Ungewöhnliche Familienratgeber

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Dr Thomas Methfessel, Tai Chi-Lehrer und Dozent: Tai Chi für Anfänger Illustrierte Einführung in die chinesische Bewegungsmeditation. 11. Auflage

ISBN 3-0350-5028-7

D. Thorre Schlaméus, Physiotherapeut, Kung Fu-Lehrer

ZEN oder die Kunst, das Rauchen endlich aufzugeben. ISBN 3-0350-3019-7

Dieter Stahl, Feng Shui-Experte, Reiki-Lehrer: Feng Shul. So schaffen Sie sich ein gesundheitsförderndes und heilendes Umfeld. ISBN 3-0350-0021-2

Shirley Trickett, Krankenschwester: Endlich wieder angstfrei leben Selbsthilferatgeber gegen Angst, Depressionen und Panikattacken. 9. Auflage.

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Dr. Andrea Überall’s Tibetische Hausapotheke. Die Geheimnisse lebenslanger Gesundheit. Neu! ISBN 3-0350-3018-9

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Copyright© 2021 Regina Masaracchia

Die Ratschläge in diesem Band sind von der Autorin sorgfältig erwogen und geprüft; dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Umschlagbild: Cairdeas Doll

Mit freundlicher Genehmigung von Milli Davis © 2004

Satz, Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7534-5297-5

Meinem Mann Nicola,
meinen Söhnen Jona und Elia und
besonders meinem Sohn Samuel gewidmet,
ohne den dieses Buch
nie zustande gekommen wäre

Inhaltsverzeichnis

»Es gibt Probleme und es gibt das Schicksal.
Probleme kann man lösen. Schicksalhaftes muß
durchgetragen und gestaltet werden.
Und beides ist nicht miteinander zu verwechseln.«

Emil E. Kobi und Heidi Roth,
Kinder von Aggressiv bis Zerstreut

Vorwort

»Denn wir können die Kinder nach unserem Sinne nicht formen; so wie Gott sie uns gab, so muß man sie haben und lieben.«

Johann Wolfgang von Goethe

Im Kreißsaal werde ich vom Vater oft als erstes gefragt, ob das kleine, nasse, schrumpelige Ding auch alle Finger habe. Irgendwie scheint diese Frage stellvertretend für die eine große Frage zu stehen: Ist mein Kind gesund? Ganze neun Monate lang haben wir versucht, uns eine Vorstellung vom Unsichtbaren zu machen, und haben uns nicht zuletzt gefragt: Wird es die schiefe Nase der Schwiegermutter haben? Oder die O-Beine vom Vater? Aber die abschließende Bemerkung war doch immer wieder: Hauptsache gesund!

Und nun dies, Diagnose: Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte!

Was ist das, was bedeutet das für mein Kind? Und für die Eltern und Großeltern? Unzählige Fragen tun sich auf, und nach dem ersten Gespräch mit dem Kinderarzt gehen wir nach Hause mit all unseren Ängsten, Zweifeln und ungestellten Fragen und sind damit zu Recht erst einmal überfordert.

Dann wünsche ich Ihnen, daß Sie zu diesem Buch finden, das in vieler Hinsicht einzigartig ist. Regina Masaracchia, diplomierte Krankenschwester, Autorin und selbst betroffene Mutter, setzt sich hierin ausführlich und wissenschaftlich fundiert mit Ihren Fragen auseinander. Dabei bleibt sie stets verständlich und einfühlsam und erklärt anschaulich selbst komplexe Sachverhalte, wie Operationsverfahren oder alles rund um die Sprachentwicklung. Letztlich aber entscheidend in einer Zeit grenzenloser bildschirmtauglicher Informationsverwirrungen: Sie bietet Ihnen praktische Hilfestellungen an und zeigt Ihnen mit all ihrer Erfahrung, daß Sie mit Ihrem Kind nicht alleine sind.

Ich habe Kinder wie Samuel, Sophie, Lukas, Julia, Tim, Christoph, Leander Luise oder Niels bei der Geburt erlebt und hatte das Glück, bei einigen mitverfolgen zu können, wie sie mit selbstverständlichem Mut wuchsen und ihr Leben meisterten. Und ich habe Eltern wiedergetroffen, die die ganz besondere Herausforderung angenommen hatten und einfach mit gewachsen sind.

Dr. med. Michael Werth

Parma, Italien

1 Einleitung

Ich gratuliere von Herzen zur Geburt Ihres Kindes, denn jede Geburt und jedes neue Lebewesen auf dieser Welt ist ein wahres Wunder der Natur.

Jede Schwangerschaft birgt natürlich ein gewisses Risiko einer Chromosomenkrankheit oder einer genetischen Fehlbildung. Das nehmen wir in Kauf, wenn wir ein Kind bekommen wollen, in der Hoffnung, daß es uns nicht trifft. Wie vieles im Leben können wir uns weder das Geschlecht noch die Haar- oder Augenfarbe, die Größe, den Charakter oder eben die Gesundheit unseres Kindes aussuchen. Sie haben diesen Elternratgeber in den Händen, weil Sie ein Baby mit einer Spaltfehlbildung haben oder bekommen werden und mehr darüber wissen möchten. Das ist verständlich, wünschenswert und erforderlich, denn dieses Kind, ob nun mit oder ohne Fehlbildung, wird Ihr ganzes folgendes Leben bestimmen. Um dieses Leben mit Ihrem Kind und für Ihr Kind angenehm und lebenswert zu machen, bedarf es einiger Informationen.

