Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Im Jahre 2016 feiert die Stadt Pfreimd „800 Jahre Pfarrei Pfreimd“. Am 23. September 2016 durfte ich in diesem Zusammenhang einen Vortrag über den Wessobrunner Baumeister und Stuckator Johann Schmuzer halten. Bei den Vorbereitungen hierzu stellte sich heraus, dass es, außer bei Schnell/Schedler, noch keine zusammenfassende Arbeit gibt, welche den „gesamten Schmuzer“ behandelt. So entstand der Wunsch, dieses Büchlein, quasi als Jubiläumsgeschenk, zu schreiben.

Es wurde versucht, die bisher in der Literatur genannten Quellen nachzuprüfen. Einige Quellen konnten in den angegebenen Archiven nicht gefunden werden. Wieder andere waren in weitere Archive verlagert worden. So wurde das Pfarrarchiv Füssen an das Diözesanarchiv nach Augsburg gegeben. Da dieses jedoch, wegen Umzugs, fünf Monate (!) geschlossen hatte, konnte eine Quelle nicht nachgeprüft werden. Auch konnten nicht alle Archivalien, welche von Neuburg, über Augsburg an das Hauptstaatsarchiv nach München verlagert wurden, dort sofort gefunden werden. Es gab aber auch Quellenfunde, die bisher nicht bekannt waren und hier erstmals publiziert werden. Die hier aufgeführte Literatur ist nicht vollständig, aber in dieser Literatur ist die weitere Literatur angegeben.

Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass das Thema „Johann Schmuzer“ fast unerschöpflich ist. Ich stand also vor der Wahl, das Büchlein erst in etlichen Jahren zu veröffentlichen oder es, wenngleich lückenhaft, noch rechtzeitig im Pfreimder Jubiläumsjahr verauszubringen. Ich entschied mich für letzteres.

Das Büchlein gliedert sich in zwei Teile. Im 1. Teil ist mein Referat, welches ich in Pfreimd hielt. Die fehlenden Erläuterungen hier finden sich dann im folgenden Teil. Der 2. Teil bietet eine chronologische Übersicht über Johann Schmuzers Arbeiten.

Besonders bedanken möchte ich mich bei den Damen und Herren der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg und des Augsburger Staatsarchivs sowie bei Herrn Karg vom Fuggerarchiv in Dillingen. Ihre Hilfsbereitschaft erleicherte das Arbeiten ungemein.

Die eingangs erwähnte Einladung nach Pfreimd vermittelte Hans Paulus. Mit ihm hatte ich 1984 einen ersten Kontakt. Schon damals ging es um „Johann Schmuzer“. Ihm sei deshalb diese Arbeit gewidmet.

1. Teil

Johann Schmuzer – Baumeister

Lebenslauf

Während des 30jährigen Krieges, sechs Jahre vor dem Westfälischen Frieden, am 13. Mai 1642 wird in Gaispoint, ein Dorf im Schatten des Klosters Wessobrunn1, Johann Schmuzer getauft. Am selben oder einen Tag vorher dürfte er zur Welt gekommen sein. Er ist das fünfte Kind des Maurers und Stuckators Matthias2 Schmuzer und seiner Frau Elisabeth, eine geborene Rohrmoser.

Gaispoint ist ein Dorf mit 68 Anwesen aus Holzhäusern. Es gibt nur einen Viertel- und einen Achtelhof. Die anderen Anwesen sind noch kleiner, die meistens dem Kloster abgabepflichtig. Auf so kleinen Sölden, mit vielleicht ein oder zwei Kühen und nicht viel mehr Geißen im Stall, lässt sich keine Familie ernähren. Die „Bauern“ sind auf Nebenerwerb angewiesen. Die Stall- und Feldarbeit können meistens die Frauen mit ihren älteren Kindern erledigen. Die Männer müssen woanders arbeiten, damit die Familie überleben kann. Man lernt deshalb beim Vater oder bei der Verwandtschaft oder im nur gut 10 Kilometer weit entfernten Weilheim oft das Maurer- und/oder Stuckatorhandwerk. Wenn man dann älter ist, dann geht man mit anderen Maurern oder Stuckatoren aus Wessobrunn im Sommer zu oft weit entfernten Baustellen, um zu arbeiten. So wohl auch Johann Schmuzer.

