Copyright © 2011 Anne Mohr-Bartsch, München

Herstellung und Verlag Books on Demand GmbH, Norderstedt

Umschlaggestaltung Andrea Grasberger

Satz und Layout Markus Schmid

ISBN 978-3-848-29422-0

www.craniosacrale-traumatherapie.de

Anne Mohr-Bartsch

LEBE ! anstatt gelebt zu werden

oder

Die Kunst des Vergebens

Books on Demand

Inhalt

Vorwort

TEIL I

Warum ich dieses Buch schreibe

Vergeben und die Wirkung

TEIL II

Meine Geschichte

Meine Mutter

Mein Vater

TEIL III Der physische Funktionsbereich

Zellen, Gene und Moleküle

Der Bereich der Quanten

TEIL IV Der Ausstieg aus dem Drama

Das Innehalten

Der Prozess des Vergebens

LEBE ! anstatt gelebt zu werden

TEIL V Meditationen

Meditation für die Zellen

Anerkennung und Dankbarkeit

Meditation der Vergebung

Finde Deine tiefste innere Wahrheit

Nachwort

Eine Geschichte zum Nachdenken

Literaturliste

Vorwort

Wir alle wünschen uns, gesund und glücklich zu sein und in Fülle zu leben. Auf unserem Lebensweg versuchen wir Wege zu finden, um erfolgreich, zufrieden und in einem gewissen Wohlstand zu sein. In letzter Konsequenz sind wir jedoch auf der Suche nach uns selbst. Viele finden auf dieser Suche Wege, die ihrem Leben eine neue Richtung geben. Solche Möglichkeiten bieten Meditation, Therapie, positives Denken u.ä. Einige Menschen leben damit erfolgreich, für andere stellt sich der erwartete Erfolg nicht ein. Woran liegt das?

Letztendlich sind es immer die frühen Eindrücke aus unserer Jugend, vorgeburtliche, frühkindliche Erlebnisse, die positiven wie die negativen, die unser Leben so stark prägen, dass sie zu Verhaltensmustern für unsere Entscheidungen werden. Oft sind es auch Dinge aus vorausgegangenen Generationen, die unbewußt weitergegeben und von den Folgegenerationen getragen werden. Dies wirkt sich sowohl körperlich als auch seelisch aus. Negative Prägungen leben uns und hindern uns daran, zu leben. Sie schieben uns in bestimmte Richtungen und erlauben nur einen Bewegungsradius in vorbestimmten Glaubens- und Verhaltensmustern. Diese Muster lassen uns meist nur reagieren, nicht aber agieren! Meist fallen wir schnell wieder in alte – oder den alten Mustern ähnliche – Verhalten zurück. Der Psychoanalytiker Ludwig Janus sagt dazu: „Die Fähigkeit zum sozialen Miteinander, eine Tendenz zu Kriminalität und Gewalt, aber auch Friedfertigkeit und Empathie werden ganz entscheidend bereits in der Phase vor der Geburt geprägt.“

Meine Erfahrung aus langjähriger Praxis zeigt mir immer wieder, dass es nicht ausreicht, entweder nur auf der körperlichen oder nur auf der psychischen Ebene zu arbeiten. Man kann Therapien machen soviel man will – schulmedizinisch oder alternativ – wenn wir den Kern oder die Wurzel nicht erreichen, wird sich kaum das vom Einzelnen gewünschte Ergebnis einstellen. Der Kern ist in diesem Fall die Zelle. Mit einer Zelle beginnt unser Leben. Der Zustand und die Kommunikation der Zellen untereinander ist ausschlaggebend, wie gesund oder krank wir sind und auf welche Art und Weise unser Leben funktioniert. Die Wurzeln aller „Programmierungen“ beginnen von ihrer Anlage her im Mutterleib zu entstehen, nämlich dann, wenn das Nervensystem sich bildet und bereits synaptische Verschaltungen entstehen, der Gehirnstoffwechsel eingestellt und das Immunsystem reguliert wird. Diese Faktoren bilden die sogenannte Stressachse, die dazu dient, den Organismus bereits am Beginn, an die Herausforderungen seiner Umwelt anzupassen. Von diesem vorgeburtlichen Programm hängt ab, wie ein Mensch mit seinem Leben umgehen kann und wie anfällig er ein Leben lang für Krankheiten ist.

Die gute Nachricht ist: dies ist kein unveränderliches Programm!

