Vierhundertundachtzig Gedichte innerhalb von dreiundvierzig Jahren geschrieben. Das sind nicht viel, gerade einmal elf Gedichte pro Jahr. Wenn man allerdings die Entstehungen etwas differenzierter betrachtet, relativiert sich dieses Ergebnis. Den Hauptanteil meiner poetischen Aktivität nehmen die Jahre 2001 – 2008 ein, insgesamt 407 = 84,79%, den Löwenanteil daran wiederum (137 Gedichte = 34%) das Jahr 2001. So gesehen fallen die vor der Jahrtausendwende geschriebenen Reime nicht großartig ins Gewicht, sollten dennoch nicht unterschlagen werden, und wenn es nur, wie bei jenen aus der Jugendzeit, der Vollständigkeit halber ist.
Warum aber überhaupt ein Gedichtband mit allen Gedichten, eine Gesamtausgabe sozusagen? Nun, obwohl ich bisher vier Gedichtbände veröffentlicht habe und vielleicht noch ein oder zwei dazu kommen, sind doch unter allen von mir geschriebenen, gereimten und ungereimten, Liebes- Natur- und sonstigen Versen auch jene, die keinen Platz in einem Buch gefunden haben und wohl auch in Zukunft nichts dergleichen beanspruchen werden, weil sie eben leider nicht zum jeweiligen Thema passen. Dabei sind sie durchaus lesenswert und mir wichtig. Auch mag es manchmal ermüdend sein, nacheinander nur von Natur oder der Liebe oder von Krieg und Angst zu erfahren. Diese Gefahr besteht beim Lesen des vorliegenden Bandes nicht. Ich habe alle 480 hierin enthaltenen Gedichte nach ihrer Entstehung angeordnet, soweit mir das noch im Gedächtnis geblieben ist. Wenn deshalb dem einen oder anderen Leser der Sprung von lieblicher Natur zum brutalen Mord, von der heißen Liebe zu menschlichen Abgründen zu abrupt vorkommt, dann mag es halt so sein, aber langweilig wird es nicht.
Alle Gedichte mit ihrem Titel in einem Inhaltsverzeichnis aufzunehmen, hätte zwölf Seiten mehr in diesem Buch bedeutet. Darauf habe ich verzichtet.
Stattdessen sind in dem vorliegenden Inhaltsverzeichnis die einzelnen Entstehungsabschnitte aufgeführt und jeweils einige ausgewählte Gedichte vermerkt. Das soll keine Qualitätsauslese bedeuten. Es sind jedoch diejenigen Werke, die ich, um Aufzählung gebeten, als erstes nennen würde.
Bevor ich begann zu leben, war ich nicht tot.
Wie kann ich tot sein, wenn das Leben endet?
Manchmal verspürt, wie frisch getaut,
Hauch deiner Seele, meine Haut,
berühret mich so zart und glatt,
fast wie vom Rosenstrauch ein Blatt.
Dann weiß ich, dass du an mich denkst
und deinen Blick zum Himmel lenkst
und bittest ihn, er möge mich
erinnern, dass ich denk’ an dich.
Ich ruf’ zurück und sende dir,
nein, keinen Brief, kein Blatt Papier,
mein Traum fliegt hoch, weit in die Nacht
und findet dich, im Schlummer sacht.
Dort eint er sich mit den Gedanken,
die sich aus deinen Träumen ranken.
Gemeinsam steigen sie empor
und schweben durch der Zeiten Tor.
Dem Tor zu einer and’ren Welt,
die alle Träume einbehält.
Sie werden dort, noch in der Nacht,
zu feinem Sternenstaub gemacht
und wiederum zurück gesandt,
in unser Träume Wunderland.
Manches Mal, an Frühlingstagen,
wird die Sehnsucht riesengroß,
und ich frag’ mich im Geheimen:
Warum geh ich heut’ nicht los?
Raff’ mich auf und zieh’ von dannen,
wenn der Wind nach Süden weht,
hol’ den letzten Mut nach oben -
irgendwann ist es zu spät.
Ferne Länder, fremde Sterne,
alles könnt’ so anders sein,
folgte ich dem Abenteuer,
ließ die Seele nicht mehr schrei’n.
Sei’s auch drum, der Welten viele
schaut’ ich nur ein einzig’ Mal,
und ich lebte niemals wieder,
wär’s am Ende doch egal.
Immer dieses Wenn und Aber
und dann schließlich einsam sein.
Jede so verlor’ne Stunde
sieht mich wieder mal allein.
Übrig bleiben nur verpasste
Chance und Gelegenheit
und das Echo meines Herzens,
wenn es leis’ um Hilfe schreit.
Dicht am Weg zum Waldesteiche,
und von weitem schon zu seh’n,
steht die tausendjähr’ge Eiche,
wird dort auch noch lange steh’n.
Könnt’ sie schreiben, wären’s Bände
voll Geschichten, mancherlei,
und ihr Reden nähm’ kein Ende,
wenn da eine Stimme sei.
Sah viel wachsen und vergehen,
um sich her im grünen Rund
und hat manches Mal gesehen,
eines Menschen letzte Stund’.
