Edward Bellamy: Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887

 

 

Edward Bellamy

Ein Rückblick

aus dem Jahre 2000

auf 1887

Übersetzt von Clara Zetkin

 

 

 

Edward Bellamy: Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887. Übersetzt von Clara Zetkin

 

Neuausgabe.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Edward Bellamy, Fotographie von 1889

 

ISBN 978-3-7437-1469-4

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-8430-9649-2 (Broschiert)

ISBN 978-3-8430-9650-8 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstausgabe 1888: Looking Backward 2000 - 1887. Hier in einer Übersetzung von Clara Zetkin.

 

Der Text dieser Ausgabe folgt:

Dietz Verlag, Berlin, 1949

 

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Vorwort des Autors

Historische Sektion der Shawmut-Universität zu Boston am 28. Dezember 2000

Uns, die wir im letzten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts leben, fällt ohne Zweifel die Vorstellung schwer, daß die gegenwärtige, so vollkommene Gesellschaftsordnung weniger als hundert Jahre alt ist. Es sei denn, wir hätten tiefgründige geschichtliche Studien getrieben. Wir erfreuen uns nämlich der Segnungen einer sozialen Ordnung, die ebenso einfach wie logisch ist, so daß sie als Triumph des gesunden Menschenverstandes nur selbstverständlich erscheint. Keine historische Tatsache steht jedoch unumstößlicher fest als diese: Fast bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde allgemein geglaubt, die alte wirtschaftliche Ordnung mit all ihren schrecklichen sozialen Folgen müsse bis ans Ende der Tage bestehen. Höchstens könne sie durch ein bißchen Stück- und Flickwerk verbessert werden. Wie seltsam und beinahe unglaublich scheint es, daß sich in einem so kurzen Zeitraum solch wunderbare materielle und moralische Umgestaltung hat vollziehen können wie jene, die seitdem stattgefunden hat. Es könnte nicht treffender illustriert werden, wie leicht sich die Menschen an Verbesserungen ihrer Lage als an etwas ganz Selbstverständliches gewöhnen, obendrein an Verbesserungen, die schon nichts mehr zu wünschen übrig zu lassen schienen, als sie zum erstenmal ausgedacht und formuliert wurden. Diese Betrachtung ist wie keine andere geeignet, die Begeisterung von Weltverbesserern zu mäßigen, die auf die lebhafte Dankbarkeit künftiger Geschlechter zählen!

Das vorliegende Buch ist für Leser bestimmt, die wohl eine klare Vorstellung von den sozialen Unterschieden zwischen dem neunzehnten und[12] zwanzigsten Jahrhundert erlangen möchten, aber vor der trockenen Darstellung der Geschichtsbücher darüber zurückschrecken. Der Verfasser ist durch seine Erfahrungen als Lehrer gewitzigt worden. Sie haben ihm gezeigt, daß das Studieren leicht für ermüdend gilt. Er hat sich daher bemüht, den belehrenden Charakter seines Buches dadurch anziehender zu gestalten, daß er dieses in die Form eines Romans gebracht hat. Ein solcher, so hofft er, wird schon an sich nicht jeden Interesses ermangeln.

Der Leser mag hin und wieder Doktor Leetes Erklärungen der modernen sozialen Verhältnisse, seine Auseinandersetzungen über die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien für recht alltäglich halten. Ihm selbst erscheinen sie ja als die reinste Selbstverständlichkeit. Allein er darf zweierlei nicht vergessen. Erstens, daß sie für Doktor Leetes Gast ganz und gar nicht selbstverständlich waren. Zweitens, daß es der ausdrückliche Zweck dieses Buches ist, den Leser vergessen zu machen, wie selbstverständlich die neue soziale Ordnung für ihn ist. Noch ein Wort. Beinahe alle Schriftsteller und Redner, die die Wende um das Jahr Zweitausend feierten, haben von der Zukunft und nicht von der Vergangenheit gesprochen; nicht von dem Fortschritt, der bereits verwirklicht worden, sondern von dem Fortschritt, der noch zu verwirklichen ist, immer vorwärts und aufwärts, bis das Menschengeschlecht seine unsagbar hohe Bestimmung erreicht hat. Das ist gut, sehr gut. Doch ist eine andere Erwägung nicht minder berechtigt. Nirgends können wir festeren Boden für kühne Prophezeiungen über die menschliche Entwicklung in den nächsten tausend Jahren finden, als wenn wir einen »Rückblick« auf den Fortschritt werfen, den die letzten hundert Jahre bedeuten.

Möchte dieses Buch so glücklich sein, Leser zu finden, die aus Interesse an der Sache die Mängel der Darstellung übersehen. Mit diesem Wunsche tritt der Verfasser beiseite und läßt Herrn Julian West selbst sprechen.[13]

 

1. Kapitel

Der Kapitalismus der Vergangenheit

Ich erblickte das Licht der Welt zu Boston im Jahre 1857. »Was«, fragt der Leser, »1857? Das ist ein drolliger Irrtum. Der Herr meint natürlich 1957.« Ich bitte um Entschuldigung, aber es ist kein Irrtum. Es war gegen vier Uhr nachmittags, am 26. Dezember, einen Tag nach Weihnachten im Jahre 1857 und nicht 1957, als ich zum erstenmal Bostons Ostwind atmete. Und wie ich dem Leser versichern kann, blies er in jenen vergangenen Tagen ebenso durchdringend wie im gegenwärtigen Jahre des Heils 2000.

Diese Behauptungen werden im ersten Augenblick und besonders dann wunderlich erscheinen, wenn ich hinzufüge, daß ich dem Äußeren nach ein junger Mann von ungefähr dreißig Jahren bin. Niemand könnte es darum verargt werden, wenn er kein Wort weiter von einem Buche lesen will, das bloß seine Leichtgläubigkeit hinter das Licht zu führen scheint. Nichtsdestoweniger versichere ich dem Leser im vollen Ernst, daß ich ihm durchaus nichts vorzuphantasieren gedenke, und ich will versuchen, ihn vollständig davon zu überzeugen, wenn er nur die Geduld behält, noch wenigen Seiten meiner Erzählung seine Aufmerksamkeit zu schenken. Der Leser gestatte mir, meine Behauptung zu rechtfertigen, daß ich besser weiß als er, wann ich geboren bin. Tut er das, und läßt er mein Versprechen gelten, so will ich meine Erzählung fortsetzen. Jeder Schulknabe weiß, daß am Ende des neunzehnten Jahrhunderts keine Zivilisation existierte, die der heutigen zu vergleichen gewesen wäre. Gewiß waren bereits die Elemente in Fluß, die unsere heutige soziale Ordnung entwickeln sollten. Nichts war jedoch geschehen, um die seit undenklichen Zeiten bestehende Spaltung der Gesellschaft in vier Klassen abzuschaffen,[15] die viel treffender als vier Nationen bezeichnet werden könnten, denn die Unterschiede zwischen ihnen waren bei weitem größer als diejenigen, die unsere heutigen Nationen voneinander scheiden. Ich meine die Spaltung in Reiche und Arme, Gebildete und Ungebildete. Ich selbst war reich und obendrein gebildet und besaß folglich alle Vorbedingungen für das Glück, dessen sich die Schoßkinder des Geschicks in jener Zeit erfreuten. Ich lebte in Luxus und kümmerte mich nur um die Vergnügungen und Annehmlichkeiten des Lebens. Die Arbeit anderer gab mir die Mittel für meinen Unterhalt, ohne daß ich die geringste nützliche Tätigkeit dafür verrichtete. Meine Eltern und Großeltern hatten in derselben Weise gelebt, und ich nahm an, daß sich meine etwaigen Nachkommen einer ähnlichen Existenz erfreuen würden.

