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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek

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Der einfacheren Lesbarkeit wegen verwendet dieser Leitfaden das generische Maskulinum und damit die verallgemeinernde, grammatikalisch männliche Bezeichnung. Diese ist als geschlechtsneutral zu verstehen, es sind alle Menschen – unabhängig vom Geschlecht – angesprochen.

Norbert Unruh, Organisation und Betriebswirtschaft in der Podologie – Unterrichtsbegleitmaterial und Leitfaden, 1. Auflage 2021

(Fach-)Lektorat: Klaus Busse, Dr. Martina Kliem

Titelgestaltung, Layout und Konzeption: Dagmar Papic

eISBN 978-3-95409-814-9

Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza

1Einleitung

2Die podologische Praxis

2.1 Branchenspezifische Kontakte und Beziehungen

2.2 Beziehungen innerhalb der podologischen Praxis

3Organisationszweck der Praxis

4Die Verantwortung des Podologen

5Aufgaben einer podologischen Praxis

6Ablauf in der podologischen Praxis

7Regelbehandlungszeit/Regelleistungszeit

8Risiken für den Arbeitsablauf und Risikovorsorge

9Umsatz- bzw. Preiskalkulation

10Rechnungswesen in der Podologie – Einnahmen

11Potentieller Patienten- und Kundenkreis

12Ermittlung des Investitionsbedarfes

13Ausgabenrechnungen

14Rechnungswesen in der Podologie – Ausgaben

15Einnahmen-Ausgaben-Rechnung

16Stückkostenrechnung

17Ermittlung von Lohnkosten

18Der Weg zur eigenen Praxis

18.1 Eine Praxis aufbauen

18.2 Eine Praxis kaufen (einen fairen Kaufpreis ermitteln)

19Fazit

20Quellenverzeichnis, Anmerkungen, Anhang

1 Einleitung

Sie als Schüler in den podologischen Schulen erlernen einen schönen und zutiefst sozialen medizinischen Heilberuf mit zukunftsträchtiger Perspektive. Und nebenher leisten Sie jeden Tag damit auch einen wichtigen Dienst am Menschen.

Leider unterliegt die Leistungserbringung im Gesundheitswesen heute auch – so wie alle anderen Bereiche der Gesellschaft – dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Sie muss qualitätsgerecht und finanzierbar sein.1

Das trifft auch für die Leistungserbringung in der Podologie zu. § 15 Abs. 1 des Vertrages nach § 125 Absatz l SGB V über die Versorgung mit Podologie i. d. F. vom 30. November 20202 zwischen dem Verband Deutscher Podologen, dem Deutschen Verband für Podologie (ZFD) e. V. und dem Bundesverband für Podologie e. V. einerseits und dem GKV-Spitzenverband andererseits bestimmt, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen sind.

Die Qualität Ihrer Arbeit und die vom Gesetzgeber geforderte Wirtschaftlichkeit Ihrer Leistungserbringung müssen dabei nicht zwingend in Konkurrenz stehen.

Qualitativ hochwertig und wirtschaftlich erbracht werden können podologische Leistungen von Ihnen tatsächlich nur in einer gut organisierten und wirtschaftlich gesunden Praxis mit gut ausgebildetem und motiviertem Personal.

Daher beginnt die Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit schon mit Ihrer praxisnahen Ausbildung zum Podologen, geht weiter bei der Planung und Einrichtung und dem ordnungsgemäßen Betrieb von podologischen Praxen sowie bei den podologischen Tätigkeiten am Patienten und endet bei der leistungsgerechten Abrechnung der podologischen Leistung mit den Krankenkassen.

Die vom Gesetzgeber und den gesetzlichen Kassen geforderte Wirtschaftlichkeit bezieht sich natürlich vorrangig auf die Leistungserbringung durch den Podologen und die Kosten seiner Leistungserbringung.

Unausgesprochener, aber unmittelbarer Bestandteil dieser Wirtschaftlichkeit ist auch der Lohn bzw. das Arbeitsentgelt des Podologen.3 Er will und muss von seiner Arbeit gut leben und seine Familie versorgen können.

Dieses Skript zeigt auf, dass Sie dies auch bewerkstelligen können. Es demonstriert anhand praxisnaher Beispiele, welche wesentlichen sozialen, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge um und in einer podologischen Praxis zu bedenken sind.

Eingerahmte Texte fassen die zentralen Punkte des jeweiligen Kapitels zusammen. Hilfreiche Merker sind zusätzlich mit einer Glühlampe image gekennzeichnet. Mit einer Büroklammer image markierte Textteile berichten dazu vom und aus dem Praxisbetrieb meiner Frau.