Sah manch’ Ritter fortgezogen,
unter’m Kreuz in’s Morgenland,
Schwalben sind nach Haus’ geflogen,
Ritter blieb im Wüstensand.
Sah des Krieges wilde Horden
unter sich vorüberzieh’n,
sah den Bursch den Knab’ ermorden
und den Henker rächen ihn.
War beim Küssen und beim Kosen
vieler Pärchen mit dabei
und hielt stand das Sturmes Tosen,
war auch immer schwindelfrei.
Ewig lang der Eiche Leben,
misst man es am eig’nen Glück,
doch im Sonn’- und Sternenstreben
ist’s halt nur ein Augenblick.
Wenn uns’re Träume sich begegnen,
dann wird es in der Hölle regnen,
dann wird es in der Wüste schnei’n,
und nichts wird so wie vorher sein.
Wenn uns’re Seelen sich berühren,
dann öffnen sich uns alle Türen,
dann sind die Wunder offenbar,
und nichts ist so wie es mal war.
Wenn uns’re Herzen heißer brennen,
dann nur, weil sie einander kennen,
dann ist in jeder kalten Nacht
ein Feuer für uns angefacht.
Der letzte Tag endet - zerbrochen die Welt,
auch die Zeit ist hinfort, selbst Ewigkeit fehlt.
Das Nichts macht sich breit, verschlingt jeden Rest,
uns’re Herzen, die kämpfen - sie halten sich fest.
Es gibt keinen Raum, keine Dimension,
nur uns’re zwei Herzen, die jagen davon,
entkommen dem Nichts;
unbezwingbar und frei,
denn sie haben das Glück und die Liebe dabei.
Ein Wandersmann mit leichtem Sinn,
zog frohgemut des Weg’s dahin,
durch sommerliche Heide.
Gar lieblich Kind er vor sich sah,
wie Gott geschaffen, lag sie da
und nebenan ihr Kleide.
Wär’ eine Sünd’, ging er vorbei
und nähme nicht, was da so frei,
sich plötzlich dargeboten.
Das fehlte ihm schon gar zu lang,
und ersten Kusse haucht’ er bang,
auf ihren Mund, den Roten.
Die Maid erwachte gleich darauf,
schlug ihre blauen Augen auf
und wähnte sich im Traume.
„Ich bitt’ dich, bleib’ und fliehe nicht“,
bat sie des Jünglings Angesicht.
Der hielt sich nicht im Zaume.
So schwangen hoch sie sich empor
und klopften an das große Tor,
der seelig süßen Wonne.
Sie wünschte, dass es nie vorbei,
noch Sommer war’s, und nicht mehr Mai,
und heiß dazu die Sonne.
Als dann die Abendglocke klang,
zum Abschied er ein Lied ihr sang
und eilte ohne Säumen.
„Oh Jüngling, kehrst du je zurück,
werd’ warten ich hier voller Glück
und wieder mit dir träumen.“
Noch heute riech’ ich Roggenfelder
und Harzesduft der Kiefernwälder
an warmen Julitagen.
Wenn ich dann meine Augen schließe
und Träume sehnsuchtsvoll genieße,
erklingen viele Fragen.
Einst ging ich weg, mir war’s zu eng,
das Haus zu klein, der Vater streng,
und lockend rief die Ferne.
All was mir lieb, warf ich weit fort,
ging unerkannt bei Nacht an Bord
und suchte fremde Sterne.
Ich fand sie, doch ihr heller Schein,
konnt’ niemals mir die Wärme sein,
nach der mein Herz sich sehnte.
Die hatte ich daheim vergessen,
weil auf die Fremde ich versessen
und mich im Käfig wähnte.
Obwohl in vielen langen Jahren,
die Fremden niemals Fremde waren,
fühlt’ ich mich kaum geborgen.
Warum ich zögert’, weiß ich nicht,
doch schaute ich der Heimat Licht,
viel lieber heut’ als morgen.
Treibt der Erfolg mich auch voran,
und will mit Flieger, Schiff und Bahn,
mich durch die Lande hetzen,
so kann den Duft der Heimaterde,
selbst wenn ich reich und reicher werde,
mir keiner je ersetzen.
Zerschlissen sind die Wanderschuhe,
so ich dereinst am Ort der Ruhe,
leg’ in den Schoß die Hände.
Wenn ich dann kehr’ zurück nach Haus’,
dann lüften Herz und Seele aus -
mein Weg hat nun ein Ende.
Ich bin bei dir, mein schönes Kind,
wenn du mich rufst, komm ich geschwind.
Bin immer da, wenn du mich brauchst
und halt’ dich, wenn du untertauchst.
Bin Vater, Bruder und auch Freund,
bin der, der mit dir lacht und weint,
bin der, der immer bei dir ist
und dich in deinen Träumen küsst,
der, wenn du schläfst in dunkler Nacht,
wohl über deine Seele wacht.
