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© 2015 Jana Hornung

Buchsatz / Layout: Jana Hornung

Fotos: zum Teil öffentlich

Abb 6 auf Seite → by Mansur Johnson © 2016 All Right Reserved.

3. Auflage

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Nordersted, 2018

ISBN: 978-3-7528-1863-5

Kontakt und weitere Informationen:

www.kreistaenze-regensburg.de

Ich widme dieses Buch und meine Bachelorarbeit

Samuel L. Lewis

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Die Tänze des Universellen Friedens
  3. Wirkung und Potenzial der Tänze des Universellen Friedens
  4. Praxisbeispiel: Bosnien-Herzegowina – Amica Educa
  5. Fazit

Vorwort

Die Tänze des Universellen Friedens1 sind, seit ich denken kann, Teil meines Lebens. Schon als Kind gehörte ich zu einer der Ersten, die in Deutschland mit den Tänzen in Berührung kam, da Karin Vorholzer, die erste Sekretärin von Rahmana Dziubany, mit ihrem Mann Familienzeltlager organisierte, auf denen auch meine Familie war. Neben anderen Aktivitäten wurden dort auch die Tänze des Universellen Friedens getanzt. Im Alter von 11 Jahren war ich das erste Mal mit meinem Vater und meinen beiden Brüdern auf dem Familien-Tanzcamp, das vom NdL (Netzwerk deutschsprachiger Länder, s. 2.2 Entstehung und Verbreitung > Die Tänze im deutschsprachigen Raum) ausgerichtet wurde. Dies wurde zu einem jährlichen Ritual, wodurch ich die Tänze immer intensiver erleben konnte.

2011 ging ich nach Regensburg, um Musik- und bewegungsorientierte Soziale Arbeit zu studieren. Durch die Erfahrung und das Lernen darüber, inwiefern Musik und Bewegung als Methode in der Sozialen Arbeit eingesetzt werden können, als auch aufgrund meiner Erfahrungen und meines Wissens über die Tänze des Universellen Friedens, wurde es für mich immer deutlicher, welches Potential die Tänze in sich tragen.

Dies zeigte sich auch in unterschiedlichen Praxiseinheiten, die wir während des Studiums, durch Kooperation mit unterschiedlichen Einrichtungen, leiten durften. Im 3. Semester fand eine Praxisgruppe mit Musik- und Bewegungsstunden einmal in der Woche im Unikindergarten statt. Im 5. Semester gab es ein Seminar, bei dem wir im Johannes-Heinrich-Wichern-Haus, einer sozialtherapeutischen Einrichtung, mit einer Gruppe von Menschen tanzten. Die Kooperation mit der Lebenshilfe Regensburg ermöglicht es Menschen aus der Lebenshilfe einmal wöchentlich an die OTH Regensburg zu kommen und an Musik- und Bewegungsstunden teilzunehmen. Bei all diesen Gelegenheiten war es mir möglich, die Tänze mit einzubauen, wodurch ich selbst immer wieder erleben durfte, was sie bewirken.

Im Laufe meines Studiums wurde mir bewusst, dass ich später als Sozialpädagogin die Tänze und deren Potential in meiner Arbeit nutzen möchte. Schon immer war es für mich schwer, genau zu benennen oder zu beschreiben, was beim Tanzen passiert und warum ich der Meinung bin, dass sich die Tänze des Universellen Friedens zur Anwendung in der Sozialen Arbeit eignen. Diesen Fragen nachzugehen und sich intensiv mit den Tänzen, auch theoretisch, zu beschäftigen, bot sich gut für meine Bachelorarbeit an. Ziel war es auch, fachlich unterstützt, eine theoretische Grundlage für meine spätere Arbeit zu schaffen.

Mein Dank gilt meinen Interviewpartnerinnen, die mir durch ihre Aussagen häufig vollkommen neue Gesichtspunkte aufzeigten und damit nicht nur eine sehr große Hilfe bei der vorliegenden Arbeit waren, sondern ebenso meinen Horizont erweitert haben.


1 Im Laufe der vorliegenden Arbeit wird u.a. auch einfach von den Tänzen die Reden sein. Ist das Wort kursiv geschrieben, sind damit die Tänze des Universellen Friedens gemeint.

