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Herstellung und Verlag:
BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-744-854047
© Köln 2018 Frank Mühlenbeck
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Als Einstieg für dieses Buch habe ich im Gespräch mit vielen Marketing Automation Experten folgende Zitate für Sie gesammelt:
Marketing Automation ist für mich...
...die perfekte Methode, für meine Events und Online-Shops automatisch die maximale Zahl Interessenten nachhaltig in Kunden zu konvertieren. Fabian Rossbacher, Gründer seo-day.de
... Arbeitsentlastung bei gleichzeitiger Effektivitätssteigerung. Meine Kanzlei setzt die Marketing Automation schon seit Jahren erfolgreich beim Versand unseres wöchentlichen Newsletters an mehr als 47.000 Mandanten ein. Christian Solmecke, Wilde Beuger Solmecke Rechtsanwälte
...die beste Möglichkeit, losgelöst von Team-Ressourcen zuverlässig und präzise ein Vielfaches zu erreichen. Der Erfolg ist dabei eng verknüpft mit Konzeption und Strategie. Letztere ist weitaus erfolgskritischer als die operative Ausführung durch Maschinen.
Dr. Lars Holldorf, Geschäftsführer, Digital Diamant GmbH
2 gute Gründe für Automatisierung: Alles ist für jeden beim ersten Mal neu - und Mensch ist eine nachwachsende Ressource.
Karl Kratz, karl kratz online marketing
... die perfekte Ergänzung im Online Business, um den Benutzer effizient zu führen und zu qualifizieren.
David Odenthal, Geschäftsführer, Overheat UG
Sie liegen auf Ihrer Strandliege und schauen auf das weite türkisblaue Meer. Die Luft ist salzig und die Sonne hat den weißen Sandstrand auf gefühlte 60 Grad Celsius aufgeheizt. Wie gut, dass der blau-weiß-gestreifte Sonnenschirm genug Schatten spendet und Sie bei einer leichten Meeresbrise entspannen können. Zwischendurch nehmen Sie einen erfrischenden Schluck aus Ihrem mit Schirmchen und aufgeschnittener Limette verzierten Cocktailglas. Die vielen Eiswürfel im Getränk wirken sehr erfrischend und Ihr Blick wandert zwischen den weißen Segelschiffen und den bunten Kitesurfern hin und her. Was für ein Leben.
Dank steigender Digitalisierung bietet das Hotel natürlich auch am Strand ein Wireless Lan Netzwerk. Ein kurzer Blick auf das Tablet genügt, um die Zahlen des Tages zu überprüfen. Die Anzahl Besucher auf Ihrer Website ist noch einmal gestiegen und auch die Anzahl der Verkäufe liegt um 8 Prozent höher als in der letzten Woche. Die Servicequalität liegt mit 7 Minuten pro menschlicher Antwort im Durchschnitt sogar um 30 Prozent über den Zahlen des letzten Monats. Na gut, immerhin wurden 87 Prozent aller Anfragen bereits von ihrem digitalen Serviceroboter automatisch beantwortet.
Ein amüsiertes Lächeln breitet sich auf Ihrem Gesicht aus, als die freundliche Hotelkraft mit einem Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee an Ihrem Liegestuhl vorbei gleitet. Das Geschäft läuft besser denn je und Sie haben sich verdient, mit einer halben Stunde pro Tag Arbeit Ihre Verkäufe zu kontrollieren und zu optimieren. Am Vormittag hatten Sie bereits eine kleine Sport-Session und die ersten Pfunde bei 27 Grad verbrannt. Nun können Sie sich für heute einen gesunden Mittagsschlaf gönnen. Der Verkauf geht sowieso weiter. Automatisch. Auch wenn es bis hier hin ein gutes Stück Arbeit war.