Bin stets bei dir und hab’ dich gern
und nehm’ dich mit zu meinem Stern,
entführe dich auf Traumes Schwingen
und will dich auch nicht wiederbringen
Bau ein Schloss aus all meinen Träumen,
aus Wolken und aus Fantasie,
bau’s auf, unter uralten Bäumen,
und frage des Wind’s Melodie.
Der Götter Blick macht, wie im Märchen,
Ideen und Gedanken mir frei.
Sie schauen auf liebende Pärchen,
und alles ist so, wie im Mai.
Im Schloss brennen tausende Kerzen
und klinget, was wir nie gehört.
Drin wohnen zwei liebende Herzen,
hab’ acht, dass sie keiner hier stört.
So nimm meine Hand, und wir schleichen
uns heimlich in’s Schlosse hinein,
und wenn wir die Herzen erreichen,
dann werden es unsere sein.
Im Schlosse sind hunderte Zimmer,
und jedes birgt vor fremdem Blick
Gefühle, Gedanken, die immer
bestimmend für unser Geschick.
Tief unter der Farbe und Tünche,
ist Hoffen und Sehnen im Stein
und tausend gefangene Wünsche,
die warten, dass wir sie befrei’n.
Aus ihrem Fenster, voller Sehnen,
schaut sie zum blauen Himmel hin,
verliert sich in den schönsten Träumen
und denkt doch wieder nur an ihn.
Er zog im Morgenrot von dannen,
wollt’ über’s Jahr zu Hause sein,
das Schicksal rief ihn weit und weiter
und ließ sie hier zurück, allein.
Das Jahr verging, ein zweites folgte,
und immer schrieb er: „Lieb’ nur dich.“,
doch jeder Brief aus fernen Landen,
traf sie in’s Herze, wie ein Stich.
Bis schließlich dann die schlimme Kunde:
Versunken Schiff, mit Maus und Mann.
Nun wusst’ sie, er kommt niemals wieder
und glaubt’ doch weiter fest daran.
Mit jedem Schiff, das seine Segel
erkennen lässt am Horizont,
erwartet sie sein frohes Lachen,
wie er es früher oft gekonnt.
So kommen Sommer, gehen Winter,
und immer noch hat sie ihn lieb,
kann jetzt sein Bild nicht mehr erkennen,
nur die Erinnerung ihr blieb.
Wenn auch die Schiffe endlos fahren,
so bringt doch keines ihn zurück,
und in den Scherben ihrer Träume
sucht sie nach dem verlor’nen Glück.
Oh Wanderer des Himmels,
thronst du in heller Pracht,
dann fliegen meine Träume
voll Sehnsucht durch die Nacht.
Sie steigen zu den Sternen,
und suchen sich ein Ziel,
auf fremden, fernen Welten
zu treiben dort ihr Spiel.
Andromeda, Orion,
die Namen sind Musik,
und Zeit wird überwunden,
wenn ich zu ihnen flieg’.
Es warten dort Planeten
mit Sonnen, blau und rot,
und voll mit prallem Leben,
kein Leid und keinen Tod,
kein Neid, kein Hass, kein Streite
und keine Traurigkeit.
Zu diesen Welten wäre
mir nie ein Weg zu weit.
Und sollten Tage kommen,
wo Energien frei
die Zeiten überwinden,
bin ich zuerst dabei.
Dem Heer voraus enteilen,
zum Mittelpunkt der Welt
und nirgendwo verweilen,
das ist’s, was mir gefällt.
Doch heut’ bin ich gezwungen,
kleb’ noch am Globus fest
und kann nicht überwinden,
der Hürde letzten Rest,
und noch im Leib gefangen,
versucht mein heißes Herz,
zu trösten meine Seele
in ihrem wilden Schmerz.
Selbst wenn wir schweben im schwarzen Raum,
im Universum, im endlosen Traum,
die Zeit wird nicht lang,
die Herzen nicht kalt,
sind auch Millionen Jahre wir alt,
denn wir sind wie Einer,
was du willst, will auch ich,
du bist all mein Leben,
ich liebe nur dich.
Wir haben satt die roten Ohren,
die klammen Finger, kalte Zeh,
wir haben lang genug gefroren,
sind überdrüssig Eis und Schnee.
Morgen früh, wenn du erwacht,
bin ich nicht mehr da.
Ich geh’ fort, noch diese Nacht,
nach Amerika.
Geh’ nach Singapur, Hawaii,
oder Mexiko,
was ich brauch’, hab’ ich dabei,
geh’ nach nirgendwo.
Warum will ich nur hier weg,
ist mein Herz so leer?
Seh’ nicht den verborg’nen Zweck,
lieb’ dich doch so sehr.
Hält mich fest und drängt mich raus,
bleiben oder geh’n.
Muss doch flieh’n aus diesem Haus,
dich nie wiedersehn.
Einfach wär’ es sicherlich,
bliebe ich bei dir.
Hier jedoch, da sterbe ich
und kann nichts dafür.
Ich werd’ dir niemals sagen,
wie deine Augen sind,
wie deinen Duft ich liebe
und deine Lippen find’.
Ich werd’ dir niemals sagen,
wie süß dein Lächeln ist,
wie ich mich danach sehne,
dass wild dein Mund mich küsst.
