Cover

Die renommierte Ernährungsmedizinerin und Bestsellerautorin DR. MED. PETRA BRACHT begründete gemeinsam mit ihrem Mann Roland Liebscher-Bracht die erfolgreiche Schmerztherapie nach »Liebscher & Bracht«, mit einem Netzwerk von über 8.000 Therapeuten im deutschsprachigen Raum. Die von ihr eingesetzte Medizin bedient sich aller Wissensressourcen aus Naturheilkunde, Schulmedizin und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie hat mehrere Gesundheitsbestseller veröffentlicht und engagiert sich für Verbraucherschutz und Umwelt.

PROF. DR. RER. NAT. CLAUS LEITZMANN ist Biochemiker und Ernährungswissenschaft ler. Er wurde 1978 als Professor für Ernährung in Entwicklungsländern an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen und war mehrere Jahre Direktor des dort ansässigen Instituts für Ernährungswissenschaft. Er ist Leiter des wissenschaftlichen Beirats beim Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung und war unter anderem im wissenschaftlichen Beirat mehrerer Fachzeitschrift en und Stiftungen sowie des Bundesministeriums für Ernährung. Im Jahre 2013 wurde er in die Liste der »Living Legends« der International Union of Nutritional Sciences aufgenommen. Er befasst sich seit 50 Jahren mit Fragen der gesunden Ernährung und ist Autor zahlreicher Fach- sowie populärwissenschaftlicher Bücher.

Dr. med. Petra Bracht

Prof. Dr. Claus Leitzmann

Klartext

Ernährung

Die Antworten auf alle wichtigen Fragen

Wie Lebensmittel vorbeugen und heilen

Mit einem Geleitwort

von Prof. Dr. med. Andreas Michalsen

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autoren und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autoren beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

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Originalausgabe Mai 2020

Copyright © 2020: Mosaik Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Sabine Kwauka

Umschlagmotiv: shutterstock/Svetlana Drujinina und Dmitri Krasovski

Bildnachweis Abb. 1: Apfeltyp/Birnentyp: Shutterstock/bus 109 (Bildnr: 500708056)

Abb. 2: www.pixabay.com/de

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

JE ∙ CB

ISBN 978-3-641-24311-1
V002

www.mosaik-verlag.de

Für unsere Kinder,

deren Kinder

und alle Kinder dieser Welt

Inhalt

Ein sehr persönliches Geleitwort

Vorwort der Autoren

Leseanleitung für dieses Buch

BUCH I:

DER WEG ZUR OPTIMALEN ERNÄHRUNG DES MENSCHEN

I. Einleitender Überblick: Von uns bis zu den Blue Zones

1. Warum Ernährung heilt – von Petra Bracht

Zivilisationskrankheiten und was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt

Führende Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig

Der Weg zur lebenden Legende

2. Ein Leben für gesunde Ernährung – von Claus Leitzmann

Einmal um die Erde

Ernährungswissenschaftliche Studien in Gießen

Ernährungsökologie – damals neu, heute brandaktuell

3. Wenn alles so einfach wäre – von Petra Bracht und Claus Leitzmann

Jede neue Erkenntnis hat ihren Anfang – raus aus der Unsicherheit

Die Ernährungsstudien können deutliche Hinweise liefern, aber keine endgültigen wissenschaftlichen Beweise

Im Kleinen wie im Großen – den Menschen geht es wie der Umwelt

4. Die Geheimnisse eines langen und gesunden Lebens

Die Blauen Zonen dieser Erde

Lebenserwartung

II. Gesund ist die Ernährung, die genetisch am besten zu uns passt

1. So hat die Ernährung den Menschen in der Evolution geprägt

2. So entwickelten sich die Ernährungsgewohnheiten des Menschen

Natur-Nahrung

Kultur-Nahrung

Industrie-Nahrung

Zivilisations-Nahrung und ihre Folgen

3. Die Lebensmittelqualität – der Mensch ist mehr als eine Verbrennungsmaschine

So wird Lebensmittelqualität heute definiert

III. Wir essen uns krank – den meisten Menschen ist dies nicht bewusst

1. Ihre Ernährung kann Ihre Medizin sein

Sie selbst sind der »Macher« Ihrer Gesundheit

Das Geheimnis der Epigenetik – warum die Gene doch nicht die Hauptrolle spielen

Sirtfood – Essen für ein langes und gesundes Leben

2. So entstehen die Zivilisationskrankheiten

3. So heilen Sie Ihre Entzündungen ursächlich

4. Grundlage für ein gesundes, langes Leben: ein funktionierender Stoffwechsel

5. Die Zivilisationskrankheiten – wie wir sie vermeiden und heilen können

Nicht alles ist Goldstandard, was glänzt

Vorbeugung – viel wichtiger als Früherkennung

Übergewicht entsteht nicht zwischen Weihnachten und Neujahr

Das Metabolische Syndrom – ein tödliches Quartett

Diabetes Typ 2 – diese Krankheit kann jeden treffen

Bluthochdruck – weltweit größter Risikofaktor für einen zu frühen Tod

Krankheiten des Verdauungstraktes – wenn der Darm streikt

Die Leber – eine Hochleistungsentgiftungsanlage

Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Todesursache Nr. 1

Osteoporose – die moderne Ernährungs- und Bewegungsmangel-Krankheit

Krebs – die schwere Krankheit mit vielen Gesichtern

Die Allergien – wenn der Körper um sich schießt

Rheuma – wie Ernährung hilft

Schilddrüsenerkrankungen – stetig steigend

Die Nieren – stumme Leidensgenossen

Immer mehr Schmerzen – eine Epidemie

Ungewollte Kinderlosigkeit – immer häufiger

Sarkopenie – die neue, noch unbekannte Volkskrankheit

Leaky-Gut-Syndrom – Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Co.

