Julia Kathrin Knoll
"The truth is, everyone is going to hurt you.
You just got to find the ones worth suffering for."
(Bob Marley)
Für meine Leser-/innen auf www.fanfiktion.de
Danke für alles.
Alle "Schatten" spielen in der Vergangenheit,
alle "Kapitel" spielen in der Gegenwart.
Flure wischen, Essen austeilen, Wäsche sortieren …
Sozialstunden im Krankenhaus waren wirklich die Pest! Und die Mittagspause war auch nur eine halbe Stunde lang. Entnervt lehnte sich Lysander an einen der zahlreichen, in vollem Grün stehenden Bäume im Krankenhauspark, seufzte tief und steckte sich müde eine Zigarette an. Wenigstens hatte er hier seine Ruhe. Oder auch nicht!
Über ihm ertönte ein halb unterdrücktes Hüsteln, Lysander legte überrascht den Kopf in den Nacken – und sprang erschrocken einen Schritt zurück, als etwas Schweres, Massives dicht an seinem Gesicht vorbei zu Boden rauschte und mit einem dumpfen Laut im Gras landete.
»Oh mein Gott, entschuldige! Hast du dir wehgetan?«
Die Stimme ertönte, noch bevor zwischen den Zweigen der dicht bewachsenen Baumkrone ein Gesicht auftauchte. Verblüfft starrte Lysander in ein höchst merkwürdiges, weit aufgerissenes Augenpaar. Ein Auge blau, das andere grün …
Was zum …?
»Tut mir leid!« Der Junge im Baum schien ernsthaft zerknirscht, während er mit einem gekonnten Satz von seinem Ast sprang. Lysander konnte nicht anders, als ihn entgeistert anzustarren. Er schien in etwa sein Alter zu haben, sechzehn, vielleicht auch ein bisschen jünger. Aber definitiv zu alt, um noch auf Bäumen rumzuklettern. Was nicht das einzig Merkwürdige an ihm war …
Er war groß, fast so groß wie Lysander selbst, dabei aber so schlank, ja, geradezu knochig, als würde er jeden Moment einfach auseinanderbrechen wollen. Eine Fülle halblangen dunkelblonden Haars quoll unter der grauen Schiebermütze auf seinem Kopf hervor, und darunter trug er neben enganliegenden Skinny Jeans ein weißes Hemd und eine zur Mütze passende, anthrazitfarbene Weste.
Ein Zeitungsjunge. Ja, genau, daran erinnerte Lysander dieses ausgefallene Outfit. Bis auf die modernen Jeans sah der Typ aus wie ein Zeitungsjunge aus den Zwanzigerjahren. Ein halb verhungerter Zeitungsjunge.
»Wow«, murmelte er unwillkürlich, noch bevor er seine eigene Zunge im Zaum halten konnte. »Ist Karneval nicht längst vorbei?«
Der andere erwiderte kurz seinen Blick, blinzelte dann heftig, als sei ihm ein Staubkorn ins Auge geflogen, und gab unbeeindruckt zurück: »Ist James Dean nicht längst tot?«
Und im selben Atemzug fügte er, ein wenig rechtfertigend, hinzu: »Das sind Designerklamotten. Man nennt es Retro-Look.«
Lysander ignorierte die Belehrung über Modetrends und gab bissig zurück: »James Dean war blond, du Idiot.«
Ärgerlich wuschelte er sich durch die braunen Haare. Dabei war dieser freche Typ nicht der Erste, der die Ähnlichkeit feststellte. Seine Großmutter hatte auch immer behauptet, er sei dem berühmten Schauspieler wie aus dem Gesicht geschnitten, besonders wenn er die schwarze Lederjacke trug, die er so mochte. Lysander selbst konnte nichts dergleichen feststellen, trotzdem war er widerwillig beeindruckt über die Bemerkung seines Gegenübers.
»Was … hast du eigentlich da oben gemacht?«, erkundigte sich Lysander beiläufig und schenkte der Baumkrone einen abschätzigen Blick aus zusammengekniffenen Augen. Der Zeitungsjunge zuckte mit den Schultern. »Ich wollte nur ein bisschen lesen.« Mit einem leicht verlegenen Lächeln hob er den Gegenstand auf, den er vorhin fallengelassen hatte. Es war eine gebundene Ausgabe von Tolstois Krieg und Frieden.
Lysander runzelte die Stirn. Konnte der Kerl sich nicht wie jeder andere auch auf eine Bank setzen oder ins Gras legen, wenn er schon im Park lesen musste?
»Es ist wunderschön da oben«, erklärte der Junge, als hätte er die Gedanken seines Gegenübers gelesen. Wieder zuckte ein Lächeln um sein Gesicht.
Skeptisch betrachtete Lysander die Zweige über ihnen. »Sieht unbequem aus.«
Der Junge wollte antworten, wurde aber durch ein Fiepen in seiner Hosentasche unterbrochen. Hastig zerrte er sein Handy hervor und warf einen flüchtigen Blick darauf, während sich Lysander unwillkürlich fragte, wie das Telefon in der hautengen Jeans überhaupt noch Platz gefunden hatte.
»Ich muss los, entschuldige nochmal«, erklärte der Junge, winkte zum Abschied und drehte sich um.
»Hey«, rief Lysander ihm hinterher. »An deiner Stelle würde ich auf E-Books umsteigen, bevor du noch jemanden umbringst mit dem dicken Wälzer!«
Der andere lachte leise, trabte Richtung Krankenhauseingang und verschwand bald um die Ecke. Kopfschüttelnd starrte Lysander ihm noch einen Moment lang nach, dann blickte er seufzend auf die Uhr. Verdammt! Seine Pause war gleich vorbei, und die unfreundliche Oberschwester, der er zugeteilt war, verstand, wenn es um Unpünktlichkeit ging, keinen Spaß. Eigentlich, so überlegte er düster, verstand sie überhaupt keinen Spaß.
Schnell steckte er also seine Zigaretten ein und schlug dieselbe Richtung ein, die auch der Zeitungsjunge genommen hatte. Tatsächlich sah er ihn noch einmal vor dem Eingang. Ein flachsblondes Mädchen in einem langen, blauen Sommerkleid kam gerade auf ihn zu getänzelt und umarmte ihn kurz. Lysander konnte sogar hören, was sie redeten:
»Da bist du ja! Ich hab mir schon Sorgen gemacht!«
»Tut mir leid.« Verlegen strich sich der Junge eine Haarsträhne aus der Stirn. »Die Schwester sagte, ich könne gleich auf die Ergebnisse warten und da hab ich beim Lesen im Park wohl die Zeit verloren.«
»Dann können wir sie gleich abholen?« Die Besorgnis in den nachtblauen Augen des Mädchens stieg an. »Die Ergebnisse?«
»Hey …« Beruhigend tätschelte der Junge seiner Begleiterin die Schulter. »Es ist alles in Ordnung, bestimmt. Ich bin doch längst wieder fit!«
Dann war er also als Patient hier. Was ihm wohl fehlte? Oder gefehlt hatte? Nicht, dass es Lysander irgendetwas anginge … Unwillig runzelte er die Stirn und lief weiter.
