Originalcopyright © 2015 Südpol Verlag, Grevenbroich
Autorinnen: Andrea Poßberg, Corinna Böckmann
Illustrationen: Corinna Böckmann
E-Book Umsetzung: Leon H. Böckmann, Bergheim
ISBN: 978-3-943086-65-2
Alle Rechte vorbehalten.
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Inhalt
Auf Schatzsuche
Der mysteriöse Baumklopfer
Vorsicht Falle!
Die Falknerin
Geheimnisvolle Italiener
Polly, die Brieftaube
Im Jagdrevier
Den Fallenstellern auf der Spur
Verdeckte Ermittlungen
Erwischt!
Doppelter Hausarrest
Das Verhör
Die Scheich-Schau
In der Höhle des Löwen
Abgefangen
Der Fund
»Ratet mal, was ich bekommen habe! Ein GPS-Gerät!« Schwungvoll ließ Lennart ein kleines Päckchen auf den Tisch plumpsen und scheuchte damit Fiona auf, die sich gerade über die Kuchenkrümel auf der Tischdecke hergemacht hatte. Die zahme weiße Ratte, die seinem Bruder Jannik gehörte, flitzte jetzt ungebremst in dessen Hemdtasche.
Lennart zerrte ein flaches gelbgraues Gerät mit Minibildschirm aus dem Karton. Den ganzen Morgen in der Schule war er schon zappelig gewesen. Zu seiner Geburtstagsparty am Nachmittag wollte er eine Schatzsuche machen und dieses Mal ganz ohne Eltern. Bis auf den Proviant sollten sie sich um nichts kümmern. Die Schatzsuche würde er sich aus dem Internet heraussuchen und auf sein neues GPS-Gerät laden. Jetzt saßen Jannik und seine besten Freunde Pauline, Ben und Flora mit ihm im Wohnwagen und futterten Geburtstagskuchen und Muffins mit knallgrünen Totenköpfen.
»Und was kann das genau?«, fragte Ben und schob seinen Kopf mit den blonden Stoppelhaaren über das kleine Gerät.
»Schon mal was von Geocaching gehört?« Lennart lehnte sich lässig zurück. »Mit dem Teil gehen wir gleich auf Schatzsuche.«
»Schatzsuche klingt gut! Was und wo suchen wir denn?« Jannik schob sich den Rest seines Apfel-Muffins in den Mund.
»Na, hier überall!« Mit einer weit ausholenden Geste schloss Lennart den Wohnwagen, der ihnen als Hauptquartier diente, den elterlichen Garten, in dem der Wohnwagen stand, und ganz Bieberheim ein.
»Super, ich bin dabei!« Pauline sprang begeistert auf. »Geocaching ist cool, das hab ich schon mal mit meinen Eltern gemacht.«
»Oh, die hatten Zeit für dich?«, fragte Jannik erstaunt. »Das musst du dir im Kalender anstreichen.«
Pauline lachte. »Sie haben Besserung gelobt. Außerdem hat es ja auch Vorteile, dass sie viel arbeiten, sonst dürfte ich gar nicht so oft weg, der Klavierlehrer würde wahrscheinlich täglich vorbeikommen und ich müsste noch Chinesisch und Altgriechisch oder Kisuaheli lernen.«
»Na siehste, Glück gehabt! Also auf geht’s!« Flora trank ihre Limo in einem Zug aus.
Jannik murrte. »Hallo? Können wir nicht erst mal aufessen?! Wozu habe ich denn extra Piraten-Muffins gebacken?«
»Hat sich doch gelohnt, die sehen megacool aus!« Ben biss in einen Muffin hinein, der mit grünen Marzipan-Totenköpfen verziert war. »Und schmecken auch noch super.«
»Die nehmen wir mit«, entschied Lennart kurzerhand und stopfte die Muffins in eine Dose. »Kommt jetzt, ich hab Geburtstag und darf heute bestimmen, was wir machen!«
»Na, wenn’s nur heute wäre, könnte ich glatt damit leben.« Jannik wich seinem Bruder geschickt aus, der ihn in die Seite knuffen wollte.
»Und wie funktioniert das jetzt mit diesem Geocaching?«, wollte Flora wissen. Sie war die Jüngste der Grünen Piraten und Bens Schwester. Die Grünen Piraten nannten sich die Freunde, seit sie einen Verbrecher überlistet hatten, der fast ein ganzes Naturschutzgebiet verseucht hätte. Der grüne Totenkopf war seitdem ihr Markenzeichen.
»Wir gucken im Internet, wo es einen Cache, also einen versteckten Schatz, in der Nähe gibt und dann geben wir hier die Zielkoordinaten ein.« Lennart wedelte mit seinem GPS-Gerät. »Am Ziel müssen wir den Cache suchen. Das ist das Kniffligste an der ganzen Sache, denn man weiß nie, wo genau er versteckt worden ist und wie das Ding überhaupt aussieht. Das kann eine wasserdichte Kiste, ein Röhrchen oder ein hohler Plastikpilz sein.«
»Er könnte auch in einem Baumloch liegen oder in einem Gully hängen, alles ist möglich. Man darf ihn nur nicht im Boden vergraben«, fiel Pauline ihm ins Wort. »In dem versteckten Behälter sind kleine Gegenstände drin, die man tauschen kann. Und man trägt sich in ein Logbuch ein.« Sie zückte ihren Haustürschlüssel und zeigte den anderen einen kleinen blauen Schlüsselanhänger in Form eines Ankers. »Der hier war in dem Cache versteckt, den ich mit meinen Eltern gefunden habe.«
»Cool!« Ben war begeistert. »Was nehmen wir denn mit, um zu tauschen?«
»Wir haben doch noch die Trillerpfeifen, die wir letztens auf der Demo bekommen haben«, schlug Pauline vor.
