Konzentriert arbeiten für Dummies
Konzentriert arbeiten für Dummies
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1. Auflage 2020
© 2020 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.
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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: © peterschreiber.media / adobe.stock.com
Korrektur: Johanna Rupp, Walldorf
Print ISBN: 978-3-527-71700-2
ePub ISBN: 978-3-527-82660-5
Christian Mörsch hat Entspannung zu seinem Beruf gemacht. Als Leiter der Stress-Management-School bildet er unter anderem Entspannungspädagogen, Achtsamkeitstrainer, Schlaftrainer und Resilienztrainer aus. Parallel hat er sich einen Namen als Konzentrations- und Prüfungsvorbereitungstrainer gemacht und kooperiert dabei mit zahlreichen Unternehmen und Schulen.
Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann und Studium mit dem Schwerpunktfach Wirtschafts- und Sozialpsychologie hat Christian Mörsch sechs Jahre am selbigen Institut der Universität zu Köln gearbeitet und war dort Dozent diverser Seminare und Repetitorien.
Der Autor mehrerer belletristischer Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und Mitautor von Sachbüchern lebt mit seiner Familie in Erkrath.
Sein Lebensmotto »Wer nicht regeneriert, verliert« bringt zum Ausdruck, wie wichtig gezielte Entspannungspausen für die Aufrechterhaltung der persönlichen Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sind.
Melanie Müller lebt mit ihrer kleinen Familie mitten im Herzen des Ruhrgebiets. Sie unterrichtet hauptberuflich an einem kaufmännischen Berufskolleg. Dort bereitet sie nicht nur Berufsschüler auf ihre Zwischen- und Abschlussprüfungen vor, sondern unterrichtet auch Abiturienten und zugewanderte Schüler.
Nebenberuflich ist sie als Autorin, Entspannungspädagogin und Referentin tätig. In ihren deutschlandweit stattfindenden Vorträgen und Seminaren zeigt sie ihren Zuhörern, wie sie mit Hilfe von neuen Medien, Konzentrationstechniken und Entspannungsverfahren jede Herausforderung bewältigen können.
Unter dem Motto »Konzentriert klappt´s garantiert« hilft sie Schülern, Arbeitnehmern und Selbständigen, Konzentration aufzubauen und Schwächen in Stärken umzuwandeln.
Christian Mörsch und Melanie Müller haben bereits das an Prüflinge gerichtete und 2018 im Wiley-Verlag erschienene Buch Prüfungen bestehen für Dummies verfasst.
Wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen möchten, können Sie uns unter info@stress-management-school.de
erreichen. Gerne dürfen Sie uns auch Ihre Erfahrungen mit unserem Buch schreiben.
Wo sitzen Sie gerade? Bequem auf Ihrer Wohnzimmercouch? Oder erwischen wir Sie im Zug, der Sie mit Verspätung in den verdienten Feierabend bringt? Vielleicht sitzen Sie auch gar nicht, sondern liegen bereits im Bett und testen, ob Sie unser Einführungskapitel fesselt oder so langweilt, dass Sie darüber einschlafen. Egal wo Sie sich in diesem Moment befinden: Wir möchten Sie nun bitten, in Ihrer Vorstellung an einen anderen Ort zu gehen.
Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einer weitläufigen Wiese und blicken mit einem Pfeil und Bogen in der Hand auf eine fünfzig Meter entfernte Zielscheibe. Wenn Sie unser Buchcover in Augenschein genommen haben, werden Sie dort genau so eine Zielscheibe entdeckt haben. Ihr Auftrag als Bogenschütze ist es nun, die Mitte der Zielscheibe zu treffen. Das ist eine durchaus herausfordernde Aufgabe, selbst wenn Sie ein Profi sind:
Warum haben wir diese Visualisierungsübung mit Ihnen gemacht? Weil Sie im übertragenen Sinn auch in Ihrem Job ein Bogenschütze sind: Um ein herausforderndes Arbeitsziel zu erreichen, brauchen Sie nicht nur Ihre im Studium oder in der Ausbildung erlernten Fertigkeiten, sondern auch Konzentration. Und genau hier setzt unser Buch an: Wir zeigen Ihnen, was Sie dafür tun können, um Ihre Konzentrationsfähigkeit signifikant zu verbessern und auf diese Weise erfolgreicher im Job zu sein.
