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Für

Dara, Urmel, Mikey, Charly, Miezi, Mini, Amy, Sandy

© 2016 Claudia Liath

Alle Rechte liegen bei der Autorin

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7412-3502-3

Inhalt

Von Mond zu Monat

Für die Menschen vergangener Zeiten, die noch im Einklang mit der Natur lebten, gab es nichts als den langsamen Lauf der Tage und den behäbigen Wandel der Jahreszeiten. Ein Tag folgte dem anderen und eine Jahreszeit der vorherigen. Das Jahr teilte sich in Sommer und Winter, manchmal in Frühling, Sommer und Winter. Astronomische Ereignisse bestimmten Viehtrieb, Aussaat und Ernte, Brache und Ruhe.

Auch der Mond spielte bei der Zeitmessung eine wichtige Rolle. Ein Mond war die Zeit zwischen zwei gleichen Mondphasen, meist von Neumond bis zum Tag vor Neumond und dauerte ~ 29 Tage. Gezählt wurden dabei nicht die Tage, sondern die Nächte. Im Englischen gibt es noch den Begriff fortnight für eine Zeitspanne von vierzehn Tagen, ein halber Mond. Das heutige Wort Monat, abgeleitet von Manodh, Manad, Monot, oder Moanne, hat seine Wurzeln im Mond. Ein Mondjahr umfasst rund 354 Tage und besteht aus insgesamt dreizehn Monden, von denen einer „nur“ ein halber Zyklus ist, denn ein Jahr hat entweder dreizehn volle oder schwarze Monde, so daß ein Mond unvollendet bleibt. Der Unterschied zum Sonnenjahr wird durch Schaltmonate ausgeglichen. Für den berühmten Kalender von Coligny beispielsweise bildete ein Mondjahr die Grundlage.

Ein Mond oder später Monadh unterstützte die zeitliche Orientierung, die Jahreszeiten aber teilte man in der Regel in Sommer und Winter, manchmal auch in Säen, Wachsen, Ernten und Ruhen. Heute wird das ursprüngliche Jahr durchweg in vier große Bereiche unterteilt, in Frühling (Aussaat), Sommer (Wachstum), Herbst (Ernte) und Winter (Brache).

Die Einteilung des Jahres in vom Mond unabhängige Sonnen-Monate erfolgte zuerst in Ägypten und wurde später von Julius Cäsar für das Römische Reich übernommen. Den Julianischen Kalender brachten die Römer mit sich, so daß nicht ganz sicher ist, inwiefern die Übernahme der neuen Zeiteinteilung in Nordeuropa freiwillig vonstatten ging. Letztendlich setzte sich im 16. Jhd. der Gregorianische Kalender durch, der das Jahr in 365 Tage, 12 Monate und 4 Jahreszeiten einteilt und bis zum heutigen Tag gebräuchlich ist. Der Gregorianische Kalender berücksichtigt ebenfalls nicht den Mond, sondern die Dauer eines Erdumlaufs um die Sonne.

Diese Kalender werden als Sonnenkalender oder Solarkalender bezeichnet und gelten für ein solares Jahr. Ein solches Jahr beinhaltet zwölf Monate sowie vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter, die sich nach dem Sonnenstand berechnen. Ein Monat beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch eine Spanne von vier Wochen; plus minus einige Tage, denn ein Kalendermonat hat je nach Länge 28 (Februar), 30 (April, Juni, September, November) oder 31 (Januar, März, Mai, Juli, August, Oktober, Dezember) Tage, in Schaltjahren der Februar 29 Tage. Durchschnittlich rechnet man 30,4 Tage.

Tiere richten sich ausschließlich nach Zyklen, etwa dem Winter oder dem Sommer, Zeiten der Wanderung, der Brunft oder der Aufzucht der Jungen. Ihren Tag in Stunden oder das Jahr in Monate einzuteilen, würde für sie nur wenig Sinn machen. Die Aufteilung von Zeit in Monate, Tage, Stunden, Minuten und Sekunden ist daher ein rein menschliches Phänomen, denn nur Menschen orientieren ihr Leben an Uhren und Kalendern, oftmals gegen ihren ureigenen Rhythmus und den der Natur.

Der moderne Mensch ist mittlerweile von den natürlichen Rhythmen so weit entfernt wie niemals zuvor. Die Beschäftigung in oder mit der Natur wird mehr und mehr als esoterische Spinnerei oder gar unnötiger Luxus wahrgenommen, während sich das Leben nicht selten komplett in den virtuellen Raum verlagert. Arbeit, Termine und der ständige Aufenthalt in geschlossenen Räumen lassen kaum Zeit, die verschiedenen Jahreszeiten überhaupt zu bemerken. Zeit ist Geld, daher besteht die erste und häufig einzige Aktion vieler Betriebe darin, den Arbeitnehmer permanent zur Eile anzuhalten. Der größte Teil der Tage, Monate und sogar Wochen zieht indes unbeachtet vorbei. Es wird Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, ohne daß man es bewusst wahrnimmt. Oftmals sind es nur die steigenden oder fallenden Temperaturen, die darauf aufmerksam machen, daß nun bald andere Kleidung angesagt ist, oder die Biergärten schon sehr bald öffnen.

Nur wenigen Menschen ist es heutzutage noch vergönnt, den Wechsel der Jahreszeiten hautnah zu verfolgen. Schuld daran sind nicht zuletzt die geänderten (Überlebens-)Bedingungen. Während im Altertum jeder Einzelne für sein eigenes Auskommen sorgen musste, ist ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der inzwischen offenbar nur noch existiert, um mit seiner Arbeitskraft die halbe Welt vor dem Ruin zu bewahren, heute gezwungen, nicht nur für sich selbst zu wirtschaften, sondern zusätzlich für den Wohlstand seines Arbeitgebers (stellvertretend für eine schmarotzende „Oberschicht“) zu sorgen und nebenbei ein abstraktes Gebilde aus Staat, Banken, Sozialsystem, Krankenkassen und Versicherungen zu finanzieren, von dem wiederum nur der Vermögende wirklich profitiert, während allen anderen kaum genug zum Leben bleibt.

Der in der Tretmühle der Erwerbsarbeit gefangene Durchschnittsbürger ist heutzutage alles andere als frei. Durch ein (für ihn in der Regel nachteiliges) Gesetzeswerk, an dem er kaum Mitspracherecht hat, fest in ein System eingebunden, dem er nicht entfliehen kann und das ihm gerade genügend Rechte zugesteht, um den Anschein von Freiheit zu erwecken, ist er gezwungen, sein Leben und seine Gesundheit dem permanenten Wirtschaftswachstum zu opfern. Auch mit den Regeln und Vorschriften, die angeblich zu seinem Besten erlassen werden, kann er sich schon lange nicht mehr identifizieren, sondern muß das, was vom Gesetzgeber über seinen Kopf hinweg beschlossen wird, über sich ergehen lassen.

