VORWORT VON ANDREW SKURKA
EINLEITUNG
DIE BASISAUSRÜSTUNG
KAPITEL EINS: NORDAMERIKA
KAPITEL ZWEI: SÜDAMERIKA
KAPITEL DREI: EUROPA
KAPITEL VIER: AFRIKA
KAPITEL FÜNF: ASIEN
KAPITEL SECHS: OZEANIEN, AUSTRALIEN UND ANTARKTIS
NATURSCHUTZ
REISEZIELE NACH STANDORT
DANK
ÜBER DIE AUTOREN
BILDNACHWEIS
Vor fast 20 Jahren ging ich zum ersten Mal mit dem Rucksack auf eine Übernachtungstour in den Yosemite National Park. Es war eine Katastrophe. Ich schleppte mich den Trail hinauf, mit 23 Kilogramm Gepäck auf den Schultern, beladen mit unnötigem Kram – darunter einiges, das unbenutzt blieb. Ich schlief keine Sekunde, da ich nur unzureichend gegen die Schneedecke isoliert war, und befürchtete, dass gleich ein Bär mein Zelt zerreißen könnte. Und am nächsten Morgen musste ich durstig eine lange Wanderung überstehen, da das Wasser in meiner Trinkflasche gefroren war.
Glücklicherweise ist der Yosemite National Park – Heimat berühmter Sehenswürdigkeiten wie Nevada Falls und El Capitan – ablenkend großartig. Daher kam ich zu dem Schluss, dass meine Übernachtungstour aushaltbar genug gewesen war, um eine weitere zu riskieren. Eine stattliche, genau genommen: Zwei Monate später fuhr ich zum Springer Mountain in Georgia, dem südlichen Endpunkt des Appalachian Trail, mit der Absicht, von dort aus gut 3500 Kilometer nach Maine zu wandern.
Rucksacktouren müssen keine Strapaze sein. Mittels exzellenter Bücher, Webseiten, Videos und Kurse kann man sich vorab darüber informieren, wie man es richtig macht. Bedauerlicherweise hatte ich mich für die »Trial-and-Error«-Variante entschieden. Daher wurde meine Wanderung auf dem Appalachian Trail kein dreimonatiger Einklang mit der Natur, wie ich es mir erhofft hatte, sondern das schwierigste Unterfangen meines Lebens, besonders während der ersten Tage. Ich hatte keine vernünftigen oder funktionierenden Rezepte gegen nächtliche Minusgrade, anhaltende Regenfälle, stechende Insekten, hohe Luftfeuchtigkeit oder schmerzende Füße parat; und ich hatte mit Überlastungsschmerzen, Einsamkeit und Selbstzweifeln zu kämpfen.
Aber was mir der Trail an Thoreau-ähnlichem Eintauchen in die Natur nicht gewährte, wurde durch persönliches Wachstum wieder wettgemacht. Als ich schließlich auf dem Mount Katahdin stand – was weniger das Ergebnis einer Eroberung war als vielmehr eines von Hartnäckigkeit und Anpassungsfähigkeit – war ich achtsamer mir selbst gegenüber, autarker, selbstgenügsamer und selbstbewusster als zu Beginn meiner Tour. Ich hatte gelernt, dass selbst gewaltige Ziele im wahrsten Sinne des Wortes Schritt für Schritt erreicht werden können – eine wichtige Lektion für einen 21-Jährigen.
Als ich danach in mein Leben abseits des Trails zurückkehrte, begann ich die Erfahrung noch mehr zu schätzen. Ein Vierteljahr lang besaß ich einen außergewöhnlichen Sinn für das Alltägliche und konnte mich ohne Unterbrechungen und Ablenkungen in eine einzige Aktivität vertiefen. Nie zuvor hatte ich diese Gelegenheit und das bloße Dasein auf diese Art und Weise wahrgenommen.
Während der nächsten knapp zehn Jahre wurde ich zum Backpack-Wanderer. Neben einer Handvoll kürzerer Trips lief ich in elf Monaten vom Atlantik zum Pazifik, umrundete in sieben Monaten den amerikanischen Westen und tingelte sechs Monate lang durch Alaska und das Yukon-Territorium.