Ich werd’ dir niemals sagen,
wie oft ich an dich denk’
und meiner Träume Wege
in deine Richtung lenk’.
Ich werd’ dir niemals sagen,
dass ich dich heiß begehr’,
wie ohne deine Nähe
die Tage mir so leer.
All dies werd’ ich nie sagen,
du wirst es nie erfahr’n,
mit uns wird es nichts geben,
in Hunderten von Jahr’n.
Du sollst es niemals wissen,
denn du bist mir nicht frei,
doch wenn noch lang’ ich schweige,
dann bricht mein Herz entzwei.
Ein’ Ruf hör ich aus fernen Tiefen,
des nachts und schau zum Himmelszelt,
grad so, als ob die Sterne riefen,
drängt’s mich in dunkle, weite Welt.
Zu Welten, die noch nicht geboren
und jenen, die bald nicht mehr sind,
wär’ niemals mir mein Weg verloren,
denn mit mir ist der Sternenwind.
Könnt’ hören, was noch nie vernommen,
und sehen, was kein Mensch je sah,
und wär’ als Fremder ich willkommen,
blieb ich vielleicht für immer da.
Dort schaut’ ich in den fremden Himmel
und sucht’ die heimatliche Erd’,
die find’ ich nicht im Sterngetümmel.
Wie kommt’s, dass ich da traurig werd’?
Bin ich doch hier, wo mich getrieben,
hinfort die Sehnsucht immerzu.
Die Heimat ist zurück geblieben.
Du dummes Herz, nun gib schon Ruh’!
Ja, könnt’ auch fremde Welt und Sonnen,
verzaubern mich durch ihre Pracht,
ich wußt’, eh ich die Fahrt begonnen,
dass in mir Heimatlied erwacht.
Wär’ ich dort auch so frei von Sorgen
und lebt’ auch bis in Ewigkeit,
käm’ lieber heute ich, als morgen,
zurück in die Vergangenheit.
Denn ohne Heimat ist kein Leben
und ohne Liebe keine Freud’.
Was können fremde Welten geben,
das nicht schon mein ist, hier und heut’?
Am Ende der Welt steht ein düsterer Turm,
er ist schon uralt und verwittert vom Sturm,
kein Mensch kam dorthin, hat ihn jemals geseh’n,
so wird er wohl Tausende Jahre noch steh’n.
Seit es ihn gibt, hat man nach ihm gesucht,
das Schicksal verwünscht, die Träume verflucht,
es nagt an der Seele ein hungriger Wurm,
es ist dieser dunkle, der düstere Turm.
Kannst nie ihn erreichen, weißt nicht wo er steht,
die Straße wird länger, je weiter man geht,
jede Antwort bringt Fragen, das Ziel neuen Weg,
an Flüssen und Bächen warten Brücke und Steg.
Beginnst du die Suche, ist der Friede dahin,
musst weiter und weiter, fragst nicht nach dem Sinn,
der Gedanke beherrscht, überdeckt jeden Rest,
hält die Seele gefangen, dein Herz hart und fest.
Hoffnung lenkt, Sehnsucht treibt,
frisst mit Haut dich und Haar,
im Suchen und Wandern vergeht Jahr um Jahr,
scheint dein Turm dir zum Greifen, das Ziel schon so nah,
führt der Weg dich vorbei, kein Ziel ist mehr da.
Schwerelos schwingt die Seele, durch Raum sich und Zeit,
herrlich frei, endlos schweben, der Turm ist so weit,
erleben, verändern, dazu braucht es nicht viel,
beständig im Wandel, der Weg ist das Ziel.
Gott ist mein Zeuge, ich hab’ es versucht.
Ich wollte vergessen, die Träume verflucht,
die quälten, mich riefen, bei Tag wie bei Nacht,
die Seele und Herz zum Brennen gebracht.
Nicht sträuben, nicht wehren, bin besiegt und muss geh’n.
Wohin wird’s mich treiben, hat der Wind mich geseh’n?
Wo ich war, muss ich fort, kann nicht sein, wo ich bin,
Manch’ Tür ist verschlossen, macht das alles noch Sinn?
Ich bitt’ dich Traum, bleibe und bist du auch fern,
so leuchten uns immer, gleicher Mond, gleiche Stern.
Quält dann mich die Sehnsucht und reißt mich entzwei,
kann nichts mehr mich halten, schwing’ ich hoch und flieg frei.
Dein Kuss ist flüchtig, wie der Wind,
so wie auch die Gefühle sind.
Du weichst mir aus, siehst mich nicht an.
Was hab’ ich dir denn nur getan?
Ich spür’ schon lang, dass da was ist,
dass du so sehr verändert bist.
Sind wir zusammen, bist du fern,
grad wie auf einem andren Stern
und deine Seele schließt du ein.
Komm, lass es nicht zu Ende sein!
Wenn du jetzt gehst, dann sterbe ich.
Bleib’ doch bei mir, ich liebe dich!
