Vorschau

 

Am 19. Mai erscheint Deinoid Band 3, »Der Torus«.

Während Tyler Hawkins mit der gestohlenen ›Shadow Dancer‹ die Flucht zum Mars gelingt, schafft Lydia es unbemerkt zurück zur Erde. In Paris sucht sie trotz der schwierigen Beziehung den Kontakt zu ihrer Familie, die ein kleines Konsortium leitet. Ty will unbedingt mit Shenmi in Verbindung treten, um so seine Unschuld zu beweisen.

Die Deinoiden haben unterdessen ein weiteres Bauwerk der Baumeister aufgespürt. Es handelt sich dabei um einen Torus, der gut getarnt mitten im Weltall schwebt. Einige Anzeichen sprechen für einen bewaffneten Konflikt, bei dem das Lebenserhaltungssystem der Station schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Station reagiert wie ein Lebewesen und bringt die Deinoiden oftmals in Lebensgefahr. Erst als Eyota sich über alle Protokolle für Außenmissionen hinwegsetzt, entdeckt sie das wahre Geheimnis des Torus.

 

Am 23. Juni erscheint Deinoid XT Band 3, »Götterflucht«.

2615: Lyandra Bridges und ihr Team werden von ihrem Arbeitgeber, dem Großkonzern BRIACO, nach Pulvis geschickt, um zu prüfen, ob sich auf dem Kolonieplaneten der Abbau seltener Erze lohnen könnte.

Schnell stellen sie fest, dass dort in den Tiefen des Alls eine Bedrohung für die Menschheit lauert. Werden auf Pulvis tatsächlich die Deinoiden angebetet? Oder treffen Lyandra, ihre jüngere Schwester Jayla, Reg Harting und der Wissenschaftler Jacob Lyle auf ein noch gefährlicheres Erbe aus der Rebellion der Digger?

 

 

 

ANDREAS ZWENGEL

Exodus

 

Deinoid XT Band 2

 

 

Inhalt

 

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Epilog

 

 

Impressum

 

Erstveröffentlichung April 2017

Copyright © 2017 Deinoid by Ben Ryker

Copyright © 2017 der eBook-Ausgabe by Verlag Peter Hopf, Petershagen

 

Cover: Mark Freier

Umschlaggestaltung: Arndt Drechsler

Redaktionelle Betreuung: Thomas Knip

E-Book-Konvertierung: Die Autoren-Manufaktur

 

ISBN ePub 978-3-86305-205-8

 

www.verlag-peter-hopf.de

 

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Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und die Verbreitung des Werkes in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf fotomechanischem, digitalem oder sonstigem Weg, sowie die Nutzung im Internet dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen.

 

 

Kapitel 1

 

Autonome Republik Kaschmir im Jahr 2165.

Seit zwölf Monaten befanden sie sich auf der Flucht. Vor einem der mächtigsten Konzerne der Welt. Der NEO-Hanse, mit Hauptsitz in und Niederlassungen in so ziemlich jedem Land auf der Welt. Dass sie noch von ihrer Flucht berichten konnten, war bereits eine beeindruckende Leistung, aber sie hatten auch einen engagierten Fluchthelfer besessen.

Ilja Costello lief an der Spitze der kleinen Gruppe und behielt die Umgebung im Auge. Seine Instinkte waren so scharf wie die eines Raubtieres, allerdings in einem völlig anderen Umfeld trainiert. In der Großstadt konnte ihn kaum etwas überraschen, und er war in der Lage, jedes Geräusch sofort zuzuordnen. Doch hier in dieser Einöde gab es entweder unbekannte Geräusche oder überhaupt keine. Die Berglandschaft zwischen Indien und Pakistan war von malerischer Schönheit, aber die nervenzerfetzende Stille machte ihn an manchen Tagen schier wahnsinnig. Zweimal am Tag drehte Costello seine Runde um das Anwesen, um sicher zu sein, dass sich niemand in ihrer Nähe oder auf dem Weg zu ihnen befand. Der ehemalige Detective war nur deshalb so eifrig, um überhaupt etwas zu tun zu haben, denn er fürchtete sich vor einem Lagerkoller.

Es lag nicht an dem engen Zusammenleben oder der Größe des Hauses, sondern an der Sorge, es würde sich nichts an ihrer Lage ändern, während sie sich versteckten. Vielleicht würden sie sich für den Rest ihres Lebens auf der Flucht befinden?