Mit diesem Buch möchte ich Ihnen zeigen, wie genau eine solche Situation geschaffen werden kann. Das Internet ermöglicht sowohl dem Einzelkämpfer als auch dem Unternehmen, Marketing- und Verkaufsprozesse zu automatisieren. Leider funktioniert es nicht, die bestehenden Prozesse einfach zu digitalisieren. Unter Marketing und Sales Automation versteht man das Aufsetzen neuer Prozesse, das Hinterfragen und Verändern von Produkt- und Leistungsangeboten und das massive Messen und Optimieren von Transaktionen. Damit einher gehen neue Kompetenzen, die Sie im Unternehmen rekrutieren müssen. Feuern Sie bitte nicht sofort Ihr gesamtes Verkaufsteam. Sicherlich haben Ihre Mitarbeiter heute und auch später eine Daseinsberechtigung. Automationsprozesse werden aber je nach Produkt und Preisniveau zum Teil Verkaufsmitarbeiter obsolet machen und andere Anforderungen an das Personal stellen. Um Marketing und auch Sales Automation aber tatsächlich anzuwenden, muss ich Sie durch das dunkle Tal der Technologien führen. Sie haben selbst die Möglichkeit zu entscheiden, ob Sie nur aus der Vogelperspektive die Automation verstehen möchten, oder ob Sie sich auch in die Froschperspektive begeben wollen. Als Führungsperson im Marketing Team eines Unternehmens oder als Geschäftsführer oder Entscheider reicht in der Regel der Blick von oben. Wenn Sie aber nur ein kleines Unternehmen führen oder sogar Einzelkämpfer sind, soll Ihnen dieses Buch auch dabei helfen, selbst die Ärmel hochzukrempeln und die Prozesse eigenständig anzufassen und schließlich zu automatisieren.
Ich darf mich an dieser Stelle einmal vorstellen. Mein Name ist Frank Mühlenbeck, wie Sie vermutlich bereits auf dem Buchcover gelesen haben. Ich bin seit vielen Jahren von Herzen Unternehmer. Schon immer haben mich Geschäftsmodelle fasziniert, die quasi automatisch funktionieren, wenn man sie einmal richtig konzipiert und umgesetzt hat. Schon bei meinem ersten Unternehmen hatte ich die Idee, eine Art Perpetuum Mobile aufzusetzen, dass – einmal aufgestellt – automatisch Geld verdient. Dazu gründete ich Ende des letzten Jahrtausends eine Firma auf den kanarischen Inseln, genauer gesagt auf der Insel Fuerteventura. Ich jobbte am Ende meines Studiums ein halbes Jahr in einem Urlaubsclub und stellte fest, dass vor Ort ein steigender Bedarf an Internet-Zugängen existierte, weniger für die Einwohner, dafür mehr für die Touristen. Es gab noch kein Wireless LAN, aber zumindest starteten einige spanischen Provider mit ISDN-Zugängen, die sie den Hotels angeboten haben. Das war die Grundlage meiner Geschäftsidee. Gemeinsam mit einem auf Fuerteventura ansässigen Geschäftspartner gründete ich ein Unternehmen, das Internet Terminals in Hotels aufstellte und so den Urlaubsgästen die Möglichkeit bot, auch im Urlaub ins Internet zu gehen. Das Schwierigste an diesem Geschäft war die Akquisition der Hotels. Es gab tatsächlich Hoteliers, die die Meinung vertraten, das Internet wäre eine große Firma, die das Hotel aufkaufen will. Sobald wir aber das Hotel überzeugen konnten und vertraglich gebunden haben, war die automatisierte Geldmaschine aufgestellt. In einigen Hotels verdienten wir in kurzer Zeit so viel Geld, dass sie kurzum den Vertrag mit uns kündigten und selbst die Terminals aufstellten und betrieben. Mit der Zeit entstanden aber Probleme, die der Automatisierung und Skalierung des Geschäfts im Weg standen. Hardware ist leider nur begrenzt automatisierbar, da sie zu heiß wird, mutwillig zerstört wird oder sonst wie den Geist aufgibt. Der Support war auf den Kanaren schwer zu delegieren und so wies das Geschäftsmodell mit der Zeit immer mehr Limitationen auf. Wir expandierten zwar auch auf die Balearen und hatten sogar eine Aufstellung in Portugal. Auch für WLans entwickelten wir ein Abrechnungssystem. Trotzdem konnten wir nur begrenzt wachsen und die internationale Zusammenarbeit wurde zunehmend schwieriger. Mit der Zeit boten immer mehr Hotels WLans als kostenlosen Kundenservice an. Die Idee der Automatisierung schlug am Ende fehl.
