Vorwort zur siebten Auflage

Im Jahr 2017 gab es sieben Verordnungen zu verkehrsrechtlichen Vorschriften, die in dieser 7. Auflage berücksichtigt wurden.

In insgesamt 67 Fallkonstellationen werden ca. 110 gängige Verstöße aus dem Verkehrsbereich abgehandelt.

Dieses Buch ist in erster Linie für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes und für die Vorausbildung der Polizeikommissaranwärter/-innen konzipiert.

Natürlich können die vorgestellten Lösungsmöglichkeiten auch für die Anzeigenbearbeitung als Entscheidungshilfe herangezogen werden.

Für die gängigsten Verstöße werden Lösungsmöglichkeiten einschließlich der Ahndungskette (Anzeige) angeboten.

Beginnend mit der StVO in Kapitel 1, in dem die Unfallaufnahme im Vordergrund steht, wird in Kapitel 2 die Fahrzeugkontrolle mit Fällen aus dem Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht abgehandelt.

Das Kapitel 3 befasst sich mit den Verkehrsstraftaten und § 24a StVG.

Ein Kapitel baut auf das andere auf, sodass zum Schluss komplexe Sachverhalte abgehandelt werden können.

Bei allen Aufgaben ist eine Bearbeitungszeit als Richtwert vorgegeben.

Als Hilfsmittel bei der Bearbeitung von Sachverhalten ist immer der unkommentierte Gesetzestext zugelassen.

Der Begriff des öffentlichen Verkehrsraums wird – außer bei den Verkehrsstraftaten – bei der Bearbeitung vorausgesetzt.

Der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung wird nicht abgehandelt.

Sachverhalte mit einer Bearbeitungszeit bis zu 20 Minuten gelten als Kurztests.

Sachverhalte mit einer Bearbeitungszeit bis zu 80 Minuten sind als Klassenarbeiten, Sachverhalte mit einer Bearbeitungszeit über 80 Minuten als Prüfungsarbeiten anzusehen.

Zur besseren Übersicht und zur Ausarbeitung der einzelnen Fälle erhalten Sie zu Beginn jedes neuen Kapitels entsprechende Bearbeitungshinweise.

Robert Daubner

Schwäbisch Gmünd, im März 2018

Kapitel 1
Aufgaben Straßenverkehrs-Ordnung

Alle Sachverhalte, die sich mit StVO, StVZO und FZV befassen, werden nach folgendem Schema abgehandelt:

Sachverhalt:

An der Einmündung A/B-Straße fuhr A durch Unachtsamkeit auf den wartenden Pkw des B auf.

Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Verkehrsteilnehmers.

Diese Fragestellung umfasst alle verletzten Tatbestände von StVG, StVZO, FZV, StVO, FeV und StGB mit Nennung der Paragrafen, Begründung und Erläuterung sowie Aufführung der Ahndungskette.

Lösungsmöglichkeit:

Dem A wird erklärt, welche Vorschriften er nicht beachtet hat (führen Sie den Gesetzestext fallbezogen auf).

§ 1 Abs. 2 StVO: Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt wird.

Erklären Sie A, was unter einer Schädigung und einem Sachschaden zu verstehen ist.

Schädigung ist das Zufügen eines wirtschaftlich, vermögensrechtlich … der in einem Sachschaden liegen kann.

Sachschaden ist gegeben, wenn der Wert eines Gegenstandes …

Stellen Sie einen Fallbezug her.

Laut Sachverhalt entstand am Fahrzeug des B ein Schaden von …, somit ist eine Schädigung i. S. d. § 1 Abs. 2 StVO gegeben.

Erklären Sie, ob verwarnt oder angezeigt wird.

Verwarnung: § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

1.1 Behinderung – § 1 StVO

Sachverhalt:

Als Pkw-Fahrer B vom Einkauf zurückkehrt, stellt er fest, dass er von Pkw-Fahrer C (heller Pkw) eingeparkt wurde und nicht mehr wegfahren kann.

Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Pkw-Fahrers C.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 10 Minuten

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Lösungsmöglichkeit:

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer behindert wird. Unter einer Behinderung versteht man die Beeinträchtigung des berechtigten Verkehrsverhaltens eines Anderen, ohne dass dieser gefährdet wird. Pkw-Fahrer B kann nun nicht das tun, was er tun will, nämlich wegfahren, und wird somit in seiner berechtigten Verhaltensweise beeinträchtigt.

Diese Behinderung war vermeidbar. Hätte Pkw-Fahrer C mit genügendem Abstand zum Vordermann geparkt, hätte dieser wegfahren können.

Ordnungswidrigkeit: § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

Anmerkung:

Abgrenzung der Grundregel im § 1 Abs. 2 StVO zu den Spezialnormen der StVO.

