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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Playlist

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von April Dawson bei LYX

Impressum

APRIL DAWSON

NEXT
TO
YOU

Roman

Zu diesem Buch

Als Plus-Size-Model hat Addison Grant früh gelernt, sich nichts gefallen zu lassen und immer zu sagen, was sie denkt. Das bekommt vor allem ihr Nachbar Drake O’Hara zu spüren. Seine arrogante Art und sein aufgeblasenes Ego sind Addison zuwider, und bei jeder Begegnung fliegen heftig die Fetzen. (Dass Addsion Drake jeden Dienstag heimlich von ihrem Balkon aus beim Trainieren beobachtet, muss er ja nicht erfahren.) Doch sie ahnt nicht, dass es gerade ihre direkte Art ist, die Drakes Aufmerksamkeit weckt. Und als er ihr einen Job als seine persönliche Assistentin anbietet, ist Addy das erste Mal in ihrem Leben sprachlos. Denn trotz ihrer Wortgefechte knistert es gewaltig zwischen ihr und dem ehrgeizigen CEO. Je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto schwerer fällt es ihr, seinem Charme zu widerstehen. Dabei hat die Vergangenheit sie gelehrt, dass sie Männern wie Drake einfach nicht vertrauen kann. Aber als Addison bei einer Firmenveranstaltung von einem Fremden bedrängt wird und Drake dazwischengeht, kommt es zu einem Kuss, der alles verändert …

Für Nina Frost.

Weil ohne dich dieses Buch nicht das wäre, was es ist.

Playlist

5 Seconds of Summer feat. Julia Michaels – Lie to me

Ariana Grande – Bad Idea

Lily Allen – Fuck you

Liam Payne – Bedroom Floor

Anna Clendening – Boys like you

Alex Benjamin – Outrunning Karma

Julia Michaels – Hurt again

Dean Lewis – Stay awake

Miley Cyrus – Malibu

Maren Morris – Kingdom of One

Billie Eilish – Bad Guy

Ed Sheeran feat. Justin Bieber – I don’t care

Why don’t we – Big Plans

Sam Smith – Fire on Fire

Panic! At the Disco – Collar Full

Shawn Mendes fest. Camila Cabello – Señorita

Ariana Grande – Into you

Sam Smith – How do you Sleep?

Dean Lewis – Waves

Kapitel 1

ADDISON

Mood Song: Zayn – Talk to me

»Was fällt dir eigentlich ein? Du kannst doch nicht am helllichten Tag gegen meine Tür hämmern und einen Aufstand im Flur machen!«, keife ich aufgebracht, als ich die Tür aufreiße und Drake O’Hara in seiner Herrlichkeit vor mir steht. Verschwitzt, oben ohne und mit den blausten Augen unter Gottes Erde steht er da, die Arme auf dem Türrahmen abgestützt, und sieht mich mit diesem einen Blick an, der mir eine Gänsehaut beschert. Dieser Typ macht mich echt fertig!

»Du bist schuld, dass ich mein Workout beenden musste, also kann ich wenigstens einen starken Kaffee deinerseits erwarten.« Der Typ hat vielleicht Nerven! Das stimmt zwar, dass er uns beim Stalken erwischt hat, aber er hätte nicht rüberkommen müssen. Er wird allerhand Fragen haben, weil wir ihn jeden Dienstag beim Workout beobachten und er der Star unseres Hottie-Dienstags ist. Aber so weit soll es noch kommen, dass ich zugebe, dass er mich schwach macht.

»Du kannst einen Arschtritt erwarten. Den gibt’s heute gratis inklusive Rausschmiss.« Ich will meinem Nachbarn schon die Tür vor der Nase zuknallen, doch er ist gewitzt, hat es kommen sehen und macht einen großen Schritt in unsere Wohnung, bevor sie sich schließt. »Rede ich etwa Chinesisch, oder was?«, knurre ich zähneknirschend. Mache aber ein paar Schritte weg von ihm, weil … na ja. Ich habe immer schon eine Schwäche für verschwitzte Männer gehabt, und Drake perlt gerade ein Schweißtropfen von den festen Bauchmuskeln genau in die verbotene Region.

»Ich habe dich schon verstanden. Du lädst mich zu Kaffee und Kuchen ein, damit wir darüber fachsimpeln können, wie heiß ich aussehe, wenn ich trainiere.« Grace, diese miese Verräterin, prustet los, doch ein vernichtender Blick meinerseits lässt sie verstummen und mit Tae das Weite suchen. Die Glücklichen! Mir fällt es hier schwerer, mich aus der Affäre zu ziehen. »Mich wundert es ja, wie du überhaupt durch die Tür kommen konntest, bei deinem aufgeblasenen Ego.« Ich gehe zur Küche, räume den Geschirrspüler ein, weil ich irgendetwas tun muss, um nicht auf seinen Oberkörper zu starren. Mit dem Rücken zu ihm zu stehen macht es mir leichter, meinen rasanten Puls zu beruhigen. Wenn er wüsste, dass er sehr wohl meine Libido zum Kochen bringt, würde ihm das noch mehr Munition liefern, und das will ich unbedingt vermeiden.

»Ganz einfach, also …«

»Drake! Warum genau bist du noch mal da?« Ich lasse den Teller klirrend wieder in den Geschirrkorb fallen und drehe mich energisch um. Diesmal bringe ich ihn ausnahmsweise zum Verstummen, aber nur, weil ich mich umgedreht habe und mit einem Brotmesser auf ihn zeige. »Whoa! Immer langsam, Addison. Du machst mir ja Angst«, scherzt er, was mich die Augen verdrehen lässt. Ich sehe ein, dass es hoffnungslos ist, mit ihm zu diskutieren, und räume weiter ein, diesmal vielleicht etwas energischer, sodass ich ihn fast nicht verstehe, als er sagt: »Ich wollte einfach nur wissen, ob euch der Workout-Dienstag auch gefällt? Immerhin beobachtet ihr mich jede Woche dabei.« Ich halte in der Bewegung inne, nur um eine Sekunde später wieder weiterzumachen. Aber Drake hat leider schon gemerkt, dass er uns eiskalt erwischt hat.