Ein großer Teil der Bevölkerung lebt nicht mehr, er wird gelebt und ist nicht mehr als ein Massenverbrauchsgut für die Wirtschaft. Seitdem die Römer Steuerrecht und Geldwirtschaft einführten, war es nie so einfach, die Massen zu kontrollieren und Druck auszuüben. Nur solange zu arbeiten, wie es nötig ist, um gut über die Runden kommen zu können, ist auf der Nordhalbkugel der Welt unmöglich geworden, denn sämtliche Pflichtbeiträge werden das ganze Jahr über erhoben. Daneben ist es das oberste Gebot von Wirtschaft und Globalisierung, flexibel und nicht ortsgebunden zu sein, was Heimatverbundenheit und feste Rhythmen ohnehin ausschließt. Der Umgang miteinander wird durch Technik ersetzt, was die Menschen einander entfremdet und egoistischer werden lässt.

Die moderne Gesellschaft sieht sich inzwischen über alle natürlichen Rhythmen erhaben. Sie wird nicht mehr anhand der verschiedenen Tätigkeiten innerhalb eines Jahres, in dem alles seine Zeit hatte, zusammen gehalten, sondern funktioniert eher wie ein Bienenstock oder Ameisenstaat, in dem es nur wenige Ruhepausen gibt. Reguläre Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden sind längst keine Seltenheit mehr. Zwangsläufig bleibt dabei ein großer Teil Freizeit und Erholung der Strecke.

Ein bewusstes Miterleben der Jahreszeiten verkommt zur kaum beachteten Nebensache. Und auch die Lebenszyklen der Tiere sind längst schon vollständig unter menschlicher Kontrolle. Langsam aber beständig verliert die Menschheit ihre Verbindung zur Natur, der Quelle aller Existenz. Keine menschliche Gemeinschaft war ihr jemals weiter entfremdet als die heutige Gesellschaft.

Kaum einer darf dann schlafen, wenn er müde ist, oder wirklich dann essen, wenn er Hunger hat, sogar der Gang zur Toilette muss häufig warten, was zu physischen und psychischen Krankheiten führt, die in den letzten fünfzig Jahren sprunghaft angestiegen sind. Anstatt aber auf den Körper zu achten, wird er mit den verschiedensten Medikamenten traktiert, die ihn um jeden Preis funktionstüchtig erhalten sollen.

Würden die Menschen heute noch nach den alten Kalendern leben, die sich am Lauf der Jahreszeiten orientierten, wäre es sicherlich einfacher, dem natürlichen Rhythmus zu folgen und auf die Bedürfnisse des Körpers zu achten.

Wissenswert: Das Gärtnerjahr kennt sogar zehn Jahreszeiten. Von Dezember bis Februar ist Winter. In dieser Zeit hat der Frost die Vorherrschaft übernommen, und es sieht nicht so aus, als würde jemals wieder etwas wachsen. Die Wochen von Februar bis April werden als Vorfrühling bezeichnet und bringen kaum merklich die ersten Veränderungen. Erste Frühblüher und Kräuter kommen ans Tageslicht, und auch die Tierwelt beginnt sich zu regen. Von März bis Mai überschneidet sich der Vorfrühling mit dem Erstfrühling, in dem die Natur vollends erwacht, die Bäume ihre Blätter bekommen und alle Vögel wieder zurückgekehrt sind.

Den Zeitraum von April bis Juni bezeichnet der Gärtner als Vollfrühling. Es ist die Zeit nach der ersten Blüte, aber ebenfalls die Tage der Eisheiligen (zwischen dem 12. und 16. Mai), in denen es noch einmal empfindlich kalt werden kann, mit Temperaturen, die an den Vorfrühling erinnern. Gleichzeitig ist der Juni aber auch als Frühsommer bekannt, denn wenn Holunder und Getreide blühen, lassen die wärmeren Tage nicht mehr lange auf sich warten. Die Monate Juli und August gehören zum Hochsommer. In diesen Wochen beginnt die Ernte von Beeren und Gemüse. Auf den Feldern wird das Wintergetreide geschnitten.

Mit den letzten Tagen im Juli beginnt der Spätsommer, der im September endet. Die letzten Früchte reifen und die Tage werden wieder kürzer, die Abende kühler. Gleichzeitig setzt im September auch der Frühherbst ein, denn wenn der Holunder reift und die Tiere sich auf den Winter vorbereiten, ist der Sommer so gut wie vorbei. Im Oktober beginnt mit dem Fallen der Kastanien, Eicheln und Bucheckern der Vollherbst. Es ist nicht mehr warm, aber auch noch nicht kalt, obwohl die ersten Nachtfröste sich langsam ankündigen. Die letzten Tage im Oktober sowie der komplette November gehören zum Spätherbst, der oftmals schlechtes Wetter bringt. Es wird kalt, regnerisch und ungemütlich. Die Bäume sind weitgehend kahl, und ein schneidender Wind rüttelt energisch an den Ästen.

Diese doch sehr präzise Einteilung der wechselnden Jahreszeiten gewährt einen Einblick in die sich ständig wiederholenden Zyklen der Natur und macht begreiflich, dass alles seine Zeit hat. Erdbeeren wachsen nicht im Winter. Wenn man sie doch bekommt, als Importware oder aus dem Gewächshaus, schmecken sie fade und schal. Darüber hinaus wird deutlich veranschaulicht, daß man die immer wiederkehrenden Zyklen eines Jahres nicht von geschlossenen Räumen aus erleben kann, sondern immer nah am Geschehen sein muß, um die feinen Anzeichen überhaupt zu bemerken, die erst später zu den großen und sichtbaren Veränderungen führen, die als Frühling, Sommer, Herbst und Winter bekannt sind.

Das Hexenjahr mit den acht Jahreskreisfesten

Das heidnische Jahresrad beginnt und endet in der winterlichen Dunkelheit - obwohl in den meisten alten Kulturen die Frühlings-Tagundnachtgleiche als Jahreswechsel galt. Es dreht sich parallel zur Sonne und läßt sich wie die Mondphasen, Jahr und Tag in vier Bereiche unterteilen. Alles in allem beschreibt es einen unendlichen Kreislauf, der untrennbar mit den Jahreskreisfesten verbunden ist. Jedes dieser Feste markiert einen Eckpunkt des Jahres.

Wenngleich viele Elemente der modernen Hexenfeste vorrangig aus dem recht jungen Wicca-Glauben stammen, ist ein nicht unerheblicher Teil der weitaus älteren nordisch-keltischen Glaubenswelt in die Jahreskreisfeste mit eingeflossen. Aus antiken Kulturen haben die Darstellung einer den Gott (Sonne, Korn oder Vegetation) gebärenden Göttin (Erde) und der aus dem Tod wiederauferstehende Gott die Jahrtausende überdauert und wurden lediglich in den neuzeitlichen Jahreskreis integriert.