Die wirkliche Lösung, oder vielleicht auch Erlösung, findet auch nicht durch das Bewusstmachen einer Thematik oder Traumatisierung statt. Durch das Wissen, dass all unsere Erlebnisse im Gewebe, in den Zellen gespeichert sind, müssen wir genau dorthin, um den Kern einer Problematik zu finden und zu erlösen. Kognitive Therapien wie Analyse, Gesprächs- und Verhaltenstherapien arbeiten in der Regel nur mit unserem Bewusstsein. All das, was tief in unserem Unterbewusstsein vergraben ist und stärker aber auch klüger ist als jegliche bewusste Reaktion, können wir nur durch Therapien erreichen, die im Kontakt mit dem Unterbewusstsein stattfinden.

Im Laufe der vielen Jahre meiner therapeutischen Arbeit, habe ich den Prozess der Zellheilung entwickelt: den „Cellular Healing Process“ oder auch kurz CHP. Bei vielen Klienten, Patienten und Seminarteilnehmern, aber auch an mir selbst, habe ich erlebt, was geschieht, wenn Heilung und Befreiung auf dieser Ebene stattfindet. Durch diesen tiefgehenden Prozess entsteht eine emotionale Freiheit, die es den Zellen ermöglicht, sich für eine völlig neue Programmierung zu öffnen. Damit ist möglich, neuen Gedanken Raum zu geben, völlig andere Entscheidungen zu treffen und damit wirklich den eigenen Weg zu gehen.

Auch ich kenne das natürlich gut, dass es mit all den Therapien, die ich gelernt und natürlich auch selbst durchlaufen habe, positive Veränderungen gab, aber immer wieder „sprangen“ die alten emotionalen Reaktionen an und machten damit wieder Vieles zunichte. Erst mit der Möglichkeit des Vergebens spürte ich eine Veränderung. Seit vielen Jahren arbeite ich mit dem Thema Vergeben in den Bereichen Meditation und Lichtkörperarbeit, dennoch erreichte ich nicht das Ergebnis, das ich gerne gehabt hätte. Erst durch das Vergeben auf einer tiefen emotionalen Ebene, lösten sich die schmerzhaften Themen auf. Vergeben aus dem Verstand heraus hat kaum eine Wirkung. Seit ich das Vergeben in allen Bereichen meines Lebens praktiziere, gelingt es mir immer besser, in einem emotionalen Zustand zu sein, der sich angenehm, frei, leicht und voll Freude anfühlt. Inzwischen befinde ich mich über sehr lange Zeiträume in diesem wunderbaren Zustand. Wenn ich abstürze, kann ich mich schnell wieder herausholen. Die Erfahrung, die ich dabei machte, ist die, dass sich nur aus einem guten Gefühl heraus gute Dinge in meinem Leben manifestieren. Wenn ich bewusst darauf achte, wie ich mich fühle, danach entscheide und handle, treten angenehme Ereignisse in mein Leben.

Und – ich wollte noch mehr! Ich wollte wissen, wie das letztendlich in meinem Körper abläuft. Welche Stoffwechselvorgänge, Abläufe in meinen Zellen, Genen und Molekülen beeinflusst werden! Ich wollte die Zusammenhänge besser verstehen. Nachdem wir alle mehr oder weniger Verstandesmenschen sind, fällt es leichter all die Gedankengänge um die Themen Wünschen, Heilung, Manifestieren und Vergeben nachzuvollziehen, wenn wir im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“ können, was in uns „abläuft“ wenn ...

Es klingt so leicht – „vergeben“. Man sagt es so leicht. Wir können es uns gedanklich vorstellen, aber wir fühlen es nicht in unserem Herzen. Manchmal sagen wir: „So etwas ist niemals zu vergeben!“

Wie so oft im Leben bringt einen die eigene Geschichte dazu etwas aufzuschreiben. So ist es nun auch mit diesem Buch. Meine eigene Geschichte hat mir gezeigt, was es für einen Menschen bedeuten kann zu vergeben und welch unglaubliche Freiheit dadurch entsteht. Der Zellheilungsprozess bringt schnell und direkt die Ursachen des Themas an die Oberfläche, führt zu einem tiefen Vergeben und damit zur Lösung des Problems. Dieses wird positiv verändert und führt zur Heilung.

Vergeben aus der Tiefe unseres Herzens bedeutet nicht nur Freiheit, die alle Bereiche unseres Lebens betrifft, sondern auch Heilung. Heilung in einer Tiefe, in die weder ein Medikament noch eine Psychotherapie vordringen kann. Meist beginnen dann erst therapeutische Maßnahmen zu wirken, wenn wir Schritt für Schritt gelernt haben durch den Prozess des Vergebens zu gehen. Im Verlaufe des Vergebungsprozesses verändert sich auch die Wahrnehmung unserer Umwelt, wir empfinden unsere Emotionen in anderer Weise und verändern dadurch auch unsere Art zu denken und zu handeln.