Behinderungen im Wandel der Zeit

Vorab: Eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte ist keine Krankheit, und die Behinderung ist meist vorübergehend, da die Spaltfehlbildung reparabel ist.

Die Bewertung der Gesellschaft und ihre Umgangsweise mit Behinderung resultiert aus der geschichtlichen Entwicklung. In der Antike waren angeborene Fehlbildungen häufig nicht mit dem Leben vereinbar, und die Säuglinge wurden ausgesetzt. Nur in wenigen Kulturkreisen wurden fehlgebildete Menschen als verehrungswürdige Wesen angesehen. Erst in der praktizierten Nächstenliebe der christlichen Religion hatten Behinderte eine Chance, in die Gesellschaft integriert zu werden, doch auch hier spielten besonders in der mittelalterlichen Frömmigkeit Magie und Satanismus eine große Rolle. Die Eltern der von der Norm abweichenden Kinder wurden stigmatisiert (gebrandmarkt) und bekamen den Vorwurf der Selbstverschuldung zu hören. Im Nationalsozialismus sollte »unwertes Leben« – dazu gehörte jegliche Behinderung - »ausgemerzt« werden, und die Betroffenen wurden sterilisiert. Erst in den dreißiger Jahren wandelte sich die öffentliche Meinung, dank dem Chirurgen Wolfgang Rosenthal, der sich dafür einsetzte, Spaltträger durch die Chirurgie gesund und arbeitsfähig zu machen. Ihm war es auch ein Bedürfnis, daß die Behandlungskosten von der Krankenkasse, damals »Krüppelfürsorge«, übernommen wurden und Operationen für die betroffenen Familien keine allzu große finanzielle Belastung mehr darstellten.

Aus dem mittelalterlichen Wortschatz stammen die Wörter »Wolfsrachen« für eine Gaumenspalte, »Hasenscharte« für Lippenspalten und »Schafsnase« für die daraus resultierende Nasendeformation. Auch in unserer heutigen Umgangssprache hört man diese Ausdrücke für Gesichtsspalten leider immer wieder. Begriffe aus dem Tierreich sind jedoch diskriminierend und sollten von einem auch nur ansatzweise sensiblen Menschen selbstverständlich unbedingt vermieden werden. Das Wort »Spalte« ist fachlich neutral und beschreibt die Fehlbildung bestens.

Das negative Bild von Behinderungen hat seine Wurzeln im Harmonieprinzip von Aristoteles, welches besagt, daß ein schöner Mensch auch einen guten Charakter habe und Schönheit eine bessere Empfehlung sei als jeder Einführungsbrief. Johann Caspar Lavater, ein Schweizer Theologe und Schriftsteller aus dem 18. Jahrhundert, sagte: »Das Innere des Menschen offenbart sich an seiner Gestalt und insbesondere an seinem Gesicht.« Aus dieser Bewußtseinsbildung heraus resultieren die Normen und das, was in der Gesellschaft »Normalität« bedeutet. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß innerhalb einer Kultur eine gewisse Übereinstimmung darüber herrscht, was unter Schönheit zu verstehen ist, auch wenn die Maßstäbe permanent wechseln. Obwohl es schwierig ist, »Schönheit« zu definieren, erkennen sie die meisten Menschen offenbar, wenn sie mit ihr konfrontiert werden. Ein Mensch, der besonders im Gesicht von Geburt an anders aussieht, wird folglich zum Außenseiter. Jedes Elternpaar ist entsprechend diesen Normen geprägt und geht von der Geburt eines »normalen«, gesunden Kindes aus. Wenn das nicht eintritt, zerbrechen Träume, Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen.

Weiterführende Infos

Literatur:

Uhlemann, Thomas: Stigma und Normalität. Kinder und Jugendliche mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2,000

Bedürfnisse von Betroffenen

Das Risiko einer angeborenen Krankheit oder Fehlbildung liegt in unserer Bevölkerung bei etwa 3%. Auch mein Mann Nicola und ich sind betroffene Eltern. Unser zweiter Sohn, Samuel, wurde am 26. April 1999 mit einer isolierten Gaumenspalte im Krankenhaus Buccheri la Ferla in Palermo, Sizilien, geboren. Ich wünschte, wir hätten damals unverzüglich einen Ratgeber in dieser Form zur Hand gehabt, dann wäre sicher einiges besser gelaufen, und wir hätten manche Situationen mit mehr Selbstbewußtsein und Wissen meistern können.

In diesem Ratgeber werden deshalb primär Themen erörtert, die betroffenen Eltern in der ersten Zeit unter den Nägeln brennen. Betroffene Eltern haben gewisse Bedürfnisse und Anforderungen an den Behandler. Besonders groß ist der Wunsch nach seelischer Unterstützung und nach ärztlicher Führung, nach Aufklärung, Information und Beantwortung von Fragen.

Das Buch soll einige dieser Bedürfnisse stillen. Darüber hinaus will es Mut machen, auf die innere Stimme zu hören, Fragen zu stellen und Ihr besonderes Kind so anzunehmen, wie es ist. Denn dann können Sie ihm einen Lebensweg ebnen, der garantiert, daß es gesund und fröhlich aufwachsen kann.