Verstoß gegen eine Spezialvorschrift:

Nach § 5 Abs. 2 StVO darf man nur Überholen, wenn während des gesamten Überholvorganges eine Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist.

Muss der Entgegenkommende seine Geschwindigkeit wegen des Überholers verringern, um ihm das Überholen zu ermöglichen, wird er behindert, da sein berechtigtes Verkehrsverhalten beeinträchtigt wird, ohne dass er gefährdet wurde. Dies war gegeben, da er seine Geschwindigkeit verringern musste.

Somit begeht der Überholer eine Ordnungswidrigkeit nach § 5 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

Verstoß gegen eine Spezialvorschrift und § 1 Abs. 2 StVO:

Muss der Entgegenkommende jedoch eine Vollbremsung durchführen, wird er gefährdet. Da dieser Tatbestand nicht im § 5 StVO aufgeführt ist, muss gleichzeitig der § 1 Abs. 2 StVO mit in die Anzeige aufgenommen werden.

Der Überholer muss sich nämlich nach § 1 Abs. 2 StVO so verhalten, dass kein Anderer gefährdet wird. Darunter versteht man jedes verkehrswidrige Verhalten, das eine Lage herbeiführt, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet. Die Gefahr eines Unfalles muss in bedrohliche Nähe gerückt sein, sodass es nur vom Zufall abhängt, ob ein schädigendes Ereignis eintritt. Der Eintritt eines Personen- oder Sachschadens lag im vorliegenden Fall sehr nahe („Beinahe-Unfall“), da nur durch die Vollbremsung ein Unfall verhindert werden konnte.

Somit begeht der Überholer eine Ordnungswidrigkeit nach § 5 Abs. 2, § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

Beachte:

Beinhaltet eine Spezialvorschrift nur die Gefährdungsvariante (z. B. § 10 StVO Einfahren und Anfahren), so ist eine eingetretene vermeidbare Behinderung oder Belästigung über § 1 Abs. 2 StVO ahndbar.

1.2 Schädigung – § 1 StVO

Sachverhalt:

Motorradfahrer A fährt infolge Unachtsamkeit auf den Pkw des B auf. An den Fahrzeugen entsteht ein Schaden von jeweils 500.

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Verkehrsteilnehmers A.

Erläutern und begründen Sie, ob bei dem Verkehrsteilnehmer B ein Verstoß gegen die StVO vorliegt.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 15 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Verhalten des A:

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt wird. Schädigung ist das Zufügen eines wirtschaftlichen, vermögensrechtlich messbaren Nachteils, der – wie in diesem Fall – in einem Sachschaden liegen kann. Ein Sachschaden ist entstanden, da A infolge Unaufmerksamkeit auf den Pkw aufgefahren ist, und der Wert eines Gegenstandes verringert, die Sache beschädigt wurde. Laut Sachverhalt entstand am Pkw ein Schaden von 500. Somit ist die Schädigung gegeben.

Verhalten des B:

Den Pkw-Fahrer B trifft keine Schuld, da er sich verkehrsgerecht verhalten hat und aufgrund des Zeichens 205 „Vorfahrt gewähren“ (Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) anhalten musste, da auf der vorfahrtberechtigten Straße Querverkehr herrschte.

Ordnungswidrigkeit A: § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

1.3 Belästigung/Schädigung – § 1 StVO

Sachverhalt:

Fahrer A fährt im Winter auf einer mit Schneematsch bedeckten Straße mit ca. 30 km/h an einem am Fahrbahnrand stehenden Fußgänger vorbei. Die Hose des Fußgängers wird mit Schneematsch bespritzt und somit beschmutzt.

Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Pkw-Fahrers A.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 20 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Im vorliegenden Fall handelt es sich entweder um eine Belästigung oder um eine Schädigung i. S. d. § 1 Abs. 2 StVO.

Pkw-Fahrer A hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt wird.

Die Hose des Fußgängers wird beschmutzt. Es ist zunächst zu prüfen, ob der Schmutz an der Hose leicht entfernt werden kann. Ist dies der Fall, liegt lediglich eine Belästigung vor, da das körperliche Wohlbefinden des Fußgängers durch das Anspritzen mit Schneematsch beeinträchtigt wurde.

Kann die Hose aber nur durch eine fachgemäße Reinigung gesäubert werden, gilt sie als beschädigt.

