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Unterwegs mit Michael Müller
Jahrgang 1953, geboren in Ebermannstadt. Nach der Ausbildung zum Kfz-Mechaniker zog es ihn für einige Jahre nach Neuseeland und Ecuador. Dort begegnete er dem Reisejour­na­listen Martin Velbinger, mit dem er zusammen in Südamerika recherchierte - die Initialzün­dung für die berufliche Neu­orien­tierung, die 1979 in die Grün­dung des eigenen Verlags mündete.
Wieder einmal zieht’s mich in die Tos­ka­na. Florenz und Pisa? Kennt man. Auf Touristenmassen und Schlange­stehen habe ich dieses Mal keine Lust. Also ab aufs Land, aber richtig aufs Land und unbedingt mit Meer!
Das schöne mittelalterliche Siena neh­me noch mit, dann geht’s - ich bin in Genießerlaune - in die fantastisch ge­legenen Weinstädtchen Montepul­cia­no und Montalcino. Südlich davon wird es sehr beschaulich. Immer wieder treffe ich auf die Etrusker, ihre Mauer­reste und Nekropolen im Tuffstein. Tolle Wanderungen führen mich durch ihre tief einge­grabenen Hohlwege. Be­sonders ange­tan haben es mir die ver­schlafenen Tuffsteinorte Pitti­glia­no, Sova­na und Sorano, deren verwinkelte Gassen in den letzten Jahr­zehn­ten im­mer stiller geworden sind.
Ganz anders die Maremma und ihre fla­che Küstenregion. Auch nach jahr­zehn­telanger Bekanntschaft ist der ers­te Eindruck derselbe: Helligkeit und Weite. Hier gibt es zum Glück noch ruhige Streifen, die zu langen, medita­tiven Spaziergängen am Meer ein­laden. In Albarese leih ich mir auch die­ses Mal ein Rad für die kleine Tour durch Wiesen und Pinien ans Wasser. Am Naturstrand bin ich in bester Ge­sell­schaft mit den gut­mütigen Marem­ma-Rinder hinterm Zaun, dann Bade­hose an und rein in die erfrischenden Fluten.
In eigener Sache
Wegen der andauernden Corona-Pandemie sind Museen, Restaurants, Veranstaltungen usw. kurzfristig nur eingeschränkt oder gar nicht zu besuchen. Deswegen können nicht alle Informationen in diesem Buch auf dem aktuellen Stand sein. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis und bitten Sie, gelegentlich einen Blick auf unsere Internetseiten zu werfen, wo wir Sie über Ihr Reisegebiet auf dem Laufenden halten. Wenn Sie mögen, können Sie diesen Service mit eigenen Erfahrungen vor Ort unterstützen. Schreiben Sie uns unter info@michael-mueller-verlag.de, Stichwort „Reisebuch-Updates“. Wir sind dankbar für jeden aktuellen Hinweis.
Orientiert in der Südtoskana
Die Südtoskana im Profil
Wer in den Süden der Toskana fährt, erlebt von allem das Beste. Zwischen Siena und Monte Argentario wimmelt es nur so von den verschiedensten Landschaften, von Kultur von den Etruskern bis heute, von erlesenen Weinen und anderen kulinarischen Genüssen. Und dann noch das Meer! Nicht zuletzt deswegen ist die Südtoskana unsere ganz besondere Empfehlung für einen Toskana-Urlaub mit der ganzen Familie.
Die Süd­toskana ist ...
... Stadt, Land und Meer
Unbestrittener Hauptort der süd­li­chen Toskana ist Siena. Keine Re­nais­sance-Bau­ten wie in Florenz, sondern Mit­tel­alter pur: enge Gassen, dunkle Pa­läste und mit dem Campo eine Piazza, die zu Recht als schönste ganz Ita­liens gilt. Östlich von Siena erheben sich die karg bewachsenen, lehmigen Crete Senesi, im Westen die Colline Me­tallifere, wo noch im 20. Jh. Eisenerz abge­baut wur­de. Südlich von Siena lockt das saftig grüne Val d’Orcia mit dem Renais­sance-Reiß­brett­städt­chen Pienza im Zent­rum, und wei­ter im Süden ragt der Monte Amiata, ein erloschener Vulkan, aus der Landschaft, dessen Gipfel gele­gent­lich in den Wolken steckt.
Hin­ter dem Amiata öffnet sich die dünn besiedelte Hü­gellandschaft der Maremma, be­kannt für die Quellen von Saturnia und das Tuffstädtchen Piti­gliano. Und schließ­lich überzeugt die Südtoskana mit ihren Stränden. Der quirligste Badeort an der Maremma-Küste ist das bei italieni­schen wie aus­ländischen Touristen be­lieb­te Fi­scher­städtchen Castiglione della Pescaia. Auf der Halbinsel Mon­te Argen­ta­rio weiter südlich verbringen Fami­lien zwi­schen den Yachten des italie­nischen Geldadels ihre Badetage.
... die Heimat der Etrusker
Die Herkunft der Etrusker ist bis heute un­klar. Doch im ers­ten Jahr­tau­send vor Christus sie­del­ten sie zwi­schen Arno und Tiber und bildeten die erste Hoch­kultur auf italie­ni­schem Boden. Von den Rö­mern als „Etrus­ci“ bzw. „Tusci“ be­zeich­net, ga­ben sie der Tos­kana ihren Na­men und hinterließen zahl­reiche Kunst­ge­gen­stän­de, vor al­lem aus Me­tall und Kera­mik. Bauliche Zeug­nisse finden sich in erster Linie unter­irdisch: als Nekro­polen mit er­staun­lich er­hal­tenen Wandma­le­reien.
