Sky du Mont
Prinz & Paparazzi
Roman
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ISBN: 978-3-95530-099-9
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«Beginnen können ist Stärke.
Vollenden können ist Kraft.»
Laotse
Nichts konnte es ablenken. Starr blickte das Auge durch das Teleobjektiv der Kamera. Endlich schien sich die Geduld des Paparazzo auszuzahlen. Der teuer bezahlte Tipp erwies sich als Volltreffer: Fotos vom berühmt-berüchtigten Prinzen beim Fremdgehen im abgelegenen Waldhotel. Grandios! Jeden Moment würde der Finger auf den Auslöser drücken und die Automatik losschnurren wie eine Geldzählmaschine.
Vorsichtig suchte der rechte Fuß auf der gefährlich auf und ab schwingenden Astgabel der alten Ulme nach Halt. Alle Muskeln spannten sich, um im entscheidenden Moment der Kamera die ruhige Lage zu bieten, die für Präzisionsbilder nötig war. Ärgerlich, denn es wurde immer dunkler, und er hatte seine Digitalkamera im Wagen liegen lassen. So musste der herkömmliche Fotoapparat genügen, der zwar schönere Fotos versprach, aber eben auch mehr Licht benötigte. Nervös zuckte das Auge, ungeduldig – fast fordernd, der Prinz sollte jetzt endlich zur Sache kommen. Aber der schien noch an der Champagner-Flasche herumzudrehen. Wahrscheinlich hatte er sich seine Hausmarke mitgebracht, denn eine ähnliche Qualität konnte die Karte des Hotels Zum alten Kutscher wohl kaum vorweisen.
Umgeben von Wald und nur auf einer verwinkelten Zufahrtsstraße erreichbar, versprühte das Haus den Charme einer gemütlichen Schwarzwaldpension. Bemooste Dachschindeln, die verwitterte gräuliche Farbe der Wände und das unspektakuläre Design des Hauses ließen eher darauf schließen, dass allenfalls Wandergruppen zum deftigen Mittagstisch oder Wochenendurlauber hier einkehrten. Alt schien an diesem Haus alles zu sein, sogar der Portier, der sich die Langeweile mit ausgedehnter Wetterbeobachtung vor der offenen Portaltür vertrieb. Niemand käme auf die Idee, das Liebesnest Karl-Friedrichs im Alten Kutscher zu vermuten, auch weil er allenfalls einige Stunden anwesend war und garantiert nicht selbst gebucht hatte.
Plötzlich verschwand der Prinz, und das Auge blinzelte noch nervöser. Der Paparazzo bemerkte das leise Rascheln unter sich gar nicht. Jetzt kam die Geliebte ins Bild, aber nur von der Seite – es schien, als wolle sie einfach nicht ihr Gesicht zeigen und als würde sie sich geradezu winden, um dem Objektiv zu entgehen. Und doch würde ein Teil ihres Körpers der Belichtung nicht entfliehen können.
Das Auge schaute gespannt und konzentriert. Wenn der Prinz nur endlich zur Sache käme – am besten an den Brüsten, denn dann wären beide Köpfe auf dem Foto. Alles, was unterhalb des Fensterbretts lag, konnte die Kamera ohnehin nicht mehr einfangen. Vor dem Fenster des Hotels rankte sich üppiger Efeu an der Wand empor bis unter das Dach. Teilweise überwucherte er noch das Fensterbrett und verengte so die Perspektive für das Teleobjektiv.
Der Prinz begann, die Unbekannte zu liebkosen. Für diese Fotos wären hunderttausend drin, mit weltweiten Verwertungsrechten, überschlug der Paparazzo kurz. Schließlich kannte ganz Europa den adligen Rüpel, und Ehebruch verkaufte sich zurzeit besonders gut.
Endlich! Prinz Karl-Friedrich öffnete den BH seiner Geliebten. Die Automatik ratterte los, leise, zuverlässig und vom Geräusch her dem Wedeln der Geldscheine im Zählautomaten ähnlich. Ein lautes Knacken ließ das Auge einen Wimpernschlag lang zusammenzucken. Aber die Gewissheit, dass es in einem Baum bei leichtem Wind auch mal knacken konnte, wiegte den Paparazzo in trügerischer Sicherheit. Noch einmal wollte der Finger den Auslöser drücken, als die Geliebte innehielt und den Prinzen zum Fenster schickte. Die letzten Fotos würden den Prinzen zeigen, wie er die Gardine zuzog.
Wieder ein Knacken im Geäst – genervt löste sich der Blick vom Objektiv und versuchte, den Verursacher des Geräuschs auszumachen. Nichts! Es war nichts und niemand zu sehen.
Sorgfältig verstaute der Paparazzo seine Kamera und stieg vorsichtig vom Baum. Er warf einen letzten Blick auf das Hotel und grinste voller Siegesfreude, als ihn ein dumpfer Schlag am Hinterkopf traf. Wie ein Blitz breitete sich der Schmerz im Kopf aus. Sein Blick suchte den Täter, doch der Kopf war nicht mehr imstande, sich herumzudrehen. Ein zweiter Schlag streckte den Paparazzo endgültig nieder. Als ob jemand den Lichtschalter umgelegt hätte, so schnell wurde es von einem Moment auf den anderen dunkel in seinem Kopf. Die Augen schlossen sich langsam …
Christian Graf von Landsburg studierte die Quoten der Pferderennen in Iffezheim und notierte sich zwei Namen auf dem Rand der Zeitung. Der grau melierte, sportlich wirkende Graf ritt selbst einmal täglich aus und verstand von Pferden mehr als mancher Jockey. Aber selbst wenn er es gewollt hätte – Jockey hätte er schon aus Standesgründen nicht werden können. Und auch seine stattliche Körpergröße von ein Meter neunzig wäre nicht geeignet gewesen, einen zweiten Lester Piggott abzugeben.
Seine Gesichtszüge verrieten eine leichte Verwunderung über die Ergebnisse der letzten Rennen. Graf Christian neigte den schmalen Kopf kurz anerkennend zur Seite, und mit einem verschmitzten Lächeln fuhr er sich durch das nach hinten gekämmte Haar. Die schmalen dunklen Augenbrauen zogen sich für einen Moment der Konzentration zusammen, bevor er mit einem leisen «Tja» ein Häkchen an den Namen des von ihm favorisierten Pferdes machte.
Fast etwas gedankenabwesend legte er dann einen Moment die Zeitung weg, seine Gesichtszüge entspannten sich zu jenem leicht ironischen Ausdruck, der seinem innersten Wesen am nächsten kam und seine Gegner von einem Moment zum anderen in tiefe Unsicherheit stürzen konnte.
Im Kleinen Salon des Ostflügels sitzend, hörte der Graf nun schon seit geraumer Zeit seine Tochter aus ihrem Zimmer heraus über den Flur hinweg lamentieren.
«Ich habe nichts anzuziehen!», rief Leonie, vor ihrem Kleiderschrank stehend. Dramatisch hob sie ihre Arme immer wieder wie zur Anklage hoch und ließ sie mit einem hilflosen Seufzer wieder sinken. Ihr übertriebenes Getue wurde verstärkt durch ihre schlechte Laune, ausgelöst durch die Entdeckung ihrer ersten Stirnfältchen. Enttäuschung über die mangelnde Auswahl im prall gefüllten Kleiderschrank – Enttäuschung über die Ungerechtigkeiten in ihrem so jungen Leben.
