Band 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)
Band 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)
Band 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)
Band 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)
Band 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)
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Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783743170469
Über den Gott Heimdall gibt es zwar bei weitem nicht so viele Mythen und Hinweise auf seinen Charakter wie z.B. zu Odin, Thor oder Freya, aber aus den erhaltenen Texten ergibt sich trotzdem ein recht lebendiges Bild.
Neben der Lieder-Edda, die eine um ca. 1250 n.Chr. zusammengestellte Sammlung von Gedichten über die Götter und Helden ist, und der Prosa-Edda, die um 1230 n.Chr. von Snorri Sturluson verfaßt worden ist, um die germanische Dichtkunst für die Nachwelt zu bewahren, finden sich auch einige Hinweise in den frühen Skaldenliedern und in den Sagas sowie in den verschiedenen mythologisch-historischen Geschichtswerken, die ab 1200 n.Chr. von den Germanen über die Vergangenheit ihrer einzelnen Völker geschrieben worden sind.
Der erste Namensteil von „Heimdall“ bedeutet „Heim, Heimat, Welt“. Der zweite Teil bedeute „Tal“ im Sinne von „Ort“. „Heimdall“ bedeutet somit „Heim-Tal“ oder „Heimat-Tal“.
Dieser Name entspricht der Bezeichnung „Midgard“ für das Diesseits und die Menschenwelt. Das Gegenstück dazu ist „Sökkdalir“, was „Tiefes Tal“ oder „Unterwasser-Tal“ bedeutet und ein Name für das Jenseits ist. In Sökkdalir befindet sich der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr als der Riese Surtur während der Nacht, die dem Jenseits entspricht.
Der Name „Heimdall“ ähnelt sehr stark dem Namen „Mardöll“ der Göttin Freya, der „Meeres-Tal“ bedeutet und offenbar dem „Sökkdalir“ entspricht.
Zusammenfassung
„Heimdall“ bedeutet „Heim-Tal“ oder „Heimat-Tal“, womit Midgard, die Welt der Menschen gemeint sein wird.
In den Namenslisten am Ende der Skaldskaparmal werden die Söhne des Odin aufgezählt. Diese Liste beginnt damit, daß Burir als Vater des Odin genannt wird.
Odins Söhne:
Burir erzeugte Odin;
Baldur und Meili,
Widar und Nepr,
Vali, Ali,
Thor und Hildolfr
Hermodr, Sigi,
Skjöldr, Yngvi-Freyr
und Itreksjod,
Heimdalle, Saemingr,
Hödr und Bragi.
Die Auffassung des Heimdall als Sohn des Odin ist recht sicher eine späte Umdeutung des ehemaligen Göttervaters Tyr-Heimdall sein, um diesen dem neuen Göttervater Odin unterzuordnen. Auch Tyr selber wird in „Gylfis Vision“ als Sohn des Odin angesehen.
In diesem Listen-Lied, dessen Verfasser unbekannt ist, wird Heimdall unter den Asen aufgezählt:
Ich werde euch
die Asen-Heiits sagen:
Dies sind Yggr und Thor
und Yngvi-Freyr,
Vidar und Baldur,
Vali und Heimdall,
das sind Tyr und Njörd,
weiterhin Bragi,
Hödur, Forseti,
und schließlich ist da noch Loki.
In dem Lied „Odins Rabenzauber“ wird Heimdall als „Nachkomme der Asen“ umschrieben. Mit dieser Minimal-Kenningar wird auch Heimdall selber als Ase bezeichnet.
Zu Beginn der Skaldskaparmal wird berichtet, daß alle Götter zu einem Fest zu Ägir kommen.
Dann kamen die Asen herein zu ihrem Fest. Dann ließen sich die zwölf Asen, die zu richtern bestimmt worden waren, in ihren Hoch-Sitzen nieder: Dies waren Thor, Njörd, Freyr, Tyr, Heimdall, Bragi, Vidarr, Vali, Ullr, Hönir, Forseti und Loki. Auch die Asinnen Frigg, Freya, Gefiun, Idun, Gerdr, Sigyn, Fulla und Nanna kamen zu dem Fest.
Heimdall gehörte offensichtlich zu den „oberen Asen“. Es fällt auf, daß Odin nicht in dieser Aufzählung vorkommt.