»Versteh mich nicht falsch. Ich mag es, angehimmelt zu werden, ziehe auch immer eine Show für euch ab, die übrigens oscarverdächtig ist, aber dass gerade du den Anblick genießt, überrascht mich doch etwas, weil du mich ja anscheinend nicht ausstehen kannst.«

»Okay.« Ich knalle das Messer auf den Küchentresen und recke das Kinn. »Ich gebe ja zu, dass wir dich beobachtet haben, aber keine Sorge, das heute ist das letzte Mal gewesen.«

»Das beantwortet nicht meine Frage, Prinzessin.« Ich hasse es, wenn er mich so nennt, ich bin kein Girlie, das auf solche Kosenamen steht. Zu meinem Entsetzen setzt sich Drake in Bewegung und kommt auf mich zu. Ich schnappe mir einen Löffel und drohe ihm damit, was völlig bescheuert aussieht und definitiv seine Wirkung verfehlt. Wieso zum Teufel verhalte ich mich in Gegenwart dieses Mannes immer wie ein hoffnungsloser Teenager? Und wieso drohe ich ihm heute mit Besteck? Bei mir läuft definitiv etwas verkehrt.

»Wieso hasst du mich?«, fragt er nun, doch mein Blick klebt an den feinen Härchen, die unter dem Bauchnabel anfangen und immer weiter nach unten führen. Ich reiße mich von diesem Anblick los und sehe ihm ins Gesicht. Ich schlucke, als ich merke, dass er diesmal nicht lächelt, es ist reine Neugier, die ich in seinem Gesicht herauslese. Ich könnte jetzt die Wahrheit sagen, dass ich ihn attraktiv finde und ihn gerne kennenlernen würde. Aber Angst habe, dass ich mich in ihn verknallen könnte, je mehr Zeit wir miteinander verbringen, aber das tue ich selbstverständlich nicht. »Ich hasse dich nicht«, seufze ich und lege den Löffel beiseite, versuche von ihm Abstand zu gewinnen, aber hinter mir ist die Küchenzeile und weiter komme ich nicht. Dass ich ihn nicht verabscheue, das ist nicht gelogen. »Ich mag nur deine arrogante Art nicht.« Das ist eine fette Lüge, aber die erzähle ich aus reinem Selbstschutz. Ich mag selbstbewusste Männer, liebe es, wenn sie sagen, was sie denken, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, doch bei Drake ist das anders. Ich bin ihm vor Jahren schon einmal begegnet, und er hat sich nicht gerade beliebt bei mir gemacht. Nur dass unser Drakiboy sich nicht mehr daran erinnern kann.

»Dann muss ich mich wohl mehr anstrengen und den Gentleman mimen«, scherzt er halbherzig und kommt mir noch näher. Meine Hände beginnen zu zittern, und von meinem Herzen möchte ich gar nicht erst anfangen. Dieses scheint mir bis zum Hals zu klopfen. Ich lege meine Hände hinter mich, wo ich mich an der Arbeitsplatte festkralle.

»Du brauchst gar nichts zu tun. Oder warte, du kannst dich vom Acker machen. Na, wie wäre das?«, zische ich, weil ich nicht weiß, wie ich mich sonst verhalten soll. Wäre er jemand anderer, würde ich schon meine Lippen auf seine pressen und ihn in mein Zimmer zerren, aber das ist nicht drin. Weil zwischen Drake und mir niemals etwas passieren wird. Nicht passieren darf. Er ist wie ein herrlich saftiger Schokomuffin, während du aber auf Diät bist und nicht naschen darfst. Gucken erlaubt, aber nicht lecken. So, jetzt habe ich Lust auf Schokolade. Großartig! Wirklich großartig.

»Ich werde nicht eher gehen, bevor du mir sagst, wieso du so defensiv auf mich reagierst, wenn dein Körper doch das Gegenteil behauptet.«

»Geh einfach. Bitte.« Ich könnte die Mädels bitten, mir zu helfen und Drake vor die Tür setzen, aber beide haben das Weite gesucht, und da ist dieses Gefühl, diese Sicherheit, die ich spüre, wenn er bei mir ist. Drake würde mir nie etwas tun. Zumindest körperlich. Ein Herz brechen, darin könnte er vielleicht Erfahrung haben.

»Du enttäuschst mich, Prinzessin. Normalerweise gibst du nicht so leicht auf.«

»Ich hatte einfach einen turbulenten Vormittag, also …« Ich deute mit dem Kopf zur Tür und Drake folgt meinem Blick. Doch er bewegt sich nicht vom Fleck, ist mir noch immer zu nah. »Was ist das?«, fragt er schließlich, nimmt eine Haarsträhne von mir zwischen die Finger und streicht darüber, den Blick fest auf mich gerichtet.

»Was?«, frage ich eine Spur zu atemlos und sauge unbeabsichtigt seinen Geruch tief ein.

»Das zwischen uns? Dieses Feuer, das ich im Bauch spüre.« Ich kenne diese Stimmlage und dieses bestimmte Blinzeln von früheren Partnern, er ist kurz davor mich zu küssen. Doch das wird niemals wieder passieren. Er hat mich schon zu Silvester überrumpelt und um Mitternacht geküsst. Ob er das nun getan hat, um mich zum Schweigen zu bringen, weil wir uns damals auch gestritten haben, oder weil er mich wollte, weiß ich nicht. Aber es bringt nichts, sich solche Fragen zu stellen, denn das ist eine einmalige Sache gewesen, auch wenn ich noch immer von seinen Lippen träume. Das Kribbeln noch immer auf meinem Mund spüre, wenn ich an diesen Moment zurückdenke.

