Das dicke Ende kommt noch, oder nicht Euer Wolf
Der Tag der mein Leben wieder in „geregelte Bahnen“ katapultieren sollte. Noch 1,35 Euro auf dem Wohnzimmertisch. Lottospielen, was sonst. Ein Feld, 6 Kreuze, ohne den anderen Schnick Schnack. Wenn´s passieren soll dann passiert es. Der Monat hat noch ein paar Tage. Oder schon wieder bei Irene Geld leihen? Wie peinlich!
Der 6.te Oktober. Mein dritter Geburtstag! 48 Stunden zuvor wollte ich mich selbst kalt machen. War aber wie des Öfteren zu feige dazu. Vor vielen Jahren habe ich es in der Sitzbadewanne versucht. Im Vollsuff mit der herausgebrochenen Klinge eines Einwegrasierers. Nachdem ich ein Auto zum brennen gebracht habe. Pulsadern aufmachen und alles wird gut. War aber zu besoffen. Meine Schutzengel hielten mich davon ab.
Auf alle Fälle lebte ich nach dieser Hölle Alkohol weiter. „Saufen, rauchen, fernsehen, Bett, Bier holen. Ab und zu einen abschütteln bevor ich ganz durchdrehe.
Mal auch ´nen Jägermeister auf dem Nach-Hause-Weg, dann Komaschlaf. „Jägi“ geht gar nicht mehr. Mit Uwe ´ne Flasche auf ´ner Hochzeit am Lagerfeuer kalt gemacht und ordentlich Speed dazu.
Wenn ich nur einen hinter die Binse kippe werde ich vom Dr. Jekyll zum Mr. Hyde.
Wieder und immer wieder diese Endlosschleife von Bier und Television. Alles von vorne. Auf ein Neues. Fast zwei Jahre am Stück.
Kein Plan von nichts. Die Schulden bei meinem Bruder wurden nie weniger. Die bei meiner Nachbarin immer mehr. „Da komme ich nie raus!“
Doch dann schlug Fortuna zu.
Morgens gegen 3 Uhr 30. Wie immer schon wach. Die Glotze an. Das macht man so wenn man Hartzler ist. Liegend auf dem Sofa beim zappen durch 38 Kanäle. Vor und zurück, rauf und runter, kreuz und quer. Hatte schon fast ´ne Hornhaut am Daumen vom Knöpfe drücken.
Die Zeit verfliegt, obwohl nur Scheiße im TV läuft. Egal jeder Dreck wird reingezogen.
Okay Frühstücksfernsehen „geht gerade so.“ Die mit ihren blöden Fragen. Die Leute reizen beim Spiel um den Jackpot mitzumachen. Kommst Du eh nie durch. Die verdienen sich dumm und dämlich. Egal ´ne SMS mit der Lösung geht. Gut-die Idiotensichere Antwort für 49 Cent über den Satelliten gejagt. Keine 2 Sekunden später die Antwort.
Tausende von Meilen durchs Universum.
Unglaublich. „Sie haben Leitung 5 getroffen und sind in der Gewinnerliste.“
Okay! Kurz vor 8 geschah immer noch nichts. Wollte gerade das Handy ausmachen. Nochmal pennen. Plötzlich rattert mein Phone. Der Anruf zum Spiel um den Jackpot. 50000 Euro. Mein Herz sprang fast aus der Brust.
So hatte ich es Jahre zuvor schon mal erlebt. Da lernte ich Robert Bob „Hornchip“ Stadnick kennen. Ein Lakota Sioux Oglala Hunkpapa, Ureinwohner vom Amiland.
Sitting Bull und Crazy Horse waren die berühmtesten bevor sie der weiße Mann zerstörte. Robert hielt einen Vortrag in der Waldorfschule in meiner verschissenen Geburtsstadt. Er sprach über die aktuelle Situation im Pine Ridge Reservat in South Dakota, USA. Robert äußerte sich aber auch über die Geschichte der Lakota.
Little big Horn müsste fast jedem ein Begriff sein.
Der Großvater von Ihm hatte mit Sitting Bull zusammen gegen General Custer gekämpft.
Der letzte große Sieg der Indianer bevor sie am Wounded Knee geschlachtet wurden.
Die unerwünschten Einwanderer vom europäischen Kontinent, feige Hunde, haben ganze Arbeit geleistet. Kinder, Frauen, Alte, Kranke alle wurden getötet, misshandelt, verstümmelt und vergewaltigt.