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Die Praxis meiner Frau befindet sich in Heisingen, einem Stadtteil im Süden von Essen. Sie liegt mitten in einer belebten Geschäftsstraße (Heisingen hat davon auch nur zwei oder besser zweieinhalb).

Es ist eine Drei-Kabinen-Praxis mit einer Fläche von etwa 75 m2. Alle drei Kabinen sind ausgelastet. Die dort beschäftigten Podologen betreiben die Praxis als Praxisgemeinschaft und teilen sich die Kosten.image

Der Leitfaden richtet sich vorrangig an Sie, die Schülerinnen und Schüler von Podologieschulen. Er soll eine praxisnahe Ausbildungshilfe und ein Ratgeber für die Planung einer wirtschaftlich gesunden Praxis sein. Vermeiden Sie unnötige „Anfänger“-Fehler bei einer der wichtigsten Weichenstellungen in Ihrem Leben. Dazu sind Sie und Ihre Familien zu wichtig. Wagen Sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Es lohnt sich.

2 Die podologische Praxis

2.1Branchenspezifische Kontakte und Beziehungen

Wer heute durch seine Stadt bummelt, findet eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäfte und Ladenlokale: Kaufhäuser und Supermärkte, Boutiquen, Schuhgeschäfte, Arzt- und Zahnarztpraxen, Architektenbüros, Rechtsanwaltskanzleien, Beauty- und Fitnessstudios und hin und wieder eine Fußpflegepraxis.

All diese Geschäfte und Ladenlokale sind Wirtschaftsbetriebe mit jeweils ganz eigenen, branchenspezifischen Aufgaben und Kontakten. Sie beschäftigen Menschen, produzieren Waren oder Dienstleistungen und verkaufen diese, zahlen Löhne und Steuern, konsumieren und investieren. Sie alle gehören zum Wirtschaftsleben einer Kommune. Sie halten diese am Leben und machen sie lebenswert.

Auch eine oder Ihre zukünftige podologische Praxis ist so ein ganz normaler Wirtschaftsbetrieb mit ganz eigenen, branchenspezifischen Kontakten und Aufgaben bzw. wird es sein.

„Normal“ heißt hier auch, dass eine podologische Praxis normal schwierige, also keine außergewöhnlich schwierigen oder komplexen Anforderungen an ihren Betreiber stellt. Daher gibt es auch keinen Grund, den selbstständigen Betrieb einer solchen Praxis aus persönlicher Unsicherheit von vornherein abzulehnen. Was andere schaffen, schaffen Sie auch.

Wir wollen uns im Weiteren mit ganz praktischen Fragen zu einer podologischen Praxis beschäftigen. Dazu entwickeln wir ein Modell einer Ein-Kabinen-Praxis, sehen uns Kosten und Einnahmen an und überprüfen unsere Erkenntnisse dabei soweit wie möglich an der podologischen Praxis meiner Frau und ihrer bisherigen Berufserfahrungen.

Ziel des Skriptes ist, dass Sie später als ausgebildeter Podologe die Zusammenhänge in einer solchen podologischen Praxis kennen und verstehen, die Geschehnisse in der Praxis künftig richtig einordnen können und auch die Grenzen möglicher Entgeltforderungen bzw. Einkommensgrenzen kennen.

Und wenn sich der Eine oder die Andere danach ernsthaft mit einer eventuellen Selbstständigkeit beschäftigt, haben wir alles richtig gemacht.

Eine podologische Praxis unterhält eine Reihe von notwendigen dauerhaften geschäftlichen Kontakten zu Ärzten und Krankenkassen, zu Lieferanten für Praxisausrüstungen und Verbrauchsmitteln, zu Banken und Versicherungen, zum Finanzamt und zum örtlichen Geschäftsleben. Dazu kommen die sozialen Beziehungen zu Patienten oder Kunden (Abb. 1).

All diese Beziehungen und Abhängigkeiten müssen in irgendeiner Art und Weise geknüpft und gepflegt werden.

Am häufigsten und intensivsten sind dabei sicher die Beziehungen zu Patienten und Kunden und Kontakte zur geschäftskontoführenden Bank, zu den Krankenkassen und zum Steuerberater.

