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PETER GRÜNLICH

DER
WIE ICH VERSUCHT HABE,
ALLES
WIKIPEDIA DURCHZULESEN,
WISSER
UND WAS ICH DARAUS GELERNT HABE

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Originalausgabe

1. Auflage 2020

© 2020 by Yes Publishing – Pascale Breitenstein & Oliver Kuhn GbR

Türkenstraße 89, 80799 München

info@yes-publishing.de

Sämtliche Texte und Bilder von Wikipedia (siehe Quellenverzeichnis und Bildnachweis ab Seite 269 bzw. 271) sind unter der Lizenz »Creative Commons Attribution/ Share Alike« verfügbar (https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Lizenzbestimmungen_Creative_Commons_Attribution-ShareAlike_3.0_Unported).

Umschlaggestaltung: Ivan Kurylenko (hortasar covers)

Layout und Satz: Carsten Klein, Torgau

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-96905-026-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96905-027-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96905-028-6

Inhalt

Der richtige Pfad durch die wilde Wikipedia

Auf der Suche nach Überraschungen

Vom Sterben und Nichtsterben

Ungewöhnliche Todesfälle

Mikromort – der Tod in Raten

Mike, der Hahn ohne Kopf

Wird die Erde untergehen, und wenn ja, wann?

Iron Mike – der Mann, der sich (fast) nicht umbringen ließ

Violet, »the Unsinkable«

Stille Helden und böse Schurken

Der Hygienepionier

Ein besonderes Musikerleben

Die Spaßbremse mit der Doppelmoral

Der Killerkiller

Die Vereinigten Staaten von Ostafrika

Die Wunderwelt der menschlichen Wahrnehmung

Kognitive Dissonanz

Weitere kognitive Verzerrungen

Stephen Wiltshire, »die lebende Kamera«

Gefangen in der Filterblase

Die Schweigespirale

Heilsbringer, Prediger und Erlöser

Peoples Temple

Andrew Carnegie und das Evangelium des Reichtums

Krimis, die das Leben schrieb

Verschollen in Bulgarien

Das Geisterschiff

Erstaunliche Orte

Via Modesta Valenti in Rom

Kong-Berge in Afrika

Gate Tower Building in Osaka

Skurrile Kriege und Konflikte

Der Kneipenstreit von Oxford

Der ungewöhnliche Seitenwechsel: eine Schlacht im Zweiten Weltkrieg

Der Schimpansenkrieg in Tansania

Top Secret – düstere Geheimnisse

Operation Overcast – feinste Raketentechnik vom Feind

Das Milgram-Experiment

Streifzüge durch den Kulturkanon

Außergewöhnliche Frauen

Julie d’Aubigny – der Zeit voraus

Ruth Belville – die Zeit als Ware

Tilly Smith – zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Hannie Schaft – die niederländische Sophie Scholl

Bekannte Justizirrtümer

Kuriositäten der deutschen Sprache

Das Wort des Jahres

Besonders häufige Falschschreibungen

Spannendes aus der Wissenschaft

FOXO3 und das Altern

Der Pauli-Effekt

Eine Sternstunde der Ufologie

Seltsame Störungen

Das Paris-Syndrom

Die Tanganjika-Lachepidemie

Angst vor Zahlen

Schräges aus der Welt der Tiere

Bobbitwurm

Candirú (Vandellia cirrhosa)