Zur heutigen Zeit leben gerade nochmal so ungefähr 40000 Menschen von dem einst so stolzen Volk der Sioux. Sie werden noch heute von den „Herrschern der Welt“ zu Alkoholikern gezüchtet. Nur 10 Prozent sprechen ihre eigene Muttersprache.
Danke Amerikaner, Danke!
Seine Großmutter kannte Crazy Horse. Er wurde gefangen genommen und im Fort von seinen eigenen Leuten hinterrücks ermordet.
Das berührte mich sehr.
Eine Stimme holte mich zurück auf mein Sofa.
„Sie sind der Auserwählte und spielen nachher um den Jackpot!“ „Nein, ehrlich? Kann gar nicht sein!“ „Doch doch wir melden uns kurz vor 9 Uhr noch mal und um halb zehn geht’s los. Laden Sie Ihr Handy auf, bis später.“
Alle Gefühle, die man fühlen kann, in Bruchteilen von Sekunden durchlebt.
Mein Smartphone hat ab und zu Aussetzer. Was tun? Da ist doch noch das alte Handy das mir Chris geschenkt hatte in der Schublade unter dem Fernseher. Schnell die Simkarte gewechselt. Ab ans Ladekabel mit dem Dealerknochen. Meinen Bruder und ´nen Kollegen angerufen ob es funktioniert und das tat es.
Die Minuten ziehen sich wie Kaugummi. Man wartet auf ´nen Anruf bei dem es um 100 große Scheine geht.
Gedanken treffen mich wie Blitze. Rate ich mit Hilfe und richtig gibt’s 1000 Euro. Verdammt viel Geld wenn man mit 3 verfickten Euro am Tag auskommen muss. Ohne Hilfe raten, die 50 Riesen, egal volles Risiko.
Plötzlich scheint meine Zeit gekommen zu sein. Musik in meinen Ohren.
Das erlösende Klingeln meines Kommunikationsknochens. Mein Bruder und mein Kumpel sitzen zu Hause vor ihren GEZ-Gebühren fressenden Geräten. Fiebern noch mehr als ich mit.
„Ja, Hallo.“ „Hallo Wolf jetzt geht das los!“ „Okay!“ „Machen Sie bitte den Ton aus. Wegen der Rückkopplung.“ „Okay.“
„So, nun bleiben Sie solange in der Leitung bis sich die Moderatoren bei Ihnen melden.“ „Okay.“ „Bis dann und viel Erfolg.“ „Bis dann“ und ich Depp leg aus lauter Macht der Gewohnheit auf. „Kacke“ dachte ich. Doch gleich rattert das Handy wieder. „Ich glaube wir sind unterbrochen worden?“ Die Götter sind mit mir. „Ja, das denke ich auch.“ „Hoffen wir dass es jetzt funktioniert, also bleiben Sie in der Leitung.“ „Alles klar mach ich.“
Liebe Leser Ihr glaubt es nicht das 7 Minuten sich anfühlen können wie 7 Jahre.
Dann die erlösenden Worte von Marlene der Moderatorin. „Denn wir begrüßen auch schon Wolf aus Heidenheim.“ Mein Kumpel, wie er mir später erzählte, sprang aus seinem Bett und stand vor dem TV.
Bei mir geht’s ab wie im Traum. Dieses Gefühl besucht mich manchmal. Dann passiert nur Gutes. Einmal in so einem Traum bei einem Dart Turnier mit drei Darts 171 Punkte erzielt. Später den Ersten gemacht.
Hochkonzentriert, stocknüchtern, kein Herzklopfen mehr.
Und der Film läuft.
„…denn wir begrüßen auch schon Wolf aus Heidenheim.“ „Hallo Guten Morgen Marlene, Guten Morgen Jan.“ Jan, der andere Moderator mit ´ner Gitarre im Arm. „Guten Morgen Wolf, spielen Sie auch Gitarre?“ „Nein leider nicht aber ein Kollege, mit dem ich heute früh schon telefoniert habe, der kann das wunderbar.“ „Wolf, folgende Situation. Ich wollte Ihnen gleich einen Tusch spielen wenn Sie die 50000 Euro gewinnen. Allerdings, soundtechnisch, sind wir ungefähr so weit gekommen.“ Jan haut zweimal in die Seiten der Gitarre. Klingt schrecklich! „Okay, hört sich gut an.“ Fällt mir aus dem Hals.
