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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783746073361

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

  1. Die Entwicklung der germanischen Religion
  2. Lexikon der germanischen Religion
  3. Der ursprüngliche Göttervater Tyr
  4. Tyr in der Unterwelt: der Schmied Wieland
  5. Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1
  6. Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2
  7. Tyr in der Unterwelt: der Zwergenkönig
  8. Der Himmelswächter Heimdall
  9. Der Sommergott Baldur
  10. Der Meeresgott: Ägir, Hler und Njörd
  11. Der Eibengott Ullr
  12. Die Zwillingsgötter Alcis
  13. Der neue Göttervater Odin Teil 1
  14. Der neue Göttervater Odin Teil 2
  15. Der Fruchtbarkeitsgott Freyr
  16. Der Chaos-Gott Loki
  17. Der Donnergott Thor
  18. Der Priestergott Hönir
  19. Die Göttersöhne
  20. Die unbekannteren Götter
  21. Die Göttermutter Frigg
  22. Die Liebesgöttin: Freya und Menglöd
  23. Die Erdgöttinnen
  24. Die Korngöttin Sif
  25. Die Apfel-Göttin Idun
  26. Die Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel
  27. Die Meeres-Jenseitsgöttin Ran
  28. Die unbekannteren Jenseitsgöttinnen
  29. Die unbekannteren Göttinnen
  30. Die Nornen
  31. Die Walküren
  32. Die Zwerge
  33. Der Urriese Ymir
  34. Die Riesen
  35. Die Riesinnen
  36. Mythologische Wesen
  37. Mythologische Priester und Priesterinnen
  38. Sigurd/Siegfried
  39. Helden und Göttersöhne
  40. Die Symbolik der Vögel und Insekten
  41. Die Symbolik der Schlangen, Drachen und Ungeheuer
  42. Die Symbolik der Herdentiere
  43. Die Symbolik der Raubtiere
  44. Die Symbolik der Wassertiere und sonstigen Tiere
  45. Die Symbolik der Pflanzen
  46. Die Symbolik der Farben
  47. Die Symbolik der Zahlen
  48. Die Symbolik von Sonne, Mond und Sternen
  49. Das Jenseits
  50. Seelenvogel, Utiseta und Einweihung
  51. Wiederzeugung und Wiedergeburt
  52. Elemente der Kosmologie
  53. Der Weltenbaum
  54. Die Symbolik der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten
  55. Mythologische Motive
  56. Der Tempel
  57. Die Einrichtung des Tempels
  58. Priesterin – Seherin – Zauberin – Hexe
  59. Priester – Seher – Zauberer
  60. Rituelle Kleidung und Schmuck
  61. Skalden und Skaldinnen
  62. Kriegerinnen und Ekstase-Krieger
  63. Die Symbolik der Körperteile
  64. Magie und Ritual
  65. Gestaltwandlungen
  66. Magische Waffen
  67. Magische Werkzeuge und Gegenstände
  68. Zaubersprüche
  69. Göttermet
  70. Zaubertränke
  71. Träume, Omen und Orakel
  72. Runen
  73. Sozial-religiöse Rituale
  74. Weisheiten und Sprichworte
  75. Kenningar
  76. Rätsel
  77. Die vollständige Edda des Snorri Sturluson
  78. Frühe Skaldenlieder
  79. Mythologische Sagas
  80. Hymnen an die germanischen Götter