»Aber wie konnte ich leben, ohne für die Welt irgend etwas Nützliches zu leisten?« wird der Leser fragen. »Warum sollte die Gesellschaft jemanden als Müßiggänger erhalten, der ganz gut nützliche Arbeit für sie leisten konnte?« Die Antwort lautet, daß mein Urgroßvater eine Geldsumme aufgespeichert hatte, von der seine Nachkommen von da an lebten. Der Leser wird natürlich folgern, daß diese Summe sehr groß gewesen sein müsse. Andernfalls wäre sie doch durch die Unterhaltskosten von drei nichtstuenden Generationen aufgezehrt worden. Das war jedoch nicht der Fall. Die Summe war ursprünglich durchaus nicht groß gewesen. Umgekehrt: nachdem sie drei Geschlechter in Müßiggang erhalten hatte, war sie viel größer geworden, als sie anfangs gewesen war. Das Geheimnis dieses Gebrauchs ohne Verbrauch, dieser Wärme ohne Verbrennung erscheint fast wie Zauberei. Es erklärt sich jedoch durch die findige Anwendung einer Kunst, die zum Glück gegenwärtig verlorengegangen ist, in der aber unsere Vorfahren eine hohe Meisterschaft erreicht hatten. Ich meine nämlich die Kunst, die Last des eigenen[16] Unterhaltes den Schultern anderer aufzubürden. Wer es so weit gebracht hatte – und es so weit zu bringen, war das Ziel, nach dem alle strebten –, von dem hieß es, daß er von den Zinsen seines Kapitals lebe. Es würde uns zu lange aufhalten, wollten wir hier auseinandersetzen, auf welche Weise die alte Wirtschaftsordnung solches möglich machte. Soviel sei nur bemerkt, daß die Zinsen des Kapitals eine Art ständiger Steuern waren, die der Geldbesitzer von der Produktion der werktätigen Arbeiter erheben konnte. Diese Einrichtung erscheint unseren modernen Anschauungen ganz unnatürlich und unvernünftig. Man würde sich auch sehr in der Annahme täuschen, daß sie von unseren Vorfahren nie einer Kritik unterzogen worden wäre. Im Gegenteil! Von den ältesten Zeiten an hatten Gesetzgeber und Propheten danach getrachtet, den Zins abzuschaffen oder ihn wenigstens auf den niedrigsten Fuß herabzudrücken. Alle derartigen Bestrebungen waren jedoch gescheitert und hatten notwendigerweise scheitern müssen, solange die alte Gesellschaftsordnung weiterbestand. Zur Zeit, von der ich schreibe, nämlich zu Ende des neunzehnten Jahrhunderts, hatten im allgemeinen die Regierungen den Versuch aufgegeben, die Sache überhaupt regeln zu wollen.

Besser als lange Darlegungen gibt ein Vergleich dem Leser eine allgemeine Vorstellung davon, wie die Menschen in jenen Tagen zusammenlebten, und wie insbesondere die sozialen Beziehungen zwischen Armen und Reichen waren. Die damalige Gesellschaft glich einer riesigen Kutsche, vor die die große Masse gespannt war, und die von dieser auf einer holperigen und staubigen Straße mühsam vorwärtsgeschleppt wurde. Der Hunger war Kutscher, und er duldete kein Verschnaufen. Aber trotzdem ging es nur sehr langsam vorwärts. Obwohl es so hart war, auf dem beschwerlichen Wege den Wagen fortzuschleppen, war dieser doch mit Passagieren besetzt, die niemals abstiegen, mochte die Straße noch so steil ansteigen. Die Sitze auf dem Wagen waren sehr luftig und bequem. Unbelästigt durch den Staub konnten ihre Inhaber sich mit Muße an der Landschaft ergötzen oder kritische Bemerkungen über das Verdienst des sich abquälenden Vorspanns austauschen. Natürlich waren die Sitzplätze sehr begehrt, und beim Wettbewerb um sie ging es heiß her. Jeder hielt es für das Hauptziel seines Lebens, sich selbst einen Sitzplatz in der[17] Kutsche zu sichern und ihn später seinen Kindern zu hinterlassen. Nach dem Wagenreglement konnte jeder Passagier seinen Platz überlassen, wem er wollte; andererseits gab es jedoch viele Zufälle, durch die ein Sitz ganz und gar verlorengehen konnte. Denn diese Plätze waren ebenso unsicher wie angenehm. Bei jedem plötzlichen Stoß der Kutsche wurden Personen aus ihr herausgeschleudert und stürzten zu Boden. Einmal gefallen, waren sie sofort gezwungen, im Geschirr zu gehen und das Fuhrwerk vorwärtsschleppen zu helfen, in dem sie wenige Minuten früher so angenehm dahinkutschiert waren. Selbstverständlich galt es für ein entsetzliches Unglück, wenn jemand seinen Sitz verlor. Wie eine stets dräuende Wolke beschattete die Befürchtung das Glück der Fahrenden, daß sie oder die Ihrigen aus der Kutsche geschleudert werden könnten.

»Aber«, wird der Leser fragen, »dachten die Fahrenden denn nur an sich? Wurde ihnen ihr Luxus nicht unerträglich, wenn sie ihn mit dem Lose ihrer an den Wagen gespannten Brüder und Schwestern verglichen; wenn sie sich sagen mußten, daß ihr eigenes Gewicht deren Mühsal vergrößerte? Empfanden sie kein Mitleid für Mitgeschöpfe, von denen sie nur ein Glückszufall unterschied?« O gewiß! Die Fahrenden gaben öfters ihrem Mitleid für die Ziehenden Ausdruck. Namentlich dann, wenn das Fuhrwerk an eine schlechte Stelle der Straße oder an einen besonders steilen Hügel kam, und das geschah ja immer wieder. Es war ein entsetzlicher Anblick, den dann die verzweifelten Anstrengungen des Vorspanns boten, das krampfhafte Vorwärtsdrängen und Zurücksinken der Ziehenden, die vom Hunger erbarmungslos vorwärtsgepeitscht wurden, mochten auch Unzählige zusammenbrechen und in den Kot getreten werden. Und dieser Anblick verfehlte nicht, oft sehr edle Gefühlsausbrüche der Fahrenden hervorzulocken.

