STATUSSYMBOL HOMEOFFICE
STATUSSYMBOL HOMEOFFICE
Warum die erfolgreichsten Menschen von zu Hause aus arbeiten
Übersetzung aus dem Englischen von Britta Fietzke
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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1. Auflage 2021
© 2021 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
Türkenstraße 89 80799 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
© der Originalausgabe 2020 by Laura Vanderkam
Die englische Originalausgabe erschien 2020 bei Portfolio, einem Imprint der Penguin Publishing Group, einer Abteilung von Penguin Random House LLC unter dem Titel New Corner Office.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Britta Fietzke
Redaktion: Bärbel Knill
Umschlaggestaltung: Marc Fischer
Umschlagabbildung: Thomas Bethge/Shutterstock.com
Satz: ZeroSoft, Timisoara
Druck: CPI books GmbH, Leck
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-86881-830-7
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-287-4
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-288-1
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.redline-verlag.de
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EINLEITUNG
KAPITEL 1:
ARBEITEN NACH AUFGABEN STATT NACH ZEIT
Freitags planen
Eine To-do-Liste erstellen
Meetings neu gestalten
Nur Ergebnisse zählen
Nicht alles ist immer dringend
KAPITEL 2:
DER RICHTIGE RHYTHMUS
Gut anfangen
Die wichtigste Arbeit für die produktivste Zeit einplanen
Ablenkungen bekämpfen
Pausen machen
Einen Tag (oder ein paar Stunden am Tag) frei halten
Gut aufhören
Der tägliche Rhythmus mit Kindern
Privatleben als Ankerpunkt
KAPITEL 3:
Das eigene Team aufbauen
Die Kaffeeküche imitieren
Aktiv Kontakt herstellen
Treffen mit anderen
Das Team vergrößern
Ein Team für zu Hause aufbauen
KAPITEL 4:
THINK BIG
Die Liste der 100 Träume
Zum Vordenker werden
Feedback einholen
Neues ausprobieren
Sagen Sie ganz laut JA!
Schaffen Sie sich mehrere Standbeine
KAPITEL 5:
DEN WOHLFÜHLFAKTOR STEIGERN
Machen Sie es sich schön und bequem!
Gutes Material macht Laune
Fitnessbänder kaufen
Gesund essen
Mikroabenteuer
Work-Life-Integration
ÜBER DIE AUTORIN
ENDNOTEN
Am Donnerstag, den 12. März 2020, stand mein zwölfjähriger Sohn um 6.45 Uhr auf, um sich für die Chor-probe um 7.20 Uhr fertigzumachen. Mein Ehemann machte sich derweil für die Arbeit zurecht, fuhr unseren Sohn zur Schule und stieg in den Zug. Ich las noch einen Moment, bevor ich mich um die Morgenroutine unserer anderen vier Kinder kümmerte. Gegen 9 Uhr – als alle entweder in der Schule oder bei unserer kompetenten Tagesmutter waren – begab ich mich wie immer in mein Büro zu Hause, ein nettes Plätzchen in der nordwestlichen Ecke unseres Hauses im östlichen Pennsylvania. Hier konnte ich wunderbar durch das Fenster unseren Forsythien beim Blühen zuschauen. Ich arbeitete an meinem Podcast und meinen Schreibprojekten, aber die Nachrichten wurden schnell immer düsterer. In den ganzen Vereinigten Staaten mehrten sich die Berichte über das neue Coronavirus und die resultierenden Ansteckungsfälle. An diesem Nachmittag wies unser Gouverneur die Schließung der Schulen meiner Kinder an – was dann letztlich für das restliche Schulhalbjahr gelten würde. Als mein Ehemann wieder aus dem Zug stieg, war er – wie Millionen andere – zu einem digitalen Arbeitnehmer in Vollzeit geworden und wechselte von seinem Büro in der Innenstadt in sein neues Homeoffice – im Südwesten unseres Hauses.
Ich befasse mich beruflich mit dem Phänomen Zeit. Normalerweise halte ich also unter anderem vor Firmen- oder Konferenzpublikum Vorträge über Produktivität und schreibe Bücher über meine Analysen von Tausenden Zeitprotokollen. Letzteres hat mir in den letzten rund zwölf Jahren gezeigt, dass Homeoffice immer üblicher wurde – sowohl bei Selbstständigen als auch bei Angestellten. Eine Studie von FlexJobs und Global Workplace Analytics1 hat herausgefunden, dass Remote Work in den Jahren 2005 bis 2017 um 159 Prozent zugelegt hat. Allerdings verwischen sich die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zunehmend, und das macht diese Statistiken kompliziert. Jede, die ihre Arbeitsmails noch um 22 Uhr im Bett überprüft, arbeitet letztlich von zu Hause, auch wenn sie es selbst so nicht definieren würde.