Nur mit einem Schlabbershirt und einer verwaschenen Jeans voller modisch angebrachter Risse bekleidet, stürmte sie barfuß in den Salon und schnappte nach Luft, um noch eine kleine Tirade abzulassen. Wild gestikulierend stampfte Leonie wie ein verirrter Hippie auf dem altehrwürdigen Marmorboden. Die gediegene Einrichtung aus handgefertigten, mit Chintz bezogenen Sitzmöbeln, Mahagonitischen und chinesischen Vasen, Riedinger Stichen und Ölgemälden an den Wänden passte so gar nicht zu ihrer Aufregung. Wie sollte ihr Vater sie auch verstehen können? Perfekt gekleidet saß er am Frühstückstisch. Männer hatten es doch wesentlich einfacher. Flanellhose, kariertes Hemd mit Paisleykrawatte, Tweed-Jacke und die – auf Leonie besonders abschreckend wirkende – Strickjacke darunter, fertig war der Graf. Und nun fiel ihr Blick auch noch auf die braunen Mokassins ihres Vaters, was sie schmerzlich an ihr ungelöstes Schuhproblem erinnerte. Es gab einfach keine Schuhe zu kaufen, die ihr hundertprozentig gefielen. Es war zum Verzweifeln!
Scheinbar ungerührt blätterte der Graf die Tageszeitung um. «Nichts anzuziehen. Ein zeitloser Klassiker, mein Kind. Erstaunlich, dass er selbst so kritische Geister wie dich erreicht.»
Sie konnte an die Decke gehen, wenn er sie «mein Kind» nannte. «Auch kritische Geister müssen sich nun mal zu einem blöden Ball angemessen anziehen, oder soll ich etwa so gehen?»
«Charity-Events sind nicht blöd, zumal, wenn sie im eigenen Hause stattfinden. Nur etwas lästig vielleicht …»
Schlagartig hellte sich Leonies Miene auf, sie warf ihr langes blondes Haar über die Schulter und tänzelte hoffnungsvoll zu ihrem Vater hinüber. Jetzt schien ihre Chance gekommen zu sein. Vielleicht würde sie es doch noch schaffen, dem Ball zu entgehen und stattdessen mit ihren Freundinnen in die neue Diskothek zu fahren. Noch einige Minuten geschickt schmeicheln, dann hätte sie bald das resignierte «Ja» in der Tasche. Sie kannte ihren Vater, der sie vermutlich um die vielen Freiheiten ihrer Jugend beneidete. Zum Glück erinnerte er sie nicht ständig in penetranter Art an seine eigenen Kindheitstage und die strenge Erziehung. Er sah es locker, wenn sie sich ausnahmsweise mal nicht an die unausgesprochenen Spielregeln der adligen Gesellschaft hielt.
Graf Christian feierte in diesem Jahr seinen fünfzigsten Geburtstag. Und ihre Großmutter Francesca ließ keine Gelegenheit aus, auf die strenge Erziehung ihres Sohnes hinzuweisen. Ihrem Vater konnte Leonie nur selten ein paar Bemerkungen über dessen Jugend entlocken. «Es war nicht so schlimm, wie du vermutest. Sehr viele Pflichttermine eben», tat er die Zeit lapidar ab. An ihm, dem einzigen Spross derer von Landsburg, hingen alle Hoffnungen und der Fortbestand der Familie. Erziehung, Ausbildung, Studium – alles musste perfekt und vom Feinsten sein. Es beruhigte Leonie ungemein, als sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit von ihrem Großvater Ferdinand eines Tages erfuhr, dass ihr Vater als junger Mann trotzdem einfach getan hatte, wonach ihm der Sinn stand. Er schaffte das Kunststück, den Erwartungen und Ansprüchen der adligen Gesellschaft auf Galas, Hochzeiten, Festlichkeiten und offiziellen Empfängen gerecht und gleichzeitig als eigenwillig und unkonventionell geachtet zu werden.
Leonie schien das unmöglich zu sein. Sie würde es jedenfalls nicht schaffen, allen Ansprüchen ihrer Großmutter Gräfin Francesca von Landsburg zu entsprechen. Mit ihren knapp siebzig Jahren zeigte sich die alte Dame wenig beeindruckt davon, dass die Welt inzwischen einige Umwälzungen erfahren hatte. «Noblesse oblige – es ist das Zeitlose, mein Kind. Übe dich in Contenance.» Mit diesen Worten bügelte sie regelmäßig Leonies Einwände ab, dass irgendetwas nicht mehr zeitgemäß sei. Auch wenn Leonie es nicht akzeptierte, kam ihr immer häufiger der Verdacht, dass die alte Dame vielleicht Recht behalten könnte. Denn bei jedem Ball zu wohltätigen Zwecken, von denen Gräfin Francesca viele organisierte, gaben sich namhafte Adlige und Bürgerliche ein Stelldichein. Selbst Popstars beugten sich der Etikette und zwängten sich in Smokings oder Fräcke. Redlich bemühten sie sich um angemessenes Auftreten und vor allem um die korrekte Handhabung der Adelstitel. Was regelmäßig misslang und zu diskreter Belustigung unter den Adligen führte.
Auch in anderer Hinsicht fiel Leonies Vater richtig aus dem Rahmen. Obwohl er ein angesehener Rechtsanwalt war, wurde er wegen seiner leidenschaftlichen Detektiv-Tätigkeit – der für ihn schönsten Nebensache der Welt, wie er immer sagte – von vielen seiner Standesgenossen mit einem gewissen Naserümpfen betrachtet. Meistens jedoch nur so lange, wie sie nicht selbst seine Dienste in Anspruch nehmen mussten.
Kaum jemand wusste um das tragische Geheimnis des Grafen, dessen Frau unter heute immer noch ungeklärten Umständen ums Leben gekommen war. Ein tragischer Autounfall – menschliches Versagen, wie es im Abschlussbericht hieß. Niemand konnte Graf Christian davon überzeugen, dass Marie-Luise mit überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen war. Marie-Luise war immer eine vorsichtige, besonnene Fahrerin gewesen. Der verunglückte Landrover mit ihrer Leiche war erst Stunden später entdeckt worden. Man berichtete ihm, seine Frau sei nicht angeschnallt gewesen und die Autopsie habe einen Blutalkohol von 1,2 Promille ergeben. Unmöglich, Graf Christian wusste, dass sich Marie-Luise immer angeschnallt hatte, war es doch gerade sie, die ihn über die Jahre hinweg immer wieder geduldig ermahnt hatte, dies doch bitte auch zu tun.
Aber was ihn am meisten verwunderte, war, dass Alkohol im Spiel gewesen sein sollte. Marie-Luise hatte nie getrunken. Der Grund dafür mochte die Tatsache gewesen sein, dass sich ihr Vater Prinz Shantoff vor vielen Jahren im alkoholisierten Zustand beim Reinigen seines Gewehres eine Kugel in den Kopf geschossen hatte. Es war die damals gerade zehn Jahre alte Marie-Luise gewesen, die ihren Vater in einer Blutlache liegend gefunden hatte.