»Ich schätze, das nennt man Sodbrennen. Google mal, was man dagegen tun kann. Also wenn du mich entschuldigst, ich muss noch kochen.« Er hebt überrascht die Brauen. Ob es an meinem Kommentar oder an der Tatsache liegt, dass ich kochen kann, weiß ich nicht. Zu meinem Glück nickt er einmal, zwinkert mir zu und wendet sich zum Gehen. Sein Rücken ist ein wunderschönes Spiel aus sich an- und entspannenden Muskeln und besser als jeder Kinofilm. Und dieser Hintern. Ohne dass es mir bewusst ist, seufze ich und beiße mir sofort wieder auf die Lippen. Drake geht weiter, doch bevor er die Tür hinter sich schließt, dreht er sich in meine Richtung um.

»Wir sehen uns, Prinzessin. Früher als du glaubst.« Als er endlich gegangen ist, habe ich das Gefühl, dass meine Knie Pudding sind und muss mich erneut am Küchentresen abstützen. Verdammte Scheiße, dieser Typ ist heißer, als ich es ertragen kann. Ich brauche Ablenkung. Einen knackigen Arsch, der es mir so richtig besorgt und mir Drake O’Hara aus dem Kopf küsst.

Nachdem ich einen Eintopf gekocht, Musik gehört und nach neuen Urlaubszielen gegoogelt habe, gehe ich in mein Zimmer, suche mir frische Sportsachen raus und lege sie in meine Sporttasche. Auch wenn ich es versuche zu vermeiden, blicke ich aus dem Balkonterrassenfenster zu Drakes Wohnung, nur um sofort darüber den Kopf zu schütteln. Was ist nur los mit mir? Er ist nur ein Kerl! Die gibt’s wie Sand am Meer! Verärgert über mich selbst schnappe ich meine Tasche und fahre in mein Fitnessstudio zwei Blocks weiter. Grace arbeitet heute länger, hat einen neue Auftrag an Land gezogen und darf einen Garten auf der Dachterrasse eines Prominenten anlegen. Mein Bruder ist bei der Arbeit, während seine Freundin Taylor im Café die Straße runter an ihrem neuen Blogeintrag arbeitet. Eine willkommene Abwechslung, denn sonst knutschen die zwei bei jeder Gelegenheit rum.

Die beiden sind so eklig verliebt, dass ich Ausschlag davon bekomme. Von Paaren bekomme ich grundsätzlich Pickel, und so entsetzlich süß die beiden sind, brauche ich täglich meine Auszeit von ihnen. Noch ein weiterer Grund für mich, das Weite zu suchen. Immerhin grenzt Taes Zimmer direkt an meins, und ich möchte definitiv nie wieder die Sexgeräusche meines Bruders vernehmen.

Meine Freundin Brooke und ich trainieren gemeinsam jeden zweiten Tag. Sie, Daniel, Grace und meine Freundin bei der Agentur Tamara sind die Einzigen, die wissen, womit ich neben meinem schlecht bezahlten Job beim Sportmagazin meine Brötchen verdiene. Meine Familie und Freunde denken, dass ich nur freiberuflich für ein Sportmagazin arbeite, mal Artikel schreibe, mal im Marketing aushelfe und so weiter. Aber das stimmt nicht ganz. »Da ist ja meine Göttin!«, schreit Brooke, als sie mich vor dem Gebäude entdeckt. Die Leute drehen sich nach uns um, und in siebzig Prozent der Fälle verurteilen mich die Menschen, sobald sie mich sehen. Sie sehen nur meine üppigen Kurven, die schnell als Übergewicht abgetan werden, für mich aber nicht mehr wegzudenken sind, weil ich stolz auf sie bin.

»Sag einfach Eure Majestät«, lache ich, weil ich einen Scheiß auf diese Blicke gebe. I’m curvy and I like it. Ich schwinge die Hüften und schlinge die Arme um meine Stylistin und Freundin.

»Ist klar. Du siehst wie immer gut aus.«

»Ach Quatsch. Ohne deine magischen Hände sehe ich nur gewöhnlich aus.«

»Ach, halt die Klappe und schwing deinen sexy Arsch ins Studio.« Lachend tue ich, was sie sagt und betrete mein zweites Zuhause. Darren am Empfang, ein attraktiver Kerl mit Glatze, der nur aus Muskeln besteht, begrüßt uns freundlich.

»Heute ist nicht viel los, also könnt ihr euch auspowern, Ladys.« Er lächelt mich an, doch sobald er sich meiner Freundin zuwendet, ist da ein Funkeln in seinen Augen.

»Das klingt ja himmlisch. Danke, Darren«, sagt Brooke freundlich und geht weiter in Richtung Umkleideräume. Ich nicke ihm zu, greife nach dem Arm meiner Freundin und ziehe sie in die Kabine.

»Was soll die Eile? Du kannst es wohl kaum erwarten, dass ich dich ausboote, oder?«, lacht Brooke.

»Nein«, sage ich ehrlich und gehe zu meinem Spind. »Du weißt schon, dass Darren total auf dich steht, oder?«, frage ich geradeaus, weil ich das immer tue.

»Was? Quatsch. Er ist nur freundlich.«

»Glaub mir, in seinen Augen bist du eine Heilige, und er ist bereit, dein Sklave zu sein.«

»Hör doch auf. Du weißt ganz genau, dass ich mit Clive zusammen bin.« Ich nicke und lächle, aber innerlich verdrehe ich die Augen, weil dieser Mann ein Vollidiot ist, nur dass Brooke es nicht sehen will. Er baggert alles an, was ihm über den Weg läuft, aber sie glaubt felsenfest an seine Treue.

