Krankheitsbedingte Kündigung
Betriebliches Eingliederungsmanagement
André Kasper
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mannheim
Nadine Ihrig
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mannheim
1. Auflage, 2017
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-415-05961-0
E-ISBN 978-3-415-05963-4
© 2017 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Konvertus
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Schriftenreihe >DAS RECHT DER WIRTSCHAFT< (RdW) ist Teil des gleichnamigen Sammelwerks, einer Kombination aus Buch und Zeitschrift: Zweimal monatlich erscheinen Kurzberichte, die auf jeweils 48 Seiten über aktuelle Rechts- und Steuerfragen informieren. Jährlich erscheinen zusätzlich acht Bücher zu Themen der aktuellen Rechtslage.
Verantwortlich: Klaus Krohn, Assessor
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden
www.boorberg.de
Abkürzungen
A.Krankheitsbedingte Kündigung
I.Krankheitsbegriff
1.Medizinischer Krankheitsbegriff
2.Krankheit und Arbeitsunfähigkeit
3.Kündigung während der Krankheit
II.Allgemeine Voraussetzung für den Kündigungsschutz im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)
1.Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes
2.Kündigungsschutz außerhalb des Geltungsbereiches
III.Zeitpunkt der Kündigung/Pflichten der Vertragsparteien
1.Maßgeblicher Zeitpunkt der Kündigung
2.Auskunftspflicht des Arbeitnehmers
3.Erkundigungspflicht des Arbeitgebers
IV.Fallgruppen der krankheitsbedingten Kündigung
1.Fallgruppe 1: Häufige Kurzerkrankungen
2.Fallgruppe 2: Lang andauernde Erkrankung
3.Fallgruppe 3: Dauernde Arbeitsunfähigkeit
4.Fallgruppe 4: Krankheitsbedingte Leistungsminderung
5.Sonderfall Alkohol- und Drogensucht
V.Rechtsfolgen bei Pflichtverletzung des Arbeitnehmers im Krankheitsfall
1.Anzeigepflicht bei Erkrankung
2.Nachweispflicht des Arbeitnehmers
3.Pflichten bei der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit
4.Rechtsfolgen der Verletzung der Anzeige und der Nachweispflicht
5.Pflicht zur Kostentragung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
6.Nachweis der Arbeitsunfähigkeit im Falle der Erkrankung im Ausland
B.Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
I.Zweck des BEM
II.Normierung des BEM-Verfahrens und Voraussetzungen der Durchführung
1.Gesetzliche Regelung des § 84 Abs. 2 SGB IX
2.Voraussetzungen für die Durchführung des BEM
III.Erwartungen an das BEM und Vor- wie Nachteile des Verfahrens
IV.Notwendigkeit des Präventionsverfahrens bei schwerbehinderten Arbeitnehmern
1.Voraussetzungen des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX
2.Rechtsfolgen des § 84 Abs. 1 SGB IX
V.Durchführung des BEM
1.BEM-Verfahren als sog. „Suchprozess“
2.Mindestvoraussetzungen des Verfahrens
3.Initiativlast des Arbeitgebers
4.Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers
5.Zustimmung des Arbeitnehmers unter vorheriger ausführlicher Aufklärung durch den Arbeitgeber
6.Datenschutzverpflichtung des Arbeitgebers und der weiteren am Verfahren beteiligten Personen
7.Beteiligung der zuständigen Interessenvertretungen
8.Ausgestaltung des BEM-Verfahrens
9.Auswirkungen des BEM auf krankheitsbedingte Kündigung bzw. das Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses
10.Auswirkung des BEM auf das Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt
C.Resümee
Literaturverzeichnis
Sachregister
a. A. | andere Ansicht |
Abs. | Absatz |
AE | Arbeitsrechtliche Entscheidungen (Zeitschrift) |
ArbG | Arbeitsgericht |
ArbRAktuell | Arbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift) |
Art. | Artikel |
Az. | Aktenzeichen |
BAG | Bundesarbeitsgericht |
BAGE | Entscheidungssammlung des Bundesarbeitsgerichts |
BB | Betriebs-Berater (Zeitschrift) |
BDSG | Bundesdatenschutzgesetz |
Beck RS | Beck online Rechtsprechung |
BEM | Betriebliches Eingliederungsmanagement |
BetrVG | Betriebsverfassungsgesetz |
BGB | Bürgerliches Gesetzbuch |
BPtK | Bundespsychotherapeutenkammer |
BVerwG | Bundesverwaltungsgericht |