Inhaltsverzeichnis

  1. Freya in der germanischen Überlieferung
    1. Der Name „Freya“
      1. Altnordisch und Germanisch
      2. Indogermanisch
      3. Die Bezeichnung „Freitag“
      4. Heimskringla
      5. Zusammenfassung
    2. Die Beinamen der Freya
      1. Heimskringla
      2. Gylfis Vision
      3. Skaldskaparmal
      4. Thorsdrapa
      5. Nafnathulur
      6. Gesta danorum
      7. Hymir-Lied
      8. Harbard-Lied
      9. Zusammenfassung
    3. Freya die Wanengöttin
      1. Die Familie der Wanen
      2. Die Bezeichnung „Wanen“
      3. Skaldskaparmal
      4. Heimskringla
      5. Gylfis Vision
      6. Gylfis Vision
      7. Skaldskaparmal
      8. Gylfis Vision
      9. Heimskringla
      10. Gylfis Vision
      11. Lokasenna
      12. Skaldskaparmal
      13. Gylfis Vision
      14. Oddruns Klage
      15. Die Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
      16. Zusammenfassung
    4. Freyas Halle
      1. Grimnir-Lied
      2. Gylfis Vision
      3. Skaldskaparmal
      4. Die Saga über Egil Skallagrimson
      5. Zusammenfassung
    5. Freyas Katzen
      1. Skaldskaparmal
      2. Gylfis Vision
      3. Gylfis Vision
      4. Die Saga über Halfdan Eysteinsson
      5. Islendingarbok
      6. Zusammenfassung
    6. Freyas Eber
      1. Hyndla-Lied
      2. Beowulf-Epos
      3. Eber-Helm der Angelsachsen
      4. Eber-Helm der Angelsachen aus Sutton Hoo
      5. Eber-Kultgefäße
      6. Die Eber-Reiterin
      7. Zusammenfassung
    7. Freya und das Falkenhemd
      1. Skaldskaparmal
      2. Haustlöng
      3. Thrym-Lied
      4. Thor von Haffsgard
      5. Skaldskaparmal
      6. Völsungen-Saga
      7. Zusammenfassung
    8. Freyas Halsreif Brisingamen
      1. Gylfis Vision
      2. Skaldskaparmal
      3. Saga über Hedin und Högni
      4. Skaldskaparmal
      5. Huldar-Saga
      6. Husdrapa
      7. Skaldskaparmal
      8. Gesta danorum
      9. Skaldskaparmal
      10. Ragnarsdrapa
      11. Odins Rabenzauber
      12. Beowulf-Epos
      13. Brakteaten
      14. Gylfis Vision
      15. Nafnathulur
      16. Skaldskaparmal
      17. Zusammenfassung
    9. Freya und Menglöd/Menja
      1. Der Name „Menglöd“
      2. Das Zauberlied der Groa
      3. Das Fiölswin-Lied
      4. Hrolf Kraki und seine Berserker
      5. Merseburger Zaubersprüche
      6. Freya, Menglöd und Menja
      7. Skaldskaparmal
      8. Das Grotti-Lied
      9. Skaldskaparmal
      10. Skaldskaparmal
      11. Groas Zaubergesang
      12. Skaldskaparmal
      13. Die Saga über Orm den Starken Storolf-Sohn
      14. Huldar-Saga
      15. Haleygjatal
      16. Menglöd und Mangold
      17. Zusammenfassung
    10. Freya und Thrudr
      1. Ragnarsdrapa
      2. Thorsdrapa
      3. Zusammenfassung
    11. Freya und die Walküren
      1. Zusammenfassung des Bandes 31 „Walküren“
      2. Die Geschichte über Norna-Gest
      3. Sigdrifa-Lied
      4. Zusammenfassung
    12. Freya und die Riesen
      1. Thrym-Lied / Thor von Haffsgard
      2. Gylfis Vision
      3. Skaldskaparmal
      4. Die Thiazi-Mythe
      5. Zusammenfassung
    13. Freya und der Göttermet
      1. König Half und seine Helden
      2. Die Saga über Bosi und Herraud
      3. Heimskringla
      4. Zusammenfassung
    14. Wiederzeugung und Wiedergeburt
    15. Freya-Statuetten
      1. Das Freya-Amulett von Hagebyhöga
      2. Die Frauenfigur von Revninge
      3. Das Amulett von Lille Soelv
      4. Das Frauenamulett von Tissö
      5. Die Frauen-Statuette von Elkidstrup
      6. Die Statuette von Viborg
      7. Das Amulett von Tuna
      8. Vier Frauen-Statuetten aus Schweden
      9. Messer mit als Frau gestaltetem Griff aus Itzehoe
      10. Statuetten eines Mannes und einer Frau aus dem Braak-Moor
      11. Statuetten eines Mannes und einer Frau aus dem Witte-Moor
      12. Bild eines Mannes und einer Frau aus Gentofte
      13. Brakteat 1
      14. Brakteat 2
      15. Brakteat 3
      16. Brakteat 4
      17. Brakteat 5
      18. Brakteat 6
      19. Zusammenfassung
    16. Der Kult der Freya
      1. Hyndla-Lied
      2. Die Saga über Bosi und Herraud
      3. Die Saga über Thorstein Viking-Sohn
      4. Die Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen
      5. Die Saga über Hervor und König Heidrek den Weisen
      6. Zusammenfassung
    17. Kenningar
    18. „Freya“ in Personennamen
    19. „Freya“ in Ortsnamen
    20. „Freya“ in Pflanzennamen
    21. „Freya“ in Sternennamen
    22. Freya im Brauchtum
      1. Der Stab der Seherin
      2. Die Fruchtbarkeitsgöttin Freya
      3. Das Wetterleuchten der Freya
      4. Freya und Idun
      5. Der Pflug der Gefion
      6. Die dänische Nationalhymne
      7. Zusammenfassung
    23. Freya in Zaubersprüchen
      1. Die Saga über Bosi und Herraud
      2. „Zauberspruch, um eine Frau zum Schweigen zu bringen“
      3. „Pfurz-Runen“
      4. Zusammenfassung
    24. Am Übergang zum Christentum
      1. Die Saga über Hallfredr Ärger-Skalde
      2. Die Saga über Hallfredr Ärger-Skalde
      3. Isländer-Buch
      4. Zusammenfassung
    25. Freya in den Märchen der Gebrüder Grimm
      1. Schneewittchen und die sieben Zwerge
      2. Rapunzel
      3. Die Jenseitsgöttin
      4. Das Jenseitstor
      5. Die Jenseitsreise
      6. Der Seelenvogel
      7. Die Katzen der Freya
      8. Aschenputtel
      9. Der Wolf als Jenseitsführer
      10. Der Schamane
      11. Die Waberlohe
      12. Die Wiederzeugung
      13. Zusammenfassung
    26. Frühe Überlieferungen
      1. Germania
      2. Origo gentis langobardorum
      3. Historia langobardorum
      4. Indiculus superstitionum et paganiarum
      5. Canon episcopi
      6. Historia Regum Britanniae
      7. Zusammenfassung
    27. Jakob Grimm
      1. Jacob Grimm: Deutsche Mythologie
      2. Zusammenfassung
    28. Freya und Frigg
    29. Zusammenfassung
  2. Freya in der indogermanischen Überlieferung
    1. Freya bei den West-Indogermanen
      1. Freya bei den Kelten
      2. Freya bei den Römern
      3. Freya bei den Kelto-Romanen
      4. Freya bei den Germanen
      5. Freya bei den Germano-Romanen
      6. Freya bei den Slawen
      7. Freya bei den Balten
      8. Freya bei den Balto-Slawen
      9. Freya bei den West-Indogermanen
    2. Freya bei den Süd-Indogermanen
      1. Freya bei den Hethitern
      2. Freya bei den Lydern
      3. Freya bei den Süd-Indogermanen
    3. Freya bei den Ost-Indogermanen
      1. Freya bei den Persern
      2. Freya bei den Indern
      3. Freya bei den Indo-Persern
      4. Freya bei den Armeniern
      5. Freya bei den Armeno-Indern
      6. Freya bei den Skythen
      7. Freya bei den Skytho-Indern
      8. Freya bei den Griechen
      9. Freya bei den Thrakern
      10. Freya bei den Gräko-Thrakern
      11. Freya bei den Ost-Indogermanen
    4. Freya bei den Indogermanen
  3. Freya in der jungsteinzeitlichen Überlieferung
    1. Freya bei den Mittel-Völkern
      1. Freya bei den Sumerern und Bayloniern
    2. Freya bei den Süd-Völkern
      1. Freya bei den Semiten
    3. Freya bei den Südost-Völkern
      1. Freya bei den Ägyptern
    4. Freya bei den West-Völkern
      1. Freya auf Kreta
    5. Freya bei den Nord-Völkern
      1. Indogermanen
    6. Freya bei den Ost-Völkern
      1. Freya bei den Elamitern
      2. Freya bei den Bewohnern von Harappa
    7. Freya bei den frühen Völkern
      1. Freya bei den Jägern von Göbekli Tepe
      2. Freya bei den Jägern von Nevali Cori
      3. Freya bei den Bauern von Çatal Höyük
      4. Zusammenfassung
  4. Freya in der altsteinzeitlichen Überlieferung
  5. Die Biographie der Freya
    1. Vorgeschichte
      1. Einzeller
      2. Sexualität I
      3. Tod
      4. Sexualität II
      5. Astralreise
    2. Menschen
      1. Säugetiere
      2. Menschen
    3. Altsteinzeit
      1. Jagdzauber
      2. Schwitzhütten
      3. Zeugungsfest
      4. Seele, Jenseits und Wiedergeburt
      5. Die Sonne
      6. Bestattungen
      7. Zahlen
      8. Vogelstäbe
    4. Mittelsteinzeit
      1. Frauenstatuetten
      2. Höhlenmalereien
      3. weitere religiöse Vorstellungen
    5. Jungsteinzeit
      1. Göbekli Tepe
      2. Jericho
      3. Ackerbau
      4. Çatal Höyük
    6. Die Indogermanen
      1. Die Indogermanen
      2. Die West-Indogermanen
      3. Die Kelto-Germanen
    7. Die Germanen
      1. Die Germanen
      2. Die Südgermanen
      3. Odin wird zum Göttervater der Nordgermanen
      4. Die Edda
    8. Neue Epoche
  6. Das Aussehen der Freya
  7. Wege zu Freya
  8. Hymne an Freya
    1. Im Tempel der Freya
    2. Die Statue der Freya
    3. Die Besitzerin des Brisingamen
    4. Die Göttin der goldenen Tränen
    5. Die Jenseitsgöttin
    6. Die Geliebte im Jenseits
    7. Die Mutter der Toten
    8. Die Amme der Toten
    9. Die Göttin der Liebe
    10. Die Göttin der Geburten
    11. Die Göttin des Wetters
    12. Die Göttin der Mahlsteine
    13. Die Göttin des Herdfeuers
    14. Die Seherin
    15. Die Heilerin
    16. Die Helferin
    17. Die Göttin der Pflanzen
    18. Die Zauberin
    19. Die Norne
    20. Die Walküre
    21. Die Kriegerin
    22. Die Riesin
    23. Die Göttin mit dem Katzenwagen
    24. Die Familie der Wanen
    25. Freyas Halle
    26. Die Eber-Reiterin
    27. Die Große Kuh
    28. Die Weiße Hindin
    29. Die Mächtige Stute
    30. Die zauberkundige Sau
    31. Die fruchtbare Ziege
    32. Das Weiße Schaf
    33. Die Göttin der Seelenvögel
    34. Freyas Erinnerungen
    35. Die Sonnenmutter
    36. Tyr und Loki
    37. Die Meeresgöttin
    38. Die Robben-Göttin
    39. Die Suche nach Odhr
    40. Idun
    41. Gefion
    42. Hel
    43. Die Spindel am Himmel
    44. Die listige Göttin
    45. Freya und Frigg
    46. Weltenbaum und Hügelgrab
    47. Freyas Vision
    48. Christentum
    49. Sagas
    50. Hexen
    51. Märchen
    52. Frauen
    53. Kult
    54. Männer
    55. Wirklichkeit
    56. Weisheit
    57. Frau und Mann
    58. Vefreya
  9. Traumreise zu Freya
    1. Traumreise zu Freya
    2. Traumreise zu den „Großen Göttinnen“
  10. Freya heute

