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Leuchtende Tage.

Nicht weinen, dass sie vorüber.

Lächeln, dass sie gewesen!

Konfuzius

© Dorothea Fischer

Februar 2016

Email: dorothea@lustauffarben.de

Internet: www.lustauffarben.de

Herstellung und Verlag:

BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

www.bod.de

Layout, Satz und Covergestaltung: Dorothea Fischer unter InDesign

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ISBN 978-3-7431-3339-6

Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkungen

Seit ich vor mehr als dreißig Jahren intensiv mit dem Naturfärben begonnen hatte, suchte ich nach dem Rot tibetischer Mönchsgewänder. Ein Rezept mit Cochenille und Krapp ergab ein ähnliches Rot, das konnte aber nicht die Lösung sein. Nun habe ich auf überraschende Weise und Umwegen gefunden, was ich suchte. Anlass war der Ausfuhrstopp für Rotholz aus Brasilien, um die Bäume zu schützen. Womit kann man nun das Rot ersetzen? In Asien muss es doch etwas Ähnliches geben? Ich bat meine reiselustige Freundin Lotte, danach während ihrer Reisen Ausschau zu halten.

Als Lotte aus Laos zurückkam, sollte ich raten, was sie mir mitgebracht hatte. Sie zeigte mir zwei längliche, dunkle, gewölbte und harte Stücke mit einer merkwürdigen Struktur, die ich nicht einordnen konnte. Als nächstes kam ein Strang leuchtend rotes Seidengarn aus ihrer Tasche. Sind die Stücke vielleicht Rotholz? Aber das sieht nicht wie Holz aus, war mein Einwand. Doch, sagte Lotte, ich habe mich deinem Wunsch gemäß nach Rotholz zum Färben umgeschaut und neben einer kleinen Textil-Werkstatt mit Ladenverkauf rote Seide auf der Leine gesehen und konnte zwei Stränge kaufen, einen für dich und einen für mich. Die Verkäuferin hat bejaht, dass es mit Rotholz gefärbt ist. Als Beweis hatte Lotte Fotos gemacht.

Auf dem rechten Foto sieht man im Spiegel, wie Lotte im Laden in Luang Prabang fotografiert.

Nach einiger Zeit fuhren meine Freunde Christiane und Guido nach Laos. Da ich unbedingt den botanischen Namen von diesem Rotholz-Baum wissen wollte, bat ich sie, in den Laden (die Adresse stand auf dem Kassenbon) zu gehen und um den Namen zu bitten. Nach der Reise besuchten sie mich und brachten ein Geschenk mit: Eine Tüte mit ähnlichen Stücken wie die beiden von Lotte. Sie hatten keinen botanischen Namen, aber alles aufgeschrieben, was sie dort erfahren hatten.

Die Verkäuferin hatte gesagt, „Sie kommen zur falschen Zeit, es ist nur noch ein kleiner Rest da.“ Den Rest haben sie gekauft und mir mitgebracht. Ich wandte ein, dass es für Holz keine falsche Jahreszeit gibt, es irritierte mich. Holz wird geschlagen und kann lange gelagert werden.

Sie bekamen von der Verkäuferin die Bestätigung, dass die Seide damit gefärbt wurde und eine Kurzanleitung, wie sie gefärbt wird. Sie hatten alles für mich aufgeschrieben. Christiane liest vor, was auf ihren Zetteln steht, da höre ich das Wort „Lac“ und bei mir klingen alle Glocken (ich hatte mich seit Wochen mit Lac Dye beschäftigt, da mein Färbeschüler Artur, Orientteppich-Sachverständiger, den Wunsch geäußert hatte, mit mir Lac Dye-Färbungen auszuprobieren): Ich hole das Buch von Harald Böhmer „Kökboya“ aus dem Regal und zeige ihnen, was sie mir mitgebracht haben: Stocklack! Die Fotos in diesem Buch und die Seide von Lotte erklären, was wir vor uns haben.

Mit Lac Dye gefärbte Seide aus Luang Prabang in Laos.

Das Mitbringsel, Stocklack, aus dem der uns bekannte Schellack und der Farbstoff Lac Dye, Laccainsäure, gewonnen wird.

Da ich Englisch nicht beherrsche, bat ich meine Textilfreundin und Übersetzerin Bettina Foertig in Irland, mir bei der Suche nach Literatur zu Lac Dye zu helfen. Sie musste die Feststellung machen, dass im Internet nicht sehr viel zu finden war. Aber in ihrem Bücherbestand fand sie das Buch von Gösta Sandberg „THE RED DYES“ und hat mir das Kapitel „Lacca: The Indian Lac Scale Insect“ übersetzt.

Einige Monate später kam als Weihnachtgeschenk von Bettina die Übersetzung eines Artikels von Jenny Balfour-Paul, der Spezialistin für Indigofärbungen und Professorin in Exeter (UK) aus der Gildezeitschrift „The Journal“, Ausgabe 215, September 2005, Titel: „Das Jagen der Lac-Schildlaus im Lande des Donnerdrachens“.

Dieser Artikel erschien zuerst im Hali Journal 139 im Februar/März 2005, er wurde mir von Jenny Balfour-Paul zur Verfügung gestellt. Darin erwähnt Balfour-Paul die Bedeutung der gefärbten Stoffe für traditionelle und rituelle Gewänder und dass auch Mönchsgewänder damit gefärbt wurden und auch noch werden. Das Rot der tibetischen Mönchsgewänder hatte ich also auf Umwegen gefunden!