... eine Genussregion
Die toskanische Küche ist bäuerlich einfach, das aber mit den frischesten Zuta­ten. Pasta gibt es in allen Formen und mit allen mög­li­chen Sau­cen. Vor allem um Monte­pul­ciano und Chi­u­si wer­den Pici ange­boten, eine Art kurze, di­cke Spa­ghetti, meist handge­macht. Beson­ders gut ha­ben sie uns in der Osteria del Borgo in Monte­pulciano ge­schmeckt.
Importiert aus der toskanischen Haupt­stadt Florenz ist das Bistecca alla fioren­tina, ein kräf­tig ge­würz­tes, ge­grilltes Steak, rund 800 g schwer, 3-4 cm dick und von einer Person allein kaum zu schaf­fen. Den Selbstversuch startet man z. B. in der Trattoria Il Pozzo in Sant’Angelo in Colle.
Den Wein zum guten Es­sen liefert die Südtoskana gleich mit. Wie der Chian­ti wird auch der hiesige Vino Nobile di Mon­te­pul­ciano aus der San­gio­vese-Trau­be ge­keltert. Fast noch besser ist der auf ei­nem Sangio­vese-Klon ba­sie­ren­de Bru­nello di Mon­tal­cino.
Fisch isst man natürlich an der Küs­te. Das Lokal Santarino ist allein ein Grund, Follonica anzusteuern! In der ein­fachen altmodischen Gaststube mit Plastikstühlen geht es nur um eines: frischen, exzellenten Fisch und das zu Prei­sen, die man weiter südwärts ver­geblich suchen wird.
... ein ideales Familienziel
Keine Freizeitparks mit Achtfach-Loo­pings, dafür viel Natur und Wasser, Kultur zum Darin-Rumturnen auf und unter der Erde, natürlich Pizza, Nudeln und Eis - und überall die herzliche Bam­bini-willkommen-Garantie! Unserer besonderer Tipp für den Fami­lien­urlaub sind die hervorragenden Cam­pingplätze - auf denen man meist auch kleine Hütten oder große Wohn­wa­gen mieten kann. Hier finden die Kleinen sofort Anschluss.
Campeggio Parco delle Piscine in Sarte­ano: regelmäßig geprüft und mit Top­bewertung zu empfehlen! Gepflegt, freund­lich sowieso - plus ein eigenes Thermal­schwimmbecken und direkter Anschluss ans nette Städtchen.
Camping Village Rocchette bei Casti­gli­ano: Unser zweiter Camping-Favorit liegt an der Küste. Im Zelt oder in einem der hoch­wertig ausgestatteten Bun­galows hört man tatsächlich das Meer rau­schen!
Tenuta del Fontino: Wer es kom­for­tabler mag - dieser herrschaftlichen Villa in der Maremma mangelt es an nichts: Grill­abende, Badesee, Sauna, Pferde ...
Castiglione della Pescaia: Der quirlige Badeort mit der Formel für schöne Tage am Meer: feiner Sandstrand, prämierte Wasserqualität, 1a-Gelato-Versorgung, ein kleiner Hafen und darüber die idyl­lische mittelalterliche Altstadt.
Insel Giglio: Schon ein Bootsausflug ist herr­lich! Vom pittoresken Ha­fen geht es in Serpentinen zu einem der schönsten Dör­fer Italiens. Am Meer malerische, glas­kla­rem Badebuchten, wo man schnor­cheln kann oder in einer der Tauch­schulen einen Kurs bucht.
Von vor den Römern bis heute
Erlebnis Kultur
Auf etruskischen Hohlwegen monumentale Gräber ent­decken. Im romantischen Bagno Vignoni um ein antikes Thermal­becken wandeln. Mittelalterliche Klöster und Burgen überall, am Meer mit Aussichtstürmen gegen feindliche Piraten. Pienza entpuppt sich als architek­tonisches Gesamtkunstwerk. Montepulciano gibt mit Brunello-Weinkellern, groß wie Kathedralen, der Weinkultur den passenden Rahmen.
Am letzten Zipfel der Süd­toskana dann ein schillernder Skulpturenpark mit moderner Kunst, voller Fantasie und Farbe. Was für eine Fülle!
Etruskische Spuren
So­va­na: Auf den Spuren der Etrusker wan­dert man durch Hohlwege zu mo­nu­mentalen Gräbern und Nekropolen. Interessant: Die etruskischen Bestat­tungs­riten waren eher vergnügliche Feierlichkeiten.
Ansedonia: Am Meer findet man die Tagliata Etrusca, ein Glanzstück etrus­kischer Wasserbau­kunst, und in einem uralten Olivenhain liegen die Reste der römischen Siedlung Cosa.
Chiusi: Das Museo Nazio­nale Etrusco be­sitzt eine der größ­ten Samm­lungen etrus­kischer Fun­de. „Museum“ bedeutet hier auch unterirdische Labyrinthe und Katakomben. Spannung pur!
Roselle bei Gros­seto: Die ein­drucks­vol­le Stadt­mauer der etrus­kischen Sied­lung ist fast voll­stän­dig er­halten und für Besucher bes­tens er­schlossen und auf­bereitet.