Infektionskrankheiten (Corona) – was man tun kann

IV. Pflanzen oder Tiere – die verschiedenen Ernährungsformen und Diäten

1. Warum Diäten scheitern – wenn Sie abnehmen oder gesund werden möchten

2. Derzeit populär: eiweißreich und kohlenhydratarm

3. Wie unsere Gesundheit unter tierischen Nahrungsmitteln leidet

Die »normale« Ernährung wird zunehmend infrage gestellt

Massentierhaltung – eine der größten Belastungen für die Umwelt

Fleisch war ein Stück Lebenskraft

Fisch – stinkt vom Kopf her

Milch – macht muntere Männer müde

Eier – viel Cholesterin, viel Leid

Tierische Nahrungsmittel – problematisch für uns, die Tiere und die Erde

4. Alternative Ernährungsformen – ein Überblick

5. Pflanzenbasiert essen – vegan und vegetarisch

6. Fasten – nichts essen, um gesund zu bleiben und zu heilen

Modifiziertes Heilfasten nach Buchinger

Intervallfasten – täglich von den Heilwirkungen des Fastens profitieren

Warum Intervallfasten immer angesagt bleiben wird

Warum es beim Intervallfasten keinen Jo-Jo-Effekt gibt

Was im Körper beim Intervallfasten vor sich geht

Was lange währt, wird endlich gut

7. Die Vor- und Nachteile der Diäten und Ernährungsformen – der Vergleich

Einige der bekannten Diäten

Die alternativen Ernährungsformen

Kriterien zur Beurteilung der Gesundheit von Lebensmittel, Diäten und Ernährungsformen

Fragen Sie Ihren eigenen Körper – Pulstest nach Coca

8. So setzen Sie Ihr neu gewonnenes Wissen um

Mahlzeiten und was es sonst noch zu beachten gibt

Ihre Umstellung auf vollwertige pflanzliche Kost

BUCH II:

WERTVOLLES GRUNDLAGENWISSEN ZUR ERNÄHRUNG DES MENSCHEN

V. Lebensmittel – Mittel zum Leben und Genießen

1. Das Gesundheitspotential pflanzlicher Lebensmittel

Gemüse – Primus unter den Lebensmitteln

Obst – der Gesundmacher

Beeren – die heimischen und tropischen Superfoods

Getreide – Beginn der menschlichen Kultur

Knollengemüse – Kartoffeln, viel besser als ihr Ruf

Hülsenfrüchte – die pflanzlichen Eiweißpakete

Nüsse – ein Glücksfall der Natur

Ölsamen und Ölfrüchte – gute Fette garantiert

Kräuter und Wildkräuter – je mehr, desto besser

Gewürze – erzeugen himmlische Geschmackserlebnisse

2. Problematische Bestandteile unserer Ernährung

Zucker – die süße Verführung

Salz – die unterschätzte Gefahr

Gesättigte Fettsäuren – bitte nicht schönreden

Cholesterin – weiterhin in der Diskussion

Purine – problematisch in tierischen Produkten

Nitrat – vom Saulus zum Paulus?

3. Getränke – flüssige Nahrung

Wasser – Lebensgrundlage Nr. 1

Kaffee – der Deutschen Lieblingsgetränk

Kakao – ein natürlicher Stimmungsaufheller

Tee – anregend, beruhigend, heilend

Säfte, Nektare und Limonaden – mangelhaft bis wertlos

Pflanzenmilch – besser als die tierische Variante

Die legale Droge Alkohol – möglichst wenig oder gar nicht

4. Foods International – die Geschmacks-Globalisierung

Fast Food – fast Essen

Convenience Food (Fertiggerichte) – bequem, aber ungesund

Junk Food – gut für die Tonne

Street Food – das Essen auf der Straße

Slow Food – genussvoll, bewusst, regional

VI. Wissenswertes zur Verwertung der Nahrung in unserem Körper

1. So verdauen wir unser Essen und Trinken

2. Die Regulation von Hunger und Sättigung – hara hachi bu*

3. Das Säure-Basen-Gleichgewicht

4. Das Mikrobiom – die Darm-Zentrale unserer Gesundheit

VII. Die Makro- und die Mikronährstoffe

1. Energieversorgung – die Quelle unserer physiologischen Power

2. Die Makronährstoffe – Baumaterial, Speicher, Energie

Eiweiß – Baumaterial für den Körper

Fette – Energie, Geschmack, Gesundheit & Krankheit

Kohlenhydrate – primäre Energiequelle für den Körper

Ballaststoffe – kein Ballast, sondern höchst wichtig

3. Die Mikronährstoffe – kleinste Teile, große Wirkung

Mineralstoffe – Mengenelemente

Spurenelemente

Vitamine – das Geschenk der Pflanzen

Vitaminoide – wir können sie selbst herstellen

Sekundäre Pflanzenstoffe – mit primären Wirkungen

Nahrungsergänzungsmittel – ein umstrittenes Thema

VIII. Die Ernährungspraxis

1. Essen in den Lebensphasen – Pflanzennahrung ein Leben lang

2. Lebensmittelverarbeitung – es kann nur schlechter werden

3. Konkrete Antworten auf häufig gestellte Fragen

BUCH III:

DIE GEHEIMNISSE DER PFLANZLICHEN LEBENSMITTEL

IX. Die pflanzlichen Lebensmittel im Detail

1. Die wichtigsten Lebensmittelgruppen

2. Die Übersicht pflanzlicher Lebensmittel von A bis Z

X. Die Mikronährstoffe im Detail

1. Die 7 Mengenelemente

2. Die 11 Spurenelemente

3. Die 5 Ultra-Spurenelemente

4. Die 4 toxischen Elemente

5. Die 9 wasserlöslichen Elemente

6. Die 4 fettlöslichen Vitamine

7. Die 7 Vitaminoide

8. Die 11 sekundären Pflanzenstoffe

XI. Nachhaltigkeit – wir haben keinen Planeten B

XII. Fazit und Schlussbemerkungen – artgerecht, zeitgemäß, nachhaltig, ethisch

Anhang

Danksagung

Weitere Angebote zu Ihrer Unterstützung

Weiterführende Bücher

Literaturverzeichnis

Register

Ein sehr persönliches Geleitwort

Endlich ein Buch, in dem »Klartext« gesprochen wird. Diese kompetente Zusammenarbeit der erfahrenen Ernährungsärztin Dr. med. Petra Bracht und Prof. Dr. Claus Leitzmann, dem führenden deutschen Ernährungswissenschaftler zu den Themen Vollwert-Ernährung, Vegetarismus und Ernährungsökologie, lässt keinen Zweifel: Eine vollwertige, pflanzliche Kost ist die beste Ernährungsweise für uns Menschen, davon profitieren alle anderen Lebewesen und unsere einzigartige Erde.

