Die Verse, welche das Leben schreibt, sind immer wieder neu, eigentümlich, bisweilen bizarr; sie spiegeln Menschen in ihrer Zeit, reflektieren ebenso das, was den Menschen grundlegend ausmacht, wie die Bedingungen, unter denen er konkret geworden.
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© 2015 Richard A. Huthmacher
Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH
ISBN: 978-3-7392-5870-6
Moderne Vaganten-Lieder – ebenso ein Poem der Kritik wie der Besinnung, gleichermaßen Ver-Dichtung des Spotts über die Erbärmlichkeit der Herrschenden wie der Ehrfurcht vor den Wundern der Schöpfung, allem voran aber Ausdruck der Wertschätzung des Menschen:
Der Mensch – ein Traum, was könnte sein, was möglich wär. Nur ein Vielleicht, nicht weniger, nicht mehr.
Den Irrenden und Wirrenden gewidmet, die scheitern, ihrem Bemühen zum Trotz.
Nicht schicksalsgewollt, sondern durch anderer Menschen Hand, nicht zwangsläufig, sondern deshalb, weil Menschen Menschen, wissentlich und willentlich, Unsägliches antun.
Gewidmet insbesondere meiner ermordeten Frau, die ihr Leben geben musste, um ein Fanal zu setzen: gegen die Dummheit und Unmenschlichkeit derer, welche die Wahrheit für sich beanspruchen – einzig und allein deshalb, weil sie diese kaufen können.
Warum Gedichte? Weil Lyrik ein hohes Maß an sprachlicher Verknappung und inhaltlicher Pointierung, an semantischer Prägnanz und thematischer Fokussierung ermöglicht.
Auf Inhalte, die sich wie Perlen einer Kette durch die Gedichte des Autors ziehen: Mensch und Leben, Sterben und Tod, Gut und Böse, Recht und Gerechtigkeit, Staat und Gesellschaft, Macht und Ohnmacht; nicht zuletzt Liebe, Sehnsucht, Leidenschaft.
Allesamt Sujets ebenso individueller menschlicher Existenz wie kollektiven Seins, gleichermaßen Ausdruck einer ontogenetischer Beziehung von „Sein und Zeit“ wie der sozio-kulturellen Prägung des je Einzelnen.
Warum also Gedichte? Weil deren sprachliche Minimierung ein hohes Maß an emotionaler Verdichtung möglich macht – dadurch werden Inhalte nachvollziehbar, die auf bloßer Verstandes-Ebene oft kaum zu erschließen sind.
Vulgo: Was nützen Erkenntnisse, wenn sie nicht unser Herz berühren? Wie könnten wir etwas verändern, wenn wir nicht die Seele der Menschen erreichen?
Deshalb dienen dem Autor – der gleichermaßen als Wortklauber wie als Seelen-Flüsterer fungiert – Gedichte quasi als Trojanisches Pferd: Sie sollen sich einschleichen in das Innerste der Leser, in ihr Herz und ihr Gemüt, sollen diese berühren und bewegen.
Damit fürderhin, so des „armen Poeten“ Hoffnung, nur ein Gran weniger gelte:
Der
Menschen
Herz, so kalt wie
Stein: Wer zahlt hat
Recht, das sei der Welten Lauf.
Der Menschen Herz, so kalt –
wie einst das Herz aus
Stein bei Wilhelm
Hauff.
Das vorliegende Buch ist eine Anthologie, ein Florilegium und als solche(s) Auswahl exemplarischer Gedichte des Autors zu grundlegenden Themen menschlichen Seins.
Auch diese „Tragödie des Menschseins“ steht unter dem Motto: „Ich bin ein Anarchist!" „Warum?" „Ich will nicht herrschen, aber auch beherrscht nicht werden!"
Und sie möge – jedem Leser – helfen zu erkennen: „In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.“
Erzähler:
Neue
Bürger hier
auf Erden – oft
Gespenster, die, kaum
geboren, schon verloren, nur
harren, dass der Tod Erlösung gibt
in diesem schlecht gespielten
Stück, das man das Le-
ben nennt.
Ein
neues Le-
ben
Es
kommt
von einer weiten
Reise, aus einem
unbekannten
Land.
Im
Irgendwo
von Gott der
Schöpfung aufgegeben,
entstand ein neues Leben, das seinen
Weg dann fand in dieses karge
Land, das man die
Welt ge-
nannt.
In
dieses
Jammertal, wo
viele Menschen leiden, überall,
zu allen Zeiten, gar
unermesslich
Qual.
Es
schrie, das
neue Leben, als
seine Mutter
es ge
bar.
Als
es ward
ausgestoßen. Un-
gefragt.
Darum,
ihr Eltern
und ihr Menschen,
die kreuzen
seinen
Weg:
Versteht,
dass jedes neue
Leben ist kostbar,
heilig
gar.
Wie
jedes
Leben eben gar
einzigartig.
Wie jedes
Leben, schlechthin, schlicht-
weg, gar wunder-
bar.
Deshalb
erspart Ihm allzu viele
Sorgen.
Ansonsten,
kaum das neue
Leben ward geboren, erleidet
seine Seele einen
frühen Tod:
Falls
allzu groß
die Not, so existiert
der Leib zwar noch als Hülle,
doch dieser Hülle Seele ist
und bleibet
tot.
Was
aus dem
Mensch den Menschen
macht
1. Szene
Geburt
Erzähler:
Geboren –
und schon verloren?
Gleichwohl:
Geburtstags-Wünsche
An einen neuen
Erdenbürger
Licht
im Dunkel,
Geborgenheit im
Chaos, Erkenntnis in Ver-
wirrung, Liebe trotz allenthalben
Hass, Freunde unter Feinden, allzeit
Wärme in der Kälte des Lebens,
schlichtweg den Himmel auf
Erden wünsche ich Dir,
der Du, ungefragt,
geboren.