Magisches Mittelalter
Siena: Die wunderschöne Stadt ist der spätmittelalterliche Gegen­en­t­wurf zur Re­naissancestadt Florenz. In Sienas kultureller Blütezeit zwi­schen 1250 und 1350 sind un­zählige Stadt­paläste im gotischen Stil ent­standen. Prunk­stück der siene­sischen Städtebaukunst ist das En­semble um den vielleicht schöns­ten Platz Italiens, die muschel­förmige Piazza Il Campo mit dem ma­jes­tä­ti­schen Palazzo Pubb­li­co und dem hoch in den Himmel ra­gen­den Torre del Mangia.
Abtei San Galgano: Die Ruine des Zis­terzienserklosters liegt ca. 35 km süd­west­lich von Siena auf der grünen Wiese. Auf­ge­geben wurde die Abbazia be­reits 1783, danach diente sie den Bau­ern als Stein­bruch. Die Reste strah­len heute buch­stäblich „ruinösen Zau­ber“ aus.
Renaissance-Highlights
Pienza: Zwi­schen 1459 und 1462 ließ Papst Pius II. ein unbedeuten­des Nest im Val d’Orcia zur città ideale um­bau­en - eine Mus­ter­stadt der Re­naissance mit klaren Li­nien, stren­ger Sym­metrie und ab­ge­stimm­ten Pro­por­tionen. Wie bei al­len großen Uto­pien ist jedoch nicht alles wie ge­plant ver­wirklicht wor­den. So ist es in ge­wis­sem Sinne tröst­lich, dass Pienza ne­ben gran­dio­sen Ent­würfen auch ganz Profa­nes zu bie­ten hat: zum Bei­spiel den Pe­corino di Pienza, einen vor­züg­li­chen Schafs­käse, den man in vie­len Läden des Mus­ter­städtchens für ganz ge­wöhn­liches Geld kau­fen kann ...
Abtei Monte Oliveto Maggiore: Der wuch­tige Back­steinbau inmitten einer grünen Zypressen-Oase ist für seinen Kreuz­gang mit wunder­baren Renais­sance-Fresken berühmt.
Tuffstein-Topping
Pitiglia­no, Sorano und So­va­na: Die Ört­chen im süd­lichs­ten Zip­fel der Ma­rem­ma sind keine ausgeklügelten ar­chi­tek­to­ni­schen Entwürfe, son­dern Beispiele ur­tüm­lichen Bau­ens am Fels, al­le­samt etrus­ki­schen Ur­sprungs und aus Tuff ge­meißelt: Je­des Haus, jeder Tor­bogen, jede Trep­pe in den un­fassbar en­gen Gassen ist sehenswert.
Musik liegt in der Luft
Massa Marittima: Die magisch schöne Piazza Garibaldi versetzt einen bereits ohne Musik in Schwingungen! Doch die Opernaufführungen der Lirica in Piazza lassen an lauen Augustabenden alles zu einer großen Harmonie ver­schmelzen.
Montepulciano: klassische Konzerte im Palast mit Bilderbuch-Ausblick, besser geht’s nicht! Die Karten für das Som­mer-Musikfestival der Meisterschüler sind heißbegehrt.
Outdoor-Kunst
Garten-Konzeptkunst im Trüffelort San Giovanni d’Asso: Einem amerika­ni­schen Künstler ist mit dem Bosco della Ragnaia die Renaissance eines Renais­sance-Gartens gelungen.
Giardino di Daniel Spoerri: Der traum­haft gelegene Kunstpark auf einem Rie­senareal steckt voller Überraschungen.
Kultur mit Kindern
Labyrinth in Chiusi: „Schweizer Käse“ beschreibt die von den Etruskern im Tuff­stein angelegten unterirdischen Gän­ge äußerst zutreffend. Ein archäo­lo­gischer Trip in die Unterwelt sorgt selbst bei hartgesottenen Kids für Schau­er über den Rücken ...
Giardino dei Tarocchi: der Ausflugstipp gewinnt in allen Kategorien! Fantasie ohne Grenzen in einem Skulpturenpark mit knallbunten gigantischen Figuren. Eine schillernde Welt von Nanas, Ge­bäuden und verrückten Ideen. Einzig­artig!
Zu Lande und zu Wasser
Erlebnis Natur
Der Süden der Toskana bietet ein gutes Spektrum: den kargen Lehmboden der Crete, Endlos-Aussichten mit grünen Hügeln im Orcia-Tal, wild­romantische Pfade durch Buchenhochwald und Kastanien­haine auf dem Monte Amiata. Kaum zu toppen? Vielleicht mit schönen Sandstränden an einem herrlichen Meer, den einsamen Badebuchten am Monte Argentario und dem Wanderparadies im Maremma- Naturpark.
Der kleine Strand „Bionda“ bei Porto Santo Stefano
Am Meer
Merke: Je weiter man nach Süden reist, desto schöner werden die Strände, egal ob mit oder ohne den Bagni mit auf­ge­reih­ten Sonnenliegen und Schirmen.
Mit der Familie: Der schönste Sand­strand für einen herr­lichen Tag am Meer mit den Kids ist Casti­gli­one della Pescaia. Es fehlt an nichts!
Naturpark-Strand: Der sandige Natur­strand Marina di Alberese ist ein Traum, dekoriert mit dem Strandgut an­geschwemmter Bäume und Äste.
Sport-Beach: Die Bucht von Tala­mo­ne ist mit flachem Strand und gutem Wind optimal für Surfer.
Nur zu Fuß oder per Rad: Der Weg lohnt sich zum naturbelassenen Tombolo di Feni­glia, der mit herrlich fei­nem Sand und duftendem Pinien­hain Festland und Monte Argentario verbindet.