Die Aufteilung des Jahresrades in vier Bereiche oder Phasen symbolisiert die Lebensstadien von Gott und Göttin. Beinahe überall tritt die Göttin, vor allem die Mondgöttin, dreigestaltig auf: als Jungfrau, Mutter und Ahnin. Älter sind jedoch vier Mondphasen, denn wer genau hinsieht, wird entdecken, daß die Ahnengöttin fast immer mit dem abnehmenden und dem schwarzen Mond verbunden wird. Sieht man den Schwarzmond dagegen als eigenständigen, wenn auch nur kurzen Zyklus, einen abgespaltenen Aspekt der Greisin, so symbolisiert er die Schwarze Jungfrau, die sich mit dem Erscheinen der schmalen Sichel zur Lichten Jungfrau wandelt.

Der Zyklus des Gottes sieht ähnlich aus: Im Winter (Nacht) wird die Sonne geboren. Sie wächst heran im Frühling (Morgen), erreicht im Sommer (Mittag) den Lebenshöhepunkt und vergeht im Herbst (Abend), um letztendlich im Winter wiedergeboren zu werden. Das Jahr des Korngottes besteht aus Brache, Aussaat, Wachstum, Ernte und wieder Brache.

Obwohl die alten Europäer nicht direkt ein Sonnenkind verehrten, das zu Mittwinter geboren wurde, ist auch die Vorstellung der wiedergeborenen Sonne sehr alt und findet sich überall auf der Welt.

Es ist nicht verwunderlich, daß die überwiegend agrarisch lebenden Zivilisationen der Sonne mehr Bedeutung zumaßen als dem Mond. Doch während der Sonnenkraft heutzutage gemeinhin „maskuline“ Attribute (dynamisch, aktiv, Leben erhaltend) zugeschrieben werden, war die Sonne in zahlreichen Kulturen eine weibliche Macht. Auf Erden wird ihre Kraft meist durch das Feuer verkörpert.

Ein Jahreskreis umfasst insgesamt acht Feste: Vier Sonnenfeste und vier Mondfeste, die manchmal auch als Feuer- / Wasserfeste bezeichnet werden. Wie das oft dargestellte Rad mit den acht Speichen, zwischen denen es schneit, Blumen erblühen, das Getreide heranreift und die Blätter fallen, orientieren sich die Feste am Werden und Vergehen alles Lebendigen. Einige dieser Feste haben in der Tat einen historischen Hintergrund, andere wurden auf Basis jüngerer oder regionaler Bräuche und Festlichkeiten hinzugefügt und haben sich inzwischen eingebürgert.

Die Sonnenfeste:

Diese Feste beziehen sich auf den Stand der Sonne und fallen auf festgesetzte Daten, die auch im heutigen Kalender den Wechsel der Jahreszeiten markieren. Da die ältesten Bauwerke (Steinzeitkalender) nach dem Stand der Sonne ausgerichtet sind, nimmt man an, dass die Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen bereits seit dem Jungpaläolithikum bekannt sind. Die Sonnenfeste werden mit der aufgehenden Sonne am Tag des Geschehens gefeiert und sollen germanischen Ursprungs sein; wenngleich die Germanen einen Mondkalender verwendeten und man die Feste auf den Vollmond nach dem Sonnenfest datiert. Die Sonnenfeste unterteilen vor allem den agrarischen Jahreskreis, bestimmen Aussat und Ernte.

Die Mondfeste, die eigentlichen Hochfeste, liegen zwischen den Sonnenfesten. Ihr Datum ist im Grunde variabel, da sie gemeinhin am ersten Vollmond beziehungsweise Neumond nach dem festgesetzten Datum gefeiert werden.

Der gängigen Theorie zufolge sind die Mondfeste im keltischen Raum entstanden und beginnen mit Einbruch der Dunkelheit. Da die Kelten glaubten, daß der neue Tag mit dem Einsetzen der Abenddämmerung beginnt, wurde jeweils vom Vorabend bis in die Nacht hinein gefeiert. Diese Feste stehen symbolisch für drastische Veränderungen in der Natur und sind eng mit landwirtschaftlich prägnanten Daten verbunden, denn sie „trennen“ Frühling und Sommer, Herbst und Winter. Historiker gehen davon aus, dass die Mondfeste vor allem für die Viehhaltung von besonderer Bedeutung waren, markieren sie doch Termine wie die Geburt der Jungtiere, Weideauf- und Abtrieb sowie die vorwinterliche Selektion.

Im Jahresverlauf wechseln die Feste einander ab:

Samhain (Hochherbst / Herbstmitte, die Vegetation stirbt)

Jul / Mittwinter (Winterbeginn, Tod und Wiedergeburt der Sonne)

Imbolc (Hochwinter / Wintermitte, das Licht erstarkt)

Ostara (Frühlingsbeginn, die Natur erwacht aus ihrem Winterschlaf)

Beltane (Frühlingsmitte, die Vegetation wächst und erblüht)

Litha (Sommerbeginn, die Sonne ist auf dem Höhepunkt ihrer Kraft)

Lughnasad / Lammas (Hochsommer / Sommermitte, Erntezeit)

Mabonadh (Herbstanfang, die Natur bereitet sich auf das große Sterben vor)

Am Lauf der Gestirne ausgerichtete Bauwerke wie die neolithischen Henges (zum Beispiel Stonehenge) oder Kreisgrabenanlagen wie das Sonnenobservatorium von Goseck (Überreste der Megalithkultur), legen einen Jahreskreis mit entsprechenden Festen nahe. Dabei werden speziell die Kreisgrabenanlagen häufig als Kalenderbauten bezeichnet. Auf der Himmelsscheibe von Nebra sind die Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen sowie die sichtbaren Plejaden1 verzeichnet, allesamt Ereignisse, die für das Bauernjahr sehr wichtig waren.

Mit dem Erscheinen der keltischen und germanischen Volksstämme im Norden Europas gelten diverse Vegetationsfeste, Reinigungsfeste, Winteraustreibungsriten, Opferfeste, Sonnwendfeste, (Ernte-)Dankfeste oder Feuerfeste durchaus als historisch belegt. Ob diese Feste tatsächlich so gefeiert wurden, wie man es sich heute vorstellt, ist ungewiss, aber nicht unmöglich.

Zu tief waren diese Tage im Bewußtsein der Menschen verankert, um vom christlichen Glauben einfach ausgelöscht zu werden. Daher stammen sämtliche Traditionen und Bräuche des Christentums fast ausschließlich aus dem nordischen (oder römischen) Heidentum, überdeckt mit einem dünnen Mantel christlicher Überlieferungen. Der Weihnachtsbaum ist identisch mit dem Lebens- oder Weltenbaum, aus dem Ostara-Hasen, beziehungsweise Hase und Ei aus babylonischen Fruchtbarkeitsriten, wurden Osterei und Osterhase, aus dem Haustblót das Erntedankfest. Obschon zweitausend Jahre Christentum ihre Spuren hinterlassen haben, ist es schwer, die moderne Gesellschaft tatsächlich als urchristlich bezeichnen.