Der persönliche Einblick in das Leben der beiden Autoren macht klar, weshalb sie sich diesem großen und wichtigen Thema verschrieben haben. Es ist die jahrzehntelange Erfahrung der beiden als praktizierende Ärztin und als Wissenschaftler, die dieses Buch so wertvoll macht. Denn beim Lesen werden Ihnen viele Fragen systematisch und klar beantwortet.

Vertrauen ist der Begriff, der mir bei der Lektüre dieses Buches immer wieder in den Sinn gekommen ist. Hier sind zwei Menschen, die ihr Lebenswerk nicht nur uns, sondern auch unseren Nachkommen widmen. Denn ihre Erkenntnisse werden lange ihre Gültigkeit behalten. Das Buch ist mit großer Sorgfalt und Bedacht geschrieben, auf dem Stand der aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaft und Erfahrungsmedizin.

Petra Bracht ist mir schon seit vielen Jahren durch ihre mediale Präsenz bekannt. Durch ihr Engagement, ihr umfassendes Wissen zum Thema gesunde Ernährung zu teilen und auf verständliche Weise weiterzugeben. Persönlich sind wir uns erst vor zwei Jahren begegnet. Seitdem tauschen wir uns regelmäßig aus und treten auch als Team zusammen auf, vor allem in den Social Media.

Prof. Dr. Leitzmann ist mir seit meiner Zeit als Assistenzarzt in Bad Elster in den 1990er Jahren bekannt, als dem Thema Vegetarismus von den Medizinern noch mit heftigem Widerstand begegnet wurde und die von ihm ins Leben gerufene Ernährungsökologie ein Fremdwort war. Auf meinem weiteren Werdegang – von der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in Essen bei Prof. Dr. med. Gustav Dobos bis zur Berliner Charité – sind wir in Verbindung geblieben. Gerne zitiere ich ihn und seine Fachbücher bei meinen Vorträgen und Büchern und schätze dabei seinen besonderen Humor.

Wir drei haben das gleiche Ziel. Wir möchten jeden einzelnen Bürger darüber aufklären, wie er selbst seine Gesundheit erhalten und im Krankheitsfall zurückgewinnen kann. Dies ist möglich durch die natürliche Heilkraft, die einer vollwertigen Pflanzenkost innewohnt. Menschen, die nach diesem Prinzip leben, sind gesünder und zufriedener.

Aber auch die Auswirkungen der Pflanzenkost können das gesamte Leben auf dieser Erde positiv beeinflussen. Die leider immer noch in vielen Teilen der Welt verbreiteten Hungersnöte könnten ein Ende finden, Übergewicht würde nicht mehr die unnötigen leidvollen Zivilisationskrankheiten nach sich ziehen, das unendliche Leid der Tiere wäre zu Ende, und der Klimawandel wäre spürbar weniger bedrohlich. Inzwischen ist es bereits mehr als ein gemeinsamer Traum, denn viele Menschen haben dessen Notwendigkeit erkannt.

Dieses Buch wird dazu beitragen, noch mehr Menschen zu motivieren, eine pflanzlich basierte oder vegane Ernährung als Beitrag für die eigene Gesundheit und die der Erde zu leisten.

Prof. Dr. med. Andreas Michalsen

Vorwort der Autoren

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir freuen uns sehr, dass Sie die Entscheidung getroffen haben, dieses Buch zu lesen. Es wird Ihre Lebensqualität sowie die Entscheidungssicherheit bei der Auswahl Ihrer Lebensmittel deutlich erhöhen, und im besten Falle auch die ihrer Mitmenschen.

Wussten Sie, dass 90 Prozent des Risikos für einen ersten Herzinfarkt auf acht modifizierbare Risikofaktoren zurückgeführt werden können – unabhängig davon, wo wir leben oder wie alt wir sind? Die Risikofaktoren sind Rauchen, zu viel Cholesterin, hoher Blutdruck, Diabetes, Übergewicht, Stress, Mangel an pflanzlichen Lebensmitteln und zu wenig körperliche Bewegung. Neben körperlicher Bewegung, ausreichend Schlaf und einer stabilen Psyche entscheidet also vor allem unsere Ernährung darüber, wie gut, wie gesund und wie lange wir leben.

Doch die Widersprüche der Ernährungsempfehlungen haben im Laufe der Zeit immer weiter zugenommen – trotz intensiver Forschung, die derzeit täglich bis zu 500 neue Veröffentlichungen allein zum Thema Ernährung produziert. Diese Fülle an Informationen kann keiner mehr bewältigen, und wer behauptet, alles zum Thema Ernährung gelesen zu haben, macht sich unglaubwürdig. Selbst die Experten müssen sich spezialisieren und darauf verlassen, dass andere Experten ihre Erkenntnisse zur Verfügung stellen.

Mehr noch als die Experten sind Sie als Verbraucher von der Flut der Informationen verständlicherweise überfordert. Sie haben zwar oft ein gutes Teilwissen über den Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit oder Krankheit, aber eine Verunsicherung bleibt. Ist es in diesem Zusammenhang nicht interessant, dass beim Thema gesunde Ernährung für die meisten Menschen klar ist, dass sie mit Pflanzen zusammenhängt?

Viele suchen deshalb Hilfe und Information bei ihren Ärzten oder in den sozialen Medien. Doch die sozialen Medien sind inzwischen derart umfangreich und widersprüchlich, dass diese Verunsicherung durch eine solche Recherche in der Regel eher zunimmt.

