Impressum
Herstellung und Verlag:
BoD-Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7357-6760-8
Text Copyright © 2014 Karl Vogt
Alle Rechte vorbehalten
Einbandfotos: www.fotolia.com, 2014
Im Zeichen der heute überall geforderten „Transparenz“ möchte ich die Hintergedanken in diesem Buch an dieser Stelle gleich freiwillig offen legen:
Mit diesem kleinen Roman rund um eine Familie im Jahr 2014 und die Schüler einer Abiturklasse samt ihren Freunden, sollen junge Leser immer mal wieder, zwischendurch, von verschiedenen Finanzthemen hören und angeregt werden, sich offen kritisch und möglichst vorurteilsfrei damit auseinander zu setzen.
Hintergedanke 1:
Es möchte sich jeder Leser in den künftigen, entsprechenden Lebenslagen an dieses Büchlein erinnern und die Tips, die hier so „nebenbei“ gegeben werden, beherzigen.
Hintergedanke 2:
Es sollte ein Verständnis für die Unterscheidung von Beratern und Verkäufern geweckt werden. Beide haben ihren wichtigen, unverzichtbaren Platz im heutigen Wirtschaftsleben. Wie wäre es um die Arbeitsplätze eines jeden Einzelnen bestellt, wenn die Produkte und Dienstleistungen die in „seinem Betrieb“ hergestellt werden, nicht von qualifizierten Spezialisten „verkauft“ würden?
Die Berater hingegen, sollen Hilfestellung geben, bei der Auswahl aus den vielfältigen Alternativen, die der Markt und seine Verkäufer bieten.
Hintergedanke 3:
Es wäre sehr schön, wenn es gelänge, den einen oder anderen Jugendlichen davon zu überzeugen, daß eine beratende Tätigkeit im Bereich der privaten Finanzen (Wir reden hier nicht von der „undurchsichtigen“ Hochfinanz!] zu einem der sozialsten und wichtigsten Berufsbilder gehört, zu denen sich Abiturienten und Abiturientinnen in der heutigen Zeit entschließen können.
Eine coole, abwechslungsreiche Tätigkeit, die für die allermeisten Menschen nützlich und hilfreich ist und die eine weitestgehende Selbstbestimmung und kreative Entfaltung in jede Richtung ermöglicht. Und vor allen Dingen: Es ist ein Beruf mit Zukunft. (Entgegen aller verbreiteten Vorurteile!)
Ein guter Berater wird niemals arbeitslos!
Eine zusätzliche Entscheidungshilfe findet ihr im Anhang 1
Hintergedanke 4:
Daß die im Buch eingestreuten Tipps, die an den Kapitelüberschriften leicht zu erkennen und bei der E-Book-Version sogar direkt ansteuerbar sind, auch für die älteren erwachsenen Leser genügend Informationen liefern, um mit ihren Beratern oder Verkäufern künftig auf Augenhöhe zu sprechen.
Falls es doch noch nicht reichen sollte, sehen Sie doch bitte in den Anhang-Kapiteln 2, 3 und 4 nach.
Viel Spaß und persönlichen Nutzen bei der Lektüre!
Karl Vogt
Vorwort zum Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser, ich habe Ihnen mein Foto hierher setzen lassen, damit Sie gleich von vornherein gewarnt sind! Ich nehme für mich zwar in Anspruch, daß ich im Kopf jung geblieben bin. Keines meiner vier, jetzt bereits über 30-jährigen Kinder, hat das bisher (in meinem Beisein] bestritten. Trotzdem habe ich in diesem Buch zwei Eigenarten beibehalten: Ich benutze nach wie vor, die von mir erlernte und längere Zeit auch gelehrte „alte“ Rechtschreibung, mit „ß“ und allem Drum und Dran.
Und - ich verweigere mich ausdrücklich der heute schon fast ins Absurde übersteigerten „political correctness“, des „Gender-Mainstreams“, jegliche persönliche Anrede in beiden Geschlechterformen auszuschreiben. Ich gehöre einfach nicht zu den Politikern und Politikerinnen, die ihren Wählern und Wählerinnen ans Herz und Herzin (?) legen, um Gottes und der Göttinnen willen die Abgeordneten und Abgeordnetinnen jeweils ihrer Partei und Parteiin zu wählen. Immer wenn ich eine Geschlechterform gewählt habe, darf sich „die andere Seite“ genau so angesprochen fühlen.