Zu solchen Zeiten riefen die einen den sich keuchend Mühenden des Vorspanns ermutigende Worte zu, ermahnten sie zur Geduld und Ausdauer und vertrösteten sie auf das Jenseits, wo ewige Freuden sie für ihr hartes Schicksal im Diesseits entschädigen sollten. Andere wieder sammelten, um Salben und Tränklein für die Verletzten und Krüppel zu kaufen. Man hielt es dann übereinstimmend für höchst bedauerlich, daß der Wagen gar so schwer zu ziehen sei, und fühlte sich allgemein erleichtert,[18] wenn die besonders schlechte Wegstelle vorüber war. Dieses Gefühl der Erleichterung war allerdings nicht bloß auf Rechnung des Mitleids mit den Ziehenden zu setzen. Vielmehr brachten die bösen Stellen auch immer etwas Gefahr für die Fahrenden mit sich. Die Kutsche kam dort oft so stark ins Schwanken, daß sie ganz umzustürzen drohte, die Fahrenden mußten dann befürchten, von ihren Sitzen herabgeschleudert zu werden. Der Wahrheit gemäß muß ich zugestehen, daß der Anblick des Elends der Ziehenden, die sich am Seil abquälten, nur eine Hauptwirkung hatte: er erhöhte in den Augen der Fahrenden den Wert ihrer Sitzplätze auf dem Wagen, und sie klammerten sich daher noch krampfhafter an sie fest. Wenn die Fahrenden nur sicher gewesen wären, daß weder sie noch die Ihrigen jemals vom Wagen fallen würden! Sie hätten sich dann wahrscheinlich darauf beschränkt, zu den Sammlungen für Salben und Verbandzeug beizusteuern, ohne sich weiter im geringsten um die Leute zu kümmern, die den Wagen schleppten.

Ich weiß wohl, daß dieses ihr Verhalten den Männern und Frauen des zwanzigsten Jahrhunderts als eine unglaubliche Unmenschlichkeit erscheinen muß. Allein zwei höchst merkwürdige Tatsachen erklären es zum Teil. Erstens glaubte man in jener Zeit fest und aufrichtig, die menschliche Gesellschaft könne nicht anders vorwärtskommen, als wenn viele den Wagen ziehen und wenige darin fahren würden. Ja, mehr noch: man war sogar ehrlich davon überzeugt, daß es nicht möglich sei, das Geschirr, die Kutsche, die Straße oder die Verteilung der Arbeit wesentlich zu verbessern. Die Dinge wären zu allen Zeiten so gewesen und würden auch zu allen Zeiten so bleiben, hieß es. Das sei sehr bedauerlich, könne aber nicht geändert werden, und die Philosophie verbiete, Mitleid für Dinge zu vergeuden, für die es keine Abhilfe gäbe.

Noch merkwürdiger ist die andere Tatsache. Die in dem Wagen Fahrenden hegten nämlich in der Regel die höchst sonderbare Einbildung, daß sie ihren ziehenden Brüdern und Schwestern nicht genau glichen, sondern daß sie aus feinerem Ton wären, gewissermaßen einer höheren Klasse von Wesen angehörten, die mit Fug und Recht Anspruch darauf erheben könnten, gezogen zu werden. Das scheint unbegreiflich, aber da ich einst in dem nämlichen Wagen gefahren bin und die nämliche Einbildung[19] gehabt habe, so darf man mir Glauben schenken. Das Sonderbarste des Wahns aber war dieses: er befiel sofort die Leute, die eben erst von der Straße auf einen Sitz im Wagen hinaufgeklettert waren und an den Händen noch die Schwielen trugen, die vom Ziehen am Seil herrührten. Für diejenigen aber, deren Eltern und Großeltern bereits so glücklich gewesen waren, in der Kutsche zu fahren, war es zu einem unumstößlichen Glaubensartikel geworden, daß sie ganz anderen Wesens seien als die gemeine Masse der Ziehenden. Es liegt auf der Hand, daß eine derartige Einbildung jedes tatkräftige Mitgefühl für die Leiden der Masse in eine kühle, tatlose Sympathie verwandeln mußte. Ich berufe mich auf diese Tatsache als auf den einzigen mildernden Umstand zur Erklärung der Gleichgültigkeit, die in der Periode, über die ich schreibe, mein eigenes Verhalten zum Elend meiner Brüder kennzeichnete. Im Jahre 1887 erreichte ich mein dreißigstes Jahr. Ich war noch unverheiratet, jedoch mit Edith Bartlett verlobt. Sie fuhr, wie ich, auf dem Wagen. Mit anderen Worten – um den Vergleich fallen zu lassen, der hoffentlich seinen Zweck erfüllt und dem Leser eine allgemeine Vorstellung von den Gesellschaftsverhältnissen jener Epoche gegeben hat –, ihre Familie war reich. In jener Zeit, wo das Geld allein alles gewährte, was das Leben angenehm machte und für kulturwürdig galt, war es genug, daß ein Mädchen reich war, damit es Freier fand. Edith Bartlett war jedoch nicht nur reich, sondern auch noch schön und anmutig.

Ich weiß recht gut, daß meine Leserinnen gegen diese meine Behauptung protestieren werden. »Hübsch mag sie wohl gewesen sein«, höre ich sie sagen, »allein anmutig nun und nimmer! Wie konnte ein Mädchen in der Kleidung anmutig sein, die in jenen Tagen Mode war? War damals der Kopf nicht mit einem fußhohen, schwindelerregenden Gebäude bedeckt, und bauschten nicht künstliche Vorrichtungen die Kleider hinten derart auf, daß sie die Gestalt mehr verunzierten als irgendeine frühere Erfindung der Schneiderinnen? Kann man sich denken, daß jemand in einem solchen Kostüm anmutig gewesen wäre?« Der Einwurf ist zutreffend. Ich kann auf ihn nur erwidern, daß sicher und gewiß die Damen des zwanzigsten Jahrhunderts holde Beweise dafür sind, wie bedeutend zweckmäßige Gewänder die weibliche Anmut heben. Trotzdem bleibe ich[20] in der Erinnerung an ihre Urgroßmütter bei der Behauptung, daß selbst die unförmlichste Kleidung ihre Schönheit, den Liebreiz des weiblichen Geschlechts, nicht ganz zu entstellen vermochte.