Aber auch Ärzte haben in ihrem Studium kein einziges Fach, das sich gezielt und ausführlich mit der Ernährung des Menschen beschäftigt. Das bedeutet, Ärzte wissen nach ihrer Ausbildung über dieses Gebiet erst einmal so gut wie nichts, es sei denn, sie haben sich schon während ihres Studiums oder in Fachkursen in diesem Bereich fortgebildet und entsprechende Erfahrungen gesammelt. Bekanntermaßen gibt es ein eigenständiges Studium für Ernährung, nämlich das der Ernährungswissenschaften bzw. Oecotrophologie. Trotzdem sind Ärzte für die meisten Menschen die erste Anlaufstelle bei Fragen und Problemen rund um das Thema Ernährung. Sie als Patient wissen nicht, dass Ihr Arzt, dem Sie vertrauen, meist nicht dafür ausgebildet wurde.

Und wie reagiert der Arzt auf solche Anliegen? Vielleicht empfiehlt er seinen Patienten, sich Rat bei einem Ernährungswissenschaftler zu holen. Vielleicht schickt er sie auch zu einer Diätberaterin. Oder aber er hat gerade die Auswertung einer Studie gelesen, die möglicherweise Fleisch als gesund erachtet – ungeachtet dessen, wer diese Studie durchgeführt und finanziert hat. Vielleicht ist sein Augenmerk auch an einer Studie hängen geblieben, die vegane Ernährung befürwortet und die Vorteile der Pflanzenernährung bestätigt. Doch eines wird deutlich: Eine klare und verlässliche Linie gibt es hier einfach nicht. Aussagen wie »Alles Quatsch«, »Selbst die Ärzte widersprechen sich ständig« oder »Wem soll man denn noch glauben?!« sind daher nicht verwunderlich. Doch eine solche Frustration darf nicht einfach hingenommen werden. Denn eine gesunde Ernährung – die es tatsächlich gibt, dies sei vorweggenommen – hat eine unglaubliche Kraft und Bedeutung für ein gesundes, langes und erfreuliches Leben.

Deshalb haben wir dieses Buch geschrieben: Wir wollen unsere Kenntnisse und Erfahrungen aus Wissenschaft und praktischer Medizin vereinen und gemeinsam endlich Klarheit schaffen. Ihnen als Leser Sicherheit geben und zeigen, was es wirklich heißt, sich gesund zu ernähren. Damit haben wir nicht zuletzt uns selbst einen Herzenswunsch erfüllt. Denn die Auflösung der Widersprüche und Verunsicherungen verlangen ebenjene Klarstellungen, die Gegenstand dieses Buches sind. Die besonders kontroversen Thesen sind der rote Faden. Die Grundlagen für dieses anspruchsvolle Vorhaben sind die Beachtung der Naturgesetze, zuverlässig bestätigte wissenschaftliche Erkenntnisse und langjährige Erfahrungen. Denn wir haben zum einen die eigene Berufserfahrung als Ärztin und Wissenschaftler, greifen aber auch auf hochkarätiges Forscherwissen zurück, das in Studien von unabhängigen Wissenschaftlern die vielen positiven Ergebnisse und eindrucksvollen Heilungsverläufe bestätigt, die durch die richtige, die optimale Ernährung für alle Menschen erzielt worden sind.

Des Weiteren müssen die globalen Aspekte unserer Ernährung inzwischen immer mehr beachtet werden. Denn eine ganzheitliche Sichtweise umfasst gesundheitliche Aspekte, ökologische Notwendigkeiten, gesellschaftliche Entwicklungen und ethische Anliegen. Und über eine gesunde Lebensweise hinaus sind neben dem Ernährungsverhalten auch die jeweiligen Lebensverhältnisse entscheidend. So kann sich unsere Erde mit immer mehr Menschen, immer weniger Ackerland und einem sich verändernden Klima eine Nahrungsversorgung, die solche Mengen an tierischen Produkten enthält, nicht länger leisten. Die Grenzen der Belastbarkeit sind bereits überschritten, und wir zerstören zunehmend unsere Umwelt, verschlechtern das Klima und hinterlassen für unsere Kinder und Enkel eine ausgebeutete und vergiftete Erde.

Über den Anspruch einer gesunden Ernährung hinaus führen allein schon diese Erkenntnisse zwangsläufig zu einer pflanzlichen Ernährung, um die Zukunftsfähigkeit und das Überleben der Menschheit zu ermöglichen. Deshalb empfehlen wir Ihnen ganz klar eine überwiegend oder ausschließlich pflanzliche Ernährung. Um diese Empfehlung für Sie vollkommen nachvollziehbar zu machen, führen wir altbewährte Erfahrungen mit bestätigten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einem schlüssigen Konzept zusammen. Wir erklären Ihnen verständlich, wie eine gesunde und vollwertige Ernährung auch ohne Fachwissen oder spezielle Ausbildungen aussehen sollte.

Natürlicher wäre es viel einfacher gewesen, den oft als gesund empfohlenen Fisch regelmäßig zuzulassen, viele von Ihnen hätten uns dann leichter folgen können. Aber wir haben den Titel dieses Buches absichtlich gewählt und fühlen uns ihm verpflichtet: Klartext – das steht drauf, und das bekommen Sie.

Trotzdem sind wir alles andere als dogmatisch. Ausnahmen bestätigen die Regel, sie sind menschlich und gefährden weder Ihre Gesundheit noch unseren Planeten. Sie müssen nur niedrig genug dosiert sein, denn erst die Dosis macht das Gift. In welchen Situationen Sie trotzdem sehr konsequent sein sollten, um das Bestmögliche für Ihre Gesundheit zu tun, sagen wir Ihnen in diesem Buch.

Ist es nicht spannend, dass die Erkenntnisse über die gesündeste Ernährung darin gipfeln, dass die heute verbreitete herkömmliche Ernährung mit zu vielen tierischen Anteilen nicht nur die Gesundheit des Menschen, sondern auch die unserer Umwelt zerstört? Und dass die jetzt immer wichtiger werdende Besinnung auf pflanzenbasierte oder vegane Ernährung die Menschheit und gleichzeitig unsere Umwelt gesunden lassen wird?

