigen Fähigkeiten, doch sie schaffte es, das Weizenbrot nicht zu verbrennen.

»Du wirst kochen lernen müssen, Yankee«, beschwerte sich Tanner, als er den Inhalt seines Tellers ins Feuer warf. »Kannst du Wild zubereiten? Ich werde jeden Tag Fleisch jagen. Und Brötchen wären eine nette Abwechslung zu Brot, wenn du die hinkriegst. Und ich hoffe, du hast einen Vorrat an Kartoffeln, Zwiebeln und Speck.« Er erhob sich abrupt. »Ich werde die Wasserfässer überprüfen, während du das Geschirr spülst. Wenn du diese Bohnen die ganze Nacht über dem Feuer lässt, werden sie vielleicht am Morgen weich genug zum Essen sein.«

Ashley bemühte sich, eine wütende Antwort zu formulieren, doch er ging fort, bevor ihr die richtige Erwiderung einfiel. Stattdessen grollte sie bei der Arbeit vor sich hin und gab dem arroganten Rebellen jeden Schimpfnamen, den sie jemals gehört hatte und der ihr einfiel. Dann verbrannte sie sich die Finger an der Kaffeekanne und schrie vor Schmerz auf.

»Kann ich Ihnen helfen, Ma’am? Das sieht nach einer hässlichen Brandwunde aus.«

Ashley zuckte heftig zusammen, überrascht, neben ihr am Feuer einen Mann zu sehen. »Was? O nein, es ist nicht so schlimm, danke.«

»Sie sind Mrs MacTavish, nicht wahr?«

»Ja – Ja, warum?«

Der Mann grinste frech. »Ich habe gehört, Sie sind frisch verheiratet. Erst seit heute, nicht wahr? Wo ist Ihr Mann?«

Pratt Slater sagte nicht, was Cramer ihm über die attraktive Rothaarige erzählt hatte, die sich unbedingt dem Treck hatte anschließen wollen. Cramer hatte Slater berichtet, dass er sich an seine Politik gehalten hatte, einer Frau ohne Begleitung einen Platz im Treck zu verweigern. Er hatte gesagt, die Frau würde einen Ehemann brauchen, wenn sie mit der Gruppe reisen wollte. Er hatte Slater sogar vorgeschlagen, der Frau einen Heiratsantrag zu machen. Slater hatte mit dem Gedanken gespielt und sich entschlossen, in die Stadt zu gehen, Miss Webster zu suchen und ihr seine Hilfe anzubieten.

Laut Cramer war die Frau hübsch anzusehen, einigermaßen jung und gesund. Noch wichtiger, sie besaß einen bereits ausgerüsteten Wagen und es mangelte ihr nicht an Geld. Slater erwog, sie zu heiraten und am Ende der Reise zu verlassen, natürlich nachdem er sie um ihr Geld erleichtert hatte. Es konnte schließlich nicht schaden, während der langen Monate, die es bis Oregon dauern würde, eine Frau zu haben, die ihm sein Bett wärmte. Er hasste es, dass seine Pläne vereitelt worden waren. Als die Frau mit diesem verdammten Rebellen als Ehemann zurückgekehrt war und Slater entdeckt hatte, wie gut sie aussah, hatte er sich regelrecht betrogen gefühlt.

»Mein Mann ist in der Nähe«, sagte Ashley und hoffte, dass er ihr glaubte. »Sind Sie aus irgendeinem besonderen Grund hergekommen?« Ein Schauer der Furcht kroch über ihren Rücken. Die freche, abtastende Musterung des Mannes ging ihr auf die Nerven.