Das Leben von Ilja Costello hatte sich von Grund auf gewandelt. Vom müden Großstadtpolizisten zu einer Art bewaffneten Pfadfinder. Seine Zigaretten waren längst Vergangenheit. Nicht nur, weil sie in dieser Einöde schwer zu bekommen waren, sondern auch weil sie ihn daran hinderten, die täglichen Patrouillen in der dünnen Bergluft zu bewältigen. Alkohol nahm er nur noch selten zu sich. Aus dem einzigen Grund, weil er abends viel zu müde war, um noch lange zu trinken. Ihr langer Weg zu diesem Versteck war einer Entwöhnung gleichgekommen. Sobald sie abends ein Lager aufgeschlagen hatten, kroch er in sein Zelt und schlief wie ein Stein, bis er zu seiner ersten Wache geweckt wurde.

Die tägliche Bewegung war für Costello völlig ungewohnt gewesen und ließ seinen Körper in den ersten Tagen der Flucht vehement rebellieren. Inzwischen zeigten sich deutliche Folgen der vielen Bewegung. Sein Körper hatte gewaltige Mengen an Fett verbrannt und stattdessen Muskeln aufgebaut. Seine Oberschenkel waren so straff wie noch nie zuvor und seine Waden deutlich ausgebildet. Trotzdem hielt er sich längst nicht mehr für den geeigneten Mann für diese Mission. Die Prototypen brauchten einen Army-Ranger oder einen dieser Überlebenstypen aus der Röhre. Jedenfalls nicht einen ältlichen Ex-Cop, der die meiste Zeit nicht einmal genau wusste, in welche Richtung sie gerade marschierten.

Doch für Letzteres gab es die Wissenden unter den Prototypen, allen voran Swift, die sich in jeder Umgebung schnell zurechtfand, so als habe sie jede Straßenkarte und jedes Satellitenbild in ihrem Kopf abgespeichert. Das Witzige daran war, dass Costello nicht einmal ausschließen konnte, dass dem so war. Bei ihrer Entwicklung hatte man den Wissenden gewaltige Datenpakete ins Gehirn gespeist, um die Kapazität ihrer Merkfähigkeit auszutesten.

Im Gegensatz zu ihm waren seine sechzehn Schützlinge die ganze Zeit über mit den unterschiedlichsten Dingen beschäftigt. An erster Stelle Doktor Mai-Lin Huan, die auch in den Monaten auf der Flucht niemals ihre Arbeit unterbrochen hatte, auch wenn sie ohne ein geeignetes Labor auskommen musste. Sie war eine der meistgesuchten Frauen auf der Erde, was Costellos Aufgabe nicht unbedingt einfacher machte. Die NEO-Hanse hatte ein unglaubliches Kopfgeld auf sie ausgesetzt, und im Gegensatz zu den Prototypen wollte man sie unbedingt lebendig fassen.

Costello besaß keine Familie mehr, die ihn vermissen konnte, und seine sozialen Kontakte beschränkten sich in den letzten Jahren auf seine Kollegen auf dem Revier. Kollegen, von denen ihn inzwischen diejenigen jagten, die auf der Gehaltsliste der NEO-Hanse standen. Also vermutlich so ziemlich alle.

Jesko Rudolph hatte Costello mit einem kleinen Vermögen ausgestattet, damit er seine Schützlinge in Sicherheit bringen konnte. Damit war keine lebenslange Flucht gemeint, sondern ein Ort, an dem sie für immer leben konnten. Wie dieser Ort aussehen musste und wo er sich befinden sollte, war Costello anfangs noch ein Rätsel.

Sie hatten das Paradies im vergangenen Jahr schon einmal gefunden und wieder verloren. Ihre unbarmherzigen Jäger waren aufgetaucht und hatten sie vertrieben. Und dabei einen der Prototypen getötet. Mahler war einer der Wissenden gewesen, und die Wagrier hatten nicht eher aufgehört zu schießen, bis sie sicher sein konnten, dass nichts von seinem Gehirn übriggeblieben war.