Meine Lernkurve stieg erwartungsgemäß auf ein höheres Niveau, während ich meilenweit zu Fuß unterwegs war und unter freiem Himmel nächtigte. Ich wurde mir sicherer, was die Ausrüstung anging, die ich brauchte, und das Essen, das mir am meisten Energie gab, und ich eignete mir die Fähigkeiten an, die den Unterschied zwischen Überleben und Wohlergehen ausmachen: sich auf Wegen und in der Wildnis zu orientieren, sich um Blasen und Abschürfungen zu kümmern, relativ warme und trockene Lagerplätze zu finden, Feuer auch bei Nässe zu entfachen, mein Essen vor Bären zu schützen, Moskitos abzuhalten, reißende Flüsse zu überqueren und über steile Schneefelder zu kraxeln.
Nachdem die Techniken des Rucksackwanderns mir zur zweiten Natur geworden waren, hatte mein Geist genügend freie Kapazitäten, sich den Landschaften zuzuwenden, durch die ich ging. Im Tempo von fünf Kilometern pro Stunde lernte ich Baumarten, Gletschererosion, Tierfährten und den Nachthimmel kennen; ich betrachtete komplexe politische Themen wie die Wasserrechte in den westlichen USA aus verschiedenen Blickwinkeln, darunter Klima, Geschichte, Landwirtschaft und Stadtplanung; ich sah die Landflucht und die Talentabwanderung aus der amerikanischen Provinz mit eigenen Augen; und ich beschäftigte mich mit dem romantischen Konzept von Wildnis im Gegensatz zu ihrer einschüchternden Realität.
Bis zu meinem 30. Geburtstag hatte ich mehr als 48 280 Kilometer zu Fuß zurückgelegt, fast gänzlich allein. Es war ein erfahrungsreiches Jahrzehnt gewesen, aber allmählich hatte ich die damit verbundenen geografischen und finanziellen Unsicherheiten satt. In unbeabsichtigt schneller Folge gründete ich einen Reiseveranstaltungs-Service, kaufte ein Haus und verliebte mich. Die Möglichkeit, Erfahrungen in der Wildnis mit anderen zu teilen, verlieh dem Rucksackreisen eine neue Dimension. Nach einem gemeinsam verbrachten Wochenende kenne ich die meisten meiner Kunden besser als meine Nachbarn. Die Wildnis ist eine intime und ablenkungsfreie Umgebung, die Fremde auf einzigartige Weise zusammenschweißt: Man erklettert hohe Berge, teilt sich Reis und Bohnen-Chili, hilft einander, die Zelte gegen den Wind zu sichern, und wärmt sich am Lagerfeuer nach einem Regentag.
Dieses Buch bietet 100 Weltklasse-Möglichkeiten, die Essenz des Wanderns und Rucksackreisens zu erleben – eine tiefe Verbindung zu sich selbst, zu einer Landschaft und zu anderen aufzubauen. Enthalten sind Tagesausflüge für Einsteiger ebenso wie monatelange Abenteuer für Experten. Es gibt Wüstenwanderungen, legendäre Pilgerwege, Hüttenübernachtungen in den Bergen, Küstentrails und historisch interessante Pfade, sodass für jeden etwas dabei ist. Nun muss man nur noch durch diese Seiten blättern, sich ein Ziel aussuchen, die Stiefel schnüren und losmarschieren!
Vom South Rim des Grand Canyon aus schlängelt sich ein Pfad die Klippen hinunter in ein Labyrinth aus Stein. Die Havasupai leben hier seit unzähligen Generationen, in einem flachen grünen Tal, in dem sie Bohnen, Mais und Kürbisse anpflanzen und von den Segnungen eines mit blaugrünem Wasser gefüllten Kalkstein-Aquifers profitieren. Bis heute ist das Gebiet nur zu Fuß erreichbar, und die Wanderer kommen in Scharen, angezogen von den legendären türkisfarbenen Wasserfällen, die von Klippen stürzen und sich in idyllischen Becken unterhalb des Dorfes Supai sammeln.
