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Copyright © Werner Fricke 2016

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783743186453

Vorwort

Zeitwirtschaft und Arbeitsplanung sind zentrale Bindeglieder zwischen Verwaltungs- und Vertriebsfunktionen auf der einen Seite und den produzierenden Bereichen auf der anderen Seite. Für die planenden und steuernden Funktionen im Betrieb (PPS, Leitstand) liefern sie die wichtigen Zeit- und Mengendaten, sowie alle zur Fertigung notwendigen Informationen.

In dem vorliegenden Buch sollen die wesentlichen Wissensbereiche der Arbeits- und Zeitwirtschaft auf übersichtliche, einfache und verständliche Art beschrieben werden. Es handelt sich hierbei um folgende Bereiche:

Dieses Buch soll den Mitarbeitern der verschiedenen Betriebe als Leitfaden für die einzusetzenden Methoden dienen und auch zum allgemeinen Verständnis der Problematik beitragen. Insbesondere soll der Aufbau von Grundlagen zur Produktkalkulation und die damit verbundenen Gegebenheiten der Planzeitbildung für alle verständlich behandelt werden.

Die gezielte und richtige Anwendung der Methoden führt zu einer deutlichen Verbesserung der betrieblichen Abläufe und zu einer genaueren Abschätzung des zeitlichen und damit kostenmäßigen Verhaltens von Prozesselementen.

Schwerte, 2016

Werner Fricke

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Analyse der Datenarten und deren Beschreibung
  3. Daten im Arbeitsstudium
  4. Die Leistungsgradbeurteilung
  5. Zeitaufnahme – Zeitstudie nach REFA
  6. Multimomentstudie
  7. Planzeiten
  8. Abtaktung von Montagelinien
  9. Anhang
  10. Literaturverzeichnis
  11. Stichwortverzeichnis

1 Einleitung

Für eine effiziente Gestaltung aller betrieblichen Abläufe ist die Ermittlung von Daten und deren zielgerichtete Auswertung unbedingt notwendig. Dabei können die Daten für die unterschiedlichsten Bereiche eines Unternehmens genutzt werden, z.B.:

Für die Erhebung und Auswertung der Daten sind in den meisten Fällen statistische Methoden erforderlich. Das Ziel der Verwendung von statistischen Methoden besteht darin, Behauptungen und Hypothesen zu überprüfen und zu einer rationalen Entscheidungsfindung beizutragen. Grundlage für eine statistische Analyse ist stets eine inhaltlich möglichst genau abgegrenzte Fragestellung und die Beschreibung des Untersuchungsziels. Hierbei spielen auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle, z.B. wie groß der Aufwand für die Datenerhebung ist, um statistisch gesicherte Aussagen mit einer bestimmten vorgegebenen Genauigkeit zu erhalten.

Im Rahmen des Arbeitsstudiums werden folgende Schwerpunkte unterschieden / 2 /.

Arbeitsgestaltung

Gestaltung von Arbeitsverfahren, Arbeitsmethoden, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplätzen, Betriebsmitteln sowie Arbeitsabläufen.

Datenermittlung

Erfassen und Auswerten von Daten innerhalb eines Arbeitssystems, z.B. für Planung, Steuerung, Kontrolle oder Entlohnung.

Kostenrechnung

Aufgabengebiete sind u.a. Kostenartenrechnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung.

Anforderungsermittlung und Arbeitsbewertung

Arbeitssystembeschreibung sowie Analyse und Quantifizierung von Anforderungen an den Menschen; Anwendung für Entlohnung, Personalorganisation und Arbeitsgestaltung.

Arbeitsunterweisung

Methodisches Vermitteln von Kenntnissen, Fertigkeiten und Verantwortungsbewusstsein zur Erfüllung von Arbeitsaufgaben.

Im Rahmen des Arbeitsstudiums versteht man unter Datenermittlung die qualitative und quantitative Beschreibung von Arbeitsabläufen.

2 Analyse der Datenarten und deren Beschreibung

2.1 Unterteilung der Daten

Im folgenden Bild sehen wir eine Untergliederung der Datenarten und deren Merkmale:

Bild 1: Einteilung der Datenarten und deren Merkmale

Messbare, kontinuierliche oder auch stetige Daten und deren Merkmale können auf einer Skala jeden beliebigen Wert annehmen. Zwischen zwei Werten kontinuierlicher Merkmale liegen theoretisch unendlich viele weitere Werte.