Wir leben im Moment in einer Welt von Aufruhr, unerklärten Kriegen, Angst vor Terrorismus und politischer Unberechenbarkeit. Die Ressourcen der Erde werden rücksichtslos ausgebeutet, globale Erwärmung bedroht uns, die Zustände in Wirtschaft und Industrie sind undurchsichtig. Um die Sauberkeit unserer Ernährung sind wir besorgt und finden dennoch keine Sicherheit. Es scheint, als würden wir auf einen Punkt zusteuern, wo wir uns nicht mehr erlauben können weg zu schauen, sondern Dinge genau zu betrachten – im eigenen Interesse und im Interesse unserer Kinder. Die Erde zwingt uns, genau hinzuschauen. Wir konzentrieren uns darauf, zu überleben und müssen mit unserem Alltagsstress zu Recht kommen. Wir fühlen uns hilflos und haben Angst davor, genauer hinzusehen, anzuschauen, was da mit uns in der Welt geschieht. Hier stellt sich die Frage nach einer Strategie, nach einem Rezept, damit wir zur Ruhe kommen können und den Mitmenschen mit Respekt und vor allem mit Liebe begegnen können. Wie soll das gehen?

Wir alle, die ganze Welt versucht immer wieder Frieden zu finden. Wir erwarten, dass andere für uns Frieden schaffen, Politiker, Kirchenfürsten, verschiedene Religionen. Das funktioniert aber nicht, weil wir uns nicht dafür entscheiden können, unsere Gewohnheiten und Fehler loszulassen! Der Frieden beginnt immer in uns selbst, sonst nirgends. Keiner kann ihn für uns schaffen, keiner kann uns glücklich machen, kein Mensch der Erde kann sich für uns freuen. Nur jeder Einzelne ist dafür verantwortlich.

Meist fühlen wir uns in unserem Leben blockiert, schlecht behandelt, eingeschränkt durch Lebensthemen, Familiengeschichte, soziales Umfeld. Negative Gefühle, wie Angst, Wut, Depression, Trauer, Neid und Schmerz stehen uns im Wege. Die Fehler machen immer die Anderen und sie sind dafür verantwortlich, wir selbst aber nicht – oder doch wir selbst?

Es ist möglich, sich aus alten Schmerzen zu lösen, Wunden zu schließen, Heilung zu erfahren und aus dem Drama auszusteigen. Dann können wir tief innen den Frieden fühlen, der uns durch Vergeben wie von selbst zufließt. Wenn wir Barmherzigkeit üben und anderen vergeben, sind wir in der Lage, Mitgefühl zu empfinden und Frieden in der Tiefe unseres Herzens zu erlangen. Erst dann geschieht die tiefgreifende Heilung in uns – auf der Ebene der Zelle! Diese Arbeit beginnt bei jedem Einzelnen von uns!

Der Weltfrieden beginnt in Ihnen, in mir, in jedem Einzelnen Menschen! Solange wir mir mit unseren Partnern, mit unserem Umfeld, mit unserer Arbeit, mit der Welt in Unfrieden leben, wird es keinen Frieden geben. Der Friede beginnt, wenn der Tag mit dem Blick in den Spiegel nicht mit dem morgendlichen Grauschleier beginnt, sondern mit der Aussage: „Guten morgen, wie schön, dich zu sehen!“ Wir müssen zuerst alten Schmerz und alte Themen loslassen, damit wir unser volles Potential leben können. Die mit alten Themen aufgebauten Verhaltensmuster haben uns bisher daran gehindert, wir selbst zu sein und uns selbst zu leben. Um die eigene Persönlichkeit voll zu entfalten ist es notwendig, die Qualität des Vergebens in uns zu spüren. Dann können wir die Vergangenheit heilen, unsere Kraft und unseren Frieden finden und unsere Persönlichkeit zum Leuchten bringen. Mit dem Zellheilungsprozess ist dies auf eine erstaunlich einfache Weise möglich.

Dann erst können die wichtigen Dinge in unserem Leben geschehen. Gesundheit, Freude, Wohlergehen. Innerer und äußerer Überfluss werden zu einem natürlichen Zustand. Es ist meine feste Überzeugung, dass diese Zeilen in Ihrem Leben einen Wandel bewirken und Ihnen helfen in Ihre Ganzheit zurückzukehren. Sie werden erkennen, dass der Friede nicht im Außen, sondern in Ihrem Inneren zu finden ist.

In diesem Buch bringe ich Ihnen das Verständnis des Vergebens näher und zeige Ihnen die Wirkung des Vergebens aus verschiedenen Perspektiven heraus auf.