An einem warmen Herbstabend auf meiner ersten großen Rucksacktour kam ich nach 16 Kilometern über Stock und Stein an, um meinen ersten Blick auf die Havasupai Falls zu erhaschen, die aus 30 Metern Höhe von einem Felsvorsprung herabstürzen. Durch Jahrhunderte fließenden Wassers geglättet, wirkt das Gestein, als würde es schmelzen. Als jemand, der in einer großen Stadt im Osten aufgewachsen ist, fühlte ich mich, als wäre ein Vorhang zurückgezogen worden; mir wurde schlagartig klar, dass die Wunder dieser Erde um so vieles größer waren, als ich mir je hätte träumen lassen. Welche anderen Herrlichkeiten mochten in den geheimen Winkeln der Welt wohl noch verborgen liegen?
Momente wie diese sind einige der Belohnungen, die man erhält, wenn man die Welt zu Fuß erwandert. Durch die Kraft des eigenen Körpers und die Anmut des eigenen Gehens ist es möglich, neue Gegenden in einer Intimität zu erkunden, die für diejenigen, die an schnellere Verkehrsmittel gebunden sind, unzugänglich ist. Während eines Großteils unserer Geschichte als Spezies erlebten wir unsere Umgebung mit einem Tempo von nicht mehr als zehn Kilometern pro Stunde. Die Rückbesinnung auf dieses Tempo bietet Möglichkeiten, sich mit unserem Planeten neu zu verbinden. Dieses Buch zeigt einige dieser Möglichkeiten auf.
Jede Wanderung in diesem Buch ist einzigartig. In der Brooks Range in Alaska etwa tritt man in die Fußstapfen von arktischen Jägern, die dort seit Jahrhunderten von Karibus leben. Auf Deutschlands Rheinsteig wandert man vorbei an romantischen Burgen, durch historische Dörfer und malerische Weinberge. Auf der mikronesischen Insel Pohnpei watet man durch einen Fluss, um tief im Dschungel eine Parade von Wasserfällen zu entdecken. Und auf dem Israel National Trail folgt man den Spuren biblischer Propheten durch die Wüsten des Nahen Ostens. Dieses Buch entführt einen auf alle Kontinente und in die unterschiedlichsten Ökosysteme, von Küstenlandschaften und Dschungel bis hin zur Tundra. Man findet Wanderungen, die von einfachen Nachmittagsausflügen bis hin zu mehrwöchigen Expeditionen reichen – sowie faszinierende Infos zu Tierwelt, Kultur und Geschichte.
Unter freiem Himmel erfahren wir auf Schusters Rappen nicht nur bemerkenswerte Geschichten, sondern wir fordern auch eines unserer Geburtsrechte ein. Wandern ist ein Mittel, um uns daran zu erinnern, wer wir sind und welchen Kontext wir auf diesem Planeten haben. Mögen diese Seiten also unsere Fantasie anregen, aufzeigen, was möglich ist, und machen wir dann unsere eigenen unvergesslichen Naturerfahrungen – irgendwo da draußen auf einem verschlungenen Pfad. Wir treffen uns dort!
Andrew Skurka, Autor von The Ultimate Hiker’s Gear Guide, ist ein Profi in Sachen Mehrtages-Wanderungen und weiß daher, wie er seinen Rucksack packt. Hier kommt seine Basisausrüstungsliste, die auch bei kürzeren Touren nützlich sein kann.
KLEIDUNG: »Die wilde 13«
»Die wilde 13« sind Skurkas enge Auswahl an Backpacker-Kleidungsstücken, die gemischt und kombiniert werden können, um passende Outfits für alle Arten von Wetterbedingungen zu kreieren. Nur auf einer Fernwanderung durch unterschiedlichste Umgebungen wären alle 13 Stücke notwendig; normalerweise werden sechs bis zehn der Sache gerecht.
SCHUHWERK
Für die meisten Backpacker ist traditionelles Schuhwerk nicht optimal. Stiefel sind steif, heiß und schwer. »Wasserdichtes« Schuhwerk versagt oft bei längerer Nässe und trocknet langsam. Und ein zweilagiges Sockensystem absorbiert viel Feuchtigkeit und Wärme – zwei der drei Faktoren, die zur Blasenbildung beitragen. Schuhe sind eine sehr individuelle Sache, und Skurka ermutigt einen, zu experimentieren, bis man die optimale Variante gefunden hat.