Der Junge bemerkte ihn nicht. Unbekümmert legte er der hübschen
Blondine den Arm um die schlanken Hüften und die beiden
verschwanden im Haupteingang des Krankenhauses.
Flirrende Sonnenflecken tanzten durch das schmutzige Fenster der Bahn, zeichneten helle, Wärme und Freundlichkeit suggerierende Flächen in das halbvolle Abteil der Bostoner Orange T Line.
Ein Zittern lief durch Fynns Körper, frierend hüllte er sich in die dunkelblaue Jacke seiner Schuluniform, obwohl es eigentlich nicht kalt war. Eng in einen der ungemütlichen Sitze gekauert schlang er die Arme schützend um den Körper, fühlte, wie ihm die stickige Heizungsluft aus dem Gebläse neben dem Fenster ins Gesicht schlug, und spürte dennoch keine Wärme in seinem Inneren.
In Momenten wie diesem vermisste er seine Schwester am meisten, fühlte, dass er nur noch eine leere Hülle war, die mehr tot als lebendig durch die Welt stapfte, ein Zombie, nichts weiter.
Er hatte die ganze Nacht über nicht geschlafen, und jetzt war die Müdigkeit tief in seine Knochen gekrochen, breitete sich als dumpfe Übelkeit in seinem Magen aus und drückte pochend gegen seine bleichen Schläfen.
Seine Lider waren schwer. Seufzend lehnte er die Stirn gegen das Fenster, und obwohl ihn ohnehin schon fröstelte, tat die Kälte des Glases ihm gut, schien die überhitzten Gedanken zu kühlen, zu beruhigen. Ein leises Summen in seiner Brusttasche jedoch schreckte ihn auf, ließ ihn zusammenzucken, als hätte man ihm einen Eiszapfen zwischen die Rippen gejagt.
Sein Puls begann zu rasen, wild drückte das Herz gegen die plötzlich staubtrockene Kehle. Mit steifen Fingern fischte er das Handy aus der Tasche. Vielleicht hätte er es ausgeschaltet lassen sollen, hätte es schweigen lassen sollen …
Er wusste, wer der Anrufer war, noch bevor seine leicht zitternden Finger auch nur eine einzige Taste des Telefons betätigen konnten.
Lysander.
Natürlich. Es war der vierzehnte Anrufversuch seit gestern Nachmittag. Drei ungeöffnete SMS. Zwei ungehörte Nachrichten auf der Mailbox.
Er hätte es ausgeschaltet lassen sollen! Er wollte nicht mit ihm sprechen, konnte es einfach nicht. Nicht nach dem, was er gestern im Park beobachtet hatte.
Fynn wusste, dass er sich kindisch benahm, albern, lächerlich. Nach allem, was passiert war, hätte es ihm nicht dermaßen wehtun dürfen, Lysander mit diesem Mädchen zu sehen. Und eigentlich hatte er geglaubt, seit dem Unfall würde es nichts mehr geben, was ihn überhaupt noch berühren konnte. Aber er hatte sich geirrt.
Er konnte noch immer Schmerz empfinden, und das, obwohl er nicht das geringste Recht hatte, verletzt zu sein, nicht einmal das Recht, wütend zu sein.
Und auch das wusste er, aber er konnte trotzdem nicht mit Lysander sprechen, nicht jetzt. Während er noch dabei war, das Telefon tief in seiner Tasche zu versenken, begann es erneut zu summen. Wieder eine SMS.
Aus einem paradoxen Impuls heraus, dem er nicht widerstehen konnte, öffnete er sie: Wo steckst du, Fynnian Chesterfield, du verdammter Idiot? Melde dich gefälligst, ich mach mir langsam Sorgen …
Fynn schaltete das Telefon aus. Verdammt! Fast hysterisch drückte er die Hand gegen die Stirn, schloss die Augen und atmete tief ein und aus, um das jähe Stechen in seiner Brust zu vertreiben.
Lysander machte sich Sorgen um ihn, natürlich, er war sein … ja, sein was eigentlich? Sein Freund? Sein Ex? Sein Ex-Freund? Fynn wusste es nicht, und der Gedanke machte es nur noch schlimmer. Ruckartig öffnete er die Augen wieder, blinzelte die aufkommenden Tränen weg, als der Zug sanft zitternd zum Stehen kam.
Bei der nächsten Haltestelle würde er aussteigen müssen, wollte er heute wenigstens noch zur dritten Stunde im Unterricht erscheinen. Und plötzlich wünschte sich Fynn, der Zug würde nie dort ankommen.
Lysander würde in der Schule sein. Würde auf ihn warten, ihn böse ansehen, ihn anschreien, ihn fragen, was eigentlich in ihn gefahren war. Und Fynn würde lächeln und irgendeine blöde Ausrede erfinden und so tun, als wüsste er von nichts. Als hätte er Lysander nicht gestern im Park beobachtet. Als wäre nichts geschehen.
Und es war ja auch nichts geschehen. Nichts, was ihn hätte treffen dürfen. Trotzdem war ihm plötzlich ganz schlecht vor Angst, er wollte ihn nicht sehen, wollte nicht mit ihm sprechen, ihm nicht begegnen.
Und so blieb er, als der Zug erneut anhielt, einfach still und erstarrt auf seinem Platz, als wären seine zitternden Glieder plötzlich am Sitz festgenagelt. Ruckelnd setzte sich die Bahn erneut in Bewegung, ein zarter, seltsam befreiender Schock zuckte durch Fynns Körper.
Er war gerade dabei, die Schule zu schwänzen und seinen Freund/Ex-Lover/Was-auch-immer unwiderruflich vor den Kopf zu stoßen, aber … Er war frei! Für einen winzigen, lächerlichen Augenblick schien eine große Last von ihm abzufallen, ließ ihn beschwingt, leicht, fast trunken zurück. Natürlich war es nichts als eine Illusion, der er sich hingab, ein winziger Augenblick, den man in unruhigen Schlummer versank, bis der Wecker erneut zu schrillen begann. Aber er fühlte sich besser, als er zwei Haltestellen später die Bahn endgültig verließ und mit leicht steifen Schritten den Bahnhof durchquerte.
Die Station lag in der Nähe einer großzügig angelegten Grünanlage, fast magisch angezogen steuerte Fynn darauf zu, kaufte sich an der Straßenecke einen Milchkaffee im Pappbecher und steckte drei Päckchen Zucker in seine Jackentasche.
Die Wärme des Kaffees tat ihm gut, auch wenn er schal schmeckte, nach morgendlichem Der-ganze-Arbeitstag-liegt-noch-vor-mir-Frust, nach Müdigkeit und Alltagssorgen. Fynn ignorierte die Empfindungen, die langsam seine Zunge hinabglitten und fühlte, wie er sich zu entspannen begann, während er sich auf einer Parkbank niederließ, und das Koffein und der Zucker seinen Kreislauf langsam wieder in Schwung brachten.
Allmählich verblasste das Schwindelgefühl, das den ganzen Morgen über in seinem Kopf getanzt hatte. Fest schloss er die langen, weißen Finger um den heißen Becher, sog gierig die Wärme in sich auf und ließ den Blick ziellos durch den Park schweifen. Es war noch nicht viel los um diese Zeit. Ein Gartenarbeiter kehrte einige Meter weiter buntes Laub zusammen, auf einer Bank gegenüber saß eine ältere Dame und fütterte Tauben mit trockenen Brotkrümeln. Es war ruhig, friedlich. Die Luft war kühl, ließ ihn jetzt aber nicht mehr frösteln, sondern schien im Gegenteil seine Gedanken zu reinigen, zu befreien.