Dennoch wurde es vor März 2020 immer noch als eher fragwürdige Entscheidung angesehen, wenn man trotz beruflicher Ambitionen während der Kernarbeitszeit von zu Hause aus arbeiten wollte. Das Privileg, von zu Hause aus arbeiten zu »dürfen«, wurde Arbeitnehmern, die sich als zuverlässig erwiesen hatten, aber ihre Work-Life-Balance verbessern wollten, kalkuliert eher als Einmal-pro-Woche-Sonderzulage erlaubt. Und auch dann wurde diese Erlaubnis vor allem den Freitagen vorbehalten, denn Freitag ist bekanntermaßen der unproduktivste Tag der Woche. Es herrschte nach wie vor die Annahme, dass zu Hause eh nicht gearbeitet würde, man wollte also die Opportunitätskosten so gering wie möglich halten. Klar, die Qualität der Videokonferenzen hatte sich seit der Zeit der schwerfälligen Webinare verbessert. Manchmal beschwerten sich Unternehmen über die ökonomischen Kosten der Pendelei (nur um just danach ihren CEO mit dem Privatjet nach Davos zu schicken). Nichtsdestotrotz waren immer noch viele Manager der Meinung, dass die Arbeit zu einer festen Zeit in einem bestimmten Bürogebäude – bei kühlen 20 Grad im Raum – passieren musste, demnach also Millionen Menschen dem Verkehr trotzen mussten, um woanders sitzenden anderen Menschen zu mailen oder sie anzurufen. Ich erinnere mich noch an ein Gespräch mit einem Geschäftsführer, der sich mit dem Thema Remote Work beschäftigte, weil er wusste, dass sein Unternehmen es auf dem Schirm haben musste, »aber«, so sagte er zu mir, »das würde für uns niemals funktionieren«.
Dann brach die COVID-19-Welle über die Vereinigten Staaten und Europa herein. Innerhalb weniger Tage stellten die Menschen fest, dass die Mitarbeitenden ganzer Unternehmen aus der Ferne arbeiten konnten (inklusive ihrer Chefs). Gallup-Umfragen vom 13. bis 15. März 2020 fanden heraus, dass bis dato nur 31 Prozent der US-amerikanischen Angestellten in Remote Work gearbeitet hatten;2 erneute Umfragen vom 30. März bis 2. April 2020 zeigten, dass sich diese Zahl auf 62 Prozent verdoppelt hatte.
Nachdem man dazu gezwungen wurde, stellte man also fest, dass man durchaus ein Millionen Dollar schweres Projekt via Zoom vor einem Kunden pitchen konnte. Viele Routinegespräche mit Ärzten konnten mithilfe von Telemedizin erledigt werden – was die Frage aufwirft, warum die Menschen vorher Stunden ihres Lebens in verkeimten Wartezimmern verschwenden mussten. Jetzt konnte man mit anderen Menschen eng zusammenarbeiten – lachen, Momente miteinander teilen –, obwohl sich diese nicht im gleichen Land befanden. Die Menschen, die Arbeit und Homeschooling oder Kinderbetreuung unter einen Hut kriegen mussten, fanden einen Weg – der auf keinen Fall einfach war –, um mit durchdachter Planung zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten und trotzdem noch die restlichen Bälle in der Luft halten zu können. Wenn ein Angebot nicht am Dienstagmorgen um 10 Uhr verfasst werden kann, vielleicht kann es das stattdessen um 6 Uhr morgens, und kann dann vorgestellt werden, während der Partner die Kinder übernimmt – und auf den Erfolg wird während des Mittagsschlafs der Kinder angestoßen.
Während sich der Alltag langsam wieder in Richtung Normalität bewegte, konnten nur wenige behaupten, dass Remote Work und flexible Arbeitszeiten »niemals für uns funktionieren würden«, denn das hatte es.