In vielen Arbeitssituationen können Sie sich gar nicht leisten, unkonzentriert zu sein, weil ein Moment der Unaufmerksamkeit fatale Konsequenzen haben kann:
Nicht immer hat Unaufmerksamkeit gravierende Auswirkungen. Doch aufgrund der Fülle von Arbeitsaufgaben neigen viele Berufstätige dazu,
Unkonzentriertheit wird so zur Regel statt zur Ausnahme. Die Folgen sind
Kurz gesagt: Die Arbeitseffizienz sinkt.
Haben Sie schon einmal einen Schrank aufgebaut? Neben einer Reihe von Brettern finden Sie meist eine Verpackung mit einer schier unüberschaubaren Menge an Schrauben in unterschiedlichsten Größen und Formen. Auch Konzentration setzt sich aus vielen Bauteilen zusammen. Bei unserer Recherche nach bereits existierenden Werken zum Thema Konzentration sind wir jedoch meist auf Publikationen gestoßen, in denen nur einzelne Bausteine herausgegriffen werden, um daraus eine schnell durchschaubare Philosophie zusammenzuzimmern, die sich gebetsmühlenartig in jedem Kapitel wiederholt. Die Aussagen solcher Bücher lassen sich leicht auf wenigen Seiten zusammenfassen. Wir sind der Meinung, dass es sinnvoller ist, einen Überblick über sämtliche Bausteine zu gewinnen, die zum Aufbau von Konzentration führen. Bemühen wir noch einmal das Bild des Schrankes: Nur wenn Sie beim Zusammenfügen des Schrankbausatzes alle Teile berücksichtigen, entsteht schließlich ein stabiles Möbelstück, das beim Befüllen nicht zusammenbricht.
Sollte der Schrank im Laufe der Zeit doch einmal an Stabilität verlieren, ist es wichtig zu wissen, bei welchen Schrauben Sie nachjustieren müssen, um das Möbelstück wieder belastbar zu machen. Daher finden Sie in unserem Buch im übertragenen Sinn Schrauben, an denen Sie drehen können, wenn die Konzentration nachlässt:
Wir möchten Sie nun einladen, gemeinsam mit uns die vor Ihnen liegende Konzentrationsaufbauanleitung zu entschlüsseln. Wir versprechen Ihnen, dass sich unsere Aufbauanleitung erheblich leichter verstehen lässt als das dünne Montageheftchen eines Selbstabholerschrankes. Sie werden daher auf den nächsten Seiten eine Vielzahl an praktischen Tipps und Übungen finden, die Sie direkt in Ihren beruflichen Alltag einbauen können. Eine Anmerkung am Rande: Auch für das Verfassen unseres Buches war eine gehörige Portion Konzentration erforderlich. Wir haben unsere Tipps während des Schreibens selber angewandt und können sie besten Gewissens empfehlen.
Natürlich richtet sich unsere Konzentrationsaufbauanleitung nicht nur an Bogenschützen und Schrankmonteure, sondern an alle Berufsgruppen. In jedem Beruf braucht es schließlich Konzentration. Sie wissen es selbst: Ohne Konzentration ist es beinahe unmöglich, Arbeitsaufgaben zügig und fehlerfrei zu bewältigen, egal ob Sie Büroangestellter, Game-Designer, Krankenschwester, Sozialpädagoge, Goldschmied, Polizist, Systemelektroniker, Autor, Kundenberater einer Bank, Leistungssportler, Professor, Ingenieur, Ergotherapeut, Musiker oder Koch in einem Drei-Sterne-Restaurant sind. Wir hätten die Liste noch um Hunderte weitere Berufe ergänzen können. Das haben wir aus Platzgründen nicht getan. Wenn Sie also Ihren Beruf in unserer Aufzählung nicht entdeckt haben, tun Sie bitte so, als hätte er dort gestanden. Denn jeder, der konzentrierter und damit effizienter arbeiten will, wird in unserem Buch geeignete Tipps finden.