»Ich wollt dich nur warnen. Falls er dich um ein Date bittet, bring es ihm schonend bei.« Darren ist einer von den Guten, so wie mein Bruder. Heiratsmaterial der besten Sorte. Er würde den Boden anbeten, auf dem Brooke wandelt, aber wir Frauen stehen meist auf die Bad Boys und schieben die Good Guys in die Friendszone.

»Hey! Ich bin nicht die Femme fatale, der die Kerle reihenweise nachsabbern«, scherzt sie und zieht sich um. Ich tue es ihr gleich und ziehe meine Sportsachen an.

»Nur weil ich wieder Single bin und meinen Ex durch wilde Partys vergessen möchte, werde ich gleich abgestempelt.« Ich tue beleidigt, aber wir beide wissen, dass ich nicht sauer bin. Im Gegenteil. Ich bin stolz darauf, jemand zu sein, der sich in einer Menschenmenge wohlfühlt und auf Partys gerne gesehen ist.

»Und ob. Am Freitag ist das nächste Shooting, und da werde ich dich zu einer sinnlichen Göttin machen.«

»Wenn das eine schafft, dann du.«

»Für mein Lieblingsmodell doch immer. Immerhin bist du ein Topmodel, Baby.« Ich stemme die Hände in die Hüften. »So, jetzt genug über mich gequatscht. Lass uns etwas für unsere Körper tun.«

Gesagt, getan. Nach zwanzig Minuten Cardio und Crunches powere ich mich an der Beinpresse aus, um meinen Po straff zu halten. Danach lege ich beim Bauchtrainer los, dabei höre ich Linkin Park, und je mehr Chester sich die Seele aus dem Leib schreit, desto härter lege ich mich ins Zeug. Heute trainiere ich nur den Po und den Bauch, aber auch das ist genug und zerrt an meinen Kräften. Nach dem Workout schleppe ich mich in die Garderobe, um mir den Schweiß vom Körper zu waschen. Nach einer Dusche fühle ich mich ausgepowert, aber auf eine gute Art und Weise. Da Brooke etwas länger braucht, setze ich mich in den Empfangsbereich und checke mein Smartphone. Grace bedankt sich für das leckere Essen. Taylor will wissen, ob ich es am Freitag nach der Arbeit auch pünktlich in den Pub schaffe, wo wir gemeinsam mit Freunden jede Woche ausklingen lassen.

Ich antworte, dass ich mein Möglichstes versuchen werde, aber da ich an diesem Tag zwei Shootings habe, bin ich mir nicht sicher, ob ich es zeitlich schaffe. Ich kaue auf meiner Lippe herum, weil sich ein schlechtes Gewissen in mir ausbreitet. Ich habe meine Eltern, Taylor und die Jungs nicht darüber ins Bild gesetzt, dass ich mich für Magazine fotografieren lasse und auf Laufstegen zu finden bin. Ein kleiner Teil von mir ist sich nicht sicher, ob sie es gut aufnehmen würden. Ich bin stolz darauf, professionell zu modeln, aber es ist etwas, was ich als Hobby betrachte, und ich möchte ganz sicher sein, wohin mich dieser Zweitjob bringt, ehe ich es den anderen erzähle.

Kapitel 2

ADDISON

Mood Song: Pink – F**kin’ Perfect

Ich liebe meine WG. Unsere Wohnung, meine Mitbewohner und Freunde. Wenn sie nicht wären, wäre ich ziemlich arm dran, denn sie fordern, ergänzen und lieben mich, wie ich bin. Das ist es, was ich an ihnen am meisten zu schätzen weiß, dass wir, obwohl jeder von uns grundverschieden ist, uns gut verstehen und uns nicht verurteilen. Luke hat lange Bedenken gehabt, ob er sich outen soll, hat Angst gehabt, dass wir ihn ausgrenzen würden, wobei aber das Gegenteil der Fall war. Dass er uns alles anvertraut hat, hat uns noch mehr zusammengeschweißt.

Ohne den Halt meiner Freunde wäre der Liebeskummer nach der Trennung von Vaughn unerträglich gewesen. Mit ihrer Hilfe ist es mir leichter gefallen, das Ende der Beziehung zu verarbeiten. Die Liebe zwischen Daniel und Taylor hat mir vor Augen geführt, dass zwischen Vaughn und mir die Zuneigung und das Feuer lange erloschen sind. Das hat es einfacher für mich gemacht, einen neuen Lebensabschnitt zu starten.

Zwei Tage sind nun vergangen seit dem Hottie-Dienstag-Fiasko, meinem letzten Zusammentreffen mit Drake und dem Herzrasen, das er mir allein durch seine Anwesenheit verschafft hat. Ich habe es schon länger aufgegeben, darüber nachzugrübeln, wieso ich so heftig auf ihn reagiere, sobald ich ihn sehe. Zuerst habe ich gedacht, dass es nur eine Schwärmerei ist, etwas, das schnell wieder vorbeigeht. Aber dieser Hottie-Dienstag geht schon über Monate, und ich habe jedes Mal die wildesten Fantasien von Drake und mir gehabt, wenn ich ihn beobachtet habe.

Die einzige logische Schlussfolgerung wird sein, ihm in Zukunft aus dem Weg zu gehen, und mit der Zeit wird diese Lust, die ich empfinde, hoffentlich wieder vergehen. Also schwinge ich die Beine aus dem Bett und schlurfe zum Kleiderschrank, um mir Yogahose und Sporttop anzuziehen. Erst dann öffne ich die elektrischen Rollläden und starre auf den wolkenlosen Himmel. Auch heute wird es ein heißer, schwüler Sommertag werden, aber da es früh am Morgen meistens schön frisch ist, öffne ich die Balkontür und lüfte mein Zimmer.