Teil I

Warum ich dieses Buch schreibe

Seit über 20 Jahren bin ich sowohl psychotherapeutisch als auch körpertherapeutisch in eigener Praxis tätig. Bis zur Geburt meines ältesten Sohnes habe ich lange als radiologisch technische Assistentin in einer Münchner Uniklinik gearbeitet. In all der Zeit, ob nun in der Klinik oder später in der eigenen Praxis, habe ich mir oft den Kopf darüber zerbrochen, weshalb bei dem einen Patienten bestimmte Therapien „wirken“ und bei einem Anderen nicht.

Bei der Arbeit in der Radiologie hat mich eine besondere Kontrastmitteluntersuchung für den Magen zum Nachdenken gebracht. Es war mir aufgefallen, dass ein kleiner Zusatz aufgedruckt war. Da stand: SPV mit Pyloroplastik. Nachdem ich die Anfänge des Medizinerlateins durchschritten hatte, fand ich heraus, dass das ganz einfach hieß: selektive proximale Vagotomie (sprich: Durchtrennung des Nervus Vagus) mit anschließender Plastik des Magenpförtners. Oder anders ausgedrückt: wenn der Nervus Vagus durchtrennt ist, dann reagiert der Magen nicht mehr mit erhöhter Ausschüttung von Magensäure und der Mensch hat dann keine Magengeschwüre mehr! Da bin ich neugierig geworden. Ich habe mir die entsprechenden Patienten angesehen. Mehr als die Hälfte waren Gastarbeiter (sie wurden damals so genannt) oder Patienten, die unter extremem Stress standen. Ich fing an, mich mit den Leuten zu unterhalten, auch wenn sie sich kaum deutsch ausdrücken konnten. „Schwester! Groß viel Schmerz! Bitte helfen!“ Alle hatten natürlich körperlichenSchmerz, aber noch viel schlimmer waren das Heimweh und die Isolation. Na ja – dachte ich mir – was hilft es, wenn der Magen nicht mehr reagieren kann, aber die Seele weh tut? Warum fängt man da nicht am anderen Ende an? Ich habe in dieser Klinik acht erfahrungsreiche Jahre verbracht und dabei die Vor- und Nachteile der Schulmedizin kennengelernt. Es wurde mir klar, dass die Psyche bei allen körperlichen Krankheiten eine große Rolle spielt. In langsamen Erkenntnisschritten musste ich mir die Zusammenhänge klar machen. Ich entdeckte einige davon, ebenso stand ich vor einem großen Rätsel.

Mitten im Rätselraten meldete sich mein erstes Kind an, das ich leider im vierten Monat verlor. Zuviel Strahlung! Trotz Strahlendosimeters wurde damals nicht sehr achtsam mit der Strahlung umgegangen. Acht Monate später war ich wieder schwanger. Ich genoss es, Mutter zu werden und zu sein. Mein Großer bekam eineinhalb Jahre später eine kleine Schwester und wieder eineinviertel Jahre danach kam mein Jüngster auf die Welt. Die dritte Schwangerschaft war problematisch. Die Schulmedizin meinte, ich sollte dieses Kind überhaupt nicht bekommen. Nachdem ich mich vehement gegen diesen Abbruch gewehrt hatte, bekam ich meinen zweiten Sohn – Gott sei Dank! Er kam wie die beiden anderen per Kaiserschnitt auf die Welt. Drei Kaiserschnitte! Jeder Kaiserschnitt ist für Mutter und Kind traumatisch, wie ich schon in meinem Buch „Kleine Sorgenkinder“ beschrieben habe. Die erste Zeit mit ihm war sehr belastet, da seine kleine Lunge nicht arbeiten wollte. Doch hatte ich keine Zeit, mich mit Raten zu beschäftigen. Es ging ziemlich oft nur ums Überleben. Ich war in einem Dilemma. Ich war mit meinem Latein aus der Schulmedizin am Ende und ich sah keinen Ausweg. Dennoch erhielt ich gerade durch diese Situation eine große Chance. Ich musste mich mit anderen Möglichkeiten beschäftigen.Mein jüngstes Kind hat mich damit weit von der Schulmedizin weggebracht. Johannes hatte, als er sechs Monate alt war, wieder einmal ein bisschen Schnupfen. Nachdem er anfangs so oft am Ersticken war, reagierte er immer völlig panisch auf jedes kleine Rotznäschen. Er fing an unregelmäßig zu atmen und blau anzulaufen, wenn man ihn hinlegen wollte. Der Kinderarzt gab ihm ein Asthmamittel und Valium. Das Kind reagierte aber nicht. Im Gegenteil, es wurde schlimmer. Ich konnte ihn nicht mehr ablegen, ich schlief im Sitzen mit Johannes über meiner Schulter. Als der behandelnde Kinderarzt die Höhe der Medikamentendosis nicht mehr verantworten konnte, wies er uns in die Klinik ein. Wir verbrachten dort eine höllische Nacht. Ich musste mein Kind selbst stechen, weil niemand in der Lage war, ihm Blut abzunehmen. Johannes jammerte nur noch wie ein kleines Tier, abgefüllt mit Höchstdosen an Beruhigungs- und Asthmamitteln. In dieser Nacht habe ich nur noch gebetet. Ich habe geheult und zugleich innerlich getobt. Irgendwann gegen Morgen war mir, als würde jemand zu mir sagen: „Geh nach Hause und höre auf mit diesen Medikamenten.“ So beschloß ich, auf eigene Verantwortung die Klinik zu verlassen. Ich sagte zu Johannes: „Kämpfe, wenn du leben willst oder geh in Frieden, wenn du nicht leben willst.“ Das klingt ziemlich fatalistisch, aber ich sah keinen anderen Weg. Ich war am Ende mit meinen Kräften – und doch, irgendwie hatte mich eine Stimme in mir zuversichtlich gestimmt.