Wissenswert: Viele Diskussionen zum Thema heidnische Jahreskreisfeste scheitern spätestens an der Frage nach dem historischen Beleg (Ausgrabung / schriftliche Überlieferung / sprachlicher Nachweis).

Wobei zunächst einmal die Frage im Raum stehen darf, ob Religion überhaupt auf wissenschaftlichen Fakten basieren kann, beansprucht sie für sich doch den Glauben, nicht das Wissen. Auch für die Offenbarungsreligionen fehlt nicht selten die historische Quelle. Glaube und Spiritualität sind etwas sehr Intimes und Persönliches und waren schon immer mehr als nüchterne Wissenschaft, die auf Fundstücke und schriftliche Überlieferungen baut. Historische Belege und archäologische Funde liefern lediglich Erkenntnisse für eine moderne Interpretation, ermöglichen aber weder eine originalgetreue Rekonstruktion einer Kultur oder Epoche, noch geben sie Aufschluss über die tatsächliche Vorstellungswelt vorangegangener Generationen. Sämtliche „Beweise“, so greifbar sie auch sein mögen, können nur von außen betrachtet werden. Sie bleiben dadurch stets verfälscht. Und auch die Archäologie kann nur vermuten. Mit gegenwärtigen Denkstrukturen, Rationalität und der griechisch-römischen Logik sind die vorchristliche Symbolsprache, die Sagen und Mythen ohnehin nur sehr schwer zu erfassen.

Gerade das Heidentum hält bei seiner Rekonstruktion ganz besondere Schwierigkeiten bereit, da es sich um eine aus dem Volk heraus entstandene, praktisch gelebte Religion handelt(e), basierend auf der Beobachtung der Natur und daraus resultierend regionalem Brauchtum – durch den Einfluss anderer Völker und Religionen einem ständigen Wandel unterworfen. Niemals war es starr wie das geschriebene Wort, blieb aber im Groben stets gleich. Noch heute ist es fortwährend im Fluss, um sich an die geänderten Bedingungen und neuen, rastlosen Zeiten anzupassen. Während das Altheidentum (traditionelles Heidentum) sich an Beweisen orientiert, an gesicherten Erkenntnissen, Überlieferungen und dem Wenigen, was sich christlich überfärbt in den Volksbräuchen erhalten hat, prägt das Neuheidentum ein deutlich moderner Einfluss.

Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang gerne von einem historisch nicht belegbaren Heidentum, entstanden wahlweise im Zuge der Gegenreformation, zur Zeit der Nationalromantik des 19. Jahrhunderts, oder im 3. Reich und ignorieren dabei, dass ein flächendeckend identischer heidnischer Kalender mit fest datierten Feiertagen schon aufgrund der lokalen Gegebenheiten unmöglich war. Zumal das Heidentum als homogene Religion nicht existierte. Erschwerend kommt hinzu, dass es die Kelten mit einer einheitlichen Religion und Kultur so wenig gab wie die Germanen und beide nur schwer auswertbare Spuren hinterlassen haben.

Die Sorgen und Nöte der Menschen, ihre Ängste, Wünsche, ja, ihr ganzes Leben manifestiert sich in den überlieferten Bräuchen, den Sagen und Legenden. Rituelle Handlungen, Feste und Traditionen gehören daher immer in den Kontext einer Landschaft und der dort entstandenen Kultur. Viehhaltung und Ackerbau basieren auf leicht abweichenden Zyklen, abhängig von Jahreszeit, Klima und Bodenbeschaffenheit, so dass Zeitpunkt und Art der Feste stark variieren konnten.

Darüber hinaus gestaltet sich der Beginn der Jahreszeiten, abhängig von der Region, noch heute sehr unterschiedlich. Der moderne (neu-)heidnische / wiccanische Kalender gründet nicht auf hieb- und stichfesten historischen Belegen, er ist in der Tat ein neuzeitliches Konstrukt und eine willkürliche Aneinanderreihung von Festen zu festgelegten Daten in einer Zeit, die sich kaum mehr an der Landwirtschaft orientiert.

Dessen ungeachtet gibt es zu den Jahreskreisfesten genügend Anhaltspunkte, um eine moderne Interpretation zu schaffen, die nicht vollständig aus der Luft gegriffen wurde, sondern auf realen Geschehnissen beruht. Von den Germanen gelten Jahreskreisfeste zum Herbstende / Winteranfang, Mittwinter (~Mitte Januar), Sommeranfang sowie zur Sommersonnenwende als belegt, die allesamt Opfer für Wachstum, eine reichhaltige Ernte oder Schutz vor den Launen der Natur zum Inhalt hatten. Daneben war in unruhigen Zeiten der Friede ein nicht unerhebliches Thema. Von den Kelten sind Feste zum Herbstende / Winteranfang, Wintersonnenwende, Sommeranfang sowie zur Sommersonnenwende bekannt. Neben diesen Hauptfesten vermutet man zahlreiche regional unterschiedliche Nebenfeste, wie zum Beispiel Feste zur Segnung / Einbringung der Saat, Schutzopferfeste oder diverse Erntefeste. Als Auslöser für einen Wetterwechsel hatte vor allem der Mond einen starken Einfluss auf den Zeitpunkt der Feierlichkeiten.

Die zahlreichen „authentischen“ Berichte von Zeitzeugen wiederum sind mit der nötigen Vorsicht zu genießen, vor allem dann, wenn es sich um rituelle Gewalt handelt. Tacitus war nie in Germanien. Die Cäsaren wiederum mussten einen Krieg rechtfertigen und waren gewiss nicht an einer wahrheitsgetreuen Darstellung der Barbaren interessiert, und auch die Edda soll bereits einen deutlich christlichen Einfluss aufweisen.

Da die Geschichtsschreibung stets die der Herrschenden und der Sieger ist, lohnt sich im Umgang mit Quellen und angeblichen Beweisen sicherlich eine kritische Betrachtungsweise. Viele Berichte dienten lediglich dazu, den Gegner zu dämonisieren. Zudem ist nicht sicher, wie viel Wahrheit der literarischen Ausschmückung oder Übersetzungsfehlern zum Opfer gefallen ist. Bis heute ließen sich im Zusammenhang mit den Jahresfesten weder ein reiner Menschenopferkult noch ritueller Kannibalismus eindeutig belegen, und auch für den Weidenmann (oder den Blutaar) gibt es keine wissenschaftlich haltbaren Beweise.

Funde deuten darauf hin, dass Menschenopfer bei den Jahreskreisfesten keine besondere Rolle spielten, sondern vielmehr in Zusammenhang mit dramatischen Ereignissen (Katastrophen), gesellschaftlichen Umwälzungen oder geänderten Umweltbedingungen stehen. Weit verbreitet waren dagegen die symbolische Tötung (des Vegetationsgottes), Speiseopfer, Brandopfer und Votivgaben.