I Freya in der germanischen Überlieferung

I 1. Der Name „Freya“

Der Göttinnenname „Freya“ wird oft auch „Freyja“ und manchmal auch „Freyia“ geschrieben.

Er bedeutete im Altnordischen „Frau“ im Sinne von „freie Frau“ oder „Herrin“. „Freya“ ist die weibliche Entsprechung zu dem männlichen „Freyr“ für „Herr“.

Die Herkunft dieser beiden Gottesnamen ist ausführlich in dem Band 15 über den Gott Freyr beschrieben worden. Die folgende Darstellung ist nur eine kurze Übersicht über die Entwicklung der Götternamen „Freya“ und „Freyr“.

Diese beiden Namen lassen sich bis in die indogermanische Sprache und noch weiter zurückverfolgen.

I 1. a) Altnordisch und Germanisch

Im Altnordischen und im Germanischen sind mit den Namen „Freya“ und „Freyr“ mehrere Worte verwandt:

Die Wortfamilie „Freya“
germanisch altnordisch Bedeutung
fri frijan lieben
fraea helfen
frijathwae fraeja Liebe
friudilaz fridill Geliebter, Gatte, Freyr
friudila (Geliebte) fridila, frilla Geliebte, Gattin
frijae (Gattin) Freya Freya
húsfreyja Hausherrin
frijaend Freund
fraewe frouva Frau
frijaen friols frei
fro-samr fruchtbar
frae Samen
frjova befruchten
froeda Sperma
fraehals frelsi Freiheit
frithu fridar Frieden
fregji fraegd Ruhm
fregi (Wissen) frod Weisheit
froedi Zaubersprüche
fridandi gut
frida verehren
? freykja Spuk, Geist
fraeda frid Schönheit

Wenn man alle Bedeutungen der Wortfamilie, zu der die Namen der beiden Gottheiten „Freya“ und „Freyr“ gehören, zusammenfaßt, ergibt sich ein erstes Bild dieser beiden Gottheiten, das nicht auf ihren Mythen, sondern auf den sprachlichen Assoziationen der Germanen zu diesen beiden Namen beruht:

Freya und Freyr sind das hilfsbereite Friedens-Herrscherpaar und die den Frieden liebenden Beschützer der Menschen und ihrer Verwandten, also der Sippe. Sie sind die Göttin und der Gott der Fruchtbarkeit, der Zeugungskraft und der Liebe und daher auch die Beschützer der Liebenden. Sie sind auch die Gottheiten der Ahnen.

Freya und Freyr werden verehrt, weil sie die Freiheit derjenigen Menschen bewahren, die diese beiden Gottheiten verehren. Sie sind die guten Gottheiten der Weisheit, der Schönheit und der inneren und der äußeren Harmonie. Für diese Qualitäten werden sie weithin gerühmt.

I 1. b) Indogermanisch

Die indogermanische Wurzel der Wortfamilie, zu der der Göttinnenname „Freya“ gehört, ist das Wort „per“ für „Haus“. Dieses Wort ist möglicherweise schon sehr alt und könnte noch von den ersten Ackerbauern in Mesopotamien um ca. 10.000 v.Chr. stammen, da sich dieses Wort mit derselben Bedeutung auch im Altägyptischen findet („Pharao“ = „per-aa“ = „Großes Haus“ im Sinne von „Regierungssitz“ – so wie man heute vom „Weißen Haus“ oder vom „Kreml“ spricht).

Von der nostratischen Sprache, die von den frühen Ackerbauern in Mesopotamien gesprochen worden ist und in der das „Haus“ die Bezeichnung „per“ hatte, stammen sowohl die indogermanische Sprache als auch das Altägyptische sowie das Semitische, Babylonische, Kretische, Elamische und noch einige andere Sprachen ab.

Ein „priheh“ ist bei den ursprünglichen Indogermanen, die zwischen 7000 v.Chr. und 2800 v.Chr. in der Steppe nördlich des Schwarzen Meeres gelebt und sich hauptsächlich von der Viehzucht ernährt haben, jemand gewesen, der zu dem eigenen Haus („per“), also zu dem eigenen Haushalt und somit zu der eigenen Sippe gehörte: ein Verwandter.

Schon bei den Indogermanen hat diese Bezeichnung für die „Verwandten“ auch die Bedeutung „Geliebter, Ehemann“ und „Geliebte, Ehefrau“ („priheh“) erhalten – diese Liebe zwischen den Menschen bezog sich anfangs offensichtlich vor allem auf den Sippenzusammenhalt.

Schon bei den Indogermanen hat sich von diesem Wort die Nebenform „parikeh“ mit der Bedeutung „Nebenfrau, Hure“ gebildet.

Es gab bei der Wortfamilie um „priheh“ auch eine deutliche Assoziation zum Besitz, denn „prihos“ hatte sowohl die Bedeutung „das, was man liebt“ als auch „das Eigene“ und „das, was einem gehört“.

Vermutlich gab es bei dieser Wortfamilie auch schon eine Assoziation zu der Zeugung und der Fruchtbarkeit, da es auch das Wort „prehktos“ gegeben hat, daß „Anus, Genitalien“ bedeutet hat und sich im Altgriechischen als „proktos“ und im Armenischen als „erastank“ erhalten hat. Diese Bedeutung hat sicherlich auch bei der Entstehung des Substantivs „parikeh“ für „Nebenfrau, Hure“ mitgewirkt.

Es ist denkbar, daß es bei den Indogermanen auch schon erste Ansätze dazu gegeben hat, aus „priheh“ den Beinamen eines Gottes oder Ahnen bzw. einer Göttin oder Ahnin zu machen. Das mythologische Motiv, mit dem diese Gottheiten in Zusammenhang gestanden haben werden, ist die Wiederzeugung, die der Wiedergeburt der Toten durch die Muttergöttin im Jenseits vorausging. Bei dieser Wiederzeugung war die Muttergöttin die Geliebte des Toten im Jenseits.

Dieses Motiv wird die Wurzel der beiden germanischen Götternamen „Freya“ und „Freyr“ sein – Freya ist die Wiederzeugungs-Geliebte und die Wiedergeburts-Mutter, während Freyr das Urbild des sich wiederzeugenden Toten bzw. Gottes ist, der dann anschließend von der Göttin wiedergeboren wird (siehe dazu auch den Band 51).

Bei dem indogermanischen „priheh“ finden sich somit schon mehrere der Eigenschaften der beiden germanischen Gottheiten Freya und Freyr: die enge Verwandtschafts-Bindung, die Liebe, der Geliebte, die Geliebte, die Zeugungskraft und die Fruchtbarkeit.