Als ich nach Deutschland zurückkehrte, erhielt ich von einem Marketing Professor der Universität Köln – Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Richard Köhler – einen Anruf. Er hat die Aufgabe übernommen, ein Alumni-Netzwerk für die Universität zu Köln aufzubauen und wollte mich gern als wissenschaftlicher Mitarbeiter in seinem Team rekrutieren, da er von seinem Assistenten gehört hatte, dass ich mich sehr gut mit Internet Technologien und onlinebasierten Geschäftsmodellen auskenne. Den Job nahm ich gern als halbe Stelle an, um den zweiten Teil des Tages meine Selbständigkeit weiter zu treiben. Außerdem existierte zu diesem Zeitpunkt noch meine spanische Firma.
Beim Alumni-Netzwerk lernte ich erstmalig, wie Community Building funktioniert und welche ungeheure Macht in der digitalen Vernetzung von Menschen steckte. Meine Aufgabe bestand vor allem darin, die Alumni Community aufzubauen und im Netz digitale Services für Mitglieder zu entwickeln sowie die Anwerbung von Mitgliedern digital zu automatisieren.
Nach drei Jahren wusste ich genug über Communities. Mein Wissen nutzte ich für ein neues Geschäftsmodell. Bei einigen Studentenparties lernte ich Prof. Dr. Klemens Skibicki kennen, der viel über Geschichte und Volkswirtschaftslehre wusste. Wir warfen unsere heterogenen Kompetenzen zusammen und gründeten unsere erste gemeinsame Firma. Als „dicke Visitenkarte“ schrieben wir unser erstes Buch mit dem Titel „Community Marketing Management“. Daraufhin schlossen wir uns mit zwei Entwicklern zusammen und produzierten eine eigene Community Software Lösung. Diese setzten wir zu Beginn für kleine Unternehmen ein. Selbst eine Kölner Gastronomie schaffte es mit unserer Lösung, innerhalb einer Woche 200.000 Page Impressions auf ihrer Website zu zählen. Wir bauten Online-Communities für Verlage, für Hotels, für Event-Veranstalter und für Verbände.
Wir entwickelten Media-Managementsysteme für Facebook, wir buchten Fernseh-Werbung für unser eigenes Cashback-System, wir produzierten digitale Listening-Systeme und wir gründeten ein eigenes wissenschaftliches An-Institut – das Deutsche Institut für Kommunikation und Recht im Internet. Gemeinsam mit den beiden Rechtsanwälten Prof. Dr. Ralf Höcker und Christian Solmecke – beide bekannt aus TV und Rundfunk sowie Youtube – erstellten wir die weltweit größte Studie zu sozialen Netzwerken.
In den nächsten 10 Jahren sollten rund 10 weitere gemeinsame Firmengründungen folgen, die alle einen digitalen Kern besaßen und auf der Digitalisierungswelle aufsetzten. Eine der Firmen, an denen wir Anteile besaßen, konnten wir für gutes Geld verkaufen, eine andere schaffte es sogar an die Börse.
Mein Weg führte mich mein Weg weiter in den Aufbau von und Beteiligung an neuen digitalen Unternehmen, die die aktuellsten Technologien einsetzen, um ihr Geschäft zu automatisieren.
In den letzten drei Jahren setzte ich Schwerpunkte im Content Marketing. Hier sammelte ich wertvolle praktische Erfahrungen darin, die richtigen kundenzentrierten Inhalte zu produzieren und Inhalte im gesamten Unternehmen strategisch zu managen. Die vorwiegend operativen Kenntnisse schrieb ich in meinem letzten Buch „Content Marketing Management“ zusammen. Viele meiner Leser fragten mich nach weitergehenden strategischen Konzepten, wie Content Marketing organisatorisch eingebunden werden kann. Da ich einige meist größere Firmen darin als Berater begleitet habe, Content Marketing Strategien zu entwickeln und umzusetzen, bot ich auch meinen Lesern eine Beratung an. Der Preis für Beratungskonzepte war den meisten mittelständischen Unternehmen aber zu hoch. Trotzdem wollte ich den Firmen helfen. Aus diesem Grund habe ich ein eigenes digitales Produkt entwickelt, dass Menschen in die Lage versetzt, selbstständig Content Marketing Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Das Produkt mit dem Namen „Content Marketing Masterplan“ wurde geboren. So gesehen habe ich meine Beratungsleistung komplett digitalisiert und mich weg rationalisiert.