Die Prototypen, wie sie sich auch selbst bezeichneten, unterteilten sich in drei Gruppen. Es gab zum einen die Starken, die über eine enorme Körperkraft verfügten. Dann die Wissenden, die Unmengen an Daten speichern und jederzeit abrufen konnten. Sie waren allerdings nicht nur wandelnde Archive, sondern konnten mit diesem Wissen auch etwas anfangen und es miteinander verknüpfen. Schließlich gab es noch die Immunen, die entwickelt worden waren, um jeder Form von Belastung durch Strahlen oder Umwelteinflüsse widerstehen zu können. Gifte konnten ihnen ebenso wenig schaden wie chemische oder bakteriologische Kampfstoffe. Vorgeblich wurden diese Prototypen entwickelt, um besser für den Rohstoffabbau im All und auf fernen Planeten gewappnet zu sein, aber selbst dem Dümmsten musste klar sein, dass man mit diesen Eigenschaften auch den perfekten Soldaten erschaffen konnte.

Noch waren die Fähigkeiten auf einzelne Personen verteilt, aber das erklärte Ziel bestand natürlich darin, alle Eigenschaften in einer einzelnen Person zu bündeln. Witherspoon war das erste Exemplar, bei dem dies zum Teil gelungen war. Sie besaß zwar die Fähigkeiten aller drei Varianten, aber noch nicht in der kompletten Ausprägung, wie bei den einzelnen Prototypen. Das bedeutete, sie war nicht so stark wie Crowe, wusste nicht so viel wie Swift und besaß nicht die vollständige Immunität von Hancock.

Crowe schloss zu Costello auf. Er war ein schlanker junger Mann von sportlicher Gestalt. Nicht übertrieben muskulös und keineswegs seiner tatsächlichen Stärke angemessen. Crowe war der Stärkste der Starken und der erste Prototyp, dem Costello begegnet war. Seit sie sich gemeinsam auf der Flucht befanden, wich Crowe nicht mehr von der Seite des Ex-Cops. Anfangs aus Misstrauen, inzwischen, um so viel wie möglich von ihm zu lernen. Vorzugsweise solche Dinge, die man nicht aus Datenbanken abrufen konnte.

»Wann reisen wir endlich weiter?«, fragte Crowe. Er gehörte zu denjenigen Prototypen, die sich an keinem Platz auf der Erde sicher fühlten und sie lieber heute als morgen verlassen hätten. Ihr Ziel war der Mars, dessen Besiedlung noch nicht so weit fortgeschritten war. Der Planet bot deshalb jede Menge abgelegene Orte.

Costello war nicht so begeistert von der Idee, seinen Lebensabend auf einem kargen, roten Planeten zu verbringen. Ihm wäre diese Landschaft hier gerade recht, um sich zur Ruhe zu setzen.

Kaschmir war in seiner langen Geschichte ständiger Streitpunkt zweier Länder gewesen, die ihre Besitzansprüche darauf notfalls sogar mit Atomwaffen durchzusetzen drohten. Doch nach einer überraschenden Einigung zwischen Indien und Pakistan zu Beginn des 22. Jahrhunderts erlebte die Autonome Republik Kaschmir einen ungeheuren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung. Sie galt fortan weltweit als Symbol für die friedliche Lösung territorialer Streitigkeiten.

»Ich könnte mir schlimmere Ort zum Leben vorstellen«, sprach Leone aus, was Costello dachte. Sie war die einzige weibliche Starke und machte ebenfalls einen sportlichen Eindruck, sah aber nicht wie ein weiblicher Bodybuilder aus dem vorigen Jahrhundert aus. Wie Crowe wirkte auch sie eher unauffällig.

Reed vervollständigte ihre Patrouille. Er gehörte zu den Wissenden und begleitete ihre Touren nur, weil er sich in letzter Zeit so viel mit Fitness und dem Stoffwechsel des menschlichen Körpers beschäftigt hatte. Er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem gleichnamigen Musiker, sondern trug blondes, glattes Haar und besaß einen eher fülligen Körper. Letzteres kam daher, dass er die meisten irdischen Speisen und ihre Auswirkungen auf den Körper im Selbstversuch getestet hatte. Bei manchen Dingen, die er in diesem Zusammenhang verspeiste, sollte man ihm wünschen, dass er zu den Immunen gehörte.

Costello hatte vorher noch nie von dem Musiker Lou Reed gehört und musste sich erst einmal im Netz über ihn informieren. Das ging ihm übrigens mit den Namen der meisten Prototypen so. Die drei Wissenschaftler, die an dem Programm arbeiteten, hatten ihre Versuchsobjekte nach Künstlern aus dem zwanzigsten oder noch früheren Jahrhunderten benannt. Längst vergessene Ikonen, deren Wiederentdeckung Costello sehr lohnenswert fand.