Ich ging nach Hause, setzte die Medikamente ab, gab meinem Kleinen Efeutrockenblätterextrakt und redete mit ihm. Ich erzählte ihm, was mir einfiel. Ich sagte ihm, wie sehr ich ihn liebte und wie sehr wir beide schon um sein Leben gekämpft hatten. Ich erklärte ihm auch, dass es sich doch jetzt nicht lohne, die Flinte ins Korn zu werfen und dass er durchkommen werde. Zwei Stunden später fing er an, normal zu atmen und – er lächelte wieder. Nach zwei Tagen war er völlig genesen. Zu diesem Zeitpunkt fand ich den wunderbaren homöopathisch arbeitenden Kinderarzt Dr. Stellmann, der meinen Sohn so gut behandelte, dass er heute ein gesunder junger Mann ist.

Das war das erste Mal, wo ich hautnah erfahren habe, wie eng traumatische Konditionierungen mit Symptomatiken einhergehen, die durch eine Behandlung mit der klassischen Medizin nicht zum gewünschten Erfolg führen. Die klassische Medizin hat ihm nach der Geburt das Leben gerettet. Aber diesmal lag etwas viel Tiefgreifenderes vor. Es konnte nicht mit einem körperlichen Gebrechen erklärt werden. Damals hatte ich noch keine Ahnung von Traumatherapie. Ich wusste noch nicht, wie stark psychische Zustände den Körper belasten und krank machen können. Wohl aber habe ich intuitiv das Richtige getan und zum Glück dann noch den richtigen Arzt gefunden.

Nachdem mein jüngster Sohn damals immer wieder asthmoide Beschwerden bekam oder mit Neurodermitis reagierte, musste ich wohl oder übel noch genauer hinsehen. Meine Ehe war schon lange nicht mehr in Ordnung. Aber was sollte ich tun? Ich hatte drei kleine Kinder. Als MTRA konnte ich halbtags niemals unseren Lebensunterhalt verdienen. Auch wollte ich den Kindern den Vater nicht wegnehmen. Zuerst litt ich noch still vor mich hin, weil ich keinen Ausweg sah, bis ich dann mit dem Mut der Verzweiflung ausbrach. Ich ließ mich scheiden.

In der Zeit der Scheidung lernte ich nachts für die Heilpraktikerprüfung, tags war ich für die Kinder da. Gott sei Dank hatte ich Hilfe von meiner Mutter und von meinem damaligen Freund, meinem zweiten Ehemann. Ein halbes Jahr nach der endgültigen Trennung von meinem Mann war Johannes völlig gesund. Der Stress zu Hause war vorbei. Ich eröffnete meine Praxis. In meiner grenzenlosen Naivität dachte ich, dass ich dann ganz schnell genügend für uns verdienen würde. Das war natürlich nicht so. Erst nach vier Jahren konnte ich von den Einnahmen aus der Praxis leben. Nach den ersten Jahren der Existenzängste, konnte ich wieder damit beginnen, mich mit den Rätseln der Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche zu beschäftigen.

Anfänglich dachte ich, wenn ich möglichst viele Ausbildungen machen würde, dann könnte ich schneller Erkenntnisse sammeln. Ich lernte NLP, Hypnose, Gesprächsführung, Arbeit mit inneren Bildern, um nur einige Ausbildungsthemen zu nennen. Dann machte ich Erfahrungen mit Energiearbeit und ließ mich in Reiki einweihen, wie auch in Lichtkörperarbeit ausbilden. Inzwischen gab ich schon Seminare und alles lief ganz gut. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Vieles über mich habe ich verstehen gelernt und vieles über das Zusammenspiel zwischen Körper und Psyche erfasst.