Und hier können Sie mich kennenlernen:
Eigentlich wollte ich Religionslehrer werden. Aber auch in den späten Sechzigern gab es bereits sehr sinnfremde Vorschriften. Wer Religionsunterricht am Gymnasium erteilen wollte, sollte die Bibel in der „Muttersprache“ ihrer ersten Autoren lesen und verstehen können. In Griechisch. Ich kenne zwar nicht einen einzigen Kollegen, der das tatsächlich tut, denn sein Fach fällt sowieso bei jeder Gelegenheit aus. Wie der Sport- Musik- oder Kunstunterricht. Die meisten sind schon froh, wenn sich die Schüler (wie im modernen Deutschland möglich) nicht abmelden. Deshalb wird der Religionsunterricht auch häufig mit dem Mäntelchen „Sozialkunde“ oder „Ethik-Unterricht“ bedeckt Marketing ist eben alles.
Mich bewahrte vor diesem traurigen Schicksal die oben genannte Vorschrift. Ich wollte auf der Uni nicht auch noch Griechisch nachlernen. Da ich vom „mathematischen Gymnasium“ kam, reichte mir das Lateinisch-Nach-Büffeln für mein zweites Wunschfach: Germanistik, oder „Deutsch“, wie es auf der Schule ganz unwissenschaftlich benannt wird.
So war meine Religionslehrer-Karriere bereits nach 3 Wochen wieder beendet. Ich studierte ein anderes Fach, das durch ständiges Ausfallen einen größeren Freizeitanteil versprach: Sport. Welch ein Irrtum! Die zahlreichen Nebentätigkeiten des Sportlehrers, der bevorzugt Sport- und Schulfeste zu organisieren hat, brachten mir den gleichen Arbeitsaufwand, wie mein, wegen seines hohen Korrektur-Aufwands berüchtigten Hauptfachs Deutsch.
Nach erfolgreich bestandenen ersten und zweiten Staatsexamina war ich gerne und mit großem Engagement Lehrer an einem großen Gymnasium in Tübingen. Allerdings lernte ich dort auch schnell die Grenzen kennen, die den deutschen Studienräten gesetzt sind.
So gab ich, zum Entsetzen meiner Eltern meine Pensionsansprüche wieder auf. Ich verließ die Schule und Jugend-Bearbeitungs-Anstalt und machte mich kurze Zeit später in meinem heutigen, im Buch beschriebenen Beruf selbständig, der mir lebenslang die Befriedigung gab, wie ich sie mir eigentlich von der Schule erhofft hatte.
Heute „verkaufe“ ich mein Wissen um finanzielle Zusammenhänge, die die Schule den jungen Menschen leider nicht beibringt. „Sie haben ja schließlich Mathematik-Unterricht, das muß fürs Leben genügen.“
Ob diese Behauptung der Schulbürokraten stimmt, kann jeder Leser beurteilen, der schon einmal einen Versicherungs-, Spar- oder Kreditvertrag abgeschlossen hat. Zugegeben: Nur etwa die Hälfte der Betroffenen merkt überhaupt – vielleicht erst nach vielen Jahren – daß sie sich suboptimal entschieden hatte, aber dann ist der Ärger und die Enttäuschung um so größer. Das Heer der VOR-Urteilsträger gegen die bösen, gierigen und übermächtigen Finanzkonzerne hat wieder neue Gefolgsleute, so, wie die einschlägigen Finanz-, Vergleichs- und Testzeitungen wieder mehr verunsicherte Abonnenten gewonnen haben.
Und jetzt geht’s zum Vorwort
Ich hatte die Wahl, für mein Ziel den 798. Ratgeber zu schreiben, den kein Mensch liest, weil er die Jugendlichen nicht erreicht und weil er für die Erwachsenen zu spät kommt
Oder etwas ganz Neues zu versuchen:
Die Informationen, die die Heranwachsenden dringend brauchen, um ihr eigenes Leben (zumindest finanziell) bestmöglich zu gestalten in die Form eines Jugendromans zu gießen, der hoffentlich eher zum Lesen reizt und die entsprechenden Informationen verständlich transportiert.
