Der Wahrheit und der Freiheit

Christian Zeuß, Jahrgang 1974, studierte Betriebswirtschaft in Bayreuth. Das Wertpapiermanagement lernte er aus unterschiedlichen Perspektiven kennen, als Privatanleger, Unternehmer und Prokurist im Private Banking einer schweizer Großbank. Bereits ab 1992 mit der Börse vertraut, betreibt er seit 2004 Portfoliomanagement ohne Abhängigkeit von irgendeiner Institution.

Christian Zeuß

Kapitalanlage und die Gefahr des schleichenden Sozialismus

- ein Blick hinter die Kulissen -

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Haftungsausschluss:

Dieses Buch stellt keine Handlungsempfehlung dar und für die Vollständigkeit, Korrektheit und Aktualität der Informationen wird keine Haftung übernommen. Der Autor hat die Quellen nach bestem Wissen und Gewissen gewählt. Eine Haftung für den Inhalt ist dennoch nicht möglich. Text und Grafiken sollen zum Nachdenken anregen. Sie sind Ausdruck persönlicher Ansichten des Verfassers und können keine professionelle Beratung oder Hilfestellung bei der Anlage und sonstigen Handlungen ersetzen.

  1. 1. Vorwort
  2. 2. Anlageentscheidungsparameter
  3. 2.1 Rendite
  4. 2.2 Risiko
  5. 2.3 Liquidität
  6. 2.4 Komplexität
  7. 2.5 Liebhaberei
  8. 3. Statistik
  9. 3.1 Bedeutung im Portfoliomanagement
  10. 3.2 Objektivität, Validität und Reliabilität
  11. 3.3 Manipulation von Grafiken
  12. 4. Nominale und reale Wertentwicklung
  13. 4.1 Das Märchen der Geldwertstabilität
  14. 4.2 Staatsverschuldung und ihr schmaler Ausweg
  15. 4.3 Kapitalistisches vs. Sozialistisches Geld
  16. 5. Anlageklassen
  17. 5.1 Kasse
  18. 5.2 Termingeld
  19. 5.3 Festverzinsliche Wertpapiere
  20. 5.4 Aktien / Fonds / Zertifikate
  21. 5.5 Optionen
  22. 5.6 Optionsscheine
  23. 5.7 Edelmetalle
  24. 5.8 Immobilien
  25. 5.9 Versicherungen
  26. 5.10 Unternehmensanteile
  27. 5.11 Geschlossene Beteiligungen
  28. 5.12 Alternative Anlagen
  29. 5.13 Sonstiges
  30. 6. Musterportfolios
  31. 7. Soll-Ist-Vergleich einer unfähigen Politik
  32. 8. Österreichische Schule der Nationalökonomie
  33. 9. Zitate
  34. 10. Kleines Begriffslexikon
  35. 11. Literaturempfehlungen
  36. 12. Schlusswort

1 . Vorwort

Sprachfertigkeit ist die Kunst, einen Sachverhalt elegant darzustellen. Trotz all ihres Glanzes bleibt sie jedoch ein Mittel der Kommunikation. Die rhetorische Gewandtheit ist quasi der Rahmen eines Bildes, das es dem Betrachter zu vermitteln gilt. Der Fokus liegt demnach auf dem Bild mit dessen Inhalten und Fakten und der Aufgabe sie der Zuhörerschaft auf angenehme Weise verständlich zu machen. Soviel zur positiven Ausgestaltung der Kunst des Wortes.