Mit 21 Jahren heiratet Johann Schmuzer die Justina Vogl, ebenfalls aus Gaispoint, quasi aus der Nachbarschaft. Der eine Trauzeuge ist Klosterschreiber, der andere ist Organist. Es ist gewagt zu meinen, dass Schmuzer damals schon „prominent“ war, weil er solche Trauzeugen hatte.3 Ein Schreiber und ein Organist waren eher ärmere Leute. Ebenso phantasievoll ist die Annahme, dass Schmuzer bei seiner Hochzeit schon „Meister“ war. Damals konnte man sich auch verheiraten, ohne Meister zu sein – hauptsächlich man verdiente so viel oder hatte einen so großen Besitz, um eine Familie so schlecht und recht zu unterhalten. Archivarisch nachweisbar ist der Meistertitel bei Schmuzer jedenfalls erst 1675, als er also schon im 33. Lebensjahr stand. Damals hatte er es schon zu etwas gebracht. Er besaß nun gleich zwei Sölden samt fünf Tagwerk „Wißmadt“ und zwei Tagwerk Anger, drei Kühe, eine Jungrind und ein Kalb. In Gaispoint zählte er jedenfalls zu den größeren und wohlhabenderen Söldnern.

Am 4. Februar 1664 heiratet Schmuzer also seine Justina. Sie gebiert ihm in großer Regelmäßigkeit, im Abstand von ein bis zwei Jahren, je ein Kind. Als das jüngste Kind zwei Jahre alt ist, stirbt die fünffache Mutter. Johann Schmuzer ist Witwer. Das war am 3. Mai 1674. Schmuzer ist 32 Jahre alt.

Acht Monate später, einen Tag nach Hl.-Drei-König, also am 7. Januar 1675 findet im verschneiten Wessobrunn Johann Schmuzers zweite Hochzeit statt. Die Kinder brauchen eine Stiefmutter, denn der Vater ist dauernd unterwegs. Da bleibt keine Zeit für ein Trauerjahr. Zu dieser Zeit baut und stuckiert Schmuzer gerade in Ilgen bei Steingaden eine Wallfahrtskirche. Er verbindet also das Angenehme mit dem Notwendigen und heiratet die Anna Heiß aus Steingaden. Gute zehn Monate nach der Hochzeit, trägt man dem Johann Schmuzer wieder eine Tochter zur Taufe. Weitere gut elf Monate später trägt man wieder ein Kind von Johann und Anna Schmuzer zur Taufe. Es folgen noch weitere acht Kinder. Der kürzeste Abstand zwischen zwei Kindern ist 10 ½ Monate. Kinder werden Johann Schmuzer zu allen Jahreszeiten geboren, so dass er nicht, wie man manchmal liest, den ganzen Sommer über immer auf weit entfernten Baustellen verbringt. Ein Sohn Schmuzers wird Bildhauer, vier ergreifen den Beruf ihres Vaters und einer wird Pfarrer. Eine Tochter heiratet einen Stuckator, eine andere einen Maurer und eine dritte den Wessobrunner Klosterjäger. Die anderen Kinder sterben früh. Die Berufe von vier Söhnen und von zwei Schwiegersöhnen weisen auf die Bedeutung des Berufsstands der Maurer und Stuckatoren in Gaispoint bzw. Wessobrunn hin.