DB | Der Betrieb (Zeitschrift) |
d. h. | das heißt |
EFZG | Entgeltfortzahlungsgesetz |
EG | Europäische Gemeinschaft |
EuGH | Europäischer Gerichtshof |
EzA | Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht |
ggf. | gegebenenfalls |
i.V.m. | in Verbindung mit |
JA | Juristische Arbeitsblätter |
KSchG | Kündigungsschutzgesetz |
LAG | Landesarbeitsgericht |
LAGE | Entscheidungssammlung der Landesarbeitsgerichte |
MDR | Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) |
m.w.N. | mit weiterem Nachweis |
NJW | Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) |
NJW-RR | Neue Juristische Wochenzeitschrift Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) |
NVwZ | Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) |
NZA | Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) |
NZA-RR | Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) |
NZS | Neue Zeitschrift für Sozialrecht (Zeitschrift) |
RdA | Recht der Arbeit (Zeitschrift) |
Rn. | Randnummer |
RP | Rheinland-Pfalz |
SGB | Sozialgesetzbuch |
sog. | sogenannt |
ZfA | Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) |
ZPO | Zivilprozessordnung |
z.B. | zum Beispiel |
Im Rahmen der krankheitsbedingten Kündigung ist nach vorherrschender Meinung zunächst von dem medizinischen Krankheitsbegriff auszugehen, um dann aus diesem heraus den arbeitsrechtlichen Krankheitsbegriff abzuleiten.1 Dies wird damit begründet, dass der medizinische Krankheitsbegriff nicht gleichbedeutend mit dem arbeitsrechtlichen Begriff „Krankheit“ ist.2
Der Begriff „Krankheit“ im medizinischen Sinne ist nicht genau definiert. Krankheit ist danach ein ärztlich diagnostizierter körperlicher und/oder geistiger Zustand, der die Funktionstauglichkeit einschränkt und der vom Leitbild des gesunden Menschen gleichen Geschlechts und Alters nicht zu erwarten ist und daher eine Behandlungsbedürftigkeit gegeben ist.3
Die Anführung des Vergleiches mit dem Leitbild des gesunden Menschen gleichen Geschlechts und Alters ist erforderlich, da die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit im Alter gewöhnlich abnimmt, ohne dass hierdurch bereits eine Krankheit vorliegt. Eine Heilbarkeit der Krankheit ist hingegen nicht erforderlich, jedoch die Notwendigkeit einer Heilbehandlung.4
Durch den weitgefassten Krankheitsbegriff werden nicht nur körperliche Leiden, sondern auch seelische und psychosomatische Erkrankungen und Suchtkrankheiten erfasst.5
Aus diesem medizinischen Krankheitsbegriff folgt dann der arbeitsrechtliche Krankheitsbegriff, der in kündigungsrechtlichen Situationen eine Rolle spielt. Hierbei stellt sich nämlich die Frage, ob der Arbeitnehmer, bedingt durch die Krankheit, physisch oder psychisch in der Lage ist, die arbeitsvertragliche Leistung ordnungsgemäß zu erbringen.6 Daher ist eine Kündigung aufgrund einer Krankheit zulässig und verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.7 Der EuGH hat hierzu entschieden, dass die krankheitsbedingte Kündigung mit der Richtlinie 2000/78EG vereinbar sei.8 Anders ist die kündigungsrechtliche Situation zu beurteilen, wenn die Beeinträchtigung der betrieblichen Belange auf eine Behinderung zurückzuführen ist. In diesem Fall sind die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu berücksichtigen.9
Ausgehend von der Herleitung des arbeitsrechtlichen Krankheitsbegriffs ist das Kernelement der Kausalzusammenhang zwischen der Erkrankung und der Nichterbringung der geschuldeten Leistung. Dieser Kausalzusammenhang wird allein nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt.10
Sofern der Kausalzusammenhang nicht besteht, mithin der Arbeitnehmer sich krankmeldet, ohne arbeitsunfähig zu sein, liegt kein personenbedingter, sondern ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vor.11
Durch den Kausalzusammenhang wird deutlich, dass nicht jede Krankheit einen Kündigungsgrund darstellt, sondern lediglich dann zu beachten ist, wenn eine unmittelbare Auswirkung auf der Erbringung der Leistungspflicht im Rahmen des Arbeitsvertrages gegeben ist.
