Im Vordergrund jeder Immobilienbewertung steht der Verkehrswert.
„Was ist Ihr Haus tatsächlich wert? Welchen Preis können Sie mit Ihrer Wohnung erzielen?“ Diese Fragen stellen sich vor allem Immobilieneigentümer, die ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen wollen.
Der Verkehrswert ist ein „Als-ob-Marktpreis“, der als Preisprognose die unterschiedlichen Interessen von zwei Parteien (zum Beispiel Käufer und Verkäufer) ausgleichen soll.
Mit der Ermittlung des Verkehrswertes nähert man sich also nur an den am wahrscheinlichsten zu erzielenden Kauf- bzw. Verkaufspreis an. Keineswegs muss der Verkehrswert mit dem Marktpreis identisch sein.
Typischerweise wird der Verkehrswert aus diesen Einzelwerten abgeleitet. Bei verschiedenen Einzelwerten wird entsprechend gewichtet:
Meist werden zwei Einzelwerte (zum Beispiel Vergleichswert und Ertragswert bei vermieteten Immobilien) ermittelt und dann miteinander verglichen.
Der Verkehrswert von Immobilien (auch Immobilienwert oder Marktwert genannt) ist genau definiert.
Nehmen wir diese etwas umständliche gesetzliche Definition mal auseinander. Danach ist der Verkehrswert – kurz gesagt – der Wert einer Immobilie, der auf dem freien Markt tatsächlich erzielt werden kann.
Es soll sich also um einen bei einem freihändigen Verkauf von Immobilien voraussichtlich zu erzielenden Verkaufspreis handeln.
Dieser Verkehrswert soll nicht nur Objekt- und Nutzungsart, baulichen Zustand und Lage der Immobilie, sondern auch die augenblickliche Marktsituation berücksichtigen.
Wenn Marktpreise für vergleichbare Objekte in ausreichender Anzahl vorliegen, greift man auf den Vergleichswert zurück. Dabei wird der Kaufpreis pro Quadratmeter Wohnfläche laut Kaufpreissammlung der örtlichen Gutachterausschüsse mit der Wohnfläche in Quadratmetern multipliziert.
Genaueres zum Vergleichswert erfahren Sie im Kapitel „Der Vergleichswert“.
Bei selbst genutzten Einfamilienhäusern dominiert der Sach- bzw. Substanzwert des Hauses, der sich wiederum aus der Summe von Bodenwert (Wert des Grundstücks) und dem aktuellen Bauwert des Gebäudes (sog. Zeitbauwert) zusammensetzt.
Genaueres zum Vergleichswert erfahren Sie im Kapitel „Der Sachwert“.
Der Ertrags- bzw. Nutzungswert geht vom Jahresreinertrag der vermieteten Immobilie (zum Beispiel Mietwohnhaus oder vermietete Eigentumswohnung) aus und rechnet diesen Jahresreinertrag mit Hilfe eines Vervielfältigers hoch.
Genaueres zum Vergleichswert erfahren Sie im Kapitel „Der Ertragswert“.
Den absolut richtigen Wert für Haus oder Wohnung gibt es also nicht. Je nach Immobilienart (Wohn- oder Gewerbeimmobilie) oder Nutzungsart (Selbstnutzung oder Kapitalanlage) wird ein Sach-, Ertrags- und/oder Vergleichswert ermittelt und daraus der Verkehrswert abgeleitet.
Wenn beispielsweise drei Gutachter die gleiche Immobilie bewerten, werden sie mit ziemlicher Sicherheit zu drei unterschiedlich hohen Verkehrswerten kommen. Abweichungen von plus bzw. minus 5 oder 10 Prozent nach oben bzw. unten werden typischerweise toleriert.
Somit kann der jeweils niedrigste Verkehrswert bis zu 10 oder gar 20 Prozent unter dem höchsten Verkehrswert liegen. Ist die Abweichung allerdings deutlich größer als 20 Prozent, sollte die Ermittlung des Verkehrswertes hinterfragt werden.
Verkehrswerte werden typischerweise auf volle Tausend Euro nach oben aufgerundet bzw. nach unten abgerundet.
In der Praxis kann das einige hundert Euro ausmachen, wie das nachfolgende, kleine Rechenbeispiel verdeutlicht:
Sofern genügend Vergleichsobjekte mit entsprechenden Vergleichspreisen vorhanden sind, wird die Vergleichswertmethode angewandt.
Die Methode ist auf die Gegenwart bezogen und berücksichtigt weder künftig zu erwartende Erträge bei vermieteten Immobilien noch in der Vergangenheit angefallene Herstellungskosten für selbst genutzte Immobilien.
Der Vergleichswert lässt sich relativ einfach ermitteln. Man geht vom durchschnittlichen Vergleichspreis in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche aus, den man Kaufpreissammlungen, Marktrichtwertkarten und teilweise auch Internetrecherchen (zum Beispiel bei ImmobilienScout) entnehmen kann.