Acht Mütter, ein Vater und ich erzählen unsere Geschichte. Wir wollen damit vermitteln, daß Sie nicht alleine sind. Sie schaffen das auch! Gerade Ihr besonderes Kind gibt Ihnen die Chance, besonders zu wachsen. Seien Sie dankbar für dieses Kind!

Alles Gute wünscht

Regina Masaracchia

Heike und Sohn Niels, mit doppelseitiger Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte geboren (erstes Kind)

Doris und Tochter Luise, mit rechtsseitiger Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte geboren (zweites Kind mit einer älteren Schwester)

Maria und Sohn Christoph, mit rechtsseitiger Lippen-Kiefer-Spalte geboren (drittes Kind mit zwei älteren Schwestern)

Antje und Sohn Tim Luca, mit einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Spalte und Nasenwurzelfistel geboren (erstes Kind)

Nicole und Tochter Julia Maria, mit inkompletter, durchgehender, linksseitiger Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (drittes Kind mit zwei älteren Geschwistern)

Gabi und Sohn Lukas, mit isolierter Segelspalte geboren (viertes Kind mit drei älteren Brüdern)

Elisabeth und Gérard und Tochter Sophie, mit einseitiger Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte links geboren (erstes Kind)

Luna * und Sohn Leander*, mit beidseitiger Lippenspalte, einseitiger, kompletter Kieferspalte links und rechtsseitiger inkompletter Kieferspalte geboren (erstes Kind)

* Auf Wunsch der Mutter wurden die Namen geändert

Regina und Sohn Samuel, mit isolierter Gaumenspalte geboren (zweites Kind mit zwei Brüdern)

2 Pränatale Diagnostik

Kann man Gesichtsspalten im Ultraschall sehen?

Immer mehr Krankheiten werden durch die pränatale (vorgeburtliche) Diagnostik, die sich stetig weiterentwickelt, immer früher erkannt, wobei die Aussagekraft der einzelnen Untersuchungen allerdings begrenzt ist. Ein sogenannt »positiver« Befund sagt beispielsweise nichts über den individuellen Verlauf einer Erkrankung aus, und auch ein »negatives« (unauffälliges) Ergebnis ist keine Gesundheitsgarantie. Ein von der Norm abweichender Befund kann Eltern jedoch in einen schweren Konflikt stürzen. Ein lebendiger Prozeß wie die Schwangerschaft wird dadurch immer mehr zu einem überwachungspflichtigen Vorgang mit Qualitätskontrolle, die den Schwangeren die technische Machbarkeit von gesunden Kindern vortäuscht und nur selten der Therapie dient.

Im Verlauf der Schwangerschaft werden der werdenden Mutter seit 1995 drei Ultraschalluntersuchungen angeboten (das sogenannte 10-20-30-Wochen-Screening). Dabei können mit immer besseren Apparaturen bereits zwischen der 18. und der 22. Schwangerschaftswoche Spaltbildungen im Bereich der äußeren Konturen erkannt werden. Durchschnittlich werden jedoch nur 30% aller Fehlbildungen beim Säugling entdeckt. Isolierte Gaumenspalten werden nur sehr selten erkannt.

Zu 98% treten LKG-Spalten (Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten) als einzige Fehlbildungen auf, was bedeutet, daß sie bis auf einen geringen Prozentsatz nicht Teil einer Chromosomenanomalie oder eines Fehlbildungssyndroms sind. Wenn also keine weiteren Fehlbildungen festgestellt werden, ist Ihr Baby mit größter Wahrscheinlichkeit ein ganz gesundes Kind mit einer reparablen Spaltfehlbildung!

Antje: »Von der LKG-Spalte unseres Sohnes Tim haben wir in der 20. Woche erfahren und uns und unsere Umwelt super darauf vorbereitet. Ich kontaktierte sofort eine Selbsthilfevereinigung, und in der Spaltsprechstunde, wo ich schwanger hinging, haben wir den Schock schnell überwunden und uns auf Tim gefreut.«

Nicole: »Ich wußte schon seit der 20. Schwangerschaftswoche von der Lippen-Kiefer-Spalte meiner Tochter, die durch einen Ultraschall festgestellt wurde. Ob der Gaumen auch betroffen war, konnte man nicht vorhersagen. Von da an informierte ich mich viel im Internet und schaute mir Vorher-Nachher-Bilder an, um mich auf das, was uns erwarten würde, einzustimmen. Wir haben dann einen Schnelltest mit Fruchtwasseruntersuchung machen lassen, um andere Fehlbildungen auszuschließen. Diese Wartetage waren Horror, und ich war sehr angespannt. Julia muß das gemerkt haben und hat sich gar nicht mehr gerührt. Sonst war sie eher lebhaft im Bauch und strampelte viel. Erst als sie uns sagten, die wichtigsten Chromosomenschäden seien wahrscheinlich nicht vorhanden, weinten wir vor Glück und Jule zappelte wieder ...!!!«