Wird es auch Nacht, so eisig und kalt,
stirbt auch die Erde, wenn die Sonne schon alt,
und ist alles Leben vergessen und fern,
so blinken im Schwarz zwei leuchtende Stern’:
Das sind du und ich - ich hab dich so gern
Ein kurzer Blick, ein leises „Ja“,
schon war’n wir füreinander da,
gemeinsam gingen wir ein Stück -
so’n Glück.
Zum Schwingen brachtest du mich leicht
und hattest schnell mein Herz erreicht,
und uns’re Ziele war’n nicht weit -
zu zweit.
Jedoch im Leben, manches Mal,
da werden beider Träume kahl,
dein Herz war kalt, als mein’s noch heiß -
so’n Scheiß.
An einem Morgen warst du fort,
gingst einfach weg, nicht mal ein Wort.
Die Welt lag voll mit weißem Schnee -
tat weh.
Nun sitz’ ich da, mit deinem Kind,
ruf’ deinen Namen in den Wind
und suche dich, wo du nicht bist -
so’n Mist!
Was mach’ ich jetzt nur ohne dich,
ich bin nicht Fleisch und auch nicht Fisch,
du wolltest fort und wolltest frei,
ich schrei’.
Du kommst nicht mehr, soviel ist klar,
und nichts wird wieder, wie es war,
ich wünscht’, dass es wie früher wär’ -
so sehr.
Kann es einen Morgen geben,
nach der langen, kalten Nacht,
wo kein Stern am Himmel wandert’,
und die keinen Schlaf gebracht?
Kann es eine Sonne geben,
nach der schwarzen Einsamkeit?
Narben brennen meine Seele,
Schatten quirlen Dunkelheit.
Kann das Glück ich wiederfinden,
nach der stummen Melodei?
Mir ist grad an diesem Morgen
so, als brach mein Herz entzwei.
Mein Herz ist schwer und trüb mein Sinn,
ich sitz im gold’nen Käfig drin
und weiß schon nicht mehr, wer ich bin.
Die Seele schreit, ihr Ruf verhallt,
wird nicht gehört, mir ist so kalt.
Du traust, die Lüge nicht zu lassen,
kannst im Geheimen ihn nur hassen
und weißt genau, machst du es breit,
zerbricht dein Herz für alle Zeit.
Vor Schmerz, Verzweiflung, fast verzagen,
du kannst die Wahrheit keinem sagen,
sitzt auf dem Boden, zitterst, bangst,
und immer wieder greift die Angst
nach deinem Herz und schnürt es ein.
Du wagst dich nicht einmal zu schrei’n,
wenn Schläge auf dich niederfallen
und Hände sich in Haare krallen.
Hast nicht die Kraft, dich selbst zu schützen,
vor seinen Worten, seinen Witzen,
vor seiner hässlichen Gewalt.
„Oh Gott, erbarm’ dich, mir ist kalt!
Hilf’ meinen Kindern, deren Augen
zu jung, dass sie zum Weinen taugen,
zum Weinen um des Mannes Wut
und um der Mutter letzten Mut.
Hilf’ mir, mein Gott, mich zu befrei’n
und lass es bald zu Ende sein!“
Herbst ist Maler, Herbst ist Jäger,
Luftbefeuchter, Straßenfeger,
Herbst ist Bote für den Winter,
Freund der Drachen und der Kinder
„Oh Papa, mein Papa, bitte tu’s nicht!“
Und wieder ist Angst auf ihrem Gesicht.
Angst vor dem Vater, der wankend hier steht
und Ekel vor dem, was rüber jetzt weht.
Es kommt zu der Gier noch sauer sein Schweiß.
„Oh Papa, tu’s nicht!“ Sie bittet’s ganz leis’.
Da ist er bei ihr und hat’s nicht gehört
und wenn schon, was macht’s, es hätt’ nicht
gestört.
So zwingt er und nimmt sie, tut ihr so weh.
„Gott geb’, dass uns beide keiner hier seh’.“
Sie liegt neben sich und spürt keinen Schmerz,
weiß nur ganz genau, er tötet ihr Herz.
Das kann nie mehr lieben, wird nie versteh’n,
auch nicht die Mutter, die hat es geseh’n.
Sah ihre Augen und wandte sich ab.
„Ich wünsch’ mir nur ein’s, ich wünsch’ mir
mein Grab.“
So weint sie jetzt leis’ und möchte doch schrei’n
und ist einmal mehr mit sich so allein.
Herbstes Farben bringt das Ende
warmen Sommers Fröhlichkeit.
Herbstes Farben bringt die Wende,
und der Winter ist nicht weit.
Niemand nimmt dich in den Arm,
wenn die Tränen fließen.
Keiner hält die Seele warm,
und die Dornen sprießen.
Niemand steht dir heute bei,
lässt sich mit dir sehen.
Keiner hört den stummen Schrei,
wird im Wind verwehen.
Niemand spürt, wie du dich quälst,
macht sich wirklich Sorgen.
Keiner sieht, wenn du heut’ fehlst,
merkt es nicht mal morgen.
Niemand liebt dein ganzes Ich
und will bei dir bleiben.
Keiner wartet je auf dich,
lässt sich mit dir treiben.