Die Kündigung aufgrund einer Krankheit als solche ist nicht wirksam, es sei denn, von ihr geht eine dringende Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis aus. Dies beinhaltet jedoch zugleich, dass die Kündigung während der Krankheit, entgegen einem in der Praxis häufigen Irrglaubens, wirksam ausgesprochen werden kann. Es besteht mithin keine irgendwie geartete Kündigungssperre.12
Dass die Möglichkeit besteht, auch während der Krankheit eine Kündigung auszusprechen, ergibt sich bereits aus § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz.13
Aus dieser Bestimmung folgt, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon ausgeht, dass eine Kündigung wegen Krankheit und trotz Krankheit möglich ist.14 Daher ist die gegenteilige Entscheidung des LAG Hamm vom 28. 08. 1992, Az.: 4 Sa 94/92, nicht heranzuziehen. Diese bestätigt vielmehr in unzutreffender Weise das Missverständnis in der betrieblichen Praxis, dass eine Kündigung trotz Krankheit und während der Krankheit nicht möglich sei. Umgekehrt führt das Urteil des LAG Kiel vom 26.08.1960, Az.: 1 Sa 14/60, zu weit, wenn es anführt, dass der Betrieb generell der Produktion dient und das Kündigungsschutzgesetz keine Aufgabe der Wohlfahrtspflege sei.15 Diese Entscheidung greift zu weit, wenn man den Kündigungsschutz bei Krankheit einschränkt oder gar versagt. Zudem steht dies nicht im Einklang mit den Vorgaben des Gesetzgebers, der in § 1 KSchG die personenbedingte und somit auch die krankheitsbedingte Kündigung unter den Schutz genommen hat.16
Dieser Kündigungsschutz setzt voraus, dass das Kündigungsschutzgesetz entsprechend den Bestimmungen der §§ 1, 23 KSchG überhaupt Anwendung findet.
Entsprechend der Vorschrift des § 23 KSchG gilt § 1 KSchG und somit der allgemeine Kündigungsschutz nur, sofern Betriebe und Verwaltungen die erforderliche Arbeitnehmeranzahl des § 1 Absatz 1 Satz 2 und Satz 3 KSchG aufweisen.
Die zuweilen in § 23 KSchG gerade für juristische Laien etwas verwirrend anmutende Unterscheidung im Hinblick auf die Mitarbeiteranzahl entstand durch eine Änderung dieser Bestimmung, die im Wesentlichen durch die Anhebung der Mitarbeiteranzahl, gültig ab dem 01. 01. 2004, ausgelöst wurde. Im Ergebnis wurde dadurch die Kündigungsfreiheit in Kleinstbetrieben gestärkt.17
Bis zur Gesetzesänderung am 31. 12.2003 fand das KSchG keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte. Insofern galt das Kündigungsschutzgesetz für Betriebe und Verwaltungen bei einer Mitarbeiteranzahl ab 5. Ab dem 01. 01.2004 gilt das KSchG erst, wenn der Arbeitgeber mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, wobei nicht die Kopfzahl der Mitarbeiter zählt, sondern deren Arbeitszeit nach Arbeitsstunden. Insofern können in Betrieben und Verwaltungen auch mehr als 10 Mitarbeiter in Teilzeit beschäftigt sein, bevor erst eine Anwendung des KSchG gegeben ist.18
Für Betriebe und Verwaltungen, in denen am 31. 12.2003 mehr als fünf Arbeitnehmer, aber weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt waren, greift nunmehr die Bestandschutzregelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG.19 Danach gewährt diese Bestimmung noch den „Altarbeitnehmern“, sofern deren Anzahl vor dem 31. 12.2003 mehr als fünf betrug, weiterhin Kündigungsschutz. Für die Mitarbeiter, die ab dem 01. 01.2004 eingestellt wurden, gilt hingegen die neue Regelung des Schwellenwertes von mehr als 10 Arbeitnehmern.20 Sofern hingegen die Mitarbeiterzahl bezüglich der „Altarbeitnehmer“ fünf oder darunter ist, erlischt auch deren Kündigungsschutz.21
Als weitere Voraussetzung bedarf es für den Kündigungsschutz nach § 1 KSchG einer Dauer des Arbeitsverhältnisses, ohne Unterbrechung, von länger als sechs Monaten. Entscheidend ist hierbei der Bestand des Arbeitsverhältnisses, eine konkrete Erfüllung der Arbeitsleistung ist für die Frage unerheblich.22