1 Eine Sternenanordnung, die erst im zeitigen Frühjahr zu erkennen ist – quasi der Startschuss für die Bodenbearbeitung.

Das Jahresrad

Winter

Das Hexenjahr beginnt mit dem Winter, dem November, Dezember und Januar und umfasst eine stille, tote Zeit, eine Zeit der Erinnerung, des Geschichtenerzählens und der Schau ins Innere. Eine Zeit, in der es dunkel wird und kalt und rauhe Winde den ersten Frost bringen.

Sommer und Herbst sind vergangen. Das bunte Laub raschelt nicht mehr unter den Füßen, sondern liegt still da und verrottet langsam. Auf den Spinnweben des Altweibersommers erstarrt der Tau zu Rauhreif. Die Bäume sind kahl und recken ihre blattlosen Äste in den grauen Schneehimmel. In der Natur wird es immer kälter und stiller. Nach und nach verstummt das Vogelgezwitscher. Auf dem Wasser liegt eine dünne Eisschicht. Alles scheint zu erstarren, während ein dicker Mantel aus Schnee und Frost das Leben unter sich begräbt. Klirrend kalte Winterstürme reißen in den Hecken unerbittlich die letzten Blätter von den Zweigen.

Ein ständiges Dämmerlicht senkt sich auf die Landschaft. Der Himmel ist trüb und wolkenverhangen. Die Sonne scheint nur wenige Stunden und ist nicht mehr als ein kleiner Punkt im fernen kalten Dunst. Ihre Strahlen sind fahl und viel zu kurz, um die Erde zu wärmen. Alle Welt erscheint leblos und tot. Doch das Leben ist nicht erloschen, es hat sich nur zurückgezogen, um im Bauch der Erde auf die Rückkehr der Wärme zu warten. In der Kälte und der formlosen Dunkelheit erholt sich das Alte, wird im Totenreich des Winters Neues geboren.

Überall im Norden war der Winter lang und eine gefürchtete Zeit, viele Wochen der Not und des Hungers, in denen es zahlreiche Tote gab; doch auch eine Verschnaufpause, ein Moment der Ruhe und der inneren Einkehr, der Geschichten und Legenden. Das Leben verlagerte sich nach innen. Die Menschen blieben in den Häusern und verrichteten häusliche Arbeiten wie das Flicken, Spinnen, Schnitzen oder Töpfern. Am Webstuhl entstanden Stoffe für neue Kleider. Arbeitsgeräte wurden gewartet und auf das nächste Frühjahr vorbereitet.

Mit dem bunten Herbst begann eine quälend lange Zeit der Ungewißheit. Alles Leben zog sich in den Mutterschoß der Erde zurück und nahm Licht und Wärme mit sich, so dass niemand wirklich sicher sein konnte, dass beides irgendwann einmal zurückkehrt. Für die agrarisch lebenden Völker des Nordens war aber die Sonne als Wärme- und Lebensspenderin von immenser Wichtigkeit, denn sie bedeutete Leben und Hoffnung. Für sie barg der Winter mehr Gefahren als der Sommer, und der Tod durch Erfrieren war weitaus gefürchteter als der Hitzetod.

Fast alle Mythen der nordischen Kulturen ranken sich um diesen eisigen und unergiebigen Zeitraum aus Unsicherheit, Hunger, Not, Sonnentod und Sonnengeburt, in dem die Wintergeister mit den Stürmen über das Land brausten. (Herd-)Feuerfeste und Lichterfeste wie Samhain, die Mütternacht, Jule / Weihnachten oder Imbolc sind ein Produkt der winterlichen Kälte und Dunkelheit, das darauf abzielte, sich die Gunst der Sonne zu sichern. Im Süden würden sie nur wenig Sinn machen. Für die Bewohner der Wüsten etwa ist die Sonne keine lebensspendende Kraft, sondern eine alles vernichtende Macht. Ihr Symbol des Lebens ist das Wasser.

Vor allem die Kelten, die nur ein Winter- und ein Sommerhalbjahr kannten, sprachen den Wochen der Dunkelheit eine ganz besondere Bedeutung zu, wurde nach ihrem Glauben doch alles in der Dunkelheit geboren und ging ins Dunkel ein, wenn es sein Ende fand. Feiern begannen stets am Vorabend des jeweiligen Festes. Für sie war der Winter ein heiliger, wenngleich ungemütlicher und entbehrungsreicher Zeitabschnitt, in dem die Sonne neue Kraft schöpfte.

Zu dieser kalten und unwirtlichen Jahreszeit herrscht die Dunkle Jungfrau über die Welt. Andere kennen sie als Schwarze Mutter oder einfach Schwarze Göttin. Sie trägt noch den Dolch der Schnitterin, doch wie bei allen Todesgöttern findet sich auch bei der Schwarzen Jungfrau ein Fruchtbarkeitsaspekt, denn sie ist es, die vor dem Kessel der Wiedergeburt steht. Sie ist diejenige, die zwischen den Welten wandelt und schwanger das Leben durch den Tod trägt.

Die Dunkle Jungfrau hat zwei Gesichter. Sie steht für Schatten, Stillstand, Schlaf, das Leben im Tod und bedeutet doch gleichzeitig Beständigkeit, Wandlung und Erwachen. Sie ist die Wölfin, die ihre Jungen frisst, aber auch die Schlange, die ihre Haut abstreift. So, wie nach dem Schwarzmond die helle Sichel des Neumondes erscheint, wandelt sich die Dunkle Jungfrau zur Lichten Jungfrau, wenn der Winter vergeht und dem Frühling Platz macht. Somit kann die Schwarze Jungfrau durchaus als Hexenaspekt der Ahnin interpretiert werden – und umgekehrt. Als Teil der Ahnengöttin ist die Dunkle Jungfrau gleichermaßen eine Herrin der Unterwelt. Sie ist der Spiegel, in den alle sehen, die auf die andere Seite wollen, die Illusion, die jeden auf die Probe stellt, der nach der Wahrheit sucht.

Verkörpert wird die Dunkle Jungfrau vor allem von der Skorpionin Selket. Die Skorpiongöttin Selket gilt als Schutzgöttin der Toten. Sie führt die Seelen in die Unterwelt und beschützt das Leben. Die Schwarze Jungfrau ist aber ebenso Persephone, die im Hades weilt oder Nephtys in ihrer Trauer um Osiris, Ereschkigal, die ihren Preis fordert, die dunkle Kali, die auf den Knochen ihrer Feinde tanzt und Sekhmet, die das Land verbrennt, damit etwas Neues entstehen kann.

In der Gestalt von Cerridwen, Hel oder Hekate betritt sie im Herbst die Unterwelt, wandelt sich zu Selket oder Nephtys und verlässt als Perseis nach dem Schwarzmond die Unterwelt, um als schmale Sichel am Himmel zu erscheinen. Damit wird aus der Schwarzen Jungfrau ganz allmählich die Lichte Jungfrau.