Für solche digitalen Beratungssysteme wie den Content Marketing Masterplan habe ich gemeinsam mit Dr. Lars Holldorf die Digital Diamant GmbH gegründet. Spannend für mich war aber nicht nur die Konzeption der Produkte, sondern vor allem die Fragestellung, wie dieses und andere Produkte digital verkauft werden können. Dazu entstanden schnell viele wichtige Fragen:
Diese Fragen muss sich jedes Unternehmen stellen, das den Weg des automatisierten Verkaufs gehen will. Gestandene Unternehmen beschäftigen sich darüber hinaus mit weiteren Fragen, die ich in meinen Beratungsprojekten häufig gestellt bekomme:
Wie wir an späterer Stelle sehen werden, ist ein Automation Projekt immer auch ein Change Projekt. Daher erfordert es im Unternehmen Fingerspitzengefühl und die richtige interne Kommunikation verbunden mit einer gesunden Planungsgrundlage.
Auf alle gestellten Fragen werde ich im Verlauf dieses Buchs eingehen.
Eine persönliche Frage, die ich im Zusammenhang mit Automatisierung häufiger gestellt bekomme, ist die Frage nach dem Warum. Warum will ich denn automatisch verkaufen oder sogar das ganze Geschäftsmodell automatisieren? Dann hätte ich ja gar nichts mehr zu tun. Mir persönlich geht es nicht darum, mich auf die faule Haut zu legen, sobald das Unternehmen automatisch läuft. Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Sicherlich verbringe ich mittlerweile mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden als noch vor ein paar Jahren. Ich sehe meine Familie fast jeden Tag und ich nehme mir die Zeit, 5 mal pro Woche Sport zu treiben. Außerdem nutzen wir fast alle Schulferien, um Urlaub zu machen und zu reisen. Ich orientiere mich an dem Spruch „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist!“. Das ermöglicht mir sowohl die Automatisierung meiner Geschäftsmodelle als auch ein paar Exits aus der Vergangenheit. Die regelmäßigen Auszeiten geben mir neue Kraft und Energie, die ich in meine Unternehmen investie-ren kann. Soweit ein Geschäftsmodell ohne mein Zutun und ohne Abhängigkeit von Schlüsselpersonen automatisch wirtschaftet, kann ich es erstens maximal skalieren und ich habe zweitens Zeit zum Nachdenken, um neue Projekte zu starten.
Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg bei Ihrer Automatisierungsstrategie. Verkaufen im Schlaf ist möglich, wenn Sie richtig vorbereitet sind.
Frank Mühlenbeck
Wer die Grundrechenarten nicht beherrscht,
kann auch keine lineare Algebra verstehen.
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit den Rahmenparametern des digitalen Zeitalters. Das Wissen um die Treiber und die fundamentalen Prinzipien ist die Grundvoraussetzung für die Digitalisierung von Verkaufsprozessen. Soweit Sie bei der Konzeption Ihrer Marketing Automation Strategie von einer Prüfung der Fundamentalprinzipien absehen, inhibieren Sie die Erfolgswahrscheinlichkeit Ihrer Strategie.
Die obige Abbildung zeigt das Wirkungsmodell der Digitalen Transformation.
Alle Treiber stellen die Grundlage für neue Rahmenbedingungen dieses Zeitalters auf, die auf der nächsten Schicht des Wirkungsmodells als Fundamentalprinzipien verstanden werden. Die Prinzipien – beispielsweise die maximale Einfachheit – sind Anforderungen, die an die Objekte der digitalen Transformation auf der nächsten Schicht gestellt werden. Wenn also Outputs, zum Beispiel Produkte produziert werden, müssen diese maximal einfach für Kunden nutzbar sein. Ein Produkt wie ein iPad braucht keine aufwendige Gebrauchsanweisung mehr – jedes kleine Kind kann es in wenigen Minuten selbst nutzen.
So sind bei allen Objekten der digitalen Transformation die Fundamentalprinzipien zu prüfen und anzuwenden. Die letzte Schicht vor dem Kern bezieht sich auf tatsächliche Funktionen im Unternehmen, die transformiert werden müssen. In jeder Funktion müssen die Objekte der digitalen Transformation durchlaufen werden. Bei der Gegenüberstellung der Objekte und der Funktionen entsteht die so genannte Digital Maturity Value Chain Matrix, die entlang der Wertschöpfung die digitale Reife des Unternehmens einschätzen kann. Dabei werden alle Objekte in der Reife eingeschätzt.
In letzter Instanz des Wirkungsmodells ist das Business Modell des Unternehmens zu hinterfragen. Passt es noch zu den neuen Fundamentalprinzipien? Existieren neue Technologien, die neue Leistungen und vielleicht neue Märkte möglich machen? Muss Kommunikation neu gedacht werden, die Einfluss auf das bestehende Geschäftsmodell hat?