DISTANZ: 28 Kilometer (von Punkt zu Punkt)
DAUER: 1 bis 3 Tage
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Spätsommer
SCHWIERIGKEITSGRAD: anspruchsvoll
WAS EINEN ERWARTET: Zedern- und Hemlocktannenwälder alpine Tundra Bergseen Blau- und Heidelbeeren Spuren von Bären und Pumas
Dichte Wälder bedecken viele der Hügel entlang der Küste von British Columbia, sodass der Howe Sound Crest Trail – eine Höhentour über luftige Grate – fordernd, aber überaus erfrischend ist. Da der Trail nur 30 Autominuten von der Innenstadt von Vancouver entfernt liegt, ist er ein beliebtes Ziel für Extrem-Trailrunner, die es sich zur Aufgabe machen, die 28 Kilometer lange »Ridgeline Traverse« an einem Tag zu meistern. Aber eine zwei- oder dreitägige Rucksacktour ermöglicht ein komfortableres, gemäßigteres (und gesünderes) Tempo, um die beeindruckenden aussichtspunkte an der Küste von British Columbia in Ruhe zu genießen.
Die atemberaubende Höhe des Trails macht sowohl seinen Reiz als auch die Herausforderung aus. Die meisten Wanderer gehen die Strecke von Süden nach Norden, weil dies weniger Höhenmeter an Aufstieg bedeutet – aber man sollte den anspruchsvollen Charakter dieses Trails nicht unterschätzen. Dies ist ein zerklüfteter, schwieriger, meist kaum instand gehaltener Weg, der Vorbereitung und ein gutes Orientierungsvermögen erfordert. Der Trail startet auf dem oberen Parkplatz des Cypress Provincial Park in einer Höhe von 900 Metern und beginnt mit einem moderaten Gefälle nach Norden hin. Beim Aufstieg zum St. Mark‘s Summit geht es dann steil hinauf, bevor sich ein Ausblick auf die Inseln und Wellen weit unten entfaltet. Allmählich werden die Zedern- und Hemlocktannenwälder von alpiner Tundra und freiliegenden Granitblöcken abgelöst, sodass man manchmal Hände und Füße benutzen muss, um über Felsbrocken zu klettern. Imposante Berge wie Mount Harvey, Unnecessary Mountain und die Lions formen eine spektakuläre Naturkulisse, die man erklimmen kann, wenn man mehr Zeit und Ehrgeiz hat.
»Sobald man einen Gipfel geschafft hat, fühlt man sich wahrhaftig wie ein Bergsteiger«, sagt François-Xavier Gagnon, Tourenleiter bei West Coast Educational Adventures mit Sitz in North Vancouver. »Und die Sonnenuntergänge sind hier überall fantastisch. Man bekommt eine Art ›surf and turf‹ – die Coast Mountains im Osten und das Wasser und die Sonne auf der anderen Seite.«
Nachdem man den Mount Brunswick passiert hat, führt der Weg an einer Reihe von Seen vorbei und durch dichtes Blau- und Heidelbeergestrüpp. An einem der von Wäldern eingerahmten Seen wie dem Deeks Lake ist es Zeit für eine kleine Brotzeit, ein kühles Getränk und vielleicht sogar ein Nickerchen, bevor man die lange Etappe zum Ende des Trails im Porteau Cove Provincial Park antritt.
DISTANZ: 6,8 Kilometer (hin und zurück)
DAUER: 2 bis 4 Stunden
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Sommer und Anfang Herbst
SCHWIERIGKEITSGRAD: leicht
WAS EINEN ERWARTET: historisches Teehaus Engelmann-Fichten und Douglasien Lake Louise und Mirror Lake Wasserfälle alte Wälder
Ende des 19. Jahrhunderts baute die Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Railway eine Reihe von Hotels in der Gegend von Banff, Alberta, und darüber hinaus – darunter zwei einzigartige Teehäuser hoch oben in der Wildnis, die Bergsteigern als Zuflucht dienen sollten. Auch heute noch werden die Teehäuser von zahlreichen Wanderern besucht, die hier im Sommer die vergletscherten Gipfel, die edelsteinfarbenen Seen, die frische, saubere Luft und (im Juli und August) die mit roten, lila, rosa, weißen und gelben Wildblumen überzogenen Wiesen des Banff National Park genießen.