Über das Arbeitsleben hinaus gibt es auch im Privatleben eine Vielzahl von Situationen, in denen Konzentration sinnvoll ist: bei der Erstellung der Steuererklärung, beim gemeinsamen Kicken mit den Freunden, bei der Zubereitung des Weihnachtsmenüs, bei der Autofahrt in den Urlaub oder beim Lesen eines Romans. Auch in diesen Situationen kann Ihnen unser Buch ein guter Ratgeber sein.
Sie brauchen unser Buch nicht von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen. Wenn Sie etwa 40 Stunden pro Woche arbeiten, zwei Kinder im Grundschulalter haben und nebenbei noch den Haushalt schmeißen müssen, bleibt nicht viel Zeit für unser Buch. Dennoch sollten Sie wissen: Je besser Sie sich im Job konzentrieren können, desto zügiger und fehlerfreier können Sie arbeiten. Jeder Fehler kostet schließlich Zeit. Es lohnt sich also, die eine oder andere Minute Lesezeit zu investieren, um am Ende Zeit zu gewinnen.
Wir haben unser Buch so geschrieben, dass Sie mit jedem beliebigen Kapitel beginnen können. Suchen Sie sich zunächst die Konzentrationsschrauben heraus, an denen Sie als Erstes drehen möchten. Beginnen Sie mit dem Inhaltsverzeichnis. Was interessiert Sie am meisten? Fangen Sie einfach mit diesem Kapitel an. Arbeiten Sie häufig in Nachtschichten, könnte Kapitel 16 von besonderem Interesse für Sie sein. Brauchen Sie Tipps zum schnelleren Lesen, starten Sie mit Kapitel 18. Und wenn Sie in einem Großraumbüro arbeiten, könnte Kapitel 14 Ihre erste Wahl sein.
Unser Buch ist in vier große Abschnitte unterteilt. Damit Sie sich einen schnellen Überblick verschaffen können, verraten wir Ihnen nun ein wenig davon, was Sie auf den kommenden Seiten erwartet.
In Teil I nehmen wir den Konzentrationsbegriff unter die Lupe.
Nun geht es ans Eingemachte: Wir widmen uns all den Schrauben, an denen Sie drehen können, um Ihre Konzentration zu verbessern.
Jetzt wird es speziell. Wir haben einige typische Arbeitssituationen herausgegriffen und eine Reihe von Tipps zusammengestellt, die Ihnen helfen, in diesen Situationen so konzentriert wie möglich zu bleiben.
Ein Dummies-Buch ohne einen Top-Ten-Teil ist undenkbar. Jedes Kapitel in diesem Teil besteht aus genau zehn Tipps. Wenn Sie ein erfahrener Dummies-Leser sind, erwarten Sie an dieser Stelle vielleicht, dass wir Ihnen die wichtigen Aussagen des Buches noch einmal auf einem Tablett präsentieren. Wir wollen Ihnen jedoch auch im Top-Ten-Teil noch etwas Neues bieten und servieren Ihnen gewissermaßen ein Dessert.
In unserem Buch finden Sie immer wieder Symbole. Wir verwenden diese Bilder, um Ihre Aufmerksamkeit auf einen erprobten Tipp, eine praktische Übung, eine Warnung oder eine interessante Information zu lenken.
Teil I
Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Hand aufs Herz: Wäre es nicht schön, wenn Sie einfach nur einen Zauberstab schwingen müssten und Sie sind für den gesamten Arbeitstag konzentriert? Ein Zauberspruch, der Ihren Fokus ganz auf die Arbeiten lenkt, die Sie sich vorgenommen haben? So etwas wie Hokusfokus.
Ganz so simpel ist es natürlich nicht, aber Konzentrationsfähigkeit ist trainierbar. Und bereits mit wenigen Kniffen lassen sich spürbare Verbesserungen erzielen. Doch bevor wir Ihnen in Teil II unseres Buches eine Vielzahl von Möglichkeiten vorstellen, um Ihren Arbeitsalltag konzentrierter zu bewältigen, wollen wir Sie zunächst mit den verschiedenen Zuständen von Aufmerksamkeit, dem Zwei-Phasen-Modell der Konzentration und Ihrem Konzentrationsmuskel vertraut machen.
»Arbeite konzentriert!« Diese Aufforderung hat jeder von Ihnen schon einmal gehört. Doch die wenigsten wissen, was sich hinter dem Begriff der Konzentration tatsächlich verbirgt.