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Abb. 1: Geschäftliche Kontakte einer podologischen Praxis

Die Beziehungen zu anderen, den Wirtschaftsbetrieb der Praxis beeinflussenden Partnern dürfen jedoch deshalb nicht vernachlässigt werden. Sie sind nur eben meist nicht so präsent. Zu den nicht ganz so präsenten Beziehungen, weil in der Regel nur einmal genutzt, gehören gegebenenfalls die Beziehungen zur Kommune (zum Bauamt für die Anmeldung einer Gewerbeumnutzung, die Beziehung zum Gesundheitsamt der Stadt wegen der Anzeige des Praxisbetriebes) oder die Beziehungen zum Finanzamt.

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Die Beziehungen zum Finanzamt sind wegen der vielfältigen und für den Laien unübersichtlichen steuerrechtlichen Regelungen besonders schwierig. Deshalb betreut ein Steuerberater diese Beziehungen für meine Frau. image

Nicht aufgeführt sind hier nachbarschaftliche Beziehungen zu angrenzenden Geschäften und benachbarten Anwohnern.

Gleichwohl sind diese sozialen Beziehungen für den wirtschaftlichen Erfolg Ihrer Praxis genauso wichtig wie Ihre persönlichen Beziehungen zu Patienten und Kunden. Sie gestalten das unmittelbare soziale Umfeld Ihrer Praxis.

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In unmittelbarer Nachbarschaft der Heisinger Praxis befinden sich ein Hörgeräteakustiker, zwei größere Märkte, nämlich REWE und NKD, ein Fitnessstudio, eine Arztpraxis und gegenüber ein Beautysalon, ein Restaurant und ein Bäcker. image

Menschen reden miteinander; am liebsten über andere. Dies erfüllt eine wichtige soziale Funktion. Mit diesem „Über Andere reden“ holen sich die Menschen die nötige Bestätigung Dritter für ihre Ansichten, Meinungen, Einstellungen oder Handlungen. Es ist unter normalen Umständen ein soziales Korrektiv. Dieses kann aber in beide Richtungen wirken; es bestärkt oder relativiert.

Auch Geschäftsinhaber sind nur Menschen, die den „Neuling“ in ihrer Nachbarschaft beschnuppern und beurteilen, eventuell mit dem vorherigen Praxisinhaber vergleichen und miteinander über ihn reden.

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Daher ist es wichtig, sich nicht isoliert zu sehen, sondern sich harmonisch in das Wirtschaftsleben vor Ort einzufinden.

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Die Geschäftsinhaber im unmittelbaren Umfeld der Praxis meiner Frau sorgen untereinander für ein weitgehend konfliktfreies Umfeld, indem sie miteinander reden, sich gegenseitig mit Klein- oder Wechselgeld aushelfen, benötigte Waren und Dienstleistungen nach Möglichkeit beim Nachbarn kaufen und die Annahme von Postsendungen für den Nachbarn übernehmen. image

Die Patienten und Kunden, die Sie mit Ihren Praxisleistungen ansprechen, sind nicht immer unproblematische Menschen:

imageSie sind unter Umständen häufig einsam und ohne Partner.

imageSie unterliegen aufgrund ihrer krankheits- und/oder altersbedingten Beschwerden oftmals einem über lange Zeit andauernden Leidensdruck.

imageSie schämen sich mitunter (grundlos) für körperliche oder andere Gebrechen und dass sie nicht mehr perfekt funktionieren.

imageManchmal haben sie aufgrund ihrer sozialen Stellung einen höheren oder überhöhten Anspruch an das Erscheinungsbild und die Ausstattung Ihrer Praxis, an die Qualität Ihrer Leistungen und an den Umgang mit Ihnen.

Und auch sie reden beim Einkauf im Supermarkt, im Wartezimmer des Arztes, im Seniorenclub, im Verein oder beim Kaffee beim Bäcker um die Ecke über ihre Erlebnisse und Eindrücke.

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Diese Unterhaltungen landen dann ganz häufig auch durch die Patienten in den Behandlungsbereichen der Heisinger Praxis. Dort werden sie während der oft 30-minütigen Behandlung mit den Patienten ausführlich besprochen. So bekommen die Podologen ein echtes Feedback zu ihrer Arbeit.image

Diese Mund-zu-Mund-Werbung fördert oder nimmt Ihnen den Patienten- und Kundenkreis. Daher müssen Sie im persönlichen Kontakt all diesen unterschiedlichen Menschen mit ihren unterschiedlichen Erwartungen gerecht werden mit der Qualität Ihrer Arbeit und vor allem mit Ihrem persönlichen Interesse für ihre Belange und Geschichten.