Die Dunkle Jungfrau regiert den Schwarzmond, drei Tage der Dunkelheit und Wandlung, in denen der Mond sich aus der Welt zurückzieht. Ihre Lektion ist das Akzeptieren und Loslassen.

Wer mit der Energie der Dunklen Jungfrau arbeitet, sollte sicher sein, daß er das, was er erfährt auch verarbeiten kann. Andererseits ist sie oft hilfreicher als die Ahnin, die Bewahrerin der Erinnerung, wenn man sich endgültig von Altem und Überflüssigem lösen will.

Der Dunklen Jungfrau begegnet man am besten auf Schwellen und an Übergängen, während des schwarzen Mondes, in der Dämmerung und in der dunkelsten Stunde, kurz bevor die Finsternis sich zum Licht wandelt. Die ihr zugeordneten Farben sind Schwarz und Dunkelblau. Ihre Himmelsrichtung ist der Norden und gemeinsam mit der Ahnin symbolisiert sie die Erde. Da beide zusammen ein Ganzes bilden, sind die Grenzen zwischen der Alten und der Dunklen Jungfrau oftmals fließend bis kaum vorhanden, und jeder sollte für sich selbst entscheiden, wie er sie erfahren und ihnen begegnen möchte – und ob er die beiden überhaupt trennt.

Ihr zur Seite steht der Schatten des Gottes, denn genau wie bei der Ahnin gibt es beim Herrn der Unterwelt zwei Arten der Deutung. Je näher der Winter rückt, desto mehr überwiegt der Todesaspekt. Er ist nicht mehr der Herr der Unterwelt, sondern die Essenz des Lebens, die den Tod übersteht. Der Schatten befindet sich in einer Zwischen- oder Übergangsphase, in der alles um ihn herum an Bedeutung verliert. Um von der Göttin wiedergeboren werden zu können, muß er sich von seinem alten Ich lösen, verkörpert vom Herrn der Unterwelt. Körperlos, als Schatten oder Seele, kann er nun in seinen neuen Körper eintreten.

Wer mit seiner Energie arbeiten möchte, sollte sich vorsehen und seine Gefühle im Griff haben. Die Kraft die frei wird, hilft dabei, mit einem scharfen Schnitt alles hinter sich zu lassen, um von vorne anzufangen. Wer sich nicht sicher ist, ob er das wirklich möchte, sollte noch einige Nächte darüber vergehen lassen. Wird die Energie von beiden in die verkehrte Richtung gelenkt, drohen Verluste und schmerzhafte Trennungen. Wie die Dunkle Jungfrau findet sich ihr männliches Pendant an Übergängen und Schwellen sowie in allen Umformungen.

November

Im Jahresrad ist seit jeher ganz besonders der triste, graue November eng mit Tod, Ahnenfeiern und Totengedenken verbunden. Man entzündet Lichter und gedenkt derer, die gegangen sind. Die Gräber werden auf die kalte Zeit vorbereitet und erhalten ihre Winterbepflanzung. Diese Wurzeln reichten so tief, dass nicht einmal das Christentum und christliches Brauchtum die alten Traditionen auslöschen konnten. Also wurden sie kurzerhand übernommen und mit einem eigenen Stempel versehen.

Der erste November wurde zu Allerheiligen, der zweite November zu Allerseelen, einem Tag, an dem man unter anderem wie in alter Zeit die Gräber schmückt und erleuchtet. Diesem Tag folgen der Buß- und Bettag als Tag der Besinnung und der Totensonntag, an dem allgemein der Verstorbenen gedacht wirdi. In manchen Gegenden haben sich aus der vormals heidnischen Tradition, Sonnenbrote zu backen und zu verteilen, Gebildbrot wie beispielsweise Seelenzöpfe oder Seelenbrote, bis in die heutige Zeit erhalten – wobei man den Ursprung inzwischen im römischen Brauchtum vermutet.

Seinen Namen verdankt der November dem lateinischen Wort novem (neun), weil er nach dem altrömischen Kalender der neunte Monat des Jahres war. In Deutschland nannte man ihn Herbistmanoth (Herbst- oder Erntemonat), oder Reifmonat, da um diese Zeit der erste Rauhreif auf den Gräsern liegt. Windmonat verweist auf die schweren Herbststürme, die im November über das Land brausen. Der Umstand, daß vor dem Winter das überzählige Vieh aussortiert und im Tod den Göttern geweiht wurde, brachte ihm bei den Germanen den Namen Blót Manoth ein, was frei übersetzt so viel bedeutet wie „Opfermonat“. Daneben kennt man ihn in fast ganz Nordeuropa als Schlachtmonat oder Blutmond.

Wie kein anderer Monat wird der November mit Blut verbunden. Aber es waren keine grausigen Blutriten und keine schauerlichen Blutopfer, die dargebracht wurden, sondern eine vorwinterliche Auslese, die es den Menschen erlaubte, heil über den Winter zu kommen. Der Hintergrund der schauerlichen Mären, die über das „gruselige Samhainfest“ und den folgenden „blutigen“ November verbreitet werden, ist der, daß große Mengen Fleisch sich in der winterlichen Kälte besser verarbeiten lassen als im Sommer mit seinen zahlreichen Insekten. In Zeiten, die ohne Kühlhäuser und Futtermittelhändler auskommen mußten, war es zwingend notwendig, eine Auswahl zu treffen und alles Vieh zu schlachten, das die kalten Monate nicht überstehen würde.

Neuere Bezeichnungen wie Nebelung oder Nebelmond beschreiben den November vielleicht am besten. Aus den leichten Nebelschleiern des vergangenen Sommers werden im November wallende Schwaden, die schwer von der erkaltenden Erde aufsteigen und sich einem dicken Mantel gleich über die Landschaft legen.

Die alten Mythen, Sagen und Legenden sprechen vom Nebel als Weltenschleier. Ihm wird die Eigenschaft nachgesagt, Tore zu anderen Welten zu enthüllen. Genauso schnell kann er jedoch den Eingang wieder verbergen und den Wanderer im Nichts verschwinden lassen. Die keltische Anderswelt Annwn soll von einem Ring aus Nebelschwaden umgeben sein, und auch Niflheimr (Nebelwelt), wo sich die Hel befindet, dachte man sich als Welt aus Dunkelheit, Nebel und Eis. Niflheim galt als formloses Dunkel, in dem die Toten Ruhe fanden und gestärkt auf die Erde zurückkehren konnten. Mit der Hölle, für die das Reich der Hel wenigstens namensmäßig Pate stand, haben allerdings weder Niflheim noch die Hel viel gemeinsam.