Kommen Sie mit uns auf eine Reise durch das Wissen der angewandten Ernährungslehre, bei der Logik, Forschung, ein großer Erfahrungsschatz und die bestätigte Wissenschaft Ihre Reisebegleiter sind. Es ist der beste Weg zu einer optimalen Gesundheit unter den heutigen Lebensbedingungen. So kann mit einer vollwertigen pflanzlichen Ernährung die Erhaltung, die Linderung oder gar die Wiederherstellung der Gesundheit auch auf unserem Planeten gelingen. Wir können Ihnen versprechen, dass dieser Weg zwar nicht immer einfach, aber unglaublich spannend wird. Ihre Belohnung erwartet Sie bereits nach kurzer Zeit. Sie werden spüren, wie sich Gesundheit anfühlt. Indem Sie dieses Buch in Ihren Händen halten, haben Sie bereits den ersten Schritt gemacht – und der ist bekanntlich der wichtigste dafür, dass die Reise beginnt.

Wir freuen uns darauf, Sie dabei begleiten zu dürfen!

Ihre

Petra Bracht und Claus Leitzmann

Leseanleitung für dieses Buch

Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie verschiedene Möglichkeiten haben, sich seine Inhalte zu erschließen.

Sie möchten in unser beider Überzeugung zum Thema Ernährung vollständig eintauchen und haben keinen Zeitdruck?

Dann gönnen Sie sich doch einfach das Erlebnis, es von vorne bis hinten, Seite für Seite zu lesen. Da es ein Sachbuch ist und Sie Inhalte, die für Ihr Leben interessant sind, später vielleicht wiederfinden und vertiefen möchten, empfehlen wir Ihnen schon beim ersten Lesen: Markieren Sie solche Stellen mit einem Marker gelb, unterstreichen Sie besonders wichtige Stellen zusätzlich und machen Sie sich am Rand, der extra breit ist, persönliche Anmerkungen. Nachdem Sie einmal durch sind, können Sie immer wieder die Bereiche vertiefen, die Sie besonders wichtig finden und/oder die Sie praktisch umsetzen möchten.

Sie möchten gezielt unsere Meinung zu ganz bestimmten Inhalten oder Zusammenhängen kennenlernen?

Schauen Sie zunächst in Ruhe das Inhaltsverzeichnis durch. Die Aufteilung in drei Bücher, die Kapitelauswahl mit abgeschlossenen Themen und die Überschriften sind so gewählt, dass Sie ziemlich gut einschätzen können, um welche Inhalte es geht.

Für den großen Überblick:

Buch 1 soll Ihnen vermitteln, warum wir uns im Laufe unseres Lebens immer sicherer wurden, dass eine Ernährung, die größtmögliche pflanzliche, also vegane Anteile enthält, die am besten geeignete für uns Menschen ist. Und warum wir tierische Anteile ab und zu und in kleinen Mengen zwar verkraften können, langfristig durch sie aber unsere Gesundheit nachhaltig schädigen – je größer die Anteile, je öfter und je länger im Laufe unseres Lebens, umso mehr.

Buch 2 wird konkreter. Es führt Sie in die Gesundheitsgeheimnisse der Pflanzen ein, behandelt Nahrungsbestandteile, Getränke und Essgewohnheiten, die durch tierische Produkte für Ihre Gesundheit gefährlich werden können, erklärt spannende Prozesse, die bei der Nahrungsverwertung eine entscheidende Rolle für Ihre Gesundheit spielen, und führt Sie in die Welt der Nährstoffe ein.

Buch 3 ist zum Nachschlagen. Es entschlüsselt Ihnen die Gesundheitsgeheimnisse der Pflanzen in einem ausführlichen Lebensmittellexikon und beschreibt alles Wichtige zu den kleinsten Gesundheitsbringern, den Nährstoffen.

BUCH I

DER WEG ZUR OPTIMALEN ERNÄHRUNG DES MENSCHEN

I.

Einleitender Überblick: Von uns bis zu den Blue Zones

Natürlich gibt es bereits viele Bücher zum Thema Ernährung. Jeder Autor hat seine eigene Betrachtungsweise, von der er überzeugt ist und schreibt, meist in einer Sprache, die für den jeweiligen Inhalt nachvollziehbar erscheint. Doch die Unsicherheit unter den Laien – aber glauben Sie uns: auch unter den Experten – ist oft groß. Und wer nun wirklich »Ernährungsexperte« ist oder sich zu einem solchen macht, ist noch mal ein eigenes Thema. Auch uns hat dieses ganze Hin und Her in den vielen Jahren unserer Arbeit mit den Menschen, mit den Patienten und den diversen Forschungsergebnissen keineswegs unberührt gelassen.

Klartext Ernährung ist unser gelebtes, erfahrenes und erforschtes Wissen, mit den Augen, dem Verstand und dem Herzen von zwei Menschen, die dafür leben.

1. Warum Ernährung heilt – von Petra Bracht

Es sind meist die eigenen Geschichten, die uns die Augen öffnen.

So ging es auch mir, nachdem ich nach dem Studium der Medizin auf den kranken Menschen »losgelassen« wurde. Was ich, Petra, wirklich gelernt hatte, war zu diagnostizieren, um dann mit den entsprechenden Medikamenten die Symptome der unterschiedlichsten Krankheitsbilder zu therapieren. Tatsächlich ging es vielen Patienten besser. Doch in mir regte sich immer deutlicher das Gefühl, dass diese Vorgehensweise wenig mit der eigentlichen Aufgabe des Arztseins zu tun hat. Behandelte ich nicht ständig nur die Auswirkungen, also die Symptome von Krankheiten, die natürlich auch eine Ursache haben? Schon früh hallten die Worte von Hippokrates in meinem Kopf wider, dass Krankheiten nicht vom Himmel fallen, sondern uns aufgrund von »vielen kleinen Sünden wider die Natur« nur scheinbar plötzlich befallen. Besonders dann, wenn ich lediglich ein Rezept ausstellte und eine kurze Bemerkung zum aktuellen Lebensstil-Konzept des Patienten loswerden wollte, um wenigstens etwas Sinnvolles zu tun.

Kurz gesagt: Ich war bald, nachdem ich mich in eigener Praxis niedergelassen hatte, völlig unzufrieden mit meinem Beruf als Ärztin. Niemals wollte ich als Verkäuferin der Pharmaindustrie fungieren. Heilen, den Krankheiten auf den Grund gehen, um dann die Lösung zu finden, das war mein Ziel. Nachdem ich mir diese Gedanken erlaubte, also sehr kritisch meine Daseinsberechtigung hinterfragte, habe ich mit der Suche angefangen, wo sich der »Missing Link« befinden könnte.