Auf
dass Du
nicht verzagst am
schier Unerträglichen, das
wir nennen eines
Menschen
Leben.
Erzähler:
Ver-
wundert
mithin, dass
Neugeborene
schreien?
Geboren werden –
Gnade oder
Strafe?
Wen
wundert, dass
Neugeborene schreien,
wenn sie dieses Tollhaus betreten,
das wir unsere Welt
nennen.
Und
weinen, weil
sie ihre Geburt nicht nur
mit dem Tod, nein, viel schlimmer noch,
mit dem Leben, mit dem
Leben-Müssen
bezahlen.
Müssen.
Wo
doch schon
Aristoteles erkannte,
dass Nicht-Geboren-Werden
das beste Schick-
sal ist.
Erzähler:
Indes:
Geburt – die
Möglichkeit, dass
ein Mensch
werde.
Geburt –
nur eine Mög-
lichkeit. Nicht we-
niger, nicht
mehr
Es
ist ein
Wunder, sagt
das Gefühl. Es ist
der Welten Lauf, sagt der Verstand.
Es ist eine Herausforderung, sagt die Angst.
Es ist eine Möglichkeit,
sagt der
Mut:
Die
Möglichkeit,
dass der Mensch werde. Die
Möglichkeit, dass der
Mensch Mensch
werde.
Dass
der Mensch
werden darf. Dass ein
Mensch Mensch
werden
darf.
Und
dass ein
Mensch Mensch
werden
kann.
Dass
der Mensch
werden und Mensch
werden
wird.
Wo
bisher
doch Millionen
und Abermillionen von
Möglichkeiten be-
reits vergeben
wurden.
Erzähler:
Mehr
noch ist al-
so die Geburt
eines Menschen
die Möglichkeit, dass
ein Mensch tatsächlich auch
Mensch werde. Im ewi-
gen Kreislauf von
Leben und
Sterben.
Kreislauf
Geburt
schafft menschliche
Existenz. Der Mensch
selbst entsteht erst im Leben.
Und im Tod kehrt er zurück
zu den Ursprüngen
seines Seins.
So
also ist der
Mensch, immer
wieder neu, zum Leben
wie zum Sterben
berufen.
Erzähler:
Mithin
schwimmen
wir im Strom der
Zeit. Oft zu leben nicht
willens, indes zu
sterben nicht
bereit.
Im
Strom der
Zeit
Geboren
werden viele;
zu leben berufen
sind nur
wenige.
Und
ist auch
die Geburt ein
Geschenk, so muss
doch das Leben
erst verdient
werden.
So
also
schwimmen
wir im Strom der Zeit,
aus dem uns nur
der Tod be
freit.
Vergänglichkeit
Oder: Immer wiederkehrender
Kreislauf
Geboren,
erzogen, gebeugt
und gebrochen. Zeugend, gebärend,
erziehend, beugend und
brechend.
Dann
sterben.
Kann
dies das Leben
sein?
Erzähler:
Wo
aber ist
ein Ausweg?
Wenn sich der Glaube
eingestellt, das Glück sei schon ver-
loren, das Leiden unser Los, so-
bald die Mutter uns geboren,
sobald wir krochen
aus der Mutter
Schoß.
Kind
der Sterne
Von
einem Stern
gekommen, auf
der Erde eher gestrandet
als gelandet, obwohl Phantast
und Träumer Mensch unter Menschen,
ebenso in der Verdammnis wie im selbst gewählten
Exil lebend, erdacht von Philosophen, geschaffen
von Literaten, Fleisch geworden durch die
Liebe weilt er nun unter uns,
verborgen, unerkannt,
missachtet.
Es
gibt nur
eine Zukunft für ihn:
Zurück zu den Sternen.
Erzähler:
Könnt
also dies
ein Ausweg,
mehr noch, unsere
Bestimmung
sein?
Tod
und Geburt
Am
Tag, an
dem du stirbst, wirst
du geboren. Für
die Ewig
keit.
Erzähler:
Oder
leben wir ganz
einfach weiter im Ge-
denken?
Weiter-
leben im Ge-
denken
Nach
meinem Tod
wird niemand um
mich trauern – niemand,
nirgends und an
keinem
Ort.
Und
doch hab ich
gelebt.
Wer
wird das,
was ich geschrieben,
lesen?
Vielleicht,
so meine Hoffnung,
leb ich dann
in dem, in
diesen
fort.
Erzähler:
Und
bedenke,
geneigter Leser,
dass nur das, was unter Schmerz
geboren, tatsächlich
einen Wert
erlangt:
Nur
was unter
Schmerz geboren
Macht
es die Muschel
krank, dass sie die
Perle trägt?
Nein.
Denn
erst im
Schmerz die
Muschel dann erkannt,
dass diese Perle, die im Schmerz
entstand, mit Schönheit ihren Schmerz
verband, dass beide, Muschel wie
Perle, dadurch auserkoren und
dass nur das, was unter
Schmerz geboren, tat-
sächlich einen
Wert erlangt.
Was
aus dem
Mensch den Menschen
macht
2. Szene
Kindheit
und Jugend
Erzähler:
In
dieser,
ach, so eignen
Welt möchte ich noch
einmal leben, in diesem
kindlich Leben
eben:
Wie
seinerzeit
in Kindertagen
Im
Reich der
Phantasie, weit weg
von späteren Gewittertagen,
als meine Kinderträum erschlagen,
als selten noch die Sonne schien und längst
verwelkt die Blütenträume, die einst der Kindheit
und der Jugend Bäume als bunte Pracht
getragen, in diesem Reich der Kinder
phantasie möchte ich noch einmal