Zählbare, diskrete Daten können auf einer Skala nur ganzzahlige Werte annehmen. Zwischen zwei aufeinander folgenden Werten ist kein weiterer Eintrag möglich. Die Gesamtzahl diskreter Daten kann maximal abzählbar unendlich sein.

Qualitative Daten mit Ordnungsbeziehung (ordinal) unterliegen einer gewissen Rangfolge. Die Abstände zwischen den Werten sind dabei unterschiedlich und nicht interpretierbar. Bei Schulnoten etwa kann man sagen, dass ein „gut“ besser ist als ein „befriedigend“, der Notenabstand kann jedoch nicht interpretiert werden, weil die Merkmale der Daten nicht eindeutig bestimmten Leistungen zugeordnet werden können.

Qualitative Daten ohne Ordnungsbeziehung (nominal) unterliegen keiner Rangfolge. Es ist nicht möglich, zu sagen, dass die Farbe grün größer oder kleiner ist als die Farbe gelb.

In der Literatur werden quantitative Daten und Merkmale manchmal auch metrisch skalierte Daten genannt. Diese werden teilweise auch noch nach intervall-skalierten (ohne absoluten Nullpunkt) und verhältnisskalierten (mit absolutem Nullpunkt) Daten unterschieden.

Im Rahmen der Übersicht wird auch von Daten und deren Merkmalen gesprochen. Unter Merkmalen versteht man dabei eine erkennbare Eigenschaft, die eine Person oder Sache von anderen unterscheidet / 1 /. Im folgenden zeigen wir Beispiele für Daten und deren Merkmale:

Quantitative Messdaten
Merkmal Ausprägung Einheit Bezeichnung der Einheit
Geschwindigkeit 123,9 km/h Kilometer pro Stunde
Gewicht 15,4 N Newton
Masse 19,5 kg Kilogramm
Zeit 487,3 HM Hundertstel Minute
Weglänge 3482 m Meter
Volumen 3,4 dm3 Dezimeter hoch 3 (Liter)
Quantitative Zähldaten
Merkmal Ausprägung
Anzahl Schrauben 5
Anzahl Schweißpunkte 42
Einwohnerzahl 12345
Einkommen 2612
Zähnezahl 14
Qualitative Daten mit Ordnungsbeziehung
Merkmal Ausprägung
Schulnote ungenügend, mangelhaft, ausreichend, befriedigend, gut, sehr gut
Schwierigkeitsgrad sehr leicht, leicht, mittelschwer, schwer, sehr schwer
Qualität minderwertig, ausreichend, befriedigend, gut, hochwertig
Lohngruppe 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10
Qualitative Daten ohne Ordnungsbeziehung
Merkmal Ausprägung
Geschlecht männlich, weiblich
Material Aluminium, Stahl, Holz, Stein, Wasser, ...
Wirbeltier Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Säugetiere
Transportmittel Fahrrad, PKW, LKW, Flugzeug, Schiff, Handkarre,...
Geschmack sauer, süß, bitter, salzig
Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten

In vielen Fällen ist eine nähere und eindeutigere Beschreibung der Merkmale erforderlich, um diese so von andern, ähnlichen Merkmalen derselben Sache zu unterscheiden, z.B.: Gesamtlänge der Getriebewelle, Fahrgeschwindigkeit im Eilgang, Flanschdurchmesser, Durchmesser Bohrung, Anzahl Teile im Transportbehälter, Anzahl Radmuttern, Anzahl Bohrungen auf Teilkreis, Schwierigkeitsgrad beim Aufnehmen, Oberflächenqualität, Gehäusematerial, Typ Verpackungskarton, Typ Bearbeitungsmaschine, …

2.2 Veränderliche (variable) und feste (konstante) Daten

Neben der oben beschriebenen Einteilung der Datenarten kann man die Daten noch hinsichtlich folgender Kriterien unterteilen: veränderliche und feste Daten.

Veränderliche Daten:

Veränderliche (variable) Daten können sich im Laufe der Zeit verändern, z.B.: Tagestemperatur, Fahrgeschwindigkeit, Anzahl von Schweißpunkten, Transportweg, Bearbeitungslänge, Zerspanvolumen. Bei den veränderlichen Daten spricht man häufig auch von abhängigen und unabhängigen Variablen. Die abhängige Variable ist in diesem Zusammenhang diejenige, die von einer oder mehreren unabhängigen Variablen abhängt, z.B.:

Abhängige Variable Unabhängige Variable(n)
Behältervolumen Länge, Breite und Höhe
Behältervolumen Höhe und Durchmesser
Füllzeit Behältervolumen
Fahrzeit mittlere Geschwindigkeit
Temperatur Ofenleistung, Wärmeübergang
Bremsweg Geschwindigkeit, Straßenbelag, Straßenzustand

Wie man sieht, kann eine abhängige Variable (z.B. das Behältervolumen) durchaus auch eine unabhängige Variable für eine andere abhängige Variable sein (Füllzeit).