1 Einleitung

Die Welt, und vor allem die Gesellschaft, verändert sich. Durch die zunehmende Globalisierung und die Individualisierung der Gesellschaft wird der Mensch mehr und mehr zum „Einzelkämpfer“. Wolfgang Bossinger2 formuliert es folgendermaßen:

„Soziale Bindungen und achtsame Beziehungen zwischen den Menschen gehen mehr und mehr verloren. Die Geborgenheit in sicheren sozialen Verhältnissen nimmt ab, und in der Atomisierung der Gesellschaft entstehen neue Leiden, Krankheiten des sozialen Bindegewebes.“

(Bossinger W. & Eckle R., 2008, S.8)

Dies ist der Grund, warum neue Wege gegangen werden müssen, wenn es um Heilung geht. Die klassische Medizin stößt zunehmend an ihre Grenzen.

Sie nimmt den menschlichen Körper in der Regel statisch strukturiert wahr, also als Summe seiner Einzelteile (Gliedmaßen, Knochen, Muskeln, Organe etc.). Die moderne Physik hingegen sieht Materie, also auch den menschlichen Körper dissipativ; als ein elektromagnetisches Feld, „welches sich aus der Vielzahl unterschiedlicher Schwingungsmuster zusammensetzt“. (Kapteina H. & Zhang C.-L., 2008, S.138)

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit wurde der Frage nachgegangen, ob die Tänze des Universellen Friedens in der Sozialen Arbeit genutzt werden können und falls ja, durch welche Methodik und Effekte.

In dieser gekürzten Fassung der Bachelorarbeit, werden die Tänze des Universellen Friedens gemeinsam mit ihrem Urheber vorgestellt und deren Verbreitung aufgezeigt.

Durch ein Praxisbeispiel wird dargestellt, wie die Tänze schon seit vielen Jahren im sozialpädagogischen Kontext eingesetzt werden.

Da der Schwerpunkt dieser Ausgabe bei den Tänzen des Universellen Friedes liegen soll, wurde auf den Theorie-Teil zum Thema Traumata verzichtet.

Zur weiteren Analyse und Darstellung der Tänze des Universellen Friedens, werden die Tänze in ihre Einzelbausteine (Bewegung und Musik) zerlegt und jeweils hinsichtlich ihres potentiellen Nutzen analysiert – sowohl allgemein als auch im Rahmen der Sozialen Arbeit. Auch hier wurde auf den Trauma-Teil verzichtet. Abschließend werden die Möglichkeiten, die die Tänze des Universellen Friedens bieten, anhand dieser beiden Bereiche dargestellt. Zusätzlich soll aufgezeigt werden, welche Potentiale Musik, Gesang, Tanz und Bewegung als alternative (Heilungs-)Wege in sich tragen und wodurch sie zur Geltung gebracht werden können.

Informationsgewinnung – Qualitative Interviews

Zur Informationsgewinnung über die Tänze des Universellen Frieden wurden qualitative Interviews mit offenen Fragen geführt. Bei den Befragten handelt es sich um Personen (alle weiblich) die selbst Erfahrungen mit den Tänzen gemacht haben, sowohl als Tanzende, als auch als Leitende. Zum Teil haben die Befragten die Tänze und deren Verbreitung im deutschsprachigen Raum von Beginn an mitbekommen bzw. für deren Verbreitung gesorgt.

Der Fragenkatalog ist in mehrere Abschnitte gegliedert. Ein Teil besteht aus „Fakten“, also wie die Tänze kennengelernt wurden, wie die Person die Tänze beschreiben würde, seit wann die Person diese Art von Tänzen macht usw. Im weiteren Teil werden emotionale Faktoren abgefragt, also was die Menschen beim Tanzen empfinden, was sie motiviert, ob die Tänze Einfluss auf ihr Leben haben usw. Speziell an Tanzleiterinnen wurden weitere Fragen zum Lehren und Lernen der Tänze gestellt und inwiefern die Personen Erfahrung haben im Bezug auf den Einsatz der Tänze bei der Arbeit mit traumatisierten Personen.