Leider erfahren wir in der Praxis nur allzu oft, dass es auch zu einer Umkehrung dieser Verfahrensweise kommen kann. Ein Investor hat keinen Vorteil von inhaltslosen Reden, die reinem Selbstzweck dienen oder ein Investment nur einseitig beleuchten. Verständlicherweise wird die Präsentation einer Vermögensanlage verstärkt die jeweiligen Vorteile herausstellen. Entscheidend für die Seriosität eines Anbieters ist jedoch, ob angemessen auf entsprechende Kritik reagiert und auf Nachteile eingegangen wird. Wichtig ist hierbei, dass sich alle Argumente und Fakten bedingungslos nachvollziehen lassen. Genau an diesem Punkt kann der Anleger unter Umständen einem Täuschungsmanöver zum Opfer fallen. Selbst wenn alle Daten schlüssig erscheinen, müssen sie noch lange nicht statistische Gütekriterien erfüllen (siehe Gliederungspunkt 3.2). Oft werden die Fakten aber ganz und gar in den Hintergrund gedrängt und Kritik mit inhaltsloser Verklausulierung begegnet. Die Bezugnahme auf komplexe oder der Zuhörerschaft unbekannte Sachverhalte kann hierbei sehr dienlich sein. Selbst Fachkundige können diesen Ausführungen dann nicht mehr folgen und werden in ihrer Kritik früher oder später verstummen. Der einzige Weg dennoch an ihrem Standpunkt festzuhalten, wäre nun das Eingestehen des eigenen Unverständnisses vor dem gesamten Auditorium.

Man könnte auch sagen:

Sprachfertigkeit ist eine edle Gabe aber auch eine Burg der Verschlagenheit, in die sich der Burgherr stets zurückziehen kann, wenn er waffenmäßig unterlegen ist.

Im Portfoliomanagement ist es denkbar schwierig, einen oder mehrere Partner zu finden, die eine offene Kommunikation im oben beschriebenen Sinne pflegen. Als Optimum ist der Fall anzusehen, dass der Inhaber des Portfolios erst gar nicht zwingend auf externe Hilfe angewiesen ist. Die meisten Institutionen und Anleger sind allerdings in einer Situation, in der sie aufgrund mangelnder Fachkenntnis und/oder zeitlicher Einschränkungen die Verwaltung zumindest teilweise delegieren müssen.

Bereits hier ist guter Rat teuer. Welche Bank und welcher Berater sind für mich angemessen oder überhaupt zu empfehlen? Sobald eine Beratung aus dem gewerblichen Bereich erfolgt, haben die entsprechenden Institute oder Personen berechtigterweise einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Je nachdem, ob sich diese Vergütung offen darlegt oder nicht, haben Sie als Interessent bereits ein starkes Indiz dafür, wie seriös mit Ihnen umgegangen wird.

Dieses Schriftstück soll es dem Leser ermöglichen eine gewisse Kontrolle über die Verwaltung seines Vermögensportfolios zu erlangen. Es zielt darauf ab, dem fachfremden Anleger die Möglichkeit zu geben, einen Blick über die Schulter seines Anlageberaters zu werfen und sich selbst ein Stück weit vor Fehlberatungen zu schützen. Dem Fachkundigen oder tiefer Interessierten soll es den ein oder anderen Denkanstoß liefern und eventuell etwas Literatur ans Herz legen.

Einige dieser Empfehlungen beziehen sich auf den Gliederungspunkt 4. Dort unter „Nominale und reale Wertentwicklung“ wird ein kleiner Ausflug in die Geldpolitik unternommen, um dem Leser eine ungewöhnliche Sichtweise auf unser existierendes Geld näher zu bringen. Die Gliederungspunkte 7 bis 12 entfernen sich dann scheinbar etwas von dem Thema Kapitalanlage. Hiermit soll der Blickwinkel erweitert und auf die Gefahren des schleichenden Kollektivismus hingewiesen werden.

In ihrem gesamten Umfang orientieren sich diese Zeilen an liberalem Gedankengut. Nach Überzeugung des Autors ist die Freiheit das einzige Ideal, das es mit wirtschaftlichen Herausforderungen und nicht zuletzt sozialen Wünschen aufnehmen kann. Freiheitliches (und nichts anderes heißt liberales) Denken ist eine Leitlinie, die immer einen klaren Weg aufzeigt. Nicht umsonst waren viele große Denker der Geschichte Liberale. John Locke, David Hume, Adam Smith, Charles de Montesquieu, Immanuel Kant, Wilhelm von Humboldt, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek, Karl Raimund Popper und Ayn Rand sind hier nur einige Beispiele.