Konzentration ist ein bestimmter Zustand Ihrer Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist nämlich nicht gleich Aufmerksamkeit, sondern kann verschiedene Formen annehmen. Was schätzen Sie, wie viele unterschiedliche Aufmerksamkeitszustände es gibt?
Die richtige Antwort ist drei.
Ihre möglichen Aufmerksamkeitszustände können Sie mit einer handelsüblichen Taschenlampe vergleichen. Man kann sie an- und ausschalten. Viele Taschenlampen haben außerdem zwei Modi: zum einen den Modus, bei dem ein großer Teil der unmittelbaren Umgebung schwach ausgeleuchtet ist, zum anderen den Modus, der den Lichtstrahl bündelt und einen kleinen Ausschnitt hell erleuchtet, während alle anderen Bereiche im Dunkeln bleiben. Was bedeutet das übertragen auf die Aufmerksamkeit?
Natürlich erfolgt Aufmerksamkeitslenkung nicht allein über die Augen, sondern auch mit Ihren weiteren Sinnen. Sie können die Aufmerksamkeit auf die Worte Ihres Gesprächspartners richten oder die Vielzahl an Gesprächen beim Mittagessen in der Kantine als undeutliches Hintergrundrauschen wahrnehmen.
In vielen Lehrbüchern würde Sie nun ein langatmiger und überaus theorielastiger Abschnitt erwarten. Aber keine Angst. Wir werden hier nicht um den heißen Brei herumreden, nur um Ihnen am Ende eine so komplexe Formulierung zu präsentieren, die ohne wissenschaftliches Hintergrundwissen kaum noch verständlich ist. Daher halten wir uns kurz und knapp. Konzentration ist im Grunde nichts anderes als fokussierte beziehungsweise gerichtete Aufmerksamkeit. Es kommt lediglich ein Aspekt hinzu, nämlich das Halten dieses Aufmerksamkeitszustands über einen längeren Zeitraum.
Somit ist Konzentration
Um noch einmal den Taschenlampenvergleich zu bemühen: Im Zustand einer solchen fokussierten Aufmerksamkeit sind Sie teilweise blind. Alles, was sich außerhalb des fokussierten Lichtstrahls befindet, bleibt unbemerkt. Ein solcher Zustand ist riskant, vor allem wenn er länger andauert, weil Sie – zumindest in der Steinzeit – so eine leichte Beute für Raubtiere waren (siehe Kapitel 2). Daher zieht das Gehirn von Natur aus den Zustand der offenen Aufmerksamkeit vor, um Gefahren nicht zu übersehen oder -hören. Wir wünschen uns oft, es wäre leichter, Konzentration ganz auf eine bestimmte Aufgabe zu richten, zumal die Wahrscheinlichkeit eines Raubtierangriffs im Homeoffice oder Großraumbüro gegen null tendiert. Dennoch sollten Sie sich nicht ärgern: Hätten sich unsere Vorfahren mühelos über einen langen Zeitraum auf eine Sache konzentrieren können, wäre die Menschheit wahrscheinlich schon ausgestorben. Und Sie wären niemals geboren worden. Daher ist es im Prinzip nützlich, dass Konzentration von Natur aus etwas Mühe macht. Glücklicherweise jedoch lässt sich Konzentrationsfähigkeit trainieren.
Aufmerksamkeit entsteht in Ihrem Gehirn. Sie können sich Ihr Gehirn als eine Art Chemiefabrik vorstellen. Damit Aufmerksamkeit möglich ist, benötigt diese Fabrik die richtigen Rohstoffe in der richtigen Menge. Solche Rohstoffe sind
Ein Engpass bei der Anlieferung von Rohstoffen wie zu wenig Schlaf kann zu Aufmerksamkeitsschwierigkeiten führen.
Bereits das Gehirn eines Babys ist in der Lage, Aufmerksamkeit zu produzieren. Jedoch kann es sich noch nicht konzentrieren. Die Aufmerksamkeit eines Babys folgt zunächst nur dem, was interessant ist. Im Verlaufe unserer Kindheit lernen wir dann, Aufmerksamkeit auch willentlich zu steuern. Erst diese bewusste Lenkung von Aufmerksamkeit ist Konzentration. Im Laufe der Jahre entsteht also in unserem Chemieunternehmen ein Zweig mit dem Namen Konzentrationsfähigkeit.