Reif für die Insel? Auf nach Giglio! Ein schöner Tagesausflug dank der Fähr­en von Porto Santo Stefano.
Auf den Berg, durch die Täler
Monte Amiata: Nach dem Auf und Ab im zauberhaften Orcia-Tal sticht er als „richtiger“ Berg hervor! Am Gipfel ist man auf immerhin 1738 m.
Zypressen-Highlights: Die vielfotogra­fier­te Zypresseninsel steht in der Nähe von San Quirico auf dem Weg ins Orcia-Tal rechts an der Via Cassia. Die schönste Zypressenallee windet sich beim Anwesen La Foce in Serpentinen durchs Tal empor.
Bergromantik in Vivo d’Orcia: Mini­bergdorf mit einer ver­zau­berten Ein­siedelei am Lauf des Vivo.
Heiße Wasser
Wellness mit wohltuendem Wasser heißt auf Italienisch Benessere! Aller­orts sprudelt es in der Südtoskana aus der Erde - auch mitten in der Natur, was aus der Sache noch mehr Urlaub macht.
Saturnia: wartet mit einer der luxuriösesten Wellness­anlagen der Toskana auf, sowie mit dem kostenlosen Bad an den Warmwasser-Kas­kaden in freier Natur - un­kompliziert und ein Rie­sen­spaß.
Chianciano Terme: Die Heil­quellen waren bereits bei den Etruskern beliebt, klassischer Kurort mit modernen Thermal­an­lagen und allen Raffinessen.
Rapolano Terme: bietet gleich zwei Thermalbäder und zwar zu erschwing­lichen Preisen.
Bagni di Petriolo: Flussbad in der Wild­nis für ein spontanes Bad in damp­fen­dem Schwefelwasser.
Naturschutz-Perlen
Parco Naturale della Maremma: rie­si­ger Naturpark entlang der Tyrrhe­ni­schen Küste. Rehe, Wildschweine, Maremma-Rinder mit gewal­ti­gen Hör­nern, Pferde der Maremma-Ras­se, die von den stolzen Butteri ge­ritten wer­den, und eine Macchia Medi­ter­ranea, die schöner nicht sein kann.
Naturreservat Diaccia Botrona: An der Fluss­mündung ist Birdwatching ange­sagt. Man erfährt alles über die Zug­vögel und die Geschichte des einstigen Sumpfge­biets.
Riserva Naturale del Lago di Burano: Das Reservat ist ein mit dem Meer verbundenes Sumpfgebiet und steht unter der Obhut des WWF.
Wandern und Radfahren
Parco Naturale della Maremma: Der Park (s. o.), ist gut organisiert und bietet ein großes Netz an Wander­wegen durch Buschwald und Olivenhaine, zu Wiesen, auf denen Maremma-Rinder grasen und auf Felsen zu Aus­sichts­türmen mit Blick übers Meer.
Radtour von Alberese zum Strand Mari­na di Alberese: Bikes ausleihen und los geht’s auf markiertem As­phal­t 8,5 km durch Wiesen und Pinien­haine bis zum Meer, wo sich ein Bad anbietet.
Wanderung auf den Monte Labbro: Auf den Spuren des Mystikers Davide Laz­zaret­ti geht es bis auf 1193 m. Die Tour beginnt im Parco Faunistico (s. u.) und ist die Nr. 12 unserer schönen Wan­de­rungen im Anhang.
Natur mit Kindern
Mondo Marino in Massa Marittima: In der schillernd-bunten Meereswelt wird es spannend, wenn die Fütterung im Haifischbecken ansteht ... Da verblasst selbst die Dino-Ausstellung!
Parco Faunistico: Auf markierten Pfa­den begegnen einem Reh-, Dam- und Muffel­wild, amiatinische Esel und, der Hit, Wölfe - die allerdings in einem großen eingezäunten Gehege.
Bagni San Filippo: Im Wald folgt man dem Rauschen des Wasserfalls und er­reicht heiße Quellwasserbecken zwi­schen tollen Felsen.
Unterwegs in der Südtoskana
Von Siena in die Crete Senesi
Siena macht den Auftakt - eine Stadtschönheit, die einer ganz speziellen Ockerfarbe ihren Namen gab und deren Campo zu den schönsten mittelalterlichen Plätzen überhaupt zählt. Die klassische Weiterreise in den Süden führt auf ehemaligen Römerstraßen durch die Montagnola und die bizarren Crete - vorzugsweise mit eleganter Sonnenbrille im Cabriolet und die Kamera stets griffbereit ...
Dem Himmel ganz nah ist man in der Abtei San Galgano, Start unserer Wanderung 2.
Wir lassen Siena als „Tor zur Süd­tos­kana“ hinter uns und gelangen in eine stil­lere, weit weniger touris­tische Re­gion. In den beschaulichen Berg­dörfern der waldreichen, kaum besiedelten Montagnola tickt das Leben langsamer. Mitten in der reiz­voll­s­ten, aber abge­schie­denen Land­schaft steht dann plötz­lich ein gran­dio­ser Kirchen­bau oh­ne Dach vor einem. Kein Wunder, denn wir sind an einer alten Pilger­route un­ter­wegs. Gleich mehrere Klöster und Abteien laden zu spiritueller Einkehr ein oder zumindest zu herrlich er­hol­sa­men Spaziergängen auf den nahen Rund­wanderwegen. Woh­lige Ent­span­nung für Körper und Geist verspricht auch ein Bad in einer der heißen Quellen, die hier vielerorts sprudeln.