Um Business-Modelle zu hinterfragen ist es sehr wichtig, das Prinzip der „Grünen Wiese“ anzuwenden, damit man sich nicht mit Fragestellungen belastet, die aus einer eingefahrenen Organisationsstruktur resultieren und neues Denken unmöglich macht.
Das folgende Kapitel „Die Treiber der Digitalisierung“ erklärt, welche Treiber und damit Gründe vorliegen, warum sich unsere Kommunikation derart verändert hat und noch weiter verändert.
Digitalisierung entstand nicht aus sich selbst heraus. Viele Studien identifizierten verschiedene Treiber, die für die rasante Revolution der Kommunikation verantwortlich sind, die mittlerweile ganze Branchen erfasst und neue Geschäftsmodelle zu Tage fördert. Das folgende Kapitel erläutert die wichtigsten Treiber und entwickelt daraus ein Wirkungsmodell, das auf den Fundamentalprinzipien der digitalen Veränderung besteht.
Die Social Media Revolution hat unser Kommunikationsverhalten entscheidend geändert. Dabei fußt das digitale Zeitalter auf einem veränderten Kommunikationsmodell. Während wir vor dem Internetzeitalter mit einem Sender-Empfänger-Modell aufgewachsen sind, bei dem die Unternehmen vorwiegend mit ihren Kommunikationsagenturen Botschaften kreiert haben und diese auf einer Einbahnstraße in Richtung Massenmedien versendet haben, um die Zielgruppen zu erreichen, haben wir es heute mit einem Sender-Sender-Kommunikationsmodell zu tun. Im Internet verbreitete sich ein Doppelfoto, dass die letzten beiden Papstwahlen dokumentierte. Auf beiden Fotos konnte man eine große Menschenmenge beobachten, die auf dem Petersplatz in Rom stand und auf den weißen Rauch wartete, der die Entscheidung der obersten Kirchenhäupter zeigte.
Auf beiden Fotos war nahezu die gleiche Menge an Menschen, es gab nur einen entscheidenden Unterschied: Während bei der Papstwahl von Benedikt nur ein Mensch mit einem Klapphandy am rechten Bildrand die Wahl mit einem Handyfoto für sich festhielt, das vermutlich noch zentimetergroße Pixel besaß, war 2013 der Petersplatz in ein Lichtermeer von digitalen Geräten verwandelt. Nahezu jeder Mensch dokumentierte die Papstwahl mit seinem Smartphone oder Tablet und broadcastete auf diese Weise den heiligen Moment für sein soziales Netzwerk auf Facebook, Twitter und Co. Während bei Benedikt fast nur die klassischen Medien mit ihren Übertragungswagen die Wahl für die Fernsehsender übertrugen, war 2013 das Internet voll mit Tausenden selbstgedrehten Filmchen.
Dank sozialer Medien sind Kunden heute selbst Medium und unterhalten sich auf digitalen Kanälen in einer gänzlich neuen Geschwindigkeit. Dabei werden sich die Menschen immer mehr bewusst, welche Macht sie durch die sozialen Medien erhalten haben. Sie schließen sich zu meinungsstarken Gruppen und Communities zusammen und wenden sich gegen Unternehmen, die ihnen nicht passen. Auch einzelne Menschen werden mit einer großen und authentischen Reichweite zu Influencern auf Facebook, Instagram und Youtube.
Das zweiseitige Sender-Sender-Modell wird inzwischen von einem Netzwerk-Kommunikationsmodell abgelöst, bei dem eine zweidimensionale Betrachtung zu kurz greift. Dimensionen wie Kanäle, Menschen, Vernetzungen und Interaktionsraten sind in der heutigen Kommunikation zu berücksichtigen, um nur ein paar zu nennen.
Soziale Medien spielen in der Automation eine wichtige Rolle. Sie können bei richtigem Einsatz dafür sorgen, dass sich Botschaften schneller und über Influencer auch authentischer in den Zielgruppen verbreiten. Durch die authentische Verbreitung werden so genannte „trust injections“ gesetzt, also Vertrauen bei der Zielgruppe aufgebaut. Je schneller Unternehmen diese Vertrauensbrücken bauen, desto schneller kann eine digitale Geschäftsbeziehung und auch ein Verkauf erzielt werden.