Da seltsamerweise Odin nicht anwesend ist, kann dies nicht dasselbe Fest sein, auf dem später Loki alle anwesenden Götter beleidigt (Lokasenna). Anscheinend wurde des öfteren bei Ägir gefeiert …
Zusammenfassung
Heimdall ist ein Ase.
Die vollständigste Darstellung des Gottes Heimdall findet sich in dem zweiten Teil der Edda, die den Namen „Gylfis Vision“ trägt.
Heimdall heißt einer, der auch der weiße Ase genannt wird. Er ist groß und hehr und von neun Mädchen, die Schwestern waren, geboren worden.
Er heißt auch Hallinskidi und Gullintanni, weil seine Zähne von Gold sind. Sein Pferd heißt Gulltopp.
Er wohnt auf Himinbiörg bei Bifröst. Er ist der Wächter der Götter und wohnt dort an des Himmels Ende, um die Brücke vor den Bergriesen zu bewahren.
Er bedarf weniger Schlaf als ein Vogel und sieht sowohl bei Nacht als bei Tag hundert Tagreisen weit; er hört auch das Gras in der Erde und die Wolle auf den Schafen wachsen, und auch alles, was einen stärkern Laut von sich gibt.
Er hat ein Horn, das Giallarhorn heißt, und bläst er hinein, so wird es in allen Welten gehört. Heimdalls Schwert heißt Haupt.
Von ihm heißt es (im Grimnir-Lied):
Himinbiörg ist die achte, wo Heimdall soll
Der Weihestatt walten.
Der Götterwächter schlürft in schöner Wohnung
Selig den süßen Met.
Auch sagt er selbst in dem (nicht erhaltenen) Lied „Heimdalls Zauber“:
Ich bin neun Mütter Sohn
und von neun Schwestern geboren.
Heimdall ist „Weiß“, d.h. er leuchtet – er ist eine Umdeutung des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr.
Die „neun Schwestern“ sind die jenseitsgöttin, da die Zahl „9“ von den Germanen als ein Adjektiv mir der Bedeutung „zum Jenseits gehörend“ benutzt worden ist.
„Hallinskidi“ bedeutet „Hallen-Ski“ und bezeichnet wahrscheinlich das Schiff der Sonne, die durch die „Himmel-Halle“ fährt. Schiffe werden in den Kenningarn sehr häufig als „Ski“ umschrieben. Mit der Kenning „Hallinskidi“ wurde auch der „Widder“ bezeichent, der offenbar in Zusammenhang mit dem Gott Heimdall gestanden hat.
Heimdall Goldene Zähne sind eine Weiterentwicklung des indogermanischen Vorstellung, daß die Sonne das Haupt des Sonnengott-Göttervaters ist.
„Gulltopp“ bedeutet „Goldlocke“. Da die beiden Rosse, die den Sonnen-Streiwagen ziehen, Schimmel mit goldener Mähne, goldenem Schweif und goldenen Hufen gewesen sind, reitet Heimdall offenbar eines dieser Sonnenrosse – was bestätigt, daß dieser Gott eine Umdeutung des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr ist.
„Himinbjörg“ bedeutet „Himmelsberg, Himmels-Hügelgrab, Himmelsburg“, also ursprünglich „Schutzort am Himmel“. Hier hat „Berg“ noch die Bedeutung von „geborgener Ort“. Der Besitzer des „geborgenen Ortes am Himmel“ kann am ehesten der Sonnengott sein.
Die „Bergriesen“ sind allgemein die Toten und spezieller die Vorfahren der Götter, also letztlich der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr, der im Jenseits der „König der Riesen“ gewesen ist. Bei der Umdeutung des Tyr zu Heimdall bei dessen Absetzung durch Thor und Odin um ca. 500 n.Chr. ist Heimdall selber zu einem Gegner des Tyr-Riesen umgedeutet geworden. Heimdall wurde somit sozusagen zu einem Gehilfen des Thor bei dessen Kampf gegen den König der Riesen (Thiazi, Geiröd, Hrungnir, Thrym usw.), also gegen Tyr.