Weder Christian noch der Polizei war es gelungen, die letzten drei Stunden vor dem tragischen Unfall von Marie-Luise zu rekonstruieren – was die ganzen Zusammenhänge noch mysteriöser erscheinen ließ. Damals hätte sich Graf Christian einen Detektiv aus den eigenen Reihen gewünscht. Jemanden, der ohne Rücksicht auf Karriere und Dienstjahre bei der Polizei auch gegen Leute ermittelte, die als unantastbar galten. Aber so jemanden gab es damals nicht. So musste sich der Graf mit den für ihn rätselhaften Ermittlungsergebnissen zufrieden geben. Irgendwann würde er einen Hinweis, eine entscheidende Kleinigkeit finden, die die These von einem Unfalltod widerlegte, davon war er überzeugt.
Vor Leonie aber konnte er dieses Geheimnis verbergen. An ihre Mutter erinnerte sie sich nur noch aus der Perspektive eines Kindes. Umso präsenter war die Großmutter in allen Erziehungsfragen, was Leonie oft dazu veranlasste, Zuflucht bei ihrem Vater zu suchen, auch wenn man mit ihm natürlich keine typischen Frauengespräche führen konnte. Was ihr nichts auszumachen schien, ihre Freundinnen boten ausreichend Ersatz für dieses Manko.
Außerdem empfand Leonie ihren Vater auch deshalb als sehr erträglich, weil er ihr selbst die unangenehmste Pflichtübung noch gut verkaufen konnte, und darauf legte sie als Studentin im Hauptfach Psychologie größten Wert.
Für dieses besondere Geschick bewunderte Leonie ihren Vater sogar. Und nicht zuletzt war sie ihm auch dankbar dafür, dass er seit dem Unfalltod ihrer Mutter bis heute keine feste Bindung mehr eingegangen war. Eine fremde Frau, die einen Teil ihres geliebten Vaters in Besitz nehmen würde – unvorstellbar für Leonie. Falls diese Situation jemals eintreten sollte, gedachte sie, einen psychologischen Machtkampf anzuzetteln und zu ihren Gunsten zu entscheiden. Die selbstbewusste Neunzehnjährige duldete einfach keine andere Frau an der Seite ihres Vaters. Jedenfalls nicht auf Dauer.
Leonie setzte sich auf die Stuhllehne und schlug die schlanken Beine übereinander. Sie plante eine Charme-Offensive und war sich sicher, dass ihr Vater wie immer irgendwie nachgeben würde.
Graf Christian kannte das Spiel, erwartete geradezu, um den Finger gewickelt zu werden, um dann mit ein wenig Raffinesse Leonie einen Kompromiss schmackhaft zu machen.
Er lehnte sich entspannt zurück, in Erwartung, welchen Eröffnungszug Leonie diesmal wählen würde. Geradezu unschuldig lächelte sie ihn an und kam nochmal auf das Thema zurück. «Eigentlich passt mir der Termin wirklich nicht …» Sie knabberte an ihren Haarspitzen und drehte sie um den Mittelfinger.
Graf Christian legte die Zeitung beiseite. «Schade, ich wollte gerade vorschlagen, dir einfach etwas Passendes zum Anziehen zu kaufen.»
«Dann könntest du ja eine Menge Geld sparen.»
«Ich bin für neue Erfahrungen immer dankbar», grinste er und nippte an seiner Tasse.
«Ohne Quatsch, was soll ich auf diesem Empfang? Nur wieder die liebe Tochter darstellen?»
«Verstehe, du möchtest heute lieber ein Disco-Häschen darstellen», konterte ihr Vater.
«N-n-nein», stotterte Leonie überrascht. Woher wusste ihr Vater, dass sie zu der Disco-Eröffnung wollte? Sie hatte sich eigentlich eine ganz wasserdichte Lüge ausgedacht. «Ich langweile mich einfach auf diesen Bällen.»
Graf Christian schob ihr ein auf dem Tisch liegendes Silbertablett mit einem Schriftstück hinüber. «Hast du die Gästeliste schon gesehen? Sie ist alles andere als langweilig. Majhar, der Soulsänger, kommt, zwei Modegurus und Europas berüchtigtster Prinz, der gern mal nebenbei ein paar Fotografen mit dem Regenschirm massakriert. Klingt doch alles eher nach MTV als nach steifer Adelsfete – findest du nicht?»
«Mir ist heute einfach mehr nach Karate. Ich habe schon vor Wochen drei Privatstunden fest gebucht. Nur weil ich diesen blö… wichtigen Termin vergessen habe, muss ich doch nicht … Papa, komm, gib deinem Herzen einen Ruck!»
In mancher Hinsicht erinnerte Leonie ihren Vater an seine eigene Jugend. Auch er war anders gewesen – anders, als man das vom einzigen Nachkommen der Grafen von Landsburg erwartet hätte. In seinem Elite-Internat wäre das nicht weiter aufgefallen. Doch Christian hatte immer schon einen Querkopf gehabt. Gerne zitierte er seine Großmutter, die bei ihren häufigen Besuchen doziert hatte: «Christian, Schätzchen, wo andere mit der linken Gehirnhälfte denken, denkst du mit der rechten.» Er musste in Leonies Alter gewesen sein, als er geantwortet hatte: «Hauptsache, ich denke nicht mit der rechten Gesäßhälfte.» Für ihn ein Riesenspaß, für Großmama weniger, war ihm dieser Fauxpas doch anlässlich eines illustren Kaffeekränzchens in Gegenwart einiger älterer, hocharistokratischer Damen herausgerutscht.
Leonie ahnte es nicht, aber insgeheim umarmte er sie im Geiste für ihre Widerspenstigkeit und ihren Starrsinn. Wie sein Vater Graf Ferdinand Selbstdisziplin verkörperte und das Ideal eines Gentleman darstellte, war er – ähnlich wie die geliebte Großmutter – ein Freigeist und Feuerkopf. Und Leonie setzte diese Tradition fort. Sie garantierte für Christian den Bestand der etwas unangepassten Seite des Familienerbes.
Christian weigerte sich zu sehen, wie attraktiv seine Tochter geworden war. Von Jahr zu Jahr ähnelte sie immer mehr ihrer Mutter. Die schmale Nase, ihre feingliedrigen Finger – geradezu geschaffen für das von ihr vernachlässigte Klavierspiel. Das schulterlange blonde Haar und der zarte Teint ihrer Haut erinnerten Christian an glückliche Zeiten. Wie ihre Mutter trug Leonie nur hauchdünnen Lidschatten und ein wenig Lippenstift auf. Ihre rehbraunen Augen konnten ihn so entwaffnend ehrlich anschauen, wie er es bisher nur bei seiner Frau erlebt hatte. So ertappte er sich immer häufiger dabei, dass er mit Leonie sprach, wie er mit ihr gesprochen hatte. Das gemeinsame Kind war ihm Trost für den Verlust der geliebten Frau, die er schon so viele Jahre vermisste. Doch in seinen Augen war sie noch mehr Kind als Frau, und als solches wollte er sie auch weiterhin sehen, nicht als weibliches, ja sogar sehr weibliches Wesen, dem immer mehr junge Männer zu Füßen lagen – Gedanken, die er ganz schnell beiseite schob.
