Paul Boldt: Junge Pferde! Junge Pferde!

 

 

Paul Boldt

Junge Pferde! Junge Pferde!

 

 

 

Paul Boldt: Junge Pferde! Junge Pferde!

 

Neuausgabe.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Franz Marc, Weidende Pferde, 1911

 

ISBN 978-3-7437-0327-8

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-86199-411-4 (Broschiert)

ISBN 978-3-86199-412-1 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstdruck: Leipzig, Kurt Wolff 1914 als Band 11 der Reihe »Der jüngste Tag«

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Frühjahr

Die ganze Nacht durch kamen Wanderungen

Wie auf der Flucht, in sohlenloses Schreiten

Vermummt. Am Morgen bargen es die Weiten:

Nur Sturm schwimmt durch die dunkelen Waldungen.

 

Als wäre allem Licht ein Tor gesprungen,

Will es sich in die Aderbäume breiten,

Darin die Pulse spülen, Säfte gleiten

Wie Frühjahrströme durch die Niederungen.

 

Mein gutes Glück, märzlich dahergetänzelt.

Mädchen, gut, daß du Weib bist! Diese Stunde

Verlangt das. Küsse mich! O unsere Munde

 

Haben noch niemals um ihr Glück scharwenzelt.

Du – du – dein Haar riecht wie der frühe Wind

Nach weißer Sonne – Sonne – Sonne – Wind.

 

Nächte über Finnland

Die Nadelwälder dunkeln fort im Osten,

Und aus den Seen taucht das Nachtgespenst

Den gelben Kopf, von Feuerrauch gekränzt,

Den Sterngeruch der neuen Nacht zu kosten.

 

Zu weißen Pilzen filzen Fichtenpfosten,

Und Ast an Ast in zartem Lichte glänzt,

– befrorne Linien – Filigran umgrenzt,

Zieht die Kontur aus reinen, reifen Frosten.

 

Bis auf das alte, runde, schwarze Eis

Des Grundes sind die Flüsse zugefroren.

In Schuttmoränen glänzt der glatte Gneis

 

Und in den leuchtenden, polierten Mooren.

Die Krähen schreien ewig: Tag – und Tat –

Nebel und Kälte fällt wie Sack und Saat.

 

Weichsel

Ein Thema: Weichsel; blutsüßes Erinnern!

Der Strom bei Kulm verwildert in dem Bett.

Ein Mädchen, läuft mein Segel aufs Parkett

Aus Wellen, glänzend, unabsehbar, zinnern.

 

In Obertertia. Julitage flammen,

Bis du den Leib in helle Wellen scharrst.

Die Otter floh; mein weißes Lachen barst

Zwischen den Weiden, wo die Strudel schwammen.

 

Russische Flöße in den Abend ragend.

Die fremden Weiber, die am Feuer sitzen,

Bewirten mich: Schnaps und gestohlener Speck.

 

Wir ankern und die Alten bleiben weg.

Die Völlerei. Aus grausamen Antlitzen

Blitzt unser Blick, ins Weiberlachen schlagend.

 

Nächtige Seefahrt

Die Winde sind von einem Möwen-Dutzend

Geschwänzt und schlagen durch die Luft, dumpf, pfeifend.

Und hart herrollend, seltsam vorwärtsgreifend,

Zerbraust das Meer, der Riffe Rücken putzend.

 

Es klatscht das Segel, patscht das Ruderblatt.

Die gleichen Wogen streifen, weichen vorn