Die Konzentrationsfähigkeit ist bei jedem Menschen unterschiedlich groß:
Ja, Sie haben richtig gelesen. Wenn Sie anatomisches Vorwissen mitbringen, werden Sie jetzt wahrscheinlich sagen, dass Sie von einem Konzentrationsmuskel noch nie etwas gehört haben. Und Sie haben Recht. Dennoch benutzen wir die Vorstellung eines Konzentrationsmuskels, um Ihnen einen wichtigen Aspekt anschaulicher zu machen:
Sonst würde das Lesen dieses Buches überhaupt keinen Sinn machen. Sie hätten am Ende zwar etwas über Konzentration gelernt, würden das Buch aber am Ende resigniert zur Seite legen. Zum Glück haben Wissenschaftler längst bewiesen, dass Konzentrationsfähigkeit und Willensstärke trainierbar sind.
Wenn Sie so möchten, haben Sie sich also mit dem Aufschlagen unseres Buches in einem besonderen Fitnesscenter angemeldet. Ihr Ziel: der Aufbau Ihres Konzentrationsmuskels.
In einem normalen Fitnessstudio trainieren Sie Ihre Rückenmuskulatur, die Beinmuskeln oder den Bizeps. Dafür braucht es Zeit und regelmäßiges Training. Aber am Ende hat es sich gelohnt: Ihr Bizeps ist gewachsen, die Rückenschmerzen haben sich gebessert und die Treppen in die dritte Büroetage meistern Sie mit links.
Unser Fitnessstudio für Ihren Konzentrationsmuskel funktioniert ganz ähnlich, nur dass Sie dort keine Laufbänder oder Geräte finden, sondern Übungen. Besonders effektive Übungen zur leichteren und bewussteren Lenkung der Aufmerksamkeit sind:
Sollten Sie Konzentration eher spielerisch trainieren wollen, empfehlen wir Ihnen Kapitel 19.
Damit Ihr Konzentrationsmuskel gut arbeiten kann, braucht er Motivation. Motivation sorgt dafür, sich einer Aufgabe bewusst zuzuwenden, selbst wenn sie keinen Spaß macht. Wer nicht ausreichend motiviert bei der Sache ist, lässt sich leichter ablenken. Es lohnt sich also, an Ihrer Motivationsfähigkeit zu arbeiten. Daher erlernen Sie in unserem Fitnesscenter auch eine Reihe von Übungen, mit denen Sie Motivation aufbauen und erhalten können (Kapitel 8).
Auch ein trainierter Konzentrationsmuskel muss täglich mit genügend Nährstoffen, Flüssigkeit, Sauerstoff und Schlaf versorgt werden, um leistungsfähig zu sein (Kapitel 11-13).
Sie können Ihren Konzentrationsmuskel noch so gut trainiert haben: Konzentration lässt sich nicht durch andere erzwingen.
Nehmen Sie an, Sie sitzen in einer Fortbildung und träumen vor sich hin, statt wie erwünscht dem Dozenten zu lauschen. Egal, ob die Ursache die zu lange Party gestern Abend oder der langweilig gestaltete Vortrag war: Mit einem Mal wird Ihnen bewusst, dass etwas nicht stimmt. Im Seminarraum herrscht eine unangenehme Stille. Sie heben verwirrt den beinahe auf die Tischplatte gesunkenen Kopf und bemerken, dass der Dozent ausgerechnet Ihnen eine Frage gestellt hat und Sie mit einem überheblichen Grinsen anschaut. Sie fühlen sich ertappt und überlegen krampfhaft, wie Sie aus der peinlichen Situation wieder herauskommen. Doch bevor Sie etwas sagen können, öffnet der Dozent seinen Mund: »Gut geschlafen?« Eine leichte Röte beginnt Ihre Wangen zu überziehen. Sie bleiben stumm, was der Dozent als Zustimmung interpretiert. »Dann haben Sie ja jetzt genügend Energie, um mir für den Rest des Tages besonders gut zuhören zu können.«
Sie sind zwar nun wieder wach, doch trotz der Aufforderung des Dozenten, ihm Ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken, gelingt es Ihnen nicht. Denn die Erkenntnis, erwischt worden zu sein, hat Ihren Körper mit einer gehörigen Portion an Stresshormonen geflutet. Stress aber ist meist schlecht für die Konzentration (Kapitel 4).