Unter einer Schädigung versteht man jedes Zufügen eines wirtschaftlich, vermögensrechtlich messbaren Nachteils, der in einem Sachschaden liegen kann. Ein Sachschaden ist gegeben, wenn der Wert eines Gegenstandes verringert, die Sache entweder beschädigt oder zerstört wurde. Im vorliegenden Fall wurde die Hose beschädigt, da sie gereinigt werden muss, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Ordnungswidrigkeit: § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

Anmerkung:

Leitsatz OLG Schleswig vom 12.10.1955:

Nicht jedes Bespritzen ist vermeidbar. Fußgänger müssen bei solchen Wetterlagen mit Beeinträchtigungen rechnen. Es muss auf jeden Fall geprüft werden, ob der Fahrer das Bespritzen der Kleidung z. B. durch Verringerung der Geschwindigkeit, unter Umständen bis zur Schrittgeschwindigkeit, oder Ausweichen hätte vermeiden können.

Leitsatz OLG Düsseldorf vom 16.09.1965:

Fährt ein Kraftfahrzeugführer zu schnell (mit Schwung) durch eine Wasserpfütze, verstößt er in Tateinheit gegen § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 StVO, da er einen Anderen zumindest belästigt und seine Geschwindigkeit nicht den Straßenverhältnissen anpasst.

1.4 Verkehrsunfall und körperliche Beeinträchtigung – § 1, § 23 StVO, § 2 FeV

Sachverhalt:

Die Pkw-Fahrerin X fährt auf der Landesstraße 1217 von Göppingen Richtung Heiningen. Plötzlich kommt sie nach rechts von der Fahrbahn ab und beschädigt dabei einen Leitpfosten.

Es wird festgestellt (neutraler Zeuge), dass die Frontscheibe des Pkw zum Zeitpunkt des Ereignisses vereist und die Sonne tief stehend war. Die Fahrerin hatte ihren rechten Arm in Gips und konnte ihn zum Lenken nicht einsetzen.

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße der Verkehrsteilnehmerin.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 30 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Da das unabsichtliche Abkommen von der Fahrbahn nach rechts kein Verstoß nach § 2 StVO darstellt, muss dies über § 1 StVO geahndet werden.

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt wird. Schädigung ist das Zufügen eines wirtschaftlichen, vermögensrechtlich messbaren Nachteils, der – wie in diesem Fall – in einem Sachschaden liegen kann. Ein Sachschaden ist gegeben, wenn der Wert eines Gegenstandes verringert, die Sache beschädigt wurde. Laut Sachverhalt wurde ein Leitpfosten umgefahren, somit ist eine Schädigung gegeben. Anderer muss – wie in diesem Fall – nicht ein Verkehrsteilnehmer sein. Hier wurde der Staat, die Straßenbaubehörde, geschädigt.

Wer ein Fahrzeug führt, ist gemäß § 23 Abs. 1 StVO dafür verantwortlich, dass seine Sicht nicht durch den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt wird. Diese sich aus § 23 StVO ergebende Pflicht ist zu beachten. Auf jeden Fall hätte die Pkw-Fahrerin vor Fahrtbeginn das Eis von der Frontscheibe entfernen müssen, um eine freie Sicht nach vorne zu haben. Da sie dies nicht getan hat, wurde ihre Sicht beeinträchtigt.

Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf gemäß § 2 FeV am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er Andere nicht gefährdet. Eine körperliche Beeinträchtigung ist jedes Fehlen oder jede Minderung einer körperlichen Fähigkeit.

Die Pkw-Fahrerin kann ihren rechten Arm infolge des Gipsverbandes beim Führen des Pkw nicht oder nur eingeschränkt einsetzen, sodass die Beeinträchtigung in obigem Sinne festzustellen ist. Somit ist eine Verkehrsunsicherheit i. S. d. § 2 FeV gegeben, da die Beeinträchtigung derart ist, dass die Betroffene ohne Hilfe bzw. Ausgleichsvorkehrung nicht am Verkehr teilnehmen kann.

Es genügt die Teilnahme am Straßenverkehr mit der Gefährdungsmöglichkeit Anderer. Ein konkreter Erfolg muss nicht eingetreten sein (abstrakter Tatbestand). Einer schwierigen Verkehrssituation kann die Fahrerin vermutlich nicht gerecht werden, was sie durch ihr Fahrverhalten bewiesen hat. Die Pkw-Fahrerin ist Verkehrsteilnehmerin, da sie ein Kraftfahrzeug führt. Somit liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.

Ordnungswidrigkeiten: § 1 Abs. 2, § 23, § 49 StVO, § 24 StVG, § 2, § 75 FeV, § 24 StVG

1.5 Fahrbahnbenutzung – § 2, § 7 StVO

Sachverhalt:

Drei Kfz-Fahrer fahren i.g.O. seit geraumer Zeit nebeneinander her. Pkw-Fahrer A befährt den rechten Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h. Krad-Fahrer B fährt mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h an A „vorbei“ und wechselt plötzlich, ohne Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen, den Fahrstreifen, sodass A sein Fahrzeug stark abbremsen muss.

Lkw-Fahrer C befährt den linken Fahrstreifen mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h.

