Seit 26 Jahren führe ich Kindergruppen durch den Wald. Und ich fand es immer langweilig, nur die Unterschiede zwischen den Baumarten zu erklären. Ist es nicht viel spannender, einmal in verschiedene Zweige hineinzubeißen und die Unterschiede zu schmecken? Oder wie wäre es mit dem Internet des Waldes: Das gibt es tatsächlich, und die Bäume tauschen darüber Nachrichten aus. Sie leben zudem in Familien, helfen sich gegenseitig und können sogar zählen. Das klingt wie im Märchen und ist trotzdem wahr. Der Wald ist spannend und so viel mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen. Das zeige ich Kindern in meiner Waldakademie und jetzt auch dir in diesem Buch.
Bei unseren Streifzügen durch den Wald kommen auch die Tiere nicht zu kurz: Wie wohnt eigentlich ein Wildschwein? Ist es gefährlich, wenn du einen Wolf triffst? Gehen Tierkinder zur Schule?
Weil Selbermachen immer gut ist und Rätselraten Spaß macht, gibt es jede Menge Sachen zum Ausprobieren und spannende Quizfragen. Wir machen auch Ausflüge: zum Beispiel nach Afrika, nach Amerika – und in die Stadt. Dort leben zwischen Straßen und Häusern mehr Tiere und Bäume, als viele Menschen denken. Manche Arten fühlen sich dort besonders wohl, und du kannst auch hier zum Forscher oder zur Forscherin werden.
Das Schreiben dieses Buches hat mir viel Spaß gemacht. Ganz besonders toll fand ich den Tag, an dem wir die Fotos für das Buch gemacht haben. Mit dabei waren: Elias, Jonathan, Nele und Nele, Mia, Finn, Miko, Romy, Sophie und Jan. Sie haben mit mir viele Sachen ausprobiert, und wir haben oft gelacht. Und ich habe gesehen: Selbst wenn das Buch irgendwann ausgelesen ist und du alle Sachen ausprobiert hast, dann wird es im Wald nicht langweilig. Nachdem wir durch Holz geblasen hatten und dabei Seifenblasen herauskamen (ja, das geht!), fand Romy Holz plötzlich spannend. Sie fing an, besondere Stücke für zu Hause zu sammeln.
Im Wald gibt es jeden Tag etwas Neues zu entdecken – auch für mich als Förster. Komm einfach mit und begleite mich durch dieses Buch – und auf dem Weg durch den Wald!
Die Blätter sind sehr wichtig für Bäume, denn mit ihrer Hilfe bereiten sie sich ihr eigenes Essen zu. Wenn sie Hunger haben – und den haben Bäume immer –, dann brauchen sie nur ihre Blätter ins Licht zu halten.
Blätter rühren ein bisschen Wasser und bestimmte Teile aus der Luft zusammen. So erzeugen sie Zucker. Dazu brauchen die Blätter Kraft, und diese Kraft gibt ihnen das Licht. Moment – noch mal zurück: Die Blätter brauchen Luft? Können sie etwa atmen, so wie du? Ja, Blätter atmen ein und aus. Und zwar mit dem Mund. Er sieht so aus, als ob er Lippen hätte, und ähnelt sehr deinem Mund. Die Blätter können ihn auf- und zumachen. Es gibt aber einen großen Unterschied zu dir: Ein Baum hat nicht nur einen Mund, sondern Tausende. Die vielen Münder sind winzig klein und sitzen auf der Unterseite der Blätter. Wenn es sehr trocken und heiß ist, dann schließen die Blätter diese Münder. Beim Atmen verlieren sie nämlich Wasser, genau wie du. Das kannst du bei dir gut sehen, wenn du gegen eine Scheibe hauchst. Die Scheibe beschlägt mit Wasserdampf aus deinem Atem. Wenn du den Mund schließt, kannst du übrigens durch die Nase weiteratmen. Auch der Baum erstickt nicht, wenn er bei Trockenheit seine vielen Münder zumacht. Denn er kann auch über die Rinde und die Wurzeln Luft holen.
Die Lärche wird im Herbst gelb, genau wie ein Laubbaum.
Oben ist das Blatt mit einer Schicht aus Wachs bedeckt. Deswegen glänzen viele Blätter auf der Oberseite. Oben ist ja die Seite, auf die die Sonne scheint. Weil Blätter so dünn sind, können sie schnell austrocknen. Das Wachs dichtet die Blätter so ab, dass nicht viel raus kann – da kann also nichts passieren.