So hinterfragungswürdig die vorgeburtliche Diagnostik ist, gibt sie den Eltern doch die Möglichkeit, nachdem der erste Schreck überwunden ist, sich bereits während der Schwangerschaft optimal auf das Kind einzustellen und vorzubereiten, so daß bei der Geburt Trauer und Schocksituationen meist weniger ins Gewicht fallen und die Freude auf das neue Familienmitglied genossen werden kann. Die Tatsache, daß Sie bereits vor der Geburt ungefähr wissen, was auf Sie zukommt, nimmt der Schwangerschaft zwar die Unbeschwertheit, kann jedoch auch zum Vorteil genutzt werden. Statten Sie sich hinreichend mit Informationen aus, denn so sind Sie der neuen Situation weniger hilflos ausgeliefert. Ein Gespräch noch vor der Geburt mit dem Personal der Entbindungsklinik ist ideal. Dies gibt einerseits der Klinik die Möglichkeit, erfahrenes Personal zu organisieren, und andererseits Ihnen die Chance, sich im Vorfeld eine Klinik mit erfahrenem Personal, das Routine im Umgang mit Spaltkindern hat, zu wählen. Da man zusätzliche Fehlbildungen oft erst nach der Geburt entdeckt, ist es empfehlenswert, ein Perinatalzentrum mit angeschlossener Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie zu wählen. Im Perinatalzentrum (perinatal = »um die Geburt herum«) arbeiten alle an der Geburt beteiligten Fachdisziplinen – von der Geburtshilfe über die Anästhesie (Narkosemedizin) bis zur Neonatologie (Neugeborenen-Heilkunde) – unter einem Dach zusammen. Oft ist die Neugeborenenabteilung der Kinderklinik im gleichen Gebäude untergebracht wie der Kreißsaal und die Wochenstationen der Frauenklinik. Dies bedeutet, daß rund um die Uhr Kinderärzte zur Beratung von Eltern und zur Versorgung von Neugeborenen zur Verfügung stehen und daß – falls ein Neu- oder Frühgeborenes kinderärztlich behandelt werden muß – kein belastender Transport in eine andere Klinik erforderlich ist.

Ultraschall von Julia

Kann ich trotz pränatal diagnostizierter Spaltfehlbildung zu Hause entbinden?

Um diese Frage fachlich kompetent beantworten zu können, kontaktierte ich diverse willkürlich ausgewählte leitende Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen und Gynäkologen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Ergebnis war verwirrend. Während die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen zur Hälfte grünes Licht zur Hausgeburt gaben, rieten die Gynäkologen fast einheitlich davon ab.

Prof. Dr. Dr. Christopher Mohr, Chefarzt in der Universitätsklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in Essen, hat seine Antwort sehr diplomatisch formuliert, indem er schrieb, daß die Hausgeburt immer eine persönliche Entscheidung der werdenden Mutter sei und man über den Begriff Indikation/Kontraindikation deshalb kaum streiten könne. In vielen Fällen sei es möglich, per Ultraschall eine Spaltfehlbildung pränatal zu diagnostizieren, die zwar seltenen damit assoziierten sonstigen Fehlbildungen ließen sich aber nicht immer vorab erkennen. Wohl kämen die meisten Babys trotz Spalte gesund zur Welt, das Risiko einer Hausgeburt bei nachweislicher Spaltfehlbildung sei jedoch geringfügig höher einzuschätzen, als wenn alle pränatalen Befunde normal wären. Das müsse sich die Mutter klarmachen und danach ihre persönliche Entscheidung treffen.*

* Es handelt sich hier lediglich um eine Umfrage, die natürlich nicht beweiskräftig ist. Die Auflistung der willkürlich ausgewählten, z.T. leitenden Klinikärzte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und das exakte Ergebnis der Umfrage, mit dem genauen Wortlaut der Antworten, kann über den Verlag angefordert werden.

Weiterführende Infos

Informationen, Rat und Hilfe zur pränatalen Diagnostik bekommen werdende Eltern in allen Schwangerschafts-(konflikt)-Beratungsstellen.

Auch der Verein »CARA« berät Frauen:

Große Johannisstr. 110, 28199 Bremen

Tel.: 0421 59 11 54, Fax: 0421 597 84 95

Mail: cara-ev@t-online.de,

www.cara-beratungsstelle.de

Broschüren

Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte

Verlag Selbstbestimmtes Leben

Brehmstr. 5-7, 40239 Düsseldorf

Tel.: 0211 64 00 40, Fax: 0211 64 00 4-20

www.bvkm.de

»Pränataldiagnostik«, kostenloses Faltblatt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bestelladresse: BzgA, 51101 Köln, www.bzga.de

Literatur

Orywall, Dieter; Vorgeburtliche Diagnostik von Erbkrankheiten. Goldmann, München 1982

Maris, Bartholomeus: Ankommen: Schwangerschaft – Vorgeburtliche Diagnostik – Geburt. Anthroposophische Heilkunst e.V., Bad Liebenzell 2002

Links

www.eumom.ch

www.neun-monate.de/Praenatale_diagnostik.html

www.frauenarzt-infos.de/Praenatal/Einleitung.htm

www.berliner-hebammenverband.de/content/praenatal.html

www.familienratgeber.de/ratgeber/seite_6836.html

www.kinder-stadt.de

3 Nach der Geburt

Trauerarbeit – Freudenarbeit

Endlich ist Ihr Baby da! Sie können sehen, wer da durchschnittlich vierzig Wochen in Ihrem Bauch herangewachsen ist, und nun halten Sie das neue Familienmitglied in den Armen. Falls Sie noch nichts von der Spalte wußten, fühlen Sie vielleicht schon, daß irgend etwas anders ist. Vielleicht hatten Sie die Schwangerschaft über bereits eine Vorahnung und nun liegt etwas in der Luft, oder Sie lesen in den Gesichtern, die Sie umgeben, etwas, was nicht zu Ihrer Freude paßt. Vielleicht stellen Sie auch gleich fest, daß Ihr Baby anders aussieht, als Sie es sich vorgestellt haben. Ihr Baby liegt bei Ihnen, schaut Sie an und ist, wie jedes andere Neugeborene auch, winzig klein, hilflos und liebebedürftig.