Crowe verzog das Gesicht. »Dass es schlimmere Orte gibt, tröstet mich nicht.«

»Wir führen hier zwar ein ziemlich einfaches Leben, aber dafür versucht uns niemand umzubringen«, sagte Leone.

Crowe war stehengeblieben und sah sich zu ihr um. »Solange wir uns auf der Erde befinden, werden wir uns nach Verfolgern umschauen müssen. Glaubst du nicht, dass wir das irgendwann leid werden?«

»Wiese denkst du, dass es uns auf dem Mars besser ergeht? Momentan ist er noch recht dünn besiedelt, aber das wird sich schnell ändern. In zehn Jahren schon wird der Planet völlig anders aussehen, und dann werden auch unsere Verfolger dort stärker vertreten sein.«

Reed räusperte sich. »Vielleicht kommen sie auch schon viel früher, nachdem sie die ganze Erde vergeblich nach uns abgesucht haben und sich sowohl die geostationären Raumstationen als auch der Mond als Fehlanzeige herausgestellt haben.«

Costello hielt sich aus der beginnenden Diskussion heraus. Er hatte die Argumente beider Seiten schon viele Male beim abendlichen Beisammensein gehört. Die Positionen beider Seiten waren festgefahren und würden sich durch das mantraartige Wiederholen der jeweiligen Überzeugung nicht lösen lassen.

»Da ist etwas«, unterbrach Crowe plötzlich.

Alle begannen zu lauschen, aber sie hörten überhaupt nichts.

»Bist du sicher ...?«, begann Reed, doch Costello hob die Hand. Das Geräusch war da, und es schwoll rasend schnell an.

»Sie haben uns gefunden«, grollte Costello, und im selben Moment sausten über ihnen drei Mannschaftsgleiter über die Baumspitzen hinweg. Sie rasten direkt auf das Haus zu und setzten bereits zur Landung an.

Costello rannte los.

 

*

Das Haus, das Costello, Dr. Huan und die Prototypen bewohnten, war eine zweistöckige Berghütte, größtenteils aus Holz errichtet. Sie war als Feriendomizil eines reichen Industriellen aus Islamabad erbaut worden und nach dessen Pleite in Vergessenheit geraten.

Das Gebäude verfügte über acht Schlafzimmer, einen riesigen Aufenthaltsraum mit offenem Kamin und eine Küche mit Feuerofen. Trotz der traumhaften Lage gab es keinerlei Komfort und zwang die Bewohner zu einem sehr ursprünglichen Lebensstil. Zudem war die Berghütte nur aus der Luft zu erreichen und fünfzig unbewohnte Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen. Auf der rundumverlaufenden Veranda hatten sich eine Menge Überbleibsel der umgebenden Natur angesammelt, doch auch dies konnte den rustikalen Charme der Hütte nicht trüben.

Die Prototypen bezogen die Holzhütte mit glühender und bis zu diesem Tag ungebrochener Euphorie. Die Starken schleppten ungeheure Mengen Trinkwasser aus einem entfernten Gebirgsbach heran, ohne zu murren, und die Wissenden riefen alle Informationen über das Leben in freier Natur ab, um sie sinnvoll auf ihre neue Unterkunft anzuwenden.

Jeder gab sein Bestes, um aus diesem Gebäude ein Heim zu schaffen. Trotz aller Einschränkungen und Entbehrungen fühlten sie sich dort geborgen und sicher.

Bis der Alarm ertönte.

Die Bewegungsmelder, die rings um das Gelände verteilt waren, schlugen an, sobald sie die Gleiter registrierten. Sie verschafften den Bewohnern eine Vorwarnzeit von zwei Minuten bis zur Ankunft ihres Besuchs.

Die Prototypen hatten für diesen Ernstfall oft trainiert und jeder wusste, was er zu tun hatte. Swift und Prince tüftelten direkt nach ihrer Ankunft in diesem Versteck mehrere Fluchtwege aus, um im Ernstfall alle in Sicherheit zu bringen. Es gab zwei Routen, die von dem Haus zu einem sicheren Versteck führten, und beide waren so gewählt, dass sie nicht die direkten Angriffswege kreuzten.

Eine Route führte aus dem Keller heraus und einen Steilhang hinab, bis man auf einen schmalen Pfad traf. Die zweite ging über eine freischwingende Seilbrücke zu einem Baumhaus. Von dort aus gelangte man über einen Wipfelpfad aus der unmittelbaren Gefahrenzone und kam in hundert Meter Entfernung inmitten des dichten Waldstücks wieder auf den Erdboden.