Das alles war wunderbar, aber nicht genug. Ich machte noch die Ausbildung in Craniosacraltherapie. Hier kam ich der Lösung meiner Rätselraterei näher, denn mit dieser Art von Therapie wurden mir viele Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche im wahrsten Sinne begreiflich. Aber immer noch fühlte ich mich getrieben, mehr über die Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche zu erfahren und besser verstehen zu lernen. Da kam Peter Levine nach Deutschland. Ich ergriff die Möglichkeit, bei ihm Traumatherapie zu lernen. Mir war schon lange bewusst, dass unsere Erfahrungen, Glaubenssätze und Lebensmuster, Schrecken und Ängste, Traumata, aber auch Freude, Glück und Liebe in unserem Körper Verhaltensmuster einprägen, nach welchen wir seit frühester Kindheit in unserem sozialen Umfeld reagieren. Alles, was wir je erlebt haben – sowohl Positives als auch Negatives – ist in irgendeiner Form in unserem Körper gespeichert und lenkt unbewusst unser Handeln. Erst mit der Traumaarbeit hatte ich das Gefühl, wirklich einen großen Schritt weiter zu sein. Jetzt wurde mir klar, wie und weshalb ein Mensch auf äußere Einflüsse in einer ganz bestimmten Art reagiert und sowohl psychische als auch physische Symptome erzeugt und wieder manifestiert. Mit diesem Wissen und den Erfahrungen aus meiner Praxis ausgestattet, fühlte ich mich inzwischen vielen therapeutischen Anforderungen gewachsen. Ich hatte ein Ganzes erreicht – Körper und Psyche.

Eine ganze Weile war ich zufrieden damit. Dann holte mich mein eigenes Leben wieder ein. Meine zweite Ehe war am Scheitern. Dieser große Schmerz ließ mich die Gründe dafür im Außen suchen. Das machte es erst einmal leichter. Mein Mann und ich versuchten, all die Ursachen für seine schreckliche Krankheit zu finden. Ich tat alles, um ihm zu helfen. Ich half so lange, bis ich selbst krank wurde. Ich hatte immer nur ihn und seine Erkrankung gesehen. Mich hatte ich dabei völlig übersehen. Ich geriet in die so genannte Co-Abhängigkeit. Ein Teufelskreis! Irgendwann ging es mir dann so schlecht, dass ich auszog um zu überleben. Hatte ich das nicht schon einmal erlebt? Jetzt musste ich selbst in den Spiegel schauen. Nicht mehr der Therapeut als Helfer für andere war gefragt. Jetzt war ich selbst zum Patienten geworden. Ich konnte mich nicht mehr von mir selbst ablenken. Ich musste in den Spiegel schauen.

Ich war wieder einmal am Anfang. Trotz meiner vielen therapeutischen Ausbildungen, Supervisionen, eigenen Therapiesitzungen und Meditationen musste ich einsehen, dass in meinem Leben etwas ganz Grundlegendes nicht stimmen konnte. Angefangen bei psychotherapeutischen Verfahren über Körpertherapien und einer Entgiftungskur auf den Philippinen, landete ich beim Thema Vergeben. Es ist die wunderbare Arbeit des Verzeihens mit dem tieferen Verständnis unserer Gefühls- und Verhaltensmuster. Hier geht es um Vergebung auf der tiefsten Ebene. Erst durch das Vergeben aus dem Herzen heraus können wir alle alten Wunden schließen. Angst, Schmerz, Wut, Groll, Verlust, Schuld, Vorurteil, Missgunst, Trauer sind nicht mehr in uns gebunden. Körper und Psyche treten jetzt in einen wirklichen Heilungsprozess, der unsere Emotionen, unseren Stoffwechsel, die Ausschüttung von Neurotransmittern, das Immunsystem, die Hormone und unsere körperliche Spannung neu konditioniert.

Nach dem Vergebungsritual fühle ich mich glücklich, frei und wieder in meiner Kraft. Mein Körper hat angefangen zu heilen. Die Arbeit ging mir leichter von der Hand. Mein Denken hat sich verändert. Ich spürte viel Freude und Zuversicht in mir. Es war, als hätte ich Schicht für Schicht alter Konditionierungen und Programme abgeschält, die mich bisher immer wieder nach alten, gewohnten Verhaltensmustern reagieren ließen. Sicher habe ich noch nicht alles aufgeräumt. Aber ich bin mit mir im Einklang und es begleitet mich ein tiefer Frieden. Das ist der Grund, weshalb ich dieses Buch schreibe. Es ist ein großer Wunsch in mir entstanden – dass auch Sie an diesem Frieden teilhaben. Deshalb ist es mir ein Anliegen, das Vergeben so zu erklären, dass auch Sie verstehen, weshalb es so wirksam ist.

