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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die am 15. September 1898 eröffnete Kleinbahn Rheinbrohl - Mahlberg mit einer Spurweite von 750 mm war eine der vielen Kleinbahnen in Deutschland, die über die Grenzen ihrer Region hinaus kaum bekannt waren. Obwohl sie über 70 Jahre existierte, war sie keine Bahn des öffentlichen Personenverkehrs, ihre Hauptaufgabe war die Beförderung von Gütern. Vereinzelt wurde sie in den Verzeichnissen der Straßenbahnen und Kleinbahnen (1904 und 1908) erwähnt. In der Nachkriegszeit ist sie dann verschiedentlich in den Mitgliederhandbüchern der Nichtbundeseigenen Bahnen genannt worden.

Von ihrem Bestehen an hat sie zunächst bis Anfang der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts den am Mahlberg gebrochenen Basalt zum Rheinhafen Rheinbrohl transportiert. Ab 1902 erbrachte sie beachtliche Beförderungsleistungen für die Chemische Fabrik, vorm. Walter Feld, später der Kali-Chemie, heute Solvay-Werke, zwischen Rheinbrohl und Hönningen.

Die Schmalspurbahn hat das nach dem Zweiten Weltkrieg schrittweise beginnende Sterben der Kleinbahnen um viele Jahre überlebt. Letztlich musste sie aber doch dem immer stärker werdenden Individualverkehr weichen; sowohl die immer weiter fortschreitende Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße als auch der Straßenausbau der B 42 zwischen Rheinbrohl und Bad Hönningen brachten schließlich das endgültige Aus.

Am 31. Oktober 1968 verkehrte der letzte festlich geschmückte Güterzug von Bad Hönningen zum Rheinhafen Rheinbrohl. “Et Bähnchen“ wurde stillgelegt.

In dieser Veröffentlichung werden auch die bei der Kali-Chemie bzw. beim Solvay-Werk in Bad Hönningen eingesetzten normalspurigen Werklokomotiven beschrieben.

Eine vollständige Darstellung ist wegen mangelnder Informationen und fehlender Unterlagen nicht möglich, insbesondere konnte Bildmaterial über die Kleinbahn aus den Anfangsjahren und der Vorkriegszeit nicht aufgefunden werden.

Mülheim-Ruhr, im Juli 2001

Lothar Riedel

Vorgeschichte, Bau und Eröffnung der Kleinbahn

Der Westerwald

Der Westerwald ist der rechtsrheinische Teil des Rheinischen Schiefergebirges. Er zählt zu den Mittelgebirgen und umfasst das Gebiet zwischen dem Mittelrhein, dem unteren Lahntal sowie dem Dill- und Siegtal. Das Landschaftsgebiet liegt zum größten Teil in Rheinland-Pfalz, seine Ausläufer ziehen sich bis nach Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Der Mittelrhein ist landschaftsbestimmend, das Tal gehört zu den reizvollsten deutschen Landstrichen. Der Strom durchbricht ab Bingen in einem engen, fast cánonartigen Tal in nordwestlicher Richtung das Rheinische Schiefergebirge bei Mehlem und wird als Niederrhein zum Tieflandfluß. Die tiefen Einschnitte des Rheins und seiner Nebenflüsse Lahn, Sieg, und Nahe, Mosel, Ahr gliedern das Rheinische Schiefergebirge in die rechtsrheinischen Teillandschaften Taunus, Westerwald und das Bergische Land sowie in die linksrheinischen Gebiete mit ihren Mittelgebirgen Hunsrück, Eifel, Venn und Ardennen. Von der Moselmündung bis zum Austritt aus dem Schiefergebirge hat der Rhein nur ein geringes Gefälle und berührt bald die eine, bald die andere Seite des Tals mit seinen Steilhängen. Das Talbecken wird von Schottern gebildet, in die sich der Fluss gegraben hat.

Die einförmige, zum Teil bewaldete, rauhe und niederschlagsreiche Hochfläche des Westerwaldes wird von breiten, langgestreckten von Südwest nach Nordost ziehenden Bergrücken (vor allem Härtlingszügen aus Quarzit), Vulkankuppen (Siebengebirge) und Basaltkuppen (Westerwald) überragt und ist nach Westen und Süden hin zum Rhein bzw. zur Lahn allmählich abfallend.

Aufgrund der ungünstigen klimatischen Verhältnisse und der lehmigen Böden ist auf den Flächen im Hohen Westerwald nur Wald- und Weidewirtschaft sowie ein spärlicher Ackerbau möglich, in den Tälern hingegen findet man Obst- und Weinanbau.