Plötzlich begann sein Handy zu läuten. «Landsburg … ja, ich grüße Sie. Einen Moment bitte.» Christian stellte das Handy auf stumm. «Das dauert länger, Leonie. Von mir aus geh zum Karate-Training. Und bring es Großmutter schonend bei. Dafür ist aber das Benefiz-Fest nächste Woche Pflicht.»
«Dass Juristen aus jeder aussichtslosen Situation noch einen Kompromiss herausholen müssen …», maulte Leonie, lächelte aber verschmitzt.
«… und angehende Psychologinnen noch ein Problem suchen müssen, wenn es keins mehr gibt.» Mit einer drängelnden Handbewegung forderte er seine Tochter auf, jetzt endlich zu gehen.
«Versprochen. Danke, Papa!»
Leonie tänzelte davon, verschwand leise trällernd in ihrem Zimmer und kurz darauf in der Garage. Sie würde von unterwegs Gräfin Francesca anrufen und mitten im Gespräch ein Funkloch vortäuschen. Das schien ihr eleganter als eine direkte Unterredung mit der strengen Großmutter. Das Garagentor schnurrte nach oben, und sie bemühte sich, den Triumph so leise wie möglich herauszufahren.
Hallo? Hallo, sind Sie da?»
Vorsichtig stakste Lydia von Immen auf Zehenspitzen um das alte Bootshaus herum, dessen Bretter teilweise faulig von Moder und Schimmel waren. Um nicht ihre Gucci-Pumps in den Ritzen des Bootsstegs zu ruinieren, zog die Rechtsanwältin sie vorsichtshalber aus und steckte sie links und rechts in die Manteltaschen. Unwirsch warf sie nebenbei einen Blick auf ihre goldene Cartier Tank, die locker um ihr Handgelenk hing. Schlanker durfte sie nicht mehr werden, sonst würde die Eleganz auf der Strecke bleiben. Lydia wußte um ihre nachhaltige Wirkung auf Männer, die sie nicht zuletzt ihren ausgeprägt weiblichen Formen verdankte.
Langsam strich sie ihre langen schwarzen Haare hinter ihr rechtes Ohr und schaute sich misstrauisch um. Niemand, aber auch wirklich gar niemand, schien sich hierher zu verirren. Der See lag ruhig vor ihr, als warte er selbst interessiert darauf, dass bald etwas passieren würde. Der Wind blies reichlich frisch und Lydia von Immen schlug fröstelnd den Kragen hoch. Ein lautes Knacken durchschnitt die trügerische Ruhe und ließ sie erschrocken zusammenfahren. Instinktiv zog sie die Schultern hoch, presste ihr Beautycase an ihren Körper, als wolle sie dahinter in Deckung gehen. Die Tür zum Bootshaus musste durch einen Windzug aufgesprungen sein. Vorsichtig betrat sie den Holzschuppen voller Taurollen und Gerümpel. Zwei alte Boote dümpelten im Wasser, eines war leckgeschlagen und schon halb gesunken.
Das Zischen und Aufglimmen eines Feuerzeugs ließen die Juristin erneut zusammenzucken und einen kurzen Schrei ausstoßen.
«Sind Sie blind, Lady? Ich sitze hier schon die ganze Zeit», maulte der Mann.
«Spielen Sie nie wieder so ein Scheißspiel mit mir!», fauchte Lydia von Immen ihn an.
«Sorry, Lady, konnte ja nicht wissen, dass Sie so schreckhaft sind …» Er grinste, warf das Feuerzeug ins Wasser und versuchte einen blöden Witz, als ihn die junge Frau fragend ansah. «Wegwerffeuerzeug – Sie können ja nachsehen …»
Lydia zog ihre Schuhe wieder an, schob mit der Fußspitze ein paar leere Dosen beiseite und setzte sich auf einen Holzstoß. Der Mann hatte es sich auf den Taurollen gemütlich gemacht. Selbstzufrieden beobachtete Bernd Alper, der dürre Fotograf mit dem Windhundgesicht, die junge Frau, die jetzt ihren Schminkkoffer öffnete, in dem sich ein Bündel Euro-Scheine befand.
«Erpressung ist nicht mein Alltagsgeschäft, Herr Alper.»
«Meins auch nicht, wenn Sie’s tröstet.»
«Ach ja? Kann ich die Ware sehen?»
«Hey, das ist gut. Wie in Gangsterfilmen. Ich komme mir vor wie Robert de Niro.»
«In einem Film mit de Niro würden Sie bestenfalls als Leiche mitspielen.»
Alper verzog das Gesicht und Lydia von Immen konnte nicht genau ausmachen, ob sie zu weit gegangen war oder ob sich in Alpers Gesicht so etwas wie Anerkennung spiegelte. Entweder gab sich der Fotograf cool und überspielte seine Wut oder er gierte so sehr nach dem Geld, dass ihm persönliche Angriffe nichts ausmachten.
In diesem Moment wurde ihr wieder einmal klar, dass das Schicksal sie immer wieder mit Menschen zweier Kategorien zusammenführte. Schon als Kind lernte sie die zwei Extreme näher kennen, als ihr lieb war. Ihr Vater hielt die Fassade des Hauses von Immen nach außen aufrecht und alle ihre Schulkameradinnen beneideten sie um den vornehmen und eleganten Daddy. Über die wahre Natur dieses scheinbar edlen Menschen mit der sonoren Stimme musste sie schweigen. Zu tief hatten sich ihr die grauenhaften Bilder von Vaters Prügelorgien ins Gedächtnis gebrannt. Lydias schweigsame Mutter blieb bei ihrem Mann trotz dieser Ausfälle, an die sich Tage, manchmal Wochen der Ruhe anschlossen, in denen der Baron vor sich hin dämmerte.
Zu beiden hatte Lydia seit Jahren keinen Kontakt mehr, was sie nicht davor bewahrte, ähnlichen Menschen immer wieder zu begegnen. Meist aber als Klienten oder im Auftrag von Klienten.
Wie jetzt diesem Alper, einem kleinen Ganoven, der ein paar Nummern zu groß einsteigen wollte. Zynisch grinste sie ihn an, doch ihre Mundwinkel fielen reflexartig wieder herunter, als ihr Alper wortlos eine aufgeschlagene Straßenkarte mit einem gelb markierten Ort auf den kniehohen Holzstapel legte. In Lydia von Immens Magengrube drehte sich ein machtvoller Kreisel. Ihr wurde speiübel.
«Was soll das?»
«Soviel zum Unterschied zwischen de Niro und mir. Der besitzt die Fotos, die ich dort geschossen habe, ganz sicher nicht. Sie zeigen den Prinzen beim Liebesspiel, aber nicht mit seiner Frau.»
Mühsam fing sich von Immen nach einigen Sekunden wieder. In ihrem Kopf spulten sich alle möglichen Szenarien ab.