Doktor Huan sicherte beim Ertönen des Alarms alle ihre wissenschaftlichen Daten, von denen sie die meisten handschriftlich verfasst hatte. Sie hielt immer eine Tasche bereit, in dem sich ihre wichtigsten Unterlagen befanden. Mehrmals am Tag aktualisierte sie den Inhalt der Tasche.

Ähnlich taten es auch die Prototypen. In der Mitte des Aufenthaltsraumes stand ein Regalschrank, in dem für jeden Bewohner ein gepackter Rucksack mit dem Allernötigsten bereitstand.

Dali machte die Verteidigungsmaßnahmen bereit, die ihnen weitere Zeit für ihre Flucht verschaffen sollten. Hancock verteilte die Waffen, die für den Fall eines Angriffs angeschafft worden waren. Allen war klar, dass sie sich damit nicht auf ein Feuergefecht einlassen konnten. Eine Verteidigungsschlacht um die Hütte war von vorneherein aussichtslos, auch wenn sie noch nicht die Anzahl der Angreifer kannten. Sie würden nur schießen, um ihren Rückzug zu decken.

Die zwei Minuten waren viel zu schnell vorüber und schon tauchten die Gleiter über den Baumwipfeln auf. Sie teilten sich in der Luft auf, drehten sich bugwärts zueinander und besetzten die Spitzen eines Dreiecks, in dessen Mitte sich das Versteck der Prototypen befand.

Langsam senkten sie sich auf drei Seiten des Gebäudes herab und setzten zur Landung an.

In diesem Moment griffen die Verteidigungsmaßnahmen.

Der erste Gleiter setzte auf einer ebenen Fläche auf, die ideal als Landeplatz erschien. Und deshalb auch die perfekte Falle war. Kaum hatte die Maschine aufgesetzt, brach der Boden unter ihr weg. Der Gleiter stürzte in eine ausgehobene Grube und riss damit die Stützen weg, die den aufgeschütteten Hang gehalten hatten. Tonnen von loser Erde begruben den Gleiter in der Grube, und es dürfte eine ganze Weile dauern, bis sich die Besatzung freigeschaufelt haben würde.

Die beiden anderen Gleiter beendeten sofort ihren Sinkflug. Aus der Seitentür einer der Maschinen flog eine Granate und landete mitten auf der zweiten Landefläche, die ebenso günstig wie die erste erschien. Die Granate zerriss die dünne Abdeckung aus Erde und Büschen und offenbarte eine zweite Grube. Sofort drehte der Gleiter ab.

Die Gleiter verzichteten auf eine Landung, stattdessen entrollten sich Seile auf beiden Seiten der Maschinen. Unentwegt spuckten sie bewaffnete Kämpfer aus, die an den Seilen herunterglitten und das Gebäude einkreisten.

Das war nicht der erste Angriff dieser Art, den die Prototypen erlebten, aber bisher waren sie ihren Verfolgern immer rechtzeitig entkommen. Was sie aus den bisherigen Attacken aber unmissverständlich schließen konnten, war, dass ihre Gegner nicht auf Gefangene aus waren. Es waren Seek-&-Destroy-Missionen. Sie wollten weder Spuren noch Überlebende hinterlassen.

Kugeln prasselten auf das Haus ein. Die Angreifer sparten nicht mit Munition und ließen im Vorrücken einen wahren Kugelhagel auf die Fenster niedergehen, in denen sich schon lange kein Glas mehr befand.

Tolstoi und Witherspoon hatten sich bewaffnet und sicherten den Rückzug ihrer Gefährten. Allerdings standen sie derart unter Beschuss, dass sie kaum Gelegenheit hatten, das Feuer zu erwidern.

 

*

Die Patrouille traf ein. Sie kam in umgekehrter Richtung über den Fluchtweg durch die Baumwipfel. Costello hätte für den Rückweg sicher zwanzig Minuten oder mehr gebraucht, aber Crowe trug ihn Huckepack, genauso wie es Leone mit Reed tat. Die Körperkraft der Starken zeigte sich nicht nur darin, dass sie schwere Lasten heben konnten, sondern auch in ihrer gesteigerten Geschwindigkeit und einer ungeheuren Ausdauer.

Beim Baumhaus angekommen, setzten die beiden Starken Costello und Reed ab, damit sie alle ihre Waffen einsatzbereit machen konnten.