Sollten Ihnen einzelne Kapitel eher unwichtig erscheinen, so überspringen Sie diese einfach. Wenn das gesamte Buch an Ihren Anforderungen vorbei geht, so legen Sie es einfach beiseite. Literatur sollte unsere Zeit nur in Anspruch nehmen, wenn sie uns einen angemessenen Mehrwert bietet.

2. Anlageentscheidungsparameter

Bei der Zusammenstellung und späteren Anpassung eines Portfolios gilt es eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Diese ergeben sich aus der Größe des Vermögens, den Marktgegebenheiten, dem eigenen Alter, den persönlichen Lebensumständen, den Präferenzen des Eigentümers, etc.

Hier soll zuerst auf die klassischen Kriterien Rendite und Risiko eingegangen werden. Ein weiterer häufig genannter Aspekt ist die Liquidität des Anlagegutes. Schließlich werden die Ausführungen aber noch auf die Komplexität und die Liebhaberei gelenkt. Den beiden letztgenannten Betrachtungsweisen wird in der Literatur nur am Rande Aufmerksamkeit geschenkt. Alle diese Erläuterungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht dabei lediglich darum einige Aspekte hervorzuheben und den Blick des Betrachters zu schärfen.

Unter Gliederungspunkt 5 sollen die verschiedenen Anlageklassen schließlich auf diese fünf Kriterien hin beleuchtet werden.

2.1 Rendite

Zur Einstimmung auf das Thema soll ein kleines Rechenbeispiel dienen. Wenn Sie als Anleger ein Anlagegut, sagen wir eine Aktie, für 14 Euro erwerben und es nach einer gewissen Haltedauer wieder für 18 Euro verkaufen, dann verbleiben Ihnen nach dem Abzug der in Deutschland geltenden Abgeltungssteuer in Höhe von 25% plus davon 5,5% Solidaritätszuschlag noch 2,945 Euro. In dieser Berechnung bleiben Kirchensteuer und Orderspesen aus Vereinfachungsgründen unberücksichtigt. Als Ergebnis können Sie also eine Rendite von 28,37% nach Steuern Ihr Eigen nennen.

Oder doch nicht? Nein – Sie haben natürlich recht – 2,945 Euro von 14 Euro ergeben nicht 28,37% sondern nur 21,04%. Unabhängig davon, ob Sie auf dieses kleine Täuschungsmanöver hereingefallen sind oder nicht, es wäre Ihnen aufgefallen, wenn Sie sich nicht auf meine Rechnung verlassen, sondern diese selbst nachvollzogen hätten. Ferner würden Sie sicherlich auch richtig liegen, wenn Sie annähmen, dass Ihr Anlageberater derart unverschämte Machenschaften mit Ihnen nicht anstellen könnte. Dies ist in der Tat kaum zu erwarten, da es sich um Betrug handeln würde.

Wägen Sie sich aber nicht zu früh in Sicherheit. Die verschiedenen Kennziffern der Rentabilität halten genügend Fallstricke bereit, um auch den kritischen Anleger hinters Licht zu führen. Selbst erfolgreiche Unternehmer waren oft genug nicht in der Lage diesen Irrtum zu erkennen, nachdem Sie darauf angesprochen wurden. So etwas kann nicht sein? Kann es doch, denn die Anbieter dieser Anlage trafen zu keiner Zeit eine falsche Aussage und bewegten sich somit ohne Zweifel im Rahmen der Legalität. Mit einer Renditekennzahl zu arbeiten, die im üblichen Leben keinen Gebrauch findet, ist aber garantiert moralisch zweifelhaft.