Alper nahm die Straßenkarte langsam wieder vom Stapel und zeigte Lydia eine Filmpatrone.
«Noch nicht entwickelt. Es gibt keine Abzüge. Ein ganz faires Angebot, allerdings hochpreisig.»
Dann legte er genüsslich zwei Fotoabzüge vor. «Aber wir sind ja heute eigentlich wegen dieser beiden Fotos hier …»
Eins nach dem anderen, dachte von Immen. Sie musste jetzt einen klaren Kopf behalten, obwohl oder gerade weil ihre Gedanken Achterbahn fuhren.
Sie nahm ein Bündel Tausender aus ihrem Schminkköfferchen. «Die Abzüge und die Originale – zwanzigtausend.»
Mit einem Ruck zog Alper die Abzüge wieder weg. «Inzwischen liegt ein neues Angebot vor, Lady. Ein englisches Magazin bietet mir das Doppelte …»
Wütend schmiss von Immen das Bündel Tausender auf den Holzstapel. «So geht das nicht. Wir haben eine Abmachung …»
«Gar nichts haben wir. Sie haben Angst, und ihr feiner Prinz muss noch sehr viel mehr Angst haben wegen dieser Fotos. Wenn die veröffentlicht werden, sprengt es seine ganze schöne Familienidylle in die Luft – pffft –, aus der ganze Schmu. Und damit die Explosion auch laut genug ist, habe ich hier noch eine kleine Bombe für Sie. Sagen Sie dem Prinzen, der vor ein paar Jahren verstorbene Dr. Sparilla hatte noch eine Rechnung bei mir offen. Freundlicherweise beglich er seine Schulden mit der Kopie eines ärztlichen Untersuchungsprotokolls, das von einer besorgten Mutter in Auftrag gegeben wurde. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn dem Prinzen das nicht nochmal die gleiche Summe wert wäre. Und deswegen, Lady, bestimme ich hier die Preise.»
Lydia versuchte sich zu konzentrieren. Einfach alles platzen zu lassen war unmöglich. Nicht, nachdem sie die ersten beiden Fotos gesehen hatte. Was es mit dem Protokoll auf sich hatte, wusste sie noch nicht. Aber Alper würde in dieser Situation nicht bluffen. Sie durfte jetzt keinen Fehler begehen. Und das wusste Alper ganz genau.
«Mehr Geld habe ich nicht dabei. Nehmen Sie auch einen Scheck?»
«Einen Scheck? Meinen Sie das im Ernst? Als Nächstes wollen Sie noch eine unterschriebene Quittung. Betrag dankend erhalten. Sehe ich so blöd aus? Scheck! Hah!»
«Nein, entschuldigen Sie, so war das nicht gemeint. Ich suche nur nach einer Möglichkeit …», versuchte von Immen zu beschwichtigen.
«Ganz einfach. Sie wissen jetzt, was ich zu bieten habe. Leiern Sie dem Prinzen mehr Geld aus dem Kreuz. Dann treffen wir uns wieder. Und nun hören Sie gut zu: Die Gesamtsumme für beide Fotostrecken komplett beträgt hunderttausend. Für die kleine ‹Bombe› von Dr. Sparilla nehme ich pauschal nochmal vierhunderttausend. Dann sind wir bei fündhunderttausend Euro.»
«Das ist Wahnsinn! Niemals. Ich flehe Sie an, treiben Sie es nicht zu weit. Ich tue mein Bestes, aber irgendwo steigt er aus … das macht er nicht mit …»
Gelassen packte Alper die Abzüge in seinen abgewetzten Lederkoffer, der vermutlich schon Jahrzehnte lang Prominentenfotos beherbergt hatte, von denen nicht einmal die Hälfte veröffentlicht werden konnte, weil sie selbst für die schmierigsten Blätter zu brisant war.
«Wenn ich richtig liege, steht der Prinz einer der reichsten Familien Europas vor. Überzeugen Sie ihn doch von ein paar günstigen Anlagemodellen, dann holt er sich das Geld in ein paar Monaten wieder aufs Konto.»
Lydia von Immen hasste diesen Mann. Alper spielte mit ihr und zeigte ihr deutlich ihre Ohnmacht. Wozu hatte sie nach dem Studium noch die Business-School mit Auszeichnung abgeschlossen, wozu arbeitete sie als Anwältin und persönliche Vertraute für einen der einflussreichsten Adligen Europas? Um sich jetzt von einem Paparazzo demütigen zu lassen, dessen einzige Kunst es war, zur richtigen Zeit auf einen Auslöser zu drücken? Sie durfte jetzt nicht mit Wortkaskaden brillieren, Paragraphen zitieren und angedeutete Drohungen in den Raum stellen, nein, sie musste ihre Wut unterdrücken, ihre Empörung in sich hineinfressen.
Alper schnitt mit einer Schere das erste Foto in der Mitte durch, präzise an den Rändern der abgelichteten Figuren entlang, sodass möglichst alles ganz genau getrennt war. «Hier, zur Anfütterung. Und das gebe ich Ihnen gratis mit», höhnte er, als er von Immen das halbe Foto und einen Abzug der ursprünglich verhandelten Bilder übergab.
Sie bekam ein Nichts, die Bilder hatten keinen Wert, sie waren jederzeit reproduzierbar, sollten wirklich nur den Prinzen «anfüttern». Wortlos packte sie die beiden Fotos und die Geldscheine in ihren Schminkkoffer. Sie versuchte doch noch eine Drohung. «Sie spielen sehr gewagt. Meinen Sie nicht, dass Sie sich übernehmen? Der Prinz ist außerordentlich einflussreich und hat willfährige …»
«Vergessen Sie’s, Lady.»
Ruckartig erhob sie sich, strich das Kostüm glatt und sah Alper mit einem Ausdruck aus Wut, Ohnmacht, Beherrschung und schlecht gespielter Verbindlichkeit an. «Wenn ich ihn so weit habe, melde ich mich.»
Alper nickte und zog ein Feuerzeug aus der Jackentasche.
«Kann ich mich auf die genannte Summe jetzt definitiv verlassen?», stieß sie hervor.
Alper zündete mit ruhiger Hand die Zigarette an, die ihm während der ganzen Zeit schon zwischen den Lippen hing, inhalierte genüsslich den Rauch des ersten Zuges und versenkte in hohem Bogen auch dieses Feuerzeug hinter sich im Wasser.
«Vielleicht, Lady. Worauf kann man sich schon verlassen, heutzutage … Jeder Tag bringt Neues, auch neue Angebote. Also lassen Sie sich nicht so viel Zeit. Time is money.»
Sekunden später ließ Lydia von Immen krachend die Tür hinter sich ins Schloss fallen, sodass die ganze Bootsbude wackelte.
Graf Ferdinand, Christians Vater, zog den Lodenmantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Er war von seinem Morgenspaziergang heimgekehrt, den er mit Charly täglich auf dem nahe liegenden Waldgrundstück absolvierte. Charly, der Labrador, kniehoch, treue braune Augen und glattes schwarzes Fell, strebte sofort seinem Fressnapf zu, den die Haushälterin bereits mit frischem Fleisch vom Schlachter gefüllt hatte.