Die zG des Sattelkraftfahrzeugs beträgt 40 t.

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße der Verkehrsteilnehmer A, B und C.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 30 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Krad-Fahrer B:

Gemäß § 2 Abs. 2 StVO müssen Fahrzeuge möglichst weit rechts fahren. Somit würden B und C gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Gemäß § 7 Abs. 3 StVO dürfen jedoch Kfz i.g.O. mit einer zG bis 3,5 t den Fahrstreifen frei wählen, wenn mehrere markierte Fahrstreifen für eine Richtung vorhanden sind.

Da das Motorrad weniger als 3,5 t zG hat und mehrere Fahrstreifen vorhanden sind, darf B den Fahrstreifen frei wählen.

Krad-Fahrer B wechselt den Fahrstreifen, was er nach § 7 Abs. 5 StVO rechtzeitig und deutlich ankündigen muss. Da er ohne seine Fahrtrichtungsanzeiger zu betätigen nach rechts wechselt, liegt ein Verstoß vor.

Weiterhin ist zu beachten, dass ein Fahrstreifenwechsel nur durchgeführt werden darf, wenn kein anderer VT gefährdet wird. Da Pkw-Fahrer A sein Fahrzeug stark abbremsen muss, liegt eine Gefährdung vor. Unter einer Gefährdung versteht man jedes verkehrswidrige Verhalten, das eine Lage herbeiführt, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet. Zu beachten ist, dass das schädigende Ereignis nicht eintreten muss. Die Unfallgefahr muss in nächste oder bedrohliche Nähe gerückt sein, sodass es nur noch vom Zufall abhängt, ob ein schädigendes Ereignis eintritt oder ausbleibt („Beinahe-Unfall“).

Da A nur durch seine eigene schnelle Reaktion einen VU vermeiden konnte, liegt ein Verstoß nach § 7 Abs. 5 StVO vor.

A kam seiner Unfallverhütungspflicht gem. § 1 StVO nach, da er eine erkennbare Gefahrensituation entschärfte.

Lkw-Fahrer C:

Der Lkw-Fahrer darf gem. § 7 Abs. 3 StVO innerhalb geschlossener Ortschaften vom Rechtsfahrgebot abweichen, wenn mehrere Fahrstreifen für eine Richtung vorhanden sind und die zulässige Gesamtmasse (zG) des Fahrzeugs nicht mehr als 3,5 t aufweist. Da der Lkw eine zG von 40 t aufweist, müsste C den rechten Fahrstreifen benutzen. Da er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, verstößt er gegen das Rechtsfahrgebot nach § 2 Abs. 2 StVO.

Pkw-Fahrer A, Lkw-Fahrer C und Krad-Fahrer B:

Gemäß § 3 Abs. 3 StVO dürfen Kfz i.g.O. mit einer Geschwindigkeit von höchstens 50 km/h fahren. Da Pkw-Fahrer A und Lkw-Fahrer C 60 km/h sowie Krad-Fahrer B 70 km/h fahren, verstoßen sie gegen diese Vorschrift.

Ordnungswidrigkeiten:

Pkw-Fahrer A:

§ 3 Abs. 3, § 49 StVO, § 24 StVG

Krad-Fahrer B:

§ 3 Abs. 3, § 7 Abs. 5, § 49 StVO, § 24 StVG

Lkw-Fahrer C:

§ 2 Abs. 2, § 3 Abs. 3, § 49 StVO, § 24 StVG

Anmerkung:

§ 7 Abs. 5 StVO gilt nur für die Fälle des Nebeneinanderfahrens. Bei einem Fahrstreifenwechsel im Zusammenhang mit dem Überholen müssen die Sonderbestimmungen des § 5 StVO beachtet werden. Nach § 5 Abs. 4 StVO muss der Überholer sich möglichst bald wieder nach rechts einordnen. Hierbei darf der Überholte nicht behindert werden.

1.6 Geschwindigkeit – § 3 StVO

Sachverhalt:

Pkw-Fahrer A fährt außerhalb geschlossener Ortschaften auf einer Landstraße mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h in eine Rechtskurve, die nur ca. 60 Meter einsehbar ist. Obwohl er versucht, sein Fahrzeug abzubremsen, schleudert er auf den linken Fahrstreifen, schrammt dort noch leicht an der Leitplanke vorbei und beschädigt diese. Danach „fängt“ er seinen Pkw wieder und fährt auf dem rechten Fahrstreifen weiter. An seinem Pkw entstand ein Schaden von ca. 3000 und an der Leitplanke ein solcher von 500. Der Fahrer hat seinen Führerschein erst seit 2 Monaten.