Die Assoziationen „Herr, Weisheit, Frieden, Freiheit und Ruhm“ scheinen somit Eigenschaften sein, die sich erst später im Charakter der beiden Gottheiten Freya und Freyr herausgebildet haben. Sie werden allerdings auch schon bei den frühen Indogermanen wesentliche Qualitäten dargestellt haben.

Vermutlich werden diese Eigenschaften umso mehr mit „priheh“ verbunden worden sein, umso mehr sich die Bedeutung des „priheh“ von „Geliebte“ zu „Geliebte-Aspekt der Wiedergeburts-Göttin im Jenseits“ verschoben hat: Der Fürst war sowohl bei seiner Krönung (die im Wesentlichen eine Jenseitsreise gewesen ist) als auch während seiner Herrschaftszeit (Schutz seiner Herrschaft) und natürlich auch bei seiner Bestattung während seiner Wiederzeugung, die seiner Wiedergeburt im Jenseits vorausging, der „Geliebte der Muttergöttin im Jenseits“.

Der Göttinnenname „Freya“ ist aus dem früh-jungsteinzeitlichen Substantiv „per“ für „Haus“ entstanden und bedeutete zunächst „Frau, die im selben Haus wohnt“, d.h. „Frau aus der eigenen Sippe“. Daraus entstanden dann die Bedeutungen „Freie“, „Geliebte“, „Weise“, „Herrin“ usw. und schließlich der Göttinnenname „Freya“.

I 1. c) Die Bezeichnung „Freitag“

Der Freitag, der bei den Römern der Venus geweiht war, wurde von den Germanen mit „Freya-Tag“ übersetzt. Freya ähnelt von ihrem Wesen her folglich der römischen Venus bzw. der ihr entsprechenden griechischen Aphrodite.

Freya entspricht Venus und Aphrodite.

I 1. d) Heimskringla

Schon Snorri Sturluson, der Verfasser der Prosa-Edda und der Heimskringla, hat den ethymologischen Zusammenhang zwischen „Freya“ und „Frau“ erkannt.

Snorri schwankt in seiner Schrift „Heimskringla“, in der er über die norwegischen Könige berichtet, zwischen der früheren Auffassung der Asen als Götter und der damals modernen christlichen Auffassung der Götter als Könige der Vorzeit.

Freya war die einzige der Gottheiten, die noch übriggeblieben war. Daher wurde sie so sehr verehrt, daß alle vornehmen Weiber mit ihrem Namen bezeichnet wurden wodurch der Titel „Frau“ entstand. Daher wird jedes Weib „Frau“, d.h. „Herrin über ihren Besitz“ genannt und die Gattin wird als „Frau des Hauses“ bezeichnet.

Snorri leitet stets die Worte in seiner Sprache von den Namen der Gottheiten ab. Dieser Vorgang wird jedoch umgekehrt abgelaufen sein: Die Namen der Gottheiten sind aus umschreibenden Beinamen, die sich auf die Eigenschaften der Gottheiten bezogen haben, entstanden.

I 1. e) Zusammenfassung

Der Name der Göttin Freya bedeutete ursprünglich „die zu dem eigenen Haus gehört“, also „Sippenmitglied, Verwandte“ – auf indogermanisch „Priheh“. Diese Bedeutung verschob sich über „Geliebte“, „Freie“ und „Herrin“ bis hin zu der allgemeinen Bezeichnung für „Frau“.

Aus der Bedeutung „Geliebte“ des Wortes „Priheh“ wurde der Name für die Jenseitsgöttin als der Wiederzeugungs-Geliebten der Toten („Freya“) und auch des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr bei der Wiederzeugung („Freyr“), die seiner Wiedergeburt durch die Göttin vorausging.

Schließlich wurde „Freya“ bei den Germanen zu dem wichtigsten Namen der Göttin.

I 2. Die Beinamen der Freya

Die Beinamen der Götter und Göttinnen sind oft eine wertvolle Quelle für das Erfassen ihres Charakters, da sich diese Beinamen in vielen Fällen auf die wesentlichen Eigenschaften und Mythen der betreffenden Gottheit beziehen.

I 2. a) Heimskringla

„Freya“ war nicht der einzige Name der Göttin. Die Vielzahl der Namen der Freya wird von Snorri u.a. in seinem Geschichtswerk „Heimskringla“ („Erdkreis“) erwähnt:

Freya hatte auch noch viele andere Namen.

I 2. b) Gylfis Vision

Einige der Beinamen der Freya werden in der Vision des Königs Gylfi aufgezählt:

Sie heißt Mardöll, Hörn, Gefn und Syr.

Diese vier Beinamen der Freya haben folgende Bedeutungen:

- „Mardöll“: Dieser Name setzt sich aus „mar“ für „Meer“ und „döll“ für „Tag“ oder „dalr“ für „Tag“ zusammen. Freya-Mardöll wäre dann entweder der „Meer-Tag“ oder das „Meer-Tal“.

Der zweite Teil dieses Namens („-dall“) könnte mit dem Tagesgott „Delling“ oder dem Namen des Gottes „Heimdall“ identisch sein. „Mardöll“ wäre dann das „Meer des Delling/Heimdall“.

Da es das Bild einer Wasserunterwelt gab und sowohl Delling als auch Heimdall mit der Sonne bzw. dem Sonnengott-Göttervater verbunden gewesen sind, könnte sich der Name „Mardöll“ auf das Motiv des Unterwelt-Meeres, aus dem die Sonne des Morgens zurückkehrt, beziehen. Freya als Mardöll wäre dann die Jenseitsgöttin gewesen, die am Morgen bzw. im Frühjahr den Sonnengott-Göttervater wiedergebiert – die Sonnenmutter.

Wenn man „Mardöll“ als „Meeres-Tag“ deutet, wäre Freya-Mardöll die Göttin, die die Sonne am Morgen aus der Wasserunterwelt aufsteigen läßt. Wenn man „Mardöll“ als „Meeres-Tal“ deutet, wäre die Tiefe des Meeres, d.h. die Wasserunterwelt gemeint.

Die Auffassung der Freya als der Frau des Odin ist wahrscheinlich erst um 500 n.Chr. entstaden, als Thor und Odin den ehemaligen nordgermanischen Göttervater abgesetzt haben und Odin an die Stelle des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr getreten ist und dabei dessen Frau (die Jenseitsgöttin Freya) übernommen hat.

- „Hörn“: Möglicherweise ist ein (Trink-)Horn gemeint. Dann würde dieser Name auf Freya, Gunnlöd, die Walküren u.a. hinweisen, die den Toten im Jenseits den Göttermet reichen. Auch dieser Beiname wäre dann eine Bezeichnung der Freya als Totengöttin.

Das Trinken des Göttermets ist bei den Indogermanen an die Stelle des Wiederstillens durch die Göttin nach der Wiedergeburt getreten. Schließlich hat das Trinken dieses Ritualtranks die Symbolik der Wiedergeburt übernommen und ist zum Unsterblichkeitstrank geworden: der Met der Germanen und Kelten, das Nektar ambrosia („Unsterblichkeitstrank“) der Griechen, das Soma amrita („ Unsterblichkeitstrank“) und das Haoma der Perser.

Der Freya-Beiname „Hörn“ bezieht sich wie ihr Beiname „Mardöll“ auf die Wiedergeburt.