Wie zuvor angeführt gilt: Findet das KSchG keine Anwendung, so kann auch die krankheitsbedingte Kündigung frei ausgesprochen werden. Ein Kündigungsschutz außerhalb des Geltungsbereiches der §§ 1, 23 KSchG wird nach der Rechtsprechung des BAG nur dann vorliegen, wenn die Kündigung willkürlich oder auf sachfremden Motiven beruht. Mithin, so die Rechtsprechung des BAG, ist eine Kündigung dann rechtsmissbräuchlich, wenn kein irgendwie einleuchtender Grund für den Ausspruch der Kündigung besteht.23
Dies entschied bereits zuvor das LAG Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 18. 06. 2007. So sah das Gericht eine Kündigung als wirksam an, nachdem der Kläger 25 Jahre in einem Kleinstbetrieb beschäftigt war und in den letzten 10 Jahren eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsquote von mehr als 40 Arbeitstagen aufzeigte.24
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung und Beurteilung der krankheitsbedingten Kündigung ist dabei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung beim Kündigungsempfänger.25
Umstritten ist die Frage, ob der Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber eine Auskunftspflicht bezüglich seiner Krankheit hat. Ein Teil der Literatur bejaht die Auskunftspflicht unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis.26 Die herrschende Meinung verneint eine außergerichtliche Auskunftspflicht des Arbeitnehmers mangels einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.27
Ferner wird eine Auskunftspflicht vor dem Hintergrund verneint, dass das Prozessrisiko dem Arbeitgeber nicht genommen werden soll, da der Gesetzgeber dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast aufgebürdet hat.28 Die Krankenkassen sind hingegen nunmehr befugt, dem Arbeitgeber mitzuteilen, ob eine erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruht oder aber Auskunft über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zu erteilen.29
In der Rechtsprechung und der Literatur wurde angenommen, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, sich im Falle der Krankheit vor dem Ausspruch der Kündigung über den Verlauf der Krankheit beim Arbeitnehmer zu unterrichten.30
Nunmehr vertritt jedoch das BAG die Meinung, dass das Fehlen einer Erkundigung durch den Arbeitgeber nicht zur Sozialwidrigkeit der ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung führt.31 Die Auffassung des BAG ist konsequent, denn andernfalls müsste das BAG den Arbeitnehmer zu einer entsprechenden Auskunftspflicht heranziehen.32
Sofern das KSchG Anwendung findet, wird bei der rechtlichen Prüfung einer krankheitsbedingten Kündigung vorab in vier Fallgruppen unterschieden:33
–Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen (Fallgruppe 1)
–Kündigung wegen lang andauernder Erkrankung (Fallgruppe 2)
–Kündigung wegen dauerhafter, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (Fallgruppe 3)
–Kündigung wegen krankheitsbedingter Minderung der Leistungsfähigkeit (Fallgruppe 4)
In allen 4 Fallgruppen erfolgt sodann die jeweilige Prüfung der krankheitsbedingten Kündigung mit dem von der Rechtsprechung entwickelten dreistufigen Prüfungsschema.
Dieses Prüfungsstufenschema34 beinhaltet:
–Das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose
–Das Bestehen von erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen
–Die Durchführung einer umfassenden Interessenabwägung
Von dem Begriff „Häufige Kurzerkrankungen“, der in der Praxis den größten Teil der Kündigungen ausmacht35, wird gesprochen, wenn der Arbeitnehmer mehrmals im Jahr erkrankt ist, ohne dass ein Grund und eine Grenze bzw. Muster36 erkennbar ist. Kündigungsrechtlich relevant wird dieser Umstand erst, wenn die Fehltage des Arbeitnehmers ca. 20–30% von der jährlichen Arbeitsleistung ausmachen.37 Die zu beurteilenden Zeiträume der Erkrankung reichen hierbei von einem Tag bis zu mehreren Wochen.38 Ein wichtiges Kriterium dabei ist die Nichtvorhersehbarkeit des krankheitsbedingten Ausfalls.