Der entgegenkommende Motorradfahrer B erkennt rechtzeitig die Schwierigkeiten von Pkw-Fahrer A und bremst sein Fahrzeug ab, ohne in Gefahr geraten zu sein. Pkw-Fahrer A kehrt zur Unfallstelle zurück.

Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des A.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 30 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Gem. § 3 Abs. 1 StVO darf Pkw-Fahrer A nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht, d. h. er muss allen auftretenden Verkehrslagen, die nicht völlig außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegen, gerecht werden können. Er muss also immer in der Lage sein, alle Fahrbewegungen sicher auszuführen.

Zusätzlich hat er seine Fahrgeschwindigkeit insbesondere den Straßenverhältnissen anzupassen.

Diesen Forderungen kam A nicht nach. Er fuhr zu schnell in die Kurve und kam deshalb auch auf den linken Fahrstreifen. Somit verstößt er auch gegen das Rechtsfahrgebot i. S. d. § 2 Abs. 2 StVO, da er infolge zu hoher Geschwindigkeit auf die linke Fahrbahnseite schleuderte.

Dabei schädigt er einen Anderen. Schädigung ist das Zufügen eines wirtschaftlichen, vermögensrechtlich messbaren Nachteils, der wie – in diesem Fall – in einem Sachschaden liegen kann. Laut Sachverhalt wurde die Leitplanke beschädigt. Somit ist ein Sachschaden gegeben, da der Wert eines Gegenstandes verringert, eine Sache in diesem Fall beschädigt wurde (Schaden 500).

Anderer i. S. d. § 1 StVO muss nicht notwendig ein Verkehrsteilnehmer sein. So wie in diesem Fall wurde die Straßenbaubehörde geschädigt, da sie die defekte Leitplanke ersetzen muss.

Des Weiteren darf A nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann, um ein Auffahren auf Hindernisse bzw. einen Zusammenstoß mit Entgegenkommenden zu verhindern.

Seine Sicht betrug 60 Meter und seine Geschwindigkeit 100 km/h. Es dürfte deshalb schwerlich gelingen, das Fahrzeug innerhalb der übersehbaren Strecke zum Stehen zu bringen. Geht man bei einem Pkw unter normalen Umständen von einer Bremsverzögerung von 7,5 m/s2 aus, und nimmt für tr eine Sekunde an, würde der Anhalteweg ca. 79 m betragen. Demnach wurde A der Sichtfahrgeschwindigkeit nicht gerecht.

Formel Berechnung Anhalteweg: SA = v × tr +

v2

2a

SA

= Anhalteweg

v

= Geschwindigkeit in m/s

tr

= Reaktionszeit und Bremsansprechdauer

a

= Bremsverzögerung in m/s2

Durch sein verkehrswidriges Verhalten behinderte er den Motorradfahrer.

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer behindert wird. Unter einer Behinderung versteht man die Beeinträchtigung des berechtigten Verkehrsverhaltens eines Anderen, ohne dass dieser gefährdet wird. Die Behinderung ist zu bejahen, da der Motorradfahrer in seinem berechtigten Verhalten, nämlich der ungehinderten Weiterfahrt, eingeschränkt wurde.

Ordnungswidrigkeiten: § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 49 StVO, § 24 StVG

1.7 Gefährdungsabstand – § 4 StVO

Sachverhalt:

Auf der L 1075 beobachten Sie durch Hinterherfahren mit dem ProViDa-Fahrzeug (Zivilfahrzeug mit Videokamera) folgende Verkehrssituation:

Pkw-Fahrer 1 folgt dem vorausfahrenden Pkw-Fahrer 2 und hält dabei über eine Strecke von ca. 1000 Meter einen Abstand von 10 Metern ein. Beide Fahrzeuge fahren mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit von 100 km/h.

Landesstraße 1075

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Pkw-Fahrers 1.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 35 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Gem. § 4 StVO muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug so groß sein, dass hinter ihm gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird.

Ausreichender Abstand (Sicherheitsabstand) ist die Strecke, die bei normalen Umständen in der Zeit von 1,5 Sekunden durchfahren wird.

Berechnung des Abstandes:

Geschwindigkeit in km/h geteilt durch 3,6 ergibt Geschwindigkeit in m/s.

100 km/h: 3,6 = 27,7 m/s. Der Pkw legt 27,7 m/s zurück. Dieser Wert wird mit 1,5 multipliziert.

27,7 m/s × 1,5 s = 41,6 m

Somit beträgt der 1,5-Sekunden-Abstand 41,6 m.

Da Pkw-Fahrer 1 lediglich einen Abstand von 10 Meter einhält, verstößt er gegen § 4 StVO, aus dem sich in diesem Fall ein Mindestabstand von 41,6 m ergibt.