Jan „…mal kucken ob wir da noch was optimieren können.“ Marlene „Ne, das schöne daran ist, da ist noch Luft nach oben. Ist ja gut wenn man das noch sagen kann. So Wolf, jetzt müssen Sie uns erstmal das richtige Lösungswort nennen.“ „Okay!“ „Wolf?“
„Okay das war die … das war die Trommel.“ Jan haut in die Seiten. Hört sich besser an als vorhin. „Sehr gut! Jetzt! Das heißt das Iphone 6 geht zu Ihnen. Nun geht es um die 50000 Euro. Wir werden Ihnen jetzt eine Frage stellen. Wolf… dann haben Sie 5 Sekunden Zeit. Entweder Sie sagen die richtige Antwort oder Sie sagen Sie brauchen Hilfe.
Wenn Sie eine Antwort sagen und sie falsch ist haben Sie keine Chance mehr.
Wenn Sie sagen Sie brauchen Hilfe haben Sie immerhin noch die Chance auf 1000 Euro.“ „Okay.“ „Ist das soweit verständlich gewesen von mir?“
„Ja das war verständlich, ja.“
Jan spielt an der Gitarre rum. Marlene zu ihm „Könntest Du vielleicht mal Deine Geräuschkulisse unterbinden?“ Jan „Ich bin bereit! Wolf! 50000 Euro! Die Chance ist jetzt gekommen. Hier kommt Ihre Frage!“ „Okay!“
Marlene „Welcher Figur lieh Jochen Bendel im Animationsfilm, Lucky Luke, auf in den wilden Westen, seine Stimme?“
Lucky Luke schießt mir durch den Kopf. Die Uhr tickt. Zu einfach! Schon 3 Sekunden ins Land gezogen. Und es sprudelt aus meiner tiefsten Seele… „Rantanplan.“
Für Unwissende, Rantanplan ist der verblödete Hund von Lucky Luke. Im Hintergrund hört man Marlene leise „Oh, Rantanplan!“ auf dem TV erscheint die Frage… Jan „Und die Lösung ist.“… Wieder auf dem Schirm zu sehen die Frage und die zwei Antwortmöglichkeiten. Rantanplan und Jolly Jumper, das Pferd von Lucky Luke. Rantanplan leuchtet grün, Marlene schreit und klatscht in die Hände.
Meine Wenigkeit „Ne, ehrlich?“ Jan flippt total aus. Steht auf. Wirft sich auf den Boden und reitet die Gitarre wie Angus Young von AC/DC. Marlene schreit immer noch. Und ich „Wahnsinn, Wahnsinn!“ Ein Stein so groß wie der Mount Everest fällt mir vom Herzen.
Jahrelang habe ich mir mein Hirn zermartert wie ich meine Schulden los werde. Alles weg. Bin frei und doch gefangen da ich noch Gläubiger im Nacken habe. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt noch ein sogenanntes P-Konto. Da hat einer der Hunde seinen Daumen drauf. 3700 Mücken und ein paar zerquetschte. Egal! Drauf geschissen! Das check ich auch noch ab!
Das übliche Geplänkel mit den den Moderatoren life über den Sender. „Was machen Sie denn mit dem Geld nun, was kaufen Sie sich als erstes?“ wollen die wissen. „Als erstes werden Schulden gezahlt. Und dann geht’s megamäßig an die Nordsee zu meinen alten Kollegen!“
Konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Wir quatschten noch ein wenig weiter.
Habe heut kaum eine Ahnung worüber auch. Viel zu viel ging mir durch den Kopf.
Dann brach die Leitung ab. „Oh mein Gott“.
Die haben doch noch nicht mal meine Bankverbindung.
Eine ganze Stunde später rief ´ne Frau vom Sender an. Also Bankdaten durchgegeben und gut wars. Schnell rüber in den Supermarkt und zwei Bier und ´ne Schachtel Kippen geholt. An Essen war jeder Gedanke nur Verschwendung. Ein Bier sind auch fünf Brotscheiben. Und davon sollte ich heute mehrere Laibe verspeisen.
Nochmal ein Anruf vom Sender. Wieder Gratulationen. Dann die Frage ob sie vorbeischauen können. Mit riesem „Tam Tam“ aufzeichnen dürften. (Sendezeit füllen) In sechs Stunden könnten sie bei mir sein.