Mein oberstes Ziel ist, daß dieses Buch von jungen Menschen gelesen und verstanden wird. An allen möglichen Orten und zu jeder Gelegenheit wird lautstark bedauert, daß die Schule heutzutage nicht ausreichend auf das moderne Finanzleben vorbereiten würde. Immer wieder lese ich von den finanziellen Analphabeten, die es mit immer neuen Gesetzen zu schützen gelte, anstatt die entsprechende Bildung endlich in Angriff zu nehmen. Deshalb habe ich versucht, die wichtigsten Grundinformationen zum vernünftigen Umgang mit Geld und Versicherungen in die aktuelle Lebenswelt der jungen Generation zu verpacken. Ganz wichtig ist mir dabei, daß eine VOR-urteilsfreie Begegnung stattfindet. Obwohl es manche Schüler kaum glauben können: Lehrer sind auch nur Menschen! Sie transportieren die gleichen Vor-Urteile, die sie bei ihrer Erziehung erfahren haben, wie alle anderen „Normalos“. Dazu kommt, daß die berühmt-berüchtigte „68-er-Generation“ (zu der ich auch gehöre), jetzt im Pensionsalter ankommt. In den Lehrerzimmern haben diese „erfahrenen Haudegen“ naturgemäß großes Gewicht. Sie treffen dort mit den oftmals von ihnen selbst ausgebildeten jüngeren Kollegen zusammen, die sie einst mit ihren „revolutionären Vorurteilen“ gefüttert haben. Dazu gehört leider sehr häufig, daß alles, was mit Geld zu tun hat, schon einmal grundsätzlich verdächtig ist. Alles, was mit viel Geld zu tun hat, muß demnach von übel sein und Banken und – noch schlimmer – Versicherungen sind für viele Bürger (und damit auch für viele Lehrer) geradezu der Ausbund des Bösen und Unmoralischen, denn „die kassieren nur und wenn es ans zahlen geht, dann drücken sie sich“.
Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Vieles, was sich, vor allem in jüngster Zeit auf dem Finanzsektor abspielte, ist nicht in Ordnung! Schon gar nicht die Verquickung von Bankeninteressen und Politik. Eine geistige Rückbesinnung auf ethische Grundsätze wäre dringend erforderlich. Aber: Es sind nicht die Institutionen, die die Mißstände verursacht haben, es sind die Menschen, die dort Entscheidungen treffen. (Aber diese Diskussion liefert den Stoff für ein weiteres Buch.)
Wenn Menschen schlechte Erfahrungen mit Banken und Versicherungen gemacht haben, dann liegt es fast immer an enttäuschten Erwartungen. Es haben Verkäufer und Berater nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, oder die Kunden haben ganz einfach etwas erwartet, was ein kaufmännisch gewinnorientiertes Unternehmen nicht leisten kann.
Also liebe Eltern und liebe Lehrer! Machen wir den Kopf frei. Lehren wir unsere Jugendlichen, den heutigen Wirtschaftsfragen genauso vorurteilsfrei zu begegnen wie dem Satz des Thales, der Schlacht bei Waterloo oder der Glocke von Schiller.
Ich habe die Hoffnung, daß trotz Internet und social media doch noch ein paar Bücher gelesen werden. Vielleicht auch dieses?
Für alle Eltern und Lehrer, die dieses Buch in die Hand bekommen, habe ich noch folgenden Hinweis:
Für den Fall, daß Sie für sich selbst auch Bedarf sehen, zu erfahren, worauf man beim Umgang mit Banken und Versicherungen achten sollte, habe ich am Ende des Buches noch zwei, hoffentlich für Sie werthaltige Nachworte (mit diversen Anhängen) beigefügt. Es handelt sich dabei zum Teil um verschiedene Arbeits- und Informationsblätter unserer Beratungs-Firma WBV Finanzservice-GmbH. (www.wbv-vogt.de)
WBV-Premiumkunden werden bestimmt beim Durchblättern das eine oder andere „Déjà-vu“ haben. Wir stellen ihnen solche Informationen nämlich immer wieder, in loser Folge, kostenfrei zur Verfügung, bzw. ins Netz.
Unter dem Motto „So wenig wie möglich Versicherungen aber so viel wie nötig“ berät und betreut meine Firma, seit 1972 Menschen jeden Alters und jeden Berufes. Mittlerweile führen zwei meiner Söhne die Geschäfte, so daß ich mich der „großflächigeren Aufklärung“ widmen kann.