In der Rechtsprechung wurde festgestellt, dass § 1 StVO tateinheitlich mit § 4 StVO verletzt ist, wenn das Fahrverhalten zu einer konkreten Gefährdung des Vordermannes führt.

Davon ist dann auszugehen, wenn der gebotene Abstand um nahezu die Hälfte, also weniger als 0,8 Sekunden, nicht nur ganz vorübergehend unterschritten wird. Weiterhin wird gefordert, dass der Abstand über eine längere Strecke unterschritten werden muss. Laut Rechtsprechung liegt diese Strecke bei höheren Geschwindigkeiten derzeit bei 250 – 300 m, im Einzelfall auch darunter (siehe Anmerkung).

Berechnung des tatsächlich gefahrenen Abstandes:

41,6 m

= 1,5-Sekunden-Abstand

10 m

= X

X

=

1,5 Sek. × 10 m

= 0,36 Sekunden

41,6

Der eingehaltene 10-m-Abstand bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h entspricht einem 0,36-Sekunden-Abstand.

Da Pkw-Fahrer 1 nicht nur vorübergehend, sondern über eine längere Strecke (1000 Meter) diesen geringeren Abstand einhält, muss das Fehlverhalten als konkrete Gefährdung i. S. d. § 1 StVO gewertet werden.

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer gefährdet wird. Darunter versteht man jedes verkehrswidrige Verhalten, das eine Lage herbeiführt, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet. Die Gefahr eines Unfalles muss in bedrohliche Nähe gerückt sein, sodass es nur vom Zufall abhängt, ob ein schädigendes Ereignis eintritt.

Denn durch die geringe zur Verfügung stehende Reaktionszeit kann bereits die kleinste Geschwindigkeitsverringerung des Vordermannes zu einem Auffahrunfall führen. Der Eintritt eines Personen- oder Sachschadens lag im vorliegenden Fall sehr nahe („Beinahe-Unfall“).

Ordnungswidrigkeiten: § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1, § 49 StVO, § 24 StVG

Anmerkung:

Regelsicherheitsabstand:

Nur bei Verkehrssituationen, wie etwa dem plötzlichen Abbremsen des Vorausfahrenden oder bei einem abstandsverkürzenden Spurwechsel, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dies dem Nachfahrenden vorzuwerfen ist, kommt es auf die Feststellung einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung an (OLG Hamm, ZfSch 2015, 711).

Somit können, wenn obige Fälle nicht gegeben sind, auch Abstandsverletzungen angezeigt werden, wenn die durchfahrene Strecke weniger als 250 – 300 m beträgt.
Im Einzelfällen wurden Strecken von 100–150 m, die im verkürzten Abstand gefahren wurden, als tatbestandsmäßig angesehen.

Gefährdungsabstand:

Eine Gefährdung des Vordermannes ist in der Regel anzunehmen, wenn der gebotene Abstand (1,5 Sekunden) bei höheren Geschwindigkeiten nicht nur ganz vorübergehend, um nahezu die Hälfte unterschritten, d. h. auf eine geringere als die in 0,8 Sekunden durchfahrene Strecke, verringert wird.

Hier wird angenommen, dass durch den kurzen Abstand gleichzeitig eine Gefährdung nach § 1 Abs. 2 StVO gegeben ist.

Nach der aktuellen Rechtsprechung ist dies nicht mehr gültig, da man heute immer von einem „Beinahe-Unfall“ spricht, also eine Situation durch den verkürzten Abstand geschaffen wurde, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet.

1.8 1,5-Sekunden-Abstand – § 4 StVO

Sachverhalt:

Auf der B 3 a.g.O. werden von einer Brücke aus Abstandsmessungen durchgeführt. Folgende Verkehrssituation wird dokumentiert.

Pkw-Fahrer 1 folgt dem vorausfahrenden Pkw 2 und hält dabei über eine längere Strecke (ca. 800 Meter) einen Abstand von 30 m ein. Beide Fahrzeuge fahren mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von 80 km/h.

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Pkw-Fahrers 1.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 20 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Gem. § 4 StVO muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug so groß sein, dass hinter ihm gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird.

Ausreichender Abstand (Sicherheitsabstand) ist die Strecke, die bei normalen Umständen in der Zeit von 1,5 Sekunden durchfahren wird.

Berechnung des Abstandes:

Geschwindigkeit in km/h geteilt durch 3,6 ergibt Geschwindigkeit in m/s.

80: 3,6 = 22,2 m/s. Der Pkw legt 22,2 m/s zurück. Dieser Wert wird mit 1,5 multipliziert.

22,2 m/s × 1,5 s = 33,3 m

Somit beträgt der 1,5-Sekunden-Abstand 33,3 m.