Unsere Hochzeit sollte stattfinden, sobald das Haus fertig geworden war, das ich für uns in einem der gesuchtesten, das will besagen der vornehmsten Stadtteile erbauen ließ. Man muß nämlich wissen, daß damals die Nachfrage nach Wohnungen in den verschiedenen Stadtteilen Bostons nicht von der natürlichen Umgebung abhing, sondern von der Art der Bevölkerung, die in einer Gegend ihren Sitz hatte. Jede Klasse oder Nation wohnte für sich, in ihren eigenen Vierteln. Der Reiche, der unter den Armen, der Gebildete, der unter den Ungebildeten sein Heim hatte, glich einem Menschen, der abgeschieden und einsam unter einer neiderfüllten und fremden Rasse lebte. Als ich den Bau meines Hauses beginnen ließ, hatte ich vorausgesetzt, daß er im Winter 1886 vollendet sein würde. Im Frühling des folgenden Jahres stand das Haus jedoch noch unfertig da, und meine Verheiratung lag noch in der Zukunft. Die Verzögerung war ganz dazu angetan, einen feurigen Verliebten zur Verzweiflung zu bringen. Sie wurde verursacht durch eine Reihe von Streiks, das heißt vereinbarter Arbeitseinstellungen der Maurer, Zimmerleute, Maler, Klempner und anderer Bauhandwerker. Ich erinnere mich nicht mehr der besonderen Ursachen dieser Ausstände. Streiks waren nämlich in jener Zeit so alltäglich geworden, daß man sich gar nicht mehr um ihre besonderen Anlässe kümmerte. Seit der großen wirtschaftlichen Krise des Jahres 1873 war es ohne Aufhören bald in dem einen, bald in dem anderen Industriezweig zu Aufständen gekommen. Die Dinge hatten sich in der Tat so weit zugespitzt, daß es eine Ausnahme schien, wenn irgendeine Arbeiterkategorie ihrem Beruf länger als etliche wenige Monate hindurch ununterbrochen nachging.

Der Leser, der den angeführten Tatsachen Beachtung geschenkt hat, wird natürlich diese Störungen des gesellschaftlichen Wirtschaftslebens richtig einschätzen. Er wird in ihnen die erste und noch zusammenhanglose Phase der großen Bewegung erkennen, welche schließlich mit der Einführung der modernen Wirtschaftsordnung nebst all ihren sozialen Folgen endete. Bei einem nachträglichen Überblick erscheint dies alles so[21] einfach und klar, daß ein Kind es verstehen könnte. Aber da wir keine Propheten sind, so hatten wir in jenen Tagen keine klare Vorstellung von den kommenden Ereignissen. Wir sahen nur, daß sich das Wirtschaftsleben unseres Landes in einer höchst mißlichen Lage befand. Das Verhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer, zwischen Kapital und Arbeit schien in unerklärlicher Weise aus den Fugen gegangen zu sein.

Die Arbeiterklasse war ganz plötzlich und allgemein von einer tiefen Unzufriedenheit mit ihrer Lage erfüllt und von der Überzeugung angesteckt worden, daß diese Lage wesentlich verbessert werden könnte, wenn man nur wüßte, wie das Ding anzufassen sei.

Von allen Seiten wurden einstimmig Forderungen laut nach höherem Lohn, kürzerer Arbeitszeit, besseren Wohnungen, besserer Erziehung sowie einem Anteil an den Annehmlichkeiten des Lebens und der Errungenschaften der Kultur jener Epoche. Lauter Forderungen, deren Erfüllung unmöglich schien, wenn die Gesellschaft nicht um ein Bedeutendes reicher würde, als sie es damals war. Die Arbeiter wußten zwar ungefähr, was sie wollten, allein sie hatten keine Ahnung, wie sie das Gewollte erreichen konnten. Mit freudigem Enthusiasmus scharten sie sich um jeden, der ihnen hierüber irgendeine Aufklärung geben zu können schien. Viele, die sich gern hervortaten, erhielten in der Folge plötzlich einen großen Ruf als Parteiführer, obgleich gar mancher unter ihnen den Arbeitern äußerst wenig Klarheit über ihre Ziele zu bieten imstande war. Man mochte die Bestrebungen der Arbeiter für noch so sinn- und zwecklos halten, eins mußte man anerkennen: die Hingebung, mit der sie einander bei Streiks unterstützten – ihrer Hauptwaffe im Kampfe –, die Opfer, die sie dabei brachten, ließen keinen Zweifel an ihrem tiefen Ernst. Was das schließliche Ende der Arbeiterunruhen anbetrifft – mit diesem Namen pflegte man nämlich meist die von mir beschriebene Bewegung zu bezeichnen –, so gingen darüber die Meinungen der Leute meiner Klasse weit auseinander, je nach ihrem individuellen Temperament. Der Sanguiniker behauptete nachdrücklichst, es sei nach der Natur der Dinge unmöglich, daß die neuen Hoffnungen der Arbeiter sich jemals verwirklichen könnten, und zwar einfach darum, weil die Welt nicht genug Reichtümer und Möglichkeiten[22] habe, sie zufriedenzustellen. Nur wenn die Massen hart arbeiteten und dürftig lebten, verhungere die Menschheit nicht ganz und gar. Solange die Gesellschaft als Ganzes genommen so arm bleibe wie bis dahin, sei keine nennenswerte Verbesserung der Lage der Arbeiter möglich. Diese kämpften nicht gegen die Kapitalisten, sie lehnten sich vielmehr gegen Notwendigkeiten auf, die einem eisernen Gürtel gleich die Menschheit zusammenhielten. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann die dickköpfige Masse endlich den wahren Sachverhalt erkennen und sich damit zufrieden geben werde, das Unabänderliche zu ertragen.

Leute von weniger sanguinischem Temperament gestanden die Richtigkeit dieser Ausführungen zu, gingen aber in ihren Befürchtungen weiter. Gewiß, meinten sie, natürliche Gründe sprächen dagegen, daß sich die Bestrebungen der Arbeiter je verwirklichten. Nur sei zu befürchten, daß die Arbeiter selbst diese Tatsache nicht eher einsehen würden, als bis sie die ganze Gesellschaft über den Haufen geworfen hätten. Die Arbeiter seien im Besitz des Stimmrechts und der Macht, die Welt auf den Kopf zu stellen. Ihre Führer rieten ihnen, ihre Macht zu gebrauchen, und die Arbeiter schickten sich an, das wirklich zu tun. Einige der Schwarzseher gingen so weit, zu prophezeien, daß binnen kurzem der Zusammensturz der sozialen Ordnung da sei. Die Menschheit, schlossen sie, habe die höchste Stufe der Zivilisation erklommen, sie schicke sich nun an, Hals über Kopf ins Chaos hinabzustürzen. Nach diesem Absturz werde sie sich ohne Zweifel wieder erholen, um ihr Kletterwerk an der Leiter der Zivilisation von neuem zu beginnen. Durch wiederholte derartige Versuche aus der geschichtlichen und vorgeschichtlichen Zeit würden höchstwahrscheinlich die rätselhaften Beulen erklärt, die der menschliche Schädel aufweise. Wie alle großen Bewegungen, so drehe sich auch die Geschichte der Menschheit im Kreise und kehre immer wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Die Vorstellung eines unendlichen Fortschritts in gerader Linie sei ein bloßes Hirngespinst, das jedes Seitenstücks in der Natur entbehre. Die Bahn eines Kometen sei vielleicht das beste Bild des Weges, den die Menschheit durcheile. Aufwärts und sonnenwärts strebe das Menschengeschlecht aus der Nacht der Barbarei zur Sonnenhöhe der Zivilisation, um dann wiederum zum Ausgangspunkt seiner Bahn in die tiefsten Regionen[23] des Chaos herniederzusteigen. Das war selbstverständlich eine extreme Ansicht, allein ich erinnere mich, daß ernste Bekannte in ihren Gesprächen über die Zeichen der Zeit sie vertraten. Es war zweifellos die gang und gäbe Meinung denkender Leute, daß die Gesellschaft einer kritischen Epoche entgegengehe, die tiefgehende Veränderungen mit sich bringen könne. Die Arbeiterunruhen, ihre Ursachen, ihr Verlauf und die Mittel, sie zu verhüten, bildeten das Hauptthema der Erörterungen, die in der Presse und in ernsten Unterredungen gepflogen wurden. Die nervöse Spannung, die sich der öffentlichen Meinung bemächtigt hatte, fand ihren greifbaren Ausdruck in der Erregung, die das müßige Geschwätz einer Handvoll Leute verursachte, die sich selbst als Anarchisten bezeichneten. Diese bildeten sich nichts Geringeres ein, als das amerikanische Volk durch Androhung von Gewalttätigkeiten so weit terrorisieren zu können, daß es ihre Ideen annähme. Als ob eine Nation sich je aus bloßer Furcht dazu verstehen würde, eine neue soziale Ordnung einzuführen! Obendrein eine mächtige Nation, die erst vor kurzem eine Rebellion der Hälfte ihrer Bürger niedergeschlagen hatte, um das herrschende politische Regime aufrechtzuerhalten.