Es mag befremdlich klingen, aber die Ernährung war damals für mich mehr im Rahmen der Ökologie, also der »Umweltrettung« wichtig, weshalb meine Familie und natürlich auch ich unter den Ersten waren, die sich nur mit »Bionahrung« ernährten. Okay, vielleicht war auch ein kleiner Grund der, dass man sich nicht mit giftigen Stoffen belasten wollte – aber damals, wir waren jung und Krankheiten und Gifte erregten selbst bei mir als junge Ärztin nur Aufmerksamkeit, wenn die Medien darüber berichten.

Aber das sollte sich bald ändern.

Die Entscheidung, Medizin zu studieren, wurde quasi für mich getroffen. Denn meine geliebte Mutter wurde zunehmend kränker, und ich konnte nichts anderes tun, als für sie da zu sein und zuzusehen, wie es ihr zuerst Jahr für Jahr, dann aber Monat für Monat schlechter ging. Ich war mir so sicher, dass dieses Studium mehr als genug Wissen offenbaren würde, dass ich ihr würde helfen können.

Leider kam es anders. Sie starb an ihrem dritten Herzinfarkt, während meines ersten Medizinsemesters. Was ich damals nicht wusste: Mit dem heutigen Wissen über die so mächtige, unglaubliche Heilkraft der Ernährung hätte ich ihr helfen können. Sie hätte nicht so jung sterben müssen. Ihr früher Tod war eines der einschneidendsten Ereignisse meines Lebens und mit Sicherheit der Grund, weshalb ich mich mit dem im Studium erlernten Wissen nicht zufriedengab. Denn Medikamente hatte sie bekommen, und zwar alles, was die damalige Medizin zu bieten hatte. Ich begab mich also auf die Suche.

Gelesen habe ich schon immer gerne und viel. Das Buch, das mein Leben nicht nur als Ärztin verändern sollte, ließ also nicht lange auf sich warten. Fit fürs Leben öffnete mir mehr als nur die Augen. Ich ahnte, dass sich hier ein Wissen verbarg, welches mir meine unzähligen Fragen beantworten konnte. Weshalb ich während meines gesamten Studiums nichts darüber lernte und warum die jungen Ärzte an der Universität bis heute so gut wie nichts davon hören, ist mir persönlich ein Rätsel. Es erklärt sich wohl dadurch, dass die herkömmliche Medizin immer noch an ihren alten Dogmen festhält.

In Fit fürs Leben schien alles zu stehen, wonach ich suchte. Ein Ernährungskonzept, um die Gesundheit zu erhalten und bei bereits vorhandener Erkrankung wiederherzustellen. Ich konnte kaum glauben, was ich dort las. Ernähre dich gesund mit einer vollwertigen pflanzenbasierten Kost, iss nur innerhalb von acht Stunden am Tag, faste 16 Stunden, und die Gesundheit kommt von selbst. Die Erklärungen dazu waren für mich völlig nachvollziehbar. Nur weshalb ich in meinem Studium darüber nichts lernte, verstand ich nicht. Denn wie grandios musste es sein, dieses Wissen bei jedem Menschen anzuwenden – egal ob gesund oder krank – und im Krankheitsfall zusätzlich die Fortschritte der modernen Medizin miteinzubeziehen?

Dieses mir völlig neue Wissen faszinierte mich so sehr, dass ich die Menschen kennenlernen wollte, die damals zum wissenschaftlichen Beirat gehörten. So lernte ich meinen heutigen Freund und Mentor, den Ernährungswissenschaftler Prof. Claus Leitzmann kennen sowie Prof. Michael Lukas Möller, den Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie, an dessen Lehrstuhl ich später für zehn Jahre einen Lehrauftrag an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt innehatte. Diese beiden Menschen waren für mich der Rückhalt in den kommenden Jahren. Denn der Gegenwind, der mich aufgrund dieser »neuen Medizin« erwartete, war teilweise ziemlich stark, mit Böen aus Richtungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte.

Mir blieb damals nichts anderes übrig, als dieses für mich neue Wissen durch meine Patienten bestätigt zu bekommen. Die Erfolge sprachen für sich und machten mich natürlich auch mit jedem neuen Therapieerfolg sicherer.

Ich kann mich noch ganz genau an einen meiner ersten Patienten erinnern, der wegen einer erfolglosen Behandlung seiner schweren Neurodermitis zu mir kam. Sechs Wochen Krankhausaufenthalt in einer großen Universitätsklinik blieben erfolglos, trotz Einsatz aller herkömmlichen allopathischen Medikamente. Ich werde Sie nicht mit einem langen Spannungsbogen seines Heilungsverlaufs auf die Folter spannen: Dieser junge Mann, der zusätzlich noch an einem schweren allergischen Asthma litt, war nach sechs Wochen völlig symptomfrei. Und das nur, weil er zu Beginn eine zehntägige Heilfastenkur machte und anschließend die Ernährung auf vollwertige, frischkostbetonte Pflanzenkost umstellte, die er nur innerhalb von einer Essensphase von acht Stunden zu sich nahm. Heute würde man ganz einfach sagen: Er ernährte sich vegan und machte Intervallfasten.

Als er zu mir kam, war er verzweifelt, und wie leider so oft, war ich seine letzte Hoffnung. Solche Sätze fallen bedauerlicherweise sehr häufig und machen mir immer das gleiche ungute Gefühl, denn eins weiß ich sicher: Nicht ich kann eine Krankheit heilen, sondern nur der Patient selbst schafft das mithilfe der Heilungskräfte seines Körpers unter meiner Anleitung.