Weiterhin wird gefordert, dass der Abstand über eine längere Strecke unterschritten werden muss. Laut Rechtsprechung liegt diese Strecke bei höheren Geschwindigkeiten derzeit bei 250 – 300 m, im Einzelfall auch darunter (siehe Anmerkung).

Da Pkw-Fahrer 1 lediglich einen Abstand von 30 Meter und den über eine längere Strecke von ca. 800 Metern einhält, verstößt er gegen § 4 StVO, aus dem sich in diesem Fall ein Mindestabstand von 33,3 m ergibt.

Zu prüfen ist weiterhin, ob der 0,8-Sekunden-Abstand unterschritten wird.

Berechnung des tatsächlich gefahrenen Abstandes:

33,3 m

= 1,5 Sek. Abstand

30 m

= X

X

=

1,5 Sek. × 30 m

= 1,35 Sekunden

33,3 m

Der eingehaltene 30-m-Abstand bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h entspricht einem 1,35-Sekunden-Abstand.

Somit wurde der 0,8-Sekunden-Abstand (Gefährdungsabstand) nicht unterschritten und es liegt nur ein Verstoß nach § 4 StVO vor.

Ordnungswidrigkeit: § 4 Abs. 1, § 49 StVO, § 24 StVG

Anmerkung:

Regelsicherheitsabstand:

Nur bei Verkehrssituationen, wie etwa dem plötzlichen Abbremsen des Vorausfahrenden oder bei einem abstandsverkürzenden Spurwechsel, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dies dem Nachfahrenden vorzuwerfen sei, komme es auf die Feststellung einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung an (OLG Hamm, ZfSch 2015, 711). Somit können, wenn obige Fälle nicht gegeben sind, auch Abstandsverletzungen angezeigt werden, wenn die durchfahrene Strecke weniger als 250–300 m beträgt.

Im Einzelfällen wurden Strecken von 100–150 m die im verkürzten Abstand gefahren wurden, als tatbestandsmäßig angesehen.

Gefährdungsabstand:

Eine Gefährdung des Vordermannes ist in der Regel anzunehmen, wenn der gebotene Abstand (1,5 Sekunden) bei höheren Geschwindigkeiten nicht nur ganz vorübergehend, um nahezu die Hälfte unterschritten, d. h. auf eine geringere als die in 0,8 Sekunden durchfahrene Strecke, verringert wird.

Hier wird angenommen, dass durch den kurzen Abstand gleichzeitig eine Gefährdung nach § 1 Abs. 2 StVO gegeben ist.

Nach der aktuellen Rechtsprechung ist dies nicht mehr gültig, da man heute immer von einem „Beinahe-Unfall“ spricht, also eine Situation durch den verkürzten Abstand geschaffen wurde, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet.

1.9 Überholen – § 5 StVO

Sachverhalt:

Pkw-Fahrer A überholt den vor ihm fahrenden Lkw B. Der entgegenkommende Pkw-Fahrer C muss seine Geschwindigkeit verringern, um A das Überholen zu ermöglichen.

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Aus Sicht von Pkw-Fahrer C.

Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße des Pkw-Fahrers A.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 20 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Verstoß gegen § 5 StVO (Überholen).

Überholen ist ein Vorbeifahren von hinten nach vorn an einem Verkehrsteilnehmer, der sich auf derselben Fahrbahn in derselben Richtung bewegt. Beide bewegen sich auf derselben Fahrbahn, somit liegt ein Überholen vor.

Bei seinem Überholvorgang behindert er den entgegenkommenden Pkw-Fahrer C.

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO muss er sich jedoch so verhalten, dass während des gesamten Überholvorganges eine Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist.

Unter einer Behinderung versteht man die Beeinträchtigung des berechtigten Verkehrsverhaltens eines Anderen, ohne dass dieser gefährdet wird.

Laut Sachverhalt muss C seine Geschwindigkeit verringern, er kann also nicht so schnell fahren, wie er gerade will bzw. kann und darf. Somit ist eine Behinderung nach § 5 StVO gegeben.

Des Weiteren überholt er, obwohl Zeichen 276 Überholverbot aufgestellt ist.

§ 41, Anlage 2, Zeichen 276 StVO verbietet Kraftfahrzeugen aller Art, mehrspurige Kraftfahrzeuge zu überholen.

Der Pkw ist ein Kraftfahrzeug und Pkw-Fahrer A überholt ein mehrspuriges Kfz, den Lkw. Somit verstößt er gegen § 41 Abs. 1, Anlage 2 StVO.