Das Lake Agnes Tea House liegt an einem idyllischen Bergsee, der in windstillen Momenten die umliegenden Gipfel spiegelt. Es wurde 1905 erstmals für Besucher geöffnet und ist über eine wunderbar sanfte, 6,8 Kilometer lange Rundwanderung durch den Wald erreichbar. Da dieser Weg einfacher und kürzer ist als die 10,6 Kilometer lange Wanderung zum Plain of Six Glaciers Tea House, zieht das Lake Agnes Tea House den Großteil der Besucher an. Frühmorgens hat man die besten Chancen, die Tour in Ruhe zu genießen.
Vom Fairmont Chateau Lake Louise aus, einem oppulenten, historischen Hotel am Ufer des Sees – ebenfalls von der Canadian Pacific Railway erbaut – windet sich der Weg am Ufer entlang und schlängelt sich dann in den Wald hinauf. Der erste Abschnitt ist der anstrengendste, da der gewundene Pfad durch Engelmann-Fichten- und Douglasienwälder führt, die keinerlei ergiebigen Ausblick auf den türkisfarbenen Lake Louise weit unten zulassen. Dem Pfad folgend geht es vorbei am Mirror Lake und dann an einem Wasserfall, der in den Lake Agnes mündet. Das aus Holz und Stein am Ufer errichtete Teehaus serviert rund 100 Teesorten sowie Kekse, Suppen und Sandwiches aus frisch gebackenem Haferbrot – allesamt aus Zutaten, die von Mitarbeitern (oft High-School-Absolventen oder Studenten) mehrmals pro Woche auf den Berg transportiert werden. Man genießt eine Tasse Tee auf der Terrasse, mit Blick auf die imposanten Hänge rund um das Tal, das vor Tausenden von Jahren von einem Gletscher geformt wurde, und spaziert dann im Sonnenschein über die plattenförmigen Felsen direkt vor dem Teehaus. Bevor es wieder hinuntergeht, geht es noch knapp 1,5 Kilometer bis zum Gipfel des Big Beehive hinauf, eine imposante Felsformation, die einen spektakulären Blick auf den Lake Louise und die Gipfel bietet, die seit weit über einem Jahrhundert Kletterer und Bergsteiger anlocken.
DISTANZ: 41 Kilometer (von Punkt zu Punkt)
DAUER: 2 bis 4 Tage
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Sommer
SCHWIERIGKEITSGRAD: moderat
WAS EINEN ERWARTET: Balsamtannen Birkenwälder Schwarzbären Biber Elche
Die Ureinwohner von Québec nannten den Saguenay Fjord »Pitchitaoitchez« (was übersetzt etwa »das, was zwischen zwei Bergen fließt« bedeutet) und nutzten die Gegend als Jagdrevier und Versammlungsort. Heute ist der dramatisch schöne Fjord ein Nationalpark und ein Freizeitparadies. Aber obwohl Kreuzfahrtschiffe hier vor Anker gehen und Sommerurlauber in Scharen anreisen, um die frische Luft zu genießen, wirkt die Natur auf den abgelegenen Pfaden immer noch wild und urtümlich. Le Fjord ist eine der besten mehrtägigen Wanderrouten des Parks und führt über 41 Kilometer von Baie Sainte-Marguerite nach Baie-de-Tadoussac, vorbei an Balsamtannen- und Birkenwäldern. Der felsige, hügelige Weg führt zu Schutzhütten, in denen man übernachten kann, sowie vorbei an rauen, felsigen Aussichtspunkten mit weitem Blick auf steil abfallende Klippen, beim Klang der 180 Meter weiter unten rauschenden Wellen.