In meinen Seminaren höre ich bis heute immer wieder mal den Einwand, dass für den Aufbau von Vertrauen immer eine reale Begegnung von Mensch zu Mensch notwendig ist. In diesem Zusammenhang stelle ich dann regelmäßig die Frage, wie oft sie schon einen Verkäufer von Amazon getroffen haben. Amazon ist ein perfektes Beispiel dafür, wie über digitale Taten und Wow-Effekte trust injections gesetzt werden. Amazon bietet auch die perfekte Überleitung zu einem weiteren wichtigen Treiber, dem E-Commerce.
Bei der Automatisierung bildet E-Commerce einen wesentlichen Baustein. Nur wenn man den Verkaufsprozess bis zum Ende abbilden und automatisieren kann, ist man auch in der Lage, im Schlaf zu verkaufen.
Ein Initiator des digitalen Handels war und ist Amazon. Als das Unternehmen begann, Bücher über das Internet zu verkaufen, wurde es von den meisten Marktpartnern belächelt. Mittlerweile greift Amazon nahezu den kompletten Handel an. Was Amazon nicht selbst verkauft, wird über den Marktplatz und Handelspartner angeboten. Schon heute ist Amazon die Produktsuchmaschine Nummer 1.
Der Marktplatz ist dabei ein entscheidender Strategieschritt von Amazon. Alle Stakeholder eines Marktes werden über eine Plattform zusammengebracht. Dabei sammelt die Plattform die Daten aller Transaktionen und sie verdient in der Regel auch an allen Transaktionen mit. Die Abwicklung von Logistik-Prozessen kann ebenfalls an Partner ausgegliedert werden. Amazon geht hier aber einen anderen Weg und vereint auch logistische Meisterleistungen im Leistungsportfolio.
Dank Sammlung der Daten lernt Amazon, welche Leistungen am stärksten nachgefragt werden. Das sind die Entscheidungsgrundlagen für die eigenen Investitionen. So entschied sich Amazon schnell dafür, Cloud-Leistungen anzubieten. Mit AWS ist Amazon der größte Cloud-Anbieter für Speicherleistungen der Welt.
Viele Gespräche mit mittelständischen Kunden zeigten mir, dass noch heute der Aufwand gescheut wird, die Produkte auch digital zu vertreiben. Man sollte hier aber eine strategische Entscheidung davon abhängig machen, wie groß die Gefahr ist, dass sich innovative digitale Unternehmen dazu aufmachen, selbst online Produkte aus Ihrer Branche zu verkaufen. In vielen Fällen geht es gar nicht allein um die logistische Problematik, sondern um einen geeigneten Plattform-Ansatz.
Typische Plattformen tragen Namen wie uber oder airbnb. Letzerer, ein Anbieter von Unterkünften - bietet weltweite Zimmer und Häuser zur Miete an, obwohl das Unternehmen keine einzige Unterkunft selbst besitzt. Dank Vernetzung von Anbietern und Nachfragern über die Plattform sammelt airbnb viele wichtige Informationen und stellt diese zumindest zum Teil der Community zur Verfügung. Ein wichtiger Teil dieser Informationen ist die Evaluation der Qualität. So sind die Mieter dazu angehalten, die Unterkunft nach ihrem Aufenthalt zu bewerten. Auf diese Weise wird schnell transparent, wie gut oder schlecht die Unterkünfte sind.
Die Nachfrager von Hotels und kurzfristigen Mietwohnungen suchen mittlerweile bereits vor Ort am Urlaubs- oder Aufenthaltsort nach der Übernachtungsmöglichkeit für den gleichen Abend. Dank Mobilität wird das heute möglich, wie wir im nächsten Unterkapitel tiefergehend erörtern.
Die Mobilität als dritter Treiber der Digitalen Transformation hat zur Folge, dass die mächtigen Kunden heute von überall aus und zu jeder Zeit senden und empfangen können. Mit den mobilen Smartphones und Tablets stehen sie im Shop und vergleichen die Preise oder fragen ihre Freunde, ob sie das Produkt kaufen sollen. Wo früher mein Vater zum Buchregal im Wohnzimmer gelaufen ist, um im Duden etwas nachzuschauen, wird heute das Handy per Spracheingabe um Hilfe bemüht. Google, Siri und Alexa wissen auf fast alle Fragen eine Antwort.