Anschließend wird dieser Vergleichspreis in Euro pro Quadratmeter mit der Anzahl der Quadratmeter des Objekts (also der Wohnfläche) multipliziert. Das Ergebnis ist der Vergleichswert für die zu bewertende Immobilie.
Es liegt auf der Hand, dass sich dieses Vergleichswertverfahren vor allem dann gut eignet, wenn ausreichendes Vergleichsmaterial (zum Beispiel Kaufpreissammlungen aufgrund tatsächlich getätigter Verkäufe in der jüngsten Vergangenheit) und genügend vergleichbare Objekte vorliegen.
Dies dürfte bei der Bewertung von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern mit kleinem Grundstück (Reihenhaus oder Doppelhaushälfte) regelmäßig gegeben sein. Bei vergleichbaren Eigentumswohnungen, Reihenhäusern und Doppelhaushälften stellt der Vergleichswert zumindest einen ersten Anhaltspunkt dar.
Bei freistehenden Einfamilienhäusern mit großem Grundstück spielt der Vergleichswert allerdings praktisch keine Rolle, da die Unterschiede hinsichtlich Lage, Grundstücksgröße und Baujahr in aller Regel viel zu groß sind. Auch zur Bewertung von Mietwohnhäusern, Wohn- und Geschäftshäusern sowie Gewerbeimmobilien taugt das Vergleichswertverfahren eher nicht.
Allerdings wird der reine Bodenwert, also der Wert eines unbebauten oder bebauten Grundstücks, immer nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt. Als Vergleichswert wird der so genannte Bodenrichtwert zugrunde gelegt, der beim örtlichen Gutachterausschuss zu erfragen ist.
Der Ertragswert einer vermieteten Immobilie hängt ganz wesentlich von den nachhaltig erzielbaren Mietreinerträgen ab und ist somit auf die Zukunft gerichtet.
Hierzu gibt es verschiedene Wege der Ermittlung: das Ertragswertverfahren sowie die Maklermethode.
Bei reinen Mietobjekten, die typischerweise der Kapitalanlage dienen (zum Beispiel fallen darunter Mietwohnhäuser oder vermietete Eigentumswohnungen), kommt es in erster Linie auf den Mietertrag und die zu erzielende Mietrendite an. Daher wird in solchen Fällen das Ertragswertverfahren angewandt.
Die Maklermethode ist jedoch die einfachere Methode zur Ermittlung des Ertragswertes.
Dabei rechnen Gutachter den Jahresreinertrag (das ist die Jahresnettokaltmiete abzüglich der nicht auf die Mieter umlegbaren Instandhaltungs- und Verwaltungskosten) zunächst auf einen Ertragswert der baulichen Anlagen hoch.
Dieser Gebäudeertragswert ergibt dann zusammen mit dem Bodenwert den Ertragswert des Mietobjekts.
Dabei geht man von der tatsächlich erzielten Jahresnettokaltmiete aus und errechnet den Ertragswert oder Angebotspreis beispielsweise aus dem 20– bis 25-fachen dieser Jahresnettokaltmiete.
Die 20-fache Jahresmiete würde dem Kapitalanleger beispielsweise noch eine anfängliche Mietrendite von 5 Prozent ohne Berücksichtigung der einmaligen Kaufnebenkosten sowie der nicht umlagefähigen Verwaltungs- und Instandhaltungskosten bescheren.
Häufig rechnet man jedoch mit der 25-fachen Jahresmiete und der dann auf 4 Prozent sinkenden Mietrendite.
In begehrten Ballungsgebieten wird heute bereits ein Preis in Höhe der 30– bis 35-fachen Jahresnettokaltmiete erzielt. Dann fällt die Mietrendite auf 3,3 bis unter 3 Prozent, wobei Nebenkosten noch gar nicht berücksichtigt sind. Nach Berücksichtigung der einmaligen Kaufnebenkosten und der laufenden Verwaltungs- und Instandhaltungskosten fällt die tatsächliche Mietrendite dann auf deutlich unter 3 Prozent.
Wie hoch der sog. Mietenmultiplikator als Vielfaches der Jahresnettokaltmiete sein kann, hängt insbesondere von der Makrolage des Mietobjekts und dem lokalen Wohnungsmarkt ab. In ländlichen Gegenden mit relativ wenigen Mietern kann dieser Mietenmultiplikator auf das 15-Fache der Jahresnettokaltmiete fallen, während er in Ballungsgebieten durchaus das 25– oder 30-Fache ausmachen kann.
Eine aktuelle Analyse von Preisen und Mieten für 70 Quadratmeter große Eigentumswohnungen in 50 Städten und Landkreisen, die im Jahr 2000 oder später gebaut oder vollständig saniert wurden, weist erstmalig eine durchschnittliche Mietrendite von unter 4 Prozent aus ohne Berücksichtigung von nicht umlagefähigen Verwaltungs- und Instandhaltungskosten (exakt sind es 3,89 Prozent).
Diese Mietrendite wird aus dem Verhältnis von Jahresnettokaltmiete zum Kaufpreis in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche errechnet für Eigentumswohnungen in mittlerer Wohnlage mit mittlerer Ausstattung.