Dann gehe ich ins Wohnzimmer, schnappe mir meine Yogamatte und starte meine Session. In meinem Kopf herrscht meistens Chaos, zu viele Gefühle und Gedanken, einige davon verlassen meinen Mund, manche davon halte ich im Verborgenen. Wenn ich aber meditiere und meine Yogaübungen mache, dann ist es still um mich herum, meine Gedanken wandern zwar öfter hin und her, aber im Großen und Ganzen bin ich in Ruhe eingehüllt. Mein Tag ist meistens voller Energie, Tatendrang oder Vorbereitungen, sodass der Morgen mein Ruhepol ist.

Normalerweise wacht Grace nach mir auf, mein Bruder kommt kurz nach ihr runter und als Schlusslicht Taylor, aber heute ist es ausnahmsweise Tae, die gähnend den Raum betritt. »Morgen«, murmelt sie mehr schlafend als wach. Ihre brünetten Haare sind zerzaust, und sie kann kaum die Augen offen halten.

»Also an dir ist auf alle Fälle ein Dornröschen verloren gegangen«, kichere ich und streiche mir eine Strähne von meiner schweißnassen Stirn.

»Die hätte sich noch etwas von mir abschauen können«, murmelt sie und startet die Kaffeemaschine.

»Wieso bist du überhaupt so früh aufgestanden? Du bist doch eine Langschläferin.«

»Ich habe heute ein Gespräch mit einem Modelabel. Sie wünschen ein persönliches Kennenlernen, und da werden wir über eine mögliche Kooperation sprechen.«

»Das klingt nach Spaß.«

»Natürlich ist es aufregend, aber auch schwierig.«

»Wie meinst du das?«, frage ich, als ich meine Matte zusammenrolle und wieder in der Schublade verstaue.

»Ich kann mich nicht Hals über Kopf für ein Label entscheiden. Da gibt es viele Dinge, die ich beachten muss.«

»Wieso denn nicht? Ich dachte, dass du ausflippst, wenn eine mögliche Zusammenarbeit mit einem Label im Raum steht.« Sie holt zwei Tassen aus dem Küchenschrank und stellt eine davon unter unsere Kaffeemaschine.

»Ich möchte das Ganze zuerst unter die Lupe nehmen, ehe ich Werbung für sie mache. Wäre doch schlimm, wenn ich zusage und dann rauskommt, dass sie echten Pelz verwenden oder ihre Arbeiter ausnehmen. Ich vertraue da auf mein Bauchgefühl.«

»Das klingt vernünftig. Manche würden da nicht zweimal überlegen und gleich zusagen.«

»Das kann aber auch nach hinten losgehen, deshalb warte ich das heutige Gespräch ab. Wie es sich so entwickelt.«

»Und was, wenn sie miesen Kaffee haben? Wie stehen die Chancen«? Taylor macht ein erschrockenes Gesicht, doch ihre Mundwinkel zucken.

»Dann wird das nichts mit der Kooperation. Da muss schon eine richtige Crema her«, scherzt sie, ehe sie mir eine Tasse voll herrlich duftenden Kaffees reicht und sich ebenfalls eine Tasse füllt. Wir setzen uns an den Frühstückstisch und genießen die Ruhe in der sonst eher lauten WG. Es herrscht ein angenehmes Schweigen, das wir beide brauchen, um in die Gänge zu kommen. Erst als Grace ein paar Minuten später in die Küche kommt und den Wasserkocher befüllt, entfaltet der Kaffee seine Wirkung, und ich fühle mich energiegeladen.

»Was ist denn mit euch los?«, fragt sie mit hochgezogenen Brauen, ehe sie sich für ihren Tee eine Kanne mit Wasser füllt.

»Müde. Unmotiviert. Wollen wieder ins Bett«, murmelt Tae und nimmt noch einen Schluck.

»Leute. Aufwachen! Es ist fast Wochenende. Morgen werden wir ausgehen und Spaß haben.« Ihre Motivation ist beneidenswert. Ich brauche noch eine Weile.

»Ja, aber vorher müssen wir den Donnerstag noch überleben.« Grace schüttelt bei Taes Worten den Kopf.

»So dramatisch kenne ich euch zwei gar nicht.«

»Ich denke, ich habe einfach nicht viel Schlaf bekommen«, meint die Freundin meines Bruders, ehe sie in ihre Tasse grinst.

»Wenn du jetzt sagst, dass du deshalb nicht schlafen konntest, weil es dir mein Bruder besorgt hat, werde ich dir wehtun.«

»Brauche ich gar nicht. Denn das hast du ja schon«, kichert sie, worauf ich eine Serviette schnappe und nach ihr werfe.

»Bitte keinen Sextalk vor meinem ersten Tee«, stöhnt Grace.

»Sorry. Hab vergessen, dass du schon lange auf dem Trockenen bist«, murmle ich entschuldigend.

»Ach was, das ist doch ein Grund mehr, um auszugehen und zu sehen, was die Junggesellen New Yorks so zu bieten haben.«

»Darauf trinke ich.« Ich hebe meine Tasse, und die Mädels tun es mir gleich.

Es ist schon merkwürdig, wie unsicher ich mich an manchen Tagen fühle. Wie schwer es mir in solchen Momenten fällt, gleichmäßig zu atmen, und der Drang, mich zu bedecken, so groß ist, dass ich die Hände zu Fäusten ballen muss. In Momenten wie diesen, wo ich in waldgrüner Spitzenunterwäsche vor dem Ganzkörperspiegel stehe, bin ich die Addison von früher. Das unsichere, mollige Ding aus der Highschool, das fast jeden Tag gemobbt wurde. Das Mädchen, das sich die Seitenhiebe und Blicke zu sehr zu Herzen genommen hat. Das sich in den Schlaf geweint hat, weil ihr Schwarm mit ihrer besten Freundin zusammen gewesen ist und niemand außer ihrem Bruder mit ihr im Speisesaal an einem Tisch zusammensitzen wollte.