Wissenswert: Bereits in der Antike war man der Ansicht, der November würde die Sonne verschlingen. Ebenso wird der den November beherrschende Skorpion (Sternzeichen) als Todesbote und Winterzeichen gedeutet, der die Sonne mit seinem giftigen Stachel schwächt. Diese Deutung entstammt der alten Astrologie, die den Skorpion noch als Drache oder Schlange sah, welche (wie die Midgardschlange) hin und wieder die alte Welt vernichtete, damit eine neue entstehen konnte.

Spätestens mit den dichten Nebelwänden, die sich träge übers Land schieben, wird es langsam winterlich kalt, windig und ungemütlich. Der Herbst beendet sein buntes Farbenspiel. Die Tage sind trübe, trist und grau. Nun, da die Sonne ihre Macht endgültig verloren hat, werden sie immer kürzer und frostiger. Erste Winterstürme ziehen vorüber, und aus dunklen Wolken fällt Regen, der nur zu oft in Schnee übergeht. In der Natur wird es still, während die Wintergöttin das Land nach und nach in tiefen Schlaf versenkt. Die Bäume haben ihr Laub abgeworfen, und das frische Grün weicht bleichem Wintergras. Viele Vögel sind in großen Schwärmen gen Süden gezogen. Andere Tiere haben Höhlen aufgesucht oder sich für die Zeit des langen Ruhens in der Erde vergraben. Denen, die diese Möglichkeiten nicht nutzen können, ist ein dickes Winterfell gewachsen.

Auch das Leben der Menschen spielt sich mehr und mehr in warmen Räumen ab, denn draußen ist es empfindlich kalt geworden. Abends brennen die ersten Kerzen, während die Lust auf warmen Tee und Süßes wächst. Melancholische Gedanken kommen nun öfter als im Sommer.

Viele Menschen mögen den November nicht, ist er doch ein Vorbote des Winters mit schlechtem Wetter und dunklen Tagen, die auf die Stimmung drücken. Aber auch der ungeliebte November kann schöne Momente bringen, wenn die Sonne ein letztes Mal durch die grauen Wolken scheint, oder beim Spaziergang die bunten Blätter unter den Füßen rascheln. Wenn dann mit der immer früher einsetzenden Dämmerung auch der Frost spürbar Einzug hält, wird allmählich die bunte Herbstdekoration abgeräumt und durch Kränze, immergrüne Zweige, Kugeln und erste Schneemänner ersetzt, die von der Ankunft des Winters künden.

Thema im November – Vogelfutter herstellen

Nachdem die großen Schwärme das Land verlassen haben, um in wärmere Gefilde aufzubrechen, wird es merklich kälter. Die ersten Fröste, die den Boden hart und unergiebig werden lassen stecken schon in den Startlöchern. Daher wird es im November allmählich Zeit, Futterplätze einzurichten und Häuschen für die Daheimgebliebenen aufzustellen. Als Gegenleistung für einen Sommer voller Gesang ist die Verköstigung im Winter nicht zuviel verlangt.

Vogelfutter kann man kaufen, man kann es aber auch kostengünstig selber herstellen: Sehr einfach geht das, indem man beispielsweise ein geeignetes Fett zum Schmelzen bringt, es mit Nüssen und Kernen vermischt und auf geeignete Schalen (Näpfe aus Blech oder Ton) verteilt. Überaus beliebt sind auch Sonnenblumenkerne, die im Herbst aufgefangen und später verfüttert werden. Ebenso kann man nach dem Ausreifen der Samen den ganzen Blütenkopf abschneiden, trocknen und bei Frost und Schnee als Winterfutter anbieten.

Etwas schwieriger ist ein Tontopf, der an stabile Äste gehängt werden kann. Man braucht dazu einen Blumentopf, einen ca. 30 – 40 cm langen Holzstab, Schnur, sowie eine runde Pappscheibe. In den Stab ein Loch bohren, um die Schnur daran zu befestigen. Dann die Pappscheibe durch die Schnur schieben und beides durch das Loch im Topf ziehen, bis der Boden bedeckt ist, der Stab aber noch über den Rand ragt. Von außen gut verknoten. Die Scheibe deckt das Loch von innen zu, damit die Masse nicht auslaufen kann.

Zuletzt das Fett zerlassen und mit Kernen (z.B. Sonnenblumen- oder Kürbiskerne), Nüssen und Haferflocken anreichern. Danach den Topf auf den Boden stellen und die Masse einfüllen. Dabei darauf achten, daß der Holzstab in der Mitte bleibt und nicht an den Rand gedrückt wird. Ist alles ausgehärtet, den Blumentopf umgekehrt in einen Baum hängen.

Wichtig: Der Stab muss weit genug über den Rand stehen, damit die Vögel sich daran festhalten können.

Der Mond im November

Dichte Wolken umgeben den stillen Novembermond, hüllen ihn ein und verstecken ihn vor der ruhenden, nackten Erde. In den wenigen Momenten, die er zu sehen ist, scheint es, als läge er im Wasser oder leuchte aus der Tiefe eines finsteren, alles verschlingenden Meeres heraus auf eine sterbende Welt. Frostiges Licht trifft auf raschelndes Gras und braune Erdschollen, die der kalte Atem des Windes in den frühen Morgenstunden mit glitzerndem Rauhreif überzieht.

Der Novembermond ist in erster Linie als Schneemond bekannt, weil in diesen Tagen der erste Schnee fällt oder wenigstens schon in der Luft liegt. Mit dem März teilt er sich den Namen Windmond, weil in diesen beiden Monaten die schlimmsten Stürme auftreten. Manchmal nennt man ihn auch Trauermond oder Dunkelmond. Er steht stellvertretend für Verlust, Rückzug, Tod und Kälte. Die Vegetation stirbt und erinnert die Lebenden an ihre eigene Sterblichkeit. Eine sich ausdehnende nächtliche Dunkelheit erobert die kürzer werdenden Tage und verstärkt das Gefühl der Vergänglichkeit. Der erste Wintermond lässt mit leisem Wehklagen den Herbst ausklingen, verspricht aber gleichzeitig eine tröstende Stille und Geborgenheit. Rituale, die Schutz und Heilung zum Inhalt haben, sind nun besonders kraftvoll. Da eine dunkle und besinnliche Zeit anbricht, sind Meditationen und Reisen in die Tiefen der Persönlichkeit besonders intensiv und aufschlussreich.

Birkenmond (Anfänge)

Mit dem Birkenmond im November oder Dezember, je nachdem, wann Vollmond ist, beginnt das keltische Mondjahr. Er löst den Eibenmond ab und steht synonym für Anfang und Neubeginn, was vor allem die Durchführung neuer Pläne begünstigt. Wie die Birke vereint auch der Birkenmond Geburt, Wegstrecke, Tod und Neuanfang. Und wie die Birke selbst hat auch der Birkenmond eine enge Verbindung zur Feenwelt und erleichtert Kontakte der Sterblichen zu den Unsterblichen. Wenn silberne Mondstrahlen über den grauweißen Stamm der Birken wandern, sollen nach altem Glauben dort, wo sie die Landschaft kreuzen, Tore zur Anderswelt erscheinen. Einige kennen diesen Mond auch als magischen Holundermond, der den Zugang zur Quelle der Weisheit öffnen kann.