So sehen Baummünder unter dem Mikroskop aus.
Die Blätter sehen bei jeder Baumart anders aus. Manche sind am Rand gezackt wie eine Säge, zum Beispiel die der Hainbuche. Bei anderen Arten sieht der Blattrand wellig aus, zum Beispiel bei Eichen. Ein großer Unterschied besteht zwischen Nadel- und Laubbäumen. Laubbäume haben große, breite Blätter. Bei Nadelbäumen sagt schon der Name, wie die Blätter aussehen: wie spitze, dünne Nadeln. Und bei vielen Arten können die auch ganz schön stechen! So verteidigen sie sich gegen Rehe und Hirsche, damit sie nicht hineinbeißen.
Während Laubbäume ihre Blätter im Winter abwerfen, lassen Nadelbäume ihre Blätter an den Zweigen. Das tun sie, weil es dort, wo sie herkommen, sehr kalt ist. Die Winter sind lang, die Sommer nur ganz kurz. Da ist es besser, immer grün zu bleiben. Denn dann können die Bäume sofort starten, sobald ein warmer Tag kommt. Wenn sie dann erst neue Blätter bilden müssten, wäre der Sommer vorbei, bevor sie den ersten Zucker hergestellt hätten.
Blätter sind sehr empfindlich und mögen es gar nicht gerne so kalt. Die Blätter von Laubbäumen wie Eichen und Buchen würden bei Frost erfrieren. Deshalb werfen sie sie vor dem Winter ab. Fichten und andere Nadelbäume haben Öl in den Blättern – das friert nicht so schnell.
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Es gibt aber einen Nadelbaum, der sich wie ein Laubbaum benimmt: die Lärche. Sie wird im Herbst gelb und wirft alle Nadeln ab. Im Winter denken deshalb viele Leute, dass diese Bäume tot sind. Doch in Wahrheit verschlafen sie nur die kalte Zeit.
Die Buche wird auch »Mutter des Waldes« genannt. Wenn wir Menschen nichts verändert hätten, wären unsere Wälder fast reine Buchenurwälder.
Die Rinde der Buche ist silbergrau und ganz glatt. Zumindest so lange, bis der Baum 200 Jahre alt wird. Das ist die Hälfte seines natürlichen Höchstalters. Ab dann bekommt die Buche Falten. Ob das Lachfalten sind, weiß ich nicht, doch diese Falten sind für viele Tiere wichtig. Zum Beispiel für den Mittelspecht: Er kann sich an der glatten Rinde jüngerer Buchen nicht festhalten und kommt erst dann in den Wald, wenn die Rinde rau ist.
Alle drei bis fünf Jahre blühen Buchen, und dann gibt es Bucheckern. Die Hüllen dieser Samen haben kleine Stacheln und sind innen samtweich. Daraus kannst du lustige Tierchen basteln.
So ein ausgewachsener Baum ist ganz schön schwer. Er kann mehr wiegen als fünf Autos. Damit er unter diesem Gewicht nicht zusammenbricht, muss der Stamm sehr stark sein.
Deswegen besteht der Baum innen aus Holz. Holz ist so etwas wie bei dir die Knochen, man kann auch sagen: Holz ist Baumknochen. Ohne Knochen würde dein Körper schlapp wie eine Gummipuppe sein, und du könntest nicht aufstehen. Das ist beim Baum nicht anders, er braucht das Holz, um aufrecht zu stehen. Weil Holz so fest ist, kann es auch riesengroße Bäume tragen.
Wenn du dir einen abgesägten Baumstamm anschaust, dann siehst du, dass das Holz aus lauter Ringen besteht. Jedes Jahr ist unter der Baumrinde ein neuer Ring gewachsen, sodass der Stamm immer dicker wurde. Wenn du dir diese Ringe anschaust, dann weißt du, wie alt der Baum geworden ist. Zähle die Ringe vom Rand bis zur Mitte. Das ist der innerste Ring, da war der Stamm ein Jahr alt. Beim lebenden Baum kannst du nichts zählen, weil man die Ringe nur am abgesägten Stamm sehen kann.