Schmuzer ist im Dorf Gaispoint, wie oben schon gezeigt, nicht nur wohlhabend, sondern auch angesehen. Dies sieht man auch an den Patenschaften, die er oder seine Frau übernehmen dürfen oder müssen, war dies doch früher eine Ehre, die man sich auch einiges kosten lassen musste. Andererseits sollten, nach dem Willen der Eltern, ihre Kinder auch entsprechend angesehene Paten bekommen, denn die Paten fühleten sich auch verantwortlich für das spätere Wohlergehen ihrer Patenkinder.4 Bei fünf Buben ist Johann Schmuzer Pate, bei 13 Mädchen ist seine Frau Patin und bei Zwillingen übernehmen beide die Patenschaft. Zehn dieser Patenkinder sind vom Klosterpfister Andreas Müller, sieben vom „Gypsator und murarius“ Johann Merk, zwei vom Maurer Johann Schmidt und eines vom Stuckator Simon Ba(a)der.

Johann Schmuzer dürfte, wie später sein Sohn und Berufsnachfolger, ins Kloster zu Tisch gebeten worden sein, z.B. bei den „Bacchanalien“, welche zeitlich mit dem Eintreffen der ersten Wagen voll Wein aus den Tiroler Weingütern im Kloster Wessobrunn zusammenfallen. Auch der erste Evangelienaltar der Fronleichnams-prozession steht vor Schmuzers Haus.

Nach einem arbeitsreichen Leben, teils auf dem Pferd von Baustelle zu Baustelle reitend, teils auf dem Bau selber mauernd und stuckierend, teils in Gaispoint in der kleinen Landwirtschaft arbeitend, stirbt Johann Schmuzer am 12. Mai 1701, einen Tag vor seinem 59. Geburtstag. Sein Sohn Franz hält sich gerade in Obermarchtal auf und unterzeichnet im Auftrag seines Vaters einen Stuckierungsauftrag. Seine zweite Frau überlebt ihn um 37 Jahre. Sie wird 90 Jahre alt. Als sie stirbt, ist die Kunstepoche ihres Mannes schon fast vorbei und in den Städten kündet sich schon der Klassizismus an.

Der Maurermeister Johann Schmuzer

Wie oben schon erwähnt, können die „Wessobrunner“, also die Bewohner der Klosterdörfer Haid und Gaispoint, von ihrer Landwirtschaft allein nicht leben.5 Fast jede Familie braucht dort ein zweites Standbein. Es zeigt sich aber, dass im 10 km von Wessobrunn entfernten Städtlein Weilheim die Auftragslage für Maurer und Stuckatoren recht gut ist. Weilheimer Maurer sind gar in Landshut oder in Innsbruck tätig. Die Gründe hierfür sind vielfältig und noch nicht gründlich erforscht. So arbeiten die ersten „Wessobrunner“ mit Weilheimer Maurern zusammen und sind auch in der Weilheimer Maurerzunft organisiert.6 Im 16. und frühen 17. Jahrhundert sind Wessobrunner Maurer mit denen aus Weilheim am Münchner Hof beschäftigt. So baut der Wessobrunner Constantin Bader 1590 an der Münchner Michaelskirche mit.7 Johann Schmuzer könnte also bei und mit den Weilheimern Maurer geworden sein - aber nicht Architekt. Es gilt also der Frage nachzugehen, wo lernte Johann Schmuzer Architektur: Baupläne zeichnen, die Statik abschätzen, Kostenvoranschläge so anlegen, dass man nicht zu teuer ist aber am Schluss etwas übrig bleibt. All dies kann man doch nicht als Maurer auf einer Baustelle lernen, wenn man Ziegel neben oder über Ziegel setzt.

Ein Lehrmeister von Johann Schmuzer dürfte sein Vater Matthäus – auch Mathias genannt - gewesen sein. Von ihm hat er wohl die Technik des Mauerns gelernt. Schon Georg Schmuzer, Großvater von Johann Schmuzer, stellt 1622 seinem Sohn Mattäus einen Maurerlehrbrief aus8 und so wird auch Matthäus seinem Sohn Johann das Maurerhandwerk gelehrt haben. Konnte Johann von seinem Vater auch den Beruf eines Architekten, wie man heute sagen würde, lernen? 1656 macht Vater Matthäus einen Entwurf für ein Langhaus mit Wölbung einer Kirche, welche an die Rotunde in Klosterlechfeld angebaut werden sollte. Matthias Schmuzer hatte also durchaus architektonische Kenntnisse. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese so groß waren, um eine Kirche wie Vilgertshofen zu planen oder den Plan für ein Kloster wie Wessobrunn zu entwerfen.