Dicht vor ihm stolzierte eine junge Mutter in hochhackigen, auf dem Asphalt rhythmisch klackenden Schuhen vorbei, ein weinendes Kleinkind hinter sich her zerrend. Die Trauer des Kindes hinterließ einen dunklen Schleier in Fynns Hinterkopf, aschgrau wie der Himmel an einem verregneten Novembermorgen.
Er sah es nicht so deutlich wie das Kind selbst, mehr so wie man einen Traum sieht oder die bunten Farbflecke, nachdem man zu lange in die Sonne geblickt hatte.
Seit dem Unfall waren sie noch stärker geworden, diese Erscheinungen, aber auch früher schon hatte er Menschen Farben zugeordnet, die niemand sonst wahrnehmen konnte. »Seelenschleier« hatte Emily diese Farben genannt, für den Neurologen war es eine »synästhetische Störung«, und für manch anderen war Fynnian Chesterfield schlichtweg ein bisschen verrückt.
Was auch immer es war, Fynn senkte, wie er es immer tat, hastig den Blick, und der Ascheschatten verschwand. Fynn atmete auf. Als das Kind direkt an ihm vorüberzog, hob er den Kopf und versuchte, aufmunternd zu lächeln, doch es bemerkte ihn nicht, war ganz gefangen in seiner eigenen, traurigen kleinen Welt. Den Ascheschatten sah er nicht mehr.
Bekümmert starrte Fynn in seinen Kaffee. Warum das Kind wohl geweint hatte? Wegen eines zerbrochenen Spielzeugs, einer verweigerten Süßigkeit? Die Tragödien der Kinder erschienen den Erwachsenen oft allzu banal und bedeutungslos. Ihr Schmerz jedoch war derselbe.
Und plötzlich kam Fynn sich selbst ein wenig wie dieses Kind vor. Auch seine eigene Tragödie war banal, ja, geradezu lächerlich. Nach allem, was im letzten Jahr geschehen war, hätte ihn die Szene im Park nicht derart aus der Bahn werfen dürfen. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass es ihm noch immer die Kehle zuschnürte, wenn er an gestern Nachmittag dachte.
Er war mit Lysander am Spielplatz verabredet gewesen, wo sie sich häufig trafen, um Körbe zu werfen, abzuhängen – oder einfach nur nebeneinander auf dem Klettergerüst zu sitzen und zu schweigen. Mit Lysander konnte man gut schweigen. Das war einer der Gründe, aus dem Fynn so gerne mit ihm zusammen war. Normalerweise hasste er es, das Schweigen. Wie ein tiefer, gläserner Abgrund schien es sich zwischen zwei Menschen auszubreiten, dunkel und kalt und unüberwindlich fraß es sich in die Herzen, füllte sie mit Leere und verschlang sie. Fynn hatte dann immer das Gefühl, verzweifelt dagegen ankämpfen zu müssen, schleuderte der Stille sinnlose, nicht minder leere Worte entgegen und suchte krampfhaft nach … irgendetwas, womit er sie ausfüllen konnte. Mit Lysander jedoch war es anders.
Sein Schweigen war irgendwie tiefer als das der anderen, wärmer, lebendiger. Lysanders ganze Persönlichkeit war so präsent, dass er keine Worte zu benötigen schien. Lysander konnte einfach nur da sein, einfach nur sein. Er brauchte nicht zu reden.
Und auch Fynn musste es nicht, wenn Lysander da war. Er konnte sich an sein Schweigen anlehnen und sich selbst ein bisschen stark, warm und lebendig fühlen.
Gestern war er zu früh dran gewesen und hatte sich eine Weile stumm auf die Schaukel gesetzt, sanft vor sich hin wiegend, während er auf Lysander gewartet hatte. Sein Herz hatte ein bisschen geklopft dabei, wie immer in letzter Zeit, wenn er sich mit ihm traf. Er war nervös geworden, unruhig, hatte sich zwingen müssen, nicht alle paar Sekunden auf die Uhr zu starren, sich nicht zu fragen, ob der andere vielleicht nicht mehr kommen würde – oder gar: nicht kommen wollte?
Ihm war bang zumute gewesen, und da … hatte er sie gesehen. Lysander und das Mädchen, Arm in Arm, entspannt den Kiesweg entlangschlendernd, als wäre es das Normalste der Welt.
Sie war hübsch gewesen, nein, mehr als das: Sie war wunderschön. Klein und zierlich, mit endlos langem, blauschwarz glänzendem Haar und großen, mandelförmigen Augen. Lysander hatte irgendetwas gesagt, das Fynn nicht verstehen konnte, und sie hatte darüber gelacht, ein anmutiges, reines Lachen wie das Zwinkern eines Sterns in einer klaren Sommernacht.
Und das war der Moment, in dem Fynn geflohen war. Er war einfach aufgestanden und weggelaufen, war nach Hause gerannt wie ein feiger, durchgedrehter Vollidiot.
Lysander … war mit einem Mädchen zusammen.
Der Gedanke trieb einen Stich durch seine Brust. Lysander hatte jemand anderen! Nach allem, was passiert war, überraschte Fynn das noch nicht einmal. Immerhin war er es gewesen, der sich zurückgezogen hatte, der weggelaufen war, der Schluss gemacht hatte, und das vielleicht auf die endgültigste Art, die man sich vorstellen konnte.
Warum also sollte Lysander sich nicht wieder verlieben? Warum sollte er niemand Neuen kennenlernen? Er war groß, muskulös, sportlich … gutaussehend. Seine Art war zwar manchmal etwas ruppig, doch wenn man ihn näher kannte, dann war er, er war …
Fynns Gedanken begannen, sich zu verwirren.
Doch im Geheimen war es gar nicht das, was ihn so quälte. Vielleicht hätte er es sogar ertragen, wenn Lysander eine neue Beziehung gehabt hätte. Aber musste es ausgerechnet mit einem Mädchen sein? Lysander war es nie besonders leicht gefallen, offen mit einem anderen Jungen zusammen zu sein, und das machte es jetzt umso schlimmer.
Sie hatten so natürlich gewirkt zusammen, diese beiden, so entspannt, so … glücklich. Es war diese völlige Selbstverständlichkeit des Bildes, die Fynn quälte, diese komplette Harmonie der beiden.
Lysander hatte gelacht mit diesem Mädchen, ein befreites, amüsiertes, entspanntes Lachen. Mit Fynn hatte er schon lange nicht mehr so gelacht. Was vielleicht auch daran liegen mochte, dass Fynn zurzeit einfach nicht besonders amüsant war.
Seine Hand krampfte sich um den Kaffeebecher, und plötzlich konnte er nicht mehr trinken, weil der stachelige Kloß in seiner Kehle ihm den Hals verstopfte. Was war er nur für ein Idiot! Er war selbst schuld an der Situation, in der er jetzt steckte!