Unrasiert, ungeduscht und zwei Bier im Kopf kam ich ins Grübeln. „Ich rufe Sie zurück!“
Rücksprache mit ´nem Kumpel gehalten und ´nen Anwalt angerufen. Der Rechtsverdreher witterte sofort die Kohle. Wollte zuerst 250 Euro fürs Gespräch einfahren. Schön! Schon fing es an das jeder an die Asche wollte.
Die war noch gar nicht da. Schließlich riet mir der Affe doch anonym zu bleiben. Dafür entschloss ich mich auch. Kohle hat er nie von mir dafür gesehen und dran riechen darf er auch nicht der kleine Straßenköter.
Es ging keinen etwas an. Die falschen Freunde die dann, wenn sie mich so im TV sehen würden, angeschissen kommen…. Nein das musste nicht sein. Die Leute vom Sender waren nicht mal böse als ich ihnen das sagte.
Wieder rüber zum Supermarkt, Biernachschub holen. Über den Tag verteilt waren´s dann schlussendlich lächerliche 6,5 Liter. Aber wann, wenn nicht jetzt?
Ich rief noch Heinz, eines meiner Nordlichter, ein Bruder fürs Leben, an. Der war so fix dass er mir den Videomitschnitt meines Glücks zuschicken konnte. Ich also auf dem Sofa. Das Bier vor mir und den ganzen Tag immer und immer wieder die Aufnahme angeschaut.
Am nächsten Tag, mit 3 Umdrehungen Restalkohol intus, frühmorgens auf die Bank. Klargemacht was mir geschehen war. Dass ich das, mein Geld, gerne am Freitag abholen würde. Möglichst alles in 50 Euro Scheinen. Das bräuchte natürlich ein wenig Zeit aber am Freitag wäre dann alles bereit. So die Bankerin. Freitag wieder dort. Das Pulver war immer noch nicht auf dem Konto. Stellte sich heraus dass noch ein Gläubiger die Hände drauf hätte.
Müsste erst geklärt werden dass ich an die Kohle komme. Langes Hin und Her mit den Pennern. Nervig! Furchtbar!
Bürokratischer Mist!
Ich hoffe dass Ihr an eurem Papierkrieg erstickt!
Zwei ätzend lange Wochen streichen ins Land. Auf den Wixer von Gläubiger warten. Hatte ihm einen Vergleich angeboten. Doch irgendwann war mir die Warterei einfach zu blöde. Größere Aufgaben warteten auf den Wolf. Immer und immer wieder die Gewinnhotline angerufen.
Auch die trösteten mich nur. Die waren nur einmal in der Woche erreichbar. Für 1,5 Stunden. Das bei der heutigen Technik! Unglaublich was für geile Arbeitszeiten. Jedoch kein Wunder wenn der Sender Milliarden von Euro im Jahr umsetzt.
Drei Mal immer das Selbe. Zwischenzeitlich waren drei Wochen verstrichen und immer noch nix von der Kohle da.
Endlich die Erlösung „Ende dieser Woche ist es auf jeden Fall da!“ Ich konnte es nicht ganz glauben. Dann am Mittwoch erst um acht die Enttäuschung. Ohne viel Hoffnung um 11:20 nochmal aufs Konto geschaut. War das alles nur Verarsche?
Peng- Geil- meine Rettung aus der Hölle!! Der Kontoauszug sagt zu mir 50005,01 Euro. Was für eine Zahl wenn man sogar beim Fressen sparen muss.
Ohne eine Sekunde zu verschwenden zur Bankerin. Sie schenkte mir ein fantastisches Lächeln. Die wusste irgendwie dass ich es verdient hatte. Hab Ihr etwas später meine Tel. Nummer reingedrückt um mal meinen Schwanz in Sie zu stecken, dachte ich. Falsch gedacht. Kam nie dazu. Egal! Wird halt ´ne andere gefickt.
Als ich´s dann Freitag in der Hauptstelle der Bank abholen wollte „Tut uns leid die Sache mit dem Gläubiger sperrt Ihr Pulver noch…! Es war schon zum Greifen nahe. Der Fritze hinter der Theke hatte es vor meinen Augen vorgezählt und gebündelt. Leichte Schweißperlen auf seiner Stirn. 3 Zentimeter dickes Panzerglas am Diskretionsschalter. Zwischen mir und der Asche.
Fick – die Hure – Gläubigerbank aus Trier.