Der Westerwald ist reich an Bodenschätzen. Die Förderung von Eisenerz in der Lahn-Dill-Mulde entlang der Dill und im Siegerland sowie der Abbau von Braunkohle sind jedoch schon vor vielen Jahren eingestellt worden. Zum Rhein hin ziehen sich die Hochflächen des Vorderen Westerwaldes bis zum Siebengebirge und den Montabauer Höhen. Der geologische Untergrund (Grauwacken, Quarzit, Schiefer) ist auf weiten Flächen von tertiären Tonen und Basalt überdeckt. Vulkanstiele (Basalt, Trachyt) sind Zeugen tektonischer Vorgänge.

Der Basalt, ein Eruptivgestein, ist kompakt, hart und von gräulich schwarzer Farbe; er ist aufgrund seiner gleichmäßigen Druckfestigkeit ein hervorragender Stein. Als flüssiges Magma ist der Basalt einst aus dem Erdinnern hervorgebrochen. Der nackte Fels ist in seiner Vielfalt von schmalen, senkrecht stehenden Säulen gut zu erkennen, bald wohlgeordnet zum einen wie der Bau einer mächtigen Orgel, zum anderen gleich einem riesigen Fächer. Kunstvolle Ornamente schuf die Natur aus diesem harten Gestein und den mehr als baumlangen Säulen mit ihren fünf- und sechseckigem Profil.

Schon die Römer verwendeten diesen Stein, Reste von Mauern und Festungstürmen überdauerten mehr als zwei Jahrtausende und legen heute noch Zeugnis vom unverwüstlichen Gestein ab, so z.B. in Köln, Remagen und Andernach. Der Basalt wurde schon um 1300 im Bruch am Unkelstein (unmittelbar bei Unkel/Rhein) für das Fundament des Kölner Doms gebrochen. Während der Geschichtsperiode des Mittelalters sind unzählige Festungen, Stadtmauern, Türme und Häuser am Rhein aus Basalt errichtet worden.

Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts begann man auch im Westerwald mit der wirtschaftlichen Ausbeutung des Basaltvorkommens. Zu Beginn der 70er Jahre des 19. Jh. gab es in der Gegend von Linz und Oberkassel zahlreiche Basaltbetriebe, die in der Nähe des Rheins lagen. Die Basaltvorkommen innerhalb des Westerwaldes wurden hingegen, von kleineren Betrieben abgesehen, nicht ausgebeutet, sondern, dienten lediglich örtlichen Interessen, denn der Abtransport mit Pferdefuhrwerken war wegen der nicht ausgebauten Straßen und Wege äußerst beschwerlich und teuer. Die Transportfrage war noch nicht gelöst und führte vielfach dazu, dass sie gegenüber anderen Steinbrüchen, die u.a. in der Nähe des Rheins den Basalt abbauten, einfach nicht konkurrenzfähig waren. Begünstigt waren die Basaltsteinbrüche, die im Vorderen Westerwald oder nahe des Siebengebirges den Basalt mittels Loren oder Seilbahnen zum Rhein transportierten, um sie auf Schiffe zu verladen. Erst als in den 80er Jahren des 19. Jh. die ersten Eisenbahnen den Westerwald erschlossen, begann im Vulkangebiet zwischen Rhein und Sieg ein lebhafter Abbau der enormen Basaltvorkommen.

Die Bilder verdeutlichen die schwere Arbeit der Menschen in einem Basaltsteinbruch. (1920 – 1930).

Foto: Basalt AG Linz

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass gegen Ende des 19. Jh. der intensive Abbau des Basalts in Rheinnähe - teilweise schon seit Jahrhunderten - im Bereich des Siebengebirges eingestellt wurde. Die Schönheit des Siebengebirges war durch den wilden Basaltabbau in Gefahr. Der Bonner Rechtsanwalt Humbroich, Vorsitzender des Vereins „Rettung des Siebengebirges“, konnte nach mehreren Petitionen die preußische Regierung veranlassen, dass der Basaltabbau im Bereich des Siebengebirges eingestellt wurde.

Der auf der Wasserscheide zwischen Rhein und Wied bei der Ortschaft Hausen/Wied befindliche Mahlberg (Malberg) war ein Basaltkegel vulkanischen Ursprungs. Es wird angenommen, dass zu germanischer Zeit auf der Bergkuppe eine Thingoder Opferstätte war. Diese übergroße Basaltkuppe zählte zu den höchsten Erhebungen (394 m) des Vorderen Westerwalds. Wanderer, aber auch Skifahrer aus dem Rhein -bzw. Wiedtal, zieht es auch heute noch immer wieder in das Gebiet um den Mahlberg.