Wir lassen Menschen „ruhig schlafen“, indem wir Ihnen die Sorgen nehmen, die heutzutage acht von zehn Erwachsenen umtreiben: „Habe ich alle notwendigen Versicherungen? Habe ich unnötige Verträge? Und die, die ich habe, sind das auch die preiswertesten? Ist die von mir erhoffte Leistung wirklich gegeben? Sind diese Abschlüsse auch alle zeitgemäß oder gibt es schon wieder Erweiterungen und Verbesserungen? Oder Verbilligungen?“
Liebe Leser, in unseren Büros arbeiten spezialisierte Mitarbeiter, die Sie im Rahmen eines (für unsere Premiumkunden) kostenfreien „Finanz-TÜVs“ zu allen diesen Fragen jährlich auf dem Laufenden halten. Scheuen Sie sich nicht, fachliche Hilfen und Unterstützung anzunehmen. Sie bauen sich in aller Regel ja auch nicht ihr Auto oder Fahrrad selbst.
Schlußbemerkung: (Scherzhaft gemeint) Unbestätigten Gerüchten zufolge (<en1>] soll es sogar noch mehr qualifizierte und vertrauenswürdigeMarktteilnehmer außer uns, geben. Hören Sie sich in Ihrem Umfeld um. Wichtig ist, daß Sie sich für jedes Gespräch genügend Zeit nehmen und solange nachfragen, bis Sie alles verstanden haben.
Dafür hat sich unsere Firma ins Firmenlogo geschrieben: „Wir nehmen uns Zeit für Ihre Fragen.“
Merke, es ist wie in der Schule: Es gibt keine dummen Fragen! Es gibt nur dumme Antworten. In diesem Sinne wünsche ich allen, auch den „Nur-Quer-und/oder-Nachwort-Lesern“, den größtmöglichen Nutzen aus den vorliegenden Informationen.
Ihr Karl Vogt
Hattenhofen, im Juli 2014
Inhaltsverzeichnis
Das Nachwort 1,
Peinlich berührt
Vorurteile leben länger?
Das Geschäftsmodel einer Bank
Das Geschäftsmodell der Versicherung
Das Nachwort 2,
mit den versprochenen Zugaben zum informierten Umgang mit Geld und Finanzen
Ihre Arbeitskraft_Ihr größtes Vermögen!
Versicherungsschutz für Geld und Besitz
Krankenversicherung!_Darauf sollten Sie viel mehr achten als auf den PREIS:
Was gibt es beim Geldanlegen schon zu lernen?
Was ist Rendite?
Was ist Risiko?
Das Märchen von der Staatsgarantie
Die inflationäre Niedrigzins-Enteignung durch den Staat.
Eine kurze Bemerkung zum GOLD:
Über das Anlagemedium Gold läßt sich trefflich streiten.
Ich persönlich liebe die Fragen ans „gelebte Leben“:
Zum Schluß laßt es Euch, (lassen Sie es sich ) gesagt sein:
Es ist nicht immer alles SO offensichtlich, wie es scheint!
„Aufwachen! Schule gehen! Tobbi! Sarah! Aufstehen!“ Mamas Stimme klang gnadenlos wie die eines Feldwebels aus dem 30-jährigen Krieg, falls es da schon Feldwebel gegeben hat. Tobbi stoppte mitten in der Drehbewegung mit der er sich eigentlich noch einmal umdrehen wollte und sprang aus dem Bett. Mit einem Satz war er an der Badezimmertüre. Heute mußte er vor Sarah drin sein. Für heute hatte Reli-Bauer einen „externen Fachmann“ für ein besonderes Wirtschaftsthema angekündigt. Das versprach interessant zu werden. Da er von seinem Vater durchaus vorbelastet war, interessierte er sich sehr für die wirtschaftlichen Fragen, die Reli-Bauer hin und wieder in seinen Unterricht einbaute.
Stefan Bauer, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war der Religionslehrer am Erich-Kästner-Gymnasium. Er stand mit seinen 64 Jahren kurz vor der Pensionierung und hatte die gesamte Entwicklung des modernen Religionsunterrichts mitgemacht. Jetzt war er von „der Obrigkeit“ verpflichtet worden, „Ethik-Unterricht“ zu geben. Da ihm klar war, daß man mit Uralt-Philosophen keinen Hund hinter dem Smartphone-Ofen vorlocken konnte, war er auf eine tolle Idee gekommen: Er nannte es „Lebensschulung“. Informationen, von denen er glaubte, daß gerade die heutige Generation nie genug bekommen könnte. Keine Google-Forschungen, sondern Selbstdenken. Das konnte sehr spannend sein. Und dazu gehörten eben auch ganz handfeste Informationen aus Politik und Wirtschaft. Von seinem Direktor hatte er dafür die Erlaubnis eingeholt, hin und wieder „echte Persönlichkeiten“ aus diesen Bereichen einzuladen um die Materie für die Schüler lebensnah zu gestalten. Diese dankten ihm sein Engagement mit einer Aufmerksamkeit, von der die Mathe- und Lateinlehrer nur träumen konnten.