Um welchen faulen Zauber handelt es sich denn nun dabei?

a) Statische Renditeberechnung

Im folgenden Fallbeispiel handelt es sich um eine Investition über einen Zeitraum von 10 Jahren. Der Anleger investiert zum Zeitpunkt t0 den Betrag von 100 Euro in die angebotene Anlage. In den folgenden Perioden t1 bis t10 erhält er Beträge wie in der Grafik dargestellt ausbezahlt. In t10 gibt es die ursprünglich eingelegten 100 Euro zurück.

Jahr t0 t1 t2 t3 t4 t5 t6 t7 t8 t9 t10
Euro -100 100
Euro 5 5 5 5 5 10 10 10 20

Als Summe können wir auf der Seite der erhaltenen Zahlungen jetzt den Betrag von 175 Euro ausmachen. Soweit so gut – aus den 100 Euro wurden innerhalb von 10 Jahren also die versprochenen 175 Euro. Nur wie hoch war denn dabei unsere Rendite? Der Anbieter dieser Anlage rechnet uns dies natürlich gerne aus, da sich sein Ergebnis durchaus sehen lassen kann.

Er kommt auf eine durchschnittliche jährliche Ausschüttung von 17,5%. Dies ist eine ordentliche Zahl und sie wurde auch korrekt berechnet – nur drückt sie auch das aus, was wir von ihr erwarten?

Nein, ganz und gar nicht!

Er spricht von einer durchschnittlichen jährlichen Ausschüttung. Es gibt verschiedene Argumentationen diese Kennziffer zu wählen. Nur eine einzige davon ist in diesem Zusammenhang aber sinnvoll. Davon spricht er nur, weil er sie über den Tisch ziehen möchte.

Hätte er dies nicht tun wollen, so wäre es ihm nicht in den Sinn gekommen, Sie mit einer sogenannten statischen Rendite zu blenden. Mit der Berechnung einer dynamischen Rendite sähe das Ergebnis bei Weitem nicht so interessant aus, aber Ihr Gegenüber hätte die Bezeichnung Berater verdient.

b) Dynamische Renditeberechnung

Um es kurz zu machen – die Rendite, die im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung findet, nennt sich Interne Zinsfußmethode oder Internal Rate of Return (IRR). Diese beträgt bei dem vorliegenden Beispiel knapp 7,13% per anno.

Wie kann es zu einer derartigen Diskrepanz zwischen statischer und dynamischer Rendite kommen? Die Lösung findet sich in gleich zwei Antworten, die beide auf unabhängigen Täuschungsmanövern beruhen.

1.) Bei der IRR wird errechnet, mit welchem Zinssatz sich das eingesetzte Kapital jeweils jedes Jahr entwickelt. Dies kann auch rein fiktiv erfolgen, ohne dass die entsprechende Rendite jedes Jahr ausgeschüttet werden muss.

Bei der durchschnittlichen jährlichen Ausschüttung aber wird die Kapitalrückzahlung (im Bsp. 100 Euro) praktischerweise gleich mitgezählt. Natürlich hat das mit einer Verzinsung nichts zu tun.

2.) Außerdem macht man sich hier gerne den Zinseszins-Effekt zunutze. Das eingezahlte Kapital bleibt größtenteils möglichst lange in der Anlage gebunden, um auf diese Weise entsprechend lange damit arbeiten zu können. Die so erwirtschafteten Zinsen der Zinsen werden dann als Zinsen des Kapitals „verkauft“.

Bei der Berechnung der Rendite sollte man sich also besser auf die IRR verlassen. Dies gilt insbesondere, wenn es um einen Planungszeitraum von etlichen Jahren geht. Die statische Renditekennzahl hat die unsinnige Eigenschaft, dass sie mit zunehmender Dauer der Anlage selbst auch zu wachsen beginnt. Wenn sich der Planungshorizont gegen unendlich bewegt, dann tut ihm das diese Kennzahl gleich.