Es gab in Schweden zwei Orte, die diesen Göttinnennamen enthalten: Härnevi und Järnevi, die beide „Tempel der Hörn“ bedeuten. „Hörn“ muß also ein wichtiger Beiname der Freya gewesen sein. Dazu paßt, daß in einigen Sagas rituelle Trinkhörner beschrieben werden, die eine wichtige Rolle spielen („Die Saga über Sturlaug den Mühen-Beladenen“, „Die Saga über Thorstein Viking-Sohn“, „Die Saga über Thorstein Haus-Macht“ u.a.), und daß sehr aufwendig hergestellte Trinkhörner aus Gold gefunden worden sind (Goldhörner von Gallehus).

Möglicherweise ist „Hörn“ aber auch als „Gehörnte“ aufzufassen – dann würde er Freya als die Urkuh oder als die Ziege Heidrun bezeichnen, die beides die Gestalt der Göttin bei der Wiederzeugung, der Wiedergeburt und dem Wiederstillen sind.

- „Gefn“: Dies ist Variante von „Gefion“, was „Geberin“ bedeutet und schon bei den germanisch-keltisch-römischen Matronen einer der wichtigsten Namen der alle Dinge in Fülle spendenden Göttin gewesen ist.

- „Syr“: Dieser Name bedeutet „Schwein“ und bezieht sich sowohl auf das Reittier der Göttin Freya als auch auf das Schwein als Opfertier bei den Bestattungen. Der Ursprung dieses Motivs ist die Vorstellung, daß die Jenseitsgöttin und der Tote bei der Wiederzeugung die Gestalt von zwei Herdentieren annehmen, um ihre Fruchtbarkeit bzw. ihre Zeugungskraft abzusichern – sie wurden daher zu Stier und Kuh, Hirsch und Hindin, Hengst und Stute, Keiler und Bache, Eber und Sau, Widder und Schaf, Ziegenbock und Ziege usw. (siehe dazu auch die Bände 42 und 51).

I 2. c) Skaldskaparmal

In Snorri Sturlusons Skaldenkunst-Lehrbuch finden sich ebenfalls einige Beinamen der Freya, von denen „Syr“ auch in „Gylfis Vision“ erwähnt wird:

- „Vanadis“: „Wanen-Göttin“

- „Valfreya“: „Wiedergeburtsgöttin der Gefallenen“

- „Thröng“, „Thrungva“: Dieser Name bedeutet „Enge, Gedränge“. Möglicherweise ist damit die Enge im Grab oder in der Unterwelt gemeint, aber die Deutung dieses Namens ist unklar. Es wäre auch denkbar, daß die Germanen bei dem Namen „Thröng“ an den engen Eingang in die Unterwelt gedacht haben ist. Der Begriff könnte evtl. auch eine Umschreibung für Freyas Schoß sein, der alle Seelen im Jenseits wiedergebiert.

Es könnte schließlich auch noch das Kampfgedränge in einer Schlacht gemeint sein, wodurch Freya als Walküre bezeichnet werden würde.

I 2. d) Thorsdrapa

Der Beiname „Thröng“ muß schon recht alt sein, da er auch schon in dem um ca. 985 n.Chr. von dem Skalden Eilifir Godrunason verfaßten „Loblied für Thor“ benutzt worden ist:

Thröngs alter Freund

Mit dieser Umschreibung ist der Gott Thor gemeint. Über diese Freundschaft zwischen Freya und Thor ist ansonsten nichts bekannt. Da man davon ausgehen kann, daß den damaligen Zuhörern des Skalden Eilifir diese Anspielung auf Thor und Freya sofort verständlich gewesen sein wird, muß diesem Motiv eine allgemein bekannte Mythe zugrundegelegen haben. Es wäre denkbar, daß es sich um eine Wiederzeugungs- und Wiedergeburtsmythe des Thor gehandelt hat, da sicherlich auch Thor zu den Liebhabern der Freya zählen wird, wenn Loki in der Lokasenna von „allen Asen“ als den Geliebten der Freya spricht.

I 2. e) Nafnathulur

Auch in diesen Namens-Listen, die Snorri seinem Skaldenkunst-Lehrbuch beigefügt hat, erscheinen einige Beinamen der Freya. Von ihnen sind „Gefn“, „Hörn“, „Mardöll“, „Syr“ und „Thrungva“ bereits erwähnt worden.

Namen der Freya:

Freya weinte

Gold(-Tränen) für Odi.

Ihre Namen sind

Hörn und Thrungva,

Syr, Skjalf und Gefn

und auch Mardöll.

Ihre Töchter heißen

Hnoss und Görsemi.

- „Hörn“ erscheint in diesen Listen sowohl als Beiname der Freya als auch als Name einer Troll-Frau. Da Trolle und Riesen und „Götter im Jenseits“ praktisch identisch miteinander waren, könnte „Hörn“ hier statt als Göttin (Freya) oder Riesin (Gunnlöd) als Trollfrau aufgefaßt worden sein – alle drei Wesen sind dieselbe Gestalt: die Mutter der Wiedergeburt im Jenseits.

In dieser Thulur-Liste erscheint nur ein einziger ansonsten nicht erwähnter Name:

- „Skjalf“ bedeutet „Schüttlerin, Zitternde“. In der Heimskringla trägt auch ein finnischer König diesen Namen, wobei die Könige der Finnen oft Saga-Varianten des Tyr und Jenseits sind.

Vermutlich ist mit „Skialf“ eine Schäre bzw. ein Schelf gemeint, also eine bei Flut von Wasser bedeckte Insel – dann wäre mit „Skjalf“ die Jenseitsinsel gemeint. Das „Zittern“ einer Schelf-Insel ist der ständige Wechsel von „überfluteter Insel“ und „trockenliegender Insel“.

Diese Deutung paßt auch gut zu dem Finnenkönig Skialf, der evtl. eine Saga-Vaiante des Tyr im Jenseits ist, und zum anderen stimmt diese Deutung auch gut mit den beiden Namen „Walaksialf“ („Toteninsel“) und „Hlidskialf“ („Totentor-Insel“) der Jenseitsinsel, zu der der ehemalige Sonnengott-Göttervaters am Abend gelangt, überein.

Freya ist somit die „Göttin auf der Jenseitsinsel“ oder die „JenseitsinselGöttin“. Auf dieser Insel trifft der Abendsonnen-Gott Tyr die Göttin Freya, die dann seine Wiederzeugungs-Geliebte ist und am Morgen dann zu seiner Wiedergeburts-Mutter wird. Der neugeborene Tyr ist am Morgen „eine Nacht alt“ wie es in den Mythen des Wali heißt (siehe „Wali“ in Band 19).

I 2. f) Gesta danorum

Die Erzählung über Syrita und Ottar in der „Geschichte der Dänen“ könnte dieselben Wurzeln wie die Mythe über Freya und Odr sowie das Hyndla-Lied haben, in dem Freya auf dem in einen Eber verwandelten Helden Otar reitet – offenbar eine späte Version der Wiederzeugungs-Vereinigung im Jenseits des Toten und der Göttin, die dabei die Gestalt eines Keilers und einer Bache annehmen.