Vergeben und die Wirkung

Unsere Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind.

Unsere tiefe Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind.

Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.

Wir fragen uns: Wer bin ich eigentlich, dass ich leuchtend, hinreißend, begnadet und phantastisch sein darf?

Wer bist Du denn, es nicht zu sein?

Du bist ein Kind Gottes.

Wenn Du Dich klein machst, dient das der Welt nicht.

Es hat mit Würde zu tun, wenn Du schrumpfst, damit andere um Dich herum sich nicht verunsichert fühlen.

Wir wurden geboren,

um die Herrlichkeit Gottes zu verwirklichen, die in uns ist.

Sie ist nicht nur in einigen von uns; sie ist in jedem Menschen.

Und wenn wir unser eigenes Licht erstrahlen lassen, geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis dasselbe zu tun.

Wenn wir uns von unserer Angst befreit haben,
wird unsere Gegenwart ohne unser zutun andere befreien. (Nelson Mandela)

Was hat Vergeben mit Gesundheit und Freiheit zu tun?

Wir alle sind geprägt von unserer Vergangenheit, von unseren Kindheitserlebnissen in der Familie und der Gesellschaft, den Gebräuchen in Religion und Kultur, den Erzählungen unserer Mitmenschen, den Berichten in den Medien. Unsere Gefühle, Verhaltensmuster, Gedanken, ja unser Umfeld sind nichts anderes als das Produkt unserer Vergangenheit und eine Projektion unserer Gedanken. Alles ist eine Widerspiegelung dessen, was wir erlebt haben. Viele Menschen erwarten deshalb die Wiederkehr ihrer eigenen negativen Erfahrungen. Weil ihre Erwartungshaltung darauf ausgelegt ist, verhalten sie sich so, dass sie in den alten Verhaltensmustern verhaftet bleiben und immer wieder die alten Geschichten in neuer Auflage erleben. Daraufhin wird das, was wirklich geschehen ist, noch schlimmer. Je öfter wir darüber nachdenken, desto größer werden der Schmerz, das schlechte Gefühl, die Sorge, die Angst und das Unwohlsein. All dies übt wiederum seinen Einfluss auf unseren gesamten Stoffwechsel aus und unsere Psyche leidet darunter. Je länger wir diesem Stress ausgesetzt sind, desto heftiger reagiert der Körper. Die Negativspirale nimmt zu, es geht uns schlechter, ja wir werden vielleicht sogar ernsthaft krank, verlieren die Arbeit, die Familie fällt auseinander. Alle Gedanken drehen sich auf einmal nur noch um das, was nicht gut ist. Dazu kommen noch die Nachrichten der Negativereignisse, die uns via Fernsehen und Zeitung die Bilder von Unglücken, Attentaten, Entführungen, Morden, Vergewaltigungen und Kriegsgeschehen ins Haus liefern. Alles um uns herum ist nur noch bedrückend. Wie soll man diesem Karussell negativer Ereignisse entfliehen?

Vielleicht finden Sie das jetzt etwas übertrieben. Aber seien Sie ehrlich – haben Sie sich nicht schon einmal gefragt, ob es sich lohnt zu leben? Werden Sie nicht oft von Gedanken und Gefühlen überrascht, die Ihr Leben problematisch erscheinen lassen? Erlauben Sie mir die Frage: Sind Sie wirklich glücklich?

Wenn Sie über eine Person oder eine Situation negativ denken, dann werden Sie immer wieder Entsprechendes anziehen. Dies wirkt wie ein Magnet. Sie ziehen damit die nachfolgenden negativen Ereignisse zu sich. Wenn Sie vor bestimmten Dingen Angst haben, dann wird diese Angst immer größer. Sie werden unbewusst alles unternehmen, diese Angst zu rechtfertigen. Wenn ein Patient seine Diagnose nicht verständnisvoll erläutert bekommt, dann wird diese Angst vor seiner Krankheit ihre Eigendynamik entwikkeln und all die Qualen produzieren, vor denen der Patient Angst hat.

Mit Ihren Gedanken entwickeln Sie die dazugehörigen Gefühle. Dies ist eine unglaubliche Macht. Mit Ihren Gedanken und Gefühlen erschaffen Sie Materie.