Costello stürmte über die Brücke und begann dabei zu schreien: »Wir müssen hier weg und zwar schnell!« Er hoffte natürlich, dass niemand mehr da war, um ihn zu hören.

Jeder wusste, wie er fliehen musste. Die Evakuierung lief bereits in vollen Zügen. Allerdings war ihnen auf ihrem Weg noch niemand entgegengekommen, und das war ein schlechtes Zeichen.

Die Seilbrücke führte direkt in das obere Stockwerk hinein. Costello rannte durch den Flur zur Treppe ins Unterschoss. Die Kugeln schlugen links und rechts von ihm in die Zimmer ein und ließen nicht viel von der Einrichtung übrig.

Als der Ex-Cop die Treppe nach unten laufen wollte, packte Crowe ihn am Kragen seines Hemdes und hielt ihn zurück.

»Langsam, da unten fliegen die Kugeln kreuz und quer durch die Etage. Du bist durchlöchert, bevor du die unterste Stufe erreicht hast.«

Costello brauchte nur einen Blick nach unten zu werfen, um zu wissen, dass der Prototyp recht hatte. Der Ex-Cop legte sich flach auf den Bauch, um besser sehen zu können und erkannte Tolstoi und Witherspoon, die ihre Gewehre dicht an den Körper hielten und unter den Fenstern kauerten. Costello rollte sich auf die andere Seite, um in den übrigen Aufenthaltsraum sehen zu können. Warhol war hinter dem Kamin in Deckung gegangen und befand sich dort in Sicherheit, solange die Kugeln nicht aus einer anderen Richtung kamen. Ansonsten waren anscheinend alle Prototypen durch die Kellerroute entkommen.

»Wo ist Dr. Huan?«, brüllte Costello, doch niemand von unten gab ihm eine Antwort. Wahrscheinlich hatten sie ihn bei dem Lärm nicht gehört.

Der Beschuss des Hauses ließ nur nach, wenn einer der Wagrier, denn um niemand anders handelte es sich bei den Angreifern, nachladen musste. Costello fragte sich, weshalb sie noch keine Granaten eingesetzt hatten, um den Widerstand zu brechen. Aber die Antwort lag auf der Hand. Sie wollten nicht die Gesundheit von Dr. Huan riskieren. Sicher hatte man ihnen eingeschärft, wie wichtig diese Frau war, und wie vergleichbar unwichtig das Leben desjenigen, der sie aus Versehen verletzte oder sogar tötete.

»Nachdem sie uns zermürbt haben, werden sie uns mit Gas raustreiben wollen. Wir sollten zusehen, dass wir in den Keller kommen«, brüllte Crowe hinter ihm und Costello nickte. Leider gab es außer der Treppe keinen sicheren Weg nach unten.

Leone trat eine Zimmertür auf, robbte ans Fenster und warf einen Blick nach draußen. »Fünf auf meiner Seite, wahrscheinlich genauso viele auf der anderen Seite und dann noch ein paar vor dem Haus«, meldete sie auf den Flur hinaus.

»Also mindestens ein Dutzend«, fasste Crowe zusammen und drehte sich zu Costello. »Wir halten sie auf Abstand und du gehst mit Reed nach unten. Schafft alle anderen in den Keller und verschließt den Zugang.«

Costello nickte und winkte Reed zu sich an den Treppenrand. Crowe und Leone begaben sich jeweils in das mittlere Zimmer auf jeder Seite und krochen an das Fenster heran. Sie warfen sich über den Flur hinweg einen Blick zu, nickten und erhoben sich.

Sie erschossen jeweils einen Wagrier und schwenkten dann zum nächsten. Crowe tötete einen weiteren Gegner, und Leone konnte zwei auf ihrer Seite verwunden, bevor der Kugelhagel sie beide von den Fenstern vertrieb. Sie warfen sich flach in Richtung Tür, während die Kugeln in Wände und Decke der Zimmer schlugen und Holzsplitter jeder Größe durch die Luft sausten.

Costello und Reed waren beim ersten Schuss aufgesprungen und die Treppe nach unten gerannt. Sie brüllten den drei Prototypen zu, sich ihnen anzuschließen, und liefen weiter zur Kellertreppe.

Der Keller der Hütte bestand nur aus einer breiten Treppe und zwei kleinen, fensterlosen Räumen. Früher waren sie wohl als Lagerräume oder Weinkeller genutzt worden, nun hatte sich Dr. Huan in einem von ihnen eingerichtet. Der andere Raum diente als versteckter Ausgang aus dem Gebäude.