Wenn man durch diese urtümliche Landschaft wandert, sieht man überall Lebenszeichen von Wildtieren. Schwarzbären patrouillieren in diesen Wäldern, Biber bauen am Wasser ihre Dämme und Wanderfalken nisten auf den Klippen, nicht selten entdeckt man auch Elche, Spechte und Eulen. An windstillen Tagen sieht man sogar Beluga-Wale weit unten im Meer ihre Fontänen blasen.
DISTANZ: variabel
DAUER: 7 Tage oder mehr
EMPFOHLENE REISEZEIT: Sommer
SCHWIERIGKEITSGRAD: nur für Experten
WAS EINEN ERWARTET: eisige Flüsse Weidendickicht Büschelgrasfelder Küstenseeschwalben Karibus Erdhörnchen Wölfe Steinadler Grizzlybären
Nachdem das Buschflugzeug abgehoben hat und das kehlige Summen des Motors in der Ferne verklingt, erkennt man als Wanderer in diesem Moment wirklich die Weite der Brooks Range. Als nördlichstes Band der Rocky Mountains erstrecken sich diese Gipfel fast über 1000 Kilometer von der Tschuktschensee bis zum Yukon, manchmal bis zu 300 Kilometer breit. Es gibt keine etablierten Pfade und nur ein einziges einsames Band von Straße, über das man in die Landschaft vordringen kann.
»Es ist wohl das größte Wildnis-Trekking-Areal in Nordamerika », sagt Andrew Skurka, professioneller Langstrecken-Rucksackreisender und »National Geographic Adventurer of the Year 2007«. »Man hat da diese extrem ästhetische Bergkette mit unglaublichen dramatischen Reliefs vom Gipfel bis ins Tal. Es gibt keine Pfade, keine Brücken, keine Campingplätze, keine Souvenirläden – und es ist kaum zu erwarten, dass man Menschen sieht.«
Natürlich muss man hier als Trekker die Navigation mittels Karte und Kompass oder GPS-Gerät beherrschen. Man muss auch auf die Herausforderungen der arktischen Wildnis vorbereitet sein, wie das Durchwaten eisiger Flüsse, das Sich-durch-Gestrüpp-Schlagen und das Springen über »Tussock«-Felder voller riesiger Grasbüschel.
Während man durch eine Landschaft wandert, die so gewaltig und abgelegen erscheint, ist es zutiefst bewegend, in diese Schönheit einzutauchen, die von der technischen Entwicklung fast völlig unberührt ist. Gipfel erheben sich bis zu 2700 Meter hoch, als wären sie von einer riesigen unsichtbaren Hand herumgewirbelt worden. Täler erstrecken sich in planer Weite und sind lebhaft mit den rosafarbenen Blüten des Weidenröschens und den Bronzetönen der arktischen Tundra durchsetzt. An manchen Stellen zieren kleine Gletscher die Landschaft, Moränen und tiefe Täler wie Zeichen ihrer Kunstfertigkeit hinterlassend. Hier ducken sich die nördlichsten Bäume des Kontinents in die Landschaft – die zerzausten Silhouetten von Schwarz-Fichte, Papier-Birke, Espe und Balsam-Pappel.
Diese heroischen Lebenszeichen können in der riesigen Stille unbemerkt bleiben, aber man ist nicht allein hier. Seit 11 000 Jahren leben Menschen in dieser rauen Landschaft, von Paläo-Inuit- bis zu Nunamiut und anderen Gruppen. Wanderer beginnen oder beenden ihre Reise oft in den abgelegenen Dörfern der Einheimischen Alaskas. Und sie entdecken Zeugnisse früherer Bewohner, von Faustkeilen über Nähwerkzeuge bis hin zu Steingebilden, mit denen die Kanten lederner Zelte beschwert wurden.
Und auch Wildtiere leben in diesem Land. Küstenseeschwalben kommen aus der Antarktis herangeflogen und verputzen die Millionen von Insekten, die den kostbaren kurzen Sommer über hier leben und sterben. Karibus durchqueren die Tundra zu Tausenden. Und wenn man genau hinhört, vernimmt man das Fiepen eines Erdhörnchens oder das Heulen eines fernen Wolfes. Achten sollte man auch auf Spuren von Grizzlybären, die auf der Jagd nach Nagetieren und auf der Suche nach Beeren sind.