Tobbi überschlug seinen Zeitplan. Mit seinem Rennrad würde er, normalen Verkehr vorausgesetzt, etwa 15 Minuten zur Schule unterwegs sein. Drei Minuten waschen und Zähneputzen, 5 Minuten Blitzfrühstück, doch, das mußte reichen, wenn es ihm gelang, vor Sarah im Bad zu sein. Diese beschlagnahmte nämlich jeden Morgen, weiß der Geier wofür, das einzige Badezimmer der Wertheims für mindestens 15 Minuten. Diese 15 Minuten würden ihm heute fehlen. Sarah fuhr nicht mit dem Rad zur Schule, weil sie, wie sie behauptete, dort nicht verschwitzt herumsitzen wollte. In Wahrheit dachte sie wohl eher an den Sitz ihrer Frisur, der durch Wind und Wetter leiden würde. Und: Da war ja auch noch Fritz Koller, der beste Freund ihres Bruders Tobbi, der immer den Platz neben sich im Bus für sie frei hielt.
Sarah war ein hübsches sechzehnjähriges Mädchen. Ihre langen brünetten Haare hatte sie meist in einem lockeren Knoten hoch gesteckt. Sie umrahmten ein gleichmäßiges Jungmädchengesicht mit großen braunen Augen. Ihre schlanke Figur mit den langen Beinen begann sichtlich zur Frau zu werden.
Tobias war durchaus stolz auf seine jüngere Schwester. Er selbst war das, was man einen durchtrainierten sportlichen Typ nennt. Er hatte die schwarzen Haare seiner Mutter und die großen braunen Augen seines Vaters geerbt, was ihn zum heimlichen Schwarm von mindestens der Hälfte aller Mädchen seiner Klasse machte. Vor allem Jenny machte kein Hehl daraus, daß sie sich gerne auch öfter und außerhalb der Schule mit Tobbi getroffen hätte. Aber dafür stand ihm derzeit nicht der Sinn, denn er hatte sich, vor 2 Jahren, bei seinem High-School-Aufenthalt in Amerika, in Spartanburg (South Carolina), unsterblich in Susan verliebt. Er hielt mit ihr ständigen E-Mail-Kontakt und wollte sie, nach bestandenem Abitur, so schnell wie möglich wieder besuchen und in die Arme nehmen. Aber davon später.
Im Moment stand der Run zum Badezimmer an. Gut, Sarahs Zimmer war noch geschlossen. Sie war also noch nicht aufgestanden. Zufrieden drückte er die Badezimmertür auf – das heißt, er wollte drücken. Die Tür war zu. „He!“ rief er an der Klinke rüttelnd. „Wer ist denn hier schon drin?“ „Na wer schon“, kam es von drinnen. „Der Hausbesitzer.“ „Och Mann, Big Boß“ ächzte Tobbi in einer leichten Mischung von Ärger und Resignation. „Du bist kein Hausbesitzer. Du bist ein Badbesetzer.“
Seit Tobbi seinen 18. Geburtstag hinter sich hatte, war er in der Anrede für seinen Vater zu einem durchaus liebe- und respektvollen „Big Boß“ übergegangen, weil ihm plötzlich die Anrede Papa oder Vater zu kindlich vorgekommen war. Für die Mutter hatte er den Begriff Mamutsch gefunden, der dann auch vom Rest der Familie gerne akzeptiert wurde. Der „Big Boß“ blieb für ihn reserviert. Tja, beim Spitznamen erfinden erwies sich Tobbi als sehr kreativ. Seine Schwester Sarah wurde zu SARS. Die fast schon hysterischen Presseberichte über die aus China eingeschleppte Krankheit mit dem sperrigen Namen „Schweres akutes Atemnotsyndrom“ lag einfach zu schön nah am Vorna-men von Sarah, als daß er auf diesen Scherz hätte verzichten wollen. Wer hatschon eine weltweit anerkannte Seuche zur Schwester - und darf sie auchnoch so benennen?