Liebespfeile

Cymothoa exigua

Die Fortpflanzung der Plattwanzen durch traumatische Insemination

Wurmgrunzen

Hühnerhypnose

Ambra: das Gold des Meeres

Der 52-Hertz-Wal

Berühmte Tiere

Das wundersame Reich der Pflanzen

Der Arbre du Ténéré

Pando

Rotlichtgeschichten

Die Geschichte des ältesten Gewerbes der Welt

Hedy Lamarr und der zensurierte Orgasmus

Der Fortschritt und seine Tücken

Dagen H, der schwedische Seitenwechsel

Der rassistische Chatbot

Ein Eremit im romantischen Garten

Festgesperrt auf Lebenszeit: die Romantik unserer Zeit

Kunst und Krempel

Die große Kunst des Joseph Pujol

America, das goldene Klo

Sternstunden der Literatur

Gadsby

Nackt kam die Fremde

On Bullshit

Irre Ideen von Staats wegen

MKULTRA – ein düsteres Geheimnis

Der Unabomber

Ein tödliches Experiment

Die Olson-Affäre

Einheit 731 – Japans schlimmste Forschungstruppe

Conch Republic, der Staat im Staat

Die wichtigsten Merksprüche

Vom Essen und Fressen

Ketchup als Gemüse

Herr Allesfresser

Der Vielesser

Der Kaffee mit der besonderen Note

Seltsame Spiele

Zwergenwerfen

Fuchsprellen

The Game

Abgeschnitten von der Welt

Ikonen und ihr Erbe

Der glorreiche General, der vom Himmel abstammt

Die Merkel-Raute

Der letzte Krieger

Japans erster Olympionike

Der Parasit der Erinnerung

Ein letztes Aufbäumen

Quellenverzeichnis

Bildnachweis

Der richtige Pfad durch die wilde Wikipedia

Die ganz großen Abenteuer der Menschheit, so wirkt es auf mich, sind abgeerntet. Erfahren und erlitten von der letzten großen Generation von Abenteurern wie dem Universalgelehrten Alexander von Humboldt.

Bevor er am 6. Mai 1859 in Berlin starb, hatte er mit samtenen Rokoko-Schühchen beinahe den 6267 Meter hohen Chimborazo in Ecuador bestiegen, die Wirkung der Stromschläge von Aalen am eigenen Leib getestet, das Lianengift Curare getrunken, um zu zeigen, dass es nur in der Blutbahn tödlich ist, aber nicht, wenn man es schluckt, und ganz nebenbei 60 000 unterschiedliche Pflanzen eingesammelt, darunter 3600 Arten, die er entdeckt hat. Er schrieb 33 Bände über seine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Seine eigene kleine Wikipedia.

Das war zu einer Zeit, als die Welt noch voller unerforschter, jungfräulicher Flecken war. Doch mittlerweile wurde jedes einzelne Atom vermessen, erklärt und beschrieben. Was kann man denn heute noch für Abenteuer erleben, wo jeder Kontinent durchquert und jeder Berg bestiegen ist?

Gut, ein paar Siebentausender gibt es noch, die zu erklimmen wären, darunter der Gangkhar Puensum im Himalaja, mit seinen 7570 Metern laut Wikipedia der höchste unbestiegene Berg der Erde. Allerdings gilt er der einheimischen Bevölkerung von Bhutan als heiliger Wohnsitz der Götter, weshalb es nicht gestattet ist, den Gipfel oberhalb von 6000 Metern zu besteigen.

Es gibt noch einen Berg, den niemand besteigen kann. Weil er ständig weiterwächst, während wir auf ihm wandeln. Und zwar schneller, als man ihn besteigen könnte. Es ist der Berg unseres Wissens. Die gesamte deutsche Wikipedia besteht aus 2 426 993 Artikeln mit 1 237 310 393 Wörtern. Um alles durchzulesen, braucht man ungefähr 4300 Tage.

Wenn ich gleich heute anfange, bin ich also schon in gut elf Jahren fertig (auf Schlafen werde ich dabei verzichten). Doch nein, das Monster wächst ja noch weiter – jeden Tag gibt es Hunderte neue Artikel! Ich werde dieses Abenteuer wohl nicht beenden können.

Warum sollte man sich das überhaupt antun, all die spröde geschriebenen Artikel von Philatelie bis Phantastik, von Animation bis Chimäre, von Pyrotechnik bis Numismatik durchzulesen? Viele Menschen teilen das Gefühl, dass wir diese komplexe Welt ohnehin nicht verstehen können. Können wir so vielleicht verstehen lernen, wie alles zusammenhängt und warum es sich so entwickelt hat?

Wikipedia ist ein Wunder. Allein die englischsprachige Seite vereint mehr als sechs Millionen Artikel. Sie ist umfangreicher als jedes Lexikon. Und es ist die einzige Non-Profit-Seite unter den zehn größten Websites der Welt.

Meine Hoffnung ist, dass das gesammelte Wikipedia-Wissen, all diese kleinen Puzzleteilchen, irgendwann ein großes Bild ergibt. Dass sich dem Lesenden zumindest ein anderer Blick auf alles erschließt, wenn er oben auf dem Wissensberg hockt und über die Erde blickt wie ein Adler.