Südöstlich von Siena trifft man auf der Reise auf den bizarren Landstrich der Crete, eine eigenartig abstrakte, von Sonne ausgedörrte Mondland­schaft - Erosionsfurchen und Hügel­ket­ten aus Tonerde ziehen ihre Linien vor einem wolkenlosen Horizont. Oft sieht man in der Ferne ein ein­sames Ge­höft oder eine wohlgeordnete Zypres­sen­allee. Dann wieder zum Blei­ben schö­ne Bilderbuchorte, in denen sich im Herbst alles um den kostbaren Tartufo bianco, den weißen Trüffel dreht.
Was anschauen?
Abtei San Galgano: Kirchgang einmal an­ders, hier ohne Dach. Freistehend und von Wiesen umgeben, lädt die Ruine aus dem 13. Jh. zu Einkehr, Spa­zier­gang und sommer­lichen Frei­luft­kon­zerten ein.
Cappella di Monte Siepi: Ober­halb der Ab­tei San Gal­ga­no steht die Ein­sie­de­lei mit dem sagen­um­wo­benen Schwert im Fels.
Abtei von Monte Oliveto Mag­gio­re: Von dichtem Zy­pres­senwald umgeben, fin­det hier noch immer klös­ter­liches Leben statt. Besondere Er­lebnisse sind der Kreuz­gang mit fantastischer Fres­ken­ma­lerei und die gre­go­ria­ni­schen Ge­sänge. Für weltlich profane Genüsse ist der Klostershop geöffnet.
Museo della Mezzadria Senese in Buon­con­vento: Das Mini­mu­seum gibt Ein­blicke ins einstige Leben der Land­bevölkerung, der Schwer­punkt liegt da­bei auf dem für die Region typischen Halb­pacht-System.
Dreamwoods bei Rosia: ein Park voller Skulpturen aus Mil­lio­nen von Stei­nen. In Sze­ne ge­setzt vom deutschen Aus­steiger Man­fredo.
Il Bosco della Ragnaia: Parkanlage ei­nes Künstlers, in der sich der Weg durch surreale Gegenwartskunst und mäch­tige alte Baumriesen windet. Ein­tritt frei!
Wo baden?
Bagni di Petriolo: Relaxen in einem Badeteich mit 40 °C heißem Thermal­was­ser inmitten der Natur - höllischer Schwe­felgeruch inklusive. Man hasst oder liebt ihn!
Rapolano Therme: Zwei Thermalbäder - mit niedrigerem Schwefelgehalt - ver­sprechen angenehmes Planschen im tru­beligen Spaßbad oder im gediegenen Wellness-Kurbad.
Wo essen und trinken?
Trattoria Dai Galli in Chiusdino: Wir lieben gemütliche Familienbetriebe wie diesen. Echte toskanische Küche plus eigenen Kreationen werden auf heime­liger Terrasse serviert.
Trattoria La Pergola in Radicondoli: Soll’s mal eine gute Pizza sein? Hier inklusive einer Terrasse mit schönstem Sonnenuntergangs-Blick ever!
Fattoria di Tatti in Roccatederighi: In der stattlichen Villa geht es nicht „nur“ um gutes Essen, Trinken und Über­nachten: Yoga und Feldenkrais be­reichern den Aufenthalt.
La Botteghina in Asciano: Der kleine Fein­kostladen führt allerlei köstliche Anti­pasti, die man gleich vor Ort verspeisen kann.
Locanda Il Paradiso in Chiusure: total einfach und einfach genau das, wonach einem inmitten der Crete Senesi der Sinn steht: Bruschetta, Crostini & Co. mit einem Glas Vino - passt!
Locanda del Castello in San Giovanni d’Asso: Das etwas extravagante Res­tau­rant in der wuchtigen Burg des Trüffel­ortes sorgt für gehobenen Genuss. Schö­ne Zimmer laden hier außerdem zum Bleiben ein.
ll Conte Matto in Montisi: renommierte Adresse, zuverlässig gute Küche, mit Terrasse.
Locanda di Casal Mustia in Petroio: ei­ne kleine Oase der Gastlichkeit direkt an der Kirche des Mini-Orts.
Siena ca. 55.000 Einwohner
Rotbraune Back­steinbauten in schumm­rigen Stra­ßenschluchten, dem ge­krümmten Profil der Hügel angepasst, auf de­nen Siena er­baut wurde. Die Alt­stadt ist durch und durch gotisch-mittelal­terlich, doch Ver­kehr und Tages­touris­mus verschonen nur wenige der en­gen Gassen. Seine Rei­ze zeigt Siena beson­ders frühmorgens oder in den Abendstunden, wenn rund um die be­rühmte Piazza del Cam­po wieder Ruhe ist.
Die Piazza del Campo mit dem Rathaus

Die Piazza del Campo mit dem Rathaus

Siena ist nicht in das grüne Hü­gelland der Um­ge­bung hinein­gewuchert, die Ein­wohner­zahl hat sich seit der Blüte­zeit der Stadt nicht erheblich ver­än­dert. Die Silhou­et­te wird geprägt durch die voll­stän­dig erhaltene Stadtmauer und den bis zur Platt­form 88 Meter (!) ho­hen Rat­hausturm, die Torre del Man­gi­a.