Eines der großen Wunder der Brooks Range Traverse ereignet sich hoch oben über der Landschaft. Im Sommer steht die Sonne stets am Himmel, ohne je hinter dem Horizont zu verschwinden. Und wenn die Kälte zurückkehrt, tanzen die Nordlichter in wundersamen Bögen am Firmament.
DISTANZ: 56 Kilometer (von Punkt zu Punkt)
DAUER: 6 bis 8 Tage
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Herbst
SCHWIERIGKEITSGRAD: anspruchsvoll
WAS EINEN ERWARTET: Wasserfälle Ziegen Eichen- und Kiefernwälder Mango-, Papaya- und Avocadobäume Río Urique Tarahumara
Der Grand Canyon hat einen klangvollen Namen und einen erstklassigen Ruf als Wanderparadies, aber in vielerlei Hinsicht sind die Barrancas del Cobre (Copper Canyon) in Mexiko – ein Komplex von sechs Schluchten, die mehr als 1800 Meter tief abfallen – auch ein echter Renner. Erstens sind sie größer und tiefer. Zweitens sind sie die Heimat der Tarahumara-Ethnie, die hier seit Jahrhunderten lebt und immer noch Obstgärten in dieser trockenen und dramatisch schönen Landschaft pflegt. Und drittens kann man, um hierher zu gelangen, genüsslich in einem Panoramazug von der Pazifikküste in Richtung Hochland fahren.
Die meisten der Besucher, die in diese abgelegene Wüstenoase kommen, wandern abseits der Bahnstrecke, vorbei an Wasserfällen, und verbringen Zeit mit den Einheimischen und den Tarahumara. Und eine einwöchige Wanderung ist eine tolle Möglichkeit, in diese authentische Ecke Mexikos einzutauchen. Die vom Anbieter Copper Canyon Trails entwickelte 7-Tage-Tour folgt einem Pfad von 56 Kilometern Länge und mit 6000 Metern Höhenunterschied. Anfänger sollten sich diese Strecke nicht zumuten, und das Auf und Ab lässt sich am besten mit Geduld sowie einer guten Portion Humor bewältigen. Viele der Hänge der Barrancas del Cobre sind noch steiler als die des Grand Canyon, und sie können mit losen Feldern von Geröll durchzogen sein. Andere Passagen sind mit stacheligen Pflanzen bewachsen und von weidenden Ziegen bevölkert. Und auch Hitze und Trockenheit erschweren das Wandern.
Die gute Nachricht ist, dass die Landschaft absolut umwerfend ist. Klippen fallen steil in den Canyon ab, gesäumt von Grün und von hohen, zarten Wasserfällen durchzogen. Von Kiefernwäldern geht es hinunter durch artenreiche Eichenwälder und noch weiter hinab in Bereiche, wo Mangos, Papayas und Avocados gedeihen. Am Fuße des Canyons bietet der Río Urique eine willkommene Abkühlung und muss je nach Strömung knie- oder schenkeltief durchwatet werden. Auf dem Weg dorthin begegnet man vielen Einheimischen: Frauen, die Pflanzen zum Korbflechten sammeln, Kindern, die herumtollen, und Männern, die Äcker pflügen oder Lehmziegel vermauern. Wenn man das Ziel abends erreicht, kann man am Fluss oder an einer Wüstenquelle sein Lager aufschlagen und beim Rauschen des Wassers einschlafen, das der Schöpfer und das Lebenselixier dieses Canyons ist.
DISTANZ: 314 Kilometer (von Punkt zu Punkt)
DAUER: 15 bis 20 Tage
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Sommer
SCHWIERIGKEITSGRAD: nur für Experten
WAS EINEN ERWARTET: Ansel Adams Wilderness John Muir Wilderness Wiesen Rehe Dickhornschafe Murmeltiere Gletscherseen
Für gut trainierte Wanderer sind Höhenwege die Prüfstationen der Trekkingwelt. Und auf dieser Tour gibt es vielleicht kurze Abschnitte, auf denen man Pfaden folgt, dann aber bewegt man sich auf abschüssigen Passagen durch wenig frequentierte Wildnisgebiete.