Heimdalls Funktion als Wächter der Regenbogenbrücke erinnert an Tyr als Riesenbaumeister, der die Mauer rings um Asgard sowie das Tor in ihr erbaut hat. Anscheinend ist aus dem ehemaligen Sonnengott-Göttervater Tyr als dem Herrn der Jenseits-Himmelshalle sowohl Tyr als der Riese, der die Mauer rings um Asgard erbaut hat, als auch Heimdall als der Wächter an dem Tor in dieser Mauer, an der die Regenbogenbrücke endet, geworden.
In diesem Lied wird der Ase Heimdall von Skirnir mit „Wächter der Götter“ umschrieben:
„Du wirst weiter bekannt werden als der Wächter der Götter.“
In den „Zankreden des Loki“, die auch „Ägirs Trinkgelage“ genannt werden, beleidigt Loki alle Götter und Göttinnen so gut er kann – und das ist nicht wenig …
In einer „Nebenrolle“ erscheint auch Heimdall:
Heimdall:
„Trunken bist Du, Loki! Vertrankst den Verstand:
Laß endlich ab, Loki,
Denn im Rausche reden die Leute viel
Und wissen nicht was.“
Loki:
„Schweig Du, Heimdal! In der Schöpfung Beginn
Ward Dir ein leidig Los.
Mit feuchtem Rücken fängst Du den Tau auf
Und wachst: der Götter Wärter!“
Diese Schilderung des Heimdall bezieht sich vermutlich lediglich auf seine Wächterfunktion – der Morgentau sammelt sich auch auf dem Rücken der Wächter, die draußen in Nacht Wache halten.
In „Gylfis Vision“ in der Edda wird die Regenbogenbrücke, auf der Heimdall Wache hält, näher beschrieben:
Da frug Gangleri: „Wo geht der Weg vom Himmel zur Erde?“
Har antwortete und lachte: „Nun hast Du unklug gefragt. Hast Du nicht gehört, daß die Götter eine Brücke machten vom Himmel zur Erde, die Bifröst heißt? Die wirst Du gewiß gesehen haben; aber vielleicht nennst Du sie Regenbogen. Sie hat drei Farben und ist sehr stark und mit mehr Kunst und Verstand gemacht als andere Werke.
Aber so stark sie auch ist, so wird sie doch zerbrechen, wenn Muspels Söhne kommen, darüber zu reiten; und ihre Pferde müssen über große Ströme schwimmen.“
Da sprach Gangleri: „Nicht dünkt es mich, daß die Götter die Brücke so fest gemacht haben, wenn sie zerbrechen mag; sie konnten sie doch so fest machen wie sie wollten.“
Da antwortete Har: „Die Götter haben keinen Tadel verdient wegen dieses Werkes. Bifröst ist eine gute Brücke; aber kein Ding in der Welt mag bestehen bleiben, wenn Muspels Söhne geritten kommen.“
Diese Beschreibung der Regenbogenbrücke erweckt den Eindruck, als ob sie aus Wasser wäre, da die Pferde der Riesen schwimmen müssen. Bifröst entspricht anscheinend nicht nur von ihrer mythologischen Funktion, sondern auch von ihrem „Material“ her dem Jenseitsfluß Gjallar.
An einer anderen Stelle wird das Blau des Regenbogens als Wasser und das Rot als Feuer angesehen, was die Deutung der Regenbogenbrücke als Analogie zu dem Jenseitsfluß, durch den die Pferde schwimmen müssen, bestätigt.
Denn die Asenbrücke steht all in Lohe,
Heilige Fluten flammen.
In diesem Lied wird Heimdall „Windhelm“ genannt – seine Brücke ist Bifröst.
Nun muß ich reiten die geröteten Wege,
Und mein Küsten-Roß über den Himmel lenken;
Westwärts gehe ich zu Windhelms Brücke,
Eh Salgofnir krähend das Krieger-Volk weckt.
Die „geröteten Wege“ könnten der blutgetränkte Weg der gefallenen Krieger vom Schlachtfeld nach Walhalla sein. Es ist anzunehmen, daß hier auch eine Assoziation zur Morgenröte vorliegt.
Das „Küstenroß“ ist ein Schiff – offenbar eine Entsprechung zu dem Schiff Hringhorni, in dem Baldur bestattet worden ist. Dieses Schiff fährt an den Himmel empor, d.h. Hogni wird zu einem Stern oder zu einem Begleiter der Sonne bzw. des Sonnengott-Göttervaters Tyr.