Wenn ein Kind mit einer Spaltfehlbildung geboren wird, sind viele Eltern und Angehörige zunächst geschockt und fühlen sich alleine gelassen. Meistens sind sie unerwartet mit diesem für sie völlig fremden Problem konfrontiert, und Schock und Trauer wechseln sich ab mit der Freude, daß ihr Kind endlich geboren ist. Erkennen Sie Ihre Gedanken und Gefühle an und lassen Sie sie zu. Sie sind wichtig, damit Sie die neue Lebenssituation bewältigen können, denn nur dann werden Sie nach und nach Ihr Kind mit seinen speziellen Bedürfnissen annehmen können. Lassen Sie sich in den Arm nehmen, weinen Sie, wenn Ihnen danach ist, und sprechen Sie aus, wie es in Ihnen aussieht. Verstellen Sie sich nicht. Der Auslöser für Ihre Gefühle muß nicht unbedingt nur die Tatsache sein, ein »besonderes« Kind bekommen zu haben, sondern es können auch die starken hormonellen Veränderungen sein, die mit der Geburt einsetzen, und die völlig neue Lebenssituation, in der Sie sich als Mutter befinden. Diese Phase wird vorübergehen. Ihre Gefühle werden sich bald verwandeln und der Zuversicht und Freude Platz machen.

Luna: »Das Pastellbild war annähernd fertig. Es traf sehr genau das, wie ich mir mein Kind vorstellte. Die Konturen zeichneten sich wie von selbst. Alles stimmte – bis auf den Mund. Diesen malte ich erneut, und wieder entsprach er nicht. Zwei Monate später kam Leander zur Welt. Er brachte ein Mündchen mit, das aussah wie die >Löwenmäulchen<-Blümchen, die nun allenthalben munter blühen, da es bei uns wieder herbstet.

Man hob das kleine Geschöpf kurz über das grüne OP-Tuch, das mir während des Kaiserschnitts den Blick auf den Bauch verwehrt hatte. So sah er also aus, dachte ich mir und stutzte. Er hatte einen ganz anderen Gesichtsausdruck, als ich mir Leander während der vielen Wochen innigster Beziehung vorgestellt hatte. Dann sagte mir ein Arzt, daß mein Sohn eine beidseitige Lippenspalte und einseitige Kieferspalte hätte und daß es wohl mehrere Operationen brauchen werde, was aber heute >gut gemacht< werden könne. Selber noch auf dem OP-Tisch angebunden, war das einfach zuviel. Es fühlte sich an wie ein innere Versteinerung. Als Leander dann auf meiner Brust lag, schien ich nur noch diese riesige, unschöne Mißbildung mitten in seinem Gesicht zu sehen. Mein Gefühl drehte sich immer wieder von ihm weg, wie eine innere Flucht. Eine dicke, starre Wand schien sich zwischen uns aufzubäumen, die eben noch vorhandene Kommunikation zwischen uns war jäh unterbrochen. Ich kämpfte. Mit der Realität, mit meinen Schuldgefühlen, die keinen Moment auf sich warten ließen. Mit der Vorstellung der Zukunft. Mit dem Mitleid mit meinem eigenen Kind, das ein solches Schicksal erleiden muß, vielleicht auch mit dem Mitleid mit mir selber, bestimmt aber mit seinem Vater. Woran ich mich erst Tage später wieder erinnerte und was mich dann stundenlang weinen ließ: Der Gedanke in jenen Minuten, daß es mir gleichgültig wäre, wenn dieses Kind jetzt sterben würde. Die verbannte Erinnerung kam erst wieder, als mir eine Hebamme erzählte, daß eine Mutter ihr Kind mit Down-Syndrom am liebsten zum Fenster raus geworfen hätte. Ich durchschritt Abgründe in diesen Stunden und ersten Tagen. Doch genug davon. Ich erlebe Höhen, Freuden, Wonnen und Seligkeiten mit diesem wunderbaren, einzigartigen Kind.

Perspektivenwechsel. Leanders Vater hat >die Fehlbildung< gar nicht gesehen, als ihm der Kleine in die Arme gegeben wurde. Man mußte sie ihm zeigen. Er nahm sie zur Kenntnis, sie gehörte dazu wie die hellwachen blauen Augen, die langen schlanken Füße und die feinen Stirnfalten. Gestern dachte er nochmals angestrengt nach und sagte dann: >Ich kann mich rückblickend auf dieses Jahr schlicht an nichts Negatives erinnern, das mit der Spalte zu tun hätte, keine Erlebnisse, keine Bemerkungen.<