Feste Daten

Feste (konstante) Daten verändern sich im Laufe der Zeit nicht, z.B.:

Hubzahl einer bestimmten Exzenterpresse, Spitzenhöhe einer bestimmten Drehmaschine, Maximale Bearbeitungslänge einer bestimmten Fräsmaschine, Zugfestigkeit eines Materials.

2.3 Absolute und bezogene (relative) Daten

Als absolute Daten bezeichnet man Daten ohne Bezug zu anderen Daten, wie z.B.:

Anzahl Ja-Stimmen, Stückzahl, Länge, …

Unter bezogenen (relativen) Daten werden diejenigen verstanden, welche sich auf eine Bezugsgröße beziehen, z.B.: Anzahl Ja-Stimmen / Anzahl Gesamtstimmen, Stückzahl / Zeit, Länge / Zeit.

3 Daten im Arbeitsstudium

3.1 Ablaufabschnitte

Im Rahmen des Arbeitsstudium steht die Beschreibung der betrieblichen Abläufe mit den zugehörigen Randbedingungen im Vordergrund. Um nun einen betrieblichen Ablauf als Ganzes zu beschreiben, kann dieser in mehrere Teile untergliedert werden:

Bild 2: Beispiel für die Gliederung eines Arbeitsablauf (nach REFA)

Der Gesamtablauf wird also in verschiedene Ablaufabschnitte untergliedert, wobei je nach Größe und Inhalt der Bausteine folgendes unterschieden wird / 2 / :

Makroabläufe: Gesamtablauf Teilablauf Ablaufstufe Vorgang
Mikroabläufe: Vorgang Teilvorgang Vorgangsstufe Vorgangselement

Wie wir sehen, wird der Ablaufabschnitt „Vorgang“ sowohl zu den Makro- als auch zu den Mikroabläufen gezählt. Im Folgenden wollen wir die Arten von Ablaufabschnitten vorstellen:

3.1.1 Vorgangselement

Dies sind Ablaufabschnitte, die weder in ihrer Beschreibung noch in ihrer zeitlichen Erfassung weiter unterteilt werden. Man kann sie auch als die Grundelemente eines Arbeitsablaufs bezeichnen. Je nachdem, ob die Vorgangselemente vom Menschen oder von einer Maschine ausgeführt werden, wird folgendes unterschieden:

Bewegungselemente: Dies sind vom Menschen ausgeführte Grundbewegungen, z.B.:

Die Zerlegung des Arbeitsablaufs in Bewegungselemente ist die Grundlage der Systeme vorbestimmter Zeiten (SvZ). In Deutschland ist das MTM-System (methods-time measurement) am verbreitetsten. Im Grundverfahren werden folgende Elemente unterschieden:

Hinlangen – R (Reach)
Greifen – G (Grasp)
Loslassen – RL (Release)
Bringen – M (Move)
Fügen – P (Position)
Drücken – AP (Apply Pressure)
Trennen – D (Disengage)
Drehen – T (Turn)
Körper-, Bein- und Fußbewegungen
Blickfunktionen – ET: Eye Travel, EF: Eye Fokus

Prozesselemente: Dies sind von Maschinen ausgeführte Grundvorgänge, z.B.:

Pressenhub, Eckenpause beim Laserschneiden, Biegevorgang, Positioniervorgang, …

3.1.2 Vorgangsstufe

Eine Vorgangsstufe enthält eine in sich abgeschlossene Folge von Vorgangselementen:

Vorgangstufe
Unterlegscheibe montieren
Vorgangselemente
Hinlangen
Greifen
Bringen
Fügen
Loslassen
Beschreibung
zur Unterlegscheibe
Unterlegscheibe
Unterlegscheibe zur Schraube
Unterlegscheibe auf die Schraube
Unterlegscheibe
Teil Stanzen Hinlangen
Greifen
Bringen
Fügen
Loslassen
Hinlangen
Drücken
Pressenhub
zum Stanzteil
Stanzteil
Stanzteil zur Vorrichtung
Stanzteil in Vorrichtung
Stanzteil
zum Auslöser
Auslöser
Prozesselement
...