Ich habe dieses Mädchen gehasst, weil es so schwach gewesen ist, und doch habe ich Respekt vor ihr gehabt, weil sie sich vor den anderen nie etwas hat anmerken lassen. Weil sie die Leute, die etwas an ihren Kurven auszusetzen hatten, ignoriert und ihr Ding durchgezogen hat. Erst langsam klärt sich meine verschwommene Sicht, und ich sehe mich wieder. Die Addy, die ich jetzt bin. Mein Körper kann keine Größe 36 vorweisen, aber ich schäme mich nicht mehr dafür. Nie wieder werde ich mir von anderen einreden lassen, ich sei nicht sexy, denn sie haben unrecht.

Jeder Mensch ist wunderschön auf seine eigene Art, jedoch sind es die Medien und Magazine, die uns meiner Meinung nach ein eintöniges Körperbild vermitteln wollen. Früher sind kurvige Frauen als Sexsymbol verehrt worden und wurden heiß begehrt, heute ist es genau umgekehrt. Aber davon lasse ich mich nicht abschrecken, denn ich weiß, wer und vor allem wieso ich hier bin. Vor drei Jahren bin ich in einer Mall entdeckt worden, seitdem bin ich bei einer bekannten Modelagentur unter Vertrag und eines der Fotomodelle für eine neue Bademodenkollektion.

Zwar ist Modeln nur ein Hobby von mir, und ich bin nicht gerade diejenige, um die sich große Designer reißen würden, aber es gefällt mir, und ich verdiene mir ein wenig Geld dazu. Mein langes Haar fällt mir in üppigen Locken bis zur Brust und umschmeichelt meine Oberweite. Mein Make-up ist heute auch kräftiger als sonst, passt sich an die waldgrüne Farbe der Unterwäsche an. Ich sehe gut aus, fühle mich einfach unwiderstehlich und kann das Shooting kaum erwarten. Ich lächle mein Spiegelbild frech an, zwinkere mir selbst zu, ehe ich mich schwungvoll umdrehe und selbstbewusst die Garderobe verlasse.

Überall schwirren Menschen herum, die Assistenten des Fotografen kümmern sich um die Belichtung des Sets und das Equipment. Gegenstände werden hin und her gerückt, um sie auch richtig auszuleuchten. Die Assistenten laufen hektisch von einem Ort zum anderen, und jeder wirkt auf eine aufregende Art gehetzt, aber ich bin die Ruhe selbst, denn der Moment der Unsicherheit ist vorbei, nun bin ich wieder ich selbst. Addison Grant oder besser gesagt das Model A. Cameron.

»Addy, Darling, du siehst wie immer umwerfend aus.« Meine Freundin Tamara, bei deren Modelagentur ich unter Vertrag bin, kommt energischen Schrittes auf mich zu. Ihr blondes Haar hat sie wie immer zurückgekämmt und zu einem strengen Dutt frisiert. Und sie trägt Jumpsuit. Keinen Rock. Niemals ein Kleid. »Danke dir. Du siehst auch gut aus. Selbst in diesem Ding da.« Sie hebt die Brauen und mustert ihr Outfit. »Was hast du immer gegen meine Hosenanzüge.«

»Hast du ihn dir angesehen?«

»Ja. Und?«

»Er hat Nadelstreifen, Herrgott.«

»Was? Bist du etwa die Kleiderpolizei?«

»Ich wünschte, ich wäre es«, seufze ich, kann mir aber ein Lächeln nicht verkneifen. Tam und ich kabbeln uns ständig, egal worüber, wir finden immer etwas, das wir zu Tode diskutieren können. »So, genug von meinem hervorragendem Kleidergeschmack.«

»Pff«, schnaube ich belustigt, aber sie ignoriert meinen Seitenhieb und fährt fort. »Jose wird die Aufnahmen im Bett hier machen, danach fahren wir zum Indoorpool-Shooting.«

»Ist gut.«

»Das Set wird gerade vorbereitet, und ich habe darauf bestanden, dass das Wasser diesmal nicht eiskalt ist.«

»Das hoffe ich doch.« Das letzte Mal, als ich dort fotografiert worden bin, ist die Heizung defekt gewesen, und ich musste im eiskalten Wasser sinnlich aussehen und lächeln. Da habe ich wirklich gezeigt, dass ich ein Profi sein kann, denn auf keinem der Fotos habe ich ausgesehen, als würde ich mir den Arsch abfrieren.

»Keine Panik, ich springe persönlich rein, um die Temperatur zu prüfen, wenn du willst.«

»Das klingt nach einem Deal«, erwidere ich, doch sie bleibt stehen und sieht mich wissend an.

»Natürlich mit meinen Klamotten, damit du sie nicht verbrennen kannst.«

»Mist! Du hast mich durchschaut«, sage ich amüsiert und gehe mit ihr ein paar Schritte. Tamara ist eine echt gute Freundin geworden und mein Guide in der chaotischen Welt der Modebranche.

»Na los, meine Schöne. Geh und zeig ihnen, was du draufhast.«

Es erfordert einiges an Vorstellungskraft, so zu tun, als wäre man alleine mit dem Fotografen in einem Raum, während man sich in Unterwäsche auf einem Bett räkelt. Denn das ist Wunschdenken. Ständig schwirrt jemand um mich herum, um meine Haare so zu drapieren, dass es perfekt aussieht. Brooke frischt mein Make-up auf, welches nach Stunden der Arbeit verblasst ist. Die Belichtung wird abgestimmt auf meine Position, und ich habe das Gefühl, als hätten wir über eintausend Fotos gemacht.