«Kaffee, Herr Graf?»
«Nein, Marianne, ich glaube, heute lieber einen Earl Grey. Danke.»
Er tätschelte noch einmal seinen Jagdhund und begab sich sodann in seine Kanzleiräume, die im Westflügel lagen und Zugang zur Gartenterrasse hatten.
Zweimal täglich führte der alte Graf Charly Gassi. Morgens in den Wald und abends die kleinere Tour über das weitläufige Anwesen. In dem parkähnlich angelegten Garten mit teilweise altem Baumbestand und großen Rhododendronbüschen fand der dankbare Hund so viel interessante Informationen, wie er sie allenfalls noch nach dem Besuch anderer Hunde im weinumrankten weißen Pavillon in der Mitte des Gartenbereichs erschnüffeln konnte. Dort saß manchmal bei schönem Wetter so manches Herrchen oder Frauchen bei einer kleinen Teerunde oder einem diskreten Klientengespräch mit den Landsburgs zusammen. In dieser friedlichen Atmosphäre ließen sich auch die heikelsten Probleme in Ruhe bereden.
Von dort hatte man einen schönen Blick auf den kleinen Teich, den Graf Ferdinand schon vor vielen Jahren hatte anlegen lassen. Von seinen Freunden wurde er deswegen immer wieder aufgezogen, denn der Grund war ein höchst banaler Anlass gewesen. Vor mehr als zwanzig Jahren hatte er bei einer der traditionellen Entenjagden mehrmals das Ziel verfehlt und war ohne Beute zum Schloss zurückgekehrt. Seine Freunde hatten ihn damals als den Retter allen Flugwildes bezeichnet und ihm zum Scherz nahe gelegt, doch ein «Entenasyl» zu eröffnen. Niemand hatte auch nur den leisesten Verdacht, dass Graf Ferdinand, der in Wahrheit ein vortrefflicher Schütze war, absichtlich daneben geschossen hatte. Und so war der Teich entstanden.
Waren die ersten Landsburgs (damals noch ‹Landspurgs›) wilde Gesellen gewesen, die sich einen breiten Landstrich erfochten oder durch Heirat ererbt hatten und treu zu Kaiser und Reich standen, solange der Kaiser sich erkenntlich zeigte, so wurde aus der trutzigen Burg im Laufe der Jahrhunderte zunächst ein mondäner und wenig wehrhafter Renaissancebau, dem man später einige barocke Fassadenteile verpasste, ehe er im 19. Jahrhundert geschliffen wurde und einem Herrenhaus wich, das letztlich nur noch von einem nicht bewirtschafteten Park umgeben war. Aus Leibeigenen wurden Bauern. Heute beschäftigte man, vom Hauspersonal abgesehen, gerade noch einen Gärtner, der sich gerne als Landschaftspfleger bezeichnete, und einen Stallknecht.
Das immer noch prächtige Haus derer von Landsburg öffnete sich mit seinen beiden ausladenden Flügeln nach Süden hin. Graf Ferdinand I., der Urururgroßvater des amtierenden Familienoberhaupts und Erbauer des Hauses, hatte darauf bestanden, alle Schlafräume in den Ost-, alle Wohnräume aber in den Westflügel zu legen, auf dass alle Bewohner des Hauses, ja sogar die Dienstboten, allezeit Sonne um sich hätten und entsprechend heiteren Gemütes seien. Eine Entscheidung, die erst Leonie von Landsburg ablehnte, die den Tag lieber sehr spät begann und, bevor sie am Wochenende spät aus den Federn kroch, die Nachmittagssonne des Westflügels auf ihrem Kopfkissen genoss.
Graf Ferdinand nahm an seinem Schreibtisch Platz und beobachtete einen Moment lang seinen Sohn, denn die Kanzleiräume dienten beiden gemeinsam als Geschäftsräume. Die Beziehung zwischen Graf Ferdinand und seinem Sohn war genauso von Freundschaft geprägt wie von familiärer Liebe. Mitunter war es Christian beinahe peinlich, wie kumpelhaft sich sein Vater geben konnte. Doch außerhalb des Familienkreises wahrte der alte Graf selbstverständlich stets Form und wirkte eher wie eine Wachsfigur aus Madame Tussauds Kabinett denn wie ein veritabler Landadliger. Graf Ferdinand, das war ein Symbol für eine vergangene Welt. Er war der Inbegriff von Vornehmheit und sah sich entsprechend belästigt von älteren Comtessen und Freifrauen – was ihn zu einem sehr gezielten und durchaus despektierlichen Einsatz dieses Begriffes verführte – selbstverständlich nur in diskreter Runde.
Graf Ferdinand hatte sich nie gefragt, ob Christian eigentlich mit der Gestaltung der Arbeitsräume einverstanden war. Es ergab sich einfach so, dass die beiden schweren Schreibtische aus Teakholz sich in angemessenem Abstand gegenüber und dabei rechtwinklig zu den hohen Fenstern standen, zwischen denen eine zweiflügelige Terrassentür hinaus in den Garten führte. Von den Schreibtischsesseln aus konnte man direkt hinausblicken. Graf Ferdinand empfand das als optimal.
Als Marianne in frisch gestärkter weißer Schürze den Tee servierte, fühlte sich Christian unwillkürlich an die Kaffeewerbung im Fernsehen erinnert, verkniff sich aber eine Bemerkung. Schon weil Marianne dann sicherlich ein schlechtes Gewissen bekommen würde, das sie oft bekam, vor allem, wenn es keinen Grund dafür gab. Es reichte eine einfache Bemerkung, in der ein Hauch von Kritik mitschwang. Und so schwiegen alle, einschließlich des Kanzleigründers, Graf Ferdinands Vater, dessen Ebenbild als Ölporträt an der mittleren Wand des Zimmers hing und dessen Gesichtsausdruck keinen Zweifel an der Seriosität und am Rang dieses Hauses ließen. Über ihm prangte das Familienwappen, und mehrere kleine Stiche links und rechts neben dem Porträt zeigten das Familienanwesen derer von Landsburg im Wandel der Zeiten.
Der zweite Kanzleiraum diente als Arbeitsbibliothek und Besprechungsraum und wurde neben den massiven Bücherregalen dominiert von einer Sitzgarnitur aus dunkelbraunem Leder mit rundem Rauchertischchen und eingearbeitetem, drehbarem Humidor. Die Sitzgruppe im englischen Stil war auf den offenen Kamin ausgerichtet. Direkt gegenüber der Tür fiel ein Waffenschrank mit edlen, verzierten Büchsen aus dem 18. und 19. Jahrhundert ins Auge. Der Boden bestand aus dunklen Terrakottafliesen, die wesentlich zur angenehmen Atmosphäre dieses Raumes beitrugen. Lediglich im Bereich der Sitzgruppe war ein dicker Isfahan ausgelegt. An den Wänden hingen wertvolle Gobelins mit den verschiedenen Familienwappen derer von Landsburg und verwandter Familien.
Hier suchte Christian gerade nach der Gästeliste für das Charity-Event an diesem Abend, die er zwischenzeitlich irgendwo abgelegt hatte. Er fand sie in einem der massiven Bücherregale, überflog sie kurz, und als er den gesuchten Namen entdeckte, zog er die Augenbrauen in die Höhe. Er ging hinüber in den anderen Kanzleiraum.