Ordnungswidrigkeiten: § 5 Abs. 2, § 41 Abs. 1, Anlage 2, § 49 StVO, § 24 StVG

1.10 Überholen – § 5 StVO

Sachverhalt:

Pkw-Fahrer Schnell überholt auf der L 1075 den vor ihm fahrenden Pkw-Fahrer Langsam und verschätzt sich dabei in der Entfernung des entgegenkommenden Hurtig, der durch Gegenlenken und Bremsen versucht, den Zusammenstoß zu verhindern. Dies gelingt jedoch nicht, sodass es zum Zusammenstoß kommt. Schnell bekommt seinen Pkw noch unter Kontrolle und kann auf der Fahrbahn halten. Hurtig gelingt dies nicht, er kommt nach rechts von der Fahrbahn ab. Pkw-Fahrer Langsam, der von Schnell geschnitten und zu einer Vollbremsung gezwungen wird, verliert die Herrschaft über sein Fahrzeug, kommt ins Schleudern und von der Fahrbahn ab. Am Pkw des Hurtig entsteht ein Sachschaden von 4000, an dem des Langsam von 3000. Hurtig wird durch den Zusammenstoß verletzt.

Bei der Überprüfung des Langsam wird festgestellt, dass sein Pkw abgemeldet ist und ein Fahrverbot wegen eines Rotlichtverstoßes besteht.

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Aufgaben:

Erläutern und begründen Sie die eventuell begangenen Verkehrsverstöße der Verkehrsteilnehmer Schnell und Langsam.

Nach welchen Bestimmungen werden evtl. begangene Verstöße verfolgt?

Bearbeitungszeit: 60 Minuten

Lösungsmöglichkeit:

Pkw-Fahrer Schnell:

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Verstoß gegen § 5 StVO (Überholen).

Überholen ist ein Vorbeifahren von hinten nach vorn an einem Verkehrsteilnehmer, der sich auf derselben Fahrbahn in derselben Richtung bewegt. Beide fahren auf derselben Fahrbahn, somit liegt ein Überholen vor.

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO muss sich der Überholende jedoch so verhalten, dass während des gesamten Überholvorganges eine Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist.

Beim Überholvorgang des Schnell kommt es zu einem Verkehrsunfall, wobei Sachschaden an allen Fahrzeugen entsteht.

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich gemäß § 1 StVO so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt wird. Schädigung ist das Zufügen eines wirtschaftlichen, vermögensrechtlich messbaren Nachteils, der – wie in diesem Fall – in einem Sachschaden liegen kann. Ein Sachschaden ist gegeben, wenn der Wert eines Gegenstandes verringert, die Sache beschädigt wurde. Laut Sachverhalt entstand an den Pkws ein Schaden von insgesamt 7000, der Wert der Pkws wurde also verringert, die Schädigung ist gegeben.

Des Weiteren wurde der Hurtig durch den Zusammenstoß verletzt. Somit liegt ein Körperschaden vor, da der Gesundheitszustand eines Menschen beeinträchtigt wurde.

Gemäß § 5 Abs. 4 StVO darf der Überholer beim Wiedereinscheren nach rechts den Überholten nicht behindern. In diesem Fall wurde durch das Fehlverhalten des Schnell aber nicht nur Hurtig, sondern auch Langsam geschädigt.

Ordnungswidrigkeiten: § 5 Abs. 2, 4, § 1 Abs. 2, § 49 StVO, § 24 StVG

Pkw-Fahrer Langsam:

Gemäß § 1 FZV ist die Verordnung auf die Zulassung von Kfz mit einer bbH von mehr als 6 km/h anzuwenden.

Der Pkw ist ein überwiegend zur Personenbeförderung eingesetztes Landfahrzeug, das durch Maschinenkraft bewegt wird, ohne an Bahngleise gebunden zu sein, somit ein Kfz im obigen Sinne und fährt auch bauartbedingt schneller als 6 km/h.

Nach § 3 FZV dürfen Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind.

Die Zulassung wird auf Antrag erteilt,

Die Zulassung erfolgt durch

Das Kennzeichen wird gemäß § 14 Abs. 1 FZV bei einer Außerbetriebssetzung entstempelt und die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs wird unter Angabe des Datums in der Zulassungsbescheinigung Teil I eingetragen. Somit ist das Fahrzeug nicht mehr zum Verkehr zugelassen.

Ordnungswidrigkeit: § 3 Abs. 1, § 48 FZV, § 24 StVG

Es besteht ein Fahrverbot wegen eines Rotlichtverstoßes.

Nach § 25 StVG kann gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem bis drei Monaten angeordnet werden, wenn er eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat. Ein solcher Verstoß ist bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß gegeben. Während der Dauer des Fahrverbotes wird der Führerschein amtlich verwahrt. Der Betroffene hat somit keinen Führerschein und darf während dieser Zeit kein Kraftfahrzeug führen. Da Langsam dies trotzdem tat, liegt nach § 21 StVG ein Fahren ohne Fahrerlaubnis vor, da ihm das Führen eines Fahrzeugs nach § 25 StVG verboten ist.