Aber was bedeutet das im Alltag einer Hausärztin, die nicht selten über 100 Patienten pro Tag in ihrer Praxis sieht? Ich wusste, es braucht Zeit, um zumindest die wichtigsten Zusammenhänge von gesunder Ernährung und Heilungsmöglichkeiten zu erklären. Wahrscheinlich war ich eine der Ersten, die damals schon die heutigen »IGEL-Leistungen« (Individuelle Gesundheitsleistungen, die die Krankenkassen nicht übernehmen und von den Patienten selbst bezahlt werden müssen) einführte. Ich bot eine einstündige »Privatsprechstunde« an, um die notwendige Zeit für meine Patienten zu haben. Im normalen Praxisalltag war solch eine zeitintensive Beratung ganz einfach nicht möglich. Vor allem zu einer Zeit, als die Patienten noch davon ausgingen, dass der Arzt mit dem speziell für sie verordneten Rezept und dem darauf stehenden Medikament die Heilung ihrer Krankheit bewirken würde.

Es war keine einfache Zeit damals, denn ich war für die Patienten zudem noch unbequem, indem ich ihnen sagte, dass der Großteil der Verantwortung für die Gesundung in ihren eigenen Händen liegt.

Mit jedem weiteren Patienten wurde ich sicherer. Denn auch wenn diese Erfahrungsreise zu Beginn für mich selbst noch ins Ungewisse ging, erreichten die meisten ihr Ziel. Heute, nach über 30 Jahren Ernährungsmedizin, weiß ich ohne Zweifel, welche gewaltige Kraft die richtige Ernährung für die Gesundung des Menschen hat.

Während dieser langen Jahre habe ich mich oft gefragt, wie es sein kann, dass so unterschiedliche Diäten und Empfehlungen bis hin zu den größten Heilsversprechen zu diesem heillosen Durcheinander in der Ernährungsmedizin führen konnten. Einmal war Low Fat angesagt, ein anderes Mal High Protein, und um die Verwirrung komplett zu machen, breitete sich die Kunde von Low Carb wie ein Lauffeuer aus. Dieser Hype war nicht neu. Unter dem Namen Atkins-Diät, benannt nach dem Erfinder Robert Atkins, war Low Carb in den frühen 1970ern schon einmal der Ernährungstrend. Warum, war mir klar: Die Menschen, die damals schon mit zu vielen Kilos zu kämpfen hatten, verloren diese relativ schnell und konnten sich dabei auch noch die Bäuche vollschlagen. Dass der Preis dafür allerdings sehr hoch sein konnte, zeigte sich leider erst nach einiger Zeit. Denn diese Ernährungsweise erhöht das Risiko, an einem metabolischen Syndrom zu erkranken, nicht wenige starben auch daran.

Für mich war klar: Die Menschen suchten nach einer Ernährung, die schlank und fit machte und ihnen im besten Fall noch Gesundheit und ein langes Leben bescherte. Vielleicht ahnen wir alle intuitiv, dass Ernährung der Schlüssel für eben ein solch langes und gesundes Leben ist, und lassen uns von wundervollen Ankündigungen verführen und auf einen falschen Weg bringen, die oft nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht sind. Immer wieder stehen hinter Ernährungsratschlägen zudem kommerzielle Interessen. Nicht selten werden auch dort Studien zitiert, um fragwürdige Thesen zu belegen. Diese haben aber meist wenig mit der »wahren« Wissenschaftlichkeit zu tun, die es braucht, um Fakten zu schaffen und den suchenden Menschen wirklich Sicherheit zu geben.

Studien aufgrund ihres »Ehrlichkeitsgehaltes« einzuschätzen war nie meine Stärke, aber dafür hatte ich Claus. Er hielt mich auf dem Laufenden und trennte aufgrund seines umfangreichen Wissens in der Ernährungswissenschaft mit großer Souveränität die Spreu vom Weizen.

Ich hingegen ging völlig in der Arbeit mit meinen Patienten auf: Die tägliche Bestätigung, wie stark die Heilkraft einer guten Ernährungsweise die Gesundheit unterstützt und Krankheiten – auch ernste – vertreiben kann. Learning by doing erlebte ich in Reinkultur und frei jedes Risikos von Nebenwirkungen, wie sie im Gegensatz zu gesunder Ernährung so gut wie jedes Medikament mit sich bringt.

Natürlich lebte ich es selbst vor. Wie könnte ich meinen Patienten sonst gegenübertreten? Ich bin davon überzeugt, dass Authentizität ein weiterer Schlüssel für den Erfolg einer Therapie ist. Unsere Kinder wurden in diese Lebensweise hineingeboren, und sie ist bis heute die Normalität für sie.

Und dann gibt es noch die Blauen Zonen (Blue Zones) dieser Erde, in denen die meisten Hundertjährigen leben und die uns seit langen Zeiten vormachen, wie es geht, lange und gesund zu leben.

So basiert dieses Buch auf eben diesen drei Säulen, die allen Stürmen standhalten werden: der fundierten, unabhängigen Wissenschaft, den Erfahrungen einiger mutiger Mediziner sowie meiner eigenen und der gelebten Realität in den Blauen Zonen unseres schönen Planeten.

Zivilisationskrankheiten und was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt

Wenn ich an meine Kinder denke, ist mir klar, woran dieses »Gesundheitssystem« krankt. Gesichertes wissenschaftlich fundiertes Ernährungswissen wird weder in den Kindergärten noch in den Schulen gelehrt. Wie auch, wenn nicht einmal der angehende Arzt während seines Studiums etwas darüber lernt.

»Moderne Zivilisationskrankheit« ist ein gängiger Sammelbegriff für Krankheiten geworden, an denen heutzutage die meisten Menschen erkranken und im Zuge dessen auch sterben. Müssten nicht bereits bei diesem Begriff alle Alarmglocken läuten? Wir erkranken und sterben an den Folgen unserer Lebensweise? Na prima, und warum zeigt uns niemand den Weg aus diesem Dilemma? Wäre es nicht die Aufgabe einer unabhängigen Wissenschaft und Politik, hier das Zepter in die Hand zu nehmen? Aufzuklären, Wege aufzuzeigen, Ernährungswissen spielerisch bereits den Kleinsten beizubringen? Doch hier sieht es auch in Zukunft eher düster aus. Eine Grundvoraussetzung wäre es, Klarheit zu schaffen, eine unabhängige Forschung zu unterstützen und die Verwirrung der unterschiedlichen Ernährungsempfehlungen aufzulösen. Aber wo die einen sich streiten, freuen sich die anderen. Und in diesem Fall sind das die Lebensmittel- und natürlich auch die Pharmaindustrie. Diese beiden sind mächtig, nicht nur weil sie undenkbar große Summen an Geldern bewegen, sondern auch, weil sie viele Arbeitsplätze sichern. Die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen ist für eine Regierung eine der wichtigsten Voraussetzungen, um wiedergewählt zu werden.