Interessanterweise heißt in der Völsungen-Saga einer der drei Söhne des Hreidmar „Ottar“ und kann die Gestalt eines Otters annehmen. Hreidmar und seine drei Söhne, also der Otter Ottar, der Drache Fafnir und der Schmied Regin, gehen auf den alten Göttervater Tyr und seine drei Söhne, die die drei Stände der Germanen repräsentieren, zurück. Fafnir ist der Priester/Heiler (Drache = Jenseitsreise), Regin der Bauer/ Handwerker (Schmied) und Ottar somit der Fürst/Krieger.

Daher ist es recht sicher, daß Odhr-Ottar ursprünglich der ehemalige Kriegsgott und Sonnengott-Göttervater Tyr in der Wasserunterwelt gewesen ist. Dort in den tiefen Wassern wird in den alten Mythen Freya den Sonnengott wiedergeboren haben.

Für die Deutung des Ottar als Tyr spricht auch, daß Loki in der Völsungen-Saga den Ottar mit einem Steinwurf tötet und dieses Motiv des Mordes des Tyr durch Loki aus den Mythen über den endlosen zyklischen Kampf zwischen dem Sommergott Tyr und dem Wintergott Loki bekannt ist.

Der Frauenname „Syrita“ wird in den Übersetzungen der Gesta danorum oft fälschlicherweise mit „Sigrid“ eingedeutscht – er lautet im lateinischen Original jedoch „Syrita“, also „kleine Syr“. „Syr“, d.h. „Sau“ ist einer der Beinamen der Freya, die auf einem Wildschwein reitet, was eine verharmlosende Variante für ihre Verwandlung in eine Wildsau ist.

In dem folgenden Text ist die Moral-Auffassung des christlichen Mönches Saxo des Schriftkundigen, der ihn verfaßt hat, des öfteren sehr deutlich zu spüren. Auch sein Stil ist sehr weit von der knappen und sachlichen Darstellungsweise der Germanen entfernt und ist ganz von der damals im gelehrten Christentum üblichen bilderreichen und langatmigen Schreibweise in sehr langen, verschachtelten Sätzen geprägt.

Siwalds Tochter Syrita war von solch erlesener Sittsamkeit, daß es, obwohl viele Werber sie wegen ihrer Schönheit heiraten wollten, schien, daß sie nicht dazu bewegt werden konnte, auch nur einen von ihnen anzublicken. Im Vertrauen in diese Kraft der Selbstbeherrschung bat sie ihren Vater um einen Ehemann, der durch die Süße seiner Schmeicheleien von ihr einen Blick zu ihm erlangen konnte. Denn in den alten Zeiten war bei uns die Selbstbeherrschung der Mädchen eine starke Verteidigung gegen lüsterne Blicke, da durch sie die Gesundheit der Seele nicht durch die Unzüchtigkeit der Augen beschmutzt werden konnte – und die Frauen hatten das Verlangen, die Reinheit ihrer Herzen durch die Selbstbeherrschung in ihren Gesichtern zu beweisen.

Dann verlangte es einen gewissen Ottar Ebb-Sohn, der von seinem Vertrauen in die Größe entweder seiner Großtaten oder der höflichen und beredten Weise, mit der er sie ansprach, entflammt war, beharrlich und inbrünstig danach, sie zu ehelichen. Doch obwohl er mit der ganzen Kraft seines Verstandes versuchte, ihren Blick zu erweichen, konnte er mit keinem Hilfsmittel – was auch immer er versuchte – ihre niedergeschlagenen Augen bewegen, sodaß er schließlich fortging und voller Verwunderung über die Standhaftigkeit ihrer unbezwingbaren Standfestigkeit war.

Einen Riesen verlangte nach demselben, aber als er sah, daß er in gleicher Weise gescheitert war, verleitete er eine Frau dazu, der Maid Freundschaft vorzutäuschen und sie schließlich in geschickter Weise weit von ihres Vaters Haus fortzulocken, woraufhin der Riese herbeisprang und sie zu seiner abgelegenen Festung auf einem Bergrücken im Gebirge trug.

Andere glauben, daß er sich als Frau verkleidet hatte und die Maid in verräterischer Weise durch seine fortwährenden Listen dazu verleitete, sich von ihrem eigenen Haus zu entfernen und sie schließlich davontrug.

Diese Variante klingt sehr nach der Geschichte über Odin und Rindr, in der sich Odin schließlich als Heilerin verkleidet, um Rindr verführen zu können, mit der er dann den Wali zeugt, der im Alter von einer Nacht seinen Halbbruder Baldur an Hödur rächt. Dieses Alter von einer Nacht zeigt, daß es sich bei ihm um den am Morgen wiedergeborenen Sonnengott-Göttervater Tyr handelt.

Ein Riese, der eine Frau raubt, die auf Freya zurückgeht, könnte der Gott Tyr als Riese in der Unterwelt sein.

Als Ottar davon hörte, durchsuchte er alle Winkel in den Bergen auf der Suche nach der Maid, fand sie, erschlug den Riesen und trug sie fort.

Das Erschlagen des Riesen gehört zu der Mythe der Wiedergeburt des Sonnengott-Göttervaters Tyr, da diese Geburt schon früh bei den Indogermanen zu einem Töten des alten Göttervaters durch den jungen, wiedergeborenen Göttervater geworden ist. Nach der Völkerwanderungszeit, in der Tyr durch Odin und Thor als Göttervater abgesetzt worden ist, ist daraus dann das Töten der Tyr-Riesen (alter Göttervater) durch Thor, der an die Stelle des jungen Göttervaters getreten ist, geworden.

Doch der eifrige Riese hatte die Locken der Maid zurückgebunden und ihr Haar in solch einer Weise fest verdreht, daß die verfilzte Masse von Strähnen in einer Art von gebogenem Bündel lag, sodaß es für niemanden einfach war, dieses geflochtene Gestrüpp zu entwirren ohne den Stahl zu benutzen.

Wieder versuchte er mit den verschiedensten Verführungskünsten die Maid dazu zu verleiten, ihn anzublicken, doch als er eine lange Zeit vergeblich ihre bewegungslosen Augen belagert hatte, gab er sein Vorhaben auf, da sich seine Absichten sich so wenig nach seinen Wünschen entwickelten. Doch er konnte sich selber nicht dazu bewegen, sich die Maid mit Gewalt zu nehmen, da er es verabscheute, sie wegen ihrer vornehmen Geburt mit einer verabscheuenswürdigen Vereinigung zu beschmutzen.

Dann wanderte sie lange Zeit und lief durch verschiedene Einöden und auf gewunden Pfaden bis sie schließlich zu der Hütte einer gewissen riesigen Waldfrau kam, die ihr die Aufgabe gab, ihre Ziegen zu hüten.

Der Wald und die Berge, also die Wildnis, sind in den Sagas, die mythologische Wurzeln haben, oft ein Bild für das Jenseits: der Wald Myrkvid („Düsterwald“) und das Randgebirge außen um das Weltmeer, in dem die Riesen wohnen („Utgard“). Die Riesin dort ist die Jenseitsgöttin Hel. Die Ziegen, die dort bisweilen anzutreffen sind, können manchmal die Totengeister sein, die durch die für sie bei ihrer Bestattung geopferten Ziegenböcke die Gestalt dieser Ziegenböcke angenommen haben. Die junge Frau bzw. die Königstochter bei der alten Frau ist der Aspekt der Wiederzeugungs-Geliebten der Jenseitsgöttin, also Freya.

Hel und Freya sind letztlich identisch: Hel hat sich von Freya abgespalten und bezeichnete ursprünglich die „Frau in der Grabkammer des Hügelgrabes“ („Hel“ = „Höhle“), womit eben die Jenseitsgöttin gemeint war, die als die Wiederzeugungs-Geliebte in diese Grabkammer zu dem dort bestatteten Toten kam.