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Holz, das einmal da ist, kann nicht mehr verschwinden. Alles, was im Stamm ist, kann nicht mehr verändert werden, denn er wächst nur ganz außen zwischen Rinde und Holz. Ein Baum wird also niemals dünner, sondern immer nur dicker. Und das ist gut so. Denn gleichzeitig wird der Baum ja auch immer höher und dadurch immer schwerer. Er muss einen dicken Stamm bekommen, um das ganze Gewicht überhaupt tragen zu können. Das ist so ähnlich wie bei deinem Körper. Deshalb sind Erwachsene auch stärker als Kinder. Das ist bei Bäumen genauso.
Eine große Buche braucht einen dicken Stamm, um das Gewicht der Krone tragen zu können.
Es gibt noch etwas, das bei Bäumen so ähnlich ist wie bei uns: die Adern. In ihnen fließt dein Blut. Bäume haben auch lange Leitungen, in denen etwas fließt. Bei ihnen ist es Wasser, das von den Wurzeln hoch in die Krone gepumpt wird. Die Leitungen sind winzig kleine Röhren. Wenn du dir die Jahresringe bei einem Stück Holz anschaust, dann entdeckst du sie vielleicht. Sie sehen aus wie kleine Löcher.
Wasser fließt aber nur in den äußeren Jahresringen. Deshalb ist der Stamm im Sommer, wenn der Baum ordentlich arbeitet, dort unter der Rinde richtig schön nass. Weiter innen wird das Holz trocken. Hier passiert nichts mehr, und der Baum kann da auch nichts fühlen. Deshalb ist es gar nicht schlimm, wenn das innere Holz irgendwann faul wird. Es können sich große Höhlen bilden, und der Stamm sieht nachher aus wie ein großes Ofenrohr. Stabil bleibt er aber trotzdem.
Eine Frage habe ich aber noch gar nicht beantwortet: Warum brauchen Bäume überhaupt einen Stamm – die Krone könnte doch gleich aus den Wurzeln wachsen? Der Stamm ist notwendig, damit Bäume größer als alle anderen Pflanzen werden können. Sonst wären sie Sträucher. Die haben keinen Stamm. Als größte Pflanzen der Welt brauchen Bäume keine Angst vor anderen Pflanzen zu haben, die sie überwachsen könnten. Außer andere Baumarten natürlich. Wir werden noch sehen, warum es ängstliche Eichen gibt!
Gesundes Holz ist nass, das weißt du schon. Auch wenn die heiße Sommersonne auf den Stamm scheint, trocknet der Baum nicht aus. Denn das Holz ist mit Rinde bedeckt. Sie ist die Haut des Baumes.
Die Rinde schützt den Baum so wie deine Haut dich. Und genauso, wie du blutest, wenn deine Haut verletzt wird, so verliert der Baum Wasser, wenn jemand die Rinde kaputt macht. Deshalb sollte man auch nichts in einen Baum hineinritzen.
Bei jeder Baumart sieht die Rinde ein bisschen anders aus. Buchen haben eine glatte Haut, während Eichen ganz rau und zerfurcht sind. Das hängt aber auch vom Alter ab. Und schon wieder ist das ähnlich wie bei uns Menschen. Du hast eine glatte Haut und noch keine Falten. Ältere Menschen wie Oma und Opa haben viele Falten. Um die Augen herum sind das oft Lachfalten, weil man beim Lachen die Backen hochzieht. Dabei wird die Haut ein wenig zusammengequetscht. Ob Bäume lachen, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bekommen sie beim Älterwerden Falten. Die glatten Buchenstämme werden dann rissig und zerfurcht, aber erst, wenn die Bäume älter als 200 Jahre sind. Bei Eichen passiert das viel früher. Sie bekommen schon im Alter von 20 Jahren tiefe Runzeln.
So sieht ein Baumpickel aus. Unter der Rinde wuchs an der Stelle mal ein Ast.
Solche Falten in der Rinde entstehen, weil Bäume jedes Jahr ein bisschen dicker werden. Wenn die Rinde nicht mitwachsen würde, dann würde sie platzen wie ein Hemd, das zu klein ist. Damit das nicht passiert, wächst sie immer schön passend zu den Jahresringen mit. Die alte Rinde ganz außen ist aber schon tot – sie kann nicht mitwachsen. Deswegen reißt sie auf. So bilden sich die Falten bei einem Baum.