Zu Füßen des Turms erstreckt sich muschelförmig die Piazza del Campo, Italiens be­rühmtes­ter mit­telalterli­cher Platz, meist nur Campo genannt. Fast sämt­li­che Gebäude wurden aus Back­stein erbaut, auch die Adelspaläste. Eine Aus­nah­me ist Sienas Prunk­stück, der marmorverklei­dete Dom. Auffäl­lig sind auch die geschmiedeten Ösen an den Häu­ser­wänden - fast schon kleine Kunst­wer­ke aus Eisen -, an die einst die Pfer­de gebunden oder in die Fa­ckeln ge­steckt wur­den.
Siena ist ein Freilichtmuseum der italie­ni­schen Gotik, die aber mit der him­mel­wärts stre­benden nordischen Go­tik, wie sie z. B. der Kölner Dom zeigt, we­nig gemein hat. Seit der Blüte­zeit im 14. Jahrhundert und besonders nach der Erobe­rung durch Flo­renz (1559) entstanden keine herausra­gen­den Bauwerke mehr. Für kunst­hi­sto­risch In­te­res­sierte ein unschätzbarer Vor­teil: Der mittel­alter­li­che Bau­stil blieb un­verfälscht.
Die Wölfin von Siena

Die Wölfin von Siena

Stadtgeschichte
Siena war eine der mächtigen mit­tel­al­ter­lichen Stadtrepubliken und die gro­ße Kon­kur­rentin von Flo­renz. In den Jahrhunderten der zermürbenden Kämp­fe zwi­schen Ghibel­linen (kai­sertreu) und Guelfen (papsttreu) ver­suchte die Stadt mit aller Kraft, ihre Unabhängigkeit zu bewahren, bis sie schließlich im Jahr 1555 vor der ge­ballten Mili­tärmacht Kaiser Karls V. die Waf­fen strecken muss­te. Seit­dem ist es ruhig geworden in Siena, doch die Stadt­anlage, die Bau­ten und Kunst­wer­ke, alles erinnert noch an die große Zeit der Stadtrepu­blik.
Der Sage nach wurde Siena von den Söh­nen des le­gen­dären Rom-Erbauers Re­mus ge­gründet. Ent­spre­chend ist die Wölfin mit ih­ren säugen­den Kleinen nicht nur das Wahrzeichen von Rom, son­dern auch das Sie­nas. Sicher ist, dass die Stadt­grün­dung in die etrus­kische Zeit (ca. 300 v. Chr.) fällt, doch war diese An­sied­lung ohne Be­deu­tung. Unter den Rö­mern scheint sich dann ein ge­wis­ser Unab­hän­gig­keitsdrang breit­ge­macht zu ha­ben. So er­wähnt Tacitus ei­nen em­pör­ten Senator, der be­haup­tet, von den Ein­woh­nern Sienas übel ver­prü­gelt worden zu sein ...
Im 12. Jh. begann der erbitter­te Kampf um Auto­nomie, aus de­m Siena ge­stärkt her­vor­ging. Im Kampf ge­gen den Bi­schof von Vol­terra er­o­ber­ten die Sie­ne­ser 1137 die Sil­ber­mi­nen von Mon­tieri und schu­fen sich da­mit die Basis ihrer Macht. Bald schon kons­ti­tuier­te sich Sie­na als un­ab­hän­gige Re­pub­lik mit ei­ge­ner Münz­präge­stätte - Siena wur­de zen­t­ra­ler Anlauf­punkt für Geld­ge­schäfte aller Art. In dieser Zeit be­gan­nen die macht­poli­tischen Aus­ein­an­der­set­zu­n­gen mit Flo­renz. Sie­na war kai­ser­treu (ghi­bel­li­nisch), wäh­rend es Flo­renz mit dem Papst hielt. Die­ser Ge­gen­satz, der die ober- und mit­tel­ita­lie­nische Ge­schichte bis ins Hoch­mit­tel­al­ter be­stimm­te, brachte er­bar­mungs­lose Kämp­fe zwi­schen den bei­den Re­pub­li­ken mit sich. Hinein­ge­rissen in die po­li­ti­schen und mi­li­tä­ri­schen Aus­ei­nan­der­setzun­gen der Zeit, ver­such­ten beide Kom­mu­nen, sich ein Stück vom gro­ßen toskani­schen Ku­chen zu si­chern und ihre Ge­biete zu er­wei­ter­n.
Der 4. September 1260 ging in die Annalen der Stadt ein. An diesem Tag brach­ten die Sie­neser Florenz in der Schlacht von Montaperti (ei­nige Kilo­meter südöstlich von Sie­na) eine ver­nich­tende Nieder­lage bei. Tausende gefan­gener Flo­rentiner wur­den im Sie­ges­tau­mel durch Siena getrieben. Der fi­nanzielle Einsatz des Patriziers Sa­lim­beni, der seine gesamten Geld­mittel in die Anwerbung von Söldnern investiert hat­te, um Sie­nas Schlagkraft zu stär­ken, war belohnt worden. Be­reits neun Jah­re später drehte Florenz den Spieß um und besiegte die Siene­ser bei Col­le di Val d’Elsa. In der Folgezeit kam es noch des Öfteren zu militä­ri­schen Aus­ei­n­an­der­set­zun­gen zwischen den bei­den Republiken.
Seine Blüte er­lebte Siena unter dem „Rat der Neun“ (Con­siglio dei No­ve­schi), ei­nem Regierungsbündnis aus neun wohlhabenden Kaufleu­ten, das die Geschicke der Stadt unter Aus­schluss des Adels zwischen 1287 und 1355 lenkte. Zu dieser Zeit muss Siena in Reichtum schier erstickt sein; einen Ab­glanz da­von sieht man noch heute auf Schritt und Tritt.