Erstmals erwähnt wird der Mahlberg im Jahre 1478, als das Kloster Marienstatt die Grenze zwischen den Gemarkungen Neuerburg (bei Waldbreitbach) und Hönningen beschreibt. Wahrscheinlich um 1860 wurde der Mahlberg erstmals als Basaltsbruch genutzt. Bedingt durch den Rückgang der Erzförderung und teilweisen Stilllegung der Erzgruben im Westerwald wechselten viele Arbeiter ihren Arbeitsplatz und fanden in den kleinen Basaltsteinbrüchen zwischen Rhein und Wied einen neuen Verdienst.

Gruppenfoto der Belegschaft im Steinbruch Mahlberg. Im Vordergrund die auf einer Lore beladenen Transportkübel der Drahtseilbahn.

Sammlung: Frau Marlies Engels

Rheinbrohl ist ein frühgeschichtlich bekannter Ort am Rhein, denn auf seinem Gebiet begann der seit dem 1. Jh. n. Chr. angelegte und im 2. -3. Jh. ausgebaute Limes Romanus. Die Grenzlinie mit ihren Befestigungsanlagen, Palisaden, Wachtürmen und Kastellen verlief durch den Westerwald bis Regensburg. Der heute nachgebildete Wachturm Nr. 1 der deutschen Limesstraße nahe des Kastells am Rheinufer bei Rheinbrohl soll an das geschichtliche Ereignis und zugleich auch sinnbildhaft an das Ende der halbtausendjährigen Römerherrschaft am Mittelrhein erinnern. Der Ort Rheinbrohl selbst wird auch "Weindorf am Römerwall" genannt, zu seinen kulturhistorischen Schätzen zählt die Gertrudenkapelle aus dem 13. Jahrhundert.

Rekonstruierter Wachturm Nr. 1 des Limes Romanus in Nähe des früheren Römischen Kastells Rheinbrohl.

Von den oberhalb des Ortes Rheinbrohl bestehenden Höhen hat man einen herrlichen Rundblick über das Rheintal. Die zu Beginn des Dorntals liegende und bekannte Arienheller-Quelle ist eine sprudelnde Gabe des vulkanischen Untergrunds.

Das Heilbad Hönningen mit seinen 31°Grad warmen Quellen wurde schon im 11. Jh. erwähnt. Die zu Füßen des Schloßbergs liegende Ritterburg Arensfeld stammt aus dem 13. Jh. und ist im 17. Jh zum Renaissanceschloß erweitert worden. Die vom Zerfall bedrohten Gebäude wurden nach 1848 renoviert. Auffallend an diesem neugotischen heutigen Prachtbau sind die kleinen und großen 365 Fenster, eines steht für jeden Tag im Jahr (so nach einer Reisebeschreibung).

Die Gertrudenkapelle in Rheinbrohl (Ursprung 13. Jh.). Die Aufnahme stammt aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Foto: Sammlung Reinhold Küpper

Eine Hauptbahn rechts des Rheins

Mit der Nutzung der Dampfmaschinen begann um 1820 das "Technische Zeitalter". Die handwerklich orientierte Eisenverarbeitung wich immer mehr einer fabrikmäßigen Massenproduktion. Der gestiegene Grundstoffbedarf, aber auch der Absatz der Waren konnte trotz des sich langsam entwickelnden Straßennetzes nicht ausreichend gedeckt werden. Die Schifffahrt auf dem Rhein war zu jener Zeit von wesentlicher Bedeutung. Die langsam entstehenden Industrien und Handelsplätze waren für den Absatz ihrer Produkte auf günstige Verkehrsverbindungen zu den einzelnen Märkten angewiesen. Im Jahre 1825 erreichte das erste Dampfschiff die Hansestadt Köln.

Das Verkehrsmittel Eisenbahn ist inzwischen gut 165 Jahre alt und hat nachhaltig mit zur wirtschaftlichen Entwicklung Preußens bzw. Deutschlands beigetragen. Mit Blick auf England, Belgien und anderen europäischen Staaten waren es wirtschaftliche Gründe, die zum Bau von Eisenbahnen führten.

Bis etwa 1845/50 bildeten sich in der ersten Bauperiode zwei unterschiedliche Gruppen von Eisenbahnen: zum einen waren es die lokalen Verbindungslinien und zum anderen die übergreifenden