Voll Selbstverachtung warf er den Kaffeebecher in den Abfalleimer, obwohl er noch nicht einmal leer war. Gott, er hatte sich so dumm benommen!
Lysanders erste SMS war gekommen, als Fynn gerade atemlos, am ganzen Körper zitternd, in sein Zimmer getaumelt war.
Wo steckst du? Wir waren doch verabredet!
Tut mir leid, hatte Fynn mit bebenden Fingern zurückgetippt, schnell, hektisch, ohne darüber nachzudenken, mit klopfendem Herzen und Schmerzen in der Brust. Ich fühle mich gerade nicht besonders gut. Wir sehen uns morgen in der Schule, okay?
Danach hatte er das Handy ausgeschaltet. Bis heute Morgen.
Ich fühle mich gerade nicht besonders gut …
Das war noch nicht einmal eine Lüge gewesen. Und aus Fynns Sicht noch dazu eine äußerst glaubwürdige Ausrede. Fynn war ziemlich häufig krank. Auch Lysander hatte er im Krankenhaus kennengelernt, obwohl sie sich erst später in der Schule nähergekommen waren.
Fynn lächelte, als er daran zurückdachte. Ein schmerzliches, wehmütiges Lächeln. Ein seltsames Gespann waren sie gewesen, damals! Seufzend schlug er die Hände vors Gesicht, verharrte einige Augenblicke lang reglos, bevor er die Kraft fand, sich wieder aufzurappeln.
Am liebsten wäre er nach Hause gefahren und hätte sich im Bett verkrochen. Aber er konnte jetzt nicht nach Hause. Sein Vater war längst zur Arbeit gegangen, aber seine Mutter war vielleicht noch dort, und sie würde nicht begeistert sein, dass er die Schule geschwänzt hatte. Seine Eltern verstanden keinen Spaß in solchen Dingen. Nicht, dass sie es nicht ohnehin herausfinden würden, dachte er mit zusammengepressten Lippen. Es sei denn, Lysander entschuldigte ihn in der Schule und er gab später eine gefälschte Krankmeldung ab. Verdammt!
Fahrig drückte Fynn die Hand gegen die Stirn, verdrängte die Lösung dieses Problems auf später und erhob sich zögerlich von der Bank, verloren wie ein in Seenot geratenes Schiffswrack, das irgendwo an einem unbekannten Strand angespült worden war.
Er war frei. Er war vor Lysander weggelaufen, vor der Schule, vor sich selbst. Aber was war Freiheit schon wert, wenn man nichts damit anzufangen wusste? Was nützte es, davonzulaufen, wenn man ohnehin wieder zurückkehren würde? Und dann alles nur noch schlimmer sein würde?
Fynn senkte kurz die Lider, atmete zwei-, dreimal tief ein und aus und ließ dann den Blick durch seine Umgebung schweifen. Es war immer noch recht kühl, die Sonne war zwar bereits ein Stück weit den Himmel emporgeklettert, schaffte es aber noch nicht, ihre volle Kraft zu entfalten. Fynn fröstelte, während er sich hilflos umsah. Gleich in der Nähe des Parks erhob sich ein Einkaufszentrum über einer belebten, bis hierher herüberlärmenden Schnellstraße. Und vielleicht war das genau der Ort, den er jetzt brauchte. Ein Ort, an dem sich viele Menschen tummelten, wo man in der Anonymität der Masse versinken konnte, ohne richtig allein zu sein. Fynn hatte das immer schon gemocht.
Also trottete er, wie magisch angezogen, auf die kastenförmige Shopping-Mall zu, tauchte wenig später ein in die glitzernde, schillernde Scheinwelt modernen Massenkonsums. Die Luft war stickig und trocken hier drinnen, doch wenigstens warm genug, um die Kälte zumindest ein bisschen aus seinen Knochen zu vertreiben. Es roch nach den bunten, quietschigen Fast-Food-Restaurants, die hier überall ihren warmen Atem in die Atmosphäre bliesen, nach Parfum und nach Putzmittel, und Fynn sog den Duft gierig in sich auf, obwohl er etwas Abstoßendes hatte. Aber er hatte auch etwas Betäubendes. Ebenso wie das ein bisschen zu grelle Neonlicht, die flache, nichtssagende Kaufhausmusik und die viel zu aufdringlichen Werbeplakate, die wie farbige Schimmelpilze die Wände zierten.
Trotz der relativ frühen Stunde war es schon ziemlich voll hier drin. Ein einsamer, verloren dreinblickender Schüler in der schlichten, dunkelblauen Uniform einer teuren Bostoner Privatschule würde hier wohl kaum auffallen, trotzdem fühlte Fynn sich seltsam beobachtet. So als würde ihn jeden Moment jemand ansprechen und ihn fragen, warum er um diese Uhrzeit nicht in der Schule war.
Das war der Nachteil an der Uniform. Jeder, der ein bisschen genauer hinsah, konnte sofort erkennen, dass er im Moment ganz woanders sein sollte. Dabei hatte Fynn die Uniform eigentlich immer gemocht; er hatte die Schüler, die an ihren Schulen tragen durften, was immer sie wollten, nicht beneidet. Die Uniform gab ihm das Gefühl dazuzugehören, zu sein wie die anderen, normal zu sein. Und es funktionierte auch. In der Uniform sah Fynnian Chesterfield aus wie jeder andere Klassenkamerad auch. Zumindest solange man nicht zu genau hinsah. Solange man ihm nicht in die Augen sah …
Jetzt fühlte er sich plötzlich unwohl in dem blauen Blazer mit dem aufgestickten Schulwappen und der rot gestreiften Krawatte. Doch die Minuten vergingen, Lässigkeit vortäuschend schlenderte er durch die Gänge, niemand beachtete ihn, niemand bemerkte ihn.
Fynn begann, sich zu entspannen, ließ sich treiben, schwamm in der Masse umher und fühlte, wie etwas von der klammen Furcht in seinem Inneren langsam aus seinen Lungen wich, ihn wieder freier atmen ließ. Bald betrachtete er die Schaufensterauslagen mit mehr als nur geheucheltem Interesse, und sein Blick glitt geradezu gierig über die neuesten Jeansschnitte, über bunte T-Shirts in den aktuellen Herbst-Farben, über Jacken und Turnschuhe und farbig gemusterte Schals.
Fynn hatte sich schon immer für Mode begeistern können, vielleicht wegen seines besonderen Gespürs für Farben, vielleicht aber auch nur, weil er unbewusst versuchte, krampfhaft einem gewissen Schwulen-Klischee nachzueifern, nur um wenigstens einmal in eine Schublade zu passen. Fast zauberte ihm die entspannte Atmosphäre des Konsum-Tempels jetzt ein Lächeln auf sein Gesicht – doch seine Mundwinkel erstarrten auf ihrem Höhepunkt, als sein Blick eines der Fotos streifte, die die Auslagen der Boutiquen zierten.