Als reicher Mann, der ein großes Interesse an der Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung hatte, teilte ich natürlich die Befürchtungen meiner Klasse. Ja, zweifelsohne war ich zur Zeit, von der ich schreibe, den Bestrebungen der Arbeiter besonders feindlich gesinnt. Der Grund dazu war ein ganz persönlicher: der Aufschub meines Eheglücks infolge der Streiks.[24]

 

2. Kapitel

Julian West schläft ein

Der 30. Mai 1887 fiel auf einen Montag. Er gehörte im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts zu den alljährlichen Nationalfeiertagen. Er war der sogenannte »Dekorationstag«, der gefeiert wurde, um das Andenken der Soldaten der Nordstaaten zu ehren, die am Kriege für die Erhaltung der Union teilgenommen hatten. Unter militärischem und bürgerlichem Ehrengeleit, Musikkorps an der Spitze, pflegten die Veteranen an diesem Tage nach den Kirchhöfen zu ziehen und auf die Gräber ihrer gefallenen Kameraden Blumenkränze niederzulegen. Die Zeremonie war sehr feierlich und ergreifend. Da der älteste Bruder Edith Bartletts im Kriege gefallen war, so hatte die Familie die Gewohnheit, am Dekorationstag seine Ruhestätte in Mount Auburn zu besuchen.

Ich hatte mir die Erlaubnis ausgebeten, sie dorthin begleiten zu dürfen. Als wir gegen Abend in die Stadt zurückkehrten, blieb ich bei der Familie meiner Braut zu Tische. Nachdem die Mahlzeit vorüber war, nahm ich im Salon eine Zeitung zur Hand und las von einem neuen Streik der Bauarbeiter, der wahrscheinlich das Fertigwerden meines unglückseligen Hauses noch weiter hinausschieben mußte. Ich erinnere mich noch deutlich, wie aufgebracht ich darüber wurde. In so kräftigen Ausdrücken, wie sie die Gegenwart von Damen nur gestattete, verwünschte ich die Arbeiter im allgemeinen und die Streikenden im besonderen. Die Anwesenden pflichteten mir durchaus bei, und in der folgenden Unterhaltung fielen von allen Seiten solche Bemerkungen über das sittenlose Treiben der aufhetzenden Arbeiteragitatoren, daß diesen Herren die Ohren geklungen haben müssen. Man war sich darin einig, daß die Verhältnisse mit jedem Tage schlimmer würden, so daß niemand wissen könne, wie das alles noch enden werde. »Das Schlimmste ist«, meinte Frau Bartlett, wie ich mich noch deutlich erinnere, »daß es den Anschein hat, als ob die Arbeiterklasse der ganzen Welt mit einem Male verrückt geworden wäre. In Europa stehen die Dinge sogar noch schlimmer als hier. Dort möchte ich um keinen Preis zu leben wagen. Ich fragte neulich meinen Mann, wohin wir[25] eigentlich auswandern sollten, wenn die schrecklichen Ereignisse eintreten würden, die uns von den Sozialisten angedroht werden. Er gab mir zur Antwort, daß er jetzt kein Land mit sicheren gesellschaftlichen Verhältnissen kenne, Grönland, Patagonien und das Chinesische Reich ausgenommen.« »Die Chinesen«, fügte jemand Frau Bartletts Worten hinzu, »wußten sehr gut, was sie wollten, als sie sich gegen die westliche Zivilisation abschlossen. Sie erkannten weit besser als wir, wozu sie führen muß. Sie sahen voraus, daß die Zivilisation nichts anderes ist als verhülltes Dynamit.«

Ich erinnere mich, wie ich darauf Edith beiseitezog und sie zu überreden suchte, daß es besser wäre, wenn wir sofort heirateten, ohne auf die Fertigstellung des Hauses zu warten. Wir könnten ja, meinte ich, solange reisen, bis unser Heim fertig wäre. Edith war an diesem Abend ganz besonders schön. Das schwarze Kleid, das sie des Tages wegen trug, hob die Reinheit ihre Teints in vorteilhafter Weise. Noch heute kann ich mir deutlich vorstellen, wie sie an dem Abend aussah. Als ich mich verabschiedete, begleitete sie mich in die Vorhalle, und ich küßte sie wie gewöhnlich zum Abschied. Kein einziger ungewöhnlicher Umstand unterschied dieses Auseinandergehen von dem anderer Abende, wo wir für eine Nacht oder einen Tag einander Lebewohl gesagt hatten. Nicht die leiseste Ahnung beschlich unser Gemüt, daß dieser Abschied mehr als ein gewöhnliches Scheiden sei.

Es war noch ziemlich früh für einen Liebenden, als ich meine Verlobte verließ, allein man darf daraus nicht etwa auf geringe Liebe zu Edith schließen. Ich litt nämlich seit langem an Schlaflosigkeit, und obgleich ich sonst vollkommen gesund war, so fühlte ich mich doch gerade an jenem Tage sehr erschöpft, weil ich die vorausgegangenen beiden Nächte kaum ein Auge geschlossen hatte. Edith wußte dies, und so hatte sie darauf bestanden, mich um neun Uhr nach Hause zu schicken mit der strengen Weisung, sofort zu Bett zu gehen.

