„In kritischen Lagen soll man nicht Sündenböcke suchen, sondern einen Ausweg.“
(Ein Zitat von Hanna Suchocka)
Wenn etwas misslingt oder nicht richtig funktioniert, wird immer ein Sündenbock gesucht. Oftmals spielt es bei der Suche nach einem Schuldigen gar keine Rolle, ob die betroffene Person tatsächlich mit dem Misslingen etwas zu tun hat oder einfach nur aufgrund ihrer Präsenz zur falschen Zeit am falschen Ort ins Kreuzverhör gerät und als Sündenbock ausgewählt wird. Vor allem Menschen mit einem minderen Selbstbewusstsein und introvertiertem Verhalten werden häufig als Sündenbock genutzt und für die Dinge verantwortlich gemacht, die aus verschiedenen Gründen nicht den gewünschten Erfolg erbrachten. Psychologisch betrachtet ist ein Sündenbock also der, welcher auf-grund seines Verhaltens die Option suggeriert, eine Beschuldigung für misslungene Projekte oder einen Fehler zu akzeptieren und sich mit der Situation, in die er gebracht wird, zu identifizieren. Sowohl im Privatleben als auch im beruflichen Spektrum gibt es immer ein Zusammenspiel verschiedener Charaktere. Dort, wo Menschen mit unterschiedlichen Meinungen sowie verschiedenen Charakteren zusammentreffen, kann es zu Reibungen und Komplikationen im zwischenmenschlichen Umgang kommen. Es ist sehr einfach, die Fehler nicht bei sich, sondern bei seinen Mitmenschen zu suchen und für ein vorhandenes Problem einen Sündenbock zu finden. Der Begriff Sündenbock geht auf das alte Testament zurück und ist im jüdischen Glauben zu finden. Die Missetaten einer Person wurden durch Handauflegen auf einen Ziegenbock übertragen, welcher sprichwörtlich in die Wüste geschickt und zum Büßen für die Sünden verdammt wurde.1
In der Neuzeit ist davon auszugehen, dass vor allem schwächere und wenig selbstbewusste Menschen in beruflich niederen Positionen als Sündenbock gelten und die Fehler aus der Führungsebene verbüßen müssen. Auch wenn der Charakter einer Person eine wichtige Rolle spielt, sind nicht alle Schuldzuweisungen ausschließlich am Standpunkt und der charakterlichen Präsenz einer Person fixiert. Wer sich zum Sündenbock etabliert, hängt laut Schweitzer-Rothers mit dem Kontext zusammen. Ob sich der Beschuldigte diesen Schuh anzieht und sich den sprichwörtlichen schwarzen Peter zuschieben lässt, hängt mit seiner direkten Reaktion auf die Beschuldigung zusammen. Wer aggressiv reagiert und sich so in eine angreifbare Position begibt oder sich defensiv zeigt, begeht mit dieser Handlung ein Schuldanerkenntnis und gibt auch ohne wirkliches Verschulden zu, die missliche Lage begünstigt oder gar verursacht zu haben. Um einen Sündenbock Status wieder loswerden zu können, sind eine sachliche Diskussion und ruhiges Verhalten des Beschuldigten vorteilhaft. Der Psychologe Schweitzer-Rothers zeigt auf, dass eine Reaktion in der Mitte sich am besten eignet und kein Anerkenntnis der Schuld, aber auch keine wilde Verteidigung ohne nachvollziehbare Grundlagen ist. Auch eine Bedenkzeit wird empfohlen, da eine sofortige Reaktion nicht selten als Schuss nach hinten gewertet wird und aufgrund starker Emotionen ausufern kann. In der Ruhe und Gelassenheit liegt die Kraft, mit der sich der Status als Sündenbock verändern und eine offene und sachliche Diskussion anstreben lässt. Auch Ulrich Dehner, Vorstandsmitglied im Bundesverband für Coaching, rät dazu, eine sofortige Verteidigung zu unterlassen. Fühlt man sich in die Ecke gedrängt und praktisch mit dem Rücken zur Wand gestellt, ist dies kein Grund, eine Tat zuzugeben, die man nicht begangen hat. Überlegt handeln und sich wirklich mit dem Thema befassen, ist oft hilfreich, da sich so eine Teilschuld oder wirkliche Schuld am besten erkennen lässt und eine Möglichkeit geschaffen wird, begangene Fehler zuzugeben oder bei seiner Unschuld aufzuzeigen, dass man den Sündenbock umsonst und ohne eine Beteiligung am eigentlichen Problem erhalten hat.2
1 vgl. Löll, 2013, abrufbar unter:
http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article120148465/Wie-man-den-Suendenbock-wieder-los-wird.html (Stand: 26.9.13).
2 vgl. Löll 2013, abrufbar unter:
http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article120148465/Wie-man-den-Suendenbock-wieder-los-wird.html (Stand: 26.9.13).