Wieder bot Ottar ihr seine Hilfe bei ihrer Befreiung an und wieder bemühte er sich, sie zu erweichen, und sprach sie in folgender Weise an:

„Würdest Du nicht lieber auf meinen Rat hören und mich in der Weise umarmen, nach der es mich verlangt, als hier zu bleiben und die Ziegenherden zu hüten?

Weise die Hand Deiner üblen Herrin zurück und fliehe von Deiner grausamen Zuchtmeisterin und komme mit mir zu den Schiffen Deiner Freunde zurück und lebe in Freiheit!

Verlasse die Sorge um die Schafe, die Dir anvertraut worden sind; verschmähe es, den Schritten der Ziegen zu folgen; teile mein Bett mit mir und erfülle mir schnell meine Bitten!

O Du, die ich mit so vielen Mühen gesucht habe, bewege Deine reglosen Blicke – erhebe nur einen Augenblick – es ist doch nur eine leichte Geste – Dein Antlitz!

Ich werde Dich von hier fort und zu dem Haus Deines Vaters bringen und Dich wieder in Freude mit Deiner Dich liebenden Mutter vereinen, wenn Du mir nur ein einziges Mal Deine Augen, die von sanftem Verlangen erfüllt sind, zuwendest!

Du, die ich so oft aus den Verliesen der Riesen befreit habe, gib mir die mir zustehende Belohnung für meine Bemühungen in alter Zeit; habe Mitleid mit meinen steten Bemühungen und sei nicht mehr hart gegen mich!

Wodurch bist Du so verstört und geisteskrank geworden, daß Du lieber die Herden eines anderen hütest und zu den Mägden eines Ungeheuer gezählt wirst, als daß Du unserer Heirat zustimmst – einer Verbindung in gegenseitiger und standesgemäßer Übereinkunft?“

Doch sie hielt ihre Lider unbeweglich niedergeschlagen und beherrschte ihren Blick, damit ihr keuscher Geist nicht dadurch, daß sie auf die Welt draußen blickte, in Versuchung gebracht werden würde.

Seht nur, wie selbstbeherrscht die Frauen jenes Zeitalters gewesen sein müssen, daß sie selbst durch die stärksten Verführungskünste ihrer Liebhaber nicht zu der geringsten Bewegung ihrer Augenlider bewegt werden konnten!

Als Ottar erkannte, daß er selbst durch die Verdienste seiner doppelten Hilfe nicht den Blick der Maid zu ihm lenken konnte, ging er zu seiner Flotte zurück und war müde vor Scham und Verdruß.

Syrita lief in ihrer gewohnter Weise über die Felsen fort und geriet auf ihren ziellosen Wanderungen schließlich zu dem Heim des Ebb, wo sie vor Scham wegen ihrer Nacktheit und ihrer Verzweiflung vorgab, die Tochter von armen Leuten zu sein.

Ebb ist der Vater von Ottar.

Die Mutter des Ottar sah jedoch, daß diese Frau, obwohl sie schmutzig und abgemagert und nur mit einem dünnen Umhang bekleidet war, aus einer edlen Familie stammen mußte, und ließ sie in aller ehrerbietigen Höflichkeit auf einem Ehrenplatz neben sich sitzen, denn die Schönheit der Maid war ein Hinweis auf ihre Geburt und in ihrem Antlitz war der verräterische Widerhall ihrer Herkunft zu erkennen.

Als Ottar sie sah, frug er, warum sie ihr Antlitz in ihrem Gewand verberge. Zudem täuschte er, um ihren Geist noch sicherer zu prüfen, vor, daß eine Frau seine Gattin werden würde und bat Syrita, als er zu seinem Brautlager hinausging, die Fackel zu halten. Das Licht war schon fast herabgebrannt und sie wurde von der näherkommenden Flamme hart bedrängt, aber sie war ein solches Vorbild an Ertragen, daß man sehen konnte, daß sie ihre Hand unbewegt hielt, und daß man meinen konnte, daß sie keinen Schmerz durch die Hitze empfinden würde, denn das Feuer in ihr herrschte über das Feuer außen und die Glut ihrer sehnsuchtsvollen Seele tötete die Verbrennungen auf ihrer versengten Haut ab.

Schließlich bat Ottar sie, auf ihre Hand zu achten. Da erhob sie sittsam ihre Augen und wandte ihren ruhigen Blick zu ihm und ging geradewegs, nachdem die vorgetäuschte Heirat offensichtlich geworden war, zu dem Brautlager, um seine Frau zu werden.

Auch Odin benötigte drei Versuche, um sich mit Rindr vereinen zu können. Die dreifache Darstellung einer Tat oder eines Ereignisses ist die (indo-)germanische Weise, einen endlosen, zyklischen Vorgang darszustellen – hier die Werbung des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr um die Jenseitsgöttin, mit er er sich wiedervereinen will. Möglicherweise ist die Fackel in der Hand der Syrita eine Erinnerung an das Bestattungsfeuer (siehe auch „Feuer“ in Band 55).

Diese Tyr/Freya-Symbolik ist um 500 n.Chr. bei der Absetzung des Tyr durch Odin auf Odin/Rindr übertragen worden.

Später ergriff Siwald Ottar und fand, daß er dafür gehängt werden solle, daß er seine Tochter beschmutzt hatte, doch Syrita erklärte sofort, wie sie geraubt worden war und brachte Ottar nicht nur die Gunst des Königs zurück, sondern regte ihren Vater sogar dazu an, Ottars Schwester zu heiraten.

Danach gab es eine Schlacht zwischen Siwald und Ragnald auf Seeland, für die auf beiden Seiten Krieger von herausragender Stärke ausgewählt worden waren. Drei Tage lang töteten sie einander, aber der Mut war auf beiden Seiten so groß, daß es unklar war, wer den Sieg erringen würde.

Dann brach Ottar plötzlich, entweder von Ungeduld über die sich hinziehende Schlacht oder von einem Verlangen nach Ruhm, durch das dichteste Gedränge der Feinde, hieb Ragnald inmitten der kühnsten seiner Krieger nieder und errang so den Dänen einen plötzlichen Sieg.

Ottar ist also auch ein Kriegsheld – was gut zu seiner Deutung als eine der vielen Sagen-Varianten des Tyr paßt, der auch der Schwert- und Kriegsgott gewesen ist.

I. 2 g) Hymir-Lied

In diesem Lied wird Freya umschrieben ohne daß ihr Name genannt wird:

Der junge Tyr traf als erstes seine Großmutter, die er verabscheute –

Sie hatte der Häupter neunmal hundert.

Doch eine andre trat hervor, Gold-bedeckt und weißbrauig,

und brachte ihrem Sohn einen Trank Bier.

Die „Ahne“ des Tyr ist eine Jenseits-Riesin, wie sich leicht an ihren 9·100 Köpfen erkennen läßt, da „9“ die Zahl des Jenseits und „100“ die Zahl des Superlativs ist: Die „Ahne“ ist somit „die Größte im Jenseits“. Sie wird daher letztlich mit Hel identisch sein. Aus dieser „Ahne“, d.h. aus der Großmutter des Tyr könnte sich durchaus später im Christentum „des Teufels Großmutter“ entwickelt haben. Der Teufel mit seinen Hörnern ist aus den Toten im Jenseits entstanden, die durch die Identifizierung mit dem für sie bei ihrer Bestattung geopferten Herdentier dessen Hörner erhalten haben – meist sind es Ziegenhörner, da die Ziegenböcke die Opfertiere der einfachen Leute und daher die häufigsten Opfertiere gewesen sind.