Das von mir bewohnte Haus befand sich seit drei Generationen in dem Besitz meiner Familie, deren einziger noch lebender Sproß in gerader Linie ich war. Das Haus, ein stattlicher alter Holzbau, war im Innern mit[26] altväterischer Eleganz ausgestattet. Es lag jedoch in einem Viertel, dem die gute Gesellschaft schon seit langem den Rücken gekehrt hatte wegen der vielen Mietshäuser und Fabriken, die dort emporgeschossen waren. Ich konnte also auch nicht daran denken, eine junge Frau in dieses Haus zu führen, am allerwenigsten aber ein so zartes, feines Geschöpf wie Edith Bartlett. Ich hatte das Haus darum zum Verkauf ausgeboten und benutzte es einstweilen nur zum Schlafen, die Mahlzeiten nahm ich in meinem Klub ein. Nur ein einziger Diener, mein treuer Neger Sawyer, bewohnte mit mir das Haus und sorgte für meine wenigen Bedürfnisse. Eine ganz besondere Einrichtung des Hauses befürchtete ich jedoch künftig in meinem neuen Heim sehr zu vermissen: das Schlafzimmer, das ich mir unter den Grundmauern hatte bauen lassen. Ich hätte unmöglich in der Stadt mit ihrem nicht endenwollenden nächtlichen Lärme schlafen können, wenn mein Zimmer in einem oberirdischen Stockwerk gelegen wäre. In das unterirdische Gemach meines alten Hauses drang kein Laut der Oberwelt. Sobald ich es betreten und die Tür hinter mir geschlossen hatte, umgab mich Grabesstille. Damit keine Kellerfeuchtigkeit in das Zimmer dringe, hatten die sehr dicken Wände wie der Boden einen Belag von hydraulischem Zement erhalten. Um den Raum feuer- und diebessicher zu machen, so daß ich Wertsachen darin aufbewahren konnte, hatte ich ihn mit hermetisch zusammenschließenden Steinplatten decken lassen, und die eiserne Außentür war mit einer dicken Lage Asbest überzogen. Beständiger Luftwechsel war dem Gemach durch eine dünne Röhre gesichert, die mit einem Windrad auf dem Dache des Hauses in Verbindung stand.

Man sollte meinen, der Bewohner eines solchen Zimmers hätte sich eines guten Schlafes erfreuen müssen. Das war jedoch bei mir nicht der Fall. Es kam sogar da nur selten vor, daß ich zwei Nächte hintereinander gut schlief. Ich war derart an das Wachbleiben gewöhnt, daß ich mir nur wenig daraus machte, wenn ich eine einzige Nacht nicht schlafen konnte. Brachte ich jedoch eine zweite Nacht lesend im Lehnstuhl zu, statt schlafend im Bett, so war ich so erschöpft, daß ich ein ernstes Nervenleiden befürchten mußte. Um ihm vorzubeugen, sah ich mich dann gezwungen, meine Zuflucht zu künstlichen Mitteln zu nehmen, um den Schlummer herbeizurufen. Wenn ich mich nach zwei durchwachten Nächten auch in[27] der dritten noch nicht schläfrig fühlte, so schickte ich nach dem Doktor Pillsbury.

Man titulierte Herrn Pillsbury nur aus bloßer Höflichkeit »Doktor«, denn er war, was man zu jener Zeit einen »Naturheilarzt« oder »Quacksalber« zu nennen pflegte. Er selbst legte sich den Titel bei: »Professor des tierischen Magnetismus.« Ich war mit ihm ganz zufällig bekannt geworden bei einigen dilettantischen Untersuchungen über gewisse Erscheinungen des tierischen Magnetismus. Meines Erachtens verstand Doktor Pillsbury absolut nichts von der Medizin, aber er war ein vorzüglicher Magnetiseur. Wenn ich eine dritte schlaflose Nacht befürchtete, so pflegte ich ihn holen zu lassen, damit er mich durch seine Manipulationen einschläferte. Wie groß auch meine nervöse Unruhe, meine geistige Erregung sein mochten, es gelang doch Doktor Pillsbury jedesmal, mich nach kurzer Zeit in tiefen Schlaf zu versetzen. Und dieser dauerte so lange, bis ich durch das umgekehrte magnetische Verfahren wieder aufgeweckt wurde. Es war weit einfacher, einen Schlafenden aufzuwecken, als jemand in Schlaf zu versenken, und so hatte ich der Bequemlichkeit halber Doktor Pillsbury meinen Diener Sawyer lehren lassen, wie ich geweckt werden mußte. Außer diesem treuen Diener wußte niemand, warum Doktor Pillsbury mich besuchte, und daß er überhaupt zu mir kam. Natürlich würde ich nach der Hochzeit Edith mein Geheimnis mitgeteilt haben. Dies zu tun, hatte ich bisher unterlassen, da der magnetische Schlaf unzweifelhaft mit einer kleinen Gefahr verbunden war. Ich befürchtete daher, daß meine Braut Einspruch gegen meine Gewohnheit erheben würde. Die drohende Gefahr bestand selbstverständlich darin, daß der Schlaf zu tief werden und in einen Starrkrampf übergehen konnte, den der Magnetiseur nicht mehr zu brechen vermochte. Der Schlummer hätte dann mit dem Tod endigen müssen. Wiederholte Versuche hatten mich jedoch davon überzeugt, daß bei den nötigen Vorsichtsmaßregeln diese Gefahr außerordentlich gering war, und so hoffte ich – allerdings nicht mit zu großer Zuversicht – auch Edith davon zu überzeugen. Nachdem ich meine Verlobte verlassen hatte, ging ich geradeswegs nach Hause und sandte sofort Sawyer nach Doktor Pillsbury. Unterdessen suchte ich mein unterirdisches Schlafzimmer auf, vertauschte meinen Gesellschaftsanzug mit einem bequemen[28] Schlafrock, setzte mich und begann die Briefe zu lesen, die mit der Abendpost gekommen waren und die Sawyer auf meinen Lesetisch gelegt hatte. Einer von ihnen war von dem Baumeister meines neuen Hauses und bestätigte, was ich infolge der Zeitungsnachrichten schon vermutet hatte. Die neu ausgebrochenen Streiks, so schrieb er mir, machten es ihm für unbestimmte Zeit unmöglich, seine kontraktlichen Verpflichtungen gegen mich einzuhalten. Weder Unternehmer noch Arbeiter würden in dem streitigen Punkte ohne langen Kampf nachgeben. Caligula wünschte bekanntlich dem römischen Volke nur einen einzigen Kopf, damit er ihn mit einem Streich abschlagen könne. Ich fürchte, daß ich beim Durchlesen des Briefes einen Augenblick lang fähig gewesen bin, der Arbeiterklasse in Amerika auch nur einen einzigen Kopf zu wünschen. Meine trübseligen Betrachtungen wurden durch die Rückkehr Sawyers unterbrochen, der den Doktor mitbrachte.