Graf Ferdinand schaute gedankenverloren zum Fenster hinaus und blätterte abwesend in einem Packen Börsen-Ausdrucke. «Christian, wann kannst du in den nächsten Tagen mal nach Hessen-Kassel fahren? Du weißt schon, diese Kokaingeschichte des Prinzen Seiß. Höchst peinlich. Ein Mafiakiller aus Sizilien soll ihm zwei Kilo Koks verkauft haben und will jetzt als Zeuge aussagen. Schwieriger, aber nicht aussichtsloser Fall. Wer glaubt schon einem Killer? Wenn nur der Erbprinz sich nicht laufend äußern würde. Und dann auch noch in diesem Ton. Kannst du dich freimachen?»
Christian überlegte ein wenig zu lange, um noch absagen zu können. «Ich will zum Turnier nach Berlin, Papa. Zwei Kilo – wer ist denn so blöd? Vielleicht hat er ein paar Gramm genommen und sich erwischen lassen. Aber zwei Kilo kaufen? Unwahrscheinlich. Die Beweise bekommt der Staatsanwalt nie zusammen.»
Graf Ferdinand erhob sich.
«Kein Sherry, danke», murmelte Christian und lächelte in sich hinein. Wie stets, wenn er ihn zu etwas überredete, das ihm widerstrebte, hatte sein Vater ein schlechtes Gewissen und versuchte, ihm sogleich etwas Gutes zu tun, um die Sache wieder ins Lot zu bringen. Sherry war dabei seine Allzweckwaffe.
Nachdem Graf Ferdinand sein Glas in zwei Zügen ausgetrunken hatte, schloss er die Schrankbar, setzte sich wieder an seinen Computer und blickte interessiert auf den stets aktivierten Monitor, auf dem er die aktuellen Agenturnachrichten einer Boulevardzeitung las. Die neue Zeit hatte natürlich auch in seine Kanzlei Einzug gehalten. Computer, Laserdrucker und Faxgerät – schon jetzt unverzichtbar wie weiland Bleistift und Tintenlöscher. Kurioserweise war hier der alte Herr Vorreiter gewesen.
«Von Stuttgart aus könnte ich natürlich auch nach Berlin fliegen. Also gut, wenn es unbedingt sein muss, spreche ich mit dem Erbprinzen. Und wenn ich ihn nur dazu bringe, den Mund zu halten, damit du in Ruhe arbeiten kannst.»
«Es täte seiner Reputation gut. Und seiner Familie vermutlich auch. Überhaupt allen, die ihm zuhören müssen. Ein Wunder, dass nicht seine leidgeprüfte Familie, sondern er die Drogen nimmt. Danke, Christian.» Verschmitzt grinste der alte Herr, als er eine Meldung über den Prinzen Karl-Friedrich auf dem Monitor entdeckte. «Na bitte, da ist er wieder. Karl-Friedrich bewirft Dirigenten mit Cocktailtomaten oder Champagnertrüffeln. Die genaue Identität der Tatwaffe ist noch nicht geklärt. Ts-ts-ts.»
Christian überraschte diese Meldung nicht sonderlich, in den Kreisen des Hochadels wettete man mittlerweile, welchen Ausfall Karl-Friedrich als Nächstes präsentieren würde.
«Wie viel Cocktailtomaten benötigt man denn, um jemanden umzubringen?», wollte Graf Ferdinand wissen.
Christian war fast schon zur Tür hinaus, als er nach kurzer Überlegung stehen blieb. «Eine Tomate. Die Schwierigkeit besteht darin, sie genau in der Luftröhre zu platzieren.»
«Das ist geschmacklos», donnerte die Stimme von Gräfin Francesca, womit sie die ironische Bemerkung ihres Sohnes unmissverständlich bewertete. Sie kam Christian über die breite Wendeltreppe entgegen, die sich in einem großzügigen Bogen über die beiden Hauptstockwerke zog.
Gräfin Francesca von Landsburg fühlte sich wie eine agile Endfünfzigerin, auch wenn der 65. Geburtstag bereits etliche Jahre hinter ihr lag. Wie immer stilvoll, in einer Mischung aus Eleganz und Strenge gekleidet, überflog sie die Menükarte des Abends und begrüßte ihren Sohn. Die auf edlem Büttenpapier mit Familienwappen und der neunzackigen Grafenkrone gedruckte Reihenfolge des Acht-Gänge-Menüs berücksichtigte sogar die Sonderwünsche der Vegetarier. Vor denen gaben sich seit geraumer Zeit nun auch die Vertreter des Hochadels rücksichtsvoller, wenn sie über ihre Jagderlebnisse parlierten. Schließlich fanden sich auch unter ihnen immer häufiger Abtrünnige aus den eigenen Reihen. Gräfin Francesca glaubte nicht daran, dass sich die Körnermode durchsetzen würde, obwohl auch ihre Enkelin Leonie von Landsburg bereits erste Einschränkungen im Fleischkonsum anmeldete. Gräfin Francesca hielt sich an ihre Prinzipien, nach denen jeder mit seinem Geschmack selbst fertig werden müsse. Wenn diese Gäste es so wünschten, bekamen sie ihre Gemüsebratlinge. Andere Leute lehnten ja mit dem gleichen Recht gestopfte Ente oder Eisbein ab. Routiniert prüfte sie noch die korrekte Wiedergabe der Jahrgänge aller Weine und klappte die Karte zusammen.
«Wo ist Leonie? Sie wird doch heute Abend dabei sein? Wir haben da einen etwas schwierigen jungen Mann. Der Spross der Mayen, du weißt schon, etwas aufsässig, der Junge, vermutlich die Pubertät. Ich würde gern Leonie an diesem Tisch platzieren.»
«Eigentlich sollte sie es dir schon selbst mitgeteilt haben, Mama. Ich fürchte, sie wird uns heute Abend nicht beehren.»
«Dann sprich ein Machtwort, du bist der Vater.»
«Genau. Und nicht ihr Jobvermittler. Leonie studiert zwar Psychologie, deswegen muss sie aber keine frustrierten Gäste betreuen.»
Gräfin Francesca gab sich überrascht. «Aber das Kind liebt doch solche renitenten Menschen.»
«So sehr, dass sie heute lieber zum Karate geht.»
«Karate. Diese Japaner! Du solltest ihr einen Kurs im Fechten finanzieren. Karate, das ist doch nichts für eine junge Dame.»
Es war immer das Gleiche. Ständig sah sich Graf Christian in der Rolle, seine Tochter für ihr Kampfsport-Faible zu verteidigen. Dabei beurteilte er diese Aktivitäten selbst nicht ganz unkritisch. Natürlich hatte Leonie einen der besten japanischen Lehrer engagiert. Erzählte sie jedenfalls. Christian sah sich ohnehin nicht in der Lage, die Qualifikation von Meister Yosuke Jatanka zu überprüfen. Wäre das Stundenhonorar ein Kriterium zur Beurteilung gewesen, hätte er ihn sofort als den besten Karatelehrer Japans anerkannt.