Das jähe Ende kam 1348, als die Pest in der Stadt ausbrach. Die Seu­che, die von den schlechten hygienischen Ver­hält­nissen in den Städten herrührte, raff­te 80 % (!) der Be­völkerung da­hin. Von die­ser Katastrophe er­holte sich Sie­na nie mehr ganz. Die Feinde der Stadt nutz­ten die Schwäche sofort aus, allen voran Kaiser Karl IV., dem die un­ab­hän­gigen Stadt­republi­ken in Italien lange schon ein Dorn im Auge wa­ren. 1355 schürte er einen Volks­aufstand in Siena, das nicht mehr zur Ruhe kam. Kämpfe der Adelsgeschlechter un­ter­ei­n­an­der, Kämp­fe gegen die benach­bar­ten Städ­te und Kämpfe gegen den Kai­ser wechsel­ten sich ab.
Sienas Schlussakt folgte 1555: Kaiser Karl V. zog mit seiner Streitmacht ge­gen die Stadt. Unterstützt wurde er von Cosimo de Medici, dem Herrscher von Flo­renz. Nach einjähriger Belage­rung fiel Siena, die kaiserlichen Trup­pen mar­schier­ten ein und das Ende der frei­en Kommune war be­siegelt. Karl V. über­trug Co­si­mo I. die gesamte Tos­ka­na als Herrschafts­gebiet, Siena ein­ge­schlossen. Über 700 sie­ne­si­sche Fami­lien - mehr als die Hälfte der Bevöl­ke­rung - wanderten nach Mon­tal­cino aus. Zur Er­inne­rung an dieses Ereignis ver­anstaltet die Contrada della Tar­tu­ca jährlich am 25. März ei­nen 30 km lan­gen Marsch in den damaligen Exilort.
Als nach dem Tod des letzten Me­dici 1737 die Lothringer die Herrschaft über das Groß­herzogtum Toskana übernah­men, ver­lor Flo­renz an Gewicht. Siena nutz­te die La­ge und erholte sich, die alten Han­delsfamilien er­starkten, das Bank­we­sen wurde neu auf­ge­baut. Auch eine neue Straße nach Rom, die Lau­re­tana, entstand in die­ser Zeit. Das 19. Jahrhundert verlief für die Stadt un­spek­takulär. Immerhin war Siena 1865 Ita­liens ers­te Stadt, die dem neuen Kö­nig­reich per Volksentscheid bei­trat. Heu­te blüht Siena dank seiner wirt­schaft­lichen Säulen Tourismus, Uni­ver­si­tät und - Ban­ken­wesen.
Der Dom von Siena – vornehm schwarz-weiß gestreift

Der Dom von Siena - vornehm schwarz-weiß gestreift

Die Contraden
Die Stadtteile von Siena werden Con­tra­den genannt. Die Zugehörigkeit zur eigenen Contrada prägt bis heute das städtische Leben. Klei­ne Keramik­ta­feln mit den Wappen der Contraden - meist mit Tiersymbolen - schmücken fast jeden Stra­ßen­zug. His­torisch wa­ren die Contraden au­tonom, sie hatten eine ei­ge­ne Ver­wal­tung und eigene Ge­richts­barkeit. Heute kümmern sie sich um Auf­gaben wie Alten­pflege, Kinder- und Jugendarbeit und nicht zuletzt um die Or­ga­ni­sa­tion von Fes­ten, insbeson­dere des Palio (s. u.). Darüber hinaus besitzt je­de Con­tra­da ihre eigene Kir­che, ihr eigenes Museum und an­dere stadt­teil­ei­gene Einrichtun­gen.
Hervorstechende Eigenschaft der 17 sienesischen Contraden ist das ausge­präg­te Ge­meinschaftsge­fühl ihrer Be­woh­ner. Ebenso aus­ge­prägt ist auch die Rivalität un­ter den Contraden, die sich besonders beim Palio zeigt. So wur­den Contra­den schon oft wegen „übertrie­be­ner Schlä­ge­reien“ oder gar Messer­ste­chereien vom nächs­ten Pa­lio aus­ge­schlossen. Aber auch aus anderen Grün­den ist man sich bis­wei­len nicht son­der­lich gewogen. So war lan­ge Zeit die inzwischen siegreiche Cont­ra­da dell’Oca (Gans) der „Under­dog“ unter den Stadt­vierteln, denn sie hatte die Far­ben der Natio­nal­flagge in ih­rem Ban­ner und wur­de unter Mus­so­lini stark pro­te­giert, was ih­rem Ruf dau­er­haft scha­dete. Ähn­lich ging es der Con­t­rada dell’Aquila, die ihr Fähn­chen mit dem Habs­burger Dop­pel­adler in den Wind hing; diese Contrade wird auch spöt­t­isch „la Nonna“ (die Oma) ge­nannt.
Musei di Contrada: Die Museen in den ein­zelnen Stadtbezirken zeigen Tro­phäen, Uni­formen und an­de­re historische Stücke aus der rei­chen Ver­gan­genheit der Contra­den. Die Mu­se­en der Contraden werden privat be­trieben; einige kann man besuchen, aller­dings nur nach Anmeldung. Infos dazu unter www.palio.org. und in der Touristinformation.