Ich möchte nämlich auch gern Universalgelehrter werden. Einer, der sich mit dem Mormonentum genauso gut auskennt wie mit Transsexualität. Der auf Cocktailpartys die Anwesenden wie ein Lagerfeuer mit seinem Wissen wärmt.

Wussten Sie, dass die Mona Lisa keine Augenbrauen hat?

Edmund Hillary trug bei seiner Mount-Everest-Erstbesteigung eine Rolex.

Adolfo Kaminsky rettete während des Zweiten Weltkrieges mehr Menschen als Oscar Schindler vor den Nazis, indem er die Verfolgten mit falschen Pässen aus seiner Untergrundwerkstatt versorgte und so ihre Deportation verhinderte.

Eis wird unterhalb von –200 Grad Celsius wieder flüssig.

Bei den Clownfischen leben mehrere Männchen in einem von einem Weibchen dominierten Harem zusammen. Stirbt das Weibchen, wechselt einer der männlichen Clownfische sein Geschlecht und wird zur Chefin der Schar.

Bart Simpson heißt mit vollem Namen Bartholomew JoJo Simpson.

In einigen asiatischen Ländern, zum Beispiel in Korea, wird das Lebensalter anders gemessen als bei uns. Kommt man in Korea auf die Welt, ist man bereits ein Jahr alt, da die Zeit des Embryos im Mutterleib als erstes Lebensjahr gerechnet wird. Älter wird man auch nicht an seinem Geburtstag, sondern mit allen anderen an Silvester. So kann es sein, dass man in Korea zwei Jahre älter ist als bei uns.

Das Logo des Lutscherherstellers Chupa Chups wurde von Salvador Dalí entworfen.

Goodbye ist eine Verkürzung des Satzes »God be with you«.

Der Ausdruck »Scheißtag« stammt aus dem 19. Jahrhundert, als die Knechte die Zeit wieder reinarbeiten mussten, die sie während der Arbeit für Toilettenbesuche verwendet hatten.

Solche Sachen. Wo die Frauen vielleicht fasziniert mit der Kirsche im Cocktail rühren. Ich will ein Buch über meine wundersamen Kenntnisse schreiben. Vielleicht verbindet sich das viele Wissen dann ja eines Tages zu einem neuronalen Netz der Weisheit.

Ich will nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Ich werde nicht die komplette Wikipedia lesen können. Aber ich werde einmal quer durchbrowsen, Tausende Artikel lesen und versuchen, das herauszuholen, was ich am interessantesten fand. All die spannenden Themen, über die man in den Medien nichts gelesen hat. Menschen, die unsere Welt besser oder schlechter gemacht haben, von denen ich noch nie zuvor gehört habe. Unbekannte Katastrophen, von denen wir vielleicht etwas lernen können. Erstaunliche psychologische Phänomene, die in den Tiefen des Lexikons verborgen sind. Und obendrein natürlich eine riesige Menge erstaunliches und vermutlich unnützes Wissen.

Würde mein Buch die ganze deutsche Wikipedia enthalten, wäre es über 600 000 Seiten lang geworden. Das hätte die Transportfähigkeit deutlich erschwert. Es wäre übrigens 30 Mal schwerer, wenn es statt aus Papier aus Osmium hergestellt worden wäre, dem schwersten Material, das auf der Erde vorkommt. Das Platinmetall mit der Abkürzung Os im Periodensystem ist noch weniger komprimierbar als Diamant und wurde früher für Glühfäden in Glühbirnen verwendet. Dann hätte das Buch allerdings einen Materialwert von rund 10 Millionen Euro und Sie hätten sich vermutlich für ein anderes Werk entschieden. Obwohl Osmium im Vergleich zu Californium erstaunlich preiswert ist. Das seltenste Element der Erde kostet rund 25 Millionen Euro pro Gramm. Und dabei würde es erstaunlich schnell zerfallen, denn Californium ist eine instabile Neutronenquelle, die in den Überresten der ersten amerikanischen Wasserstoffbombe auf dem Eniwetok-Atoll gefunden wurde. Sie können das Südsee-Atoll mittlerweile wieder besuchen, weil die Insel vom Atommüll gesäubert wurde. Der Müll wurde mit Portlandzement vermischt und in einem Krater mit 358 Betonplatten von je 46 Zentimeter Dicke verschlossen. Beim Abtragen wurde allerdings so viel fruchtbare Erde entfernt, dass traditionelle Pflanzen nicht mehr wachsen. Noch teurer wäre übrigens nur Antimaterie, die im Schweizer CERN hergestellt wurde für 23 Milliarden Euro pro Gramm. Antimaterie ist Materie, die aus Antiteilchen besteht. Wenn Materieteilchen und Antiteilchen aufeinandertreffen, können sie in einer Annihilationsreaktion zerfallen. Allerdings gelang es dem CERN nur, 309 Antiwasserstoffatome 17 Minuten lang einzufangen. So schnell werden Sie das Buch nicht gelesen haben.