Im gesamten Norden wurde die Birke untrennbar mit der Großen Mutter in Form der Hüterin und Beschützerin verbunden. Sie galt als Inkarnation der Allmutter, die das Land mit Fruchtbarkeit segnet, neues Leben ermöglicht und dieses am Ende des Weges Geborgenheit in ihrer liebevollen Umarmung finden läßt. Birken verbanden seit jeher Unterwelt und Wiedergeburt. Sie wuchsen an heiligen Orten, beziehungsweise in heiligen Hainen. Die Germanen weihten die Birke der Erdgöttin Frigga/Hludana.

Bei den Kelten war die Birke ein Baum, der allen anderen Bäumen vorgezogen wurde. Der Feuergöttin Brigidh geweiht, wurde sie als Personifikation der sorgenden Mutter angesehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Kelten der Birke einen derart hohen Rang einräumten. Birkenenergie wirkt sehr kraftvoll bei Neuanfängen und geplanten Veränderungen, weswegen das keltische Jahr mit der Birke begann.

Weil die Birke (neben Weide und Hasel) zu den früh blühenden Bäumen gehört, war sie schon immer eng mit Neuanfang und Reinigung verbunden. Sie symbolisierte den Übergang vom Winter zum Frühling, das Erwachen der Natur. Als Maibaum gehört sie untrennbar zum Beltane-Fest. Man schmückt sie mit Bändern und bindet kleine Gebildbrote an ihre Zweige. Moderne Bräuche wie das Maibaum-Klettern, das Maibaum-Stehlen, das klischeehafte Spektakel der Walpurgisnacht oder das alljährliche Besäufnis zum 1. Mai haben nichts mehr mit den ursprünglichen Feierlichkeiten gemeinsam. In Form der Rune Beorc/Berkana ist die Birke zudem Ausdruck natürlicher und ungekünstelter Weiblichkeit.

Wissenswert: Die Wörter Berkana/ Beorc (Rune), Birke (Baum) und Berchta (Göttin) lassen sich von peraht / beraht für „glänzend“ oder„silbrig“. herleiten. Die Birke gehört zu den Pionieren unter den Bäumen und gilt als der anpassungsfähigste Baum. Nach der Eiszeit prägte sie zusammen mit Kiefern und Wacholder die Tundren und Moorlandschaften.

Birkenzweige verhießen dem, den sie streiften, eine besondere Fruchtbarkeit. Stäbe aus Birkenholz galten als hervorragende Zauberstäbe. Auch heute noch bevorzugen viele Hexen und Magier Stäbe aus Birkenholz zur Bündelung und Verlängerung ihres Willens. Der Tradition entsprechend besteht ein Hexenbesen aus Birken- und Weidenzweigen mit einem dicken Eschenstab. Erscheinen Birken im Traum oder während einer Meditation, bedeutet das in den meisten Fällen Besuch aus der Anderswelt.

Die beiden Runenmonde im November

In der Dunkelheit des Schwarzmondes erzittert der Himmel unter gewaltigen Tritten, und wenn dann die schmale Sichel des neuen Mondes die Form von Stierhörnern annimmt, hebt Uruz, der Urstier, den Kopf, um besser auf die Erde blicken zu können. Mit seinem Erscheinen um Samhain herum, einer Zeit, in der für gewöhnlich das zweite Disablot (Disenopfer) gebracht wurde, weist Uruz auf das vorwinterliche Schlachten hin. Darüber hinaus erinnert er an den Sonnengott, der sich endgültig geopfert hat, damit die Welt leben kann und jetzt in eine Phase der Wandlung eintritt.

Uruz steht synonym für die Urkraft der Erde in Form der Erdmutter und Verwurzelung, aber auch für Transformation und Geburt und ist eine Bestätigung des alten Naturgesetzes, welches besagt, daß nichts endgültig verschwindet, sondern sich unablässig wandelt. Obwohl Uruz gerne als männlich-aktiv gedeutet wird, birgt diese Rune gleichzeitig eine gewaltige weibliche Energie, nämlich die unvergängliche Erdkraft, die Urkuh, aus der alles Leben hervorging. Daher unterstützt diese Rune insbesondere alle Erd- und Frauenrituale. Auch Schamanen arbeiten gerne mit der unbändigen Kraft von Uruz oder Ur.

Die Rune des Auerochsen2 kann dem, der mit ihr arbeitet, eine ungeheure Entschlossenheit und Vitalität verleihen, eben die Stärke, die es braucht, um den Winter zu überstehen und sich sämtlichen Widerständen zu stellen. Daneben ist sie hilfreich bei neuen Projekten oder unterstützt dabei, sich zu erden. Als Rune von Heim und Herd hilft Uruz, die kalte, unwirtliche Dunkelheit des Winters zu ertragen.

Dass Uruz zu den Runen gehört, die auf den Kopf gedreht ihre Bedeutung ins Gegenteil verkehren, wird bei dieser kraftvollen Rune immer deutlicher spürbar. Die umgedrehte Rune verkörpert die Geringschätzung der Erde in all ihren Formen, ja die Missachtungs des Lebens selbst. Angefangen beim Entsorgen von Müll in der freien Natur bis hin zum Fracking.

Bis vor gut fünfzig Jahren galt die Erde als vom Menschen bezwungen. Sie wurde mit schweren Maschinen aufgerissen, trockengelegt, überflutet, als Müllhalde missbraucht und vergiftet. Chemikalien entsorgte man kurzerhand in Kanälen, die anschließend zugeschüttet wurden - in dem festen Glauben, mit dem Müll zugleich das Problem beseitigt zu haben. Das alles geschah solange, bis man herausfand, dass bei allem, was getan wurde, nicht nur die Erde betroffen war, sondern auch alles Leben, das von diesem Gebiet abhing, inklusive der Gesundheit der Menschen in den Wohnsiedlungen, die auf diesen Kanalsystemen errichtet wurden.

Seitdem ist die Menschheit leider kaum vorsichtiger geworden, denn noch immer steht der Profit im Vordergrund. Wie ein Ertrinkender klammert sie sich an das, was sie tötet. Obwohl niemand so recht weiß, wohin damit, wird in großen Mengen radioaktiver Müll produziert. Auf der Suche nach Erdöl und wertvollen Metallen plündert man rücksichtslos die Bodenschätze. Ganze Landstriche verschwinden unter Dunstschleiern aus Pestiziden. Tiere verbrennen in Rodefeuern oder sterben im toxischen Klärschlamm. Gigantische Müllhalden stinken zum Himmel, während kontaminiertes Wasser im Boden versickert. Die meisten Menschen gehen mit Leihvideos achtsamer um, als mit ihrer Umwelt.

Der folgende Vollmond ist geprägt von Isa, oder IsIsa