Menschen rutschen immer in alte Angewohnheiten zurück. Der erste Besuch eines Cafés nach der Quarantäne? Ein Fest der menschlichen Interaktion. Beim zweiten Besuch weichen die Menschen wie zuvor dem Blickkontakt des Kellners aus. Aber manches verändert sich eben doch. Vielleicht gehören Sie zu den Millionen Menschen, die während COVID-19 das erste Mal von zu Hause aus arbeiten durften. Vielleicht können Sie sich nicht vorstellen, wie Sie jemals wieder wöchentlich zehn Stunden für die Pendelei verschwenden sollen. Vielleicht haben Sie früher die Werktage damit verbracht, Ihre Kunden in deren Geschäftsstellen zu besuchen, aber jetzt wollen diese den Kampf mit dem Verkehr auch nicht mehr auf sich nehmen. Gallup fand im April 2020 heraus, dass 59 Prozent derjenigen, die während der Pandemie zu Hause arbeiten konnten, dies auch gerne weiterhin tun würden.3 Vielleicht möchten Sie neue Varianten des Arbeitens ausloten – Varianten, die mehr Selbstständigkeit fördern und sowohl in puncto Arbeitsort als auch Arbeitszeit mehr Freiheit gewähren als zuvor.
Wenn dem so ist, dann habe ich dieses Buch für Sie geschrieben.
Es ist außerdem für Sie, wenn Sie seit Jahren (wie ich) ein kleines Unternehmen oder ein dezentrales Team leiten. Es ist für alle, die diese Möglichkeiten eines großen Umbruchs nutzen wollen, um ihre Zeiteinteilung und ihr Leben zu überdenken. Die klügsten Chefs haben jetzt, nachdem ersichtlich wurde, was möglich ist, erkannt, dass größere Flexibilität in der Arbeitsstruktur, Arbeitszeit und Arbeitsort keine Frage der Work-Life-Balance ist, stattdessen wird den Klügsten klar, dass Remote Work und flexible Arbeitsstile immense strategische Vorteile bringen können – wenn man sich traut, den Stier bei den Hörnern zu packen. Die Unternehmen sind wendiger – die Menschen glücklicher und gesünder. Es ist wunderbar, wenn man von Angesicht zu Angesicht arbeiten kann, aber wie bei allem sinken auch hier ab einem gewissen Punkt die Erträge. In vielen Bereichen liegt dieser Punkt weit unter dem, was man sich von 40 Wochenstunden an einem Büro-Arbeitsplatz erwartet hatte. Im neuen Homeoffice zählen die Ergebnisse weit mehr als die Frage, wann und wo die Arbeit erledigt wird.
Dieses Buch zeigt Strategien von erfolgreichen Menschen, die in dieser neuen Welt aufblühen. Daher spreche ich hier über:
Jeder einzelne dieser Teile beinhaltet zudem praktische Tipps, die Sie sofort ausprobieren können. Ich habe meinen Job richtig gemacht, wenn Sie wenigstens ein paarmal sagen: »So hatte ich das noch gar nicht betrachtet!« Ich möchte Sie hier motivieren, Ihren Arbeitsalltag und Ihr Arbeitsleben so für sich anzupassen, dass Sie Ergebnisse erzielen, die unter den alten Voraussetzungen unmöglich gewesen wären.
Ich habe in den Gesprächen mit hochgradig produktiven Menschen gelernt, dass diejenigen, die scheinbar Zeit aus dem Nichts produzieren können, keinem festen Zeitschema für die 168 Wochenstunden folgen. Sie planen ihre Arbeitstage vor, um die wichtigste Arbeit dann zu erledigen, wenn sie am konzentriertesten sind. Sie treffen ihre Lebensgefährten und Partner dienstags in einer gemeinsamen Mittagspause. Sie laden ehemalige Kolleginnen zur gemeinsamen Joggingrunde morgens um 6 Uhr ein und ihnen kommen nebenbei, während sie ihre Sporteinheiten schaffen, noch neue Ideen fürs Unternehmen. Sie fahren zum Abendessen mit der Familie nach Hause (oder verlassen ihr Homeoffice) und bauen weiter an ihrem Imperium, nachdem sie ihre Kinder ins Bett gebracht haben. Sie arbeiten an unterschiedlichen Orten – und dabei geht es gleichermaßen darum, neue Ideen zu generieren, Energien effizient einzusetzen und die klassische Work-Life-Balance zu leben.
Manchmal sind die Jobs dieser Menschen schon von Natur aus flexibel. Wenn man den Laden schmeißt, findet das Meeting statt, wann man selbst das möchte. In anderen Fällen arbeiten die Menschen einfach, wann sie arbeiten wollen – weil es einfacher ist, um Vergebung zu bitten, als um Erlaubnis zu fragen.