Das Foto zeigte ihn selbst in einer Sommer-Kollektion eines jungen Bostoner Designers, lässig gegen eine Ziegelwand gelehnt, über die Sonnenbrille hinweg direkt in die Kamera blickend. Seine Augen deutlich erkennbar, das eine grün, das andere blau …
Es war ein altes Bild, sein erster Modelauftrag, das erste Mal, dass er wegen der unterschiedlichen Augen nicht schräg angesehen, sondern geradezu bewundert worden war. Beinahe wollte das erstickte Lächeln auf seine Mundwinkel zurückkehren, als er daran zurückdachte. Er erinnerte sich noch gut, wie er zu diesem Auftrag gekommen war, er hatte auf Emily gewartet, die im Studio ihre erste Single aufnahm, und sich hinausgeschlichen, um auf der Straße heimlich eine Zigarette zu rauchen, als plötzlich …
»Verdammte Scheiße! Was soll das heißen, abgesagt? Das Set ist bereits aufgebaut, wir warten hier alle auf diesen Mistkerl!«
Fynn zuckte erschrocken zusammen, als neben ihm ein Typ im eleganten Sommeranzug aus dem Gebäude stürmte, wütend in sein Handy brüllend.
»Es ist mir egal, welche Gründe er hat! Wir haben einen Vertrag, verdammt! Woher zum Teufel soll ich jetzt ein neues Model herkriegen, verraten Sie mir das mal!«
Ein zorniges Schnauben, dann: »Ja, ja, schon gut …« Ärgerlich drückte der Kerl im Anzug den Anrufer weg, stopfte sein Handy in die Tasche seines Jacketts und fischte eine Packung Zigaretten daraus hervor. Ein weiteres, unwirsches Schnauben entwich seinen Nasenflügeln, als er sich eine davon zwischen die Lippen klemmte, ein silbernes Feuerzeug zückte und wütend darauf herumdrückte, ohne auch nur das winzigste Flämmchen hervorlocken zu können.
»Verdammte Scheiße!« Klappernd landete das Feuerzeug am Straßenrand.
»Ähhh, Entschuldigung …« Mit einem höflichen, wenngleich leicht eingeschüchterten Lächeln hielt Fynn dem Fremden sein eigenes Feuerzeug hin.
Der andere nahm es ruppig entgegen, entzündete endlich seine Zigarette, nahm einen tiefen Zug und ließ sich dazu herab, Fynn mit einem gnädigen Blick zu mustern.
»Danke.« Seine Stimme klang bereits ein wenig freundlicher, während er das Feuerzeug zurückgab.
»Hmmm …« Unsicher blickte Fynn zu Boden, nickte schließlich nur und wollte sich schon abwenden, als der Mann im Anzug ihn noch einmal zurückhielt: »He, warte mal!«
Fynn sah auf, nur um einem stahlblauen Blick zu begegnen, der ihn von oben bis unten durchdringend musterte.
Violett … Die Aura des Mannes war violett, ein kühles, ins Blaue übergehendes Violett, wie von Veilchen oder von Gewitterwolken, kurz bevor die Sonne unterging.
Der Eindruck streifte ihn nur flüchtig, bevor er den Blickkontakt sofort wieder unterbrach.
Der andere jedoch hörte nicht auf, ihn anzustarren. »Deine Augen …«, murmelte er geistesabwesend.
Fynn biss sich auf die Lippen in Erwartung eines der üblichen Sprüche, stattdessen jedoch meinte sein Gegenüber nur: »Sie sind großartig, weißt du das?« Er trat einen Schritt näher, sein Blick klebte noch immer auf Fynns Gestalt wie zäher Sirup. Er war nur wenig älter als er selbst, fiel Fynn zu dieser Gelegenheit auf. Nur ein paar Jahre, Anfang zwanzig vielleicht. Der Anzug allerdings ließ ihn älter erscheinen.
»Und diese hohen Wangenknochen, die Porzellanhaut …« Er analysierte Fynn, als wäre dieser ein geheimnisvolles, seltenes Kunstobjekt. »Dein Gesicht ist perfekt. Hast du schon mal gemodelt?«
»Nein.« Unbehaglich trat Fynn einen Schritt zurück.
»Wie groß bist du?«
»Eins zweiundachtzig.«
»Und kein Gramm Fett auf den Rippen, wie es aussieht …« Der Fremde schien zu überlegen, während Fynn verlegen errötete.
Bohnenstange, hatte man ihn früher in der Schule genannt. Klappergerüst, Knochenjunge. Was zum Teufel wollte dieser Typ von ihm?
»Wie alt bist du?«, fragte dieser ungerührt weiter.
»Ähhhh … sechzehn«, stammelte Fynn, mehr als großzügig aufrundend. Sein Gegenüber jedoch nickte nur zufrieden. »Ich bin Mitchell Carter von GR Models«, stellte er sich, plötzlich in verändertem Tonfall, vor und reichte Fynn zuerst die Hand und dann eine auf teurem Glanzpapier gedruckte Visitenkarte. »Hättest du Lust, ein paar Fotos zu machen? Jetzt gleich?«
Allzu lange schien das jetzt schon her zu sein, und die Gestalt, die sich in der neonbeleuchteten Schaufensterscheibe spiegelte, hatte wenig gemein mit dem lächelnden Foto in der Auslage. Bleich war Fynns Gesicht, die Augen von Schatten untermalt, die Wangenknochen spitzer und stärker hervortretend. Das messingfarbene Haar war länger als auf dem Bild, ein bisschen wirr in die Stirn hängend, um die Narbe zu verdecken, die sich quer über seine linke Schläfe zog.
Seit dem Unfall bekam Fynn kaum noch Aufträge, die Narbe schreckte die Kunden ab, auch wenn sie mittlerweile nur noch ganz fein und blass war. Und die Narben an seinen Handgelenken, die wollte erst recht keiner sehen …
Seufzend trat Fynn einen Schritt von der Scheibe zurück. Aus der Ferne, verschwommen im Neonlicht, schien ihm fast, als würde ein anderes Gesicht als sein eigenes ihm aus der Spiegelung entgegenblicken. Ein Gesicht mit gleichfarbigen Augen, blau wie Lapislazuli, ohne das verstörende Grün, umrahmt von langem, blass-blondem Haar.
Emily … Sie hatten sich ähnlich gesehen, seine Schwester und er, ähnlicher vielleicht als man es bei zweieiigen Zwillingen hätte erwarten können. In den ersten Tagen nach ihrem Tod hatte er es nicht ertragen, in einen Spiegel zu blicken, und selbst jetzt noch tat es weh, jedes Mal, wenn ihm sein eigenes Gesicht vor den Augen verschwamm und er nur noch sie sehen konnte.
Emily …
Sie zu verlieren war, als hätte man ihm einen Teil seiner eigenen Seele entrissen, und er war nur noch eine leere Hülle seitdem. Und wenn er jetzt auch noch Lysander endgültig verlieren würde, dann …
Er wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu bringen, drehte sich stattdessen brüsk von der Scheibe weg und wollte gerade einfach weitergehen, als ihn eine Stimme von der Seite her rief:
»Fynnian? Fynnian Chesterfield?«
Überrascht wandte Fynn den Kopf. Da stand ein Mädchen vor ihm, ein Mädchen mit endlos langem, blauschwarzem Haar und schönen, dunklen Augen, die ihm freundlich lächelnd entgegenblickten.
Fynn unterdrückte ein erschrockenes Ächzen. Es war das Mädchen von gestern. Lysanders neue Freundin.