Tyrs Mutter wird im Gegensatz zu seiner Großmutter als „Gold-bedeckt“ und als „weißbrauig“ bezeichnet.

Die erste Umschreibung („Gold-bedeckt“) könnte sowohl bedeuten, daß Tyrs Mutter goldene Armreifen und anderen goldenen Schmuck trägt, als auch, daß sie goldenes, d.h. blondes Haar hat. Falls hier Goldschmuck gemeint ist, könnte durchaus Freyas goldener Halsreif Brisingamen gemeint sein – zumal die Mutter eines Gottes entweder eine Göttin oder eine Riesin sein muß.

Die zweite Umschreibung („weißbrauig“) erinnert an den Druidennamen „Taliesin“, denn dieser Name bedeutet „Leuchtende Stirn“. Beides könnte sich evtl. auf das Stirnchakra („Drittes Auge“) beziehen, das in der indischen Tradition als „leuchtend“ beschrieben wird. Aufgrund der Kennzeichnung als „allgolden“ ist auch ein Zusammenhang mit der Sonne denkbar. Vermutlich ist „weißbrauig“ jedoch einfach als „weißhäutig“ aufzufassen.

Die Mutter des Tyr wird die Jenseitsgöttin als die Geliebte bei der Wiederzeugung des „alten Tyr“ (Hymir) sein, die der Wiedergeburt des „jungen Tyr“ vorausgeht – die Geliebte des „alten Tyr“ wird durch die Wiedergeburt des „alten Tyr“ zu der Mutter des „jungen Tyr“.

Tyrs Großmutter ist wahrscheinlich ursprünglich dieselbe Jenseitsgöttin in ihrem Aspekt als die gefürchtete Herrin des Totenreiches gewesen. Für diese Deutung spricht auch, daß der Tod, die Wiederzeugung und die Wiedergeburt der Sonne (Tyr) ein endloser zyklischer Vorgang ist und die Germanen auf solche Vorgänge durch eine dreimalige Darstellung hingewiesen haben:

Die endlose, zyklische Reinkarnation der Sonne
Zyklus Tyr Jenseitsgöttin
1. Generation Tyrs Großvater:? Tyrs Großmutter: neunhundertköpfige Frau = Hel
2. Generation Tyrs Vater: Hymir goldbedeckt-weißbrauige Frau = Freya
3. Generation Tyr Tyrs Frau:?

Aus den germanischen Mythen sind mehrere Göttinnen-Schwestern bekannt, die die Jenseits-Geliebte und die Totenherrin verkörpern. Am deutlichsten ist dies bei den Schwestern Freya und Hyndla, aber es finden sich auch noch andere solche Paare wie z.B. Irpa und Thorgerdr, Sunna und Sinthgunt oder Fenja und Menja. Sie entsprechen der Mutter und der Großmutter des Tyr.

Die Beschreibung des Donnergottes in „Gylfis Vision“ als „junger Thor“ bedeutet vermutlich, daß Thor an die Stelle des jungen, d.h. des wiedergeborenen Tyr getreten ist. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Göttern besteht darin, daß sie beide u.a. auch Kampfgötter sind – Tyr mit seinem Schwert und Thor mit seinem Hammer.

In den alten nordgermanischen Mythen vor 500 n.Chr., in denen Tyr vor seiner Absetzung durch Thor und Odin der Sonnengott-Göttervater gewesen ist, ist die Göttin Freya sehr wahrscheinlich die Wiederzeugungs-Geliebte und die Wiedergeburts-Mutter des Tyr gewesen.

I 2. h) Harbard-Lied

Harbard (Odin):

Ich war im Osten mit einer zu kosen,

Spielte mit der Schneeweißen und sprach lange mit ihr.

Ich erfreute die Goldschöne; der Scherz gefiel der Maid.“

Die Szene in dieser Strophe ist eine Anspielung auf die Wiederzeugung, die ansonsten meist im Norden und seltener im Westen stattfindet. Die „Schneeweiß-Goldschöne“ wird die Jenseitsgöttin Freya-Menglöd sein, mit der sich Odin bei seinem Raub des Skaldenmets in deren Hügelgrab vereint.

Im Hymir-Lied wird auch die Mutter des Tyr, d.h. ebenfalls die Göttin Freya, mit diesen beiden Merkmalen umschrieben.

Hier zeigt sich recht deutlich, daß Odin bei der Absetzung des Tyr als Göttervater der Nordgermanen die Jenseitsgöttin Freya als Geliebte übernommen hat.

Aus dem Namen „Schneeweiße“ wurde später in den Märchen „Schneewittchen“.

I 2. i) Zusammenfassung

Durch ihre Beinamen werden mehrere Merkmale der Göttin Freya deutlich:

I 3. Freya die Wanengöttin

I 3. a) Die Familie der Wanen

Die germanischen Götter setzen sich aus zwei „Stämmen“ zusammen: den Asen und den Wanen. Der „Stamm der Wanen“ scheint nur aus einer einzigen kleinen Familie zu bestehen: Njörd und seine Frau-Schwester, die nicht namentlich genannt wird, aber wohl mit der von dem römischen Historiker Tacitus beschriebenen Nerthus identisch ist, sowie Freya und Freyr, den Kindern der beiden, und schließlich noch ein namentlich nicht genannter Sohn von Freya und Freyr.

Die Familie der Wanen
Generation Gottheiten
Bruder Schwester
1. Generation Njörd Nerthus (?)
2. Generation Freyr Freya
3. Generation Sohn (Schwester?)

I 3. b) Die Bezeichnung „Wanen“

Das Wort „Vanir“ bedeutet „Glänzende“ und ist daher dem Wort „Alfen“ („Weiße, Leuchtende“) ausgesprochen ähnlich. Da Freyr in der Halle „Alfenheim“ wohnt, kann man davon ausgehen, daß die Wanen und die Alben ursprünglich einmal dieselben Gruppe von Wesen sein werden – die leuchtenden Totengeister in dem Muspelheim-Jenseits des Göttervaters Tyr im südlichen Himmel, in dem auch die Alfen wohnen.

Die Familie der Wanen scheint somit eigentlich eine Gruppe von Ahnen zu sein, die in den „Stamm der Asen“ aufgenommen worden ist. Dazu paßt gut, daß Freya und Freyr die Urbilder der Wiederzeugungs-Geliebten und der Wiedergeburts-Mutter bzw. des Toten bei seiner Wiederzeugung und seiner Wiedergeburt sind: die Ahnen („Wanen“, „Alfen“) sind die wiedergezeugten und wiedergeborenen Toten.

Ihr „Leuchten“ wird sich vermutlich auf die milchigweiß leuchtenden Schemen beziehen, als die man hellsichtig die Totengeister wahrnehmen kann – was zu dem Motiv der „Bettlaken-Gespenster“ geführt hat.

I 3. c) Skaldskaparmal

Am Anfang von Snorri Sturlusons Skaldenkunst-Lehrbuch werden die wichtigsten Asen und Asinnen aufgezählt. Falls die Götter und Göttinnen in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit aufgezählt worden sein sollten, wäre Freya die zweitwichtigste Göttin nach Frigg.