Der Umbruch, der gerade überall stattfindet, hat es viel mehr Menschen möglich gemacht, ihre Arbeit anders zu gestalten. Das ist nicht einfach. Wer von zu Hause aus arbeitet, muss viele Probleme meistern – wie dieses Buch zeigen wird. Aber nicht die Probleme, an die man zuerst denken würde. Hochleistungsprofis schauen nicht den ganzen Tag Netflix, weil sie es können. Das größere Problem entsteht eher, wenn sie nicht wissen, wann sie Feierabend machen sollten, oder wenn sie festhängen und nicht weiterwissen ohne den Chef um die Ecke, oder wenn Manager unklare Ziele setzen. Es ist hart, so selbstständig zu arbeiten, wie es für Remote Work gefordert ist – egal, ob man für sich oder jemand anderen arbeitet. Aber man kann es schaffen, indem man zwei Prinzipien im Hinterkopf behält, auf die ich hier immer wieder zu sprechen kommen werde.
Erstens: Von zu Hause aus zu arbeiten, ist eine Fertigkeit. Menschen können lernen, von zu Hause aus zu arbeiten, so wie sie auch die französische Sprache oder das Basketballspielen lernen können.
Es hilft, wenn man feststellt, dass es wie mit den meisten Fertigkeiten ist: Am ersten Tag klappt es noch nicht so gut, aber man wird immer besser darin. Im Frühjahr 2020 gab es einen Crashkurs, und es fanden viele schlechte Zoom-Meetings statt, in denen sich die Menschen andauernd gegenseitig ins Wort fielen. Viele versuchten panisch, die moderne Technik dafür zu benutzen, ihren normalen Arbeitsalltag und das Umfeld zu reproduzieren, das sie Mitte März aufgeben mussten. Das ist durchaus verständlich und zudem aufschlussreich. (Es konnte ja auch so viel reproduziert werden!)
Daraus entsteht jedoch der Wunsch, sich das zweite Prinzip zu eigen zu machen: Etwas Neues schaffen, statt das Alte zu reproduzieren. Dieses Buch ist eine Anleitung, um auf das nächste Level zu kommen – vom Remote Work des 12. März 2020 zu einer besser durchdachten Vision davon, was Remote Work sein kann. Die Arbeit von zu Hause aus muss kein Notbehelf sein, bei dem man die Tage zählt, bis man wieder ins Büro zurück darf. Stattdessen kann es ein strategischer Vorteil sein, wenn man sie mit der Arbeit im Büro kombiniert. Im neuen Homeoffice zählen Ideen mehr als je zuvor. Und Straßenschuhe? Die sind dabei rein optional. In diesem Buch geht es darum, wie erfolgreiche Menschen sich weiterentwickeln, während sie von zu Hause aus arbeiten – und wie Sie das mit den richtigen Tipps auch können.
Als Meredith Monday Schwartz 2008 das Unternehmen Here Comes The Guide übernahm, hatte das kalifornische Unternehmen, das Paaren dabei hilft, den perfekten Ort für die eigene Hochzeit zu finden, noch eine physische Geschäftsstelle. Aber Schwartz, die seit 1997 dort auch angestellt war, schaffte sich recht schnell einen Welpen an. Daher arbeitete sie seit einigen Wochen von zu Hause aus, um sich gut um ihn kümmern zu können, als ihr ein Geistesblitz kam: »Ich schaffte so viel mehr«, stellte sie fest – trotz des Welpen und der drei Kinder zu Hause. »Die Arbeit fühlte sich viel natürlicher an.« Sie genoss die Möglichkeit, sich auf eine Sache zu fokussieren, und sie konnte ganz nach ihrem eigenen Rhythmus arbeiten, den sie nach einer Weile herausfand: Zuerst eine Stunde Arbeit morgens, dann den Haushalt in die Gänge bringen, ohne Zeit mit dem Arbeitsweg zu verschwenden, dann abwechselnd Zeitblöcke konzentrierter Arbeit allein und Gespräche mit Kolleginnen. Sie vermutete, dass es ihren Angestellten ebenso ging, und auch sie glücklicher und produktiver zu Hause arbeiteten.
Also machte sich das Unternehmen während ihrer Zeit als CEO auf den langen Weg zum Remote Work. Erst arbeiteten die Mitarbeiter einen Tag pro Woche von zu Hause aus, dann zwei. Mitarbeiter zogen weg, aber blieben angestellt. Im November 2016 zog Schwartz dann das letzte Mal die Bürotür in Berkeley hinter sich zu.