Niemand gibt dir etwas Glück
und will um dich werben,
hält dich nicht davor zurück,
einfach so zu sterben.
Mein Leben ist Angst, mit ihr schlaf’ ich ein,
sie lässt selbst im Traum mich nicht mehr allein.
Angst vor dem Morgen und Angst vor der Nacht,
Angst vor dem Tag, der soeben erwacht,
Angst vor dem Hass, der mich brennend umgibt,
Angst vor dem Kind, das mich immer noch liebt,
Angst vor dem Mann, der nicht weiß, was er tut
und vor mir selbst, dem erwachenden Mut,
Angst vor dem Schatten und Angst vor dem Licht,
Angst vor dem Sterben, nein die hab’ ich nicht.
Hab’ Angst vor dem Lied, das tief in mir singt,
hör’ es verzweifelt, je lauter es klingt.
Singt Frieden und Glück und niemals mehr Streit,
bedrängt und beschwört und ruft mich befreit.
Noch hör’ ich mir’s an und kann widersteh’n,
weiß doch genau, irgendwann werd’ ich geh’n.
Ich nehm’ die Verzweiflung und Angst mit mir mit,
mein Kind, meine Liebe - ist nur ein Schritt.
Stern auf Stern zünd’ ich dir an,
bis der Himmel brennt.
Und in diesem Sternenbrand
führ’ ich dich ins Wunderland,
das man Liebe nennt.
Die Nacht entweicht, lässt sich nicht fassen,
flieht immer schneller aus den Gassen,
und frierend schließ’ ich meinen Rock.
Die Pferde dampfen in den Morgen,
der Kutscher, nicht ganz frei von Sorgen,
steigt mühevoll auf seinen Bock.
War ich auch hier so froh und heiter,
geht meine Reise dennoch weiter,
der Wagen wartet nicht mehr lang’.
Im kühlen Wind verweh’n die Reste
des abendlichen Abschiedsfeste,
und schneller wird mein schwerer Gang.
Leb’ wohl, mein Schatz, ich muss nun scheiden,
war es auch wirklich mit uns beiden
so schön, wie niemals je zuvor,
ist doch auf Erden nichts von Dauer,
die Liebe nicht und keine Mauer,
schon rollt die Kutsche durch das Tor.
Jetzt frei im Kopf und frei im Herzen
vergehen langsam meine Schmerzen,
und lächelnd grüß’ ich diesen Tag.
Bin heimlich froh, dass ich gegangen
und alles Alte abgehangen,
ganz gleich, was nun auch kommen mag.
(für Sabine)
Und als ich heute Morgen
in meinen Spiegel sah,
las ich in meinen Augen:
„Der Feind ist wieder da!“
Ich wusste es schon lange
und hab’s doch nicht geseh’n,
er war nie überwunden,
nur kurze Zeit am Geh’n.
Der Feind in meinem Körper
schlägt zu mit neuer Kraft,
wie konnte ich nur glauben,
der Kampf sei schon geschafft.
Der wird jetzt erst beginnen
und endet hoffentlich
mit seiner Niederlage
und einem Sieg für mich.
Sehnsucht flieg‘ und nimm mich mit
über alle Meere,
sorg nur stets für guten Wind,
und dass ich mein Ziel nicht find
und nicht wiederkehre.
Das bin nicht ich, die ihr da seht,
denn es ist nur ein Spiegelbild,
und wenn der Wind vom Berge weht,
hat sich schon bald das Wort erfüllt.
Das bin nicht ich, die ihr da hört,
das ist nur Synchronisation,
dort, wo der Rauch die Sinne stört,
läuft der Gedanke bald davon.
Das bin nicht ich, an die ihr denkt,
das ist nur ein verzerrter Traum,
wer immer auch die Träume lenkt,
entführt uns auf den Himmelsbaum.
Das bin nicht ich, die dieses schrieb,
das ist nur eine Raubkopie,
auch wenn es nur das Eine blieb,
erreicht’s das Original doch nie.
Das bin nicht ich, die existiert,
ist meines Körpers Hülle nur,
mein Ich im Wind zu Eis gefriert
und fällt anheim eurer Zensur.
Manchmal ergreift mich ein Gefühl,
dass ich dir nicht beschreiben kann,
Gedanken werden leis’ und kühl
und fallen meine Seele an.
Tief drinnen ist, was ich nicht will,
hat mit dem Bösen sich vereint
und spielt ein widerliches Spiel,
ist Teil von mir und doch mein Feind.
Es schmiedet Ketten um mein Herz,
verschließt das Tor zum eignen Sein
und weidet sich an meinem Schmerz,
viel Zeit bleibt nicht, mich zu befrei’n.
Ich reiß’ es von mir, werf’ es fort,
hoff’ nur, es holt mich nie mehr ein,
selbst meine Seele flieht den Ort,
von fern ist es so schwach und klein.
Ohnmacht, bleib’ weg aus meinem Leben,
nach Wut und Streit mich nie verlangt,
nur Zeit kann endlich Frieden geben
und Jahre, die mit mir gebangt.