Wie man sieht, gehören zu einer Berechnung auf Basis Vorgangsstufe noch zusätzliche Beschreibungen, damit man erkennen kann worauf sich das Vorgangselement bezieht.

3.1.3 Teilvorgang

Ein Teilvorgang besteht in der Regel aus mehreren Vorgangsstufen. In manchen Fällen kann ein Teilvorgang aus nur einer Vorgangsstufe bestehen, wie das Beispiel „Teil Stanzen“ anschaulich belegt. Teilvorgang und Vorgangsstufe sind in diesem Fall identisch. Die Größe eines Teilvorgangs ist nicht eindeutig festgelegt und hängt davon ab, wie man zweckmäßig einen Vorgang in Teilvorgänge unterteilt. Beispiele für Teilvorgänge und deren Vorgangsstufen:

Teilvorgang Vorgangsstufen Vorgangselemente
Werkstück in Spannfutter lösen Hinlangen zum Spannschlüssel
Spannfutter wechseln Greifen Spannschlüssel
Loslassen Spannschlüssel
Werkstück entnehmen Hinlangen zum Werkstück
und ablegen Greifen Werkstück
...
... Loslassen Werkstück
Spannfutter festziehen Hinlangen zum Spannschlüssel
Greifen Spannschlüssel
Loslassen Spannschlüssel
Blech biegen Teil in Biegevorrichtung Hinlangen zum Teil
gegen Anschlag positionieren Greifen Teil
Bringen Teil
Drücken Auslöser
Biegevorgang Prozesselement
Teil drehen 180° Hinlangen zum Teil
Drehen Teil (180°)
Drücken Auslöser
Biegevorgang Prozesselement
Teil drehen 90° Hinlangen zum Teil
Drücken Auslöser
Biegevorgang Prozesselement
Teil drehen 180° s.o.
Biegevorgang s.o.
Teil ablegen s.o.

Wie man sieht, können einzelne Vorgangsstufen mehrfach in einem Teilvorgang vorkommen, wie oben z.B. der „Biegevorgang“ und das „Teil drehen 180°“. In diesen Fällen kann man auch einen entsprechenden Faktor eintragen, z.B.:

Vorgangsstufe Häufigkeit
Biegevorgang 4x
Teil drehen 180° 2x

3.1.4 Vorgang

Ein Vorgang besteht in der Regel aus mehreren Teilvorgängen, aber auch er kann nur einen einzigen Teilvorgang enthalten. In diesem Fall sind Vorgang und Teilvorgang identisch. Als Beispiele dienen uns hier die Vorgänge „Teil Stanzen“ und „Blech biegen“. Im Fall „Teil Stanzen“ sind sogar Vorgang, Teilvorgang und Vorgangsstufe identisch.

Ein Vorgang ist dadurch gekennzeichnet, dass bei seiner Ausführung eine komplette Einheit (Werkstück, Gebinde, …) mit dem entsprechenden Arbeitsverfahren fertiggestellt wird. Ein Vorgang wiederholt sich also so oft, wie es die zugehörige Auftragsmenge m vorgibt.

Betrachten wir z.B. den Gesamtablauf „Getriebe herstellen“. Angenommen, der Kunde hat m=20 Stück des entsprechenden Getriebes bestellt, dann muss natürlich der Teilablauf „Radsatz 1“ genau 20 mal durchlaufen werden. Ebenso muss auch die Ablaufstufe „Welle für Radsatz 1“ genau 20 mal durchlaufen werden. Somit müssen für die Wellen die Vorgänge Sägen, Endenbearbeiten, Drehen, Nut fräsen und Schleifen jeweils m=20 mal durchlaufen werden.

Warum haben wir hier auf die Erwähnung des Vorgangs „Härten“ verzichtet?

Da die besagten Wellen mit dem Verfahren „Einsatzhärten“ behandelt werden, wird nicht jedes Teil einzeln gehärtet, sondern es werden mehrere Wellen zu einer Charge zusammengefasst, die anschließend die für das Härten erforderlichen Prozesse durchläuft. In diesem Zusammenhang kann man folgende Fälle unterscheiden:

Die Chargenmenge ist größer oder gleich der Auftragsmenge:

Der Vorgang „Härten“ wird mit seinen Teilvorgängen lediglich einmal durchlaufen und wird mit einem Teiler (der Bezugsmenge) belegt, der gleich der Chargenmenge ist.