Die Stadtheiligen von Siena
Mitten in den düsteren Kriegsgeschehen des 14. und 15. Jahr­hun­derts brachte Siena zwei Hei­lige hervor, deren Le­ben un­mit­tel­bar auf­einan­der folgen: Ka­tha­rina (1347-80) und Bernhardin (1380-1444).
Die heilige Katharina war eine Ver­treterin der spätmittelalterlichen Pas­sionsmystik. Aus ihren 381 er­hal­te­nen Briefen, die als be­deu­ten­des Do­ku­men­t der italienischen Spra­che gelten, spricht eine lie­bevolle, innige Hin­gabe an Jesus („Er war mein Bräutigam und ich seine Braut ... “). Kir­chen­ge­schichtlich bedeut­sam ist Katha­rina, weil sie mit ihren ein­dringlichen Brie­fen an Papst Gregor XI. zur Rück­führung des Papst­tums aus Avi­g­non nach Rom beitrug. Ihr Wohn­haus in Siena ist zu be­sichtigen (→ Sehens­wer­tes).
Der heilige Bernhardin, der „Apostel Ita­liens“, verteilte sein großes Ver­mö­gen an die Armen. Sein Vorbild war Franz von Assisi, in des­sen Orden er ein­trat. Be­kannt geworden ist er vor allem als Volks­pre­diger, dessen Zu­hörerschaft in die Tau­sende ging. Um sei­nen Na­men ran­ken sich zahllose Legenden. So soll eines Tages ein Kar­ten­maler zu ihm ge­kom­men sein, der sich be­klag­te, dass Bern­har­din in seinen Predigten das Kartenspielen an­pran­gerte und so sei­ne Le­bens­grund­lage gefährdete. Darauf­hin riet ihm Bern­har­din, in Zu­kunft Jesusbilder zu malen - und siehe da, der Mann konn­te da­von le­ben ...
Der Palio
Sienas größtes Fest ist der Pa­lio, ein Pfer­derennen, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurück­reichen. Es fin­det jähr­lich am 2. Juli und am 16. Au­gust auf dem Campo statt. Wild ent­schlos­sen, das Seidenbanner zu ge­win­nen, ma­chen sich die Reiter auf den Weg. Zehn der ins­gesamt 17 Contraden neh­men an dem Wett­kampf teil. Das Fiese dabei: Die Jo­ckeys dürfen den Geg­ner durch Peit­schen­hiebe auf sein Pferd behindern. Be­son­ders in der Rat­hauskurve wird ge­peitscht, ge­scho­ben und ge­drückt, was das Zeug hält. Die professionel­len „Ro­deo-Artisten“ wer­den üb­ri­gens von den Con­traden ein­ge­kauft und kom­men aus ganz Italien, über­wiegend aus Sardinien. Je­des Stadt­viertel wird von zwei Pagen, ei­nem Ober­pa­gen und einem Duce re­prä­sen­tiert und ver­fügt über ein eige­nes Sym­bol (Giraffe, Schild­kröte, Schne­cke usw.)
Der Palio ist das Seidenbanner, das der Ge­winner bekommt und das zu je­dem Ren­nen im Juli von einem anderen ita­lienischen, im August von einem in­ter­nati­onalen Künst­ler ge­sta­ltet wird - mal graphisch abstrakt, mal ge­gen­ständ­lich realistisch. Der Banner für den Palio von 2018 wurde vom Zeich­ner und Karikaturisten Emilio Giannelli ge­stal­tet. Er zeichnet die politischen Kari­ka­turen für den Corriere della Sera und gehört der Contrada des Drachens an, die den Palio dann unerwartet auch noch gewann.
Das Rennen auf den ungesat­telten Pfer­den, das am Abend zwischen 17 und 19 Uhr be­ginnt, dau­ert nur 70 bis 80 Sekunden, ist aber von kom­pli­zier­ten Ze­re­mo­nien um­rahmt, die vier Tage vorher beginnen. Unmittel­bar vor dem Ren­nen fin­det der Cor­teo Storico statt, ein festlicher Umzug in Kos­tü­men aus dem 15. Jahr­hun­dert, mit Fahnen­schwin­gern und Trommlern.
Nach dem Ren­nen wer­den die Ge­win­ner alkoholschwer gefei­ert, in den Straßen der Con­traden gibt es dann oft Wein für alle. Wo­chen später, im Sep­tem­ber, steigt eine noch größere Feier: der abend­li­che Festschmaus der Sie­ger unter frei­em Him­mel, der bis in die Nacht dauert - das glückliche Sie­ger­pferd ist mit von der Partie.
Immer wieder ereignen sich beim Palio schwere Unfälle. Besonders in der engen Curva San Martino stolpern die Pfer­de häufig, verletzen sich oder ster­ben so­gar. Der WWF und andere Tier­schutz­verbände streiten nach wie vor gegen das Pfer­de­rennen, bislang erfolg­los. Tierschutz gegen Tradition. Action­held Daniel Craig, alias Agent 007, und sei­nen Abenteuern dienten Aufnahmen des Palio als Ku­lisse im Bondstreifen „Ein Quan­tum Trost“. Auf hintersin­ni­ge Weise befasste sich auch das erfolg­reiche Autoren­duo Frut­tero & Lucentini mit dem Rennen. „Der Pa­lio der tot­en Rei­ter“, so der Ti­tel des Romans, ist so span­nungs­ge­la­den wie der wirkli­che Pa­lio.
Vorbereitung zum Palio – eine dicke Schicht Tuff schützt Hufe und Reite​r

Vorbereitung zum Palio - eine dicke Schicht Tuff schützt Hufe und Reiter