Vor der Geburt wußten wir beide also nichts von einer Spalte. Rückblickend war es zwar in diesem Moment unbeschreiblich hart, so wie es war, gleichzeitig möchte ich die unbeschwerte, glückliche Schwangerschaft nicht überschattet wissen von Sorgengedanken und zwangsläufig folgenden Vorstellungen, genährt durch irgendwelche Bilder. Es ist mir später immer wieder aufgefallen, wie sehr die Fotos von Leander abwichen von dem, wie ich ihn sah und wie ich ihn erlebte. In natura war alles viel weniger schlimm. Alle gewöhnten sich sehr schnell daran. Auch Menschen, die Leander nur dann und wann sahen, nahmen die Spalte nicht mehr bewußt wahr.«

Gabi: »Nachdem unser vierter Sohn Lukas geboren war, teilte uns die Ärztin, nachdem sie die U1 gemacht hatte, im Kreißsaal mit, daß unser Sohn eine Gaumenspalte hatte. Bis dahin hatte ich zwar schon davon gehört, daß es so etwas gibt, aber ich konnte mir trotzdem nicht so recht vorstellen, was das bedeutete. Deshalb fragte ich auch gleich nach. Die Ärztin, die keine Kinderärztin war, sagte aber nur, daß das wahrscheinlich irgendwann operiert werden müsse. Sie wisse aber selber nicht so genau Bescheid. Normalerweise war sonntags kein Kinderarzt im Haus, aber man würde wegen uns einen kommen lassen. Der könne uns dann genauer informieren. Ich beschloß, mir erst mal keine zu großen Sorgen zu machen. Meine ersten Gedanken waren: Vielleicht kann ich nicht stillen (die drei großen Brüder hatte ich alle lange Zeit voll gestillt), wahrscheinlich wird er irgendwann operiert, es kann sein, daß er später mit der Sprache Probleme haben wird.«

Niels, kurz nach der Geburt mit Magensonde

Heike: »Niels ist mit einer doppelseitigen Lippen-Kiefer- Gaumen-Segel-Spalte geboren. Wir wußten vor der Geburt nicht, daß Niels diese Fehlbildung haben würde, und waren natürlich sehr, sehr erschrocken. Für meinen Mann war der Schock noch viel größer als für mich, da er natürlich viel eher als ich gesehen hat, daß mit Niels’ Gesichtchen >etwas nicht stimmt<. Ich war nach der Geburt wohl noch nicht so aufnahmefähig und nur glücklich, Niels endlich in den Armen zu haben. Als ganz schrecklich haben wir die Telefonanrufe an die Familie in Erinnerung. Es hat uns so viel Kraft gekostet, unsere Eltern und Geschwister von der Geburt und dem ... in Kenntnis zu setzen, daß wir aus den Tränen gar nicht mehr herauskamen. Nachdem mich dann auch noch die >Wochenbett-Tränen< in einer sehr schweren Form erwischt hatten (ich dachte, ich bin eine >coole Geschäftsfrau<), kannte ich mich überhaupt nicht mehr wieder und wußte absolut nicht mehr, was hier mit mir geschah.«

Doris: »Luise ist unsere zweite Tochter und wurde mit einer rechtsseitigen, vollständigen Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte geboren. Luise ist nachts um 2 Uhr 15 geboren und sehr schnell – so schnell, daß die Hebamme meinen Muttermund mit der Hand weiten mußte, weil ich schon Preßwehen hatte. Luise war nach der dritten Preßwehe schon da, so daß sowohl die Hebamme als auch der Gynäkologe nur noch schnell reagieren konnten. Anders als ihre Schwester schrie sie nicht, und es war für einen Moment >toten<still im Kreißsaal, so daß ich im ersten Moment den fürchterlichen Impuls hatte, sie könne nicht mehr leben. Unsere Hebamme nahm sie sofort zur Seite und saugte sie ordentlich ab, da sie in den Atemwegen noch zu viel Fruchtwasser hatte. Dann machte sie auch ihren ersten normalen Quäk. Die Hebamme hat sich dann erst mal ohne Luise auf dem Arm zu mir herumgedreht und mir sehr einfühlsam gesagt, daß Luise eine Spalte hat. Wenn man mich jetzt nach meinen Gefühlen fragt, waren sie - aus der heutigen Sicht betrachtet – sehr vielschichtig: >Gott sei Dank, sie lebt!<, >Warum passiert das uns, ich hab in der Schwangerschaft doch nichts Falsches getan?<, >Na ja, das ist ja wieder ‘herstellbar'<, >Scheiße, wieso?<, >Wie sagen wir es unserer Tochter Johanna, unserer Familie?<, >Gott steht uns bei, das werden wir schon schaffens Ich war in dieser Nacht eher zuversichtlich, jedenfalls nicht zu Tode betrübt, vielleicht lag es an dem Adrenalin, daß sich durch die Geburt freisetzt.«