Sie merken, wie leicht man sich im endlosen Labyrinth von Wikipedia verzettelt. Man klickt sich immer tiefer hinein ins Wirrwarr aus Artikeln und Links. Deshalb versuche ich es erst einmal alphabetisch. Von Anfang an.

Der erste Wikipedia-Artikel, wenn man sie alphabetisch sortiert, hat es gleich in sich. Er widmet sich einem Zeichen: der lateinischen Minuskel I mit aus dem Zentrum hervortretendem, linksdrehendem Haken. Es steht für den stimmlosen lateralen alveolaren Frikativ (ein stimmloser, an den Alveolen, also mit der Zunge am oberen Zahndamm gebildeter Reibelaut). Er wird leider nur in Walisisch, Kalaallisut (Grönländisch), Batsisch und Navajo gebraucht.

Ich nehme mir vor, den nächsten Waliser, den ich treffe, bei einem gepflegten Glas Bier um einen stimmlosen lateralen alveolaren Frikativ zu bitten.

Deutsche Texte bestehen durchschnittlich zu 6,51 Prozent aus dem Buchstaben A. Die Urform des Buchstabens stellte wahrscheinlich den Kopf eines Ochsen dar.

Aa, haben die Gebrüder Grimm in ihrem legendären Wörterbuch erklärt, sei das anständige Wort für Kot, das man seinen Kindern beibringen sollte.

Aaata Finchi heißen die größten Prachtkäfer der Erde. Sie zählen zu den am teuersten gehandelten Raritäten. Für ein präpariertes Exemplar zahlen Sammler mehrere Hundert Euro.

Aachen heißt eigentlich Bad Aachen, verzichtet aber auf das Bad, damit es in allen Verzeichnissen vorne auftaucht.

Aanaakhiiqtuuq ist ein See in Kanada (falls Sie mal ein Profi-Rätsel erstellen wollen).

Aaron Carter ist der jüngste Musiker, der jemals eine Platin-Schallplatte bekam. Im Alter von neun Jahren veröffentlichte er sein erstes Album (sein Bruder Nick war bei den Backstreet Boys). Später spielte er eine Private Dinner Tour, bei der er seine Fans daheim besuchte und beim Essen nebenbei sang. Als Erwachsener outete er sich als bisexuell und machte in einer Fernsehsendung einen HIV-Test. Der Test fiel zwar negativ aus, dafür wurde er in einem zweiten Test positiv auf Opiate getestet.

Steht alles so auf Wikipedia.

Ich finde es erstaunlich, was wir alles nicht wissen. Nicht einmal von 1 Prozent der Inhalte der Artikel habe ich jemals zuvor gehört. Aber die alphabetische Vorgehensweise bringt mich nicht weiter, so wird es bald langweilig. Ich muss die Strategie wechseln.

»Wer A sagt, der muss nicht B sagen«, schrieb Bertolt Brecht.

Auf der Suche nach Überraschungen

Fortan scanne ich die Wikipedia lieber per Zufall nach spannenden Themen (die Anzeige eines zufälligen Eintrags ist eine wunderbare Funktion auf jeder Wikipedia-Seite). Geografie. Geschichte. Religion. Gesellschaft. Sport. Technik. Kunst. Wissenschaft. Ein wilder Ritt durch die Gebiete und die Kategorien. Kommen Sie mit auf eine Reise an die wundersamsten Schauplätze. Sie werden erstaunt sein, wie aufregend Wikipedia sein kann.