„Windhelm“ wird ein Beiname des Gottes Heimdalls ein, da „Windhelm“ offenbar auf der Brücke Bifröst am Himmel steht. Da er westwärts zu dieser Brücke geht, folgt er wohl der Nacht, die vor der aufgehenden Sonne nach Westen flieht. Die Nacht ist eine Analogie zu dem Jenseits, aus dem Hogni daher nur des Nachts herauskommen kann.
„Salgofnir“ („der auf dem Hallen-Giebel sitzt“) ist ein Hahn – wahrscheinlich auf Odins Saal Walhall.
In diesem Lied wird ein Gleichnis benutzt, daß die gefallenen Krieger der in das Jenseits reisenden Sonne gleichsetzt:
Krieger-Sonnen-Gleichnis | ||
Text | Gleichnis | |
Krieger | Sonne | |
gerötete Wege | Schlachtfeld | Abendrot |
Küsten-Roß | Drachenschiff | Sonnen-Schiff |
westwärts | Kurs des Schiffes | ins Jenseits (Sonnenuntergang im westen) |
Salgofnir weckt die Krieger | Erwachen am Morgen | Ankunft im Jenseits |
Wenn der Ragnarök, also das „Ende der Welt“ naht, warnt Heimdall die Asen vor der Ankunft der Riesen, die von dem Feuerriesen Surtur angeführt werden:
Und wenn sich diese Dinge begeben, erhebt sich Heimdall und stößt aus aller Kraft ins Giallarhorn und weckt alle Götter, die dann Rat halten.
Sowohl der Riese Surtur als auch der Ase Heimdall sind Umdeutungen des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr. Beide Gestalten stehen sich hier als Feinde gegenüber.
Diese Szene wird auch in „Der Seherin Vision“ erzählt:
Ins erhob'ne Horn bläst Heimdall laut;
Odin murmelt mit Mimirs Haupt.
Yggdrasil zittert, die ragende Esche;
Es rauscht der alte Baum, da der Riese frei wird.
Der Name dieses Riesen ist eine Ableitung von „vörd“ für „Wärter, Wächter, Beschützer“. Vermutlich bezieht sich dieser Name auf Heimdall, der „vörd goda“, also „Wächter der Götter“ genannt wurde.
Da die Mythen des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr bei dessen Absetzung um 500 n.Chr. durch Thor und Odin zerfallen sind, sind die ihre Bestandteile umgedeutet und in die neuen mythen, in denen Odin der nordgermanische Göttervater war, eingefügt worden. Der Riese Vörnis ist vermutlich im Zuge dieser Umdeutungen wie auch viele andere Tyr-Riese (Thiazi, Geirröd, Thrym, Hrungnir, Surtur u.a.) entstanden.
Die Umdeutung der auf der Regenbogenbrücke allmorgendlich aufsteigende Sonnengott-Göttervater Tyr zu dem Wächter der Regenbogenbrücke als dem Weg nach Asgard ist anscheinend anfangs noch nicht ganz eindeutig gewesen. Daher konnte der bereits zum Wächter umgedeutet Tyr-Heimdall auch noch zu einem Tyr-Riesen im Jenseits werden, der dann „Vörnir“ genannt worden ist.
Während sich Heimdall als Regenbogenbrücken-Wächter jedoch zu einem sehr beliebten Motiv weiterentwickelt hat, haben sich um das Nebenmotiv des Tyr-Heimdall-Riesen Vörnir entweder keine Mythen ausgebildet oder sie sind bald schon wieder in Vergessenheit geraten.
Heimdall konnte als „Wächter der Regenbogenbrücke“ umschrieben werden:
Heimdall | Wächter der Brücke | anonym | Odins Rabenzauber | |
Heimdall | berühmter Verteidiger des Boden-Streifens der Götter | Boden-Streifen der Götter = Regenbogenbrücke | Ulfr Uggason | Husdrapa |
Anscheinend ist dieses Motiv so beliebt gewesen, daß es auch im Zuge der Christianisierung der Nordgermanan auch auf den christlichen Gott Vater übertragen worden ist. Normalerweise hat im Christentum Petrus und nicht Gott Vater die Position des Wächters am Tor zum Paradies inne.