Mein Diener hatte es nicht leicht gehabt, mir Doktor Pillsburys Hilfe zu verschaffen. Dieser stand nämlich im Begriff, unsere Stadt noch in derselben Nacht zu verlassen. Seit er mich zum letztenmal gesehen, hatte er von einem einträglichen Tätigkeitsfeld als Magnetiseur in einer entfernten Stadt gehört und sich entschlossen, die gute Gelegenheit schleunigst beim Schopfe zu fassen. Ganz erschreckt durch seine Mitteilung fragte ich, was ich denn ohne ihn anfangen solle, und wer anders als er mich einschläfern könne. Doktor Pillsbury nannte mir die Namen mehrerer Magnetiseure in Boston und versicherte, daß sie die gleichen Kräfte besäßen wie er selbst. Dadurch einigermaßen beruhigt, gab ich Sawyer die Weisung, mich am nächsten Morgen um neun Uhr zu wecken. Im Schlafrock legte ich mich dann möglichst bequem aufs Bett und überließ mich den Händen des Magnetiseurs. Mein ungewöhnlich nervöser Zustand bewirkte jedenfalls, daß ich diesmal das Bewußtsein langsamer als gewöhnlich verlor, endlich aber überkam mich doch eine wohltuende Schläfrigkeit.[29]

 

3. Kapitel

Julian Wests Erwachen

»Er wird gleich die Augen öffnen. Es ist besser, wenn er zuerst nur einen von uns sieht.«

»Versprich mir also, daß du ihm nichts sagen wirst.«

Die erste Stimme war die eines Mannes, die zweite die einer Frau, beide sprachen flüsternd miteinander.

»Ich will abwarten, wie es mit ihm geht«, antwortete der Mann.

»Nein, bitte, versprich es mir«, bat eindringlich die Frauenstimme.

»Laß ihr doch den Willen«, flüsterte eine dritte Stimme, ebenfalls die einer Frau.

»Gut, gut, ich verspreche es also«, erwiderte der Mann. »Aber schnell, entfernt euch. Er kommt schon zu sich.«

Ich hörte Kleider rauschen und schlug die Augen auf. Ein stattlicher Mann von ungefähr sechzig Jahren beugte sich über mich. Auf seinen Zügen lag ein Gemisch von großem Wohlwollen und lebhafter Neugierde. Der Mann war mir völlig fremd. Ich richtete mich halb auf, stützte mich auf den Ellbogen und schaute mich um. Das Zimmer war leer. Ich konnte schwören, daß ich nie zuvor darin gewesen war oder in einem ähnlich möblierten Gemach. Meine Blicke wanderten zu meinem Gefährten zurück. Dieser lächelte.

»Wie fühlen Sie sich?« erkundigte er sich.

»Wo bin ich?« fragte ich zurück.

»In meinem Hause«, lautete die Antwort.

»Wie kam ich hierher?«

»Darüber werden wir erst sprechen, wenn Sie etwas kräftiger sind. Sie befinden sich bei Freunden und in guten Händen. Wie fühlen Sie sich?«

»Ein wenig seltsam«, erwiderte ich, »aber mir scheint, daß ich ganz wohl bin. Wollen Sie mir gütigst erklären, wie es kommt, daß ich Ihre Gastfreundschaft genieße? Was ist mit mir geschehen? Wie bin ich hierhergekommen? Es war mein eigenes Haus, in dem ich einschlief.«[30]

»Zu Erklärungen haben wir noch später genug Zeit«, erwiderte mein unbekannter Wirt mit einem beruhigenden Lächeln. »Es ist besser, vorerst jedes aufregende Gespräch zu vermeiden, bis Sie sich etwas erholt haben werden. Nehmen Sie, bitte, einige Schlucke von dieser Medizin, sie wird Ihnen guttun. Ich bin Arzt.«

Ich stieß das Glas zurück und setzte mich aufrecht auf mein Lager. Es fiel mir nicht leicht, denn mir war gar sonderbar schwindlig zumute.

»Ich bestehe darauf, sofort zu erfahren, wo ich bin, und was Sie mit mir gemacht haben«, sagte ich.

»Lieber Herr«, antwortete mein Gefährte, »ich bitte Sie, regen Sie sich nicht auf. Ich möchte, daß Sie jetzt noch nicht auf Erklärungen bestehen. Allein, wenn Sie durchaus sofort Auskunft haben wollen, so werde ich Sie zufriedenzustellen suchen. Nur sollen Sie zuerst diesen Trunk nehmen, der Sie kräftigen wird.«

Daraufhin trank ich, was er mir anbot.

»Ihnen zu erklären, wie Sie hierhergekommen sind«, hub mein Gefährte an, »das ist nicht so leicht, wie Sie offenbar meinen. Sie können mir genau so viel darüber erzählen wie ich Ihnen. Sie sind soeben aus einem tiefen Schlaf erwacht oder richtiger: aus einem Starrkrampf. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Sie versicherten soeben, daß Sie in Ihrem eigenen Hause eingeschlafen wären. Darf ich fragen, wann das war?«

»Wann?« erwiderte ich, »wann? Nun, gestern abend natürlich, gegen zehn Uhr. Ich hatte meinem Diener Sawyer Weisung gegeben, mich früh neun Uhr zu wecken. Was ist aus Sawyer geworden?«

»Das kann ich Ihnen nicht genau sagen«, antwortete mein Gefährte, während er mich sonderbar prüfend ansah. »Aber ich bin sicher, daß seine Abwesenheit einen triftigen Entschuldigungsgrund hat. Und könnten Sie mir nun nicht genauer angeben, wann Sie in Ihren Schlaf verfielen? Ich meine das Datum.«

»Gestern abend natürlich! Wie ich Ihnen schon sagte. Gestern abend, das heißt, wenn ich nicht etwa einen ganzen Tag verschlafen habe. Guter Gott, sollte das möglich sein! Und doch habe ich ein seltsames Gefühl, als ob ich sehr lange geschlafen hätte! Es war am Dekorationstag, als ich mich schlafen legte.«[31]

»Am Dekorationstag?«

»Jawohl, Montag, den Dreißigsten.«

»Verzeihung, welchen Dreißigsten?«

»Nun, den Dreißigsten dieses Monats natürlich, wenn ich nicht etwa gar bis in den Juni hinein geschlafen habe. Aber das ist ja ganz unmöglich.«

»Wir haben jetzt September.«

»September! Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß ich seit Mai geschlafen habe! Himmel, das ist ja unglaublich.«

»Wir werden sehen«, versetzte mein Gefährte. »Sie sagen also, daß Sie sich am 30. Mai schlafen legten?«

»Jawohl.«

»Darf ich fragen, in welchem Jahre das war?«

Ich starrte den Mann einige Augenblicke lang sprachlos an.

»In welchem Jahre?« wiederholte ich dann mit schwacher Stimme.

»Ja, bitte, in welchem Jahre. Nachdem Sie mir das gesagt haben, werde ich imstande sein, Ihnen zu sagen, wie lange Sie geschlafen haben.«

»Es war im Jahre 1887«, sagte ich.

Mein Gefährte nötigte mir noch einen Schluck des Trankes auf und fühlte mir den Puls.