Seufzend zerrte Lysander an der roten Krawatte seiner Schuluniform herum, während er vor der Bibliothek ungeduldig auf seinen Referatspartner wartete. Seit drei Monaten besuchte er nun schon diese Schule, aber an die dämliche Uniform hatte er sich noch immer nicht gewöhnt. Er konnte ja verstehen, dass seine Tante nach dem Rauswurf aus der East Boston High – und allem, was dem vorausgegangen war – ein klein wenig in Panik geraten war, aber hatte es gleich eine dermaßen verknöcherte, steife Privatschule sein müssen?
Mürrisch starrte er auf seine Armbanduhr. Noch eine knappe halbe Stunde bis zum nächsten Kurs! Eigentlich wäre er jetzt viel lieber heimlich aufs Dach verschwunden, dem einzigen Ort, an dem man hier mal in Ruhe eine Zigarette rauchen konnte, ohne erwischt zu werden.
Aber da waren auch noch General Custer und die Schlacht am Little Bighorn … Vielleicht sollte er schon mal allein in die Bibliothek gehen. Das Thema war so ausgelutscht, da würde er auch selbst genug Material finden, zumindest im Netz konnte er ja bereits ein paar Artikel suchen. Sowieso stand er nicht besonders auf Teamwork, nur leider schien man hier gesteigerten Wert auf derlei Sozialkompetenzen zu legen. Was möglicherweise der Grund war, aus dem Tante Grace diese Schule für ihn ausgesucht hatte: Sie wollte nicht, dass er endete wie sein Vater. Als bräuchte es eine Uniform, um ihm den richtigen Weg zu zeigen! Lysander wollte nicht wie sein Vater werden, durfte nicht wie sein Vater werden … Die fatale Prügelei letztes Schuljahr war eine Ausnahme gewesen, eine Extremsituation, und er hatte gute Gründe gehabt für das, was er getan hatte. Und doch … Er hatte die Kontrolle verloren. Wie sein Vater. War er ihm ähnlicher, als er glaubte? Steckte dieselbe Dunkelheit … auch in ihm? Es war eine Frage, die sich Lysander beinahe jeden Tag stellte.
Aber auch diesmal verbannte er alle möglichen Antworten aus seinem Kopf. Stattdessen beschloss er, tatsächlich einfach allein in die Bibliothek zu gehen, Jason würde ihn dann schon finden – wenn er denn endlich auftauchte!
Resigniert wandte er sich um – und prallte heftig gegen einen Mitschüler, der gerade mit einem Stapel Bücher in den Händen aus der Tür kam.
Polternd fielen die Bücher zu Boden, laut genug, um einige Blicke auf die beiden Kollisionsopfer zu ziehen. »He, pass doch auf!«, zischte Lysander, mehr verlegen als wirklich ärgerlich.
»Sorry, aber du bist einfach in mich hineingelaufen!« Der andere, eben noch am Boden kniend damit beschäftigt, die Bücher aufzuheben, blickte auf.
Lysander runzelte die Stirn. Der Junge hatte dunkelblondes, an Honig erinnerndes Haar, und eines seiner Augen war von strahlendem Himmelblau – das andere moosgrün.
Der Zeitungsjunge aus dem Krankenhauspark!
Lysander verzog das Gesicht. »Mit Büchern zu werfen ist eines deiner Hobbys, hmmm?«
»Ja, und ich bin schon richtig gut darin, findest du nicht?« Sein Gegenüber grinste frech. Widerwillig war Lysander beeindruckt. Die meisten hier an dieser Schule hielten Abstand zu ihm, mieden ihn. Man fürchtete ihn nicht direkt, denn dazu hatte er niemandem Anlass geboten, doch alle schienen einen gewissen Respekt vor dem einschüchternden Neuling mit der unrühmlichen Vorgeschichte zu haben. Die Gerüchte über ihn kochten selbst nach drei Monaten noch über, Lysander wusste es wohl – und es hinterließ ein mattes Gefühl von Unbehagen in seiner Kehle, schlimmer noch als die Enge der dämlichen Krawatte.
Umso überraschter war er, dass ihm nun ausgerechnet dieser schräge Typ mit solcher Offenheit entgegengrinste. Eigentlich, so überlegte er versonnen, wirkte er in der Uniform, ohne das komische Retro-Designer-Zeitungsjungen-Outfit, sogar viel weniger seltsam als bei ihrer letzten Begegnung. Und damit war dieser Kerl mit den ungewöhnlichen Augen vermutlich der Einzige an dieser Schule, dem die Uniform tatsächlich stand …
Ein verlegenes Lächeln zuckte über Lysanders Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass er sein Gegenüber nun schon mehrere geschlagene Sekunden lang anstarrte, und hastig bückte er sich, um ebenfalls ein paar Bücher aufzuheben.
Die Auswahl war bemerkenswert, wie er flüchtig feststellte: Janes Austens Stolz und Vorurteil, ein Band mit Gedichten von Lord Byron, einige Marvel-Comic-Hefte, Baudelaires Les Fleurs du Mal – und ein Bildband über die schönsten karibischen Strände. Für ein Referat brauchte er das ganze Zeug sicher nicht!
Wieder lächelte Lysander flüchtig, diesmal jedoch war es ein echtes Lächeln. Lord Byron … »Let us have wine and women, mirth and laughter, // Sermons and soda-water the day after.« Den Spruch hatte er sich mal übers Bett gehängt. Genieße das Leben, nimm, was du kriegen kannst, mach dir Gedanken über die Konsequenzen, wenn es soweit ist. Kein schlechtes Motto! Nur das mit den Frauen war irgendwie anders gekommen als geplant, in seinem Fall …
Versonnen nahm er das Buch auf und reichte es seinem Gegenüber. Der Junge erwiderte das Lächeln. »Danke.« Den Bücherstapel auf nur einem Arm balancierend erhob er sich und streckte Lysander die freie Hand hin. »Ich bin übrigens Fynn. Fynnian Chesterfield.«
»Lysander.« Automatisch ergriff Lysander die Hand, die ihm angeboten wurde. Sie fühlte sich wärmer an, als die langen, knochigen Finger und die weiße Porzellanhaut hätten vermuten lassen. »Lysander Stephenson.«
»Lysander wie Hermia und Lysander aus Shakespeares Sommernachtstraum?« Fynn zog neugierig eine fein geschwungene Braue hoch.
»Nein, wie der persische Feldherr.« Nur mit Mühe widerstand Lysander der Versuchung, genervt die Augen zu verdrehen. Er hatte den Namen immer gehasst! Shakespeare allerdings … Der Vergleich gefiel ihm irgendwie.
»Bist du neu an dieser Schule? Wir sind uns hier nie begegnet, glaube ich.« Nachdenklich kniff Fynn ein Auge zusammen, als versuche er, sich zu erinnern. Nur das grüne blickte Lysander weiterhin an.
»Na ja, eigentlich bin ich schon drei Monate hier …« Irritiert schüttelte Lysander den Kopf. Die Asymmetrie dieser beiden verschiedenfarbigen Augen war wirklich verwirrend!
»Ach so.« Das blaue Auge öffnete sich wieder. »Okay, also dann …« Winkend hob Fynn die Hand. »Wir sehen uns, schätze ich!«
Und damit verschwand er mit einem Lächeln im Korridor gegenüber. Lysander sah noch, wie er bei den Spinden mit einem blonden Mädchen zusammentraf. Seine Freundin von neulich, vermutlich.