Es gibt nun zwei Anhaltspunkte die die Annahme nahe legen, dass Johann Schmuzer ein gelernter „Architekt“ war, dass er Wissen hatte, das über das eines Maurers hinausging:

Wenn man also annimmt, dass Johann Schmuzer gelernt hat „richtig“ zu Planen und zu Bauen und dieses Wissen weder bei den Weilheimer Maurern noch bei seinem Vater hätte erwerben können, so stellt sich die Frage, wo hat er gelernt? Der erste Bau von Johann Schmuzer, der mehr Wissen als das eines Maurers voraussetzt, war die Pfarrkirche in Pfreimd. Schaut man sich die Architektur dieser Kirche an, so stellt man fest, dass fast zeitgleich etliche Vorarlberger so bauten. Johann Schmuzer dürfte die gleichen Vorbilder oder Lehrmeister wie diese Vorarlberger gehabt haben. Johann Schmuzer ist 1642 geboren. Danach dürfte er so um 1657 in eine Lehre gekommen sein. Hier käme als Lehrmeister vor allem der Vorarlberger Michael Beer (1605 - 1666) in Frage. Ein Punkt, welche diese sehr vage Vermutung etwas erhärtet ist die spätere Zusammenarbeit mit den Vorarlbergern, wie in Obermarchtal. Zwar war dort der Architekt der Vorarlberger Michael Thumb und Johann Schmuzer der Stuckator, aber vielleicht kannte man sich durch eine gemeinsame Lehre.

Doch schauen wir uns Johann Schmuzers Bauten jetzt einmal im Einzelnen an:

Die ersten Bauten, die Johann Schmuzer im Alter von bereits 28 bzw. 31 Jahren plante und errichtete waren die Wallfahrtskirche in Ilgen bei Steingaden und St. Coloman bei Hohenschwangau. Sie sind in ihrer Architektur recht bescheiden:

Ein erster Höhepunkt in Johann Schmuzers Schaffen als „Architekt“ ist die Pfarrkirche in Pfreimd. Wie in St. Coloman behält er auch hier den gotischen Chor bei. Das architektonisch Reizvolle ist im Langhaus der Kontrast zwischen den Wandpfeilerkapellen und dem Mittelschiff. Die Decke des Mittelschiffes lastet auf den Innenwänden. Um den Druck auf diese Wände abzufangen baute man außen an gotische Kirchen Strebepfeiler. Die Barockbauten der Vorarlberger verlagerten diese Strebepfeiler nach innen und die Seitenwand nach außen. So entstanden die Seitenkapellen. Dies ermöglichte eine interessante Architektur. Man konnte nun diese Seitenkapellen nach oben durch einen Umgang abschließen oder sie bis fast zum Dach durchlaufen lassen. Je nachdem, welche Variante man wählte, konnte man durch die entsprechende Platzierung der Fenster Lichteffekte hervorrufen. Wie genial Schmuzer diese Möglichkeiten ausnutzte, zeigte er in Pfreimd.

Der Höhepunkt von Schmuzers Schaffen ist die Wallfahrtskirche in Vilgertshofen. Hier zeigt sich Schmuzer als einer der großen Süddeutschen Barockbaumeister. Das beginnt schon im Grundriss, der fast einem griechischen Kreuz gleicht. Das zeigt sich weiter in der Zweistöckigkeit der Kirche. Er legt an den ‚Seitenwänden einen zweiten Umgang an, welcher im Doppelaltar gipfelt, er betont die Gliederung der Kirche in zwei Ebenen durch ein kräftiges, durchlaufendes Gebälk und er zeigt sie auch durch übereinanderliegende Fensterpaare. Die untere Ebene beleuchtet er durch Kleeblattfenster, die obere Ebene durch Fenstertripel.