Aber egal wie anstrengend die Shootings sind, ich liebe jede Sekunde davon. Seit ich zu modeln angefangen habe, arbeite ich am liebsten mit Jose zusammen. Die Harmonie zwischen uns stimmte von Anfang an, und er weiß ganz genau, wie er mich ins richtige Licht rücken kann. Ich habe bis jetzt mit einigen Fotografen zusammengearbeitet, den meisten hat mein Körperbau nichts ausgemacht, bei anderen habe ich gleich gemerkt, dass sie mich nicht für Modelmaterial halten. Sie haben mich fotografiert, weil sie es mussten, aber Jose hier ist ein herzensguter Mensch, der über niemanden vorschnell urteilt, und er ist ein Künstler. Er ist älter als ich, sein Haar ist an den Schläfen ergraut, aber auf eine sexy Art und Weise. Er trainiert jeden Tag, und seinen gestählten Körper verzieren einige Tattoos, und er sieht aus wie die heißen, bärtigen Hotties in eng anliegenden Hemden auf Pinterest.

»So, meine Schöne. Ich denke, wir sind hier fertig«, sagt er schließlich, legt die Kamera zur Seite und hilft mir vom Bett auf.

»Schon? Die Zeit ist wie im Flug vergangen.« Tatsächlich hatte ich viel Spaß heute, was die Zusammenarbeit viel leichter macht.

»Ja, das denke ich mir bei dir jedes Mal. Du hast es echt drauf.«

»Danke schön. Du machst es einem auch leicht, sich zu entspannen, obwohl man halb nackt in einem Bett liegt und alle Augen auf einen gerichtet sind.«

»Das höre ich doch gerne. Wann bist du bereit weiterzumachen?«

»Eigentlich sofort. Muss mich nur noch anziehen.«

»Trink noch in Ruhe einen Kaffee. Ich muss sowieso noch einiges vorbereiten, und dann lass uns ins Schwimmbad fahren. Du siehst aus, als wärst du scharf darauf, dich im Wasser auszutoben.« Der Sarkasmus in seiner Stimme ist nicht zu überhören, denn er weiß genau, dass ich, obwohl ich für mein Leben gerne schwimmen gehe, Wassershootings nicht mag. Nach einem dreifachen Espresso bin ich froh, mich umziehen zu können, denn wie so oft ist die Temperatur in den Hallen immer kühler, und ich laufe häufig in einem Hauch von Nichts durch die Gegend. Ich binde meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und ziehe eine lockere Haremshose und ein weites T-Shirt an. Danach checke ich mein Handy, um eine Nachricht von Grace vorzufinden.

Grace: Sieh zu, dass du heute nicht zu lange machst. Wir gehen in den Pub. Die Jungs kommen auch, und du weißt, was das heißt.

Addison: Dass wir einiges zu lachen haben?

Grace: Worauf du dich verlassen kannst. Wetten wir um zehn Dollar, dass Zayn noch in der ersten Stunde jemanden findet, den er vernaschen kann.

Addison: Ich erhöhe um fünfzig, dass es nur eine halbe Stunde braucht. Die Ladys sind heutzutage nicht gerade wählerisch.

Grace: Deal!

Ich schüttle lächelnd den Kopf und schnappe mir meine Tasche, ehe ich mit Jose zu unserem Wagen eile, der uns zur nächsten Location bringt.

Da ich eine richtige Wasserratte bin, hat der typische Geruch von Chlor eine wohltuende Wirkung auf mich, als ich das Schwimmbad betrete. Ich bin schon öfter mit Dan und Grace hier gewesen; auch als keine Stoßzeiten gewesen sind, waren viele Besucher da, aber nun ist das Hallenbad geschlossen, wegen unseres Shootings. Heute werde ich die neue Übergrößen-Bademode von Forever 21 tragen und unter Wasser hoffentlich eine gute Figur abgeben.

Auch wenn ich vom letzten Shooting noch geschminkt bin, entfernt Brooke mein gesamtes Make-up, um es durch ein wasserdichtes, etwas knalligeres zu ersetzen. Während sie sich mit mir unterhält und ihr Bestes gibt, um mich in eine Göttin zu verwandeln, gehe ich live auf meinem Social-Media-Kanal und verbringe etwas Zeit mit den Menschen, die meinem Account folgen. Insgesamt folgen mir einhunderttausend Menschen, kommentieren fleißig, und die meisten sind seit Jahren an meiner Seite. Bis jetzt hat mich unter meinem A.-Cameron-Profil niemand als Addison Grant entlarvt, aber ich denke, dass das mit der Zeit unvermeidlich sein wird. Noch ein Grund mehr, alle einzuweihen. Als ich merke, dass ich mich wieder einmal auf Social Media verliere, lege ich das Smartphone bewusst weg, um mich wieder mit meiner Freundin unterhalten zu können. Da diesmal meine Haare nicht frisiert werden müssen, sind wir relativ schnell fertig für den Shoot. Wieder atme ich tief durch, ehe ich aus meiner Garderobe hinaustrete und zu der Menschenansammlung zurückkehre, die auf mich wartet.

Normalerweise werden Bademoden meistens am Strand präsentiert und die Models dort fotografiert, aber das Label wollte aus der Menge herausstechen und hat sich für ein Göttinnenshooting unter Wasser entschieden. Zu jedem Badeanzug gibt es den passenden Umhang, der den mystischen Hauch verleihen soll. Unterwassershootings sind ziemlich schwierig, weil vieles einfach perfekt abgestimmt werden muss. Aber was soll ich sagen? Auch wenn ich so viel Chlorwasser geschluckt habe wie noch nie, kann ich mich an den Bildern, die er heute von mir gemacht hat, nicht sattsehen.