Die Interviews wurden alle, mit Ausnahme von einem, im persönlichen Gespräch geführt. Dabei hörten die Interviewpartnerinnen die Fragen während des Gesprächs zum ersten Mal, sie konnten ihre Antworten daher nicht in irgendeiner Weise vorbereiten. Bei dem Gespräch wurde darauf geachtet, dass es sich um einen flüssigen Austausch handelte, bei dem von beiden Seiten jeder Zeit Rückfragen möglich waren. Im Anschluss wurden ggf. noch übrige Fragen geklärt.

Die gewonnen Informationen werden vor allem in den Punkten 2., 2.2., 3.3 und 4. Verwendung finden.


2 Wolfgang Bossinger: *1960, u.a. Psychotherapeut, Musiktherapeut, Musiker, Komponist und Gesangsforscher, arbeitet u.a. mit den Tänzen des Universellen Friedens.

2 Die Tänze des Universellen Friedens

Abbildung 1:
Geschütztes Logo der Tänze des Universellen Friedens, ein Kreis aus ineinander verschlungenen Herzen.

Die Tänze des Universellen Friedens sind mittlerweile zu einer weltweiten Tanzbewegung geworden, die durch die Inspiration von Samuel L. Lewis (siehe hierzu 2.1) in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Nordamerika entstanden ist. (Dziubany, 2014, S.1f.)

Die Tänze des Universellen Friedens beinhalten eine Sammlung von Gesängen, Tänzen und Gebeten aus den unterschiedlichsten Religionen und Traditionen der ganzen Welt, sowie Gehübungen mit verschiedenen Schwerpunkten. Es werden gemeinsam einfache Melodien und Mantren gesungen und dazu mit leicht erlernbaren Bewegungen im Kreis getanzt. (NdL e.V.; Müller Schweizer, 2014, S.1; Jablonski, 1995, S.17)

Für Menschen, die nicht vertraut sind mit dieser Art des Tanzens, können die Tänze im ersten Moment befremdlich oder wie „Ringelpietz mit Anfassen“ wirken. (Auf der Maur, 2014, S.1; Onnen, 2014, S.10) Dies liegt unter anderem daran, dass beim Tanzen und Singen zu Mantren eine starke Energie erzeugt wird, die nicht wirklich greifbar scheint und daher zunächst komisch bis überfordernd sein kann. (Auf der Maur, 2014, S.1) Allerdings hat jeder Tanz seine eigene Energie, bzw. sein eigenes Energiespektrum und kann je nach Situation sehr unterschiedlich wirken. (Sieglin, 2014, S.5)

Hier zeigt sich, dass die Tänze des Universellen Friedens selbst erlebt werden müssen, um nachvollzogen werden zu können.

Samuel L. Lewis hat verschiedene Namen verwendet, wenn er über die Tänze gesprochen hat. Er verwendete zu Beginn u.a. Begriffe wie Dervish Tanz, Mantratanz, Engelstanz oder auch Mystischer Tanz. (Douglas-Klotz, 1999, S.60; Douglas-Klotz, 1995, S.9) Da diese Namen nur einen Aspekt der Tänze benennen, hat sich der Name Tänze des Universellen Friedens nach seinem Tod durchgesetzt und wurde bzw. wird heute noch von seinen Schüler_innen als Überbegriff verwendet.

Tänze des Universellen Friedens – eine Erläuterung des Namens:

Die Erläuterung im Duden des Begriffs universell, „alle Bereiche umfassend, allgemein“ (Duden > universell), ist auch in diesem Zusammenhang zu verstehen. Sei es allein in Hinsicht darauf, dass die Tänze unterschiedlichsten Traditionen und Religionen entstammen und hierbei keine ausgeschlossen wird. Man könnte auch von universell im Sinne von interkulturell, also „verschiedene Kulturen umfassend“ (Duden > interkulturell) und interreligiös sprechen. (Dziubany, 2014, S.11) Ebenso ist der Begriff universell hinsichtlich des Friedens zu sehen. Rahmana Dziubany3 , eine Tanzleiterin, sagt diesbezüglich, dass es sich bei den Tänzen um Friedensarbeit handelt „oder [um] eine Arbeit, bei der Frieden durch Kunst auf die Erde gebracht wird“. (Dziubany, 2014, S.1) Die Tänze können sowohl innerlich als auch äußerlich Frieden stiften. Dabei ist für Samuel L. Lewis der innere Frieden der entscheidende:

„Inner: That is the real Peace. Works are not peace. Thoughts are not peace. Plans are not peace. Programs are not peace. Peace is fundamental. It is easy to prove it in the sciences, and the real Masters who are here are teaching it. It is hard to appreciate, hard to experience, hard to realize. (…) The difference between this Logos-Peace and what we generally call „Peace“ is that the latter is a vacuum, a zero, a nothing, a blank, a negative to the extreme. The Logos-Peace is fullness, is all-inclusive, is brotherhood.” [sic.] (Lewis, 2013a, S.319, vom 22. März 1965)

Sowohl Alima4 also auch Gita Sophia Onnen5 , langjährige Tanzleiterinnen, beschreiben sehr gut, dass es möglich ist, durch die Tänze nach innen zu sich selbst zu kommen, wodurch ein Frieden bzw. ein Raum des Friedens entsteht, welchen man dann wiederum nach außen tragen kann. Nur wenn ein Mensch in sich selbst Frieden trägt, kann diese Person ihn auch in die Welt tragen. Gita geht noch einen Schritt weiter und sagt: „Also es ist ja so, ich kann die Welt nicht verändern, aber mich kann ich verändern, das ist die gute Botschaft“.

(Onnen, 2014, S.8) Solange jede_r Einzelne für sich herausfindet, auf welche Art und Weise er oder sie sowohl in sich selbst als auch in den Beziehungen zu anderen Menschen Frieden schaffen kann, ist es möglich, immer mehr Frieden in der Welt zu verbreiten. Es kann ein völlig anderes Miteinander entstehen, wenn man in Kontakt mit sich selbst und der eigenen Seele ist. (Alima, 2014, S.4; Onnen, 2014, S.8)

Maria Müller Schweizer6 erklärt dies sehr anschaulich:

„durch die Ausrichtung auf z.B. Frieden in verschiedenen Sprachen: Friede sei mit Dir, Mir miru Mir, As-saalam Aleikum, Shalom aleichem, Mir bio stobom usw. beruhigt sich unser Nervensystem. Friede kann auf der körperlichen Ebene nach und nach erlebt werden“. (Müller Schweizer, 2014, S.1)

Durch das Singen von Worten aus den unterschiedlichen Religionen und Traditionen, ebenso wie durch das in-Kontakt-gehen mit sehr unterschiedlichen Menschen, lehren die Tänze auch Toleranz und Respekt und schaffen damit eine Verbindung. (Alima, 2014, S.5; Auf der Maur, 2014, S.5) Gleichwohl wird der Mensch eingeladen, seinen Horizont zu erweitern und sich für Neues und Unbekanntes zu öffnen. (Auf der Maur, 2014, S.4)

Mehr Toleranz und das Zulassen von Unterschieden kann ein Weg zu mehr Frieden sein. Allerdings ist es Alima sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Friedensarbeit der Tänze nicht unbedingt eine vermittelnde Rolle zwischen den Religionen einnehmen sollte und dies auch gar nicht kann. (Alima, 2014, S.7) Es geht mehr darum, zwischen einzelnen Menschen Verbindungen zu schaffen, wirkliche Begegnung zu ermöglichen: „von Hand zu Hand, von Herz zu Herz“ (Alima, 2014, S.3) und somit den inneren und äußeren Frieden zu vermehren.

Samuel L. Lewis hat dazu selbst gesagt:

„Meine Arbeit auf den unterschiedlichen Ebenen schließt das Führen mit ein, - und ich meine Führen, - Menschen dazu anleiten, über die Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinauszugehen, welche Menschen trennen…“ (NdL-Publications, 1998, S.84, zit. aus Tagebüchern, hier vom 11.02.19707)

Rafia Sieglin8 , eine weitere Tanzleiterin, nennt noch einen anderen Aspekt. Für sie ist der Klang entscheidend: