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Reihe: Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, Band 15

Hrsg. von Claus Bernet

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

© 2014 (Erstauflage), Claus Bernet.

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http://himmlischesjerusalem.wordpress.com

Berlin, 21.6.2015 (3. Aufl.)

Edition Graugans, Berlin

Herstellung und Verlag: Bod - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7357-6898-8

GG Wissenschaft ist ein Imprint der Edition Graugans, Berlin

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Kuriositäten und Besonderheiten hat es auch bei dem Thema „Himmlisches Jerusalem“ gegeben. Es sind weniger Arbeiten großer Künstler, sondern mehr oder weniger bescheidene Werke, die bislang recht selten einmal eine Würdigung erfahren haben. Die Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft haben eigentlich alle hier besprochene Kunstwerke hartnäckig ignoriert und als „wertlos“ beiseite geschoben. Zu Unrecht! Ein Qualitätsurteil ist immer auch ein Geschmacksurteil, und viele der hier vorgestellten Werke haben es durchaus verdient, beachtet zu werden. Häufig waren es gerade Massenprodukte, die stark in das Alltagsleben hineinwirkten und für viele Menschen das Bild vom Himmlischen Jerusalem prägten. Da wären vor allem die niederländischen und norddeutschen Bibelfliesen: über Jahrhunderte wärmten sich viele Menschen im Winter am Küchenofen und betrachteten dabei – bewusst oder unbewusst – auch das Neue Jerusalem. Ebenso weit verbreitet sind und waren Schmuckstücke mit diesem Motiv. Ein hervorstechendes Beispiel ist hier Marianna Paranskys Jerusalemsschmuck aus dem Jahre 2002 oder das Schmuckdekor „Nový Jeruzalém“ von Josef Salaba (2010). Selbst vor Jerusalem-Ohrringen hat man nicht Halt gemacht.

Vermutlich wurden nicht alle hier versammelten Kunstwerke von theologischen Würdenträgern abgesegnet. Vor allem der Jerusalemshumor hatte immer auch einen kritischen Blick auf Kirche und Theologie. Satirische Zeichnungen kamen in der Renaissance auf, satirische Beiträge mit dem Neuen Jerusalem kennen wir seit Ende des 19. Jahrhunderts, vor allem in Zeitungen und Zeitschriften. In den Bereich der fröhlichen und augenzwinkernden Beschäftigung mit dem Thema gehört sicherlich auch die in den USA bekannte Comic-Bibel (um 1958) von Basil Wolverton, oder neuerdings das Neue Jerusalem in Legosteinen, mit denen ausgerechnet ein bekennender Atheist, Brendan Powell Smith, Aufsehen erregte.

Kirchlicherseits gefördert wurden hingegen Kunstobjekte im katholischen Umfeld. Dass dabei auch einmal das Neue Jerusalem in ungewöhnlicher Art und Weise thematisiert werden konnte, zeigen Beispiele von Hildegard Bienen, der Felicitas-Schrein (1960) von Elmar Hillebrand, oder die Regensburger Glaswand (1995) des Londoner Künstlers Graham Jones. Neuerdings hat sich sogar ein italienischer Bischof, Carlo Roberto Maria Redaelli, das Neue Jerusalem zu seinem Wappen und Siegel gewählt.

Richtig bekannt sind die wenigsten hier vorgestellten Arbeiten. Zwei Ausnahmen jedoch sollte man kennen: da gibt es zunächst gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Zeichnungen des Neuen Jerusalem von Henry Dunant, der als Gründer des Roten Kreuzes weltweit Ansehen genießt. Und 2012 thematisierte Danny Boyle anlässlich der Olympia-Eröffnungsgala in London die Gottesstadt in einer theatralischen Inszenierung für ein Millionenpublikum.

Bibelfliesen (19. Jh.)

Manganbraune Fliese aus Harlingen, 1800-1825 (Privatbesitz).

Manganbraune Fliese aus Rotterdam, 1800-1850 (Privatbesitz).

Delftblaue Fliese aus Harlingen, um 1880 (Privatbesitz).

19. Jh. (Privatbesitz Joachim Hensel).

In früheren Jahrhunderten war die Küche oft der einzige warme Raum in einem Haus. Fliesen mit friesischen Motiven zierten mitunter Wand und Ofen der Küchen oder den Kamin im Wohnzimmer. Und immer wieder waren auch biblische Motive darunter, die die Erzählungen aus dem Alten und Neuen Testament zeigten – selbstverständlich auch das Himmlische Jerusalem. „Openb.“ steht abgekürzt unter dem Bibelbild, was indiziert, dass dieses Motiv im friesischen oder niederländischen Raum gefertigt wurde und wahrscheinlich auch in einer dortigen Küche zu finden war.

Die erste der Fliesen stammt aus Rotterdam, die daneben aus Harlingen. Die vereinfachten Illustrationen, die ganz in Blau- oder Brauntönen gehalten sind, orientieren sich an bekannten Bibeldrucken des 18. Jahrhunderts, wie etwa die „Statenbijbel“ von Johannes Enschede en zonen (Haarlem 1796).

Jede Fliese hat selbst eine eigene Geschichte: von ihrer Entstehung im 18.-19. Jahrhundert bis zu ihrem heutigen Besitzer. Manche Spuren hat diese Geschichte auf der Oberfläche der Fliese hinterlassen. Die quadratischen blauen Kostbarkeiten wurden nach Vorlagen alter Meister von niederländischen Handwerkern gestaltet und waren weit mehr als kostbare Schmuckstücke. Sie regten die Familie zum Gespräch an. Wer nicht lesen konnte, erfuhr durch die bildlichen Darstellungen von der biblischen Botschaft.

Jan Pluis: Bijbeltegels. Bijbelse voorstellingen op Nederlandse wandtegels van de 17e tot de 20e eeuw, Bibelfliesen, Münster 1994.

Klaus Tiedemann: Biblische Geschichten in Delfter Blau. Niederländische Bibelfliesen von 1650 bis 1850, Heidelberg 1998.

Jede Fliese erzählt eine Geschichte. Die Wanderausstellung ‚Bibelfliesen’, in: Ostfriesland-Magazin: Zeitschrift für Land und Inseln zwischen Dollart und Jadebusen, 12, 2003, S. 36-37.

Kurt Perrey, Jan Pluis: Fliesenbibel. Biblia: Gute-Nachricht-Bibel. Das Buch der Bücher mit den Bibelfliesen. Altes und Neues Testament mit ausgewählten Spätschriften des Alten Testaments (Apokryphen) und biblische Darstellungen auf Fliesen seit dem 17. Jahrhundert, Weener 2008.

Jubiläums-Medaille (2. Hälfte 19. Jh.)

Medaillen oder gar Münzen mit Darstellung des Himmlischen Jerusalem haben Seltenheitswert. Dieses gut erhaltene Exemplar hat einen Durchmesser von 97 mm, ist aus Bronze und wiegt 202 g. Oben wurden zwei Befestigungslöcher für eine Kette oder Schnur nachträglich eingestanzt.