Die anderen Crewmitglieder sind schon längst im Spa, wo die nächste Location für meine Kollegin Ashley vorbereitet wird, die bei derselben Agentur unter Vertrag ist. Nur Jose und ich sind noch neben dem Pool, beide in Bademäntel eingewickelt und auf eine Weise aufgeregt, wie es nur Künstler sein können. Mein Favorit ist das Foto von mir mit einem dunklen Umhang, der genauso fällt wie meine Haare, und in dem ich wirklich wie eine griechische Göttin aussehe. Die Bilder sehen wundervoll aus, und ich kann es kaum erwarten zu erfahren, welches von ihnen im neuen Katalog erscheinen wird.

Nach Wassershootings fühle ich mich generell schlapp und ausgelaugt, deshalb stapfe ich die Stufen hinauf zu unserem Apartment und sehne mich nach meinem Bett, viel Musik und einem Glas Wein. Aber es ist Freitagabend, und wie jede Woche treffen wir uns in unserem Stammpub. Als ich die Wohnung betrete und der herrliche Duft von Essen in meine Nase dringt, beginnt mein Magen laut zu knurren. Sogar Grace und Taylor hören es, obwohl sie ein paar Schritte entfernt auf der Couch sitzen. »Harter Tag?«, fragt Grace und sieht mich mitfühlend an. Sie ist neben Dan die Einzige, die von meinem außergewöhnlichen Nebenjob weiß. Da ich das Modeln nur als Hobby betrachte, habe ich den anderen noch nichts davon erzählt. Einerseits weil ich selbst noch nicht weiß, wie sich das Modeln weiterentwickeln wird, zum anderen habe ich etwas Bammel vor den Reaktionen meiner Freunde.

»Es hat sich in Grenzen gehalten, aber erst jetzt merke ich, wie hungrig ich bin.« Tatsächlich habe ich nur ein Porridge zum Frühstück gegessen. Ich habe im Stress vergessen, etwas zu mir zu nehmen.

»Ich habe uns Lasagne gemacht, die Hälfte hat Grace hier verputzt, aber weil ich es ja geahnt habe, habe ich uns zwei Formen gemacht, den Rest können wir dann einfrieren für harte Zeiten.«

»Rest? Du glaubst ernsthaft, es wird noch etwas davon übrig bleiben, sobald ich angefangen habe zu essen?«

»Keine Ahnung«, kichert Tae und zuckt mit der Schulter. »Ich bin auf jeden Fall froh, wenn alles weg ist.«

»Danke dir fürs Kochen. Ich hatte heute viel zu tun, weshalb ich nicht mal zu Hause war.«

»Kein Ding. Ich verzeihe dir, wenn du wieder diese leckeren Geheimkekse machst.« Diese kleine Naschkatze, sie ist verrückt nach Grandmas Keksen.

»Wir haben einen Deal, aber jetzt kann ich nicht mehr sprechen. Muss essen, dann ins Bett.« Ich dachte, ich sei davongekommen, als Grace auch schon nach mir ruft.

»Bett? Vergiss es! Es ist Freitag und wir gehen aus. Luke will uns heute seinen Freund vorstellen, also musst du dabei sein. Wir müssen ihn uns doch genau ansehen, ob er auch gut genug für unseren Lucky Luke ist.«

»Ja, ja. Keine Panik, Kleine. Ich komme ja mit.« Ich habe ja gewusst, dass mich meine beste Freundin so schnell nicht vom Haken lässt. Früher ist sie eher der Kevin-allein-zu-Haus-Typ gewesen, hat es geliebt, wenn wir alleine einen Serienmarathon veranstaltet haben. Das ist vor Taylors Einzug gewesen und bevor mein Bruder seine besten Freunde öfter zu uns in die Wohnung eingeladen hat. Mit jedem Treffen haben sich Zayn, Pacey und Luke in unser Herz geschlichen, und so sind unsere gemeinsamen Wochenenden ein kleines Highlight für Grace und mich. Wir sind zu einer Familie zusammengewachsen.

Nachdem ich mich umgezogen habe, checke ich ein letztes Mal mein Outfit, bevor ich zu den anderen stoße. Ich trage ein kurzärmeliges, bodenlanges Maxikleid, das einen tiefen Ausschnitt hat und einen seitlichen Schlitz, der bis zu den Oberschenkeln reicht. Es ist tiefburgunderrot, was perfekt zu meiner natürlichen Bräune passt. Dazu trage ich Riemchensandalen und habe meinen vom Wassershooting noch feuchten Haaren nach dem Föhnen mit einem Lockenstab ein zusätzliches Volumen verpasst.

Die Schlafzimmer unseres riesigen zweistöckigen Apartments sind oben. Das Wohnzimmer, die Küche und das zweite Bad sind im unteren Stock. Ich gehe gerade die Stufen hinab, als ich einen Rumms höre und aufsehe. Pacey liegt auf dem Boden, die Hand über seinem Herzen und die Augen weit aufgerissen. »Frau! Willst du mich umbringen?« Er deutet auf mein Outfit und jammert, als hätte ihn eine Kugel getroffen.

»Mach mal halblang. Es ist nur ein Kleid, und man sieht nicht mal viel Haut.« Seufzend steht er auf und ignoriert das genervte Aufstöhnen der anderen. Die sind unsere Zankereien gewohnt. »Schönste, du brauchst keine Haut zu zeigen, um einem die Sprache zu verschlagen.« Pacey greift nach meiner Hand, um sie zu küssen, doch ich entziehe sie ihm lachend. »Danke für die Blumen, aber wir kommen zu spät. Also husch husch, sonst zeige ich mich von meiner aggressiveren Seite.«

»Das würde ich nur zu gerne sehen«, flüstert er und wackelt mit den Augenbrauen.

»Heute nicht, Casanova. Ich habe schon gegessen und kann nicht riskieren, dass es mir hochkommt, wenn du mich anbaggerst.«

»So bissig. Ich mag das«, sagt er grinsend und zwinkert mir zu. Ich schüttle den Kopf, gehe an ihm vorbei und folge den anderen nach draußen.