»Auf diesen Off-Trail-Abschnitten benutzt man Karte und Kompass, um sich den Weg des geringsten Widerstands zwischen zwei Punkten zu suchen«, so Andrew Skurka, professioneller Rucksackwanderer und »National Geographic Adventurer of the Year 2007«, der 2008 anfing, Höhentouren als neue Herausforderungen anzugehen. »Man muss jeden Schritt richtig setzen, aber hohe Routen führen in herrliche Wildnisgebiete, die man sonst nicht erreicht.«
Eine der ersten bekannten Höhentouren des Landes war die Sierra High Route, die über 314 Kilometer von Norden nach Süden entlang der Kammlinie der Sierra Nevada führt, von der South Fork des Kings River bis zum Mono Village, nordwestlich vom Yosemite National Park. Selbst die mutigsten, erfahrensten Wanderer stellt diese Strecke vor Herausforderungen, und es wird gemunkelt, dass nur wenige Dutzend sie pro Jahr bewältigen. In der Sierra, die sich tief in die Nationalparks Yosemite, Sequoia und Kings Canyon sowie in die Ansel Adams und John Muir Wilderness Areas erstreckt, erwarten einen haarsträubende Klasse-III-Kletterpartien – hier gilt es, in Hanglagen aus Granit, Gestein und anderen Materialien über riesige Felsbrocken zu springen, Schneefelder zu überqueren (teils auch noch im Frühsommer) und steile Geröllfelder zu überwinden – ganz zu schweigen davon, dass die Passage nur gelegentlich unter 3000 Meter abfällt.
Obwohl diese Landschaft relativ nahe an den dicht besiedelten Orten Kaliforniens liegt, fühlt es sich an, als läge sie Lichtjahre entfernt. Die wie in Stein gemeißelten Granitfelsen und die atemberaubende Einsamkeit können durchaus mit Alaska und anderen großen Wildnisgebieten der Welt mithalten. Kletterer kraxeln durch ausgedehnte Granitbecken wie das Humphreys Basin, wo Felsen und Bergseen malerisch leuchtend grüne Täler schmücken, die alle von einem Band aus gezackten Gipfeln umrahmt sind. Felder voller Wildblumen verwöhnen das Auge mit satten Farben, und hohe Gipfel dominieren den Himmel mit ihren zerklüfteten Silhouetten. Und bald wird einem klar, warum der Naturforscher John Muir die Sierra einst als »Lichterkette« bezeichnet hat. Wenn man auf die hohen Gipfel blickt, kann man immer wieder beobachten, wie einzelne Sonnenstrahlen durch Wolken brechen.
Während ein Großteil der Sierra High Route sogar für selbstbewusste Bären zu hoch liegt, sieht man gelegentlich Rehe und Dickhornschafe – im Herbst, der Paarungszeit, hallt das Klackern ihrer Hörner durch die Landschaft. Oberhalb der Baumgrenze kann man Murmeltiere beobachten und Pfeifhasen hören, die ihr hohes Quietschen von sich geben. An Sommernachmittagen veranstalten allerdings oft Gewitter ihre beunruhigenden Theaterstücke (aus diesem Grund sollte man die Wanderung früh beginnen, um vor 14 Uhr die exponierten Bereiche wieder verlassen zu haben).
Von Zeit zu Zeit verschmilzt die Sierra High Route mit dem John Muir Trail, der wesentlich stärker frequentiert ist. Viele Höhenwegwanderer sind glücklich, wieder in die Stille der Berge zurückzukehren, um Hochkare und Gletscherseen für sich allein zu haben – was ein Phänomen für sich ist, da einige der bevölkerungsreichsten Städte Kaliforniens nur einen Katzensprung entfernt liegen.
DISTANZ: 8 Kilometer (Rundweg)
DAUER: 2,5 bis 4 Stunden
EMPFOHLENE JAHRESZEIT: Frühling und Herbst
SCHWIERIGKEITSGRAD: anspruchsvoll
WAS EINEN ERWARTET: rostrote Canyons Virgin River Maultierhirsche Füchse Fledermäuse Dickhornschafe Kängururatten Felsenziesel
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