Elisabeth: »Nach einer recht unproblematischen Schwangerschaft wurde unsere Sophie geboren. Der Frauenarzt sagte unmittelbar nach der Geburt: >Bitte nicht erschrecken. Ihre Tochter hat da was am Mund. Aber das kann man operieren.< Es handelte sich um eine vollständige, linksseitige LKG-Spalte. Nun, wie fühlten wir uns angesichts dieser Überraschung? Mein Mann fühlte sich geschockt und war die ersten Tage recht verzweifelt. Ich fühlte mich sehr gedämpft und enttäuscht. Ich hatte mir vorgestellt, daß die Zeit nach der Geburt etwas vom Schönsten sei, was man im Leben erlebt. Und nun das! Allerdings gab es in dieser schweren Zeit auch Unterstützung. Einerseits war da unsere Tochter: Klein, zart, mit dieser LKG-Spalte im Gesicht, war sie doch gleichzeitig mit ihren großen, klaren und neugierigen Augen und dem ruhigen Gesichtsausdruck eine ungeheure Quelle der Kraft und Zuversicht. Wenn ich sie in ihrem Bettchen betrachtete, schien sie zu sagen: >Macht euch mal keine Sorgen; ich schaffe das sehr wohl – und ihr auch!< Und so war es dann auch (doch dazu später)! Und andererseits war da die wunderbare Reaktion aus Familien- und Freundeskreis: >Sophie ist einfach wunderbar!< – so der Tenor von allen Seiten. >Und das, was noch kommen wird – Operation etc. -, wird alles gut gehens Auch diese Reaktionen waren eine große Quelle von Kraft und Zuversicht. Dafür sind wir sehr dankbar.«

Regina: »Ich wurde zwei Stunden nach dem Kaiserschnitt gerade wieder in mein Zimmer geschoben, als mein Mann mir die Nachricht auf dem Flur überbrachte, daß Samuel eine Gaumenspalte hatte. Da ich Krankenschwester bin und auch im Kinderkrankenhaus gearbeitet habe, war meine erste Reaktion nur: >Na, wenn es nichts Schlimmeres ist ...< Die Reaktion unserer Verwandten war viel extremer. Sie sagten nichts, aber glücklich waren sie auch nicht gerade. Ich glaube, daß ich die einzige war, die sich über die Geburt richtig freuen konnte und wollte. Die bedrückte Stimmung war für mich sehr viel trauriger als Samuels Gaumenspalte an sich. Eine Kinderkrankenschwester hat mir meinen Wonneproppen dann ins Zimmer, an mein Bett geschoben, und ich legte ihn auch gleich an die Brust.«

Da die Spalte keine Wunde ist, tut sie dem Kind nicht weh. Da Ihr Baby nicht weiß, daß es anders ist, würde es nur registrieren, daß Sie einen Teil seines Körpers aussparen, wenn Sie Berührungsängste haben. Es gibt also keinen Grund, besonders vorsichtig zu sein oder anders mit Ihrem Neugeborenen umzugehen, als es »normal« wäre. Zeigen Sie ihm, wie sehr Sie sich freuen, daß es jetzt endlich geboren und bei Ihnen ist. Dieses Kind entspricht vielleicht zunächst rein äußerlich nicht Ihren Vorstellungen, um so mehr sollten Sie sich jedoch darum bemühen, seine Bedürfnisse optimal zu stillen.

Weiterführende Infos

Literatur

Kast, Verena; Lebenskrisen werden Lebenschancen. Wendepunkte des Lebens aktiv gestalten. Herder, Freiburg 2000

Gössel, Jürgen: Lars-jetzt ein ganz normaler Junge: Entwicklung eines Kindes mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte von der Geburt bis zur Einschulung. Schnetztor-Verlag, Konstanz 1988

Salis, Bettina: Freudentränen und Babyblues. Rowohlt, Reinbek 2003

Optimale Bedingungen

Maria: »Ich habe drei Kinder, wobei meine Mädchen gesund zur Welt gekommen sind. Mein Sohn wurde mit einer einseitigen rechten Lippen-Kiefer-Spalte geboren. Es war mir vorher nicht bekannt, daß Christoph mit einer Spaltfehlbildung zur Welt kommen würde. Es war erst mal für alle Beteiligten ein Schock, ein Kind mit einer Gesichtsfehlbildung. Doch gottlob war ich auf einer Entbindungsstation mit prima Personal, das mir Kraft und Mut gab, das Ganze positiv zu sehen. Und das Schönste war das wundervolle Lächeln meines Sohnes, das alle verzauberte, man mußte ihn einfach mögen.«

Luna: »Für die Geburt wählten wir ein durch Anthroposophische Medizin erweitertes Spital. Wir erfuhren dort seitens des Personals wirkliches Mitgefühl und eigentlich eine optimale Begleitung. Ein 30jähriger Hilfspfleger kam sich gleichentags vorstellen. Er hatte gerade geheiratet – und das >trotz< Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, die mehrfach operiert wurde ... Die Chefärztin nahm sich sehr viel Zeit für Gespräche und Informationen. Man wollte uns bewußt Zeit lassen für all das Neue, Zeit fürs Kennenlernen von Eltern und Kind, fürs Willkommenheißen, fürs Staunen, Beobachten, fürs Verarbeiten vom intensiven, für mich auch traumatischen Erlebnis der Geburt, fürs sich Zurechtfinden im neuen Elternsein. Die Untersuchung beim Kieferorthopäden könne warten, zumal Leanders Gaumen ja geschlossen war und kein Plättchen angefertigt werden mußte. Und das waren in der Tat wichtige Tage! Ich selber hatte noch im Spital Cranio-Sakral-Behandlungen. Dadurch konnte ich das Erlebte schneller verarbeiten und mich besser auf das Neue einlassen, da sich Widerstände in mir auflösten.«

Da die ersten Ansprechpartner nach der Geburt die Menschen im Krankenhaus sind, ist deren Reaktion meist auch maßgebend, wie die Eltern eines Kindes mit Fehlbildung mit dieser Situation umgehen. Ideal ist es, wenn der Arzt oder die Hebamme die Eltern über die Fehlbildung informiert, noch bevor das Kind gezeigt wird. Wird der Situation positiv entgegengetreten, Optimismus, Trost und fachliche Kompetenz vermittelt, ist das von größter Wichtigkeit für die psychische Verfassung der Eltern und damit auch für das Baby, in diesem Augenblick und während des gesamten Krankenhausaufenthaltes, oft auch noch danach.