Seine Mutter wartete immer noch auf eine Antwort.
«Ich werde es ihr vorschlagen … wann beginnt das Fest?»
«Um 19 Uhr.»
Am Portal läutete der Partyservice.
Der laue Abend schien Bernd Alper wie geschaffen für ein paar Schnappschüsse auf dem Landsburg’schen Anwesen. Keine Regenwolken waren in Sicht, und das Versteck in einem Baum auf einer kleinen Anhöhe bot einen guten Überblick über das Geschehen. Im Garten arbeitete der Partyservice noch an der Beleuchtung.
Der Paparazzo suchte sich ein paar Äste zusammen, mit denen er sein Versteck etwas ausstaffieren wollte. Die von Landsburgs wollten doch tatsächlich die Presse nach dem Empfang schon ausschließen. Keine Fotos vom gesetzten Diner und der Gartenparty, die erst nach Mitternacht im Park beginnen sollte. Die alte Gräfin bewies Mut, dachte Alper. Doch Prinz Karl-Friedrich bei einer nächtlichen Sause unter seinesgleichen, das versprach vielleicht neuen Skandalstoff.
Fast fachmännisch flocht Alper sein Versteck gegen jede Einsichtnahme von unten zu. Er war ganz in Schwarz gekleidet, als ginge er zu einer Trauerveranstaltung. Alpers knochige Finger schoben behutsam die Fototasche beiseite. Er fühlte sich etwas schwach und bedauerte, seit dem Essen am Vorabend nur schwarzen Kaffee und ein Stück Kuchen zu sich genommen zu haben. Behutsam ordnete er ein paar abdeckende Zweige, als seien es die letzten Handgriffe vor der Fertigstellung seines Nestes.
Aus dieser Tarnung heraus konnte er als Einziger garantiert hautnah verfolgen, was sich ein paar Meter weiter abspielte.
Alper ahnte nicht, dass zwei aufmerksame Augen ihn bei seinem Nestbau beobachteten. Ein Blick voller Wut, Rache und unterdrückter Raserei.
Seit einer guten halben Stunde fuhren die Gäste im Auffahrtsrondell des Anwesens vor. Livrierte Diener öffneten die Autotüren und halfen den elegant gekleideten Damen aus dem Wagen. Nach wenigen Schritten stellte man sich den Pressefotografen, die erst dann ihre Fotos schössen, wenn die Gäste zu verstehen gaben, dass sie dies auch wünschten. An die unausgesprochenen Spielregeln hielten sich zu solchen Anlässen alle.
Als sich nach und nach die knapp hundert Gäste im großen Salon des Schlosses eingefunden hatten, einander begrüßten, ihre Cocktails tranken und über mehr oder weniger belanglose Neuigkeiten plauderten, bat Graf Christian die Fotografen herein. Es war eine illustre Gesellschaft. Deutlich hatte auf der Einladung die Kleiderordnung gestanden: Abendkleid und Smoking, und jeder hatte sich daran gehalten.
Der Saal war festlich dekoriert. Blumengirlanden schmückten Fenster- und Türbögen. Mit Efeu gebundene Blütenarrangements zierten kleine Tische, an denen die älteren Herrschaften Platz nehmen konnten. Die Lichter der Kerzen spiegelten sich in den Ohrgehängen und Brillanten der Damen wider. Livrierte Kellner mit weißen Glacéhandschuhen boten auf silbernen Tabletts verschiedene Cocktails an. Das gedämpfte Licht der vielen Kerzen unterstrich die festliche Atmosphäre dieses gesellschaftlichen Ereignisses, dem nur Auserwählte beiwohnten.
«Graf Landsburg, wann kommt Karl-Friedrich?», wollte die Fotografin Lori Meckmann wissen, als Christian an ihr vorbeiging.
«Zugesagt hat er. Auch, dass heute nichts für Sie abfällt.»
«Na, na, na – würden Sie darauf wetten?», fragte sie keck.
«Wenn er ein Rennpferd wäre, ja – aber so …»
Die Meute lachte, denn jeder Fotograf kannte Graf Christians Leidenschaft für Pferdewetten. Natürlich hofften ausnahmslos alle auf einen neuen Eklat mit dem Prinzen.
Lori Meckmann wollte sich zunächst mal um Mahjal, den Soulstar, kümmern. Den gut gebauten, muskulösen Sänger einmal mit nacktem Hintern auf einer Yacht abzulichten beflügelte Loris Phantasie. Alle großen Frauenmagazine würden ihr die Fotos nur so aus den Händen reißen. Sie wollte versuchen, heute Abend mit ihm ins Gespräch zu kommen. Immerhin sah sie mit Anfang vierzig trotz ihres nervenaufreibenden Jobs noch sehr attraktiv aus. Ihr dunkel gefärbtes Haar band sie jeden Tag zu einem Zopf zusammen. Auch wenn ihr das schwarze, halblange Kleid mindestens zwei Nummern zu groß war und ihre Figur nur erahnen ließ, trug Lori stets einen stützenden BH, der ihre flachen Brüste attraktiver machte. Die zwei von ihrer Schultern hängenden Kameras standen im Kontrast zu ihrer Abendgarderobe und ließen sie in dieser Gesellschaft deplatziert erscheinen.
Vielleicht ließ sich Mahjal einen Hinweis darauf entlocken, wo er seinen Urlaub zu verbringen gedachte. Nur – sie musste ihn allein sprechen, denn eine Information, die auch ihre Kollegen mitbekamen, war nichts mehr wert. Während sie auf die kleine Bühne zusteuerte, wühlte sie in ihrer Prada-Tasche und checkte Aufnahmegerät und Kamera.
Einige Gäste schlenderten unauffällig vorbei und suchten nach der besten Gelegenheit, wie zufällig bei den von den Fotografen umlagerten Prominenten mit aufs Bild zu kommen. Für viele die Gelegenheit, später in ihrer eigenen Teerunde ein Gespräch mit Fürstin Gloria beiläufig zu erwähnen und auch noch das Foto vorweisen zu können. So etwas hinterließ immer den Eindruck eigener Prominenz.
Ludger Olbrecht, der smarte, von der künstlichen Sonne eines Fitness-Studios gegerbte Manager, stellte sich neben die Gastgeberin. «Wer ist denn von den hier anwesenden Gästen der Wichtigste?»
Gräfin Francesca wollte sich nicht festlegen, allein die Fragestellung war ihr schon zuwider. Diese Neureichen bewerteten die Qualität eines Charity-Events nach der Zahl anwesender Prominenter und Starlets. Ihr, als Angehöriger eines alten Adelsgeschlechtes, war das vollkommen egal, sie genügte sich selbst.
«Kommt darauf an. Wofür bitte schön der Wichtigste?»
«Um zusammen mit dem edelsten Spender auch gut im Bild festgehalten zu werden.»
«Sie bekommen Ihr Bild, Herr Olbrecht, keine Angst.» Es widerstrebte der Gräfin, auch nur eine Sekunde länger neben dieser penetranten Lederhaut zu verweilen. Sie entschuldigte sich knapp, um ihren Verpflichtungen als Gastgeberin nachzukommen.