Seither ist viel Zeit vergangen. Mit meinen Schülern habe ich ein Jahr lang verschieden Färbungen ausprobiert und die untauglichen Rezepte aussortiert. Ich bin von diesem Rot vollkommen fasziniert. Als ich vor einiger Zeit nachts wach lag, dachte ich darüber nach, warum dieses Rot so besonders ist. Es hat für mich etwas Wohltuendes, Beschützendes, nichts Aggressives, das manche Rotfärbungen haben. Vielleicht liegt der Grund darin, dass die Schellackläuse ihre Brut mit dem Sekret, das sie absondern, schützen, aus dem später Lac Dye gewonnen wird. Auch Schellack, der andere Teil, der aus dem Sekret gewonnen wird, hat schützende Funktion für Hölzer, Instrumente und anderes. Geerntet wird der getrocknete Stocklack erst, wenn die Brut lebensfähig ist und die Schutzschicht verlassen hat.

Es ist ein „nachwachsender“ Rohstoff, der in einigen Gebieten Asiens wild vorkommt und auch kultiviert wird.

Damit dieses Buch erscheinen kann, haben viele Menschen geholfen, ihnen allen danke ich von Herzen. Einige möchte ich erwähnen:

Katharina und Johannes Ritter haben mir mit Rat und Tat bei Layout, Satz und Covergestaltung geholfen.

Artur Telfeyan hat mich dazu angeregt, mich mit diesem Thema zu befassen und hat mich in jeder Hinsicht unterstützt.

Dr. Michael Sturm gab entscheidende Hinweise zu den Lackschildläusen, denen wir diese faszinierende Farbe bedanken.

Meine Töchter Mechthild und Cornelia und meine Enkel Raphael, Maria und Mario haben mir mit Rat und Tat beigestanden. Ohne euch wäre mir dieser „Akt“ nicht gelungen.

Artur war zu Besuch bei mir, um über das Buch zu sprechen, zu fotografieren und sich alle Ergebnisse anzuschauen.
Auf Arturs Foto halte ich die Probefäden aller Rezepte in der Hand.

2 LAC – Einführung – Ein Reisebericht
von Jenny Balfour-Paul

Seit Jahrtausenden ist Lac in Südostasien das Prestigerot für Seide. Der chinesische Kaiserhof verwendete sie in großem Stil, alte heilige hinduistische Texte priesen sie, auch bei den Moghulen war sie verbreitet, und im Nahen Osten galt sie als beliebter Importartikel. In römischer Zeit wurden Stoffe aus Palmyra mit Lac gefärbt, ebenso wie Teppiche im persischen Safawidenreich und die feinsten Seiden und Samte aus der osmanischen Stofferzeugung. Auch der Lack wurde weithin exportiert. Im Westen waren sowohl die Farbe als auch der Lack sehr gefragt, als der Handel mit dem Orient im 16. Jahrhundert zunahm.

Gebetsflaggen an einem Pass über Mongar.

Als ich 2004 das Glück hatte, in das Königreich Bhutan im Himalaya eingeladen zu werden und die Verwendung von Naturfarbstoffen in den berühmten bhutanesischen Textilien kennen zu lernen, freute ich mich besonders darauf, die Quelle des Lac zu sehen, Kerria chinensis, die Lackschildlaus, denn ihre Geschichte faszinierte mich. Schon ihre sprachlichen Wurzeln geben Rätsel auf; Definitionen in Wörterbüchern zeugen von der historischen Verwirrung, die sich oft um den Ursprung von Handelswaren rankt. Ich wollte wissen, wie Lackarbeiten, Schellack, Stablack, Gummilack, Lackfarben und das Hinduwort für “hunderttausend”, lakh, miteinander zusammenhingen.

Stocklack und mit Lac gefärbtes Seidengarn.

Harz (Schellack) zum Verkauf in Klumpen geformt

Lakh kommt tatsächlich von laksha, dem Sanskritwort für Lac – denn dessen Herstellung erfordert Hunderttausende von Insekten. Im Sanskrit wurde nicht zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Produkten der Lackschildlaus unterschieden, nämlich Farbstoff (Lac Dye) und Lack (Schellack). Als die Portugiesen im 16. Jahrhundert direkt mit Indien zu handeln begannen, waren sie fasziniert von Gegenständen, schimmernd wie Glas, die mit dem Harz der Lackschildlaus lackiert worden waren. Sie nannten diesen Überzug lacca, nach seiner hinduistischen Bezeichnung. Als später andere portugiesische Händler in Japan auf ähnliche, ebenfalls glänzend lackierte Gegenstände trafen, nannten sie auch diese lacca, ohne zu bemerken, dass in Japan die Quelle des Überzugs ein Baumharz war, nicht das Insektenharz, das sie kannten.

Das führte zum allgemeinen Ausdruck Lack in Europa und zu einiger Verwirrung. Das gleiche gilt für Lackfarben: Die ersten wurden im Mittelalter aus Lac Dye hergestellt und danach benannt, doch Lack wurde später als Bezeichnung für alle Malpigmente aus Farbstoffen üblich.