Also müssen andere diese Aufgabe übernehmen. Wir müssen Klartext sprechen und neben unseren Erfahrungen die wissenschaftlich bestätigten Fakten auf den Tisch legen, um den großen Zivilisationserkrankungen das Stoppschild vorzuhalten.

Warum Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Todesursache Nummer 1 sind, was Diabetes damit zu tun hat und wie Sie sich davor schützen können – darum geht es in diesem Buch. Aber auch darum, dass Übergewicht nicht nur mit weniger Kalorien und Bewegung besiegt werden kann, dass Demenzkrankheiten nicht schicksalhaft hingenommen werden müssen und dass Krebs in seine Schranken verwiesen werden kann. Und auch um die zunehmenden Angststörungen und Depressionen, Erschöpfungszustände und Burn-outs, die genauso wenig vom Himmel fallen wie Schilddrüsenunterfunktion oder Autoimmunerkrankungen wie Rheuma.

Führende Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig

Darüber sind wir sehr froh. Das erforschte Wissen in der Ernährung ist in den letzten Jahren immens gewachsen. Längst ist die Ernährungsmedizin, wie ich sie seit 30 Jahren in meinem Praxisalltag anwende, von der Wissenschaft bestätigt worden. Die großen Studien zeigen klare, unmissverständliche Gemeinsamkeiten, die wir Ihnen vorstellen werden.

Natürlich hat alles seinen Anfang in der Beobachtung von Erfolgen bei der Behandlung von Krankheiten. Dr. Caldwell Esselstyn zeigte, wie durch eine vollwertige, pflanzenbasierte, fettarme Ernährungsweise Verengungen durch Ablagerungen von Herzkranzgefäßen wieder verschwinden, also völlig abgebaut werden. Dr. Neal Barnard bewies, dass Alterszucker durch eine gesunde vegane Kost mit einem hohen Anteil an vollwertigen Kohlenhydraten heilbar ist. Dr. Dean Ornish war einer der ersten Ärzte, der schwerst herzkranke Patienten wieder zurück in ein gesundes Leben führte: mit einer Veränderung der Lebensführung, in der vegane Kost und bewusstes Stressmanagement eine wesentliche Rolle spielte. Dr. Michael Greger und sein Team widmen ihr Leben der Aufgabe, alle Studien zum Thema Ernährung zu durchforsten und dieses Wissen Tag für Tag in Blogbeiträgen oder Videos allen Menschen zur Verfügung zu stellen. Prof. Andreas Michalsen wendet das geballte und wissenschaftlich fundierte Wissen in der Charité in Berlin mit großem Erfolg an und führt zugleich Studien durch, um mehr Fakten für die begünstigende Wirkung von Pflanzenkost zu erhalten. Auch Prof. Gustav Dobos hat in Essen eine erfolgreiche Klinik aufgebaut, die pflanzliche Kost bei der Krebsbehandlung einsetzt. Prof. Colin Campbell zeigte in seinem Buch China Study den Zusammenhang von Krebs und einer mit Tiereiweiß überfrachteten Ernährung auf. Prof. Valter Longo ist einer der bedeutendsten Forscher der Anti-Aging-Medizin, der eine vegane Ernährung gepaart mit bestimmten Fastenzeiten für ein gesundes und langes Leben zunehmend belegen kann. Eine stets weitsichtige Interpretation der Ergebnisse der Ernährungsforschung gelingt Prof. Walter Willett, der mit seinen großen Studien sehr zum Erkenntnisgewinn beigetragen hat.

Und natürlich war Claus, mein Mentor, der mich seit über 35 Jahren in meiner Arbeit stärkt, einer der Ersten, der sich in Deutschland als Ernährungswissenschaftler mit Nachhaltigkeit, Vegetarismus und Ernährungsökologie befasste. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er seit mehr als 40 Jahren undogmatisch vegetarisch/vegan.

Der Weg zur lebenden Legende

Eine lebende Legende. Diese Auszeichnung wurde Claus tatsächlich verliehen. Im Alter von 80 Jahren wurde er von der International Union of Nutritional Sciences in die Liste der lebenden Legenden aufgenommen. Er selbst würde hingegen nie auf die Idee kommen, seine Lebensgeschichte so zu betiteln.

Und genau das ist es, was ihn ausmacht. Er ist für mich und all seine Studierenden immer ein Vorbild gewesen, in seiner bescheidenen, achtsamen, aber klaren Art zu lehren und zu leben, sein Wissen weiterzugeben, die Wahrheit über alle Interessen zu stellen und sich kritisch mit allen Fragestellungen auseinanderzusetzen, auch wenn sie unbequem sind.

Zu Beginn unserer Freundschaft stellte sich für Claus und mich das Thema Tiermilchprodukte noch sehr unterschiedlich dar. Er war von der Vollwert-Ernährung kommend ein Befürworter, ich wusste aufgrund meiner ernährungsmedizinischen Erfahrungen mit meinen Patienten, dass sich hier zwischen uns erst einmal kein gemeinsamer Nenner finden ließ. Er ist als Vollblutwissenschaftler sehr vorsichtig mit neuen Entwicklungen, mit »Hypes«, aber er forscht nach und ist bereit, seine Sichtweise zu ändern, wenn sich andere oder neue Beobachtungen verstärken und schließlich wissenschaftlich bestätigt werden. So wie die zum Thema Tiermilch und den daraus hergestellten Produkten.

Claus Leitzmann hat in seinem Leben sehr vieles richtig gemacht. Vor allem hat er vieles schon gesehen, als einige von uns noch gar nicht auf dieser Welt waren. Er war der Begründer der Ernährungsökologie, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Lösungsvorschlägen, denen Sie auch immer wieder in unserem Buch begegnen werden. Und jetzt lassen Sie sich bitte von ihm mitnehmen auf seinen langen und erkenntnisreichen Lebensweg.