Dabei hatte Sarah ja noch Glück. Ihre kleine Schwester Sybille hatte sich einen noch lustigeren Namen selbst eingehandelt. Sie konnte als Kleinkind das schwierige Wort Sybille einfach nicht aussprechen und blieb kurzerhand bei „Pille“. Ab und zu feixte Tobbi, Mamutsch habe wohl dieselbe einmal vergessen, was der „Zwei-Kinder-Durchschnittsfamilie“ plötzlich das Prädikat „kinderreich“ eingebracht hätte. Vater meinte dazu scherzhaft, jetzt müßten sie aber doch besser aufpassen, denn ab dem vierten Kind gelte man in Deutschland als „asozial“.
Doch zurück zum besetzten Badezimmer. Mittlerweile war auch Sarah-SARS aus ihrem Zimmer aufgetaucht und forderte energisch dazu auf, die Stätte ihrer morgendlichen Verschönerung frei zu geben. „Jetzt geduldet Euch eben noch 2 Minuten“ lenkte Vater ein, „ich bin ja gleich fertig. Ich muß heute ausnahmsweise einmal schön sein. Ich habe einen wichtigen Termin.“ „So wichtig wie meiner kann der gar nicht sein“ murrte Tobbi und schubste gleichzeitig die sich vordrängende Sarah zurück. „Langsam, junge Dame, ich war heute zuerst da.“ Sarah gab zwar nach, knurrte aber, „wenn ich wegen Euch den Bus nicht kriege...“ Sie sprach die furchtbaren Konsequenzen gar nicht mehr aus, denn die Badezimmertür hatte sich geöffnet, ein frisch rasierter Vater war herausgetreten und Tobbi bereits hineingewitscht. Sarah trat von einem Bein aufs andere und sah im Geiste schon den Bus mit dem leeren Platz neben Stefan Koller Richtung Schule fahren. Aber sie hatte Glück. Tobbi war heute weniger an seinem Äußeren gelegen, als frisch und vor allem rechtzeitig in der Schule zu sein. Er kam in Rekordzeit wieder heraus und so schafften schließlich alle, die unter Termindruck standen, jeder für sich, rechtzeitig ihren Weg aus dem Haus. Die Mutter sah den Termin-Gestreßten kopfschüttelnd nach.
Vater fuhr in seinem Familien-Dienstwagen, Tobbi auf seinem Rennrad aus der vorvorherigen Saison (ein neueres Modell mit Bianchi-Carbon-Rahmen stand auf seiner Wunschliste ziemlich weit oben], und Sarah erreichte mit einem kleinen Zwischenspurt schließlich auch noch den freien Platz neben Stefan Koller.
„Was ist denn bei Euch heute geboten, daß Tobbi sich so aufführt?“ fragte sie Stefan noch leicht keuchend. „Na ja, das weiß ich auch nicht so genau“, meinte Stefan. „Reli-Bauer hat angekündigt, einen ganz besonderen Fachmann in Sachen Versicherungen eingeladen zu haben und du kennst ja Tobbi. Wenn er etwas Neues aus der Materie lernen kann, was Euer Vater vielleicht noch nicht weiß, dann ist er immer ganz spitz darauf.“ Sarah nickte grinsend und lehnte sich ganz „unauffällig“ an Stefans Schulter. „Du hast recht“, sagte sie, „aber ich glaube, das liegt auch daran, daß er mit Papa lernen und studieren will. Es gibt da so duale Studiengänge in dieser Versicherungsrichtung, und Papa müßte ihm ein Gehalt zahlen, womit er sich dann seine Wünsche leichter erfüllen könnte. Schließlich wartet eine Susan im fernen Amerika“, grinste sie und Stefan legte seinen Arm um sie und meinte, „na ein Glück, daß Du nicht auch nach Amerika willst.“ Sarah wurde leicht rot, aber das sah Stefan nicht, denn er konnte ja nicht über ihren Kopf an seiner Schulter hinweg in ihr Gesicht sehen. Über diesem lockeren Gespräch hatte der Bus die Schule erreicht und Stefan verabschiedete sich für die nächsten 5 Stunden und machte sich ebenfalls auf den Weg zu Reli-Bauer und seinem geheimnisvollen „Stargast“.