Seufzend wandte er sich erneut der Bibliothek zu, und da kam auch schon Jason auf ihn zugestürmt.
»Tut mir leid, ich bin zu spät, Mrs. Mitchell hat mich noch aufgehalten.« Ein wenig außer Atem blieb er vor Lysander stehen.
Lysander unterdrückte ein Grinsen. Jason war ein Nerd wie er im Buche stand, mit einer nach allen Seiten hin abstehenden Anti-Frisur und dunklen, immer leicht übernächtigt wirkenden Augen. Vielleicht hätte er trotz allem nicht einmal schlecht ausgesehen, hätte die überdimensionale Harry-Potter-Brille auf seiner Nase sein Gesicht nicht völlig ruiniert. Aber er war der Erste an dieser Schule gewesen, der keine Vorbehalte zu haben schien gegen den Neuling mit dem zweifelhaften Ruf – und mittlerweile war er sogar fast so etwas wie ein Freund geworden.
»War das da eben Fynnian Chesterfield?«, fragte er nun, mit einem Ausdruck in der Stimme, als platze er geradezu vor Neugierde. »Kennst du ihn?«
»Nein, eigentlich nicht. Wir sind uns zweimal über den Weg gelaufen, das ist alles.« Die überdeutliche Aufregung in Jasons Mimik jedoch ließ ihn aufhorchen. »Wieso? Was ist mit dem Typen?«
»Das weißt du nicht?« Jasons Augen begannen zu leuchten, wie es sonst nur der Fall war, wenn es um Physik oder Mathe ging. »Er ist mit Abstand einer der coolsten Jungs an der Schule! Fynn und seine Zwillingsschwester Emily sind sogar richtig berühmt!«
Die Stars der Schule also … Lysander runzelte skeptisch die Stirn. Er glaubte nicht, schon einmal etwas von den beiden gehört zu haben, aber er interessierte sich auch nicht besonders für den Schulklatsch – oder für Klatsch im Allgemeinen.
»Vor zwei Jahren sind sie zusammen bei einem Song-Contest im Fernsehen aufgetreten«, erklärte Jason, ungeduldig den Kopf schüttelnd über Lysanders offenkundige Ignoranz. »Fynn war der Liebling der Zuschauer, er hat so eine tolle Stimme! Bei der ersten Live-Show vor großem Publikum allerdings …« Ein bekümmertes Seufzen trat über seine Lippen. »Er … er hatte eine Art Zusammenbruch, wurde krank und musste den Wettbewerb aufgeben.«
»Aha.« Wieder runzelte Lysander die Stirn. Und so ein Weichei, das auf der Bühne kollabierte, war also der coolste Junge dieser Schule? Oh je! Diesmal gelang es ihm nicht, ein Augenverdrehen zu unterdrücken.
»Emily hat dann gewonnen und einen Plattenvertrag bekommen!« Unbeeindruckt plapperte Jason weiter. »Und Fynn wurde von einer Modelagentur entdeckt und macht seitdem Fotos für junge Bostoner Modelabels und Werbekampagnen!«
Ein Model also, soso … Das würde zumindest die schrägen Designerklamotten erklären! Eigentlich hätte Lysander geglaubt, männliche Models müssten muskulös und breitschultrig sein, nicht so eine Bohnenstange wie dieser Chesterfield-Junge, doch wenn er ehrlich war, war auch Mode ein Thema, für das er sich nicht besonders interessierte.
»Er ist ziemlich gefragt«, erklärte Jason, der Lysanders Misstrauen wohl gespürt hatte. »Wegen seiner Iris-Heterochromie.«
»Seiner … was?«
»Seine Augen haben zwei verschiedene Farben.« Ungeduldig wedelte Jason mit der Hand in der Luft. »Das ist total selten!«
»Hmmm …« Allmählich begann es Lysander zu amüsieren, wie Jason von den Geschwistern schwärmte. Fast so … als wäre er verliebt. »Wenn sie so berühmt sind«, bemerkte er mit einem unterdrückten Grinsen, »wieso hab ich sie dann hier noch nie gesehen?«
»Oh, sie waren einige Monate in Europa!« Auch das schien etwas zu sein, was Jason ungeheuer beeindruckte. »Sie sind erst seit zwei Wochen oder so zurück. Und Fynn war eine Weile krank. Heute ist sein erster Tag in der Schule, seit er wieder in Boston ist.« Richtig, der Junge war ja als Patient im Krankenhaus gewesen, als sie sich dort begegnet waren. Was ihm wohl fehlte? Eigentlich hatte er gar nicht besonders krank ausgesehen.
Lysander verscheuchte den Gedanken, als er spürte, wie Jason ihn zweifelnd anstarrte. »Hast du denn gar nicht gemerkt, wie aufgedreht die Mädchen heute alle sind?«, fragte er ungläubig, an seine Rede anknüpfend.
Lysander schüttelte den Kopf, und diesmal war es Jason, der die Augen rollte.
»Komm, lass uns endlich in die Bibliothek gehen!« Mit einer schneidigen Handbewegung beendete Lysander das Thema. »General Custer wartet auf uns.«
***
Lustlos stocherte Fynn in seinem Mittagessen herum, während er mit Emily in der Cafeteria saß, zuhörte, wie sie vom Cheerleader-Training erzählte, und dabei ab und an einen verstohlenen Blick in Richtung des Neuen warf, der einige Tische weiter mit Jason Miller plauderte und dabei weitaus weniger lustlos als Fynn Spaghetti mit Tomatensauce auf seine Gabel drehte.
»Ist irgendwas mit dem Typen?«, fragte Emily plötzlich.
Fynn zuckte zusammen, blinzelte und lächelte seine Schwester verlegen an. »Mit dem Neuen? Nein, ähhh, ich hab ihn neulich im Krankenhaus gesehen und vorhin vor der Bibliothek. Aber ich … ich wusste gar nicht, dass er auf unsere Schule geht.«
»Du starrst ihn an.« Emily grinste keck. »Du starrst ihn seit einer geraumen Weile an … Gefällt er dir?«
»Unsinn!« Hitze explodierte in Fynns Wangen. »Ich … ich bin nur neugierig, das ist alles. Er ist an unsere Schule gekommen, während wir nicht da waren. Ich sammele Neuigkeiten, sonst nichts!«
»Ziemlich gutaussehende Neuigkeiten, um genau zu sein.« Emilys Kopf zuckte um eine Winzigkeit in Lysanders Richtung, und ihr Grinsen verstärkte sich, als sie sah, wie ihr Bruder noch röter wurde. Dann plötzlich wurde sie ernst. »Aber es gibt ein paar komische Geschichten über ihn. Sein Vater soll im Gefängnis sitzen und er selbst soll von seiner letzten Schule geflogen sein, weil er jemanden umgebracht hat.«
»Was?!« Fynn verschluckte sich an den Spaghetti, an denen er ohnehin nur herumknabberte, bekam einen Hustenanfall und griff hastig nach seinem Wasserglas. »Wer erzählt denn so einen Blödsinn?«
»Aileen Young aus dem Schwimmteam. Und … einige andere …«
»Aha.« Mit mehr Empörung, als der Sache angemessen war, schüttelte Fynn den Kopf. »Was für ein Unsinn! Denkst du im Ernst, er würde hier rumsitzen, wenn er einen Mord begangen hätte? Das ist doch idiotisch!«
»Niemand spricht von Mord. Es könnte ja auch ein Unfall gewesen sein.« Beleidigt zog Emily die Nase kraus. »Und nein, ich glaube das nicht, wenn du es genau wissen willst, ich habe dir nur erzählt, was die anderen sagen.«
»Schon gut, entschuldige.« Fynns Blick wanderte wieder zu dem Jungen auf der anderen Seite der Cafeteria.
»Welche Farbe hat er?«, erkundigte sich Emily beiläufig.
»Weinrot.« Fynn nahm den Blick nicht von dem Jungen, obwohl er seine Aura ohne direkten Augenkontakt gar nicht erkennen konnte. »Er ist ein kräftiges, leuchtendes Weinrot.«
»Und ist das gut oder schlecht?«
»Weiß nicht …« Die Grundfarben der Seele waren wie Augen- oder Hautfarben, im Gegensatz zu den Emotionen, die wie bunte Schleier über sie hinwegzogen, sagten sie nichts über den Charakter aus. Zumindest war es das, was Fynn glaubte … Weinrot war schön. Fynn mochte die Farbe. Sie war weich und lebendig und warm. Stark. Die Farbe der Könige. »Ich konnte nichts Aggressives an ihm erkennen«, fügte er nachdenklich hinzu. Aggressive Menschen hatten schwarze Löcher in ihrer Aura, lichtschluckend, dunkel und unkontrollierbar. »Da war nur eine Art Schatten.« Fynn hatte nicht genau hinsehen können, während ihrer kurzen Begegnungen, doch unter dem weinroten Leuchten, da war noch etwas anderes gewesen, von einem dunklen und dennoch in sich glühenden Violett wie die Basis einer Kerzenflamme.
»Also doch eine düstere, geheimnisvolle Vergangenheit?« Emily zog eine spöttische Grimasse.
Fynn blieb ernst. »Nein, mehr eine Art … Schmerz.« Die meisten Menschen trugen irgendeine Art Leid mit sich, bei den wenigsten aber war es so deutlich in der Farbe erkennbar wie bei Lysander. Lysanders Aura hatte eine Narbe. Eine Narbe von dunklem Lila in seinem leuchtenden Weinrot.
»Vielleicht gefällt es ihm einfach nicht, dass alle Welt schlecht über ihn redet«, murmelte er abwesend, obwohl das kaum der Grund sein konnte. Die Narbe war tiefer. Oberflächliche Gefühle fraßen sich nicht derart deutlich in die Farbe eines Menschen. Nur extreme Erlebnisse taten das.
Probeweise summte Fynn leise einen einzigen, klaren Ton. Emily blickte überrascht und ein wenig besorgt auf – und natürlich funktionierte es nicht. Anstatt Lysanders Fliedernarbe deutlicher erkennen zu können, erwachte ein stechender Schmerz zuerst zwischen Fynns Schläfen – und dann im Rest seines Körpers.
Hastig verstummte er. Es war vorbei, noch ehe er es richtig wahrnehmen konnte, und doch ließ es ihn für einen Moment schwindelig und erschöpft zurück.
Erschrocken ließ Emily ihre Gabel fallen. »Was machst du denn nur?«
»Schon gut, alles in Ordnung …« Fynn lächelte kleinlaut und legte ebenfalls sein Besteck beiseite. Die Spaghetti schmeckten ohnehin nach nichts anderem als Ich-hasse-meinen-Job und Ich-habe-heute-überhaupt-keine-Lust-zur-Arbeit-zu-gehen.
Das war etwas, das er an Europa sehr geschätzt hatte. In Frankreich zum Beispiel, da hatte es tatsächlich noch kleine Restaurants gegeben, in denen das Essen im wahrsten Sinne des Wortes mit Liebe zubereitet wurde. Und – gestörte Wahrnehmung hin oder her – man konnte das schmecken.
Bevor Emily anfangen konnte, sich noch mehr Sorgen zu machen, bückte er sich eilig nach seiner Tasche, wühlte kurz darin herum und zog dann Stolz und Vorurteil hervor. »Hier, hätte ich fast vergessen. Für dein Referat …«
Emily strahlte ihn an. »Du bist ein Schatz, Fynn!« Zum Dank drehte sie eine Gabel voll ihrer eigenen Spaghetti und hielt sie ihm hin. Ihre Nudeln schmeckten nicht nach Arbeitsfrust und schlechter Laune – sie schmeckten nach geschwisterlicher Fürsorge.
»Ab morgen mach ich uns wieder was zum Mitnehmen, okay?«, versprach sie aufmunternd.
»Danke«, murmelte Fynn, errötete aber, als seine Schwester auch noch den Rest ihres Tellers an ihn verfüttern wollte.
Verlegen warf er einen Blick in Richtung Lysander. Der sah zwar nicht zu ihnen hinüber, aber trotzdem: Man konnte nie wissen! Er sollte Fynn ja nicht für ein beschränktes Kleinkind halten, das nicht einmal in der Lage war, selbständig zu essen.
Emily bemerkte seinen Blick, schnappte sich schnell eines der Bücher, die aus Fynns Tasche ragten – den Bildband über die karibischen Strände – und stellte ihn als Sichtschutz auf die Tischkante.
Fynn lachte leise.
»Wieso hast du das ausgeliehen?«, fragte sie beiläufig, während er ihre von übler Laune gereinigten Spaghetti verputzte.
Fynn schluckte hastig. »Ich dachte, wir könnten da vielleicht mal hinfliegen.«
»In die Karibik?« Emily starrte ihn an. »Mom und Dad würden das nie erlauben!«
»Mom und Dad können uns nicht ewig alles verbieten, was Spaß macht. Wir arbeiten viel härter als die meisten in unserem Alter. Wir haben ein bisschen Urlaub verdient!«
»Na ja, es ist ja nicht so, als hätten wir nichts von der Welt gesehen.« Emily zuckte mit den Schultern. »Wir sind gerade erst aus Europa zurück!«
»Ich will aber noch viel mehr von der Welt sehen!« Fynn konnte regelrecht spüren, wie seine Augen zu leuchten begannen. »Ich will mit Delfinen schwimmen und nach Korallenriffen tauchen und auf Fotosafari nach Afrika fahren und …«
»Du bist verrückt!«
»Wieso? Wir verdienen genug Geld! Wenn ich diesen Job mit Miyazaki Fashions bekomme und deine neue Single sich so gut verkauft wie die alte, dann können wir uns locker eine Weltreise leisten!«
»Und die Schule?«
»Dauert nicht mehr ewig! Wir machen es einfach danach!« Triumphierend klappte Fynn das Buch zu und schob Emilys Teller beiseite. Seine Schwester schüttelte amüsiert den Kopf, aber sie sagte nichts, während er aufstand und ihre Tabletts wegbrachte. Auch nicht, als sein Blick dabei wie zufällig erneut an Lysander Stephenson kleben blieb.
»Hey, was machst du