Die Chargenmenge ist kleiner als die Auftragsmenge:

Der Vorgang „Härten“ wird mit seinen Teilvorgängen so oft durchlaufen, bis sämtliche Teile des Auftrags gehärtet sind. Jeder Härtevorgang wird mit einem Teiler (der Bezugsmenge) belegt, der gleich der Chargenmenge ist.

Es kann aber auch passieren, dass in einem Teilablauf (z.B. Radsatz 1) mehrere identische Ablaufstufen (z.B. Welle) enthalten sind. Ist n die Anzahl der identischen Ablaufstufen, dann wird jeder Vorgang n * m vorkommen. Ist im Beispiel „Getriebe herstellen“ eine identische Welle drei mal im Radsatz enthalten, so wird bei einer Auftragsmenge von m=20 jeder Vorgang 3 * 20 = 60 mal ausgeführt. Die entsprechende mittlere Vorgangszeit wird dann mit einem Teiler (Bezugsmenge) belegt, der gleich dem Kehrwert von n ist, also mit 1/n.

Bild 3: Radsatz mit 3 identischen Wellen

Beträgt die mittlere Zeit für den Vorgang „Sägen“ z.B. 500 HM, so muss durch die Bezugsmenge 1/3 dividiert werden. Also berechnet sich die Sägezeit je Getriebe wie folgt:

Beispiele für Vorgänge

Vorgang Teilvorgang Bezugsmenge
Welle sägen Profil holen und ablegen
Profil nachschieben gegen Anschlag
Profil spannen
Sägevorgang (Prozesselement)
Werkstück entnehmen und ablegen
Restprofil wegbringen
Teile je Profil
1
1
1
1
Teile je Profil
Zuschnitt Teil in Vorrichtung einlegen
Teil zuschneiden nach Zeichnung
Teil ablegen
Material Nachschub holen
1
1
1
Anzahl Teile
Biegen Teilevorrat bereitlegen
Blech biegen
Fertigteile wegbringen
Anzahl Teile
1
Anzahl Teile

Ein Vorgang (auch Arbeitsvorgang oder Arbeitsgang) wird mit seinen Daten in Arbeitsplänen zur Beschreibung einer Arbeitsaufgabe dokumentiert und dient als Grundlage für die Terminierung von Aufträgen im Rahmen der Produktionsplanung und -steuerung (PPS).

Mit einem Vorgang wird häufig auch ein bestimmtes Arbeitsverfahren oder eine bestimmte Technologie assoziiert, wie z.B.:

Trennen / Zerteilen: Stanzen, Brennschneiden, Laserschneiden, ...
Trennen / Spanen: Sägen, Bohren, Drehen, Fräsen, Schleifen, ...
Umformen: Gesenkbiegen, Stanzen, Gesenkschmieden, Walzen, ...
Urformen: Gießen, Sintern, ...
Fügen: Schweißen, Heften, Löten, Nieten, ...
Beschichten: Lackieren, Pulverbeschichten, Verzinken, ...
Stoffeigenschaft ändern: Härten, Vergüten, Anlassen, Glühen, …

3.1.5 Ablaufstufe

Eine Ablaufstufe ist eine Folge von Vorgängen, die zur kompletten Herstellung eines Werkstücks erforderlich ist:

Ablaufstufe
Zahnrad
Vorgänge
Sägen
Drehen
Nut räumen
Fräsen
Entgraten
Härten
Schleifen
Ablaufstufe
Buchse
Vorgänge
Sägen
Drehen
Entgraten
Ablaufstufe
Welle
Vorgänge
Sägen
Endenbearbeiten
Ablaufstufe
Kugellager
Vorgang
Beschaffung
Kontrolle
Drehen
Nut Fräsen
Härten
Schleifen
Ablaufstufe
Passfeder
Vorgang
Ablängen
Fräsen
Entgraten

3.1.6 Teilablauf

Ein Teilablauf besteht aus einer Folge von Ablaufstufen, die zur Herstellung eines Bauteils oder einer Baugruppe erforderlich ist, z.B.:

Teilablauf
Gehäuse
Ablaufstufen
Modellbau
Kernmacherei
Formerei
Gießen Putzen
Bearbeiten
Teilablauf
Hauptwelle
Vorgänge
Sägen
Drehen
Entgraten
Teilablauf
Vorgelege
Ablaufstufen
Welle 1
Zahnrad 1
Welle 2
Zahnrad 2
Teilablauf
Radsatz
Ablaufstufen
Zahnrad
Buchse
Welle
Kugellager

Es kann vorkommen, dass zu einem Teilablauf keine Ablaufstufen, sondern nur Vorgänge existieren.