»Mein lieber Herr«, sagte er mir, »Ihr Benehmen läßt darauf schließen, daß Sie ein Mann von Bildung sind. Wie ich wohl weiß, war Bildung zu Ihrer Zeit durchaus nichts so Selbstverständliches wie in unseren Tagen. Als Gebildeter werden Sie wohl schon selbst die Beobachtung gemacht haben, daß in dieser Welt das eine nicht wunderbarer genannt werden kann als das andere. Alle Erscheinungen haben gleicherweise erklärliche Ursachen und gleicherweise natürliche Wirkungen. Was ich Ihnen mitzuteilen habe, wird Sie sicherlich in Erstaunen setzen. Allein ich hoffe zuversichtlich, daß es Ihre Gemütsruhe nicht allzusehr erschüttern wird. Ihrem Aussehen nach sind Sie ein junger Mann von kaum dreißig Jahren, und Ihr Befinden scheint sich nicht viel von dem jemandes zu unterscheiden, der soeben aus einem zu langen und tiefen Schlaf erwacht ist. Und doch schreiben wir heute den 10. September des Jahres 2000, und Sie haben genau gerechnet einhundertdreizehn Jahre, drei Monate und elf Tage geschlafen.«[32]

Ich fühlte mich wie betäubt und nahm auf das Zureden meines Gefährten einen Trank zu mir, den er mir in einer Tasse reichte. Gleich darauf wurde ich müde und sank abermals in einen tiefen Schlaf.

Als ich die Augen wieder aufschlug, flutete helles Tageslicht durch das Zimmer, das bei meinem ersten Erwachen künstlich beleuchtet gewesen war. Mein geheimnisvoller Wirt saß neben mir. In dem Augenblick, wo ich munter ward, schaute er mich nicht an. So hatte ich die beste Gelegenheit, ihn zu beobachten und über meine ungewöhnliche Lage nachzudenken, ehe er mein Wachsein bemerkte. Mein Schwindel war vorüber und mein Geist vollkommen klar. Nun fiel mir die Behauptung wieder ein, daß ich einhundertdreizehn Jahre geschlafen haben sollte. Schwach und verwirrt, wie ich bei meinem ersten Erwachen gewesen war, hatte ich sie ohne langes Fragen hingenommen. Jetzt aber erschien sie mir nur als ein alberner Versuch, mich zu täuschen. Den Grund dafür vermochte ich allerdings nicht im entferntesten zu erraten.

Etwas Außergewöhnliches mußte sicherlich geschehen sein. Wie hätte ich sonst in einem fremden Hause, in Gesellschaft eines Fremden erwachen können? Nur erwies sich meine Phantasie als unvermögend, es weiter als zu den ausschweifendsten Vermutungen über dieses außergewöhnliche Etwas zu bringen. Sollte ich vielleicht das Opfer einer Verschwörung geworden sein? Es sah ganz danach aus. Wenn aber menschlichen Gesichtszügen zu trauen war, so durfte ich sicher sein, daß der neben mir sitzende Mann mit dem edlen, geistvollen Antlitz unmöglich an einem verbrecherischen Tun teilhaben konnte. Nun kam mir eine andere Vermutung. War ich nicht vielleicht der Gegenstand eines groben Scherzes meiner Freunde geworden? Sie konnten zufällig hinter das Geheimnis meines unterirdischen Zimmers gekommen sein und hatten mir die Gefahren des magnetischen Schlafes zu Gemüte führen wollen. Doch kam mir die Vermutung bald höchst unwahrscheinlich vor: Sawyer würde mich nun und nimmer verraten haben, auch besaß ich keine Freunde, denen ich die Sache zutrauen konnte. Trotz allem erschien die Annahme am begründetsten, daß ich das Opfer eines derben Scherzes geworden sei. Indem ich halb und halb erwartete, ein bekanntes Gesicht lachend hinter einem Stuhl oder Vorhang hervorlugen zu sehen, schaute ich mich aufmerksam[33] im Zimmer um. Als meine Augen wieder auf meinem Gefährten haftenblieben, waren dessen Blicke auf mich gerichtet.

»Sie haben ein schönes Schläfchen von zwölf Stunden gemacht«, sagte er heiter, »und ich finde, daß es Ihnen gut bekommen ist. Sie sehen viel besser aus. Ihre Gesichtsfarbe ist frisch, und Ihre Augen sind klar. Wie befinden Sie sich?«

»Ich habe mich nie wohler befunden als jetzt«, erwiderte ich, indem ich mich aufrichtete.

»Sie erinnern sich ohne Zweifel noch Ihres ersten Erwachens«, fuhr mein Gefährte fort, »und Ihres Erstaunens, als ich Ihnen sagte, wie lange Sie geschlafen hätten?«

»Wenn ich mich recht erinnere, so sagten Sie, ich hätte einhundertdreizehn Jahre geschlafen.«

»Ganz recht.«

»Sie werden zugeben«, sagte ich ironisch lächelnd, »daß die Geschichte ziemlich unwahrscheinlich klingt.«

»Ungewöhnlich ist sie auf jeden Fall, das gebe ich gern zu«, antwortete er, »allein gewisse Umstände vorausgesetzt ist sie weder unwahrscheinlich noch unvereinbar mit dem, was wir über den Starrkrampf wissen. Wenn dieser, wie in Ihrem Falle, ein vollständiger ist, so sind auch die Funktionen des Lebens vollständig aufgehoben. Die Gewebe werden dann nicht verbraucht. Der Scheintod kann in solchem Falle unbestimmt lange Zeit dauern, wenn nur der Körper durch äußere Umstände gegen Verletzungen geschützt ist. Ihr Starrkrampf ist allerdings der längste, von dem man je Genaues gehört hat. Mir ist jedoch kein Grund bekannt, weshalb Sie nicht in Ihrem Zustand unterbrochenen Lebens hätten noch weiter verharren können, immer vorausgesetzt, daß das Zimmer unbeschädigt geblieben wäre, in dem wir Sie aufgefunden haben. Ihr Scheintod konnte unter diesen Bedingungen dauern, bis nach zahllosen Jahrtausenden die allmähliche Erkaltung der Erde die Gewebe Ihres Körpers zerstört und den Geist in Freiheit gesetzt hätte.«

Ich mußte mir eines sagen. War ich wirklich das Opfer eines Scherzes geworden, so hatten seine Anstifter einen Mann zum Helfershelfer gewählt, der diese Täuschung bewundernswert durchführte. Die eindringliche[34] und sogar beredte Art und Weise meines Gefährten hätte selbst die Behauptung überzeugend erscheinen lassen, daß der Mond ein großer Käse sei. Ich hatte seine Theorie über den Starrkrampf mit einem Lächeln des Zweifels aufgenommen, das schien ihn jedoch nicht im geringsten irrezumachen.

»Vielleicht«, sagte ich, »werden Sie so freundlich sein, mit Ihren Erklärungen fortzufahren und mir etliche Einzelheiten über die Umstände zu erzählen, unter denen Sie das bewußte Zimmer samt seinem Inhalt entdeckt haben. Es macht mir Vergnügen, gut erfundenen Märchen zu lauschen.«

[35]