Die 15 Gymnasiasten, die zusammen die 13a des Erich-Kästner-Gymnasiums bildeten, standen noch in kleinen Grüppchen zusammen. Momentan lag allerdings der Schwerpunkt des Interesses weniger auf Versicherungsthemen als auf dem Ergebnis der samstäglichen „Fußballschlacht“ zwischen Bayern München und Borussia Dortmund. Es ging engagiert zur Sache. Dortmund hatte dieses Mal gewonnen und die Anhänger der Schwarz-Gelben“ ihren Lieblingssong angestimmt: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus, Lederhosen aus, Lederhosen aus. Zieht den Bayern...“
„Freunde der nackten Zahlen“, rief Tobbi gerade. Er war erklärter Bayern-Fan, und nicht nur, weil sein Vater einen BMW fuhr. „Schaut Euch die Tabelle an. Wieviel Punkte Vorsprung hat Bayern noch, trotz dieser einmaligen Niederlage?“ Der Spottgesang hörte jetzt zwar auf, aber überzeugt hatte er seine „Gegner“ natürlich noch lange nicht. Die Diskussion wollte gerade in die nächste Runde gehen, da trat Reli-Bauer herein. Er legte sein Notiz-Merkbuch auf das Pult und forderte die Schüler auf: „Liebe Gemeinde, jetzt nehmt erst einmal Platz. Unser Gast sucht gerade noch einen Parkplatz und wird jeden Moment hier sein. Ich hoffe, Ihr löchert ihn mit Fragen. Laßt mal alle eure wohlgepflegten Vorurteile raus. Ich bin sicher, wir werden heute gute Argumente pro und contra hören. Unser Gast kommt nämlich nicht aus einem Versicherungsvorstand, sondern prüft und vergleicht aus unabhängiger Sicht schon seit mehr als 30 Jahren die Angebote des deutschen Marktes. Er gehört zu den wenigen wirklich unabhängigen und neutralen Fachleuten in diesem Bereich.“ „Ganz wie mein Vater,“ dachte Tobbi, als die Türe nach kurzem Klopfen aufsprang und herein kam – sein Vater.
„Hallo erstmal“, sagte der lächelnd an die Klasse gewandt, „ich weiß ja nicht, ob ihr es wußtet... aber es ist schon sakrisch schwer, in dieser Gegend einen Parkplatz zu finden.“ Die Anspielung auf den langen Comedian Rüdiger Hoffman brachte die ersten in der Klasse schon ans Grinsen. Aha, da kam also einer, der war am Ball. Bis auf Stefan und Jenny hatten die anderen keine Ahnung, daß hier der Vater ihres Klassenkameraden Tobbi seinen Auftritt hatte.
Jetzt erst drehte der sich zum wartenden Reli-Bauer um, gab ihm, mit ebenfalls entschuldigenden Worten die Hand und fragte, „na, sind die Kandidaten bereit?“ Ich denke schon, sagte Herr Bauer und lies seinen Blick prüfend über die Klasse schweifen: Tobias Wertheim kämpfte sichtlich noch mit seiner Verblüffung, sein Sitznachbar, Stefan Koller ebenfalls, aber beim Rest seiner „Gemeinde“, wie er seine Schüler, in Anlehnung an das ehemalige Fach Religion gern nannte, war das Interesse, wie eigentlich immer, relativ gleichmäßig verteilt. Einige waren durchaus gespannt auf den „Fremden“, einer oder zwei schienen auch Interesse am angebotenen Thema zu haben, zwei, drei der Schüler lehnten sich mit sichtlich zur Schau getragenem Desinteresse mit verschränkten Armen zurück. „Ist ja doch nur so ein „Versicherungsfuzzi“ flüsterte der „schöne Anton“ seiner Banknachbarin zu, die sich bereits wieder ihrem Smartphone zugewandt hatte, in der Hoffnung, in der Zeit, in der sich „der da vorne“ einen ablaberte ihre Mails und SMS-en zu checken. Schließlich war sie jetzt bereits 15 Minuten ohne Verbindung zur Außenwelt gewesen. Aber die Ethikstunden bei Reli-Bauer waren immer sehr entspannt. Der stand nämlich auf dem Standpunkt, wenn die Politik schon Fächer schafft, in die man „freiwillig“ kommen kann, dann sollte es auch freiwillig bleiben, dort etwas zu lernen und für sein Leben mitzunehmen. Einige in dieser Klasse nahmen dieses Angebot dankbar an, die anderen genossen den „druckfreien“ Aufenthalt und beschäftigten sich derweil (wenigstens einigermaßen lautlos) mit ihren aktuellen elektronischen Begleitern. „Doch“, sagte Herr Bauer, „ich glaube, wir können starten.“
„Also, liebe Gemeinde, eröffnete er die offizielle Stunde, ich hatte Euch ja einen neutralen Fachmann aus dem Versicherungs- und Finanzgewerbe angekündigt, und da ist er nun: Herr Wertheim, ein freier Unternehmensberater für private Haushalte. Ich glaube so bezeichnen Sie sich und Ihre Tätigkeit, Herr Wertheim. Ist das richtig?“ „Das stimmt bis aufs letzte Komma“ nickte Tobbis Vater.