Von Generation zu Generation werden Angst, Scham, Schuld und die sich daraus entwickelnden Gefühle wie Wut, Missmut, Missstimmung, Groll, Feindseligkeit, Abneigung, Hass, Verzweiflung, Mutlosigkeit, Verbitterung, Enttäuschung, Frustration, und Depression weitergegeben. Der Schwerpunkt allen Denkens und Fühlens liegt im Negativen. Für unseren Alltag haben wir Verhaltensmuster entwickelt, mit denen wir diese hinderlichen Gefühle in den Griff zu bekommen versuchen. In Wirklichkeit haben sie uns im Griff und lassen nicht zu, dass sich unsere Persönlichkeit frei entfalten kann.

Mit den aus unseren Erlebnissen entwickelten Verhaltensmustern bleiben wir der Vergangenheit verhaftet. Ängstlich sind wir besorgt, zukünftig eintretende Ereignisse mit unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit zu bewältigen. Wir übertragen die Angst damit in die Zukunft. Wo hat in diesem Denkschema die Gegenwart ihren Platz? Das Gegenteil von Angst ist die Liebe. Aus der Liebe entspringen Mut, Beherztheit, Entschlossenheit, Warmherzigkeit, Wohlwollen, Güte, Selbstvertrauen, Achtung, Herzlichkeit, Zuneigung, Freundlichkeit, Taktgefühl und alle anderen positiven Gefühlsregungen.1 Sollten wir da nicht innehalten und schauen, wo wir selber stehen?

In den vielen Therapien, die ich mit Patienten gemacht habe, hörte ich immer wieder: „Meine Eltern sind Schuld, dass...! Mein Chef ist entsetzlich...! Mein Partner verletzt mich...!“ Diese Projektion ist ein Abwehrmechanismus, der die Übernahme der eigenen Verantwortung für das Geschehene verhindert. Ehrlich gesagt – ich hörte mich diese Dinge auch selbst sagen, bis ich begriffen habe, dass niemals Heilung erfolgen kann, wenn wir immer im Außen die Verantwortung suchen, noch schlimmer – die Lösung von Außen erwarten.

Das Schicksal, das ein Mensch hat, ist wichtig. Zuerst geht es darum, das Geschehene zu würdigen, den Schmerz und die Verletzungen ernst zunehmen. Denn die Verletzungen haben im Körper tiefe Spuren hinterlassen. Der Körper hat sich zusammengezogen und wir haben den Zugang zu unserem tiefsten Inneren verloren. Die feine Stimme im Inneren ist übertönt, dringt nicht mehr durch. Die negativen Gedanken haben die Macht übernommen. Es ist ein Kampf, der im Inneren stattfindet. Diesen Kampf können wir so nicht gewinnen. Wir suchen verzweifelt nach einer Lösung im Außen und sind bitter enttäuscht, wenn sie dort nicht zu finden ist. Die Hilfe, die wir im Außen finden, ist meist nur von kurzer Dauer. Der größte Heiler, der beste Therapeut und das teuerste Medikament können nicht helfen, wenn nicht die innere Situation, die Psyche geheilt wird. Die Fähigkeit Heilung zu finden, sich frei und glücklich zu fühlen trägt jeder Mensch in sich. Egal wie groß das Problem in der Vergangenheit war, es besteht die Möglichkeit, Ursache und Entstehung der Krankheit zu finden und zu einer Lösung zu gelangen.

In jedem von uns gibt es eine ganz tiefe Kraft, die uns am Leben erhält. Ihre Einstellung zu Religion ist hier unerheblich. Ich glaube, jeder Mensch hat eine Ahnung davon. Der erste Schritt ist, wieder in Kontakt mit dieser Naturkraft zu kommen. Es geht darum, die feine Stimme im Inneren wieder wahrzunehmen und auf sie zu hören. Schritt für Schritt das Vertrauen in diese innere Kraft immer wieder zu stärken bedeutet, dass wir alte physische und psychische Verletzungen erkennen können und Heilung auf allen Ebenen möglich wird. Wenn die Kraft und das Vertrauen da sind, können wir an die Wurzel einer Traumatisierung oder Verletzung vordringen, sie auflösen und loslassen. Dinge, die in unserem Leben geschehen sind, können wir nicht ungeschehen machen. Wie es in manchen Therapien heißt, wir können sie nicht löschen. Alles was je in einem Menschenleben geschehen ist – ob Positives oder Negatives – hat zu unserer Prägung beigesteuert und ist in unseren Zellen gespeichert. All das hat dazu beigetragen, dass jeder Mensch einen ganz eigenen Wahrnehmungsfilter hat und sich so seine ganz individuelle Persönlichkeit entwickeln mussteAdam Bernds: „ ... welches Alles (Kriegserlebnisse) sie in so große Angst gesetzt, so dass es nicht wundert, dass er ein zusammengepresstes Herz auf die Welt gebracht, den die Mutter unter einem 9 Monate zerknirschten und mit Furcht und Angst beklemmten Herz getragen.“