»Super Idee. Ich geh mal eben rüber ins Haus. An Mamas Computer kann ich mich einloggen und die Koordinaten für die Suche bekommen.« Lennart warf seine langen schwarzen Haare schwungvoll nach hinten und stürmte aus dem Wohnwagen.
»He, warte auf uns, das wollen wir auch sehen!« Pauline und Flora liefen hinter ihm her.
Kurze Zeit später kamen die drei zurück. »Wir haben einen Cache ausgesucht. Der Startpunkt für die Suche ist ein Parkplatz in der Nähe vom Elsbach«, rief Lennart. »Da kennen wir uns doch gut aus!«
»Hoffentlich bleiben uns heute böse Überraschungen erspart«, brummte Jannik. Bei ihrem letzten Abenteuer waren sie bei einer Paddeltour auf dem Elsbach in eine riesige Menge toter Fische geraten.1
Die Freunde schwangen sich auf ihre Fahrräder und machten sich auf den Weg zum Elsbacher Wäldchen. Sie fuhren den Limonenweg entlang durch die belebte Wohnsiedlung bis zum Bieberheimer Gewerbegebiet und nahmen dann Kurs auf den Elsbach. Kurz vor dem Fluss bogen sie rechts in einen Waldweg ein, an dessen Ende ein Wanderparkplatz lag.
Lennart machte eine Vollbremsung. »So Leute, hier geht’s los!«, rief er und sprang von seinem schwarzen BMX-Rad.
Sie schlossen alle fünf Räder aneinander, in der Hoffnung, dass niemand so einen großen Fahrradknubbel klauen würde.
»Also Lennart, in welche Richtung müssen wir?«, fragte Flora gespannt.
»Moment!« Umständlich holte Lennart sein GPS-Gerät hervor und tippte die Koordinaten des Schatzes von einem Zettel ab. Auf dem Bildschirm erschien ein kleiner Pfeil, der mitten in den Wald zeigte. »Mir nach, Leute!«, rief er und der kleine Trupp setzte sich in Bewegung.
Lennart und Ben starrten unentwegt auf den schwarzen Pfeil, der auf dem Bildschirm hin und her wackelte. »Bisschen mehr links, nee, doch wieder rechts.« Die Kinder traten sich gegenseitig auf die Füße und lachten. Lennart richtete das Gerät aus. »So, jetzt weiter geradeaus.« Mit gesenktem Kopf und weit ausholenden Schritten rannte er geradewegs gegen den nächsten Baum. »Autsch! Wer hat den denn hier hingestellt?!« Er rieb sich den Kopf.
Jannik konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Diese Dinger stehen öfter mal im Wald rum, Brüderchen.«
Nachdem sie eine ganze Weile zwischen den Bäumen umhergewandert waren, zeigte der Pfeil plötzlich mitten in den Elsbach.
»Müssen wir jetzt ins Wasser springen?«, fragte Jannik entsetzt.
»Quatsch, wir sind doch noch gar nicht am Ziel«, sagte Lennart und drehte das Gerät hin und her.
»Leute, ist doch ganz einfach! Wir nehmen die Brücke da vorne.« Ben legte einen Sprint ein und winkte kurz darauf vom anderen Ufer.
Pauline, Jannik, Flora und Lennart liefen ihm nach. Auf der anderen Seite des Elsbachs erstreckten sich Felder und Weiden und erst dahinter begann wieder das Waldgebiet. Der Pfeil zeigte natürlich genau über die Kuhwiese!
»Hallo ihr Süßen. Wir tun euch nichts, wenn ihr uns auch nichts tut«, rief Lennart den schwarz-weiß gescheckten Kühen zu. Die guckten nur einmal kurz hoch, beachteten die Kinder aber nicht weiter, die da gerade über ihre Wiese liefen.
»Das passt«, keuchte Lennart. »Jetzt da vorne am Hochsitz vorbei. Die Spannung steigt, es sind nur noch 800 Meter!«
Die fünf wurden immer schneller. Sie kletterten über den Zaun und nachdem sie den Hochsitz hinter sich gelassen hatten, kamen sie an einem weiteren kleinen Parkplatz vorbei, auf dem einsam und verlassen ein schwarzer Kombi mit getönten Scheiben stand.
»Noch 500 Meter!« Lennart deutete auf den Bildschirm. »Und weiter querfeldein!« Der Pfeil zeigte direkt ins Unterholz und sie mussten sich durch dichtes Gestrüpp kämpfen, bis sie nach einiger Zeit eine Lichtung erreichten.
»Stopp!«, rief Lennart plötzlich. »Hier muss es sein!« Die Kinder standen vor einem großen Kastanienbaum am Rand der Lichtung und sahen sich suchend um. Ben erklomm die untersten Äste und überprüfte die Astgabeln nach möglichen Verstecken. Die anderen krochen über den Boden und drehten jedes Blatt und jeden Stein um.
Plötzlich hallte ein ohrenbetäubendes Krachen durch die Stille des Waldes. Erschrocken fuhren die Kinder zusammen. Ben konnte sich gerade noch an einen Ast klammern, um nicht vom Baum zu fallen. KRONG! Da, noch mal! Es kam ganz aus der Nähe, als ob eine Herde Elefanten durch den Wald trampeln würde. KRONG!
»Was ist das nur?«, fragte Flora ängstlich. Die anderen waren genauso ratlos, aber ihnen war klar, dass es – was auch immer es sein mochte – gefährlich nah war.