Die Reise führt mich erst mal zu Richard und Maurice McDonald (zwei Fast-Food-Pionieren, die ihren Laden für 2,7 Millionen US-Dollar an einen Milchshake-Maschinen-Vertreter verkauft haben, der daraus den Weltkonzern McDonald’s gemacht hat). Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet die Milchshake-Maschinen bei McDonald’s bis heute oft nicht funktionieren, wie eine Datenanalyse auf Basis von Kundenbeschwerden bestätigt hat.

Die Bahnstrecke Plettenberg–Herscheid hat einen eigenen Eintrag. Aber aufgepasst, es wird aktuell nur noch die Teilstrecke Köbbinghausen nach Hüinghausen befahren.

Ion Perdicaris war ein »griechisch-amerikanischer Lebemann«, dessen Entführung 1904 den sogenannten Perdicaris-Zwischenfall auslöste. Lebemann erscheint mir eine erstrebenswerte Kategorie und ich überlege, wie man es heutzutage noch zu dieser biografischen Bezeichnung bringen kann. Damals reichte es, dass eine verheiratete Frau ihren Mann für Perdicaris verließ. Etliche Jahre später wurden er und ein Sohn seiner Geliebten in ihrer Villa in Marokko von Aufständischen entführt. Die Entführung sorgte in den Vereinigten Staaten für Empörung und US-Präsident Theodore Roosevelt schickte einen Militärkreuzer nach Marokko, um Perdicaris zu befreien. Unterwegs fiel ihnen auf, dass der Entführte gar kein amerikanischer Staatsbürger mehr war und die USA somit gar nicht zuständig. Roosevelt hielt das geheim, forderte lautstark seine Freilassung, drohte den Entführern mit dem Tod und sicherte sich so seine Wiederwahl. Der Skandal wurde erst Jahrzehnte später bekannt.

Als Michael Jackson starb, war das Suchvolumen bei Google so groß, dass man einen Hackerangriff vermutete und Suchanfragen für 30 Minuten sperrte.

Schließlich lande ich auf der wunderbaren Liste ungewöhnlicher Todesfälle. Darin werden seltene oder gar einmalige Todesumstände beschrieben. Viele kleine Puzzleteilchen aus menschlicher Selbstüberschätzung, Pech, Dummheit, Hass und Schicksal. Sie lassen erahnen, wie sich der Homo sapiens in den letzten Jahrtausenden entwickelt hat, und zeichnen ein Bild des evolutionären Fortschritts unserer Spezies, das uns ratlos zurücklässt.

Als größte evolutionäre Entwicklung der letzten Jahrtausende Menschheitsgeschichte gilt übrigens »ein Trend zur Verkleinerung des Unterkiefers und zu Überbiss«, wie Wikipedia erklärt. Die Ursache sei der ernährungsbedingte Mangel an faserreicher Nahrung.

Vom Sterben und Nichtsterben

Ungewöhnliche Todesfälle

Aus der Liste der ungewöhnlichen Todesfälle habe ich die 46 außergewöhnlichsten ausgewählt. Viele hätten den Darwin Award verdient. Diese satirische Auszeichnung wird vergeben, wenn ein lebensuntüchtiges Individuum seiner Art den Gefallen tut, die weitere Verbreitung des eigenen Erbguts durch eine besonders dämliche Art, unfreiwillig zu Tode zu kommen, zu verhindern. Von diesen Knalltüten der Menschheitsgeschichte können wir besonders viel darüber lernen, wie wir uns besser nicht verhalten sollten. Einige der Preisträger werden uns später in diesem Buch noch begegnen. Wie zum Beispiel John Allen Chau, der Gewinner von 2018, der das auf North Sentinel Island lebende Urvolk der Sentinelesen besuchte, um sie trotz Kontaktverbot christlich zu missionieren. Chau ignorierte die Warnschüsse der Einheimischen und wurde von diesen mit Pfeilen durchbohrt.

Die Todesfälle sind chronologisch sortiert, einige sind mythologischen Ursprungs oder nicht durch zeitgenössische Berichte belegt.

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Illustration des Todes des Aischylos in der Florentinischen Bilderchronik von Maso Finiguerra (15. Jh.)

Plinius der Ältere fügt in seiner Enzyklopädie Naturalis Historiæ hinzu, dass sich Aischylos im Freien aufhielt, weil eine Prophezeiung ihn vor herabfallenden Gegenständen gewarnt hatte.