„Wertheim? Eh, der heißt ja wie Du,“ wandte sich die blonde Gabi vom Tisch hinter ihm an Tobias. „Kein Wunder,“ dreht sich Thomas zu ihr um, „er ist ja auch mein Vater.“ „Dein Daddy? Ja wie kraß ist das denn? Und Du hast nicht gewußt, daß der heute hier ist?“ Jetzt war auf einmal die ganze Klasse hellwach und betrachtete den Mann am Pult aufmerksam.
Der grinste und meinte dann: „Seht ihr, genau aus diesem Grund habe ich zu Hause nichts durchdringen lassen. Jetzt seid ihr wenigstens alle mal richtig da und ich werde mich sehr bemühen, meinen Sohn nicht zu sehr zu blamieren. Ich erzähle Euch heute ganz einfach von „CAKUBEPT“ und hoffe, dieser Ausdruck wandert nach der Stunde gleich auf die Notizseiten Eurer Handys, denn es lohnt sich, diesen Begriff nicht mehr zu vergessen.
“Was für ein Rezept?“ fragte der schöne Anton nach. „Eins zum Kacken“, feixte Siggi aus der hintersten Reihe, „hast Du doch gehört.“ „Kackrezept“. „Toll“. „Wie geht das?“ Herr Wertheim ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Wenn Ihr es euch so noch besser merken könnt, prima. Aber richtig schreiben müßt Ihr es schon, sonst hilft es Euch nach der Hochzeit nicht mehr viel.“
„Wieso nach der Hochzeit?“ fragte Jenny. Nun ja, Hochzeiten und Geburten von Kindern, das sind die Hauptanlässe“ ... „zum Kacken“, konnte sich der schöne Anton sein tolles Wortspiel nicht verkneifen. ... „zu denen Versicherungsvertreter und Bankverkäufer sich die Türe in die Hand geben, um Euch zu überzeugen, daß man auf keinen Fall ohne das besondere Startangebot der „Pfefferminzia-Versicherung“ glücklich leben oder ohne ein Knix-Sparbuch der „Allotria-Bank“ seine Kinder zu wertvollen Menschen erziehen könnte.“ „Wertvoll für wen“, fragte Norbert, „wertvoll für die Bank?“ „Du bist auf der Spur“, nickte Herr Wertheim. „Laßt mich mein „Kack-Rezept“ einfach mal mit Leben füllen, fuhr er mit einem Lächeln an die Witzbolde der Klasse fort.
Er begann die ominösen Buchstaben in großen Lettern untereinander an die Tafel zu schreiben.
Das nagelneue Kreidestück, das Herr Bauer ihm extra besorgt hatte, quietschte so durchdringend, daß es allen Anwesenden durch Mark und Bein ging. Ein zweites Mal war dem Vortragenden die Aufmerksamkeit aller gewiß und der Letzte im Raum war am Wegdösen gehindert. Wie ein routinierter Lehrer brach Herr Wertheim das große Kreidestück in drei handliche kleinere Teile, und schon quietschte nichts mehr. Die Buchstaben erschienen, einer nach dem andern, untereinander an der Tafel:
C
A
K
U
B
E
P
T.
„Also gut“, machte sich der schöne Anton wieder bemerkbar. Man schreibt kacken also mit C.“ „Jetzt ist es aber genug“, ging Reli-Bauer energisch dazwischen. Ich will doch hoffen, daß du deine anale Phase schon hinter dir hast, lieber Anton. Der schöne Anton zuckte etwas zurück. Er merkte wahrscheinlich selbst, daß diese Art Späßchen eigentlich nicht das Niveau eines Abiturienten hatten. „Is ja gut“, maulte er noch ein wenig, aber von da ab blieb der Begriff an der Tafel vor weiteren Fäkal-Angriffen verschont.