In aller Regel wird das Personal der jeweiligen Entbindungsstation unmittelbar nach der Geburt des Kindes Kontakt zu einem Spaltteam in einem Spaltzentrum aufnehmen, falls vor Ort keine MKG-Chirurgie (Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie) angeschlossen ist. Je nachdem, wie der allgemeine gesundheitliche Zustand des Neugeborenen ist, wird entschieden, ob das Baby, idealerweise mit der Mutter, zu einem Spaltzentrum gebracht wird oder der Arzt des Spaltteams sich auf den Weg zum Baby macht. Wichtig ist, daß dieses Treffen nicht unnötig herausgezögert wird, damit die Behandlung so schnell wie möglich beginnen und ein ausführliches Aufklärungsgespräch mit den Eltern stattfinden kann.

Die Hebamme

Für jede werdende Mutter gilt: Schon während der Schwangerschaft können sich Schwangere neben der ärztlichen Vorsorge von einer frei praktizierenden Hebamme begleiten lassen. Das hat den Vorteil, daß viel Zeit für Gespräche bleibt und Fragen rund um das Stillen, das künftige Leben mit Kind, Anschaffungen fürs Baby etc. beantwortet werden können. Hebammen dürfen die komplette Vorsorge für Schwangere machen (außer Ultraschall, pränataler Diagnostik, Labortests und bei eventuellen Risikoschwangerschaften). Die Hebamme kann dann auch die Nachsorge übernehmen. In allen (deutschsprachigen) Ländern hat jede Mutter Anspruch auf eine zehntägige Nachsorge nach der Geburt, ganz gleich, wo sie ihr Baby zur Welt gebracht hat.

Günstig ist es, wenn Sie schon vor der Geburt Kontakt zu einer Hebamme aufgenommen haben, damit Sie sich gegenseitig kennenlernen können. Die Hebamme kann während der Nachsorge täglich zu Ihnen nach Hause kommen, bis das Baby 8 Wochen alt ist. Danach können weitere 16 Besuche oder Beratungen in Anspruch genommen werden. In der Schweiz werden ein Kontrollbesuch (bis sechs Wochen nach der Geburt) sowie drei Stillberatungen im ersten halben Jahr nach der Geburt bezahlt. Bei Stillproblemen steht der Mutter die gesamte Stillzeit hindurch ebenfalls Hebammenhilfe zu. Erkundigen Sie sich nach einer Hebamme, die Erfahrungen mit Spaltkindern hat.

Die gesetzlichen Krankenkassen tragen die Kosten der geschilderten Hebammen-Betreuungen. Gleiches gilt meist auch für Privatversicherte. Man sollte jedoch nachfragen.

Weiterführende Infos

Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V.

Kasseler Str. 1a, 60486 Frankfurt

Tel.: 069 79 53 49 71, Fax: 069 79 53 49 72

Mail: geschaeftsstelle@bfhd.de

www.bfhd.de

Bund deutscher Hebammen e.V.

Gartenstraße 26, 76133 Karlsruhe

Tel.: 0721 98 18 9-0, Fax: 0721 98 18 9-20

Mail: info@bdh.de

www.bdh.de

Hebammensuche

www.hebammensuche.de

www.geburtskanal.de

www.shiatsu-austria.at/information_gesundio.htm

Hebammen online

www.hebammen.de

www.hebamme.ch

www.levatrice.ch

www.sage-femme.ch

www.hebammen.at

Rooming in

Nicole: »Meine Tochter Julia Maria ist mit einer linksseitigen inkompletten Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Spalte geboren und durfte ohne Probleme mit mir auf der Wochenbettstation bleiben. Gefüttert wurde abgepumpte Muttermilch mit dem Haberman-Sauger, mit dem sie bald umzugehen lernte. Zwar trank sie noch wenig, aber die Menge steigerte sich, und sie nahm zu. Ich war froh, Jule so nah bei mir haben zu können, damit ich mich an sie gewöhnen konnte und sie in Ruhe kennenlernen durfte. Zu Hause würde es noch schnell hektisch genug werden. Alles verlief problemlos, so daß wir nach 5 Tagen nach Hause konnten.«

Optimal ist, wenn Neugeborene, ob mit oder ohne Spalte, nicht von ihren Müttern getrennt werden! Generell gilt: Wenn das Neugeborene keine anderen Krankheiten hat, die im besonderen Maße beobachtet oder versorgt werden müssen, ist eine Trennung nicht nötig und nicht empfehlenswert. Ein Neugeborenes mit einer LKG-Spaltfehlbildung ist als ein ganz normales, gesundes Baby anzusehen und auch so zu behandeln.

In manchen Krankenhäusern, wo das Personal wenig informiert ist und keine Erfahrung mit Lippen-Kiefer-Gaumen-fehlgebildeten Säuglingen hat, kommt es vor, daß die Kinder zur Sicherheit ins Säuglingszimmer oder sogar in ein Kinderkrankenhaus verlegt werden, damit sie besser unter Beobachtung sind.