Jede Haut verliert Schuppen – deine auch. Viele tausend kleine Hautstückchen fallen jeden Tag von deinen Armen, von Beinen, Kopf und Bauch herunter, weil deine Haut immer nachwächst. Bei den Bäumen ist das nicht anders. Manche Arten verlieren besonders viele Rindenstückchen. Dann sieht der Stamm ganz glatt aus, weil nur noch frische Rinde übrig bleibt. Solche Arten sind Buchen und Fichten. Bei der Eiche und der Kiefer blättert viel weniger alte Rinde ab, sodass die alte Schicht am Stamm ziemlich dick ist. Und weil die zu eng wird, platzt sie auf und zeigt tiefe Furchen. Die Falten hängen also nicht nur vom Alter ab, sondern auch von der Baumart.
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Auf der Rinde bilden sich im Laufe des Baumlebens Narben. Sie erzählen davon, was der Baum erlebt hat. Die häufigste Narbenart ist diejenige, die von früheren Ästen stammt. Ein toter Ast fällt irgendwann ab, und der Baum verschließt das Loch am Stamm mit neuem Holz und neuer Rinde wieder. Dabei bildet sich auf der Rinde eine ovale Narbe. Sie sieht aus wie ein Pickel am Stamm. Ihre Höhe sagt dir, wie dick der alte Ast war: halb so dick wie die Narbenhöhe.
Manche Buchen sind voller Narben, in denen etwas Weißes sitzt. Es sieht aus wie Schimmel. In Wahrheit sind das kleine Läuse mit Wolle auf dem Körper, so wie winzige Schafe. Sie saugen Saft aus dem Baum. Dabei wird die Rinde an dieser Stelle verletzt, und sie sieht nicht mehr so schön glatt aus.
Ein Baum ist ein Stamm mit Ästen und Zweigen daran. An den Zweigen wachsen Blätter oder Nadeln. Doch etwas ganz Wichtiges fehlt bei dieser Beschreibung: die Wurzeln. Sie sind das erste, was beim Baum wächst.
Sobald ein Samen keimt, wächst eine kleine Spitze in den Boden. Hier tastet sie sich vorwärts und sucht die besten Stellen zum Wachsen. Am besten gefällt Wurzeln weiche, lockere Erde, die feucht ist. Sie breiten sich aus und verzweigen sich. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist Trinken. Dazu bilden sich rings um die Wurzeln kleine Haare, mit denen sie Wasser aufsaugen können. Doch an heißen Tagen reicht das nicht. Dann braucht der Baum mehr Wasser, als die Wurzeln herbeischaffen können. Jetzt helfen ihnen Pilze. Sie sprießen wie Watte um die Wurzelspitzen herum. Weil Watte Wasser so gut aufsaugt, geht es jetzt zusammen viel besser. Die Pilze wachsen in die Wurzeln hinein, um sich mit ihnen richtig fest zu verbinden. Das tut nicht weh. Es ist sogar besonders schön für den Baum, weil er merkt, dass ihm der Pilz auch beim Wachsen hilft. Der Pilz kann den Wurzeln den besten Weg durch den Boden zeigen.
Bei diesem umgekippten Baum siehst du die feinen Wurzeln. Sie wachsen in die Tiefe, wo das Wasser ist.
Wenn ein Baum älter wird, wird nicht nur der Stamm dicker, sondern auch die Wurzeln. Sie sind dann nicht mehr zart und weich, sondern hart wie Äste. Das müssen sie auch sein, denn nun halten sie einen schweren Baumstamm und eine große Krone fest. Solange kein Wind weht, ist das nicht allzu schwierig. Dann steht der Baum auf den Wurzeln wie du auf deinen Füßen. Das ist ganz einfach, solange der Stamm schön gerade wächst. Manche Bäume stehen aber ziemlich schief. Und weil sie so schwer sind – so schwer wie ein Elefant –, können sie leicht umkippen. Deshalb werden die Wurzeln bei einem schiefen Baum nahe am Stamm schneller dick, sodass sie ihn stützen. Das ist so, als würdest du ein Bein nach hinten stellen, um stabiler zu stehen. Beim Baum sieht das so ähnlich aus.
Die meisten Bäume mögen keine nassen Füße. Die Wurzeln müssen atmen, genau wie du. Wenn im Boden zu viel Wasser ist, dann wachsen sie sehr flach und schauen sogar heraus. So bekommen sie besser Luft. Leider können sie den Baum dann nicht so gut festhalten, weil sie nicht tief in der Erde stecken. Solche »Flachwurzler« kippen deshalb bei einem Sturm leicht um.