Ein Befehl wie »Jetzt konzentrieren Sie sich doch mal!« ist daher eher kontraproduktiv. Obwohl Ihr Gehirn anschließend auf Hochtouren läuft, überwiegen negative Gedanken und Gefühle wie
Ihre Situation hat sich gegenüber der Traumphase trotz Konzentrationsaufforderung nicht gebessert: Der Vortrag läuft immer noch an Ihnen vorbei.
Beim Taschenlampenvergleich sind wir vereinfachend davon ausgegangen, dass Konzentration vorhanden ist oder nicht. Entweder sind Sie im Zustand der offenen Aufmerksamkeit oder im Zustand der fokussierten Aufmerksamkeit. Wenn man allerdings etwas genauer hinschaut, stellt man fest, dass das »Sichkonzentrieren« ein zweiphasiger Vorgang ist.
Zunächst beginnt nach Aufnahme einer Tätigkeit eine Aufwärmphase, die etwa acht Minuten dauert. Während dieser Aufwärmphase baut sich nach und nach eine Art Schutzpanzer auf, an dem kleinere Ablenkungen später einfach abprallen.
Ist die Aufwärmphase abgeschlossen, gelangen Sie in eine Phase vertiefter Konzentration: Ihr Gehirn wird kleine Ablenkungen dann nicht bis ins Bewusstsein durchlassen.
Wie können Sie sich diesen Schutzpanzer vorstellen? Wir vergleichen den Schutzpanzer gerne mit Ohropax® oder einem Kopfhörer. In beiden Fällen nehmen Sie Ihre Umgebung weniger laut wahr und können sich leichter auf eine Tätigkeit konzentrieren.
dringen nicht mehr in Ihr Bewusstsein vor. Ihre Ohren nehmen zwar auch diese Geräusche wahr, jedoch gelangen sie dank des Schutzpanzers nicht mehr bis ins Bewusstsein.
Nur wenn Sie jemand laut genug anspricht, das Telefon klingelt oder etwas Ungewöhnliches passiert, wird der Panzer durchbrochen: Die Stimme erreicht Ihr Bewusstsein, und Sie schauen auf.
Wer über einer Ampelkreuzung mit geöffnetem Fenster schläft, wird nicht jedes Mal aufwachen, wenn ein Auto an der roten Ampel anhält oder wieder abfährt.
Dasselbe gilt für eine Wohnung neben einer viel befahrenen Bahnstrecke. Während Gäste am Morgen nach einer Übernachtung in Ihrer Wohnung darüber klagen, bei jedem vorbeirauschenden ICE wachgeworden zu sein, haben Sie eine erholsame Nacht verbracht. Für Sie sind die vorbeifahrenden Schnell- und Güterzüge längst zur Normalität geworden.
Die Acht-Minuten-Regel besagt, dass Sie in den acht Minuten, in denen sich der Aufmerksamkeitspanzer aufbaut, besonders anfällig für Ablenkungen sind. Bei jeder Ablenkung beginnt die Aufwärmphase von vorne.
Daher ist es in den ersten acht Minuten, nachdem Sie sich einer Aufgabe bewusst zugewandt haben, besonders wichtig, auch kleinere Ablenkungen so weit wie möglich zu vermeiden.
Erhebliche Störungen sollten Sie immer minimieren, da lediglich kleine Ablenkungen am Schutzpanzer abprallen. Ungewohnte oder besonders laute Geräusche sind jederzeit in der Lage, den gerade erst aufgebauten Schutzpanzer zu durchbrechen.
Nach acht Minuten hat sich ein Schutzpanzer aufgebaut, der Sie – zumindest bei interessanten Aufgaben – weitgehend immun gegen kleine Ablenkungen wie Autolärm oder das Lachen am anderen Ende des Großraumbüros macht. Größere Störfaktoren werden Sie jedoch auch in Phase zwei aus Ihrer Konzentration reißen. Einen Feueralarm werden Sie also hören.