Interessant sind auch Johann Schmuzers Kapellenbauten in Türkheim, Siebnach, Schongau, Iffeldorf. Hier plant er reine Zentralräume mit einer Laterne. Als Vorbild nennt er die Wallfahrtskapelle in Lechfeld. Die Laterne hat weniger eine ästhetische Funktion sondern, wie er in einem Brief schreibt, eine praktische. Durch sie kann die schlechte Luft in der Kapelle besser abziehen. Dass es nicht immer reine Zentralbauten wurden, sondern dass, wie z.B. bei der Türkheimer Bennokapelle, ein Chor anbaut wurde, hat die praktische Überlegung, ohne viel Mehraufwand mehr Gläubige in der Kapelle unterbringen zu können.

Johann Schmuzer trat auch als Architekt von Klosterbauten auf: in Wessobrunn, in Speinshart und in Tegernsee. Wenn man sich die Lage von Tegernsee und Speinshart zu Wessobrunn ansieht so erkennt man, dass es in Süddeutschland wohl nur wenige Baumeister gab, die sich die Planung solcher Großprojekte zutrauten.

Der Stuckator Johann Schmuzer

Einfacher lässt sich die Frage beantworten, wo Johann Schmuzer das Stuckieren erlernte, schon weil es technisch weniger schwierig ist, einen großen Raum zu stuckieren, als zu bauen.

Bedenkt man all diese Punkte, so kann man davon ausgehen, dass Johann Schmuzer bei seinem Vater das Stuckieren erlernte.

Daneben dürfte auch der sechs Jahre älterer Bruder Matthias Johann Schmuzer in der Technik des Stuckierens etwas beigebracht haben. So könnte Johann Schmuzer in Pfaffenhofen a.d. Ilm mit seinem Bruder gearbeitet haben. Bei der Stuckierung der Pfarrkirche in Türkheim ist die Zusammenarbeit der Brüder Johann und Matthias Schmuzer nachgewiesen.

Johann Schmuzer dürfte also das Handwerkliche des Stuckierens von seinem Vater gelernt und bei seinem Bruder gefestigt haben. Er lernte von beiden wie man den Stuck an einer Decke aufbaut, gliedert und organisiert. Auch einzelne Stuckmotive übernahm er von Vater und Bruder. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass zur damaligen Zeit besonders in Augsburg Vorlageblätter gedruckt wurden. In diesen waren die modernsten Stuckmodelle abgebildet. Auch aus solchen Vorlagebüchern und Ornamentstichen dürfte Johann Schmuzer Stuckmotive entnommen haben.10

Analysiert man Johann Schmuzers Stuck, so arbeitete er wohl nach folgendem Schema:

Zwar scheint es, dass der Stuck bei Johann Schmuzer im Laufe der Jahre immer dichter wurde. Allerdings spielten auch andere Faktoren eine wesentliche Rolle, welche eine evtl. stilistische Entwicklung bei Schmuzer überlagerten und so Zuschreibungen erheblich erschweren. Schmuzer konnte oft nicht so stuckieren, wie er wollte:

Zu Schmuzers Zeit gab es den Modelstuck. Es wurden Modeln geschnitzt oder aus Gips erstellt. So sollen z.B. echte Früchte mit Gips abgegossen worden sein um ein Gipsmodel zu erstellen In diese Modeln wurde dann der Stuck gegossen. Diese Stuckteile aus den Modeln brachte man dann, wohl in den folgenden Tagen, wenn der Stuck noch nicht ganz ausgehärtet war, mit Gips und Nägeln an die Decken oder Wände an. Die Übergänge zwischen den einzelnen gegossenen Teilen wurden dann an Ort und Stelle frei mit Gips verbunden.

In der Literatur ist häufig zu lesen, dass die Wessobrunner im Winter ihren Stuck zu Hause in Modeln gossen und diesen dann im Frühjahr mit auf die Baustellen nahmen. Dies ist falsch und zwar aus mehreren Gründen:

Verbreitungsgebiet

Schaut man sich die Karte mit der Verbreitung von Arbeiten Johann Schmuzers an, so zeigt sich folgendes:

Sucht man eine Begründung, so richtet sich diese nach den Auftraggebern.

Auftraggeber

Einer der wichtigsten Auftraggeber war Johann Schmuzers Heimatkloster Wessobrunn. Im Auftrag dieses Klosters machte er seine größten und bedeutendsten Werke: die Wallfahrtskirche Vilgertshofen und das Wessobrunner Kloster. Aber auch kleinere Arbeiten wie Abtsried oder Mundraching entstanden im Auftrag dieses Klosters.

Weil Wessobrunn ein Benediktinerkloster war, so wurde Schmuzer an ein anderes Benediktinerkloster weiterempfohlen, nach Tegernsee, das eng mit Schmuzers Heimatkloster verbunden war. Konventualen beider Klöster wurden an der Benediktineruniversität in Salzburg ausgebildet, etliche Professoren dieser Universität stammten aus Tegernsee und Wessobrunn und auch sonst gab es vielfältige Beziehungen zwischen beiden Klöstern. Und noch einen Stuckierungsgroßauftrag führte Johann Schmuzer für Benediktiner aus, nämlich für das Kloster Weingarten stuckierte er die Klosterkirche Hofen (heute Friedrichshafen).

Nicht weit von Wessobrunn entfernt liegt das Prämonstratenserkloster Steingaden. In der Klosterkirche stuckierte Johann Schmuzer vielleicht schon in jungen Jahren mit seinem Vater. Im Auftrag dieses Klosters baute und stuckierte Johann Schmuzer seinen ersten Großauftrag, die Wallfahrtskirche Ilgen. Von Steingaden aus wurde nach der Reformation das Oberpfälzer Prämonstratenserkloster Speinshart „wiedergegründet“. Da ist es dann naheliegend, dass sich die Oberpfälzer Prämonstratenser auf der Suche nach einem Architekten an ihr Mutterkloster wandten. Für Schmuzer kam dieser Auftrag insofern gelegen, als er zu dieser Zeit gerade in Pfreimd arbeitete und so ein Planungsabstecher von Pfreimd nach Speinshart ohne großen Aufwand möglich war. Aber auch Rot an der Rot und Obermarchtal, wo sich Schmuzer-Stuck findet, waren Prämonstratenserklöster!

Der anfänglich wichtigste, bisher zu wenig berücksichtigte Auftraggeber Schmuzers war der bayerische Herzog Maximilian Philipp. Nachdem der Herzog 1679/80 Bayern regiert hatte, standen ihm finanzielle Mittel zum Kirchenbau zur Verfügung. Diesem Herzog gehörten u.a. die Herrschaften Schwangau, Schwabegg und Leuchtenberg. Bei etlichen Kirchen in diesen Herrschaften hatte er das Präsentationsrecht und/oder die Baupflicht. Wie kam nun der Herzog zum Stuckator? Als Schmuzer St. Coloman in Schwangau baute gehörte diese Herrschaft noch Maximilian Philipps Neffen, dem Kurfürsten Max Emanuel. Spätestens als Maximilian Philipp diese Herrschaft eintauschte dürfte er auf den noch jungen Wessobrunner Baumeister und Stuckator aufmerksam geworden sein, denn schon bald musste Johann Schmuzer dem Herzog Pläne für eine Petruskapelle, einschließlich Stuck und Altäre, in Berghof bei Bayerniederhofen vorlegen und diese Pläne dann auch ausführen. Als der Herzog in Türkheim, dem Hauptort seiner Herrschaft Schwabegg, sein Schloss ausbauen ließ, beauftragte er damit wieder Johann Schmuzer. Der Herzog ließ jedoch in Türkheim auch eine Loretokapelle bauen, ebenfalls von Schmuzer. Er ließ hier die Kapuzinerkirche, erbaut vom Kapuzinerbaumeister Pater Hyacinth, von Schmuzer stuckieren. Die Türkheimer Pfarrkirche wurde von Schmuzer barockisiert und eine Bennokapelle wurde im herzoglichen Auftrag von Johann Schmuzer in Türkheim erbaut und stuckiert. Dies war gerade die Zeit, als der Herzog einen Baumeister zum Neubau der Pfarrkirche in Pfreimd, dem Hauptort der Herrschaft Leuchtenberg, suchte. So ließ Maximilian Philipp nachfragen, ob er sich zutraue, eine Pfarrkirche zu bauen. Schmuzers Vater sagte „Ja“ und so kam also Johann Schmuzer nach Pfreimd in die Oberpfalz. Freilich erhielt Schmuzer vom Herzog nur solange Aufträge, als in seinen Herrschaftsgebieten keine adäquaten Baumeister bzw. Stuckatoren angesiedelt waren. Als sich z.B. in Ettringen, welches zu seiner Herrschaft Schwabegg gehörte, der Baumeister und Stuckator Mathäus Stiller aus Wessobrunn niederließ, bekam Johann Schmuzer vom Herzog keinen Auftrag mehr.11

Ein ebenfalls wichtiger Auftraggeber Schmuzers war der Augsburger Fürstbischof. Sein weltlicher Herrschaftsbereich war das Hochstift. Der erste Auftrag des Fürstbischofs an Schmuzer dürfte ein Stuckierungsauftrag in der bischöflichen Residenz in Augsburg gewesen sein. Dann folgte die Stuckierung der bischöflichen Residenz in Dillingen, dann im bischöflichen Schloss in Füssen, dann im bischöfl. Schloss in Hindelang. Auch der Auftragsvergabe für den Bau und die Stuckierung der Kapelle „Unsere liebe Frau am Berg“ in Füssen musste der Augsburger Bischof seine Zustimmung geben.

Kostenvoranschlag

Ein potentieller Auftraggeber trat an Johann Schmuzer heran und forderte von ihm einen Kostenvoranschlag und meistens auch einen Plan für einen Neu- oder Umbau oder eine Stuckierung. Dabei war das „Herantreten“ gar nicht so einfach, denn Schmuzer reiste viel. Als sich der Kastner der Herrschaft Schwabegg in Türkheim bei Johann Schmuzer erkundigen sollte, ob sich Schmuzer den Bau der Pfarrkirche in Pfreimd zutraut, meinte er Glück zu haben, da Schmuzer gerade in Türkheim eine Kapelle baute. Er ging also zur Baustelle, um von Schmuzers Vater zu erfahren, dass der Sohn für einige Tage in die Schweiz verreist ist.

Dieser erste Kostenvoranschlag war für den Auftraggeber ein Anhaltspunkt. Nun konnte er sich auf die Kosten einstellen und sich Einsparungsvorschläge überlegen, wie das Beispiel „Schlosskapelle in Füssen“ zeigt.

Zu Schmuzers Zeiten war es übrigens üblich, sich an Kostenvoranschlage zu halten. Bei Johann Schmuzer ist nur ein Beispiel bekannt, wo der Kostenvoranschlag nicht eingehalten werden konnte.

Beim Kostenvoranschlag bot Schmuzer oft zwei Alternativen: entweder einen Pauschalpreis, oder auf Regie. Er bot auch die beiden Möglichkeiten an, entweder die Ausführung Wessobrunner oder heimischen Maurern zu übergeben. In Tegernsee legte man Wert darauf, dass nur vier Wessobrunnen Maurer arbeiteten. Dann bot er noch die Möglichkeit, entweder ein gemauertes oder ein Lattengewölbe und schließlich noch, entweder die Decke nur verputzen oder sie mit Stuck zu belegen.