Als Kind der Sonn’ bin ich erwacht
und kann sie doch nur hassen,
darf mich, wenn sie am Himmel wacht,
vor ihr nicht sehen lassen.
Dem Morgenrot entflieh’ ich schnell,
weil’s brennend für mich werde,
ruh’ immerzu an gleicher Stell’,
in heimatlicher Erde.
Das pralle Leben lockt mich an,
doch kann ich es nicht halten,
sei’s Frau nun, oder sei es Mann,
auf’s Neue sie’s gestalten.
Freund werden sie auf meinem Weg,
und sind es niemals gerne,
entflieh’n dem Tag, wenn ich mich leg’
und suchen ihre Sterne.
Mich drängt kein Leben, ruft kein Tod,
aus meinen dunklen Stunden,
und enden kann erst alle Not,
wenn das Versteck gefunden.
Im Schlafe brichst du meinen Stolz,
zu töten jeden Schmerze
und schlägst mit einen Pflock von Holz
mir mitten in mein Herze.
So lass’ mich geh’n, du falscher Zwang,
ich mag nicht mit dir handeln,
in dir war ich doch viel zu lang,
jetzt ist es Zeit zum Wandeln.
Im Wolkendunst, eiskalt und grau,
bin ich so schwer gefangen.
Du fehlst mir so, mein Himmelsblau,
wie muss ich um ich bangen!
Hol’ mich zu dir, du freier Wind,
mit deinen rauen Schwingen,
wohin du wehst, folg’ ich dir blind
und werde mit dir singen.
Flieg, Vogel Traum, und nimm mit hin,
mein Hoffen und mein Sehnen,
befreie mich und meinen Sinn
und schick’ mir keine Tränen.
Halt' mich fest ein letztes Mal,
was dann kommt, ist mir egal.
Mein Herz und Haus bleibt hier
und ist so schrecklich leer,
denn wenn ich dich verlier',
dann bleibt mir gar nichts mehr.
Ausgeschlafen und munter, die Sonne, sie lacht,
jetzt raus aus den Federn, es ist schon nach acht.
Das Frühstück schmeckt lecker, nun ab in den Tag,
ein Schelm, wer zu Haus bleibt, nicht wandern heut mag.
Auf geht’s in den Morgen, mit Frau, Kind und Hund,
zurück bleiben Sorgen zu fröhlicher Stund’.
Wir ziehen ins Blaue, der Weg ist das Ziel,
sind voll guter Laune, und munter das Spiel.
Durch Wiesen und Auen führt uns unser Weg,
viel Zeit bleibt zum Schauen, neuer Pfad, neuer Steg.
Waldesdunkel umfängt, grüner Tann nimmt uns auf,
kühlt die heißen Gesichter, verlangsamt den Lauf.
Von fern klingt ein Rufen, voll Sehnen und Fleh’n,
scheint keiner zu hören und niemand bleibt steh’n.
Tannenwald ist nun dichter, eng wird Pfad und Tritt,
die Sonne fehlt ganz, kaum erkennt man sein’ Schritt.
Fernes Rufen wird lauter, jetzt fordernd erschallt,
niemand will’s hören, und mir wird ganz kalt.
Was erwartet mich dort, warum kehr’ ich nicht um?
Weit voraus sind die ander’n, und ich bleibe stumm.
Kurze Rast auf der Lichtung, darf nicht verweilen,
der Wald nimmt kein Ende, es drängt mich, muss eilen.
Auch mein Weib schaut besorgt, mein Kind ist ganz still,
selbst der Hund steht stocksteif, als ob er nicht will.
Der Wald wird nun lichter, bleibt gänzlich zurück,
noch wenige Schritte und frei schweift mein Blick.
Auf steiniger Höhe, so drohend er steht,
der Turm meiner Träume, kalter Wind von dort weht.
Es raunt von hoch droben: „Du brauchst nicht mehr viel,
die Sonne sinkt, eil’ dich, bald bist du am Ziel.“
Eine Tür, eine Treppe, ein Zaudern: „Nun los!“
Keiner hilft, keiner hält, warum tu’ ich das bloß?
Ich eile hinauf, hundert Stufen und mehr,
die Treppe scheint endlos, der Aufstieg nicht schwer.
Tief unter mir poltert’s, ich bin viel zu schnell,
mein Weib wird’s nicht schaffen, zu spät erst zur Stell.
Ich schaue hinunter, großer Gott, ist das tief,
hör’ wieder die Stimme, die seit Tagen mich rief:
„Nun komm doch, hab Mut, es ist nichts dabei.
Du fliegst wie ein Vogel, bist endlich dann frei.“
Mich schaudert, mich grauset, ich will schnell zurück
und kann doch nicht lösen vom Abgrund den Blick.
Das Geländer umklammert, sind Stangen wie Eis,
das Herz rast, ich zitt’re, es rinnt kalter Schweiß.
Mein Weib auf der Treppe, ihr Blick fleht: „Tu’s nicht!“
Angst und Entsetzen, steh’n auf ihrem Gesicht.
„Sieh’ nach vorn!“, ruft die Stimme „Du kannst nicht zurück!