Immer wenn ein Sturm aufkommt, dann zerrt er ganz heftig am Baum. So stark, als würden fünfzig Autos an ihm ziehen. Das kann er nur mit besonderen Wurzeln überstehen. Sie halten ihn fest wie dicke Seile. Das ist so ähnlich wie bei einem Zelt, das mit Schnüren festgehalten wird. Nur dass die Wurzeln viel, viel mehr aushalten.
In den Wurzeln kann ein Baum auch einen Teil seiner Wintervorräte speichern. Das ist vor allem Zucker, den er im nächsten Frühjahr braucht, um neue Blätter wachsen zu lassen.
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An manchen Baumstümpfen von gefällten Bäumen siehst du, wie wichtig die Wurzeln sind – sie sind sogar der wichtigste Teil des Baums. Denn oft treibt aus dem Stumpf ein neuer Stamm aus und kann dann wieder zu einem richtigen Baum werden. Das ist dann eigentlich der alte Baum, bloß mit einem neuen Oberteil.
Auch wenn Wurzeln sehr stark sein können – empfindlich sind sie auch. Was sie gar nicht mögen, ist, wenn jemand auf ihnen herumtritt oder gar ein Fahrzeug darüberfährt. Dann werden sie gequetscht und vielleicht verletzt. In der Wunde breiten sich Krankheiten aus, die bis in den Stamm wandern. Dann stirbt der Baum, bevor er richtig alt ist.
Die meisten Bäume leben gerne in Familien. Und zu jeder Familie gehören – na klar – Kinder! Also strengen sich die erwachsenen Bäume mächtig an, um Babys zu bekommen. Das kann man besonders gut sehen, wenn sie blühen.
Im Frühling staubt es unter den Bäumen, und auf deinen Schuhen ist schnell eine grün-gelbliche Schicht. Das sind die männlichen Pollen. So heißen die winzigen Kügelchen, die auf einer weiblichen Blüte landen möchten. Bäume sind nicht wirklich zielsicher, denn die Pollen werden mit dem Wind transportiert. Wenn sie auf eine weibliche Blüte treffen, ist das Zufall. Der Baum muss unzählige Pollen produzieren, damit ein paar an ihr Ziel gelangen.
Die weiblichen Blüten sitzen bei den meisten Baumarten am selben Baum wie die männlichen, sie wohnen also im selben »Haus«. Deshalb nennt man solche Bäume einhäusig. Bei anderen Arten wie etwa der Salweide gibt es männliche und weibliche Bäume, das ist aber die Ausnahme.
Kiefernblüten stoßen so viel Pollen aus, dass es gewaltig staubt.
Wenn die Bestäubung der weiblichen Blüte mit dem Pollen geklappt hat, entwickeln sich am Baum Samen. Im Herbst sind die Samen von Buchen und Eichen reif und fallen auf den Boden. Dann warten schon viele Tiere auf die Leckerbissen. Vor allem Wildschweine freuen sich über die Bucheckern und Eicheln, weil darin viel Fett und Öl enthalten sind. Damit können sich die Schweine eine dicke Speckschicht anfressen. So tragen sie ihren Wintervorrat unter der Haut, und es ist nicht schlimm, wenn sie mal ein paar Tage nichts zu fressen finden.
Große Samen ohne Flügel oder Flaum zeigen, dass sie am liebsten unter ihren Mutterbaum fallen. Hier sind es Bucheckern, Buchen bleiben eben gerne in der Familie.
Kleinere Samen mit Propeller oder Haaren wie hier die von Weiden fliegen weit vom Mutterbaum weg. Den Baumkindern dieser Arten macht es nichts aus, ohne Familie zu leben.
Bucheckern
Weidensamen
Die Baumeltern mögen das alles gar nicht gern, denn schließlich sollen aus den Samen eigentlich ihre Kinder wachsen. Deswegen verabreden sich zum Beispiel Buchen, wann sie blühen. In manchen Jahren tragen die Zweige keine Samen, und viele Wildschweine verhungern im Winter. Alle drei bis fünf Jahre jedoch blühen alle Buchen gleichzeitig, was das Zeug hält. Dann gibt es viele Bucheckern auf einmal, so viele, dass die übrig gebliebenen Wildschweine gar nicht alle auffressen können. Wie die Bäume sich über Hunderte von Kilometern hinweg verabreden, weiß man noch nicht. Dieses »Weiß man nicht« wird dir in diesem Buch noch öfter begegnen. Im Wald gibt es eben noch sehr viel zu entdecken.
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