3.1.7 Gesamtablauf

Hierunter versteht man sämtliche Arbeitsschritte, die zur Herstellung eines Erzeugnisses oder Artikels erforderlich sind, z.B.:

Gesamtablauf
Getriebe
Teilablauf
Gehäuse
Vorgelege
Hauptwelle
Radsatz
Gesamtablauf
Elektromotor
Teilablauf
Gehäuse
Stator
Rotor
Gesamtablauf
Podest
Teilablauf
Bodenblech
Trittblech
Vorderseite
Rückseite
Schweißen
Beschichten
Gesamtablauf
Tisch
Teilablauf
Platte
Tischbein
Streben
Seitenwangen
Stirnwangen
Montage
Beschichten

3.2 Ablaufarten

Die Definition nach REFA / 2 / lautet:

„Ablaufarten sind Bezeichnungen für das Zusammenwirken von Mensch und Betriebsmittel mit der Eingabe eines Arbeitssystems.“

Auf die Ablaufarten wollen wir hier nur kurz eingehen, weil sich diese in ähnlicher Art in den Zeitarten wiederfinden.

Bild 4: Das Arbeitssystem (nach REFA)

Unter „Eingabe“ versteht man in diesem Zusammenhang alle Objekte, die für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe verwendet werden.

Das können z.B. Rohstoffe, Halbfabrikate, Arbeitsanweisungen, Zeichnungen, Arbeitsplan oder Energie sein.

Da nach REFA die mit Zeiten versehenen Ablaufarten identisch mit den Zeitarten sind, wollen wir hier auf eine weitere Erläuterung verzichten und auf die entsprechende Literatur verweisen / 2 /. Eine ausführliche Gegenüberstellung der Ablaufarten und der Zeitarten befindet sich im Anhang.

3.3 Zeitarten

Bei der Betrachtung des Arbeitssystems unterscheidet man Zeitarten für:

3.3.1 Zeitarten für Mensch und Maschine

Die folgende Abbildung zeigt die Gliederung der Zeitarten für den Menschen:

Bild 5: Einteilung der Zeitarten für den Menschen

Bevor wir die einzelnen Zeitarten beschreiben, wollen wir die folgenden vier Begriffe näher untersuchen:

3.3.1.1 Beeinflussbare Tätigkeiten

Man spricht von beeinflussbaren Tätigkeiten, wenn die Ausführungszeit durch die Arbeitsgeschwindigkeit des Menschen (Intensität und Wirksamkeit) voll beeinflusst werden kann. Beispiele:

Als beeinflussbar gelten auch Tätigkeiten, die nur bedingt beeinflussbar sind. Hierbei kann die Ausführungszeit nur in gewissen Grenzen beeinflusst werden, wobei diese Grenzen durch das Arbeitsverfahren und dessen physikalische, chemische oder physiologische Eigenschaften gesetzt werden.

Weil das Thema der bedingten Beeinflussbarkeit immer wieder zu teilweise konträren Diskussionen führt, möchte ich hier ein wenig näher darauf eingehen:

Betrachten wir z.B. das Bügeln eines Leinentuchs mit einem gewöhnlichen Bügeleisen. Man stellt am Eisen die korrekte Temperatur (Maximalhitze) ein und fährt mit den Eisen in gleichmäßigen Schwüngen über das Tuch. Man kann die Bewegungsgeschwindigkeit dabei so regulieren, dass man jeden Bereich des Tuchs nur einmal überfährt und danach die gewünschte Bügelqualität gerade erreicht. Wenn das gelingt, dann hat man die für die Bearbeitung optimale Einstellung gefunden. Würde man nur geringfügig schneller bügeln, dann müsste man dieselbe Stelle ein zweites mal überstreichen. Wenn nun die Arbeitsperson – der Bügler – eine langsamere Bewegungsgeschwindigkeit wählt, dann wird das Tuch zwar auch glatt, aber die benötigte Bügelzeit verlängert sich. Es wird Zeit verschenkt. Wenn nun die Verringerung der Bewegungsgeschwindigkeit immer weiter getrieben wird, dann kommt es irgendwann zu Verbrennungen (braunen Flecken) im Tuch. Dies ist eindeutig die Untergrenze für die Bewegungsgeschwindigkeit. Langsamer kann man also nicht arbeiten, ohne das Tuch zu zerstören.