Komm’ weg, lass sie fahren, es war nie dein Glück!“
Ich dreh’, zieh’ mich rüber, das geht jetzt ganz leicht,
hinter mir hat mein Weib letzte Stufen erreicht.
Sie stolpert, schreit: „Nicht! - Oh Gott, lass das sein!“
Ich spring’ in das Blau unsres Himmels hinein.
Wilde Sehnsucht ergreift mich, reißt die Seele entzwei,
nichts kann mich mehr halten, ich schwing’ hoch und flieg frei.
Eis’ger Wind biegt Baumeswipfel,
die Menschen treibt er hin zum Feuer.
Schnee bedeckt die letzten Zipfel
von Feldern, Wiesen, Haus und Scheuer.
Gestern noch wollt’s Frühling werden,
wie freute uns der Winde Wehen,
bitterkalt ist’s heut’ auf Erden
und weiß, wohin die Augen sehen.
Du Nordwind, garstiger Gesell’,
zieh heimwärts, deine Zeit ist um!
Dein Lied sing doch an andrer Stell’
bei uns sei nun fürs erste stumm!
Mir ist g’rad so, ich weiß nicht wie.
Was greift nach meiner Seele,
mischt sich in meine Sinfonie
und hofft, dass es mir fehle?
Wer presst mein Herz und schnürt es ein,
haucht’s an mit Grabeskälte,
macht mich mal groß und wieder klein,
zerrt mich zu seinem Zelte?
Was fesselt mich mit Zauberwort,
fügt zu mir tausend Leide,
nimmt mich aus meinem Leben fort,
will dafür hundert Eide?
Ist’s nur ein Traum, ein ferner Ruf,
so wie aus fremden Welten?
Sind das, was der Gedanke schuf,
die auferstand’nen Helden?
Sind jene Rufe, tief in mir,
das Echo meines Lebens?
Such’ ich umsonst nach einer Tür,
zu klopfen dort vergebens?
Ruft gar mein Gott, mein Geist, mein Ziel?
Ich hör’s mit Vorbehalten.
Sei’s ernst, sei es ein dunkles Spiel,
wird mich auf ewig spalten.
Es drängt empor und will hinaus
und sucht, mich zu entführen.
Will fliehen meiner Seele Haus.
und öffnet alle Türen.
Reißt sich dann los und nimmt mich mit
und fliegt in alle Zeiten.
Der Weg ist nur ein kleiner Schritt
in die Unendlichkeiten.
Gehst nun fort, es ist vorbei,
niemand hört mich, wenn ich schrei'.
Du warst die Welt für mich
und bist schon nicht mehr da,
ich suche nur noch dich
und bin der Hölle nah.
Sag’ an, was war denn schon dein Ziel,
oh Wanderer der Welten viel,
aus unbekannten Fernen?
Du kommst von da, wo nichts mehr brennt,
wo deinen Namen niemand kennt
und suchst nach fremden Sternen.
Durch Sternennebel, Galaxien,
ziehst du auf deinem Weg dahin
und hast Millionen Leben.
Im Herzen kälter noch als Eis,
suchst du dein unsichtbares Gleis
und rastlos ist dein Streben.
Du spottest der Planeten Spiel,
lässt dich nicht halten, hast kein Ziel,
und sei’s auch nur die Wende.
Lebst lang schon, wie das Weltenall
und stirbst wohl erst mit seinem Fall,
an aller Zeiten Ende.
Winter heißt nicht nur, Adieu,
Winter ist auch mehr als Schnee,
Winter ist ein Vorbereiten
auf die schönen Frühlingszeiten.
Heut’ schlich der Frühling durch die Wälder
und nahm in Augenschein die Felder,
war sicher nur am Spionieren
und freute sich, dass wir noch frieren.
Er dacht’, ich hätt’ ihn nicht geseh’n
und wollte rasch von dannen geh’n.
Versuchte noch, sich zu verstecken,
wohl hinter Bäumen, Sträuchern, Hecken
und wär’ mir beinah’ auch entwischt.
„Halt, lieber Freund, so geht das nicht!
Bist’ einmal hier, musst nun auch bleiben.
Du sollst den Winter uns vertreiben.“
„Denn ohne dich wird’s nicht gelingen,
auf seine Reise ihn zu bringen.
Wir haben ihn schon oft gebeten,
sich dabei ja nicht zu verspäten.”
„Wir müssen schließlich uns entscheiden,
und woll’n dich, Frühling, lieber leiden,
wenn bald im März und dann im Mai
der Platz hier nicht mehr reicht für zwei.”
Die Dämm’rung kommt in zartem Grau
und macht die ersten Vögel wach,
wie Sterne funkelt Morgentau,
und Hahnenstolz kräht auf dem Dach.
Des Nebels feuchter, kalter Hauch,
erhebt sich faul vom satten Gras,
auf dem er nachts so schwer und auch
so fest und unerbittlich saß.
Mit sanftem Purpur schminkt sich leicht
der Horizont und färbt sich ganz.
Der Wind hat Waldes Rand erreicht
und zwingt das Grün zum wilden Tanz.